August Sperl
Die Fahrt nach der alten Urkunde
August Sperl

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Der Eisenhammer.

Sie ist hoch auf die Felsen gebaut, eine uralte Stadt. Sie hat nur eine einzige breite Straße, aber eine Menge von reinlichen Seitengäßchen, und um ihre Mauern schlingt sich gleich einem Kranze ein Laubgang von Lindenbäumen. Vor Zeiten war sie ein berühmter Fürstensitz, und dort, wo die Felsen so schroff ins grüne Thal abfallen, erhebt sich heute noch das große Schloß mit seinen vielen hundert Fenstern. Aber die alte Herrlichkeit ist versunken, längst haben sie den letzten Herzog unter die kühlen Steinplatten der Kirche zur Ruhe gelegt, die stolze Residenz ist zum Gefängnis geworden, vergrämte Gesichter schauen aus den erblindeten Scheiben hinaus in das wellige Land, und die Fürstenstadt hat sich in ein Landstädtchen verwandelt.

Ein klarer Herbstmorgen war aufgegangen, als wir diesen Ort verließen. Wir sahen vom nächsten Hügel zurück und freuten uns, wie hell die Sonne auf den 132 Zwiebelkopf der Pfarrkirche, die braunen Dächer der Häuser und des Schlosses und die halbzerfallenen Türmchen an der Stadtmauer herabschien.

Dann wandten wir uns und gingen weiter in den Morgen hinein und trugen ein Bild im Herzen.

Das Bild war ein Herrenhaus mit starken Mauern, mit Wall und Graben, eine kleine Burg an einem Fluß, und rings um dieses Haus lagen die Werkstätten, geschäftige Menschen mit rußigen Gesichtern hantierten darinnen, Tag und Nacht trug der Fluß seine Wellen unter den Mauern vorüber, trieb die großen Räder des Werks, die schweren Hämmer fielen dröhnend auf das Eisen, die Hochöfen glühten, die Essen sprühten, auf der Straße durch das Thal fuhren ächzende Wägen, und in dem Herrenhaus saß ein glücklicher Mann mit einem lieblichen Weib und guten Kindern.

Mit diesem Bilde gingen wir hügelauf, hügelab durch dunkle Wälder, über weite Thalgründe und stiegen zuletzt auch in das Thal hinunter, das uns so lebhaft vor Augen stand.

Dort sind wir lange auf einer zerfallenen Mauer unter einer Weide gesessen. Die Weide ließ ihre Zweige im Wasser treiben – und – – –

Wohl waren die Hügel noch von Wäldern bedeckt, wie ehedem, wohl trieb der Fluß noch wie damals sein Wasser thalabwärts, wohl hing noch ein Rad in den Wellen und drehte langsam die moosgrünen Schaufeln – 133 aber das Herrenhaus mit seinen Hammerstätten war vom Erdboden verschwunden.

Das alte Wasserrad trieb eine ärmliche Spiegelschleife, rostrot waren die Hütten, rostrot die Zäune und Planken, rostrot der Sand des Bodens und die zerlumpten Gestalten der schmutzigen Schleifer, das Wasserrad drehte sich ächzend und knarrend und erzählte uns eine düstere Geschichte, die wir doch selbst schon wußten, und die Wellen rauschten dazu: Hofgunst – Laub am Baum; heute grün – morgen dürr.

Georg Kerdern, der zweite von den Söhnen des greisen Pfarrherrn, der die Dokumente seines Geschlechts verbrannt hatte, war von seinem Schicksal in dieses Thal geführt worden.

Das war also zugegangen:

Der junge Ingenieuroffizier hatte die Aufmerksamkeit seines Fürsten auf sich gelenkt und verkehrte viel bei Hofe. Seine ritterliche Art gewann ihm mit der Zeit sogar die Freundschaft seines Herrn, und man erzählt, daß in vertrauten Stunden auch die letzten Schranken zwischen dem Diener und dem Fürsten fielen und das trauliche Du in Anwendung kam.

Georg Kerdern hatte einen feurigen Geist und eine eiserne Energie, der Herzog war ein weit angelegter Mensch und gerechter Fürst, der seiner Zeit um ein gutes Stück voranging. Er hätte sicher Großes geleistet, wenn ihn das Geschick an die Spitze eines Reiches gestellt und 134 nicht auf den engen Fürstenstuhl eines Ländchens gesetzt hätte.

Georg Kerdern sollte diese Fürstenfreundschaft teuer zu stehen kommen.

Wie ist doch das vorige Jahrhundert in seiner ganzen Kleinlichkeit dem heutigen Geschlechte so schwer verständlich. Der entsetzliche Krieg lag dem Volk noch immer in den Gliedern. Wenn die Kindlein sich nicht ruhig verhalten wollten, dann sangen die Mägde wohl:

Der Schwed' ist kommen,
Hat alles mitg'nommen,
Hat d'Fenster 'neing'schlagen,
Hat's Blei davontragen,
Hat Kugeln draus gossen,
Hat d'Leut mit erschossen.

Und die Kindlein schwiegen und fürchteten sich. Aber nicht nur die Kindlein, auch die Alten fürchteten sich. Sie fürchteten sich vor neuem Kriegslärm, sie fürchteten sich vor Serenissimus und seinen Steuern, sie fürchteten sich vor der Justiz, sie fürchteten sich vor Teuerung, sie fürchteten sich wohl auch vor Ihresgleichen. Die Bauern säeten und ernteten, aber der schwere Herrendruck lag auf ihnen, die Äcker, auf die der Wald geflogen war, ließen sie ruhig liegen, die versumpften Wiesen durften weiter und weiter versumpfen, und die Armut war Königin. In den Städten hantierten wie ehedem die Bürger, aber die mannhaften Geschlechter des Mittelalters waren ausgestorben, und ihre Nachkommen 135 waren ganz andere Leute geworden; ruhig trugen sie die engen Ringe, die man um ihr Dasein geschmiedet hatte.

Besonders trübe ist das Bild des vorigen Jahrhunderts in den unglücklichen Landstrichen, wo die beiden christlichen Bekenntnisse neben einander geübt wurden. Da waren die armen Menschen, die doch aus einem und demselben Stamm gekommen, durch eine breite Kluft voneinander getrennt und auseinander gerissen, zwei Geistliche standen sich im Dorfe feindselig gegenüber, die Kirche war geteilt, der Altar war geteilt, die Einkünfte waren geteilt, und die Religion, die alle Schranken zwischen den Menschen aufheben und sie als Kinder dem ewigen Gott zuführen soll – gerade die Religion wurde zu einer nie versiegenden Quelle der Zwietracht, und oft will es mir dünken, wenn ich in die vergilbten Akten jener Zeit schaue, als wäre damals mehr gestritten und gezürnt denn geliebt und gebetet worden.

So will es mir dünken; aber eine Zeit darf gewiß nicht allein aus den Akten beurteilt werden, sonst steigt statt eines Kulturbildes ein unwahres Zerrbild aus den Nebeln der Vergangenheit empor. Und so sehe ich im Geiste auch durch diese öde Zeit der Erschöpfung, durch diese Zeit des bösen Herrendrucks und der engen Armut Bäche und Ströme des Lebens fließen, von denen nichts in den Aktenblättern verzeichnet ist: die Bäche und Ströme der Liebe.

Ja, die Liebe ist ewig! Prometheus stahl das 136 Feuer und schenkte es den Menschen, daß sie sich schützen möchten vor der Kälte und aus dem rohen Wesen emporarbeiten, so erzählt die Sage. Die ewige Erbarmung aber hat den mächtigen Strom der Liebe in die Menschenwelt geleitet, und der Strom fließt unaufhörlich, er ist auch in den dürrsten Zeiten niemals versiegt, unsere Ahnen haben aus seinen Fluten geschöpft, wir sitzen an seinen Ufern, und die fernsten Geschlechter werden sich noch aus seinen Wassern stärken. Zeit und Leid sind so vergänglich – aber die Liebe, die Liebe ist ewig! –

Und nun will ich die düstere Geschichte erzählen aus jenem Jahrhundert.

Georg Kerdern baute in dem öden Waldthal einen Eisenhammer. Der Herzog hatte es gewünscht. Auf einem Jagdausfluge soll er den Gedanken gefaßt haben, die bedeutenden Wasserkräfte zu nützen, und er gewann den genialen Offizier für diese Idee.

Es währte nicht lange, dann wußte man es in der Residenz: der Fürst hat dem Kerdern das Waldthal geschenkt, und es soll etwas Großes da draußen entstehen. Und wieder nach einiger Zeit hielt Georg ein Pergament mit dem Siegel des Fürsten in der Hand und zeigte seinem Weibe alle die Rechte, die darauf verbrieft standen. Sein Weib zitterte heftig, so geht die Sage in unserm Geschlecht. Das war kein Wunder: wie die Schwalben unter dem Dache fühlen ja die Frauen vor allen Kreaturen das heranziehende Wetter. – Die Privilegien 137 waren nicht gering: kein Köhler im Umkreis von zwei Wegstunden durfte seine Kohlen an andere Leute verkaufen, ehe der Kerdernhammer seinen Bedarf gedeckt hatte; auf allen Straßen konnten die Wägen mit dem Eisen zollfrei fahren; über die Hammerknechte ward dem Herrn die Gerichtsbarkeit für ewige Zeiten verliehen; die ganze Wasserkraft des Thales samt dreihundert Morgen Wald gingen in Kerderns freien Besitz über.

Die Arbeit begann. Überall wirkte der Name des Herzogs, und das Geld floß reichlich zu dem Werke herbei. Georg und sein Glück war das Gespräch des Tages, und viel Neid wucherte im geheimen gegen den glücklichen Ketzer; sie sagten, er habe sich in die Gunst seines Fürsten geschlichen.

Georg sah nichts von dem. Er hatte rastlose Gedanken im Kopfe, und was Neid ist, wußte er nicht.

Bald hob sich draußen an dem einsamen Waldfluß der Giebel des Hauses. Tagtäglich ritt Georg hinaus, oft war auch der Herzog bei ihm. Und die Werkstätten wuchsen aus dem Boden, der Fluß wurde gedämmt und seine Kraft dem menschlichen Willen geknechtet, nach Jahresfrist dröhnte und glühte der Hammer und warf seinen bläulichen Rauch zum Himmel empor.

Das Werk wurde größer. Mit zwanzig Knechten hatte man begonnen, es wurden fünfzig, es wurden hundert, und Kerdern schaffte ohne Ruhe. Eine Verbesserung nach der andern ersann er, und eines Tages führte 138 er seinen fürstlichen Freund vor eine kunstvolle Maschine, die von ihm selbst erfunden war, dem ganzen Betrieb eine neue Richtung gab und seinen Namen weit und breit im Reich bekannt machte. –

Jahre gingen vorüber. Zwei kluge Söhne und eine Tochter wuchsen den Eltern heran, und die Tochter hatte das schöne Antlitz der Mutter. Georg aber konnte schon manches von den bedeutenden Geldern zurückzahlen, die er hatte aufnehmen müssen, und es schien alles sehr gut zu gehen. Da kam das Unglück.

Hast du schon einmal eine bange Nacht durchwacht? Bist du schon einmal auf deinem Lager gelegen mit offenen Augen, mit klopfenden Pulsen und mit quälenden Gedanken? Hast du schon einmal mit verzehrender Ungeduld die Schläge der Turmuhr gezählt und dem Morgen und dem Tageslichte entgegengeseufzt? Erinnere dich dieser Nacht, und stelle dir vor, daß nach deinem langen Warten keine Dämmerung mit der Dunkelheit gekämpft hätte, daß kein goldenes Sonnenlicht zu deinen Fenstern hereingeflossen, daß alles, alles finster geblieben wäre. Und denke dir, die Nacht hätte zehn lange Jahre gewährt und dann hätte sie noch kein Ende gefunden, und denke dir, du hättest mit deinen klopfenden Pulsen und mit deinem heißen Blute und mit deinen brennenden Augen in dieser Nacht rastlos umhergehen müssen und hättest dabei immer geahnt, daß bei den andern Menschen heller Tag war.

139 Denke dir alles dieses. Und jetzt gehe mit mir in das Waldthal.

Wenn sich über diesem Thal ein Gewitter entladen hätte, wenn ein Blitzstrahl in die hohe Tanne vor dem Herrenhaus gefahren und sein entsetzlicher Funke auf das Dach hinübergesprungen wäre und hätte den Herrn und sein gutes Weib und den älteren Sohn und das Töchterlein erschlagen, und der kleinere Sohn wäre wehklagend aus der brennenden Heimat in den Wald hinausgelaufen – es wäre schrecklich gewesen, und die Leute weit und breit hätten viel darüber gesprochen; aber es wäre ein großes Glück gewesen.

Ich weiß nicht, war es ein Morgen, war es ein Mittag oder war es ein Abend – da jagte ein Bote auf der Straße von dem alten Städtlein her, jagte durch den Wald im Thale, trieb sein Roß über die Holzbrücke in den Hof des Herrenhauses und rief: »Der Herr Herzog ist vom Schlage getroffen!«

Ich weiß nicht, war es ein glänzender Morgen, war es ein heißer Mittag oder war es ein stiller Abend – das weiß ich, daß jetzt die lange Nacht anhub, von der ich dir vorhin gesagt habe.

Kaum hatten sie den gütigen Herzog mit großem Gepränge beigesetzt, kaum hatte die Herzogin-Mutter samt ihrem Beichtvater für den unmündigen Erbprinzen die Regierung in die Hand genommen, da schlichen feindliche Gestalten auf den Hammer draußen im Wald: der 140 Neid und der Ketzerhaß. Die Knechte wurden schwierig, die Köhler verkauften ihre Kohlen außer Lands und fragten nichts nach dem Hammer, Gelder wurden gekündigt, in der Hofkanzlei begann man die Privilegien abzuändern, man beschnitt die Zollfreiheit, und zuletzt hob man alles auf, was der tote Herzog einst »auf ewig« verliehen hatte, und baute unweit vom Kerdernhammer in einem andern Thale einen fürstlichen Hammer.

Durch das Gebälk des Herrenhauses aber ging ein Knistern und Krachen, und immer härter wurde die Zeit.

Zu unerschwinglichen Summen wuchsen die Schulden. Es kamen Kriegsjahre, und alles wurde noch schlimmer, es wurde Friede, und nichts besserte sich. Zehn Jahre schleppte der arme Mann sein Elend, und als auch der Bruder im Walde nicht mehr nachhelfen konnte, fiel endlich alles zusammen. – –

Das dachte ich unter der hängenden Weide, und noch einmal stieg mir vor der träumenden Seele der hohe Giebel des Herrenhauses empor, und ein früh gealterter Mann von fünfzig Jahren mit schneeweißem Haupthaar, mit gebeugtem Rücken und müden Augen trat unter der Thüre hervor. Neben ihm schritt sein Weib, und er suchte ihr zitternd eine Stütze zu geben. Ihre Kinder waren bei ihnen und waren erwachsene Leute geworden. Diese Menschen gingen über die Brücke und verschwanden im Walde. Wohin sie wohl gekommen sind?

* * *

141 Am nächsten Tage waren wir wieder in der kleinen Stadt und saßen in einem stillen Gewölbe des Pfarrhauses. Vor uns lag ein großes Buch mit schweren Deckeln und mit metallenen Spangen und mit krauser Schrift. Und ich schlug vier Seiten auf in diesem Buche und merkte sie mir ein. Dann las ich dem Vater die erste vor. Auf der stand geschrieben:

»Anno 1752 den 1. Mai wurde begraben mit großem Geläute und auf fürstliche gnädigste Concession zu Nachts nach acht Uhr mit zwölf Fackeln: Herr Georg Kerdern, anfänglich gewester Ingenieuroffizier bei Herrn Herzogs *** hochseliger Durchlaucht, der hernach aber, nachdem er sich in ein weitläufiges und kostbares Hammerwerk eingelassen und darüber in große Schulden verfallen, anfänglich suspendieret und endlich gar kassieret worden. Also ohne Dienst und Gnadengehalt noch einige Jahre in größter Noth gelebet, bis er aus Kummer und Schwäche gestorben seines Alters 52 Jahr, 8 Monat, 8 Tag.«

Ich schlug die zweite von den vier Seiten auf, die ich mir eingemerkt hatte. Da stand:

»Anno 1759 den 23. September wurde begraben mit großem Geläute und zwölf Fackeln bei der Nacht: Frau Anna Maria Kerdern, eine geborene von Steineck, weiland Herrn Georg Kerderns, gewesenen aber zuletzt dimmittierten hochfürstlichen Ingenieuroffiziers nachgelassene Frau Wittib, welche durch Schwachheit, Sorg 142 und Kummer entkräftet ihres Alters 54 Jahr, 4 Wochen gestorben in der Bürgerpfründ.«

Ich schlug die dritte Seite auf und las:

»Anno 1763 wurde begraben den 20. Aprilis Fräulein Sophie Charlotte Kerdern, des Herrn Georg Kerdern nachgelassene einige Tochter, mit großem Geläut zur Nachtzeit mit acht Fackeln, welche als eine Melancholika im hiesigen Bürgerpfründ seit etlichen Jahren her ihr Leben in der Stille zugebracht hat, an einer Auszehrung, alt 34 Jahr auf den Tag.«

Da graute uns, und ich schlug die vierte Seite auf und las:

»Anno 1768 den 5. Juni mit großem Geläut des Nachts bei zehn Fackeln vom Spital aus besungen und getragen: Herr Wolfgang Philipp Kerdern, in jüngeren Jahren gewesener hochfürstlicher Regierungsadvokat. Weiland Herrn Georg Kerderns älterer, lediger Herr Sohn. Ein hochgelehrter Mann, so unterschiedliche berühmte Bücher geschrieben, aber dabei ein singulärer Mann, der die Advokatie aufgeben, weiß niemand warum, glaubt man, dieweil er ein exemplarischer Sohn war, von wegen der Ungerechtigkeiten, so seinem Vater zugefüget worden und so er nicht hat verwinden können, war ein Melancholikus. Ist in der Bürgerpfründ, nachdem er von Lichtmeß an, aller Vorstellung, auch herzoglichem Spezialbefehl ungeacht, außer Wasser und Brot nichts genossen, seines Alters 40 Jahr, 5 Monat, 28 Tag bei gutem Verstand und 143 christlicher Bereitschaft gestorben. Sein Wahlspruch war: Die Liebe höret nimmer auf.«

Jetzt schloß ich das Buch. Wir gingen aus dem Gewölbe, gingen aus dem Städtlein und fuhren unsere Straße.

Lange noch tönten die Worte von dem großen Leid in meinen Ohren, diese friedlosen Worte des alten Kirchenbuches. Und doch hörte ich auch aus diesem Leide versöhnend das Rauschen des ewigen Stromes. Verlassen, entehrt, arm, ganz kraftlos waren diese Menschen geworden; aber als das irdische Glück unter ihnen versank – da blieb die Liebe bei ihnen. Bis zum Tode haben sie ihr Elend mit einander getragen und sich abgehärmt für einander – aber sie durften sich auch lieben bis zum Tode. – Die Liebe höret nimmer auf.

* * *

Ein weiter Weg lag vor uns; denn es verlangte uns nun sehr, zu erfahren, wie es dem zweiten Sohne des unglücklichen Mannes und seinen Nachkommen ergangen war. 144

 


 


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