August Sperl
Hans Georg Portner
August Sperl

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Verwaist.

Auf die uralte Bergstadt Sulzbach leuchtete die Nachmittagsonne vom wolkenlosen Himmel, und die goldenen Zeiger am Pfarrturme funkelten weit hinaus in das hügelige, nordgauische Land.

Rindergespanne zogen knarrende Wagen mit starkduftendem Hopfen in die weit geöffneten Scheunen; Weiber schoben ihre singenden Karren, hoch beladen mit Kraut und Rüben, durch den Staub, und ihre nackten Sohlen patschten, ihre braunen Gesichter glühten. Alamodische Junker in langschößigen Wämsern und weitschaftigen Reiterstiefeln stolzierten sporenklirrend die breite Straße vom Rathause zum Herzogschlosse, und die langen Straußenfedern auf ihren breitkrempigen Hüten schwankten. Vor dem Rathause saß der Stadtknecht und nickte.

Um Kirche und Rathaus aber, um das hochragende Schloß und um alle die hundert und hundert Giebel, Türmchen und Erker, um die abgewetterten Ringmauern und grauen Felsen strich mit jauchzendem Pfeifen das Volk der Schwalben, und in den Gassen und Gäßlein spielte das Volk der Kinder seine uralten Spiele. Es war Friede, es war noch goldener Friede im Lande.

*

31 Aus dem Pfarrhause hinter der Kirche kam ein Trüpplein Schüler, kleine und große. Lachend und plaudernd gingen sie durch den Pfarrgarten, in dem späte Rosen blühten und Astern und der Rosmarin allen Gerüchen einen scharfen Duft beimischte.

Nun standen sie vor der Mauer, und der letzte drückte hinter sich die Thüre ins Schloß.

»Was thun?« rief ein reichgekleideter Bürgersohn. »Ich denke, wir werfen die Bücher dem Mesner in die Stube und rennen miteinander auf den Berg. Bist du dabei, Portner?«

Der schlanke Jüngling, der mit gesenktem Haupte träumend abseits stand, schüttelte fast unmerklich das Haupt: »Kann leider nicht, muß heute gleich nach Hause gehen.«

»Und mußt der Muhme die Möbel abstauben,« sagte der Bürgersohn.

Ein halb unterdrücktes Lachen ging durch die Schar. Hansjörg Portner aber ward bleich und wandte sich jäh. »Mich wundert nur, daß du dich noch zu spotten getraust, Wirnhirn,« sagte er mit bebenden Lippen und reckte die hohe Gestalt.

»O, Portner,« lachte der andre und bewegte sich dabei schnell rückwärts, dem Ausgange des kleinen Platzes zu, »in den Fäusten bist du mir über, auf den Beinen aber bin ich geschwinder als du, stolzer Portner. Freilich, wir Bürger sind das Laufen besser gewohnt als ein solcher Junker, den ja wohl einst seine Mutter sogar auf dem Gaul zur Welt gebracht hat.«

»Oho!« rief da und dort einer aus der Schar. »Hört nur den Pfahlbürger!« – »Will der uns Junker höhnen?« – »Gebt ihm das Seinige!« Und drohend sonderte sich die Schar in zwei Haufen.

Da ging die Gartenthüre noch einmal, und ein 32 hochgewachsener Junker, älter als die andern alle, trat heraus. »Dummes Zeug!« rief er mit scharfer, befehlender Stimme. »Wollt ihr euch balgen wie die Gassenjungen? Daraus wird nichts, sage ich. Friede! Natürlich bist du's wieder gewesen, frecher Wirnhirn. Jucken dich die Hiebe nimmer, die Portnerischen vom Sonntag? Komm, Hansjörg, laß ihn, er hat ja doch einmal das Narrenrecht!«

Wortlos verschwand der Bürgersohn um die Ecke der Kirche, lachend ging der Trupp durch das enge Gäßlein hinaus auf den großen, weiten Platz. Der Hochgewachsene aber schob nachlässig den Arm in Portners Arm und zog den Jüngling hinter den andern her. »Wird dich wohl nicht wurmen, Hansjörg?« erkundigte er sich in seiner kurzen, beinahe befehlenden Weise. »Was kann unsereinen solch ein Fant kümmern? Canaille! Genug und übergenug, daß wir mit seinesgleichen auf der Schulbank sitzen müssen. Und gottlob ist es die längste Zeit gewesen.«

»Virtute decet, non sanguine niti, Sauerzapf,« sagte Hansjörg und ging langsam neben dem andern hinaus auf den sonnigen Platz.

»Et virtute et sanguine!« unterbrach ihn der andre scharf.

»Sola virtus nobilitat – Wer recht thut, der ist wohlgeboren; ohne Tugend ist Adel gar verloren,« fuhr Portner träumerisch fort. »Sieh, Sauerzapf, ich passe nicht unter Fröhliche, das ist's. Meine es von Herzen gut mit allen, und dennoch stoßen sich fast alle an mir. Wird wohl mein ernstes Gesicht schuld sein daran. – Der stolze Portner – stolz!« er lachte bitter auf.

»Wenn Stolz Hochmut ist, dann bist du nicht 33 stolz. Aber mich dünkt, Hansjörg Portner, du bist dennoch sehr stolz,« sagte der andre bestimmt. – »Vielleicht vertragen wir beide uns gerade deshalb so gut.«

Portner schüttelte das Haupt und lächelte trübe. »Stolz! Worauf denn? Auf mein Unglück? Sauerzapf, nein! Aber so wird's wohl sein – Waisenkinder sind stets älter als andre Kinder.«

»Du bist eben ein schwerblütiger Portner,« urteilte der andre in überlegenem Tone, machte seinen Arm frei und blieb stehen. »›Die meisten Portner sind so geartet,‹ sagt mein Vater.«

»Exempel dafür sind namentlich meine Brüder Bastian und Wolfheinz,« lachte Portner und trommelte auf dem Deckel des Buches, das er unterm Arme trug.

»Exceptio firmat regulam,« sagte Sauerzapf und zuckte mit den Achseln.

Dann standen sie schweigend im Sonnenlichte, der blonde Portner und der braune Sauerzapf, beide fast gleich groß, beide stolze Gesellen, und doch einander so unähnlich. Die Schwalben strichen hin und wieder, und am Gasthause zur Krone, gerade über dem Thore, lehnte eine Leiter.

»Das alte Haus haben sie stattlich heruntergeputzt, es blinkt ja ordentlich,« meinte Portner..

»Ist auch an der Zeit gewesen,« spottete Sauerzapf; »ich glaube, seit den Tagen des böhmischen Karl ward es nimmer geweißt.«

Ueber dem Thore stand mit glänzendschwarzen Buchstaben geschrieben: Renoviert Anno Domini 16 . . Die letzten Ziffern der Jahrzahl fehlten, dem Tüncher war wohl die Farbe ausgegangen. Nun aber kam er langsam aus der Tiefe des Thores, hielt mit der Linken das Farbentöpflein am Gürtel und stieg 34 bedächtig mit dem Pinsel zwischen den Zähnen die Leiter empor. Droben spreizte er die Beine, lehnte sich mit den Knieen an die letzte Sprosse und begann zu malen. Und es währte nicht lange, da war die Jahrzahl fertig und glitzerte schwarz, tiefschwarz im Sonnenscheine.

»Sechzehnhundertneunzehn,« murmelte Portner.

»Kommst mit herauf?« fragte Sauerzapf. »Meine Mutter hat nie was dagegen, wenn sie mich in deiner Gesellschaft sieht,« setzte er spöttisch hinzu. »›Dieser Portner,‹ pflegt sie seufzend zu sagen, ›ist doch ein durch und durch gediegener Mensch.‹ – Und dann legt sich immer auch gewissermaßen ein Abglanz auf meine nichtswürdige Person.«

»Ja,« sagte Portner zerstreut und spähte unverwandt die breite Straße hinab zum letzten Hause unter dem Herzogschlosse;»denn jetzt hab' ich gar keine Lust, heimzugehen.«

»Bei deiner Muhme ist Besuch,« warf der andre hin. »Vor euerm Hause stehen drei gesattelte Gäule.«

»Gerade deshalb will ich jetzt nicht heim, Sauerzapf. Mein Oheim Hans Andre sitzt bei der Muhme. Ich kenne doch den Eisenschimmel.«

»Der edle Burghüter!« lachte der andre. »Darf ich dir vielleicht ein Lederkoller mit Stahlplatten aus meines Vaters Waffenkammer anbieten?«

Hansjörg lächelte.

»Nur in Eisen und Stahl tritt ihm ein Kluger entgegen;
Denn ein gräßliches Loch schwätzt er ihm sonst in den Bauch!«

deklamierte Sauerzapf.

»An allzuschwerem Blute leidet auch dieser Portner nicht,« sagte Hansjörg und schritt über die Schwelle.

»Exceptio firmat regulam,« wiederholte der andre mit Nachdruck.

35 In der großen Wohnstube der verwitweten Frau Anna Elisabeth von Kemnat pfiffen aus allen Ecken gefangene Vögel, und die alte Dame, die hochaufgerichtet und steif in ihrem Stuhle saß, horchte auf die langen und breiten Geschichten, die der edle Burghüter von Rieden, Hans Andre Portner, erzählte.

»Und bei alledem, was für geschwinde Zeitläufte sind's, in denen wir leben, Frau Muhme. Ihr müßt's ja doch wissen! Wird unser durchlauchtiger Herr Kurfürst Friedericus der Fünfte die böhmische Krone annehmen oder wird er sie ausschlagen? Ho, potz schlapperment, um Vergebung, Frau Muhme, warum sollt' er sie ausschlagen? Käm' einer zu mir und thät s' mir anbieten – was thät' ich mich lang besinnen? Wer früh sattelt, kann früh reiten – so wollt' ich sagen und ritte gen Böheim.«

»Wer gern tanzt, dem ist gut pfeifen,« kam's von den spöttisch gekräuselten Lippen der alten Frau.

»Und wer nichts wagt, gewinnt nichts,« antwortete Portner. »Warum ist denn der Durchlauchtige vor etlichen Wochen so lang in Amberg beim Herrn Statthalter gewesen? Und warum sind die Boten geritten aus Böhmen heraus und nach Böhmen hinein Tag um Tag, bis er gewählt war, der Durchlauchtige? Und wer kann wissen, wie's weitergeht? Krieg wird's, Frau Muhme. Aber die Pfalz und Böhmen werden siegen. Es geht ein Wort vom Statthalter in Amberg um, das er zum Durchlauchtigen soll gesprochen haben: ›Euer Liebden setzen sich nur in den Stuhl! Wer will dieselben so bald wieder heraustreiben?‹ Und potz Blitz, sie werden ihn nimmer heraustreiben, den pfälzischen Leuen. Das muß ein guter Landsaß glauben. – Aber daß diese Vormundschaft in Theuern in solchen Zeitläuften erst recht kein Zuckeressen ist, 36 könnt Ihr Euch denken, Frau Muhme,« fuhr er fort und nippte von dem Weine, der in köstlichem Krystallglase vor ihm auf dem Tische funkelte. »Alles geht den Krebsgang da draußen – und wem wird die Schuld zuerst und zuletzt in die Schuhe geschoben? Mir und dem Scharffenberger! Wem denn sonst? Ihr wißt ja, wie die Verwaltung bestellt ist in Theuern!«

»Woher sollte ich Dinge wissen, die ich nicht zu wissen begehre, weil sie mich nichts angehen?« fragte die alte Dame kühl und regte sich nicht.

»O,« fuhr Portner eifrig fort, »eingerichtet ist's ja vortrefflich, dafür haben wir gesorgt, der Scharffenberger und ich. Aber was hilft die Ordnung, wenn einer immer wieder alles in Unordnung bringt?«

Frau Anna Elisabeth von Kemnat erhob sich und sagte: »Wo nur der Hansjörg heute bleibt? Ich will einmal bei den Sauerzapfischen nach ihm fragen lassen. Entschuldigt mich, Herr Vetter!« Und damit ging sie aus der Thüre.

Vorsichtig spähte Portner zurück. Dann goß er das große Glas auf einen Zug hinunter, füllte es wieder aus dem Kruge, lehnte sich im Stuhle zurück und leckte seine Lippen.

»Er wird gleich kommen,« sprach die alte Frau und schloß die Thüre, setzte sich würdevoll in ihren Stuhl und faltete die Hände im Schoße.

»Das müßt Ihr doch auch noch hören,« sagte Hans Andre eifrig. »Warum haben sie denn so schnell hintereinander sterben müssen, der Quirin und seine Hausfrau? Ein Jammer! Ist mir oft, als hätt' ich gestern erst ihretwegen den Klagmantel umgehabt, und ist schon bald sechs Jahre her. Nicht wahr, sieben Jahre, seit das Sterben war in Amberg 37 und am Flusse hinunter! Jawohl, sieben Jahre. Nun also, was ich sagen wollte, das Gut wird verwaltet und auch das Hammerwerk, und auf die Liesi Fischerin, den alten Drachen, kann man sich ja verlassen. Ihr wißt doch, daß die Liesi Fischerin die Obermagd ist?«

Frau von Kemnat schwieg und blickte unbeweglich auf ihre Hände.

»Obermagd,« fuhr Hans Andre fort. »Aber so viel ist außer allem Zweifel, tausend Gulden Interessen verschlingen alle Jahre die Schulden allein, unter sechshundert Gulden kann der Haushalt auch nicht bestellt werden, von den zweihundert Gulden zu schweigen, die auf das Kostgeld und die Kleidung der minderjährigen Kinder gehen. Der Aelteste ist ja wohl aus der Tutela der Vormünder, aber gerade das ist das größte Unglück. Er hat sich aus seines Vaters selig Wohnung begeben, wohnt im alten Bau hinterm Dorfe und hält sich als ein Edelmann, hat einen Diener, lebt in Verschwendung und verächtlichem Müßiggang, Unser Gutachten begehrt er niemals im geringsten, ja, läßt sich bedrohlich gegen uns Vormünder vernehmen.«

Hans Andre Portner schöpfte Atem, und mit starrem Antlitze forderte ihn Frau Anna Elisabeth von Kemnat zum Trinken auf. Er nippte hastig, dann fuhr er fort:

»Und Theuern kann's nicht ertragen, daß er seinen Edelmannstand also führt und nichts thut als essen, trinken, spazierenreiten. Er ist ein undankbarer Gast und ein unbändiger Mensch. Und jetzt, denkt Euch nur, verlangt er ohne weiteres das Seinige heraus. Frau Muhme, das Seinige verlangt er heraus! Und natürlich verlangt's auch der Wolfheinz. Das geht aber schnurstracks gegen das väterliche Testament: 38 Die Güter dürfen nicht geteilt werden, ehe die Schulden bezahlt sind. Das alles muß heute abend in Theuern besprochen werden und beraten. Und deshalb hole ich den Hansjörg. – Ihr seid doch andauernd zufrieden mit ihm, Frau Muhme?«

»Er ist ein junger Edelmann, wie er sein soll,« antwortete Frau von Kemnat mit eisiger Ruhe. »Verlässig, offenherzig gegen seine Freunde und schweigsam – über fremde Angelegenheiten, von denen er Wissenschaft hat, Herr Vetter.«

»Das war sein Vater selig auch,« beeilte sich Hans Andre zu sagen, »gewiß, gewiß. Aber ein verrückter Kauz war er doch dabei; muß oft lachen, wenn ich an den guten Narren denke –«

Hans Andre Portner that einen leisen Schrei und zog sein linkes Bein unter den Stuhl. »Um Vergebung,« sagte er und versuchte höflich zu lächeln, aber sein Lächeln ward zum schmerzlichen Grinsen – »um Vergebung, was haben Euch denn meine Leichdörner gethan?«

Statt aller Antwort wies Frau von Kemnat auf die Thüre hinter dem Burghüter, und als er umsah, stand Hansjörg Portner im Rahmen und schaute totenbleich auf den Vetter.

Mit einem Sprunge stand dieser auf den Beinen: »Herrgott, Hansjörg, da bist du ja! Und hab' ich nicht gemeint, da stehe dein lieber, seliger Vater? Aus dem Gesicht bist du ihm geschnitten, guter Freund!« Und mit offenen Armen ging er auf den Knaben zu, bereit, ihn an seine Brust zu drücken.

Hansjörg aber wich zur Seite und verbeugte sich kurz. Ein fast unmerkliches Lächeln huschte über das faltige Antlitz der Frau Anna Elisabeth von Kemnat. Dann aber saß sie wieder mit unbewegten Zügen 39 da, starr und steif, und reichte ihrem Pflegesohne die Hand zum Kusse.

Hans Andre stand zur Seite und wischte verlegen an seinem Wamse. Die alte Dame aber sagte: »Hansjörg, glaubst du heute mit dem Herrn Vetter nach Theuern reiten zu können?«

»Und was soll ich dort?« fragte der Knabe mit bebenden Lippen.

»Die Vormünder wollen sich mit euch beraten,« antwortete Frau von Kemnat, und es war, als hätte ihre Stimme einen weicheren Klang; »beraten in einer wichtigen Angelegenheit, Hansjörg.«

Dieser besann sich kurz. Dann sagte er, zu seiner Pflegemutter gewandt: »Ich reite. Uebermorgen bin ich wieder hier.«

»Ganz recht, Hansjörg, und ich werde dich beim Superintendenten entschuldigen. Und jetzt mache dich bereit!«

Der junge Portner verneigte sich und verließ das Zimmer.

Hans Andre aber spielte mit beiden Händen an der Rücklehne seines Stuhles, während sich Frau Anna Elisabeth von Kemnat an einem der Vogelkäfige zu schaffen machte.

»Er wird's ja hoffentlich nicht gehört haben,« brummte der edle Burghüter und schielte vorsichtig nach der Thüre.

Die alte Dame zuckte mit den Schultern und kehrte dem Vetter beharrlich ihren Rücken.

»Wäre mir leid, er ist ja unter seinen Brüdern doch am besten geartet. Und ich kann ihn nicht auch noch zum Feinde brauchen, hab' mit dem Bastian genug zu thun. Doch er wird's ja nicht gehört haben.«

40 Frau Anna Elisabeth von Kemnat wandte sich und sagte kalt: »Er hat's gehört, und er wird Euch noch zur Rede stellen; darauf kenn' ich ihn. Und ich möchte ihn sehen, wenn er Euch fragt, Herr Portner!«

Damit ging sie aus der Thüre.

*

Im Abendsonnenscheine ritten die Portner auf der Amberger Hochstraße über die Berge; weit hinter ihnen folgte der Knecht.

Nicht der Hauch einer Wolke war am tiefblauen Herbsthimmel zu sehen, und in unermeßliche Fernen dehnte sich das hügelige Waldland zu beiden Seiten des Berggrates.

Aus den Hammerstätten links drunten am Rosenbache und an der Vils drüben stieg blauer Rauch empor, und auf den Feldern und Wiesen in der Tiefe erschienen die Menschen und Tiere klein wie Spielzeug aus einer Nürnberger Schachtel.

Auf alle Weise versuchte Hans Andre, das Gespräch fortzuspinnen. Aber es ward ihm schwer; denn einsilbig saß Hansjörg auf seinem Fuchsen, schaute vor sich hin und sagte nur ja und nein. Die Hufe klapperten auf der trockenen Straße, kühle Luft strich über die Höhe.

So kamen sie allgemach auf die Platte des Erzberges, und zu ihren Füßen breitete sich Altamberg, eingezwängt in seine vieltürmige Ringmauer.

Wo die Hochstraße in die Tiefe führt, hielt Hans Andre sein Pferd an. Hansjörg ritt noch einige Schritte, dann blieb auch er stehen und blickte hinüber auf das Gewirre der roten Dächer.

»Darum aber handelt sich's heute abend nicht 41 minder,« sagte Hans Andre und trieb sein Roß an das des Jünglings, »ob der Ofen zu Theuern ausgelöscht werden soll oder nicht. Der Bastian will, daß man ihn nicht weiter führe, und beruft sich auf des Vaters Testament.«

Zum ersten Male lachte Hansjörg kurz auf:

»Wenn der Bruder nur in allen Stücken nach des seligen Herrn Vaters Testamente leben und handeln wollte, dann stünd' es wohl besser mit Theuern und uns Brüdern allen.«

»Freilich, Hansjörg, freilich,« sagte der andre eifrig; »das ist je und je auch meine Meinung gewesen. Du bist ein vernünftiger Mensch, Hansjörg. Den Wolfheinz lass' ich mir auch noch gefallen – der will doch in Herrendienste ziehen, weißt du's schon? Ja, was ich sage, mit euch beiden ist zu reden; aber mit dem Bastian – das ist ein Widerborstiger. Hansjörg, ich denke, wir halten gut zusammen! Meinst du nicht auch?«

Einen Augenblick wandte Hansjörg das schöne Antlitz herüber auf den Vetter, und seine feinen Nasenflügel zitterten. Dann sah er wieder hinaus über die Stadt, dem Schlangenlaufe des Flusses nach, bis dorthin, wo zwischen den Hügeln der Rauch vom Hammer Theuern aufstieg und am Horizonte im Dunste verschwamm. »Wer mir den Vater hinter meinem Rücken schmäht, wie kann ich dem vertrauen, Herr Vetter, auch wenn er mir schön thut ins Angesicht?« sagte er mit fester Stimme, während die Schlagader an seinem Halse klopfte.

Der Burghüter kaute an der Lippe und hatte die Augen gesenkt.

Da wandte sein Roß den Kopf zurück und begann lautauf zu wiehern. Auf der Kuppe zeigte sich der Reitknecht und winkte heftig mit dem Arme.

42 »Was will denn der Esel, der Tausendhimmeldonnerwetteresel?« brach Hans Andre los.

Hinter dem Knechte tauchte ein Reiter auf, dann noch einer, dann ein dritter.

»Die haben's eilig,« murrte Hans Andre und drückte sein Roß zur Seite. Auch Hansjörg wich aus bis an den Straßenrand.

In toller Eile kamen die Reiter. Warnend hob Hans Andre die Rechte und wies auf den steilen Niedergang der Straße. Doch achtlos rasten die drei heran auf ihren schnaubenden, schweißtriefenden Rossen, vorbei und zu Thale. –

Mit entblößtem Haupte saß Hans Andre im Sattel und starrte dem Trüpplein mit offenem Munde nach. Dann stieß er hervor:

»Hast ihn gesehen, Hansjörg, den Vordersten auf seinem Braunen, den jungen Herrn mit den großen Augen? Wach' oder träum' ich?«

»Herr,« schrie der Knecht und rumpelte auf seinem Klepper herzu, »habt Ihr den Durchlauchtigen gesehen?«

»Rindvieh,« rief Hans Andre, »warum bist du nicht eilig herangeritten, daß ich hätte meine Reverenz machen können zur rechten Zeit?«

»Aber, Herr, die sind ja geritten wie's Nachtgeschrei!« sagte der Knecht. »Und aufs Wettreiten sind der ihre Haxen nimmer eingerichtet.«

»Rindvieh!« brüllte Hans Andre.

»Recht haben ist leicht, recht kriegen ist schwer,« murmelte der Knecht und machte ein beleidigtes Gesicht.

»Vorwärts, Hansjörg,« rief Hans Andre und trabte voran, die Straße zu Thal; »der Kurfürst ist drunten in Amberg!«

43 Am Jörgenthore parierte Hans Andre seinen Gaul und wartete auf den Neffen.

»Neugierig bin ich nicht, aber wissen muß ich's! Warum ist der Durchlauchtige nach Amberg gekommen? Kannst du dir's zusammenreimen?«

Hansjörg schüttelte das Haupt.

»O, ich schon,« sagte der andre triumphierend. »Mach den Finger naß und reck ihn in die Luft! Was für ein Wind ist's? Der böhmische Wind, Hans Jörg. Und der Kurfürst wird König in Böhmen!« –

Von allen Seiten strömte das Volk in die Regierungsgasse. Schritt vor Schritt gelangten die Reiter bis zum Eingange.

»So geht's nicht,« rief Hans Andre; »absitzen und warten auf uns am Wingertshofer Thore!«

Der Knecht führte die Rosse aus dem Gewühle.

Ein Trupp Stadtknechte kam. »Platz für den regierenden Bürgermeister!«

Und es bildete sich ein breiter Weg für den Regierenden, der, im Schmucke seiner goldenen Kette ehrwürdig anzuschauen, hinter den Knechten in die Gasse einbog, langsam und steif, als hätte er einen Bohnenstecken verschluckt.

»Ihm nach!« raunte Hans Andre und zog den Neffen hinter sich her.

»Platz für den Regierenden!« schrieen die Stadtknechte, und langsam schob sich das Trüpplein zum Schlosse hin.

Es war ein erregtes Fragen und Raunen und Antworten ringsumher, aber mit unbewegtem Amtsgesichte schritt der Bürgermeister durch das Volk, als stolzierte er durch eine Hammelherde.

»In achtzehn Stunden, Gevatter? Das ist nicht zu glauben!«

44 »Hab's ja selber gehört. Der Reitknecht erzählt's jedem, der's wissen will.«

»Und woher?«

»Von Heidelberg, kann's aber nit beschwören.«

»Waldstreu und Häcksel!«

»Na,« meinte ein dritter, »ausgeschaut haben die Gäul' danach, und sonderlich der Bräunel! Patschnaß, und die Flanken auf und nieder, auf und nieder, nur so geflogen, und die Zunge heraußen auf halbe Armsläng'!«

»Und verreckt ist er auch schon,« schnurrte eine Weibsperson, die vom Schlosse her kam und sich mit den Ellbogen den Weg bahnte.

Vor der Zugbrücke hielten sie.

»Der Regierende!« rief der vorderste Stadtknecht und betrat die Holzbohlen, auf denen ein toter gesattelter Gaul lag.

Die Wache spreizte die Beine und ließ passieren.

Die Knechte traten zur Seite, und würdevoll betrat der regierende Bürgermeister der kurfürstlichen Stadt Amberg die Brücke, schritt achtlos vorüber an dem kläglichen Kadaver und verschwand im Thore.

Mitleidig besah Hansjörg Portner den Haufen Fleisch und Knochen im braunen, nassen, staubbedeckten Felle und das große gebrochene Auge, das vorwurfsvoll zu fragen schien: Warum?

»Zweihundert Gulden ist er wert gewesen,« sagte Hans Andre mit Kennermiene. »Unter Brüdern,« setzte er mit Nachdruck hinzu.

»Fallen ist keine Kunst, aber aufstehen, das ist wohl eine Kunst,« lachte einer von den Stadtknechten. Und ringsumher entstand ein beifälliges Gemurmel.

»Komm, Hansjörg!« sagte der edle Burghüter 45 und wandte sich. »Wir gehen gleich rechts hinüber zum Thore.«

»Ich weiß genug,« setzte er bei, als sie aus dem Gedränge waren. »In achtzehn Stunden ist er irgendwoher nach Amberg geritten! Und warum das? Er hat die böhmische Krone genommen!«

Dann aber legte der edle Burghüter den Finger an die Stirne, blieb stehen und besann sich. Und kurz entschlossen ging er wieder zurück, drängte sich durch die Menge und bestieg einen Prellstein.

»Ihr Bürger von Amberg,« schrie er mit starker Stimme und schwenkte den großen Hut mit den blauweißen Federn; »unser gnädigster Landesherr, Kurfürst Friedericus der Fünfte, Pfalzgraf bei Rhein, et cetera, et cetera, vivat hoch!«

»Vivat hoch!« schrieen die Stadtknechte und brüllten die Bürger und Weiber und Kinder in der Nähe. Die Menge in der Gasse aber stand ruhig wie zuvor und wußte nicht, worum es sich handelte.

Mit befriedigtem Antlitze schob sich Hans Andre durch das Gedränge und ging seinem Neffen nach, der langsam vorausgeschritten war.

»So gehört sich's, und das et cetera habe ich stark betont, und wie leicht kann's zu den Ohren des Durchlauchtigen kommen, daß der Burghüter von Rieden ihm ein Vivat dargebracht hat,« triumphierte er und bog breitspurig und sporenklirrend neben dem Jüngling um die Ecke.

Hansjörg Portner sagte kein Wort.

»Et cetera, et cetera« murmelte Hans Andre aufgeregt, »denk an mich, Hansjörg, es ist so, denk an mich!«


Innerhalb des Thores hielt der Knecht mit den Rossen.

46 »Ein Brief vom Scharffenberger seinem Reitknecht,« sagte er und reichte dem Herrn das Schreiben hin.

Hans Andre riß es auf: »Potz hunderttausend Sack voll Wanzen über ihn! Kann nicht nach Theuern reiten, der Scharffenberger? Ist leicht zu erraten, warum! Blieb' ich doch auch lieber zu Amberg in der Stadt und bespräche die Zeitläufte in der Trinkstube. Sauf, daß dir das Feuer zum Hals herausschlägt! Vorwärts, nach Theuern!« –

Und so ritten sie durch den lauen Spätsommerabend das Flußthal hinunter. Hansjörg schwieg; nur zuweilen sagte er ja und nein. Fast unablässig aber ging das Maulwerk des edeln Burghüters. Er sprach vom jungen Fürsten und von der alten böhmischen Krone, er lachte über den Kaiser und über den bayrischen Maximilian und über die Jesuiten samt der katholischen Liga, er lobte Herrn Friedrich den Fünften und seinen Schwiegervater, König Jakob von England, und pries das englische Geld und die Kraft der protestantischen Union mit gewaltigen Worten.

Die Sonne versank, und in dem stillfließenden Gewässer der Vils spiegelte sich der Mond. Klagende Vogelstimmen tönten aus den weiten Schilffeldern, Fledermäuse schwirrten über den Weg, aus den Tümpeln kam das langgezogene hohe Gurren der Wasserschlangen. Hell klangen die zwölf klappernden Hufe durch die Nacht. –

Vom Silberlichte des Mondes übergossen lag das Dorf, und stückweise glitzerte zwischen den Schatten der hohen Erlen die Fläche des Flusses. Auf den Bänken vor den Hütten saßen die Leute und spielten mit den Allerkleinsten und feierten nach der Arbeit des Tages. Weit hinaus, thalauf, thalab glänzte der weiße Kirchturm mit seinen rundbogigen 47 Schallfenstern. Im hellen Mondscheine stand das Herrenhaus, und die uralten Linden auf dem weiten Platze hinter der Steinbrücke waren anzusehen, als trügen sie silberne Blätter zwischen dem dunkelgrünen Laube.

Ueber die lange Holzbrücke des Flusses polterten die Rosse, Hunde schlugen an, und vor der Steinbrücke des Schloßgrabens hielten die Portner, sprangen aus den Sätteln und warfen dem Knechte die Zügel zu.

Schweigend schritten sie zwischen den plump gemeißelten Hirschen hindurch und blieben stehen.

Ueber dem runden Steintische inmitten der Linden zur Rechten hing eine große Laterne. Auf der Tischplatte lagen Waffen und Werkzeuge, und, halb mit dem Rücken gegen die Brücke gewendet, stand ein großer Mann im funkelnden Harnisch, angethan mit Arm- und Beinschienen, barhäuptig; der scheuerte hörbar an einem Schwerte und pfiff dazu.

»Wolfheinz!« rief Hansjörg Portner und rannte auf den Bruder zu. »Wolfheinz!«

Der andre hielt inne und richtete sich auf. Dann lachte er und streckte dem Bruder die Hand entgegen. »Da bist du ja, Hänsel! Stecke mitten in der Arbeit. Aber, sieh nur, er sitzt mir vortrefflich. Und ich trage den Harnisch leicht wie ein Federkleid – sieh nur!«

Und er nahm auch den Eisenhut von der Bank, stülpte ihn auf seine blonden Locken und begann lachend um den Tisch zu tanzen, daß die langen, blauweißen Wollfedern wehten.

»Ach, Ihr auch, Herr Vetter?« sagte er plötzlich, hielt inne, stellte sich steif hin, legte die Hände auf den Rücken und murrte: »Guten Abend!«

»Bist wohl verrückt geworden, Wolfheinz?« fragte Hans Andre und versuchte zu scherzen: »Wer wird 48 denn tanzen im Mondschein, wo doch die Erde so dünn ist wie eine Spinnwebe im Mondschein? Eia!«

»War nie besser bei Sinnen als gerade heut,« antwortete der Gewappnete stolz und reckte die hohe Gestalt. »Aber wenn Ihr heute mit Bastian verhandeln wollt, werdet Ihr wenig ausrichten, schätz' ich. Die Münsterischen und die Loefenischen und die Kemnaterischen und wer weiß noch sind nachmittags zum Entenschießen zugeritten, und nun trinken sie, seit die Sonne gesunken ist.«

»Und du nicht, Bruder?« fragte Hansjörg und hob das Schwert vom Steintische. »Und sag nur, was treibst du denn?«

»Zum Trinken habe ich jetzt keine Zeit,« meinte der andre verächtlich. »Wißt ihr's denn nicht, und kommt doch eben von der Stadt? Die Trommeln gehen ja durchs Land. Heute mittag ist der Einspännig angeritten – der Portnerische solle sich alsobald mit einem wohlausstaffierten Diener und zwei tüchtigen Rossen zu seinem Fähnlein verfügen. Heisa, Bruder, das ist mir in die Glieder gefahren, und bin in die Waffenkammer gerannt! Und, Bruder, mir paßt das Zeug, als wär' ich drinnen geboren.«

»Aber der älteste ist doch immer der Bastian. Und was sagt denn der?« fragte Hansjörg und half dem Bruder den Harnisch lösen.

Wolfheinz lachte leise und pfiff ein wenig vor sich hin. Dann schielte er nach dem edeln Burghüter, der langsam aus dem Schatten der Bäume auf den mondscheinblinkenden Platz hinaus ging.

Vom alten Schlosse her kam wildes Lachen und wüstes Geschrei durch die stille Nacht. Dann klirrte ein Fenster, und eine Männerstimme rief: »All meinen Ahnen in der Gruft den Humpen hier auf einen Suff!«

49 Hansjörg zuckte zusammen und griff nach dem Arme des Bruders.

Der aber lachte: »Wenn er das thut, dann ist er hagelvoll, immer. Du, Hänsel, heute wär' mir's recht, wenn ihm der Vetter nimmer unter die Augen träte. Es muß ja einmal platzen – aber so? Ui!«

*

In der alten Wohnstube brannte eine Kerze.

Das Essen war abgetragen, und die Obermagd stellte mürrisch die Kannen auf den Steintisch und rückte die Becher zurecht.

Schweigend saß Wolfheinz auf seinem Stuhle, und ärgerlich trommelte der edle Burghüter auf der Tischplatte; Hansjörg lehnte am Ofen.

»Was meint er denn eigentlich, der Dunnerbastian?« rief Hans Andre und trommelte stärker und stärker. »Wo bleibt er denn? Verhandelt muß doch einmal werden, ihr habt's ja selbst gewollt!«

»Ganz recht, Vetter, verhandelt muß werden, und je eher, desto besser. Und ich kann Euch sagen, gefreut hab' ich mich auf diese Stunde,« sagte Wolfheinz mit finsterem Gesichte; »aber morgen ist auch noch ein Tag – und wer hat wissen können, daß heute die andern zusammenreiten?«

»Er soll kommen!« keifte der edle Burghüter. »Er muß kommen, wenn er auch nimmer unter der Tutel ist.«

Da ging die Thüre auf, und ein steinaltes Männlein trat in das trübe Licht.

»Also ist's doch so, doch so! Grüß Gott auch, Junker Hansjörg, und ihr Herren beisammen,« sagte er und drehte sein Käpplein zwischen den Händen.

Mit langen Schritten ging Hansjörg zur Thüre, 50 packte beide Hände des Alten und drückte und schüttelte sie mitsamt dem schmierigen Käpplein.

»Grüß Gott auch, Junker,« wiederholte der Greis, »und grüß Gott auch, ihr Herren beisammen! Also richtig ist's, richtig.«

»Setzen, Loißl, daher auf die Bank!« bat Hansjörg, während der edle Burghüter nachlässig sagte: »Ah, das ist ja der Hüttenkapfer! Na, wie geht's mit dem Fußwerk, Loißl?«

»Setzen, Junker? Wär' schon zu grob!« weigerte sich der Alte. »Was glaubt Ihr denn? Aber ganz der Herr Vater, leutselig und gemein! – Mit dem Fußwerk? Dank' der Nachfrag', Herr Portner. Wenn der Fuhrmann nimmer fahren kann, so freut ihn doch das Patschen, Herr. – Also richtig, richtig! Hat mir mein Weib gesagt, ›Loißl,‹ hat s' gesagt, ›just eben vor einer Stund' ist unser Junker Hansjörg eingeritten in Theuern.‹ Und meine Schwester hat's bekräftigt. ›Dummes Zeug,‹ hab' ich geantwortet, ›trinkt ja doch der Junker Bastian Wolf mit allen seinen Gefreundten, und der Junker Wolfheinz scheuert das Waffenzeug unter der Linden, weil ich's ja selber gesehen hab', und die zwei Jüngsten sind zu Sulzbach in der Stadt.‹ – ›Eingeritten ist er!‹ haben s' alle zwei bekräftigt. ›G'schmarr,‹ hab' ich ihnen gesagt und bin in meinen Kittel gefahren, ›zwei Weiber und eine Gans, das ist 'n Jahrmarkt.‹ Und haben doch recht gehabt, doch recht haben s' gehabt, die Weiberleut'.«

Hansjörg suchte ihn auf die Ofenbank zu ziehen, aber der alte Hüttenkapfer machte sich los und trat einen Schritt näher an den Tisch: »Wer mir redet, ist mir lieber, als wer mir winkt – aber was mich nit beißt, kratz' ich nit.«

51 »Was will er denn, der Alte?« fragte Hans Andre ungeduldig.

Der kniff die Augen zusammen und räusperte sich: »Lehnt der Knüttel schräg, so fällt er um, und wenn der Krug voll ist, läuft er über,« sagte er leichthin. Dann aber legte er die Hand ans Ohr, lauschte gegen die Fenster hin und raunte schnell: »'m Rauschigen weicht sogar 'n Fuder Heu aus!«

»Nix für ungut, geruhsame Nacht, ihr Herren beisammen,« setzte er bei, humpelte zur Thüre und ging hinaus. Aber noch einmal steckte er den weißen Kopf herein und bat voll Demut: »Nix für ungut, ihr Herren! Der Gescheite giebt niemand einen Rat, heißt's; aber es heißt auch, guter Rat ist Goldes wert.« Nun drückte er die Klinke leise ins Schloß.

»Vetter,« sagte Hansjörg, »ich bitt' Euch, redet heute nimmer mit dem Bastian. Der alte Loißl hat sicher etwas gehört, ich kenn' ihn, Vetter; der Loißl hat Euch warnen wollen.«

»Das hat er,« bekräftigte Wolfheinz und that einen tiefen Zug aus seinem Becher.

Da ward die Thüre aufgestoßen, und im Halbdunkel stand die große Gestalt Sebastian Wolfs auf der Schwelle.

Mit raschen Schritten ging Hansjörg dem Bruder entgegen und hielt ihm die Hand hin. Der aber schob sie weg, schlug die Thüre ins Schloß und trat mitten in die Stube.

Der Burghüter war aufgesprungen und aus Fenster getreten. Wolfheinz hatte sich in seinen Stuhl zurückgelehnt, streckte die Füße weit ab und sah gleichgültig vor sich hin.

»Na, da seid Ihr ja, seid Ihr ja, seid Ihr ja,« begann Sebastian Wolf und stand regungslos mit 52 geballten Fäusten da. »Und wo ist der Scharffenberger, wo ist er, frag' ich?«

»Er hat eine Verhinderung gehabt, guter Freund,« kam die Antwort vom Fenster.

»Guter Freund, guter Freund! Hat sich was, guter Freund!« Er lachte höhnisch. »Ist schade, daß nur der eine da ist; denn heut muß es 'raus, 'raus muß es, sag' ich!«

»Bastian,« rief jetzt Wolfheinz und schob dem Bruder nachlässig den Becher hin, »trink und setz dich her zu uns!«

Sebastian Wolf stampfte. »Du bist ruhig, wenn ich Abrechnung halte!«

Nun erhob sich Wolfheinz, stellte sich mit gespreizten Beinen neben den Tisch und senkte die Hände in die Hosentaschen. Hansjörg stand am Ofen.

Sebastian Wolf hob drohend die Rechte gegen den Burghüter, und es kam wie ein Sturzbach aus seinem Munde: »Abrechnung halt' ich, Hans Endres Portner. Weiß wohl, wer im Lande hin und wieder reitet und den Bastian Wolf schlecht macht als einen gotteslästerlichen Kollerer und verunglimpft und in das Salz haut, daß er nunmehr bei jedermann als ein Prodigus und Unmensch gehalten wird –«

Der edle Burghüter trat einen Schritt vor und sagte: »Guter Freund, beschlafe deinen Zorn, das führt zu bösen Häusern.«

»Beschlafe deinen Zorn!« schrie Portner. »Höhnen wollt Ihr auch noch? Tag und Nacht wach' und schlaf' ich über meinem Zorn, und Ihr sagt, ich soll ihn beschlafen! 'raus muß alles, alles, alles, das sag' ich! Ist's nicht das pure Gegenteil? Aber ich will ihn zahlen, den Tausendhöllenschelm, den Schelm, den Schelm, und sollt' mein Kopf draufgehen, den 53 losen Mann; ich will ihm Theuern verleiden, dem, und sollt' mir mein Kopf weggenommen werden wie ein Krautskopf, wie ein Krautskopf, sag' ich. Wer ist hier ein Prodigus und Verschwender, ich oder die Vormünder? Was brauchen die Vormünder hier zu Theuern liegen mit Rossen und Knechten immer wieder zwei, drei Wochen und zehren vom Waisengut? Und ihnen müssen dann die Ehalten gehorchen, mir aber, dem Portner, dürfen sie nicht gehorchen! Die Schelme, die Tausendhöllenschelme!«

Und er hob einen Stuhl, der vor ihm stand, und stieß ihn auf den Boden, daß er in allen Fugen krachte. »Abrechnen, abrechnen, abrechnen, Hans Andre! Man geb' mir, was mein ist! Die Vormünder sollen sehen, jetzt lass' ich nimmer luck, lass' nimmer luck, und sollt' ich gleich auf dem Platze bleiben. Was sagt Ihr dazu, Vetter?«

»Vom Fenster kam's kleinlaut: »Ich dächte, morgen wär' auch noch ein Tag. Aber wenn du drauf bestehst – gedenk doch, was für eine große Schuldenlast vorhanden ist. Und ihr könnt's ja auch beim kurfürstlichen Regiment ausrichten!«

Sebastian Wolf rührte sich nicht, und kühner fuhr der edle Burghüter fort: »O, könnt's ja beim kurfürstlichen Regiment erwirken, daß man dir, Bastian, etwa die Güter einräumt gegen Kaution; damit sind wir Vormünder recht zufrieden, gönnen's dir auch gerne. Aber wenn du vermeinst, mit Schmähen etwas Gutes auszurichten, so laß dich das nicht gelüsten. Der Burghüter von Rieden ist nicht der Mann danach.«

Sebastian Wolfs Hand fuhr unters Wams und kam zurück, und es funkelte etwas im unsicheren Lichte der Kerze.

54 Da räusperte sich Wolfheinz kräftig und trat einen Schritt näher: »Ich sag's auch, Bastian, morgen im Tageslicht! Heute wollen wir schlafen gehen. Aber denkt Euch ja nicht, Vetter da drüben, daß Ihr mich auf Eurer Seite habt. O, da wäret Ihr auf dem Holzweg. Ein schlechter Vogel – na, Ihr kennt's ja doch?«

»Ei da soll gleich,« rief nun der Burghüter, dem der Mut gewachsen war, »von zwei solchen Grünspechten –«

Sebastian Wolf machte eine rasche Bewegung, aber da hatte Wolfheinz auch schon sein Handgelenk umklammert und sagte gebieterisch: »Den Dolch laß, Bastian!«

Dem andern traten die Augen aus dem roten Gesicht, und keuchend rief er: »Gieb frei, Wolfheinz, ich muß sein Blut sehen!«

»Den Dolch laß fallen, Bastian!« befahl der Bruder und zischelte dem Trunkenen etwas ins Ohr. Da stierte ihn dieser an, als könnte er's nicht fassen. Wolfheinz aber wiederholte: »Laß den Dolch!«

Und der Dolch klirrte auf dem Boden.

»Ich dank' dir, Bastian, daß du den Dolch hast freiwillig fallen lassen,« sagte Wolfheinz mit Nachdruck und gab des Bruders Handgelenk frei.

»Du weißt wohl,« murrte dieser, »daß mich keiner mit Gewalt zwingen könnte!«

Nun trat Wolfheinz an die Thüre, riß sie weit auf und donnerte, zum Burghüter gewandt: »Hinaus!«

Der raffte seinen Hut von der Wand und entwich. Als er aber an Wolfheinz vorbeikam, war's, als ziehe er ein wenig den Rücken ein.

»Und habt wohl acht, Vetter, was Euch der Grünspecht sagt,« rief ihm Wolfheinz über die Stiege 55 nach: »Waisengut ist noch nicht vogelfrei in kurfürstlichen Landen. Und morgen laßt Ihr und der Scharffenberger Euch von der Vormundschaft entheben – sonst geh' ich zum Statthalter und ziehe mein oberpfälzisch Mundwerk auf!«

»Hab' ich Euch nicht vor Euern Gläubigern gerettet und Euch die Fünfzehntausend vorgeschossen aus meinem Sacke?« zeterte Hans Andre von unten herauf.

»Ja, mit schlechtem Gelde um schwere Zinsen, damit Ihr dereinst den Strick zuziehen und Euch auf unserm Erbgut festsetzen könnt!« donnerte der Jüngling und ging mit schweren Schritten zurück in die Wohnstube.

*

»Du hast eine Blutthat verhütet, Wolfheinz,« sagte Hansjörg, als sich auch hinter Sebastian Wolf die Thüre geschlossen hatte.

»Kann sein,« antwortete Wolfheinz; »den Dolch wirft er wie kein andrer.«

»Doch mich wundert, wie du das angefangen hast, Bruder!« sagte Hansjörg.

Wolfheinz zuckte mit den Achseln und goß seinen Becher voll. »Fürs erste bin ich ihm weit überlegen, und dann – nu, Hansjörg, ich weiß halt auch was von ihm, was nicht gerade jeder wissen dürfte. – Laß gut sein, Hänsel! Was du nicht weißt, macht dir nicht heiß.«

»Ich will's auch nicht wissen,« sagte Hansjörg, mit dem Weinen kämpfend. »Aber, Bruder, wie ist doch unsers Vaters Haus so sehr verwüstet!«

Wolfheinz starrte in seinen Becher. »Mach mir mein Herz nicht schwer, Hansjörg,« rief er endlich, 56 stand auf, trat ans Fenster und riß es auf. »So dumpf hier oben!«

Vom alten Bau tönte wilder Gesang herüber.

»Gute Nacht!« flüsterte Hansjörg und ging in die Kammer nebenan, wo ihm die alte Magd sein Lager bereitet hatte.

*

Alle Schläge vom Turme hörte der Knabe, er hörte das wilde Schreien und Singen aus dem alten Bau, er hörte den Bruder nebenan die andre Kammer öffnen, und die Stunden schlichen.

Mitternacht war gekommen. Seine Augen brannten, seine Zunge klebte am Gaumen, und immer toller drehten sich die Gedanken in seinem Gehirne.

Hansjörg erhob sich, griff nach dem Wasserkruge und trank.

»Wie schal und abgestanden!« murmelte er, trat ans Fenster und öffnete einen Flügel.

Herrlich klar stand der Mond über dem Thale, kein Hauch regte sich in den silbern glänzenden Linden.

Da kamen die Zecher mit lautem Lachen vom alten Bau herangeritten. Hansjörg hörte, wie sie an der Steinbrücke hielten und durcheinander schrieen zum Abschiede. Dann trampelten die Hufe auf der hölzernen Flußbrücke. Ein paar Schüsse krachten von der Heerstraße herüber. Das Geschrei verklang mit den Hufschlägen in der Ferne. Drunten ward eine Thüre ins Schloß geworfen, daß es hallte im steinernen Hause, ein Hund schrie auf, als hätte er einen Tritt bekommen. Und es ward mit einem Male furchtbar still.

Hansjörg preßte die flachen Hände an die brennenden Schläfen und stand regungslos inmitten der 57 mondhellen Kammer. Dann schüttelte ihn ein Schauer, und er stöhnte: »Nur hinaus, nur hinaus!«

Hastig warf er seine Kleider über, ging auf den Fußspitzen in die Wohnstube, wo die geleerten Becher blinkten im Mondscheine, und nahm den Schlüssel vom Haken.

Der Sand knirschte und rauschte auf jeder Steinstufe unter seinen Sohlen. Schnuppernd kam der große Wolfshund im Hausflur heran und rieb sich an seinem Herrn.

»So komm!« befahl Hansjörg, hob den schweren Riegel und öffnete die Thüre. Ungestüm zwängte der Hund seine Schnauze in den Spalt und drängte ins Freie.


Auf der langen Holzbrücke, am Geländer, stand einer und blickte flußabwärts, und im Lichte des Mondes war es anzusehen, als hätte er ein silbernes Käpplein auf dem Kopfe; doch es waren nur seine weißen Haare, die also leuchteten.

Langsam schritt Hansjörg auf die Brücke, trat neben den Greis und lehnte sich ans Geländer.

»Was thust denn du mitten in der Nacht heraußen, Loißl?«

»Wenn junge Leut' nit schlafen können, wird's halt bei alten Leuten auch nit anders sein, Junker,« sagte der und rührte sich nicht und blickte flußabwärts. –

So lehnten sie schweigend nebeneinander, und an den Holzpfeilern unter ihren Füßen murmelten und raunten rastlos die grünen Gewässer.

»Schad', wenn einer den Hut aufhat, so schön thut er heut scheinen, der Herr Mond,« flüsterte der Alte. »Allein, allein, der Loißl traut ihm nit, 58 Junker; das weiß der Loißl so gut. Pst! Da bringt's die Luft wieder. Hört Ihr's?«

Wie ein Hauch zog es über die Erde, dann war wieder alles totenstill.

Hansjörg wartete eine Zeitlang und lauschte. Dann schüttelte er den Kopf.

»Ah, die Jungen hören halt nix, trotz ihren scharfen Ohren,« lachte der Greis in sich hinein. »Zum Hören wär's wohl, gar wohl zum Hören.«

»Schaut, Junker, da drüben –« er packte Hansjörg am Arme, »jedesmal und jedesmal thut sich unter den Erlen da drüben das goldige Rad drehen im Wasser um Mitternacht, und es laufen und rinnen von seinen goldigen Schaufeln die goldigen Tropfen um Mitternacht. Und jedesmal und jedesmal sitzt das kleine, uralte Weibel am Uferrand und streicht mit den Fingerlein über die schwarzen Kleider und übers weiße Fürtuch, wackelt mit dem Kopf und klagt und kündet den Tod an. Wer's halt hört, wer's halt hört! Und heut war's wieder da, Junker, das goldige Rad und das alte Weibel mit dem Spinnwebschleier. Ich hab's gesehen, Junker, und hab's gehört mit meinen Ohren. Freilich, freilich, jeder kann's nit hören, und jeder kann's nit sehen. Die Trunkenen haben's nit gesehen, das goldige Rad nit im rinnenden Wasser, und mich nit. Denn als sie anhuben zu schießen, bin ich unter die Brücke gekrochen und hab' mich verborgen, und das güldene Rad hat sich lautlos von dannen gehoben und ist den Fluß hinunter gelaufen, die Wassertropfen haben gefunkelt, und einen goldigen Streifen hat's hinter sich dreingezogen, und obendrauf ist sie gesessen, kleinwinzig in ihrem schneeweißen Tuchel, und hat ganz leis gewimmert und das Unheil angekündigt. – 59 Wie dazumal, Junker, vor sieben Jahren, Ihr wißt ja, vor dem großen Sterben,« sagte er nach einer Weile. »Aber horcht nur! Hört Ihr's nit? Ganz laut, Junker, das Klagen. Ihr müßt's doch hören!«

»Nein, gar nichts,« antwortete Hansjörg, und schweigend lehnten sie nebeneinander. –

»Und darum ist ihm nit zu trauen, wenn er auch noch so freundlich scheint, der Herr Mond,« sagte der Greis nach einer langen Zeit. Dann richtete er sich auf und bedeckte sein Haupt mit dem schwarzen Käpplein.

»Kommt, Junker, wir wollen schlafen gehen!«

»Ich kann nicht schlafen,« seufzte Hansjörg; »mir ist mein Herze gar zu schwer, und dünkt mir, es brennte mich etwas da drinnen.«

»Weiß wohl – weiß wohl,« sagte der Greis und klapperte in seinen Holzschuhen neben dem Junker auf der weißen Straße. »Wenn nur unsereiner auch helfen könnt'! Aber was kann unsereiner thun?«

Dann zupfte er auf einmal seinen Aermel, blieb stehen und sah ihm stracks ins Antlitz empor: »Junker, ich bin gar alt; wie alt, wüßt' ich selber nit. Doch ferten hat mir's der Herr Pfarrer gesagt, ›Loißl,‹ hat er gesagt, ›vierundachtzig hast auch schon auf dem Buckel, im Taufbuch steht's.‹ Und also sind's wohl heuer fünfundachtzig geworden. Stimmt. Es wundert mich nit groß, Junker: Als ein kleiner Bub hab' ich Weißbrot gegessen bei Euers Urahnherrn Begräbnis. Und die Glocken hab' ich ziehen helfen bei Euers Ahnherrn Heinrich Hochzeit. Und ich seh' ihn noch herumtragen als ein Wickelkind, Euern Herrn Vater, Gott hab' ihn selig, unter den Bäumen da. Ach, Junker, wenn alle meine Bekannten, alle, die der Loißl hat kommen und gehen sehen in Theuern, 60 hoch und nieder, jetzt herausträten aus ihren Gräbern und Grüften, Junker, die müßten eng stehen von uns hin bis an die Kirchhofmauer und, kann sein, auch noch bis zu dem nackigen Kerl auf dem Röhrenbrunnen vorm Schloß. Aber, was ich sagen will, Junker . . . Freilich, zu jedem Junker möcht' ich's nit sagen, aber zu Euch schon. Und heißt ja doch in der Heiligen Schrift: solange der Erbe ein Kind ist, so ist unter ihm und einem Knechte kein Unterschied, ob er wohl ein Herr ist aller Güter. Und Ihr seid gar traurig, also muß ich Euch trösten – und wär's auch nur, daß ich damit eine alte Schuld abzahlte an der Mutter selig ihren Sohn. Horcht, Junker, und denkt nit, daß ich vom Brote nur als vom Brote rede! Ich weiß gar wohl, der Mensch lebt nit allein vom Brote, rechnet ja auch Doktor Martin Luther allerlei dazu, was nit im Ofen gebacken wird.«

Er nahm sein Käpplein ab, faltete die Hände und sagte andächtig: »Ich bin jung gewesen und bin alt geworden und habe noch nie gesehen den Gerechten verlassen, oder seinen Samen nach Brot gehen.«

Er hielt ein wenig inne und wiederholte mit starker Stimme: »Noch nie!«

Dann setzte er fast bittend hinzu: »Gieb mir, mein Sohn, dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege wohlgefallen!«

Hansjörg liefen die Thränen über die Wangen, und er griff tastend nach der Hand des Greises.

»Nit weinen, Junker,« bat dieser. »Wenn ich Euch weinen sehe, thut's ja nit viel; aber ein andrer dürft's halt nit sehen, daß ein Portner weint. Und jetzt wollen wir schlafen gehen, Junker, und nimmer 61 an die Klagfrau denken und an ihr güldenes Wasserrad, den traurigen Spuk. Wir wollen froh sein in unsern Herzen. Und vielleicht giebt Euch in währendem Schlaf unser Herrgott einen guten Gedanken. Solches thäte wohl not, Junker; denn dies und das muß anders werden auf Theuern.« 62


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