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Heidelberg

Heidelberga Deleta – das vernichtete Heidelberg –, diese Umschrift erhielt, auf den Vorschlag Boileaus, die Kehrseite einer Münze, durch welche Ludwig XIV. im J. 1693 das Werk der Bosheit den Zeitgenossen als eine Heldentat verkündigen wollte. Mit welchen Empfindungen des Abscheues und Nationalhasses mußte der Anblick der rauchenden Trümmer vor bald anderthalb Jahrhunderten ein deutsches Herz erfüllen! Keine kriegerische Maßregel hatte zu jenen Verwüstungen gezwungen; der Plünderung der Stadt, der Zerstörung des Schlosses, das keinen militärisch wichtigen Punkt mehr darbot, lag nichts als Rachsucht zum Grunde. Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz hatte vor der Schwelle und in den Sälen seiner Hofburg den König Heinrich III. von Frankreich als Herzog von Anjou einst seinen Unwillen über die Greuel der Bartholomäusnacht empfinden lassen und den fürstlichen Gast einem Gemälde gegenübergeführt, das die Ermordung des Admirals Coligny darstellte. Ein Jahrhundert vermochte nicht das Andenken an die erduldete Schmach auszulöschen, und Ludwig XIV. machte dem unversöhnlichen Grolle mit der Brandfackel Luft. Er ahnte wohl nicht, daß das Andenken an diese Untat durch die Herrlichkeit der Ruine bald überstrahlt werden und daß die Pracht jener Trümmer den Glanz seines eigenen Stammes überleben würde. Wer denkt jetzt noch beim Anschauen dieser nur halb versunkenen Herrlichkeiten an die Motive ihrer Verwüstung; wer, wenn er die Riesenglieder der Heidelberger Ruine aus dem lachendsten Gebirgstale Deutschlands zum erstenmal aufsteigen sieht, könnte mit einem andern Ausdrucke als dem der Bewunderung und des Entzückens ausrufen: »Heidelberga deleta! ...«

Auch war es des Himmels Wille, daß die Ruine in unverkümmerter Schönheit als solche fortbestehen sollte. Nach der gedoppelten Verwüstung durch die Franzosen (1689 und 1693) rührte dreißig Jahre lang keine Menschenhand an sie. Endlich, als Karl Philipp in Heidelberg sein Hoflager hatte (1718–1722), versuchte man es, die Baue wieder wohnlich zu machen; aber Karl Theodor besuchte das Schloß erst im 22sten Jahre seiner Regierung. Die ältesten Bewohner von Heidelberg erinnern sich noch, wie damals (1764) auf dem Schlosse bankettiert und das Riesenfaß, das um 1750 wieder gefüllt worden war, angestochen wurde. Schon war die neue Einrichtung eines der Paläste angeordnet, da entzündete und zertrümmerte in der Nacht nach Anwesenheit des Kurfürsten ein herabfahrender Blitzstrahl, was der Zerstörung durch den französischen Mordbrenner Mélac entgangen war, und bis auf wenige Gebäude des Innern wurde alles in Asche gelegt.

In solcher Gestalt erhebt sich die Ruine seit 72 Jahren aus der üppigen Vegetation, mit welcher Natur und Kunst sie umgeben hat. Statt uns in Schilderungen zu versuchen, lassen wir einen unsrer größten Dichter den Eindruck wiedergeben, den diese in ihrer Art einzigen Trümmer in dem Beschauer hinterlassen. Bei dem ersten Anblicke so ausgedehnter Baulichkeiten kann man zweifeln, ob man wirklich Ruinen vor sich habe und nicht noch wohnliche Paläste:

Es scheint ein Schloß – doch ist es keines.
Du siehst vom hohen Bergesrücken
Es stolz im Sonnenstrahle blicken,
Mit Türmen und mit Zinnen prangen,
Mit tiefem Graben rings umfangen,
Voll Heldenbilder aller Orte,
Zween Marmorlöwen an der Pforte;
Doch drinnen ist es öd' und stille,
Im Hofe hohes Gras die Fülle,
Im Graben quillt das Wasser nimmer,
Im Haus ist Treppe nicht noch Zimmer;
Ringsum die Efeuranken schleichen,
Zugvögel durch die Fenster streichen.
Dort saßen mit der goldnen Krone
Voreinst die Herrscher auf dem Throne,
Von dort aus zogen einst die Helden,
Von denen die Geschichten melden.
Die Herrscher ruhn in Gräberhallen,
Die Helden sind im Kampf gefallen;
Verhallet war der Burg Getümmel,
Da fuhr ein Feuerstrahl vom Himmel:
Der reiche Schatz verging in Flammen,
Gemach und Treppe fiel zusammen.
Inwendig ward das Schloß verheeret,
Doch außen blieb es unversehret.
Sobald erlosch der Edeln Orden,
Ist auch ihr Haus verödet worden.
Doch wie noch die Geschichten melden
Der Herrscher Namen und der Helden,
So sieht man auch die Türm' und Mauern
Mit ihren Heldenbildern dauern.
Auch wird noch ferner manch Jahrhundert
Das hohe Denkmal schaun verwundert
Und jenes Schloß auf Bergesrücken
Verklärt im Sonnenstrahl erblicken. Uhland, »Die drei Schlösser«. »Gedichte«, Xte Aufl., S. 357. Der Leser wird bemerken, daß nur die Hauptzüge dieser Schilderung vom Heidelberger Schloß entlehnt sind.

Stadt und Schloß Heidelberg liegen in dem engen Tale, in welches hier, wenige Stunden vor seiner Mündung, der Neckarstrom, einem ungeheuren Waldbache ähnlich, durch die hohen Granit- und Sandsteinwände links des großen, rechts des kleinen Odenwaldes hineingezwängt wird; die Stadt so tief, daß sie des Schauspiels der aufgehenden Sonne entbehren muß; das Schloß am Fuße des Königsstuhles, des erhabensten Berges nächster Umgegend, auf Granitfels, 613 Fuß über dem Meere, 313 über dem Flusse. Das sich zersetzende granitische Gestein ist dem Pflanzenwachstume besonders günstig; daher die prächtigen Gruppen kraftvoller Bäume und der wohltuende Wechsel mannichfaltiger Schattierungen von Laub- und Nadelholz, der Efeu gedeiht auf dem Schlosse mit seltener Üppigkeit; große Trümmermassen der alten Feste werden von Efeu umschlungen und gleichsam zusammengehalten. Zunächst über dem Schlosse grünen saftige Kastanienwälder, und in dem ganzen Tale ist die Vegetation des Nordens und des Südens zauberisch ineinander verwoben.

Doch versetzen wir uns einen Augenblick in die Zeit, wo die Kultur noch keines ihrer Wunder bewirkt hatte und Stadt und Schloß noch nicht stand. Damals war der Schloßhügel wohl nichts als ein mit Heidelbeeren überwachsener Berg, der dem spätem Orte den Namen gab. Arme Hirten und betriebsame Fischer siedelten sich allmählig am Berg und im Tale an. Dann kamen die Römer, brachten Wein und Ackerbau, dämmten den Fluß ein und machten ihn schiffbar und schirmten im dritten Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung die Ausmündung des Gebirgstales durch Schanzen und Kastelle gegen die Einfälle der Alemannen. Auf dem linken Neckarufer errichteten sie wahrscheinlich eine obere und eine untere Burg, an deren Stelle später das alte, jetzt bis auf den Namen verschwundene und das neue Schloß, die jetzige Ruine, kamen; am andern Ufer stand ein anderes Kastell auf einem Vorsprunge des Heiligenberges; durch Mauern waren die verschiedenen Festen miteinander verbunden; innerhalb der Mauern, wo jetzt die Stadt steht, lag ein größeres Fort, auf dessen Grund der ebenfalls uralte Marstall, den der Neckar bespült, erbauet ist; außerhalb liefen römische Heerstraßen am Königsstuhl hinauf, deren Überbleibsel am »Plattenwege« zu sehen sind.

Nachdem die Römer aus der Gegend verschwunden, wuchsen allmählig die Hütten deutscher Ansiedler zu Flecken und Dorf zusammen, die vielleicht endlich eine karolingische Villa bildeten. Um die Mitte des zwölften Jahrhunderts residiert der Hohenstaufe Konrad als erster Pfalzgraf bei Rhein in dem durch ihn verschönerten Orte, und Herzog Ludwig von Bayern, Sohn Ottos von Wittelsbach, empfängt später mit der Pfalz auch »Kastell und Städtlein Heidelberg« zu Lehen. Nun wurde Heidelberg Hauptstadt der Rheinpfalz und blieb es, wie ein Phönix von Zeit zu Zeit neu aus der Asche gewaltiger Feuersbrünste und Kriegsverheerungen emporsteigend, fünfhundert Jahre hindurch. In diesem langen Zeiträume gedieh auch Schloß Heidelberg zu der Herrlichkeit, die noch jetzt im Schutte so groß ist.

Die ursprüngliche Form des Schlosses, wie dies aus den Überbleibseln alter Mauern hervorgeht, war ein ziemlich regelrechtes Viereck, das auf römischen Ursprung schließen läßt. In diesem mäßigen Räume gefiel sich ohne Zweifel noch Konrad von Hohenstaufen. Geschichtlich ist, daß die Kurfürsten Ruprecht I. und III. († 1390 und 1410) einzelne Teile des Schlosses erbauen ließen. Jener legte (1346) den ersten Grund zu einem der ältesten Denkmäler des Schlosses, zur Kapelle, die unter Friedrich I. (1470) erneut und im 17ten Jahrhundert unter Friedrich V. zum Königssaale umgeschaffen wurde, dessen Decke vier gewaltige Säulen trugen, und die seit der Franzosenzeit Ruine mit neuer Dachbedeckung ist. Von dem dritten Ruprecht, dem römischen Könige, rührt der Rupertusbau her, der gleich beim Eintritt in den innern Bau links ins Auge fällt und, mehrfach erneuert, gleichfalls seit 1689 in Trümmern liegt. An ihn schließt sich der »Alte Bau« an, von unbekanntem Gründer, doch wohl aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Aus derselben Zeit, von Friedrich I. gegründet und eine der höchsten Rückenseiten des Schlosses einnehmend, stammt der »Gesprengte Turm« von zwanzig Fuß Stärke. Galerie und Steingewölbe sind erst von 1603. Im J. 1689 widerstand dieser Pulverturm, wie für die Ewigkeit geschaffen, mit deutscher Kraft der Verheerung; nur ein Mauerstück konnte losgesprengt werden, das jetzt malerisch in der Tiefe liegt. Der ganze Umkreis zitterte vom Donner. Dem sechzehnten Jahrhunderte gehören die eigentlichen Prunkstätten der Verwüstung: der »Achteckige Turm«, vollendet um 1530, vom Blitz ausgebrannt 1764; der Bau Ludwigs V. (1524), mehrfach erneuert und auch erst seit 1764 Ruine; der Otto-Heinrichs-Palast, vollführt im J. 1556, ein Prachtbau, wie ihn kein Kaiser jener Zeit hatte, aber schon im Dreißigjährigen Kriege vom Brande stark beschädigt, später erneuert, von den Franzosen abermals und nach neuen Herstellungen vom Blitze (1764) zum drittenmal zerstört. Die Vorderfaçade ist in aller Pracht und Herrlichkeit des Zeitalters, in gutem Stile, mit unendlichem Fleiße von Künstlern verschiedener Lande ausgeführt und mit historischen Statuen und allegorischen Figuren in sonderbarer Zusammenstellung – David bei Venus, Tiberius und Brutus – verziert; der »Dicke Turm« (seine Umfangsmauern waren 16 Fuß stark), zum erstenmal aufgeführt vom Pfalzgrafen Ludwig 1533, bis zum Gurtgesims niedergerissen, neu aufgeführt und erhöht von Friedrich V. im J. 1619, von Mélac im J. 1689 gesprengt, stürzte seine Hälfte über die Stadt hinab. Die großartigen, von Efeu, aus dem zwei Fürstenstatuen schauen, dicht bewachsenen Trümmer ragen scharf abgeschnitten in die schwindlige Tiefe hinab und begränzen mit schroffer Linie den Niederblick ins Tal, den man hier nächst der herrlichen Fernsicht genießt.

Aus dem siebzehnten Jahrhundert stammen der »Bibliothekturm« (1610), dessen kugelförmiges Dach gänzlich verschwunden ist, der »Friedrichspalast« (1601–1607) mit den lebensähnlichen Statuen der pfälzischen Ahnen in vier Abteilungen, von Karl dem Großen bis zu Friedrich IV., dem Erbauer, mehrere von den Schüssen der Schweden (1633) verstümmelt, einer noch im Stein von einem Geschosse getroffen und wie sterbend zusammengesunken. In diese Zeit gehört auch der an den »Dicken Turm« gränzende »Englische Bau« Friedrichs V., von einfachem, edlem Stile, einst Wohnung der Enkelin von Maria Stuart, der Tochter Jakobs I., der Gemahlin des unglücklichen Winterkönigs, mit dem schwebenden Luftgarten, niedergebrannt von den Franzosen. – Noch ziehen im Schloßhofe die Syenit- und Marmorsäulen des schon 1508 in Granit gesprengten Ziehbrunnens, Geschwister der Riesensäule im Odenwald und, wie sie, wahrscheinlich römischen Ursprungs, die Blicke des Wanderers auf sich, so wie Brücken, Schloßgraben, Batterien und unterirdische Gänge. Auf der schönen »Großen Terrasse« bewundert man den ältesten Baum der erneuten Schloßanlagen, die kolossale Thuja occidentalis, die im J. 1618 gepflanzt wurde, mithin schon ins dritte Jahrhundert hinüberreicht, und freut sich der herrlichen Aussicht.

Den schönsten Standpunkt für einen Überblick der Stadt und der weiten Rheinebene bis über Mannheim hinaus, zu der blauen Vogesenkette, gewährt jedoch in der Nähe des »Dicken Turmes« der »Große Wall«, später der »Stückgarten« genannt, den die abziehenden Franzosen zu Mélacs blutiger Zeit ebenfalls zu sprengen versucht hatten. Von seinen Ruhesitzen herab, über das Geländer hinausgelehnt, wollen auch wir einen Blick auf die Merkwürdigkeiten der Stadt wagen.

Unter den öffentlichen Gebäuden ruht unser Auge mit besonderem Interesse auf der ältesten Kirche der Stadt, zu St. Peter, wo Hieronymus von Prag, der treue Gefährte des berühmten Hus, 1406 seine Thesen anschlug und auf dem nahen Totenhofe vor versammeltem Volke verteidigte. Vor der Kirche schläft unter vielen andern, deren Denksteine Tränenweiden überschatten, auch der große Philolog Friedr. Sylburgius († 1596) und in der Kirche unter ebenso vielen der erste Rektor der Universität, Marsilius ab Zeghen † 1396). Geschichtlich merkwürdig ist auch die Kirche zum heiligen Geist, die Hauptpfarrkirche der Stadt, an der drei Fürsten bauten, die in ihren dunkeln Schoß ganze Geschlechter alter Pfalzgrafen und Kurfürsten aufgenommen hatte und an welcher die Franzosen zu Mordbrennern und Tempelschändern geworden sind. Später wurde die Kirche die Ursache großer Zerrüttungen und Religionsstreitigkeiten. – Bei der Providenzkirche ist das Grab der Dichterin Rudolphi, und in der modernen Jesuitenkirche ruhen die Gebeine Friedrichs des Siegreichen, nachdem sie vor der französischen Gräberplünderung in das Kloster geflüchtet worden waren.

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Heidelberg

Von den Toren zeichnet sich das auf die Neckargmünder Straße führende, auch auf unserm Bilde sichtbare luxuriöse Karlstor aus, das im J. 1775 mit großer Verschwendung städtischer Gelder aufgeführt wurde. Die schöne Neckarbrücke ist neu; den letzten Pfeiler der durch die Franzosen gesprengten älteren rissen die Wasserfluten des Jahres 1784 mit sich fort. Die neue Brücke, 700 Fuß lang und 30 breit, wurde 1786–1788 gebaut; am 16. Oktober 1799 wurde sie vergeblich mit siebenfachem Sturm von den Neufranken angegriffen; sie gewährt einen herrlichen Standpunkt, zumal für das Schauspiel der untergehenden Sonne, wo die niedern Berge schon in Dunkel gehüllt sind, die Höhen noch von lebhaftem Lichte strahlen, der Neckar im Purpur der Abendröte glüht, das ferne Haardt-Gebirge wie mit Gold überdeckt erscheint und aus der Mitte der Landschaft düster und feierlich groß die Schloßruine sich erhebt.

Noch vereinigt die kleine Stadt, deren lange, belebte, mit schmucken Kauf- und Kramläden prangende Hauptstraße an das große Paris erinnert, aus wissenschaftlichem und anderem Gebiete vieles Denk- und Sehenswürdige. Die Universität, von Ruprecht I. 1386 gestiftet, 1803 von Karl Friedrich von Baden erneuert, durch zufällige Umstände gegenwärtig minder besucht, besitzt einen Kreis der berühmtesten Lehrer und Gelehrten Deutschlands. Ein schönes Museum ladet zur Geselligkeit ein; viele Fremde, besonders Engländer, haben ihren längern oder kürzern Wohnsitz in der freundlichen Neckarstadt aufgeschlagen, und das ausgezeichnete Privatinstitut des Dr. Kaiser beherbergt in Mehrzahl junge Briten.

Der deutsche Dichter denkt mit wehmütiger Rührung an die schöne Zeit von 1806–1811 zurück, wo Heidelberg der Sammelplatz der reichsten Geister war, eine junge, begeisterte, selbst in ihrer Keckheit liebenswürdige Schule hier einen ihrer blühendsten Sitze hatte und die Presse von Mohr und Zimmer das Vaterland mit den schönsten Werken der Poesie und Kritik erfreute. Nicht lange vorher hatte Friedrich Hölderlin, der tiefsinnigste deutsche Lyriker, die Ode gesungen, die dieser Schilderung nicht fehlen darf:

Lange lieb' ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust,
Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied,
Du, der Vaterlandsstädte
Ländlich schönste, so viel ich sah.

Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt,
Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt,
Leicht und kräftig die Brücke,
Die von Wagen und Menschen tönt.

Wie von Göttern gesandt, fesselt' ein Zauber einst
Auf die Brücke mich an, da ich vorüberging,
Und herein in die Berge
Mir die reizende Ferne schien;

Und der Jüngling, der Strom, fort in die Ebne zog,
Traurig froh, wie das Herz, wenn es, sich selbst zu schön,
Liebend unterzugehen,
In die Fluten der Zeit sich wirft.

Quellen hattest du ihm, hattest dem Flüchtigen
Kühle Schatten geschenkt; und die Gestade sahn
All' ihm nach, und es bebte
Aus den Wellen ihr lieblich Bild.

Aber schwer in das Tal hing die gigantische
Schicksalskundige Burg, nieder bis auf den Grund
Von den Wettern gerissen;
Doch die ewige Sonne goß

Ihr verjüngendes Licht über das alternde
Riesenbild, und umher grünte lebendiger
Efeu; freundliche Wälder
Rauschten über die Burg herab;

Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Tal,
An den Hügel gelehnt oder dem Ufer hold,
Deine fröhlichen Gassen
Unter duftenden Gärten ruhn.

 

Die Umgegend Heidelbergs ist nicht minder gepriesen und preiswürdig als Schloß und Stadt. Wer kennt die Namen »Heiligenberg«, »Königsstuhl«, »Neuenheim«, »Handschuchsheim«, »Riesenstein«, »Stift Neuenburg«, »Ziegelhausen« und »Wolfsbrunnen« nicht, und wem, der einmal in Heidelberg verweilt hat, knüpfen sich daran nicht die anmutigsten Erinnerungen?

Während Heidelberg voll von historischen Denkmalen ist, hat sich die Sage mit ihrem dichterischen Zauber nach dem Wolfsbrunnen zurückgezogen, einem romantischen Talwinkel mit spiegelklarem Weiher, nach Schweizerart gebauter Herberge und waldiger Umgebung, der nur ein paar die Bergwände überragende Gletscher fehlen, um den Wanderer ganz in die Schweiz zu versetzen. Hier läßt das Volk die heidnische Zauberin Jetta, die ihren Wohnsitz auf dem Jettenbühl beim Schlosse hatte und hier, eine zweite Veleda, auf dem pythischen Stuhle saß, auf einem Wandelgange Labung an kühler Quelle suchend, von einer Wölfin zerrissen werden. Die Dichterin Amalie Helvig hat diese Sage behandelt. Der Vater der modernen deutschen Poesie, Martin Opitz, hat dem stillen Platze auch ein schönes Sonett gewidmet, das »den edeln Brunnen« besingt, »mit Ruh und Lust umgeben, mit Bergen als einer Burg umringt; dessen Wasser anmutiger denn Milch und köstlicher denn Reben ist«. »Nicht umsonst«, sagt er, »ist dieses grüne Tal überall von Gebirge beschlossen;

Die künstliche Natur hat darum dich umfangen
      Mit Felsen und Gebüsch, auf daß man wissen soll,
Daß alle Fröhlichkeit sei müh- und arbeitvoll
      Und daß auch nichts so schön, es sei schwer zu erlangen.«

Die Ansicht des Schlosses, der Stadt mit ihren merkwürdigsten Teilen, der Brücke, des Stroms und der Berge verdankt Herr L. Mayer der großen Güte des Herrn Geheimenrats R. C. von Leonhard, der ihm mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit seinen herrlich gelegenen Berggarten, welcher die Aussicht auf die südliche und westliche Seite der Ruine gewährt, zur Wahl eines Standpunktes überlassen hat. Desselben Gelehrten reichhaltigem, geistvoll angelegten und ausgeführten »Fremdenbuche für Heidelberg und die Umgegend« (Heidelb., Groos, 1834) dankt dieser Aufsatz nicht nur die wichtigsten Notizen, sondern auch die blühendsten Farben seiner Beschreibung. Das Schloß, wie es in allen seinen Teilen vor der Zerstörung war, lernt der Freund des Altertums vollständig kennen aus dem (Heidelberg, bei Oßwald 1829 erschienenen) mit 24 trefflichen, in Aquatinta von C. Rordorf gestochenen Kupfertafeln versehenen Prachtwerke von Herrn Universitätsgarteninspektor J. Metzger.

Doch wir wollen dieses Blatt mit keiner Notiz, sondern lieber mit dem frischen Worte des Dichters schließen. »Es gibt Gegenden«, sagt L. Tieck, »bei denen uns ist, als hätten sie schon seit Jahren mit rechter sehnsüchtiger Liebe auf uns gewartet oder als sei lange unser Geist dort schon einheimisch gewesen, so bekannt, so lieb ist uns alles; dieser schöne Ort mit seiner herrlichen Ruine, dann Baden-Baden und die Neckartäler, vorzüglich die Gegend um den Hornberg, ist nächst den Rheinufern das Lieblichste, was ich in Deutschland kenne.«


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