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Fünfzehntes Kapitel

Der Major von Umbach – soeben befördert und zum Großen Generalstab kommandiert – bekam einen Brief von Ruth Rosenberg, der kurz und bündig besagte, daß ihre Mutter sich sehr freuen würde, wenn sie heute nachmittag den Herrn Major zu einem Tee bei sich sehen könnte.

»Nanu?« murmelte der Herr Major.

Punkt fünf Uhr trat er durch die Gartentüre der Villa Rosenberg.

Ganz in der Nähe, bei den hochstämmigen Rosen, stand Ruth. Sie schien ihn erwartet zu haben –

»Meinen Glückwunsch, Herr Major! Die Uniform steht Ihnen famos. Die breiten Streifen an den Hosen brauchen nur ein bißchen umgefärbt zu werden, und der General ist fertig. Herzlichen Glückwunsch, Herr von Umbach!«

Er küßte ihr die Hand. Sie lachte harmlos und vergnügt.

»Weshalb haben Sie sich denn so selten bei uns blicken lassen! Einmal sind Sie hier gewesen, seit dem Besuch damals, als Sie den Herrn von Armbrüster mitbrachten. Mama und mir hat es sehr leid getan, daß wir Ihren Besuch verfehlt haben. Aber es ist nett von Ihnen, daß Sie heute gleich meinem Ruf gefolgt sind. Daß Sie mein guter Freund geblieben sind, obwohl ich damals, Sie wissen schon, nicht so höflich gegen Ihren Freund gewesen bin, wie Sie es wünschten. Ich war an dem Tage wohl sehr schlechter Laune. Es hat mir nachher auch leid getan, daß ich ungezogen war. Nein, unausstehlich! Herr von Armbrüster wird einen schönen Begriff von mir bekommen haben. Natürlich, Herr von Umbach, nehme ich das Einfuhrverbot zurück. Sie können Herrn von Armbrüster mitbringen, so oft Sie wollen. Er wird mich künftig von einer etwas netteren Seite kennen lernen!«

»Das – das geht nicht!« stotterte Umbach.

»Weshalb nicht?«

»Ja – ich fürchte, ich bin ungeschickt gewesen: Dorival – mein Freund von Armbrüster heißt Dorival – scheint gemerkt zu haben, daß er Ihnen unwillkommen war, Fräulein Ruth. Und ich kann mich schändlich halten ... nee, ich werde mich sehr hüten, wollte ich sagen, ihn an die Sache zu erinnern. Zu dumm! Uebrigens, wir sind doch die alten Freunde, Fräulein Ruth?«

»Natürlich!«

»Dann seien Sie doch nett und sagen Sie mir, was los war? Warum war Ihnen mein Freund damals so unsympathisch, daß Sie den Bannfluch gegen ihn schleuderten? Was veranlaßt Sie, jetzt anders über ihn zu denken? Ist früher einmal irgend etwas vorgekommen, das Ihnen Herr von Armbrüster in einem – nun, sagen wir ungünstigen Licht erscheinen lassen konnte? Ich weiß, er hat Sie einmal in der Oper gesehen. Hat er Sie angestarrt? Waren Sie darüber böse?«

Er sah, wie Ruth erblaßte.

»Der – Herr – war – Herr von Armbrüster?« stammelte sie zaghaft, stockend, jedes Wort mühsam hervorstoßend.

»Ja!«

»Sie müssen sich irren, Herr von Umbach! Der Herr kann gar nicht Herr von Armbrüster gewesen sein. Gewiß, ich habe ihn im Opernhause gesehen. Er saß in der Loge neben meiner Schwester Zilly. Es war mir unangenehm, daß er mich durch das Opernglas so scharf aufs Korn nahm. Ich konnte meiner Schwester gar nicht zulächeln, weil ich immer fürchten mußte, er könne das, Lächeln auf sich beziehen. Ich hab's aber dann doch getan.«

»Und er hat dies heimliche Grüßen doch auf sich bezogen!«

»Das ist ja schrecklich!« rief Ruth verwirrt. »Aber der Herr war ja gar nicht Herr von Armbrüster. Nein, ganz gewiß nicht. Der Herr war –« sie stockte.

»Nun, wer war denn der Herr?«

»Der wurde von der Polizei gesucht und ist in der Pause vor dem zweiten Akt verhaftet worden. Der Logenschließer hat es meinem Schwager erzählt. Und derselbe Herr, der verhaftet wurde und der also gar nicht Herr von Armbrüster gewesen sein kann, ist mir ein paar Tage später im Tiergarten begegnet. Er grüßte mich. Ich habe es natürlich gesehen, aber ich tat so, als ob ich es nicht bemerke.«

»So unglaublich es klingt, liebes Fräulein Ruth, so kann ich Ihnen doch nur bestätigen, daß der Herr in der Oper und der Herr im Tiergarten mein armer Freund Dorival von Armbrüster war. Er ist damals irrtümlich verhaftet worden. Der Kriminalbeamte hatte ihn mit einem Spitzbuben verwechselt, der allerdings mit meinem Freund Dorival eine große Aehnlichkeit hat. Denken Sie, Herr von Armbrüster hat damals eine ganze Nacht in einer Arrestzelle zubringen müssen. Ich selbst hatte ihn schon einige Tage vorher einmal aus den Krallen der Polizei befreit. Schließlich hat er sich, um den unangenehmen Verwechslungen zu entgehen, auf meinen Rat von der Polizei eine Legitimationskarte ausstellen lassen. Die schützt ihn wenigstens vor Verhaftungen, aber vor Verwechslungen durch andere Personen hat sie ihn nicht geschützt. Ich habe mal einem tollen Auftritt beigewohnt, der Dorival veranlaßte, die Urheberin wegen Beleidigung zu verklagen. Oder nee – ich glaube, sein Anwalt brachte die Sache außergerichtlich in Ordnung.«

Ruth war neben dem Major dem Hause zugeschritten.

In ihrem Köpfchen wirbelten die Gedanken wirr durcheinander. Was Umbach sagte, bestätigte die Vermutung, die sich ihr schon gestern aufgedrängt hatte, als sie erfuhr, daß Dorival von Armbrüster der Besitzer des Pelzmantels gewesen war, den jener Mann im Kaiserhof zurückgelassen hatte. Jetzt war sie der Spur näher gerückt! Sie wollte das Dunkel aufklären, das die Person des uneigennützigen Briefräubers umgab! Sie wollte wissen, wer der Mann war, der eine große Gefahr auf sich genommen hatte – um einen Kuß!

»Wer war die Frau, die Herrn von Armbrüster beleidigt hat?« fragte sie im Weiterschreiten.

»Eine Frau von Maarkatz. Rabiates Weib. Der Doppelgänger meines Freundes Armbrüster hatte ihr mal den Hof gemacht und ihr bei dieser Gelegenheit einen Brillantring unterschlagen. Für diese Schandtat machte sie nun Herrn von Armbrüster verantwortlich. In der Halle des Hotels Esplanade! In etwas geräuschvoller Weise! Scheußlich!«

Ruth blieb stehen.

Wo hatte sie den Namen Maarkatz schon gehört oder gelesen? Richtig! Er hatte auf einem der Zettel gestanden, die der Herr im Café in der Kurfürstenstraße aus der Westentasche gezogen hatte!

Ruth brannte daraus, mehr zu erfahren. Aber sie zwang sich, äußerlich ruhig zu scheinen, Umbach durfte nichts merken.

»Und Herr von Armbrüster kannte die Dame überhaupt nicht?«

»Nein. Er hatte weder sie noch ihre Gesellschafterin jemals vorher gesehen. Ich habe den Geschäftsführer des Hotels veranlaßt, die Adresse der Frau aufzuschreiben. Dorival mußte doch Namen und Wohnung der Person wissen, die er verklagen wollte.«

»Hat der Geschäftsführer den Namen und die Wohnung der Frau von Maarkatz auf so ein kleines Zettelchen geschrieben?«

Ruth zeigte mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf der Innenfläche der linken Hand die Größe des Zettels.

»Ja, so ein Zettelchen ist es gewesen,« sagte lächelnd der Rittmeister, dem es komisch vorkam, daß seine Begleiterin sich für die Größe jenes Papierstückchens interessierte.

»Wo hat der Herr von Armbrüster das Zettelchen aufgehoben? Erinnern Sie sich noch?« fragte Ruth.

»Was geht Sie denn der Zettel an?« fragte Umbach lachend. »Sie unterwerfen mich ja einem förmlichen Verhör!«

»Ich bin nun mal so neugierig. Wissen Sie noch, wo der Zettel geblieben ist?«

»Dorival hat ihn in die Westentasche gesteckt, soviel ich mich entsinne. Ja, in die Westentasche. Die Einladung der Gesellschafterin der Frau von Maarkatz auch! Ach so, das habe ich Ihnen ja noch gar nicht erzählt. Die Sache hatte nämlich auch ihre spaßige Seite. Der ungemein befähigte Doppelgänger des Herrn von Armbrüster hatte sich seinerzeit nicht nur um die Gunst der Frau von Maarkatz beworben, sondern auch um die ihrer Gesellschafterin. Bei beiden mit Erfolg. Bei dem Zusammentreffen Dorivals mit der Frau von Maarkatz war diese Gesellschafterin, ein blasses, junges Mädchen, zugegen. Auch sie hielt meinen Freund für jenen draufgängerischen Spitzbuben und steckte ihm heimlich ein paar Worte zu, die sie auf das abgerissene Stückchen eines Programms gekritzelt hatte. Ich habe den Erguß damals selber entziffert.«

»Wissen Sie noch, was sie geschrieben hatte?«

»Warten Sie mal! Ich habe für solche Dinge ein gutes Gedächtnis. Die junge Dame bat ihn, ihr postlagernd zu schreiben, wo und wann sie ihn sprechen könne. Ja, das war's. Ich glaube, sie hatte Grete oder Gretchen unterschrieben.«

Ruth fiel es schwer, ihre Fassung zu bewahren.

Beide Zettel hatten damals in der Westentasche jenes Herrn gesteckt, mit dem sie das Café aufgesucht hatte. Ein Zufall brachte ihr jetzt die Aufklärung, wie die Zettel entstanden waren und was sie bedeuteten. Damals hatte sie geglaubt, sie seien Beweise dafür, daß er ein Heiratsschwindler sei. Sie hatte ihm das auch deutlich gesagt und war dann fortgelaufen. Und nun –

»Was interessiert Sie denn an diesen Zetteln so sehr?« fragte Umbach.

»Das werde ich Ihnen mal erzählen, wenn wir recht viel Zeit haben, lieber Herr von Umbach!« erklärte Ruth frech. Etwas anderes fiel ihr nicht ein. »Jetzt müssen wir nämlich schleunigst zur Mutter!«

»Hexe!« brummte Umbach, als sie vorausschritt.

Er, der wegen besonderer Befähigung in den Generalstab versetzte, neugebackene Major, kam sich heute außerordentlich dumm vor.

Aus der Geschichte wurde er nicht klug.

*

Der Portier des Hotels Kaiserhof stand in seinem langen Tressenrock breitbeinig an der Eingangstüre. Ein vornehmes Privatauto fuhr vor. Er kannte das Auto; es gehörte dem Konsul Rosenberg. Diensteifrig, die Hand an die Mütze gelegt, öffnete er den Wagenschlag. Die Tochter des Konsuls stieg aus.

»Ich habe eine Frage an Sie zu richten.«

»Bitte, gnädiges Fräulein.«

Beide traten in den Vorraum des Hotels. Ruth eröffnete die Unterhaltung mit dem Portier, indem sie ihm ein Trinkgeld gab.

»Der Herr Konsul ist nicht hier,« sagte der sich höflich verbeugende Mann, der glaubte, die Frage, die an ihn gerichtet werden sollte, schon im voraus erraten zu haben.

»Ich weiß, daß mein Vater nicht hier ist,« sagte Ruth. »Ich will eine Auskunft von Ihnen haben. Es handelt sich um einen Vorfall, der sich hier vor einigen Wochen abgespielt hat. Ich war hier zum Fünfuhrtee. Da hat ein Herr einen anderen, ich glaube, es ist ein Detektiv gewesen, ins Gesicht geschlagen. Erinnern Sie sich noch?«

»Aber natürlich!« versicherte der Portier. »Es soll ein ganz gefährlicher Mensch gewesen sein!«

»Der Geschlagene war ein Detektiv, kein Geheimpolizist?«

»Aber, ich bitte! Ein staatlicher Kriminalbeamter hat doch viel mehr Einsehen, viel mehr Bildung, als der Mensch, der den Schlag bekommen hat. Dazu hat er gar keine Befugnis. Sehen Sie, ein Kriminalbeamter hätte sich an mich gewandt oder an den Herrn Direktor. Wir hätten den Spitzbuben höflich gebeten, mal einen Augenblick herauszukommen, ein Herr wolle ihn sprechen. Dann wäre die Sache ganz geräuschlos verlaufen.«

»Um was handelt es sich?« mischte sich einer der Herren von der Auskunftstelle in die Unterhaltung. Der Portier klärte ihn auf. »Ach so,« sagte der Herr, »das gnädige Fräulein hat damals dem Vorfall beigewohnt. Ja, ich entsinne mich. Die ganze Sache beruhte auf einem Mißverständnis. Der Herr, der hier verhaftet werden sollte, war absolut kein Verbrecher, sondern ein früherer Offizier von tadellosem Ruf. Er war am anderen Tage zusammen mit dem Detektiv hier. Erinnern Sie sich nicht mehr, Kellermann?«

»Richtig!« bestätigte der Portier. »Sie haben recht, Herr Larsen. Am anderen Tag kam das verhauene Unglückswurm mit dem Herrn hierher und hat sein Unrecht eingestanden. Ist dem – dem Spitzel ganz recht geschehen!«

Der Herr nickte.

»Eine unerhörte Dreistigkeit von so einem Menschen, hier einzudringen und die Gäste zu belästigen. Wir sind doch kein Verbrecherkeller. Na, der soll uns noch einmal kommen!«

»Wenn ich ihn packe –!« Der Portier schüttelte die Fäuste.

»Können Sie mir die Adresse des Mannes angeben, der den Schlag bekommen hat?« fragte Ruth.

»Die Adresse? Danach habe ich den Menschen nicht gefragt,« antwortete der Portier.

»Die Adresse des Mannes erfahren Sie in dem Detektivinstitut ›Prometheus‹,« erklärte der Herr vom Büro, froh, der jungen, hübschen Dame die gewünschte Auskunft erteilen zu können. »Der Mann war ein Angestellter dieser Firma. Ich war dabei, als der Revierschutzmann seine Personalien aufnahm.«

»Wo – liegt dieses Institut?«

Der Herr schlug im Adreßbuch nach und gab der Tochter des Konsuls Rosenberg die gewünschte Adresse an.

Ruth dankte.

*

Als Herrn Direktor Zahn gemeldet wurde, daß eine junge Dame ihn in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen wünsche, war er sofort bereit, die Besucherin zu empfangen. Er begrüßte Ruth in der ihm eigenen, kurzen, militärischen Art, wobei er sie durchbohrend anblickte. Noch ehe er wußte, was die junge Dame von ihm wollte, kalkulierte er schon die Höhe des Vorschusses, den er dieser gutgekleideten Kundin voraussichtlich abknöpfen könne.

»Womit kann ich dienen? Wollen Sie sich bitte recht kurz fassen, meine Gnädige!«

Ruth war verlegen.

Sie suchte nach einer passenden Einleitung.

»Eine junge Frau, die von ihrem Mann geschieden sein will!« dachte Direktor Zahn. »Ich soll ihr die Scheidungsgründe besorgen.«

»Es handelt sich um den Vorfall im Hotel Kaiserhof,« begann Ruth. »Dort hat einer Ihrer Beamten vor einigen Wochen einen Zusammenstoß mit einem Herrn von Armbrüster gehabt. Ich möchte gern den Namen des Beamten wissen.«

Direktor Zahn war enttäuscht. Eine einfache Auskunft lohnte sich nicht. Er mußte versuchen, aus der Sache ein Geschäft zu machen. Er stellte sich unwissend.

»Ich verstehe nicht, was Sie meinen, meine Gnädige. Ein Zusammenstoß? Können Sie sich nicht etwas bestimmter ausdrücken?«

»Soviel ich mich entsinne, war es im März, zur Zeit des Fünfuhrtees, als einer Ihrer Beamten Herrn von Armbrüster im Hotel Kaiserhof verhaften wollte. Herr von Armbrüster hat aber Ihrem Angestellten einen heftigen Schlag versetzt und ist dann weggegangen. Ich möchte gern die Adresse dieses Beamten wissen.«

Sie hatte absichtlich den Namen des Herrn von Armbrüster genannt, obwohl sie immer noch nicht ganz sicher wußte, ob er wirklich jener Herr gewesen war, der am Tage nach dem Vorfall mit dem Beamten des »Prometheus« im Hotel erschienen war, um die Verwechslung aufzuklären. Sie wollte durch die Nennung des Namens dem Direktor Zahn Gelegenheit geben, sie zu berichtigen, wenn ihre Annahme nicht zutraf.

Aber der Direktor des »Prometheus« dachte gar nicht daran, sich über den Namen des Herrn von Armbrüster zu äußern oder sich gar auf eine nähere Besprechung jenes fatalen Vorfalls einzulassen.

»Meine Gnädigste,« sagte er und blickte in nervöser Ungeduld auf seine Taschenuhr, dadurch seiner Besucherin andeutend, daß seine Zeit knapp bemessen sei, »ich weiß jetzt, um was es sich handelt. Ich werde, wenn Sie es wünschen, eingehende Nachforschungen über jenen, mir völlig unbekannten Vorfall anstellen lassen und vor allen Dingen auch unter der großen Anzahl meiner Beamten nach demjenigen suchen, den Sie zu sprechen wünschen. Nun ist es möglich, daß dieser Beamte gar nicht mehr in meinen Diensten steht. Solche Leute wechseln ihre Stellungen von heute auf morgen. Wenn Sie mir den Auftrag erteilen wollen, die Ermittlungen anzustellen, so hoffe ich, Ihnen in spätestens acht Tagen alles das mitteilen zu können, was Sie zu wissen wünschen. Ich würde, wenn nicht besondere Umstände eintreten, die die Sache verteuern, meine Bemühungen nur mit zweihundert Mark in Anrechnung bringen. Es ist Gebrauch, daß bei solchen Aufträgen die Hälfte im voraus bezahlt wird.«

Ruth geriet durch diese Forderung des Herrn Direktor Zahn einigermaßen in Verlegenheit.

Sie hatte sich die Ermittlung der Adresse jenes Beamten so einfach gedacht. Nun sollte sie sich noch acht Tage gedulden! Und zweihundert Mark hatte sie auch nicht bei sich. Aber die Sache war ihr zu wichtig, als daß sie nicht alle Hindernisse gern überwunden hätte. Wozu hatte man schöne und kostbare Ringe?

»Ich gehe auf Ihre Bedingungen ein,« erklärte sie dem Direktor, zog einen Brillantring vom Finger und reichte ihn dem geschäftstüchtigen Leiter des Instituts »Prometheus«.

»Bitte, lassen Sie diesen Ring von einem Ihrer Angestellten auf das Leihhaus bringen. Er soll darauf zweihundert Mark entnehmen. Die können Sie als Honorar behalten. Den Pfandschein und die Auskunft hole ich mir in acht Tagen.«

Sie gab ihre Adresse an und verließ, von Direktor Zahn bis an die Tür begleitet, die Geschäftsräume des »Prometheus«.

*

Schon vier Tage später erhielt Ruth von dem Meisterdetektiv den schriftlichen Bescheid, daß er den Beamten ermittelt habe, der im März dieses Jahres im Hotel Kaiserhof jenen Auftritt mit Herrn von Armbrüster gehabt habe. Der betreffende Beamte, Herr Crusius, würde dann und dann im Institut »Prometheus« anwesend sein, um Fräulein Rosenberg mündlich zu berichten.

Fräulein Rosenberg ging hin. Schleunigst!

Und Herr Crusius erzählte ihr lange von dem Freiherrn von Armbrüster und seinem Doppelgänger Emil Schnepfe. Was Herr Crusius nicht wußte, konnte sich Ruth sehr leicht ergänzen.

Jetzt war alles sonnenklar!

»Ein lieber Herr, dieser Herr von Armbrüster!« schloß Crusius und dachte dankbar an das Schmerzensgeld. »Aber eines ist nicht schön von ihm gewesen: Daß er mir durchaus nicht sagen wollte, wie er es angestellt hat, an dem Abend unbemerkt aus dem Kaiserhof herauszukommen!«

Ruth hätte Herrn Crusius aufklären können ...

So sonnenklar war alles jetzt!

Und Ruth faßte einen Entschluß. – –


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