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Drittes Capitel.
Graf Julian Merwing macht eine unerwartete Erklärung.


Kurze Zeit nachher wurde die abgelegene Gegend, worin der stille Tempel sich barg, in dem Herr Peter Paul Wallpott den Musen seiner Kunst opferte, durch das Rasseln einer glänzenden Equipage aus ihrer tiefen Ruhe aufgeschreckt. Die in diesen Regionen ebenso ungewöhnliche Erscheinung wie sie es nur in einem Kraal bräunlicher Bewohner Südafrika's sein kann, hatte denn auch alsogleich eine ansehnliche Schaar junger Hottentotten und Kaffern gaffend um das interessante und denkwürdige Schauspiel versammelt.

Des officiellen Kunstmalers Blicke streiften mit lächelnder Befriedigung ihre ungekämmten Häupter, ihre Anwesenheit schmeichelte ihm … es durchzog ihn wie eine freudige Gewißheit, daß von nun an ein Wendepunkt seines Lebens eingetreten, daß er von nun an haben werde, was sein Künstlerbewußtsein bisher schmerzlich entbehrt – ein Publicum! Bestand diese achtungswerthe Versammlung auch nur aus Individuen, deren Haltung, Behandlung des Costums und ganzes Aeußere keinesweges die Höhe der Ausbildung und die Reife des Urtheils voraussetzen ließen, auf die ein Künstler wie Herr Wallpott irgend ein Gewicht legen konnte: so waren sie doch da, und leisteten das, was sie leisten konnten, aus voller Seele – sie bewunderten ihn!

Constanze winkte aus dem Wagenschlag mit ihrer weißen Hand noch im Fortfahren Manfred ihre Grüße zu; in den Nachmittagsstunden, war es verabredet worden, sollte er zu ihr kommen; dann wollten sie von ihrer Zukunft reden!

Als Herr Wallpott nun an der Seite seines Sohnes den Hof beschritt, wo der hölzerne Hubert Wache stand, wo er so schön und stattlich das glänzende Wappen in gelungenem al fresco Versuch an die Wand gemalt hatte – da hätte der vergnügte Künstler es jedem Steine erzählen mögen, welches Heil diesem alten, baufälligen, modergrauen Hause wiederfahren. Zum Glücke war die Aufwartefrau da – dieses lebhafte Individuum, dem Mangel an Theilnahme für Anderer Leiden und Freuden, bis in das allerkleinste Detail hinein, sicherlich niemals vorgeworfen war. Zu ihr trat Peter Paul Wallpott: ihr erzählte er; Würde und Herablassung thronten auf seiner Stirne, während sein beredter Mund nicht den allerkleinsten Umstand verschwieg, der geeignet war, Rührung, Bewunderung, Staunen hervorzurufen in dem mit Augen und Mund zuhörenden, von Theilnahme förmlich schwellenden dienstbaren Geist.

Wohl eine geschlagene halbe Stunde mochte Herr Wallpott so erzählt haben, nur unterbrochen von den häufigen Exclamationen seiner Zuhörerin, als die Klingel gezogen wurde; der Hausherr eilte höchsteigenhändig die sinnreiche Maschinerie in Bewegung zu setzen, welche ihm in solchen Fällen die Mühe ersparte, über den Hof zu schreiten und kostbare Minuten zu rauben seinem künstlerischer, von den bekannten ›zwei Schwingen‹ getragenen Streben.

Eine Weile darauf trat langsamen, schlendernden Ganges Graf Julian Merwing in den Hausgang.

»Ihr Sohn?« fragte Julian lakonisch und hielt dabei die Augenlider halb geschlossen, als ob er kurzsichtig sei oder von den ihn umgebenden Gegenständen und Personen nicht mehr in den Spiegel seines aristokratischen Auges aufzunehmen Lust habe, als es allein nöthig sei.

»O ich dacht' es mir wohl,« antwortete mit tiefer Verbeugung der Hausherr, »Sie wollen meinem Sohn Ihren Besuch machen – mein Sohn ist zu Hause, allerdings, belieben Sie nur zu folgen, Herr Graf!«

Und damit schritt Herr Wallpott vor dem Grafen her, in einer Aufregung, welche mit dem langsamen und geräuschlosen Wesen Julian's eigenthümlich contrastirte, dem Atelier seines Sohnes zu, das er Julian anzeigte, um dann bescheiden zurück zu treten.

Manfred war in einer eigenthümlichen Beschäftigung begriffen: er stand inmitten eines Haufens von Papierfetzen; eine große Mappe lehnte sich an seine Kniee und aus dieser reichen Vorrathskammer von Skizzen und Studien zog er ein Blatt nach dem andern hervor, warf einen prüfenden Blich darauf und mit einer raschen Handbewegung war es im nächsten Augenblick zerrissen; die Leinwandstücke, welche mit seinen Studien in Oel bedeckt, die Wände geziert hatten, lagen bereits zu unterst in dem Haufen.

»Aber Sie sind ja in einer wahren Berserkerwuth wider Ihre eigenen Meisterstücke, mein Herr Manfred,« sagte Julian.

»Eben weil es keine Meisterstücke sind, vertilge ich sie,« antwortete Manfred, in seinem Vernichtungswerke aufhörend.

Julian lächelte.

»Oel ist eines von den Dingen, die sich nicht gut abwaschen lassen!« bemerkte er.

»Was wollen Sie damit sagen?«

Der Graf hatte sich auf einen Stuhl am Fenster niedergelassen.

»Daß es Ihnen schwer werden wird, durchzuführen, was Sie beabsichtigen,« antwortete er.

»Und was beabsichtige ich, mein Herr Graf?«

»Nun, was ich sehe, das banausische Handwerk abzuthun und den Pinsel der Liebe zu opfern. Quentin Metsys wurde aus Liebe ein großer Künstler; hier aber weicht große Kunst der Liebe!«

»Sind Sie gekommen, Ihren Sarkasmus an mir zu üben?«

»Bewahre – ich bin gekommen in den allerbesten, allerfreundlichsten Absichten – ich komme, Ihnen Ihre Landschaft abzukaufen.«

»Landschaft? welche?«

»Nun, die von der Ausstellung, die Grundlage Ihres Ruhmes …«

»Die ist fort – ich habe sie vernichtet!« antwortete Manfred mit einem Achselzucken.

»Das ist nicht wahr, wenn Sie erlauben; ich habe sie so eben, als ich durch das Atelier Ihres vortrefflichen Vaters schritt, in der Ecke stehen gesehen.«

»Ich verkaufe sie nicht!«

»Junger Mann, seien Sie nicht so hochmüthig … 500 Friedrichsd'or sind eine hübsche Summe Geldes auch für den zukünftigen Gemal der Gräfin Merwing!«

»Wie? Sie wollten dafür 500 Friedrichsd'or geben?«

»Nun ja … ist das nicht der Preis? Ich bin nicht reich, mein junger Freund, am wenigsten habe ich für schlechte Bilder Summen fortzuwerfen: aber für diese Schöpfung zahl ich einen solchen Preis!«

»Ich danke Ihnen, Graf Merwing,« versetzte Manfred trocken. »Mein Vater hat das Bild weit überschätzt; und deßhalb nehme ich das Geld nicht.«

»Bescheidenheit ziert den Künstler. Glücklicher Weise stehen Sie noch unter der väterlichen Gewalt. Herr Wallpott wird statt Ihrer das Geschäft mit mir abschließen.«

»Und weßhalb wollen Sie mir 500 Friedrichd'or aufdrängen?«

»Sie gehen sehr gerade auf's Ziel los, mein junger Freund.«

»Weil ich es wünsche, daß Sie es ebenfalls thun mögen,« sagte der junge Maler so nachdrücklich, daß Graf Julian für gut fand, die ausweichenden Antworten bei Seite zu lassen.

»Also wozu?« fragte Manfred noch einmal.

»Weil, wenn Sie eine solche Summe in Händen haben, Sie den dringenden Wunsch Ihres Herzens erfüllen können – nach Rom zu reisen und dort zwei, drei Jahre Ihrer künstlerischen Ausbildung zu leben.«

»Nach Rom reisen? jetzt? Wer sagt Ihnen, daß das mein Wunsch ist?«

Julian sah ihn zum ersten Male offen an.

»Nun wahrhaftig,« versetzte er dann – »wenn das jetzt nicht Ihr Wunsch ist, so wird es morgen, übermorgen ganz sicherlich Ihr Wunsch sein. Ich kann mir denken, daß der Kopf Ihnen wirbelt von allen Ihren Erlebnissen, daß Sie in diesem Augenblick nicht fähig sind, Ihre Lage klar zu überschauen; daß Sie aber, sobald Sie eine Stunde ruhiger Ueberlegung gefunden haben, einsehen werden …«

»Nun, was soll ich einsehen?«

»Brauche ich Ihnen denn zu sagen, daß aus dieser Heirath …«

»Nein,« fiel Manfred lebhaft ein, »Sie haben Recht, Herr Graf; Sie brauchen mir darüber nichts zu sagen; denn Alles, was Sie mir sagen könnten, das und noch viel mehr habe ich mir längst selbst gesagt. Ich weiß recht wohl, was wider diese Verbindung spricht, welche Ihnen so fatal zu sein scheint; und doch – ich habe keinen Grund, Ihnen das zu verhehlen – bin ich entschlossen, sie einzugehen!«

Julian lächelte spöttisch.

»Heute sind Sie das – morgen werden Sie es nicht mehr sein!«

»Und was sollte zwischen heute und morgen sich ereignen, was meinen Entschluß umwürfe?«

»O sehr viel; erstens wird Ihr Selbstgefühl, Ihr Stolz erwachen und Sie werden sich sagen, daß Sie unmöglich eine Hand annehmen können, welche durch fatale Umstände gezwungen sich Ihnen darreicht. Zweitens aber werden Sie zwischen jetzt und dann auch von mir gehört haben, daß Constanzens Entschluß auf eine Voraussetzung gebaut ist, welche gar nicht existirt!«

»Erklären Sie sich deutlicher.«

»Constanze wähnt, ihr Ruf sei vernichtet, wenn sie sich nicht entschließe, Ihnen ihre Hand zu reichen. Sie geht dabei von einer unrichtigen Beurtheilung meines Charakters aus. Sie glaubt, ich und meine nächsten Freunde würden ein Interesse dabei haben, sie compromittirt zu sehen, und nichts unterlassen, um es dahin zu bringen. Sie thut mir dabei das bitterste Unrecht. Ich würde ein Jahr meines Lebens hingeben, nur um meiner schönen Nichte Ruf retten zu können, wenn er in Gefahr stände …«

Manfred machte ein ungläubiges Gesicht bei dieser Versicherung des edlen Grafen.

»Und gesetzt auch,« fuhr dieser, es unbeachtet lassend, fort, »ich hätte ein solches Interesse gehabt, ich hätte so diabolisch handeln wollen, wie meine bitterböse Nichte mir zutraut, so habe ich doch heute ein weit größeres, weit dringenderes Interesse am Gegentheil; das Interesse nämlich eine Heirath zu hintertreiben, welche Sie und meine Nichte gleich unglücklich machen würde.«

»Was liegt Ihnen an dem Glück der Einen oder des Andern?« fragte Manfred trocken, doch ohne die Betroffenheit verbergen zu können, welche die Worte Julian's in ihm hervorgerufen hatten.

»Könnte ich auch mit dem besten Gewissen hierauf antworten: nicht das Allermindeste,« versetzte Julian auf Manfred's barsche Frage, »so liegt mir doch sehr viel daran, daß meine Nichte, die Gräfin Constanze Merwing zu Melsenz nicht den jungen malereibeflissenen Manfred Wallpott, Sohn des officiellen Kunstmalers in hiesiger Stadt, als Ehegespons heimführt! Das werden Sie begreifen, mein junger Freund; und – darum, um diese Verbindung nicht nöthig zu machen, wird von mir und meinen nächsten Freunden, über deren Kreis hoffentlich die Geschichte von dem Melsenzer Abenteuer noch nicht hinaus ist, alles aufgewendet werden, daß sie erstickt werde. Wir würden alle mit dem ganzen Gewicht unserer Betheuerungen und Versicherungen Ihrer Anwesenheit in Melsenz und allem, was dort vorgefallen, eine harmlose Deutung geben, sollte irgend ein Klatsch darüber auftauchen; aber er wird gar nicht auftauchen, wenn wir ihn nicht aufkommen lassen wollen. Mellheim schweigt, das hat er mir so eben noch auf seine Ehre versichert. Sollte bei irgend Jemand, z. B. im Salon einer trefflichen jungen Dame in unserer Residenz darüber geredet sein …«

»Der Frau Habicht?« unterbrach Manfred mit tief beklommener Stimme – »ich hörte, sie sei bei ihren sämmtlichen Freundinnen bereits umhergefahren …«

»Ah bah – wer hat Ihnen das gesagt? Bei zwei Damen ihrer Bekanntschaft ist sie gewesen, und hat geplaudert allerdings; zu gutem Glück aber wissen diese Damen sehr wohl, daß Frau Habicht von wüthendster Eifersucht wider die Gräfin Constanze Merwing geplagt ist und Sie können also denken, wie mißtrauisch man aufgenommen haben wird, was diese kleine Klatschschwester wider ein so geachtetes Mädchen wie meine Nichte vorbringt. Zum Ueberfluß werde ich selbst die Mühe übernehmen, diese Damen zu versichern, daß Frau Habicht Constanze schändlich verläumdet hat. Sie sehen also, mit der Hoffnung, daß Constanzens verlorener Ruf den bleibenden Kitt ihrer Verbindung bilden müsse …«

»Hoffnung!« rief auffahrend Manfred aus … »glauben Sie, Herr Graf, ich sei im Stande …«

»Ich glaube weiter nichts,« unterbrach ihn Julian, »als: Sie sind ein vernünftiger, klarer, rechtschaffener Mann und als solcher sagen Sie sich jetzt: Der Grund, aus welchem Gräfin Constanze Merwing mein werden will, ist zur Chimäre geworben; eine Leidenschaft, welche die junge Mädchen über eine so gewaltige Kluft hinüber zu mir führen könnte, hegt sie nicht: Wozu in aller Welt also noch eine Heirath zwischen uns?«

Manfred hatte, während Graf Merwing sprach, mehrmals die Farbe gewechselt. Er warf sich auf einen Stuhl und bedeckte sein bleiches Gesicht mit beiden Händen.

»Ich glaube, Sie geben mir in Ihrem Herzen Recht, nicht wahr, mein Freund? Sie sehen ein, daß nun für diese Verbindung auch nichts, gar nichts mehr redet, daß aber tausend Gründe dawider reden. Soll ich sie Ihnen schildern? Nein – Sie erlassen mir das – weßhalb soll ich Ihr Ehrgefühl verletzen. Bei einem Künstler ist das Ehrgefühl ja ohnehin so reizbar; und deßhalb allein schon werden Sie nie zwischen einem Spalier tückischer, spöttisch lächelnder Bedienten als Bräutigam in das Hotel Merwing einziehen, gefolgt von ihrem trefflichen Vater, diesem achtungswerthen aber – verzeihen Sie – etwas wunderlichen Manne, der sich nicht nehmen lassen würde, in Ihren Salons glänzen zu wollen und der in kürzester Frist die Fabel der Stadt wäre! Und machen Sie sich auch keine Illusionen, Wallpott, über das Glück, welches Sie erwarten würde. Ja – wenn Constanze Sie liebte; dann könnte alles anders sein, dann könnten Sie mit ihr aus einer Gesellschaft, welche Sie immer als Eindringling betrachten wird, in die Ferne, in die Einsamkeit oder wohin Sie wollten fliehen. Aber Constanze liebt Sie nicht, und täuscht sich nicht einmal darüber! Kurz – wenn Sie ein ehrlicher Mann sind, dürfen Sie nicht annehmen, was sie Ihnen unter so völlig irriger Voraussetzung bietet. Und wenn Sie ein Mann von Ehrgefühl sind, werden Sie es gar nicht einmal wollen. Wollen Sie es dennoch – nun, so mögen Sie es thun; es ist Ihre Sache, ob Sie die bitteren Opfer, welche Constanzens Stolz tagtäglich Ihnen bringen müßte, anzunehmen die Lust und den Muth haben; ich, was mich betrifft – ich möchte es nicht um ein Königreich!«

Durch die Finger Manfred's, welche sein Gesicht bedeckten, waren, während Graf Julian sprach, ein Paar Thränen gequollen.

»Hören Sie auf,« sagte er jetzt, »hören Sie auf, Herr Graf, Sie können Ihre Beredtsamkeit sparen!«

»Sie sind entschlossen?«

»Habe ich denn eine Wahl?« antwortete Manfred aufstehend und das Gesicht Julian zuwendend.

Dieser erschrack beinahe vor dem Ausdruck tiefen Seelenschmerzes, der sich in den Zügen des jungen Malers aussprach.

»Sie haben Recht!« sagte Graf Merwing. »Es ist so einfach, daß ich Sie nicht einmal deßhalb loben kann. Also Sie wollen reisen? Nun gut; das Geld erhalten Sie noch heute. Auch einen Paß. Es wird Schwierigkeiten haben ihn zu bekommen, Ihrer Untersuchung wegen; aber lassen Sie mich nur machen, ich schaff' ihn. Die für Sie hinterlegte Caution ersetze ich; machen Sie sich darüber keine Sorgen!«

»Und was die Gefahr betrifft,« fragte Manfred, »welche den Ruf der Gräfin bedroht …«

»So gebe ich Ihnen die heiligsten Versicherungen, schwöre es Ihnen bei meinem Wort als Edelmann, daß er rein und unverletzt bleiben soll!«

Manfred sank wieder auf seinem Stuhle zusammen und verbarg sein Gesicht. Er machte eine Bewegung mit der Hand, wie um Merwing anzudeuten, daß er gehen solle.

»Nur noch Eines,« sagte dieser; »Sie dürfen Constanze nicht mehr sehen. Meine Nichte würde vielleicht glauben, es sei für sie ein Ehrenpunct, ihr Wort zu halten und Hoffnungen nicht zu täuschen, welche sie einmal erweckt habe!«

Manfred winkte noch einmal den Grafen mit der Hand ab.

»Ich weiß, ich weiß!« sagte er; »verlassen Sie mich.«

»Ich verlasse Sie, um Ihrem Vater zu sagen, daß die Landschaft von mir angekauft ist. Leben Sie wohl, Manfred. Wenn Sie in Italien einer Hülfe bedürfen, so kennen Sie meine Adresse. Aber halten Sie die Ihrige geheim; meine Nichte wäre im Stande, aus bloßem Eigensinn oder point d'honneur Ihnen nachzureisen!«

Er ging und trat in das Atelier des officiellen Künstlers, der jetzt hitzig darüber aus war, eine neue Leinwand aufzuspannen, auf die er seinen theuren Sohn nebst Gräfin Braut, umschlungen von einer zarten Rosenguirlande, und sitzend unter einer schönen Jasminlaube vom saftigsten Grün – das Ganze wahrscheinlich auch überwölbt von einem glänzenden Regenbogen – abzukonterfeien im Schilde führte. Der arme Mann ahnte nicht, wie hart und grausam alle seine Glückshoffnungen bald getäuscht werden sollten. Julian Merwing steigerte nur das Entzücken, in welchem Herr Wallpott senior heute schwamm, indem er ihm kurz mittheilte, daß er die Landschaft feines Sohnes angekauft habe und noch heute abholen lassen werde. Dann ließ er sich, ohne weiter eine Silbe an den redseligen Künstler zu verlieren, von diesem zur Thüre hinaus complimentiren.

»Dessen hätten wir uns entledigt!« flüsterte Julian, als er draußen war, zwischen den Zähnen. »Ich möchte doch wissen, ob er wirklich der Sproß des wackeren Onkels Florian ist? Dann wäre er uns gefährlich geworden, wenn er in das Hotel Merwing eingezogen! Hoffentlich ist er morgen über alle Berge. Jetzt zu Dunow, um die fünf Hundert Friedrichsd'or zu beschaffen, und dann zu Helene Habicht, um ihrer Schwatzhaftigkeit die Sourdine aufzusetzen! Meine schöne Nichte wird sich verwundern, wenn sie die hinterlegte Caution für den jungen Menschen verfallen hört! Nun wahrhaftig, sie hat dann das Glück, ihn losgeworden zu sein, immer noch wohlfeil genug bezahlt!«



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