Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Von der Franckfurter und anderer Juden Kindbetterinnen

Wann die Zeit der Geburt einer Jüdischen Frau herzu nahet, und Bett und Zimmer gebührend darzu bereitet ist, so macht der Hauß-Vatter oder sonst ein frommer Jud mit Kreide einen Kreiß in der Stuben an allen Wänden, auch in und auswendig an der Thür, ich habe auch wohl auf einem Papier mit Dinten solchen Kreiß und die darein geschriebene Worte gesehen, so mit einer Stecknadel an der Kindbetterin Vorhang gehefftet war. In solchem schreiben sie diese Worte אדם חוה חוץ לילית Adam, Chaffah, Chuz Lilis, d. i. Adam, Eva, weg Liliß; Liliß ist eigentlich ein Nacht-Vogel. Die Juden aber geben vor, Adam habe vor der Eva noch ein Weib gehabt, so Liliß geheißen, die ihm nicht unterthan seyn wollen und dahero von ihm gelaufen; da dann Gott der Herr ihr drey Engel nachgeschickt, die sie solten wieder holen, diese hatten sie angetroffen am Meer, an dem Ort, wo nachmahls Pharao mit seinem Heer ersäufft worden. Als sie nun mit denen Engeln nicht wieder kehren wollen, hatten dieselbige sie im Meer ersäuffen wollen; sie habe aber gebetten, sie bey Leben zu lassen, sie seye dazu bestimmt, daß sie die Knäblein 8 die Mägdlein aber 20 Tag von der Geburt an beleidigen und tödten solle, sie verbinde sich aber mit einem Eyd, keinem Kindbetter-Kind zu schaden, wo sie die Namen dieser Engel geschrieben im Zimmer finden werde. Dahero in dem קמעה Kamea oder Pergament dieser drey Engel Namen zu den obigen Worten geschrieben werden: סנוי, סנסנוי, סנמנגלף Senoi, Sansenoi, Sammangeloph; durch dieses Mittel wird nun das schädliche Kindbetter-Gespenst, die Liliß verjagt. In Italien scheints halte man nicht viel darauff, weil der R. Leo Mutin. davon schreibt: Niemand ist verbunden diese Manier genau zu beobachten, indem es mehr ein Aberglauben als Gebott ist. Unsere teutschen Juden aber sind darinn so religieux, daß ein Mann dessen Frau im Kindbett liegt, die Lilith nicht zu nennen getrauet, aus Furcht sie möchte sich zu Nacht bey ihm legen ... Es verbieten zwar die Jüdischen Rabbiner denen Ihrigen, sie sollen in Kindes-Nöthen keine Christen-Heb-Ammen nehmen, allein unsere Juden zu Franckfurt kehren sich daran nicht, sonderlich wo es etwan hart zugehet. Bißhero ist ihre Heb-Amme sehr alt gewesen, dahero sie offt die Christliche Heb-Ammen berufen, das sie jetzo so sehr nicht mehr thun, nach dem sie eine rüstige Heb-Amme von Amsterdam vor kurtzem bekommen haben, es wäre dann in schweren Fällen ...

In währenden Geburts-Schmertzen und Arbeit liefet etwan ein Rabbi oder sonst Gelehrter im Gesetz und Psalmen, hencken auch wohl die Worte des ersten Psalms auff ein Pergament geschrieben der Frauen an, welches eine leichte Geburt soll machen ... Sie haben noch ein ander abergläubisch Mittel, wann das Lauberhütten-Fest schier zu Ende gehet, nemlich am 7. Tag, den sie Hoschanna Rabba nennen, nehmen die schwangern Weiber den אתרוג Esrog oder Citronat-Apffel, welchen die Juden, weil er über Meer kommt, Meer-Apfel nennen, und dessen sie sich bey dem Lauberhütten-Fest bedienen, beissen den Stiel darvon ab, ohne welchen er nicht mehr couscher sondern posul ist, und das soll ihnen helffen, daß sie desto leichter gewinnen oder gebähren; dahero wird man alle solche Meer-Aepffel, die sie nach dem Fest gemeiniglich guten Bekandten unter den Christen verehren, ohne Stiel sehen. Sie schreiben in ihrem ›Zenorenna‹ ... Die Frau soll reden: ›Herr der Welt, drum weil חוה Eva hat gegessen von dem Apffel, sollen mir Weiber alle leiben, also eine grosse צרה (Zoreh, Angst) zu sterben, und sollt ich seyn darbey gewesen, ich hätt kein הנאה (Hanoeh, Vortheil) gehatt davon ...‹

Es haben die Jüdische Weiber zwar keine besondere Gesellschafft wie die Männer mit Begrabung der Tobten, umd denen in Kindes-Nöthen begriffenen Frauen beyzuspringen, doch welche darinnen etwas verstehen, helffen gerne. So bald nun eine Jüdin in die Weh eintritt, werden solcher verständiger Frauen, so insgemein die vornehmste sind, zu ihr beruffen, die alles mit angreiffen und helffen; halten solches für ein gar verdienstliches Liebes-Werck.

Eine glaubwürdige christliche Heb-Amme, welche gar offt bey gebährenden Jüdinnen gewesen, hat mich berichtet, daß solche Weiber, deren gemeiniglich drey oder vier sind, die Sache so fort mit Gebett ansahen, ihre zwey gewöhnliche Gebetter sind gar einfältig:

I. Auff mein rechten Fuß trett ich / Gott den Herrn bett ich / Daß er entbind / Mutter und Kind / Gebohren soll es weren / Zu Gottes Ehren /

II. Auff dem Berg Carmel / Stehet eine Hindin und schreiet / So kommt ein Engel vom Himmel / Und spricht warumb schreystu so? / Ich bin eine Gewinnerin / Ich bin eine Gebährerin / Gott wird dir und allen Menschen helffen.

Hierauff ruffen alle Anwessende zu jedem Gebett Amen. Die christliche Amme erzehlte mir, daß sie nach Anhörung dieser zwey Gebetter gefragt: Habt ihr nun gebettet? Und da die Jüdische Weiber antworteten: Jo, habe sie versetzet, so bettet nun auch mit mir, die dann sagten: Jo, wir verstehen euer Gebetter nicht. Die Amme erwiederte, so must ihr es lernen, fing darauff an zu beten: Wer hofft in Gott und dem vertraut / Der wird nimmer zu Schanden / und wer auff diesen Felsen baut /ob ihm gleich stöst zu Handen / viel Unfalls hie / hab ich doch nie / den Menschen sehen fallen / der sich verläst / auff Gottes Trost / Er hilfft seinen Glaubigen allen. Und ferner: Und ob es wehret biß in die Nacht und wieder an den Morgen / soll doch mein Hertz an Gottes Macht / verzweifflen nicht noch sorgen / Er ist allein der gute Hirt, der Israel erlösen wird / aus seinen Nöthen allen. Die Jüdinnen hatten gar aufmerksam zugehöret, da sie aber zuletzt das Wort Israel vernommen, frölich gesagt: Jo, das ist wohl gebetten, wohl gebetten.

Ist die Geburth glücklich verrichtet, und es ein Knäblein, so ist grosse Freude im Hauß, und macht der Vatter Anstalt zur Beschneidung und darbey nöthigen Mahlzeit. Ist es aber ein Mägdlein, so ist nicht viel Handels.

Wir müssen dem curieusen Leser eine gar merckwürdige, in verstellten Kindes-Nöthen auff dem Gebähr-Stuhl arbeitende Jüdin vorstellen, wie uns ein Jud selber, der R. Salomo ben Schefet im ›Schefet Jehuda‹ es beschreibet: ›In der Stadt Ocana in Portugall war zur Zeit Königs Emanuelis ein Christ, in dessen Hauß kam ein dreijähriges Kind, weil er aber mit deß Kindes Mutter in Todt-Feindschafft lebte, hieß er das Kind zum Hauß hinauß stoßen, da aber selbiges auff sein Geheiß so fort nicht gehen wolte, tratt er es mit dem Fuß an den Leib, daß es also bald todt war. Er entsetzte sich zwar, faßte doch bald einen Schluß und steckte das todte Kind bey Nacht durchs Fenster in seines Nachbaren eines Juden Hauß, der eben damahls abwesend war. Dessen Frau, da sie ohngefehr bey Nacht auffstunde und deß getödteten Kindes gewahr wurde, für Furcht schier erstorben wäre, als die wohl merckte, in was Absicht das Kind ihr ins Hauß geworffen worden. Sie gieng heimlich an ihre Thür, zu sehen, ob sie das todte Kind nicht könte für eines Christen Thür werffen, da hörte sie aber mit noch grösserem Schrecken, wie die Mutter ihr Söhnlein mit klaglichem Geheul beweinte, und daß die Nachbarn sagten, das Kind sey in deß Juden Hauß hinein, aber nicht wieder herauß gegangen, würde wohl von denen Juden seyn getödtet worden, weil heut der Tag sey, da sie alles zu ihrer Osterfeyer bereiten. Hier war nun guter Rath theuer; doch die listige Jüdin erholte sich bald, sie faste das tote Kind, band es mit Riemen fest auf ihren Leib und zog ihre Kleiber darüber an, setzte sich darauff auf den Hebammen-Stuhl und fing, als für grossen Geburths-Schmertzen an zu klagen und zu winselen, da unterdessen ihr Sohn die Hebamme herzu geruffen, deren sie entdeckte, daß sie diese List erfunden, um der gestellten Hinder-List zu entgehen. Da dieses kaum also angeordnet, kommt der Richter mit seinen Bedienten, welche das gantze Hauß, alle Schräncke, Küsten, Brunnen, Ofen und auch die verborgenste Winckel des Hauses auffs genaueste durchsuchen. Die Jüdin aber, da sie fast den gantzen Tag in verstellten Wehen auff dem Stuhl gesessen, gibt vor, sie habe die Nacht darauff einen Mißfall und todtes Kind gehabt, läst auch zwey ihr nah verwandte Männer kommen und das tote Christen-Kind durch sie begraben; welches gewißlich eine grössere List war, als der Rachel ihre. Den Tag darauff entzweyet sich der Christ, so das Kind getödtet gehabt mit seinem Weibe, und schlägt dieselbige gar hart, welche dann im Zorn ruffte: wilt du mich auch tödten, wie du der Nachbarin Kind getödtet hast! Diese Worte hörete des umgebrachten Kindes Mutter, zeigt es dem Richter an, und der Mann muste auff der Folter die gantze Sache bekennen, die Jübin gab auff Befragen alle Nachricht vom Kind und wo es begraben. Worbey man siehet, was Rachgier eines zornigen Weibes vermöge, wenn sie erhitzet ist ...


 << zurück weiter >>