Albert Ruppersberg
Geschichte der Gemeinde und Bürgermeisterei Dudweiler
Albert Ruppersberg

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7. Unter der preußischen Verwaltung.

Nachdem Napoleon bei Leipzig am 18. Oktober 1813 geschlagen war, rückten im Anfang des Jahres 1814 preußische Truppen unter dem Feldmarschall Blücher über Dudweiler nach Saarbrücken vor, und der von den verbündeten Monarchen ernannte Generalgouverneur der linksrheinischen Departements versprach, daß alle Deutschen wieder mit Deutschland vereinigt werden sollten. Aber nachdem Frankreich niedergeworfen und die Absetzung Napoleons erzwungen war, beließ man deutsches Gebiet an der Saar in den Händen der Franzosen, obgleich Frankreich die Grenzen nach dem Bestand vom 1. Januar 1792 erhalten sollte. Nach den Bestimmungen des Pariser Friedens vom 30. Mai 1814 blieb auch Dudweiler bei Frankreich. Erst nachdem Napoleon den Frieden gebrochen und bei Waterloo endgültig besiegt war, wurde auf die dringenden Bitten der Einwohner das Saarbrücker Land mit Preußen vereinigt, das nun die Wacht an der Saar übernahm. Die Kohlengruben wurden dem Bergamt in Saarbrücken unterstellt; im Jahre 1816 wurde die erste Generalbefahrung der Gruben durch den Oberberghauptmann Gerhard aus Berlin vorgenommen. Die preußische Verwaltung ließ sich die Verbesserung des Bergbauwesens sehr angelegen sein. Im Jahre 1820 wurde der Karolinen-Stollen bei Dudweiler angehauen und 1824 der streichende Pfeilerbau mit Bremsberg-Förderung eingerichtet, die Wetterführung, Wasserhaltung und Förderung durch Einführung der englischen Wagen und Schienenförderung verbessert. Auch die bessere Verbindung mit der Kohlwage in St. Johann wurde ins Auge gefaßt.Die Grube Dudweiler-Sulzbach förderte im Jahre 1830 bereits 18 818 Fuder; 1841 wurde die Grube Sulzbach abgezweigt und mit Altenwald als besondere Grube vereinigt. 1850 war die Förderung auf 48 687 Fuder und die Belegschaft in Dudweiler allein auf 679 Mann gestiegen. Seit dem Jahre 1813 hatte sich also die Förderung mehr als verdreifacht. 63 Bereits im Anfang der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts plante man die Anlage eines Schienenwegs, der die Gruben Dudweiler und Sulzbach mit der Niederlage in St. Johann verbinden und auch dem öffentlichen Verkehr dienen sollte. Doch der Plan erwies sich als nicht ausführbar, da das Gelände Schwierigkeiten bereitete. Statt dessen wurde am 26. September 1826 der Saarstollen in St. Johann angeschlagen, der die Bestimmung hatte, die Kohlen von der Grube Dudweiler zur Verfrachtung unmittelbar an die Saar zu befördern und zugleich zur Wasserabführung für sämtliche Gruben des Sulzbachtales zu dienen. Doch nur den letzteren Zweck erfüllte der erst in den sechziger Jahren in einer Länge von 10 km vollendete Stollen für die Gruben Jägersfreude, Dudweiler und Sulzbach, da inzwischen die Saarbrücker Bahn als besseres Beförderungsmittel für die Kohlen eröffnet worden war. Im Jahre 1843 wurde in Dudweiler der erste Tiefbauschacht als Gegenort zum Betrieb des Saarstollens angeschlagen und daher Gegenortschacht genannt. Der Tiefbau erforderte die Anwendung von Dampfmaschinen zur Förderung der Bodenschätze.

Grube Dudweiler: Gegenortschacht.

Im Jahre 1780 hatte auf Grube Dudweiler der erste Versuch mit Abschwefeln von Kohlen (Koksgewinnung) in offenen Meilern stattgefunden. Die Verkokung wurde in der Folge auf Kosten der Abnehmer vorgenommen, welche die gewonnenen Koks an die rheinischen Eisen- und Bleihütten absetzten. Nach Übernahme der Gruben in die preußische Verwaltung wurde die Verkokung auf staatliche Rechnung betrieben. Die im Besitz der Kaufleute Reuther und Schäfer zu Coblenz befindlichen 9 Koks-Meileröfen beim Ludwigsstollen der Grube Dudweiler wurden 1816 angekauft und 12 gleiche Öfen neu erbaut, sodaß noch in der zweiten Hälfte des Jahres 200 Zentner Koks hergestellt werden konnten. Da es vorteilhaft erschien, die billigere Grieskohle zur Koksgewinnung zu verwenden, so wurde 1819 auf der Grubenhalde bei Dudweiler ein 30 Zentner Grieskohlen fassender burgundischer Ofen erbaut, durch den aus Grieskohlen 50 v. H. gute Koks erzielt wurden. 1832 wurde mit dem Bau von englischen Koksöfen begonnen, von denen im Jahre 1837 bereits 35 neben 28 Meilern, i. J. 1842 63, 1853 195 in Tätigkeit waren. Im Jahre 1840 wurden in Dudweiler 6213, 1842 8107, 1853 36 481 65 Fuder Koks gewonnen, die teils beim Hochofenbetrieb, teils bei der Lokomotiv-Heizung Verwendung fanden. Die Firma de Wendel in Hayingen und Stieringen und die französische Ostbahn legten 1852/53 Privat-Kokereien in Dudweiler an. Die letztere bestand bis zum Jahre 1864; die staatliche Verkokung wurde 1874 aufgehoben.

Im Jahre 1842 hatten die Dudweiler Bergleute Gelegenheit, dem obersten Bergherrn ihre Huldigung darzubringen. Am 20. September dieses Jahres kam König Friedrich Wilhelm IV., der schon als Kronprinz im Jahre 1833 den brennenden Berg besucht hatte, mit seiner Gemahlin in Saarbrücken an und wurde in dem Stumm'schen Hause am Ludwigsplatz festlich begrüßt. 1200 Bergleute in ihrer eigenartigen Tracht zogen unter der Führung des Oberbergrats Sello mit Grubenlichtern und Musikbegleitung an dem Quartier des Königs vorbei, und ein Chor von 150 Sängern ließ bergmännische Lieder ertönen. Als der König und die Königin erschienen, brachte der Berghauptmann von Dechen den Majestäten den Bergmannsgruß »Glück auf!«, der tausendstimmig begeistert aufgenommen wurde. Als am nächsten Tage das Königspaar durch das Scheidtertal der Pfälzer Grenze zufuhr, rief Pfarrer Fauth aus Dudweiler an der Spitze der Schulkinder seines Kirchspiels ihm in Lied und Wort den Abschiedsgruß zu.

Das wichtigste Ereignis der Neuzeit war für Dudweiler die Eröffnung der Kgl. Saarbrücker Eisenbahn, die am 16. November 1852 dem Betrieb übergeben wurde. Schon im Jahre 1850 strömten zahlreiche Arbeiter zum Bahnbau in Dudweiler zusammen. Die Bahn schloß sich in Stieringen an die französische Ostbahn und in Bexbach an die Pfälzische Ludwigsbahn an und vermittelte so den Verkehr von Paris nach Ludwigshafen und dem Rheingebiet. Dudweiler wurde die nächste Station hinter Saarbrücken und war damit an den Weltverkehr angeschlossen, der sich von Jahr zu Jahr steigerte, besonders als im Jahre 1860 die Rhein-Nahebahn von Neunkirchen nach Bingerbrück eröffnet wurde.

Bahnhof Dudweiler vor dem Erweiterungsumbau 1912

In dieser Zeit wurde die Ansiedlung einer seßhaften bergmännischen Bevölkerung von der Bergverwaltung sehr erleichtert. Ein Bauplatz von 45 Quadratmetern wurde dem Bergmann für 67 30 Taler zum Eigentum übertragen und dazu ¼ Morgen Gartenland für 1 Taler 6 Sgr. jährlich gegen die Verpflichtung verpachtet, ein Haus aus Stein und Mörtel an dieser Stelle zu erbauen. Ein massives einstöckiges Wohnhaus von 700 bis 900 Quadratfuß Grundfläche mit 2 Stuben, 1 bis 2 Kammern, einem Flur, einer Küche und einem Keller kostete damals 500 bis 600 Taler, ein massives zweistöckiges Wohnhaus von 790 Quadratfuß Grundfläche mit 3 Stuben, 2 Kammern, einer Küche, einem Stall und einem gewölbten Keller kostete 700 bis 750 Taler. Den baulustigen Bergleuten wurden Bauprämien von 70 bis 100 Talern und zu 4% verzinsliche Bauvorschüsse von 200 bis 250 Talern gewährt. Diese Prämien und Vorschüsse wurden allmählich auf 300 bis 700 Taler erhöht. Seit dem Jahre 1865 wurden unverzinsliche mit 12½% jährlich abzutragende Darlehen bis zur Höhe von 700 Talern gewährt, für die das Haus zur ersten Hypothek haftete. Das Haus durfte ohne Genehmigung des Bergamts nicht veräußert werden.

Grube Dudweiler: Scalleyschächte.

Infolge dieser Erleichterungen wurden in Dudweiler in den Jahren 1842 bis 1858 227 Bergmannshäuser erbaut, sodaß schließlich zwei Drittel der Bevölkerung aus Bergarbeitern bestanden. Die Gemeinde wurde dabei immer leistungsunfähiger, die Kommunalsteuer-Rückstände der Bergleute erreichten eine ganz enorme Höhe. Die Einzugsgelder, welche zum Schutz der Gemeinde gegen den Zuzug leistungsunfähiger Elemente bestimmt waren, wurden dadurch unwirksam gemacht, daß sie von der Bergverwaltung für ihre Arbeiter getragen wurden.Im Jahre 1855 belief sich bei einem Steuersoll von 9868 Talern der Steuerausfall von 1130 Taler, im Jahre 1856 bei einem Steuersoll von 10 926 Talern auf 1313 Taler. Diese Ausfälle mußte die Gesamtbevölkerung durch Mehrleistungen ausgleichen. Die Unfähigkeit der Gemeinde, ihre Einrichtungen in dem Maße auszudehnen, daß sie auch dem Bedürfnis der Bergmannskolonie entsprachen, hatte die Bergverwaltung bereits veranlaßt, Zuschüsse für Wege, öffentliche Anlagen und Bauten im einzelnen zu gewähren. Es galt aber, die Bergverwaltung auch zur Unterhaltung dieser Anlagen heranzuziehen und an die Stelle freiwilliger Einzelleistungen rechtliche Verpflichtungen zu setzen.A. von Brandt, Zur sozialen Entwickelung im Saargebiet. Leipzig 1904. S. 12 ff. 69

Der Bau einer katholischen Kirche und eines katholischen Pfarrhauses brachten diese Frage zur Entscheidung. Die Kosten des Kirchenbaues wurden auf 26 540 Taler, die des Pfarrhauses auf 4510 Taler geschätzt. Die ersteren waren von der Kirchengemeinde, die letzteren von der bürgerlichen Gemeinde aufzubringen. Eine Haussammlung hatte 1761 Taler ergeben. Die für die drei beteiligten Gemeinden erforderlichen Steuerzuschläge beliefen sich für die Kirche auf 675% [67,5?], für das Pfarrhaus auf 54%. Die Gemeinde Dudweiler war bereits mit 25% Zuschlag für ein neues Schulhaus und die Gemeinde Sulzbach mit 50% außer den gewöhnlichen Umlagen für mehrere Jahre belastet. Für den Gottesdienst war vorläufig ein Raum im Schlafhaus verfügbar. Der Bau eines Pfarrhauses erschien dringend. Der Landrat glaubte, daß mit einer Umlageerhöhung von 25% in 2 Jahren das Geld für das Pfarrhaus und in 25 Jahren die Kosten der Kirche beschafft werden könnten. Die Bürgermeisterei-Versammlung lehnte aber eine weitere Belastung der Gemeinde über 50 v. H. der staatlichen Steuer ab und gab einem von dem Bürgermeister auf Grund der Novelle zur Landgemeindeordnung vom 15. Mai 1856 vorgelegten Regulativ für eine Gemeinde-Einkommensteuer vom 31. August 1860 ihre Zustimmung, nach dem auch Forensen (Auswärtige) oder juristische Personen, die in dem Gemeindebezirk Grundbesitz hatten oder ein stehendes Gewerbe ausübten, zu den Gemeindesteuern herangezogen werden konnten. Dies zielte vor allem auf den Bergfiskus, der dadurch für die auf dem Dudweiler Bann liegende Grube gemeindesteuerpflichtig wurde und die Gemeinde in eine günstige Lage versetzen sollte. Die Bergverwaltung erkannte jedoch die Berechtigung der Gemeinde nicht an; Eingaben an die Regierung und das Abgeordnetenhaus blieben erfolglos. Erst durch das Gemeindesteuerregulativ vom 13. Dezember 1872 wurde eine angemessene Beteiligung des Bergfiskus und der Eisenbahnverwaltung an den Gemeindelasten festgesetzt.

Grube Dudweiler: Scalleyschächte.

Das Anwachsen der Förderung auf den Gruben Dudweiler und Jägersfreude zeigt folgende Übersicht: 71

Förderung in Zollzentnern    Arbeiterzahl
1835:  493 028 205    
1840:  840 785 342
1850:  1 460 615 679
1855:  5 094 820 1 913
1860:  7 487 390 2 531
1865:  11 071 500 3 290
1869:  11 953 000 2 916
1875:  11 827 300 3 472
1880:  13 510 210 3 153
1885:  12 951 840 2 520
1890:  10 209 240 2 811
1895:  12 003 720 3 554
1898:  17 304 300 3 554
1900:  17 708 260 3 766
1902:  17 243 620 4 020
1914: 14 915 180 2 858
(745 759  t)     

Seit dem Jahre 1861 bildete Grube Dudweiler mit Jägersfreude die Berginspektion IV. Die Bergwerksdirektoren waren:

1861–1865  Leist
1865–1874 Eilert
1874–1880 Hörnecke
1880–1887 Heyder
1887–4897 Fabian
1897–1903 Kaltheuser
1903–1905 von Meer
1905 Johow
1905–1918 Neff.

Der Betrieb wurde sehr ausgedehnt. 1849/50 wurden die Scalley-Schächte abgeteuft, 1866 der Richardschacht, 1898 der Schiedebornschacht im Felde Jägersfreude, 1871 die Camphausenschächte bei Fischbach. Die Vermehrung der Belegschaft wurde anfangs aus dem Harz und dem Mansfeldischen herangezogen, später vom Hochwald und aus der bayrischen Pfalz, vereinzelt auch aus Böhmen (1866) und Ost- und Westpreußen (1871).

Schiedenbornschacht

Der Heranbildung von Steigern diente die 1873 eröffnete Bergvorschule. Zur haushälterischen Ausbildung der weiblichen bergmännischen Jugend war schon in den zwanziger Jahren eine 72 Industrieschule eingerichtet worden. 1909 wurde ein Brausebad auf der Grube hergestellt.

Von Unglücksfällen blieb die Grube Dudweiler leider nicht verschont. Am 2. Oktober 1860 fand eine Schlagwetterentzündung statt, durch die 10 Bergleute getötet und 17 verletzt wurden. Ähnlichen Unglücksfällen fielen am 26. Juli 1885 18 Bergleute und am 10. August 1908 17 Bergleute (15 Tote und 2 Schwerverwundete) zum Opfer. Bei dem großen Unglück in Camphausen am 17. März 1885 fanden 32 Bergleute aus Dudweiler den Tod.

Der Schichtlohn eines Hauers betrug im Jahre 1880 3,02 M., 1902/03 3,57 M.

In Dudweiler wurden im Jahre 1903 20 Flöze mit einer Tiefe von 410 m abgebaut.

Über den wirtschaftlichen Zustand der Gemeinde Dudweiler werden wir durch Verhandlungen des Bürgermeisteramtes im Anfang des Jahres 1856 unterrichtet. Von der Kgl. Bergverwaltung war die Ablösung der Berechtigungen vorgeschlagen worden, die den Gemeinden Dudweiler, Sulzbach und Friedrichsthal in den Königlichen Waldungen zustanden. Diese Berechtigungen bestanden in der Entnahme von Reisern und Spänen in den Holzschlägen, der Stöcke, des Streulaubes, des Raff- und Leseholzes, ferner in dem Recht auf Windbrüche und Windfälle, sowie auf die Gipfel des Bau- und Nutzholzes 1. Klasse, endlich in dem Weiderecht (Langhalm und Schmalzweide). Diese Berechtigungen wurden als eine große Wohltat für den größten Teil der Bevölkerung empfunden, ohne daß die Waldungen ernstlichen Schaden dadurch gelitten hätten.

Der Flächenraum des Privateigentums in der Bürgermeisterei wurde auf 4668 Morgen berechnet, während die Ausdehnung der Waldungen 11 681 Morgen betrug. Diese Fläche wurde von beinahe 12 000 Menschen bewohnt und zwar von 7 758 ständigen Einwohnern und mehr als 4 000 Arbeitern; also kamen auf den Kopf nur 70 Quadratruten Privateigentum. Mehr als drei Viertel dieser Bewohner waren entweder ohne Grundbesitz oder hatten höchstens ein kleines Häuschen mit Garten; alle aber wohnten auf dem Lande und waren darauf angewiesen, die nötige Milch und die allernötigsten Gemüse für den Haushalt selbst zu erzielen; dies würde ihnen fernerhin unmöglich sein, wenn man sie auf 73 ihren Privatgrundbesitz beschränken wollte. Selbst eine Lohnerhöhung würde diesen Schaden nicht ausgleichen, sondern die Bevölkerung würde genötigt sein, ihre jetzigen Verhältnisse aufzugeben und sich auf anderem Boden Nahrung zu suchen. Dies würde ein Schaden auch für den Betrieb der Kgl. Gruben sein, der dadurch gehemmt werden würde, wenn man nicht die Löhne der Arbeiter bedeutend erhöhen wollte. Eine Entschädigung durch Geld oder Abtretung von Waldflächen würden keinen dauernden Nutzen gewähren; Forstfrevel und Holzdiebstahl würden überhand nehmen. Jeder Bergmann müsse zu befriedigender Lebenshaltung ein Haus, einen Garten und eine Kuh haben und dadurch seßhaft werden. Dies sei aber ohne Waldberechtigung nicht möglich. Eine seßhafte Arbeiterbevölkerung sei auch für den Grubenbetrieb von großer Bedeutung, und man müsse deshalb die Unterstützung der Bergverwaltung nachsuchen. Die Versammlung betrachtete die Sache geradezu als eine Lebensfrage für die Bevölkerung. Die Ablösung der Waldberechtigung würde bei den Einwohnern eine große Aufregung hervorrufen.

Da das Kgl. Bergamt die Sache der Gemeinden nicht genügend zu unterstützen schien, so wandte man sich an das Oberbergamt in Bonn; doch auch diese Behörde zeigte wenig Entgegenkommen. Die Regierung in Trier entsandte den Regierungsrat Boltz als Vermittelungs-Kommissar, doch dieser Versuch blieb ohne Erfolg. Im Jahre 1861 richtete die Gemeinde ein Gesuch an die beiden Häuser des Landtages, doch auch dies hatte keine Wirkung. Damit endigte auch das früher so wichtige Recht der Schweinemast in dem Walde.

Die Ausdehnung des Bergbaues und die Entziehung der Waldberechtigung hatte naturgemäß den Rückgang der Landwirtschaft zur Folge. An die Stelle der Kühe traten vielfach die genügsamen Ziegen, die man die Bergmannskühe nennt.

Die Lage der Bergleute konnte im allgemeinen als befriedigend bezeichnet werden. Es hatte sich ein geschlossener Bergmannsstand herausgebildet, der auf seinen, wenn auch gefahrvollen, aber so nützlichen Beruf stolz war. Etwa zwei Drittel der verheirateten Bergleute waren in den Besitz eines eigenen Hauses mit Garten gelangt. Nach dreijähriger Dienstzeit erhielten sie jährlich je 2½ Tonnen Kohlen (die Unverheirateten die Hälfte) zum Förderpreis. 74 Sehr wohltätig wirkte der Saarbrücker Knappschaftsverein, der den Bergmann im Falle von Krankheit, Unfall und Altersschwäche versorgte. Konsumvereine ermöglichten billigen Einkauf von Lebensmitteln und anderen Bedürfnissen.Der Konsumverein Dudweiler-Jägersfreude hatte im Jahre 1871 1 380 Mitglieder.

Auf den Gruben waren in der Nähe der Einfahrtsstellen Kaffeeküchen eingerichtet, die zu billigen Preisen Erfrischungen verabreichten. Die Bergleute brauchten auch nicht mehr mit von Kohlenstaub geschwärztem Körper nach Hause zu wandern; auf der Grube Dudweiler waren 4 Badeanstalten mit zusammen 176 Brausen eingerichtet. Während die Bergleute früher nach und von der Arbeitsstelle zu Fuß wandern mußten, wurde jetzt vielfach für Fahrgelegenheit gesorgt, die durch Arbeiterkarten billig gehalten wurde.

Eine besondere Freude für die Bergleute und ihre Angehörigen war das Bergmannsfest, das alljährlich an einem Sonntag im Juli gefeiert wurde. Mit Glockengeläute und Böllerschüssen wurde der festliche Tag eingeleitet. Dann gingen die Bergknappen in ihrer Bergmannstracht in die Kirche und wohnten dem Gottesdienst bei. Darauf wurde Parade gehalten, und unter den Klängen der Bergmusik bewegte sich der Festzug mit der Bergmannsfahne zu einem freien Platz im Walde, wo Tische und Bänke aufgeschlagen waren und ein Tanzboden nicht fehlte. Hier war ein Mahl bereitet, aus Reissuppe, Ochsenfleisch und Zutaten bestehend. Außerdem gab es Brot und Schinken, Bier und Zigarren auf Staatskosten. Dann bewegte sich die junge Welt im Tanze, den wohl der Bergwerksdirektor mit der Frau Obersteiger eröffnete, während die Alten, ihre Pfeife oder Zigarre rauchend, zusahen. 75

 


 


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