Joseph Roth
Der stumme Prophet
Joseph Roth

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XIII

Zwei Tage später saß er beim alten Parthagener in der Herberge »Zur Kugel am Bein«. Es hatte sich nichts verändert. Kapturak brachte immer noch Deserteure. Man trank Schnaps und aß gesalzene Erbsen. Bei Chajkin versammelten sich die Rebellen. Der Jurist hoffte immer noch, Abgeordneter zu werden.

Kapturak kam am nächsten Morgen. »Sie sind also nicht Bezirkshauptmann geworden. Ja, wir fahren schon. Die Koffer nehme ich mit. Erwarten Sie sie in der Grenzschenke.« Es war Feiertag, die Beamten von der Grenze saßen schon mit den geflüchteten Soldaten, tranken und sangen. Hinter der Theke der Wirt mit offenem Mund und glotzenden Augen.

Friedrich trat hinaus. Die feuchten Sterne glitzerten. Ein Wind zog sacht dahin. Man roch die weite Ebene, aus der er kam.

Ein kleiner, rundlicher Mann mit einem schwarzen Bärtchen stand plötzlich neben Friedrich.

»Schöne Nacht«, sagte er, »nicht wahr?«

»Ja«, sagte Friedrich, »eine schöne Nacht.«

»Ich verhafte Sie, mein lieber Kargan«, sagte der Mann freundlich. Er hatte eine rundliche, weiße, fast weibliche Hand mit kurzen Fingern.

»Pascholl!« kommandierte er.

Zwei Männer, die plötzlich zum Vorschein kamen, nahmen Friedrich in die Mitte.

Er fühlte nur den Wind wie einen Trost aus der unermeßlichen Ferne.


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