Peter Rosegger
Sonnenschein
Peter Rosegger

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Die Geschichte vom Schmied und seiner Liebe

In einer schwülen Stunde hatte Stachel, der Schmied, den folgenden Brief geschrieben:

»An die Nelda Haslinger, beim Herrn Franz de Paul Haslinger zu Oberstraßen.

Liebster Schatz! Bleibt also beim Sonntag von fünf bis sieben. Auf bewußten Plausch. Wo, das weißt eh. Ich verlass' mich drauf. Wenn ich einmal was derspart hab' oder wir sonst zu einem Vermögen kommen, so heirat' ich dich. Drauf kannst dich verlassen.

Dein herztreuer

Eustach Schlägler,          
Schmiedgesell in Unterstraßen.«

Man sieht, dieser Brief war nicht lang. Auch das Papier war ziemlich lumpig, und doch muß gesagt werden, daß der Schmied-Stachel sein Lebtag keinen Eisenring geschmiedet hatte, der so unverbrüchlich festhielt, als dieser Brief. Das Eisen rostet, Liebesbriefe aber rosten nicht, und selbst, wenn sie tausendmal naß werden unter Küssen und Tränen. Und die Nelda bestand auf ihrem Schein.

Der Stachel war in der Arbeit ein fleißiger Bursch und hatte keinen schlechten Lohn, aber er vertrank ihn und verspielte ihn. Denn wenn er spart, dann erspart er sich etwas, und dann muß er sie heiraten. Anders konnten sie gottlob wohl kaum zu einem Vermögen kommen. Der Stachel hatte von seinen Verwandten bereits geerbt: vom Vetter einen noch fast neuen Tuchrock, von der Muhme ein ägyptisches Traumbüchel und eine Tabaksdose aus Krötenhorn, vom Vater den ehrlichen Namen und von der Mutter die Medizinflaschen und die ärztlichen Rechnungen. Bei der Nelda stand auch nichts in Aussicht, denn ihr Oheim, dessen Junggesellenwirtschaft sie seit einiger Zeit versorgt, war sehr schwerhörig, wenn sie manchmal von ihrer Zukunft sprach. Also fühlte der Stachel sich ziemlich sicher. Jenes Briefes würde er selbstverständlich längst vergessen haben, allein die Nelda brachte ihn manchmal zum Vorschein. Sie bewahrte ihn an einer – man möchte sagen – einbruchsicheren Stelle, wohin keine Diebeshand mehr griff, wo auch kein Brandunglück mehr zu fürchten war. Der Stachel war noch in die Volksschule gegangen, als die Nelda schon so schwach stand, daß sie einer sitzen lassen konnte. Seither war sie vorsichtiger geworden. Dem Schmiedgesellen gefiel nur nicht, daß sie ewig jung blieb – seit sechs Jahren schon im neunundzwanzigsten! Ihm gefielen – aufrichtig gestanden – besser solche, die noch in dem Alter stehen, in welchem man sich lieber älter macht, als jünger. Eine saß am Sonntag in der Kirche, die – Eustach Schlägler! Wer hat sich verschrieben? – Wenn der Mensch nur kein Gewissen hätte!

Eines Tages kam die Nelda zu ihm, hochgerötet war sie und aufgeregt, und sie hätte ihm ein Geheimnis anzuvertrauen. Er erschrak unsäglich, beruhigte sich aber, als sie ihm folgendes mitteilte: »Hinter dem Ofen, in welchem ihr alter Oheim fast beständig sitze, und von welcher Stelle er nicht wegzubringen sei, befinde sich in die Wand eingemauert ein eisernes Kästlein!

»Was geht das mich an!« sprach der Stachel.

»Aber denke doch, Stachel! Denkst du denn nicht? Er ist einmal in Mailand gewesen, als Soldat, nachher auch in Welschland, ja sogar in Italien! Da kann er sich schon was dermacht haben!«

»Ist er bei den Banditen gewesen? Bei den Strauchrittern mein' ich, weißt eh.«

»Aber Stachel, wo denkst du hin! Mein alter brummiger Oheim! Der brummt ja alleweil so laut, den hätten sie gleich aus dem Versteck gehabt. Derspart wird er sich was haben, und nichts davon gebraucht, weil er seine Pension hat. Und denk' dir nur, der Oheim ist kränklich – und auch schon alt!«

»Das ist wahr,« sagte der Stachel.

»Und ich noch jung.«

Darauf schwieg der Stachel.

»Richte dich zusammen, Stachel, laß dir die Bräutigamshosen machen. Den Schneider werd' ich schon zahlen.«

Der Schmied ging seit dieser Unterredung mürrisch um und hieb mit seinem Werkzeug auf das glühende Eisen heftiger, als es nötig war. Er verdarb damit manches. Und da meinte der Meister, dem Stachel müsse man nicht soviel zu essen geben, er leide an überschüssiger Kraft. – Wenn einmal ein Schmied zu stark ist! Nur schade, daß so kräftige Mannsleute manchmal sonst so schwach sind! – Wenn der Mensch nur nicht schreiben lernen müßte! Dieses verdammte Schreiben! Der Stachel hätte sich am liebsten fremd gemacht zu Unterstraßen und wäre in die weite Welt marschiert. Aber jene, die am Sonntag in der Kirche saß! – Als ob am Sonntag nicht viele in der Kirche säßen! Nein, für den Stachel nur eine. – Wer sie ist? – Ein armes Zuchtdirndel beim Steckelbauer. Arm und verwaist, hat nichts Gutes auf der Welt, die Leute sind hart auf sie. Ihre liebste Zeit ist in der Kirche, da gilt sie soviel, wie die anderen, da weiß sie einen, der ihr gut ist . . . das ist eine, die in der Kirche noch an den lieben Gott denkt. Dieser hinwiederum schiebt den Schmiedgesellen vor. Und am Pfingstsonntage, nach dem Gottesdienst, wie sie unter den Birken steht und ihr Busentuch in Ordnung bringt, das sich im Gedränge verschoben hat, geht der Stachel auf sie zu und fragt ganz freimütig. Und sie läuft davon. – So dumm ist der Stachel sich sein Lebtag nicht vorgekommen, als jetzt, da er mutterseelenallein unter den Birken stand, unter denen er gerade zu zweit hatte stehen wollen. Er hätte sich vor Zorn Maschen und Hemdkragen vom Halse reißen mögen; auf dem Boden lag ein rissiger Stein, den trat er in Scheiben. Und das soll Liebe sein?

An einem der nächsten Abende ging er hinauf gegen den Steckelbauernhof. Es war schon dunkel, es war gewitterschwül und hinter den Bergen zuckten Blitzscheine auf. Des Hohlweges herab lief die Nelda, sie lief mit Hast. Er wich ihr schnell aus: »Du hast's eilig, will dich nicht aufhalten.«

»O Lapperl, du willst mir ausweichen!« sagte sie vertraulich, »ich wollt' ja zu dir hinablaufen.«

Da blieben sie stehen beisammen und der Stachel dachte: Was ist jetzt zu machen, daß ich ihr entkomme?

»Endlich, mein Lieber, endlich können wir Ernst machen,« flüsterte sie.

»Ernst? Mit was? Wieso?«

»Geh', stell' dich nicht so tappig. Hast schon lang' genug danach geplangt. Im Schreiben bist alleweil aufrichtiger wie im Reden. Heiraten können wir.«

Der Stachel schüttelte den Kopf. »Ja, wenn ich was derspart hätt'!« rief er wie unmutig aus. »Ich bin ja soviel ein leichtsinniger Mensch und kann mir's nicht abgewöhnen. Was ich mich schon geärgert hab' über mich selber! Nein, nein, so ein Lump wär' das größte Unglück für seine Familie!«

»Was redest denn, Stachel?« sprach sie und packte ihn an der Hand. »Ich acht's ja, daß du so redlich denkst, aber hab' ich dich gefragt nach deinem Ersparten? Das ist nimmer Not, jetzt nimmer. Ich hab' die Mittel.«

»Du?«

»Mein Oheim . . .«

»Aber der gibt nichts her.«

»Alles gibt er her.«

»Ist ja soviel sparsam, dein Oheim . . .«

». . . gewesen. Du, der hat sich kurios geändert!«

»Was du nicht sagst!«

»Alles, was da ist, gehört mein, seiner einzigen Verwandten.«

»Hat er das gesagt?«

»Gesagt hat er's!«

»Kann sich aber doch wieder anders besinnen.«

»Das tut er nimmer.«

»Wird's wieder zurückhaben wollen.«

»Das kann er nimmer.«

»Warum soll er das nicht können?«

»Weil er auf dem Brett liegt.«

Der Schmied ging langsam weiter, sie neben ihm her. Er schwieg und war nachdenklich. Da hatte er es ja gehört, wie dieses Weib einmal sprechen würde, wenn er selber auf der Bahre läge. Überaus widerlich kam sie ihm vor, und er sann auf Mittel, sich ohne Aufsehen von ihr loszulösen. Das Heiraten hatte er ihr versprochen – und brieflich; unter Bedingungen zwar, aber diese waren jetzt erfüllt. Ein guter Freund hatte ihm gesagt: Hättest dich dem Teufel verschrieben, so könntest vielleicht noch erlöst werden; aber so . . .? Hat sie nicht schon einmal durchblicken lassen, daß sie ihn bei Gericht verklagen will, wenn er »seinen Wechsel« nicht einlöst?

»Warum bist denn so still, Stachel?« fragte sie ihn. »Sollst dich ja gefreuen über unser Glück!«

»Gefreuen? Soviel traurig bin ich.«

»Ja, wesweg denn, Stachel?«

»Weil dein Oheim gestorben ist!«

»Narr! Der hat's überstanden.«

Der Stachel blieb wieder stehen: »Weißt, Nelda, ich will dir was sagen. Du hast jetzt ein Vermögen, ich bin ein armer Teufel. Du mußt dich nicht für gebunden halten. Du kriegst jetzt Männer, die weit besser für dich passen. Ich glaube nicht, daß du mit mir könntest glücklich werden; meine Untugenden kann ich mir nicht mehr abgewöhnen, lch bin schon zu alt dazu.«

Sie flog ihm an den Hals: »Jetzt erst weist sich's, was du für ein braver Mensch bist! Und daß du nur auf mich denkst! Ja, ja, Stachel, ich erlaub' dir's schon, du brauchst dich nicht zu ändern, ich mag dich wie du bist. Sollen wir ein Hammerwerk kaufen? Oder gefreut dich ein großer Bauernhof? Oder willst du lieber in die Stadt?«

Der Stachel stutzte. »Soll denn soviel da sein?« fragte er dann mit weicher Stimme.

»Es wird schon was da sein!«

»In Bargeld?«

»Wahrscheinlich. Möcht' es selber wissen. Bin schon höllisch neugierig.«

»Ja, hast du es nicht gesehen?«

»Es ist im eisernen Kastel hinter dem Ofen. Das ist noch gesperrt.«

»Da heißt's zuwarten. Ist gerichtliche Sach'.«

»Es wär' bald offen. Mit Schmiedewerkzeug wär's bald offen.«

Jetzt wendete sich der Schmied rasch zu ihr: »Nelda, das ist wahr! Ich könnte einbrechen.«

»Na, das heißt, nicht so,« entgegnete sie abwehrend. »Gleich so ein grausliches Wort da! Wer spricht denn vom Einbrechen? Aufmachen, wenn's leicht geht – wegen der Gewißheit,«

»Na freilich,« sagte er in gutmütig beistimmendem Tone und insgeheim: Jetzt möcht' ich doch wissen, wie weit sie geht und ob ihr das ernst ist. Vor der habe ich keine Angst mehr, mit der treibe ich jetzt mein Spiel.

»Ich will dir schon helfen, Nelda,« sagte der Stachel, »geh' nur voraus, ich muß bloß Werkzeug holen und werde bald nachkommen.«

»So komm fein bald,« flüsterte sie und eilte dem Häuslein zu, in welchem sie mit dem Oheim zur Miete seit einem Jahre gewohnt hatte.

Soviel Werkzeug glaubte der Schmied bei sich zu haben, als er brauchen würde bei dem bevorstehenden Einbruche. Er ging also nicht hinab zur Schmiede um Werkzeug, sondern er ging hinauf gegen den Steckelbauernhof. Mittlerweile waren die Blitze greller geworden, man hörte schon das Nachhallen seiner Donnerschläge. Als er zur Weide kam, die von alten Bäumen und Büschen eingeschlossen war, sah er im Scheine der Blitze, daß hier Rinder grasten und bei denselben ein Menschenwesen stand. Steckelbauers Ochsen, die tagsüber auf der Brache gepflügt hatten, waren beim Abendmahl, und wer sie dabei beaufsichtigte, das war – ein blinkender Blitz verriet es – das Kirchendirndel. Es stand in seinem Werktagsg'wandlein recht schlank da, mit den Barfüßen im feuchten Grase; auf dem Köpfel hatte es einen alten Männerhut mit sehr breiter schwammiger Krempe, die es vorne über die Augen herabzog zu Schutz und Schirm vor den schreckbaren Blitzen. Das Dirndel schlich ganz nahe an die Rinder heran, als suche es bei diesen Heil und Trost im nahenden Gewitter. Als die Tiere aber jetzt anfingen, miteinander zu gaukeln und sich gegenseitig mutwillige Stirnstöße zu versetzen, kam die Hirtin in Gefahr, von ihnen in den Boden getreten zu werden, sie mußte zurückweichen und war ganz allein mit ihrer Angst. Jetzt trat der Stachel vor, und, um sie nicht auch noch zu erschrecken, blieb er etliche Schritte vor ihr stehen und sagte heiter: »Dirndel, soll ich dir fürchten helfen?«

Heute lief sie nicht davon, denn es war ihr beruhigend, einen Menschen nahe zu wissen; zwar gestand sie nicht ihre Gewitterangst, erzählte nur, daß der Blitz vor einiger Zeit auf der Erlau einen Hirten mitsamt den Schafen erschlagen habe. Und so oft ein Strahl durch den Himmel flog, zuckte sie mit dem Atem auf, und je näher die Donner kamen, je näher kam sie an den Stachel her.

»Ist denn niemand anderer in eurem Hof, der so spät abends die Ochsen tät weiden?« also der Schmied.

»Es will sonst niemand,« antwortete sie.

»Und du willst?«

»Ich werde nicht danach gefragt. Da heißt's nur: Es ist ausgespannt. Nandel-Dirn, geh' Ochsen weiden.«

»Nandel-Dirn, ich sag' dir was,« sprach nun der Schmied. »Von heut' an sollst du nimmer allein Ochsen weiden. Ich will dir allemal Gesellschaft leisten.«

Sie entgegnete nichts darauf, denn sie war über sein Wort ordentlich erschrocken, gerade wie damals unter den Birken, sie war derlei ja nicht gewohnt. Ganz leise sagte sie endlich: »Du mußt mir wohl recht gut sein . . .«

Jetzt war der Sturm da. Er toste in den Bäumen, er pfiff im Gebüsch, er grub Sand aus dem Boden und streute ihn in die Lüfte. Vögel, die schon schlafen gegangen, flatterten wieder auf, und Wassertropfen, so kalt und scharf wie Eis, sausten nieder. Die Rinder liefen mit gehobenen Schwänzen in den Wald hinein; die beiden Menschen fanden unter einer vorspringenden Felswand einigen Schutz. Sie schmiegten sich enge aneinander, das Dirndel zitterte, er suchte es mit seinem Rocke zu decken, doch schon in den ersten Augenblicken waren sie durchnäßt bis an die Haut.

Das Unwetter wütete nur kurze Weile. Dann ward es ruhig, die Bäume troffen, die Wolken standen in lichten Fetzen und zwischendurch schien der Mond.

»Das muß auch noch sein,« sagte der Stachel und preßte ihr einen ausgiebigen Kuß auf die Lippen. Sie drückte rasch entgegen, wahrscheinlich, um ihn zurückzudrängen. Dann trieb sie ihre Ochsen dem Hofe zu und er ging nach Oberstraßen. Von einer zur andern! Und einbrechen! Der Schmied mußte lachen darüber, daß er ein so bodenlos niederträchtiger Kerl geworden war.

Der alte Franz de Paul Haslinger lag ganz manierlich da. Er brummte nicht und verweigerte nichts. »Alles, was vorhanden ist, kannst haben!« Das war sein vorletztes Wort gewesen. Sein letztes, gab die Nelda an, habe sie nicht mehr verstanden. Dasselbe soll ihre Person bezeichnet haben, und zwar sehr bündig. Unter dem Kopfkissen hatte sie seine Brieftasche gefunden, in der fand sich sein Pensionsbogen und ein Zehnguldenschein und ein Vater Radetzky in Holzschnitt und ein buntbemaltes Bildchen des heiligen Franz de Paul. Natürlich! – Als nun der Schmied kam, nahm die Nelda ihre Handlampe und führte ihn hinter den Ofen. Ja, da war das eiserne Kästl, wohl eingemauert in die Wand, so daß man nur das Türchen sah mit dem kleinen runden Schlüsselloch. Das Ding lag fest im Schlosse und rührte sich nicht, wie auch die Nelda daran zu rütteln suchte.

»Das soll es sein?« fragte der Stachel.

»Freilich,« lispelte sie.

»Das ist's?« fragte er nochmals.

»Mach', mach', ehe die Leute kommen. Mit dem Eisen kannst du ja umgehen. Bei dir ist's bald geschehen.« Sie bebte vor Gier.

»Wohl, wohl,« sagte er ganz ruhig, »geschehen wird's bald sein. Aber den Schlosserlohn sollst mir im voraus zahlen. Ich meine, sobald du den Schatz siehst, kann dich der Geizteufel packen, und du gibst nichts mehr her.«

»So schwatz' nicht und mach' auf!«

Er zog schmunzelnd sein Taschenmesser hervor, öffnete an demselben ein Eisenhäklein, steckte es ins Schlüsselloch des eisernen Türchens, stocherte ein wenig – offen war's.

Die Nelda stürzte hin und starrte in das Loch. Da drinnen war es sehr finster und sehr rußig – der Stachel lachte laut auf.

Das eiserne Türchen führte in den Schlauch des Schornsteins, für den Rauchfangkehrer in außergewöhnlichen Fällen. Die Nelda war wie gelähmt. Sie fuhr sich in ihr Gewand und zerrte daran, fuhr sich in ihr Haar und grub darin, daß es ganz wüst wurde. Jetzt streckte sie ihre Arme in die finstere Öffnung, nach unten hin, nach oben hin, nach den Seiten hin – die Hände kamen leer zurück, aber grausam rußig. Der Schmied lachte noch immer, lachte, daß er sich den Bauch halten mußte, der unfromme Schelm – und war doch eine Leiche im Haus.

Die Nelda, nachdem sie sich ausgetobt hatte, verfiel in einen Weinkrampf. Als die Nachbarn kamen, um an der Bahre die nächtliche Wache zu halten, wie es Sitte ist zu Oberstraßen, verwunderten sie sich baß über den tiefen Schmerz der armen Thusnelda Haslinger. Ihrer bekannten Artung nach hätte man erwartet, daß sie den Tod des alten Rittmeisters wesentlich gefaßter ertragen würde. – Freilich, der einzige Verwandte, es ist ja zu begreifen. Es war sehr traurig, und doch mußte noch einmal gelacht werden, denn die Nelda sah im Gesichte aus wie ein Zebra – das hatten die rußigen Finger getan. – Der alte Oheim lag sehr behaglich da und schien sein letztes Wort nicht zu bereuen.

Der Stachel sagte: »Gute Nacht!« – Die Nelda war so wütend, daß sie ihm alle Töpfe und Kübel hätte nachschleudern mögen, die da umherstanden; an den Busen fuhr sie sich, riß ein Papier hervor, zerknüllte es in der Faust und warf es dem Burschen nach auf den Rücken. Schon im nächsten Augenblicke bereute sie den Wurf, war aber zu spät; der Stachel hob an der Haustüre den Knüllen auf, steckte ihn in den Hosensack und sagte: »Jetzt ist's gut!« Dann war er fort, verschwunden in der dunkeln Nacht.

Nach Hause ging er, geradewegs nach Hause und legte sich schlafen. Am nächsten Tage war Sonntag. Er ging in die Kirche und lugte hin auf die eine. Wieder ganz trocken war sie, gottlob! Nachmittags ging er nicht ins Wirtshaus, nicht auf die Kugelbahn, denn heute hub er an zu sparen. Jetzt konnte es ihm ja nicht mehr gefährlich werden, der Knüllen war in seiner Hand.

Es währte nicht zwei Jahre, was sage ich, zwei Jahre! kaum eins! und es geschah, was wir ja schon wissen. Der Eustach Schlägler führte die eine, die Seine aus der Kirche. Das weitere ist ohnehin gut.



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