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8.
Zur schönen Aussicht.

Die Sonne sinkt. Es hat das Reh
Den letzten Abendtrunk gesogen,
Und kehrt vom ruhig blauen See
Still zu des Waldhangs grünen Bogen.
Dem dunklen Dickicht geht's in Ruh,
Den sichern Felsenschluchten zu.
Erwachend späht die Eule nieder
Und dehnt ihr nächtiges Gefieder.
Aus seinen kluftzerrißnen Heiden
Tönt noch des Fuchses spät Gebell,
Das Waldhuhn hört's, und schwingt beizeiten
Auf höhern Wipfelsitz sich schnell.
Die dunkle Fichte breitet schwarzes
Geäst, gewachsen jeder Wucht,
Und immer stiller wird die Schlucht,
Zuweilen nur, im Duft des Harzes,
Zu Boden fällt die Fichtenfrucht.
Kein Jäger schweift heut durch den Thau
Der tiefen athemlosen Wildung,
Es legt die Nacht den Mantel grau
Leis auf der Thäler Wellenbildung.

Doch von den hochgethürmten Gipfeln
Ist letzter Glanz noch nicht entflohn,
Die Höhe prangt mit glühnden Wipfeln,
Der starre Fels mit goldner Kron.

Zwei Bilder zeig' ich euch. Das eine
Umschließet eine stille Welt:
Der Hügel strahlt in goldnem Scheine,
Und aus des Winzers Häuschen fällt
Des Abends ganze Rosenglut,
Als stünd' es recht in seiner Hut.
Ein Greis, von Silberhar umwallt,
Lehnt in der Thür, und schaut mit Lust
Der Tochter blühende Gestalt
An ihres schönen Jägers Brust.
Um seine Lippen spielt ein Lächeln,
Als denk' er längst vergangner Tage,
Als ob vergangnen Lenzes Fächeln
Um ihn die goldnen Flügel schlage.
Er breitet segnend seine Hände
Auf's jugendschöne Menschenpar,
Und einer Thräne Freudenspende
Fällt auf des Kindes goldnes Har.
Dann hebt der letzte Sonnenstrahl
Sich ab vom grün umrankten Hügel,
Und alle Höhn und jedes Thal
Bedeckt der Mainacht lauer Flügel. –

Das zweite Bild ist buntrer Art,
Das spielt im Thal, wo's längst schon dunkelt,
Doch schon von fernher weit gewahrt
Man's hell durchtönt und lichtumfunkelt.
Ein Wirtshaus steht am Uferrand,
»Zur schönen Aussicht« ist's genannt,
Warm ist die Nacht, die Luft so labend,
Und Pfingsten ist's, und Tanz am Abend.
Von drinnen schallt der Fidelbogen,
Der Brummbaß schnurrt den Takt dazu,
Hei, was da Bein' und Röcke flogen,
Und durchgetanzt ward mancher Schuh!
Und draußen unter grünen Bäumen,
Die heut nicht schlummern und nicht träumen,
Sitzt unsre wohlbekannte Schar,
Die Wandervögel, Musensöhne,
Schickt ihrer Lieder frohe Töne
In's Blau des Himmels, sternenklar.
Ihr wißt, beim kühlen Maienwein
Muß auch ein Lied gesungen sein:

Pfingsten ist gekommen,
Grün bergauf, bergab,
Nun zur Hand genommen
Hut und Wanderstab!

Nun mit Maien kränzt euch,
Schmücket und beglänzt euch,
Singt und feiert auf das Best'
Frühlings Maienfest!

Grüne Zweige prangen
Froh vor jeder Thür,
Ros'ge Mädchenwangen
Lauschen draus herfür.
Frühlings Ruf kommt mahnend.
Herzlein träumen ahnend
Heimlich unterm Maienbaum
Ihren Maientraum.

Frohe Wandergrüße,
Flieget nur voraus!
Tragt mich, leichte Füße,
Nachts zum Waldeshaus!
Laub und Zweige deckt mich,
Bis am Morgen weckt mich
Der mein Schlummerlied auch schuf:
Nachtigallenruf!

Pfingsten ist gekommen,
Goldne Blüthezeit!
Rings in Glanz verschwommen
Liegt die Erde weit.
Liebe und Lust erneun sich,
Erd' und Himmel freun sich
Ueber Jugend, Gruß und Kuß,
Freudigsten Genuß!

Da geht's mit Surren und mit Schwirren
Mit Einemmale durch die Zweige,
Als wollte sich das Laub verwirren,
Als ob erathmend niedersteige
Der ganze Frühlingsrausch und Duft,
Sich breitend durch die stille Luft.
Das macht, Waldmeisters ganze Schar
So eben angekommen war,
Dazu auch von Johannisberg
Der ganze Troß, Kobold und Zwerg.
Doch Brennnessel und Neckarwein
Die schweifen suchend noch allein,
Und finden endlich ihre Beute,
Den Kaplan, ihn zu strafen heute.
Der wandelt langsam und gemessen
Am Rheinesufer unterdessen,
Er weiß nicht ob er's wagen soll,
Dort in der Menschen Kreis zu treten,
Bald zieht's, bald hält's ihn fest mit Groll,
Der Aermste bangt in tiefen Nöten!
Denn wohnt nicht dort der lange Freund,
Der heute von ihm fortgezogen?
Sitzt dort die Schar nicht, die vereint
Ihn hat um seine Ruh betrogen?
Und doch, kaum kann er widerstehn!
Von unsichtbarer Macht gezogen,
So scheint es, muß er weiter gehn,
Und was ihn treibt, was ihn bewogen,
Kann er nicht finden, nicht verstehn.
Und dennoch geht er, und steht dicht
Mit ernstem, prüfendem Gesicht
Vor seiner Feinde lust'gem Chore,
Vernimmt mit halb unwilligem Ohre
Den Liederklang, das bunte Treiben.
Jetzt sehn sie ihn. Sie springen auf,
Und dringen in ihn allzuhauf,
Ihr Gönner und ihr Freund zu bleiben.
Er widerstrebt, sie dringen heftig,
Und rücken freudig und geschäftig
Die Plätze um den Tisch zusammen:
Sie reichen ihm in grünem Glase
Des Maienweines milde Flammen,
Und sind vor Freuden in Ekstase
In ihrem Kreise ihn zu sehn.
Um seinen Willen ist's geschehn.
Er bleibt, er nippt, er klingt mit an,
Sie nennen ihn den bravsten Mann!
Und wie er neulich erst gescholten,
Verwünscht des Hauses Gastlichkeit.
Wie wird ihm Alles nun vergolten,
Halb ist's ihm Lust, halb ist's ihm Leid!
Und wie er jüngst geschmäht die Jugend,
Als nur nach eitlem Tande lugend,
Wie konnt's in aller Welt geschehn,
Daß er in ihrem Kreis zu sehn?
Und seht, des Maienweines Duft
Vergessen macht er nun die Kluft,
Die einst ein dumpfer Wahn gezogen.
Es schwellen nun der Freude Wogen,
Die Luft erbebt von Jubelklängen,
Von freudig strömenden Gesängen.
Der Schwarze singet mit im Kreise
Vergnügt den Rundreim und die Weise,
Und wem der Rundreim sonst behagt,
Mag mit ihn singen unverzagt:

Berg um Berg, und Thal inmitten,
Lied der Lust gesellt,
So mit rüst'gen Wanderschritten
Schau ich mir die Welt.
Abgeschafft sind alle Sorgen,
Sollen's ewig seyn,
Morgen kommt ja erst das Morgen,
Doch das Heut ist mein!

Klarer Tag aus goldner Truhe
Giebt mir heitren Sold,
Und umbuscht von Schattenruhe
Bleibt die Nacht mir hold.
Wanderschaft, du ew'ge Quelle
Reinster Lebenslust,
Läutre mir mit klarer Welle
Lange noch die Brust!

Dampf der Städte laß ich liegen,
Straßen dumpf und toll,
In den blauen Himmel fliegen
Möcht' ich jubelvoll!
Alles winkt willkommnem Gaste,
Quell und Felsenwand,
Wo ich wandre, wo ich raste
Bin ich gleich bekannt.

Und so lang noch Lebenstriebe
Froh sich mir gesellt,
Will ich lieben diese liebe
Wunderschöne Welt!
Wollt ihr goldne Schätze heben,
Zeig' ich sie euch ächt,
Denn die Jugend und das Leben
Und der Tag hat recht!

So geht das Lied, so geht der Ton,
So geht die lust'ge Weise hin,
Und wie die erste ist entflohn,
Schickt sich die andre zum Beginn.
Die sang ein Bursch von frischem Wut,
Der trug ein Röslein auf dem Hut,
Und was er sprach, und was er sang,
Mit wonnig heller Stimm erklang.
Und ward das Aug' ihm etwa feucht,
Das Thränlein ward vom Licht verscheucht.
Und wenn der Rundreim euch behagt,
Sollt ihr ihn singen unverzagt:

So sei mit Gott gegrüßet
Viel hundert tausendmal!
Der Frühling weht und sprießet,
Und ruft mit Klang und Schall.
Das läßt mich nicht im engen Haus,
Nun fahr ich in die Welt hinaus.
Das Thränlein, das da fließet,
Schwellt nicht der Ströme Zahl!

Wohl uns, daß wir uns scheiden,
Dieweil wir frisch und jung,
Dieweil für alle Leiden
Des Trostes noch genung!
Nun bleibt in alle Ewigkeit,
Wohl durch die Welt, so groß und weit,
Der Jugend Glück uns beiden
Ein frischer Labetrunk.

Und wirst du einst erglühen
Von neuem Wonnestrahl
In deinem Kranz erblühen
Die Knospen dann zumal.
Sie waren mir ein theures Gut,
Drum hege sie in treuer Hut.
Ade, nun laß uns scheiden,
Ade zum Letztenmal!

So geht das Lied, so geht der Ton,
Geflügelt schwebt die Weise hin,
Verklungen kaum, und kaum entflohn,
Schickt sich die andre zum Beginn.
Die sang ein Bursch, der haßte nichts
Als eitlen Gram und Sorgen.
Sein Wahlspruch: Biegt sich's nicht, so bricht's,
Fehlt Geld, so muß man borgen!
So hört, und wenn er euch behagt,
So singt den Rundreim unverzagt:

Nun fahrt mir Alle aus dem Sinn
Mit Klagen und mit Quälen,
Ihr bringt nicht Trost mir, noch Gewinn:
Will Bessres mir erwählen!
Nun werd' ich nichts mehr als ein Lump,
Voll Wanderlust und Leben,
Aus eurem Moderbrunnen pump'
Ich niemals Saft der Reben!

Vergeß ich heut in dem Revier
Die Welt mit ihren Wegen,
Grüßt aus dem Becher doppelt mir
Die ganze Welt entgegen.
Und wandr' ich ein in jenes Thal,
Bin ich zu Haus auch drüben,
Find ich nur Wein und Liederschall
Und Mädchen so wie hüben.

Ja scheltet mich, ihr klugen Herrn,
Mit hochgelahrten Nasen!
Ich gönne eure Weisheit gern
Den alten Muhmen und Basen.
Ich sag's euch grade in's Gesicht,
Ihr seid zerfreßne Bücher,
Und riechet doch die Weisheit nicht,
Ihr hochwohlweisen Riecher!

Die freie Welt ist nun mein Haus!
Gegrüßt an meiner Schwelle,
Wer mit mir ziehet ein und aus,
Er sei mein Lustgeselle.
Ein ächter Lump zieh ich herum,
Und scheint euch das geringe,
So scheer ich mich den Teufel drum,
Und wandre frei und singe!

So geht das Lied, so geht der Ton,
Geflügelt schwebt die Weise hin,
Verklungen kaum und kaum entflohn,
Schickt sich die andre zum Beginn.
Die sang ein Bursch mit ernstem Blick,
Wenn oft auch froh und heiter,
Der kannte wohl ein größres Glück,
Ein Streben, höher, weiter.
Der denkt dem Jugendmut, dem frischen,
Ein kräftig Wort auch einzumischen,
Er hebt das Glas, des Jubels Reigen
Wird plötzlich still, die Andern schweigen,
Und horchen ruhig seinem Sange,
Der tief erklingt mit ernstem Klange:

Wo sich zum Rheinesstrome
Die Hügel ziehn hinab,
Zu Mainz im alten Dome
Da ist ein Sängergrab.
Dort unterm Stein zu schauen
Liegt Heinrich Frauenlob,
Der um die holden Frauen
Des Sanges Goldnetz wob.

Weil er so hold gesungen,
So treu bis an den Tod,
Sein Lied sich hingeschwungen
Wie letztes Abendroth,
Da war ein großes Klagen,
Da haben All' geweint,
Und ihn zu Grab zu tragen
Die Frauen sich vereint.

Ob sie im Prachtgetose
Auch kam, die Kron' im Har,
Ob an der Brust die Rose
Der einz'ge Schmuck auch war:
Den ich den schönsten wähne,
Der Schmuck war demutsvoll:
Die treue Mitleidsthräne,
Die still dem Aug entquoll.

Sie trugen zum Heiligthume
Die vielgeliebte Last,
Und streuten manche Blume
In seine stille Rast;
Und schütteten der Reben
Viel edle Tropfen drauf,
Ihm blühten, wie im Leben,
Im Tod noch Rosen auf.

Den Lohn, der ihm beschieden,
Dem Sänger, preis' ich hoch,
Doch Eins weiß ich hienieden,
Das nenn' ich schöner noch.
Das möcht' ich mir erstreben,
Das sei mein Hochgewinn,
Wenn ich geschafft im Leben
Mit edlem Männersinn:

Wenn von der Jugend Zungen
Mein Lied einst hell erklingt,
Wenn voll Erinnerungen
Man mir den Becher schwingt;
Wenn es in Lust und Schmerzen
Ertönt mit Mark und Kraft:
Er hat mit treuem Herzen
Für's Vaterland geschafft!

So geht mit rauschend vollem Ton,
Geflügelt geht die Weise hin,
Verklungen kaum, und kaum entflohn,
schickt sich die andre zum Beginn.
Und zürnet ihr dem vielen Singen?
So wart ihr selber niemals jung,
Und wißt nicht, wie der Freude Schwingen
Das Lied erst bringt in rechten Schwung.
Das Letzte hört. Das sang 'ne Kehle,
Die mochte niemals trocken sein.
Von ihrer Lust, von ihrer Pein
Hört selber was sie euch erzähle.
Und wem das letzte Lied behagt,
Stimm in den Rundreim unverzagt:

Das war zu Aßmannshausen,
Wohl an dem grünen Rhein,
Da zog ich frisch und wohlgemut
Zum alten Thor hinein.
    Zu Aßmannshausen wächst ein Wein,
    Ich meint' das müßt' der beste sein,
    Der Aßmannshäuser Wein.

Und als ich kam zum Niederwald,
Da sah ich Rüdesheim,
Da war's so lustig und so schön,
Ich meint' ich wär daheim.
    Zu Rüdesheim da wächst ein Wein,
    Ich meint' das müßt' der beste sein,
    Der Wein von Rüdesheim.

Und weiter ging's nach Geisenheim,
Da baut' ich Hütten gern!
Doch schon erglänzt Johannisberg –
O aller Sterne Stern!
    Ja tröste dich, du armer Wicht,
    Johannisberger schenkt man nicht,
    Als nur besternten Herrn!

Nun sagt mir Eins, ist das wohl recht
Von dem besternten Troß,
Daß er den allerbesten Wein
Dem durst'gen Mund verschloß?
    Das Beste das im Lande wächst,
    Verschließen, gleich als wär's verhext –
    Ei, was mich das verdroß!

Und gebt ihr nicht das Beste gleich,
Das Gute bleibt uns noch,
Die bess're Sorte zögert nicht,
Das Beste kommt uns doch!
    Drum trinket bis kein Tropfen mehr.
    Zuletzt muß doch das Beste her,
    Durst sprengt des Fasses Joch! –

Da plötzlich ist's in Ast und Blättern
Ein Drängen, Stolpern und ein Klettern,
Die beiden Führer halten kaum
Die Geistertruppen all' im Zaum.
Jetzt los! Jetzt los! ruft von den Zweigen
Die Koboldschar, tanzt euren Reigen!
Halt! kommandiret Neckarwein,
Halt! stimmt auch Brennnessel mit ein.
Seht ihr den Gastwirt dort, den dicken,
Mit ewig schmunzelnd schlauen Blicken?
Es strahlt auf seinen runden Wangen
Der Purpurnase Alpenglühn,
Niemals noch ist ihr Glanz vergangen,
Ein ewig funkelnder Rubin.
Und drunter, schnalzend, gar der Mund
Gibt eine Welt von Wohlsein kund.
Von Neuem hat er jetzt gebraut
Von unsres Prinzen Lieblingskraut,
Getaucht in Rheinwein, eine Schale,
Erwartet bis man sie geleert
Und dränget nicht mit Einemmale,
Laßt sie ein Weilchen ungestört.
Dann langsam, immer Zwei und Zwei,
Hüpft ihr hinab auf das Gelage. –
Hört nur! Das klinget ohne Frage
Gar schön, so bunt es immer sei!
Sie singen, klingen – zwei Mann vor!
Hinab! Brav so! – Der ganze Chor
Verspürt es gleich, noch Eins so munter!
Seht da, der Schauplatz wird schon bunter.
Es sammelt rings sich um den Tisch,
Ein aufmerksames Volksgemisch.
Die muntern Beine ruhn vom Tanze
Ein Weilchen aus, und stehn im Kranze,
Dem lust'gen Zechgelage lauschend.
Schon recht, schon recht! Zehn Mann hinab –
Das panscht gleich mitten in die Schale!
Nehmt euch in Acht – so! Jetzt im Trab!
Harmonisch läuten die Pokale –
Nun stoßt nur nicht – nun drängt nur nicht,
Nicht mehr als Zehn! – Du plumper Wicht
Liegst stolpernd wieder schon im Nassen!
Wer möchte sich mit Euch befassen! –
So kommandiret Neckarwein,
Brennnessel redet stets mit drein.
Jetzt aber, spottend dem Gebot,
Entfesselt stürzt die Truppenzahl
Herab vom Baum (o große Not!)
Und fliegt zum Kampf mit Einemmal.

Jetzt rauscht' und schwirrt's um den Kaplan,
Wie wird dir's gehn, o würd'ger Mann!
Er singt, er glüht wie eine Sonne,
Sein Auge glänzt verjüngt in Wonne.
Er nimmt die Schale vor den Mund,
Und leert sie kühn bis auf den Grund,
Wirft seine Kappe mit Entzücken
Hoch in die Lust im Uebermut,
Und wirft sich selbst dem Wirt, dem dicken,
An's Herz, in heißer Freundschaftsglut.
– Jetzt kommt, sie hat davon gehört,
Frau Ursula herbei, verstört.
Und kaum erblickt sie der Kaplan,
So saßt er hüpfend sie am Arme,
Und fängt mit ihr zu tanzen an,
Umkreischt, umjubelt rings vom Schwarme.
Die Alten schütteln wohl das Haupt:
Ei, ei, wer hätte das geglaubt!
Der würd'ge Herr, er hat sich heute
Auch was geholt, wie andre Leute!
– Und aus dem Fenster auf's Getümmel
Mit höchst mißbilligendem Blick,
Schaut unser alter Freund, der Lange.
Fast wird ihm um den Schwarzen bange,
Er preist sich glücklich, dankt dem Himmel,
Daß er beizeiten ging zurück, –

Doch siehe, als des Lärmens Toben
Fast schon erreicht den höchsten Gipfel,
Erscheint mit seinem Hofstat oben
Waldmeister in des Baumes Wipfel.
Was geht hier vor? Die Dienerschar
Hat heut gelöset alle Bande!
Bald wird das wilde Bild ihm klar,
Doch däucht's ihm wüst, es däucht ihm Schande.
Sein schönes Fest däucht ihm entweiht,
Er zürnt, doch schwer ist nun zu steuern
Der wilden Ausgelassenheit,
Und immer heftiger erneuern
Die Scharen ihr gefährlich Spiel.
Jetzt wird's zu arg ihm und zu viel.
Es seufzt bedauernd Rebenblüthe
Und Gundermann vor Zorne sprühte.
Wachholder gar, der Haushofmeister,
Die Blume anstandsfroher Geister,
Nimmt eine Prise Blüthenstaub,
Bei all dem Lärm wünscht er sich taub.

Fort, wilde Schar! Waldmeister ruft,
Und ziehe wie ein Traum vorüber!
Verwehe durch die Abendluft,
Ein Truggesicht! Es breite drüber
Der dunkle Flügel sich der Nacht,
Und wenn am Morgen dann erwacht
Die Sterblichen, so leb' im Innern
Des Herzens nur ein sanft Erinnern!
Ihr aber, toll durchtriebne Scharen,
Mögt euch vor künft'ger Strafe wahren
– Genug! Siehst du von Cynthias Kranz
Des Thaues helle Tropfen sinken?
Die Welt will unterm Sternentanz
Still aus des Traumes Schale trinken.
Bleib ihr die Ruh zum Eigenthume!
Doch hörst du, meine Rebenblume,
Hörst du? Noch einmal tönt empor
Ein Lied von Jenen, die am Morgen
Uns sangen den Vermälungschor,
Glücksel'ge Schar, noch ohne Sorgen!
Zieh hin, und singe immer zu,
Jedweden goldnen Tag zur Ruh!
Doch wir – versammelt sind die Gäste,
Geliebte, komm zum frohen Feste.

– Im Keller zu Johannisberg
Hat brav geschafft Kobold und Zwerg.
Und alles ist geputzet,
Gescheuert und gestutzet,
Fünfhundert Stückfaß in die Rund,
Tief in des Felsgewölbes Grund.
Der ganze Hofstat ist erschienen,
Mit allen Anverwandten,
Dazu auch mit vergnügten Mienen
Die Herren Abgesandten.
Man jubelt, tanzt im Mondenschein
Zum Kellerloch hinaus, hinein;
Und draußen auf den grünen Ranken,
Die wiegend nächt'ge Kühle tranken;
Und drinnen, wo im Dämmerdunkel
Erglänzet Purpurgoldgefunkel.
Der Himmel, wie ein Römerglas,
Gewölbet und herabgebogen!
Die Sterne, schäumend goldnes Naß,
In tausend Tropfen angeflogen!
Der Rheinstrom im Vorüberrauschen
Der Lust auch seinen Gruß gesellt,
Der möchte seinen Wein nicht tauschen
Für alle Herrlichkeit der Welt!
O wundervolle Tanzmusik!
Es sang der Nachtigallen Chor
Ein funkelneues Hochzeitstück,
Und Lust und Leben sind in Flor.
Waldmeister glüht und sprüht von Witz,
Ich glaub', es nippte sich beim Tanze
Selbst die Prinzessin einen Spitz,
Sie strahlt in gar so heitrem Glanze!
Und auch der Mond sieht's mit Behagen,
Als möcht' er seiner Himmelswürde
Auch heute wohl ein Schnippchen schlagen,
Und von sich werfen seine Bürde.
Und ich zu all dem edlen Wein
Möcht auch wohl Gast gewesen sein!


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