Julius Rodenberg
Ein Herbst in Wales
Julius Rodenberg

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Pennillion der Liebe.

                                        1.
Die Harfe, die an Howel's Herzen lehnt,
Klingt süß von Dem, wonach es still sich sehnt:
Wie würd' das meine schlagen laut vor Lust,
Ruht' es, der Harfe gleich, an Howels Brust!

                                        2.
Dein Wuchs, Dein Antlitz, Dein Aug' und Deine Hand,
Die brachten mich um den Verstand.
Sag' Deinen Lippen, die so lieblich küßen und singen,
Daß sie recht bald ihn mir wiederbringen!

                                        3.
Ach, der Sehnsucht tiefer Schmerz,
Sehnsucht quält und bricht mein Herz;
Nachts, wenn süßer Schlaf bedeckt mich,
Kommt die Sehnsucht und erweckt mich. –

                                        4.
Einen hübschen Burschen den hatt' ich einst lieb. –
Zu einer Andren sein Herz ihn trieb,
Doch diese hat ihres schon verschenkt –
Wir haben uns alle drei recht gekränkt. – 228

                                        5.
Eine hier und Eine dorten –
Ach, die Eine aller Orten!
Eine, die bei Tag mir kaum
Meinen Gruß erwidert hätte,
Kommt bei Nacht wol an mein Bette . . . . .
Freilich, freilich nur im Traum!

                                        6.
Wenn noch Dein Zweifel an meiner Lieb' nicht schwand,
So leg' auf meine Brust Deine liebe Hand.
Doch rühr' sie leise an, daß du die Schmerzen
Nicht noch vermehrst, die ich schon trag' im Herzen.
Ja, rühr' sie leis an und denk' dabei still:
So schlägt ein Herz, wenn es brechen will!

                                        7.
Jeder hat zuletzt sein Ziel –
Und so gilt mir's denn gleichviel.
Ob durch Krankheit ich verderbe,
Oder an der Liebe sterbe.

                                        8.
'S ist eine Pein, verliebt zu sein,
Und eine Pein, zu mißen diese Pein –
Jedoch die größte Pein des Lebens
Das ist zu lieben und zu lieben vergebens!

                                        9.
Deine süßen Lippen, Betsi mein Schatz,
Sind gleich rothen Kirschen, den quellenden.
Und Deine Brüste, Betsi mein Schatz,
Gleich Wiesen, den üppig schwellenden.
Doch unter dieser Schönheit, weich und fein,
Da liegt ein Herz, so hart wie Kieselstein. 229

                                        10.
In meiner Brust ist der Liebe Feuerheerd.
Mein Herz ist die Kohle, die das Feuer nährt;
Und eh' die Kohle nicht als Asche modert,
Hat auch in mir die Glut nicht ausgelodert.
Der Blasebalg ist meine Treue –
Sie facht die Flamme immer an aufs Neue.
Was Wunder – daß sie mir zu Kopf zu steigen beginnt,
Bis mir das warme Waßer aus den Augen rinnt?

                                        11.
Wie lieb' ich Deiner Augen holden Schein!
Quecksilber kann nicht flinker sein;
Sie funkeln unter Deinen Flechten,
Wie blinzende Sterne in Sommernächten.

                                        12.
Wär' ich beim Glück recht wol gelitten,
Um Macht und Reichthum wollt' ich doch nicht bitten.
Um frisch Gesicht bät' ich und fröhlich Blut
Und um ein Lieb, das mir am Herzen ruht.
Schönheit ist zu kaufen und zu miethen,
Reichthum kann ich erwerben, auf Land kann ich bieten.
Doch seine Holde halten treu und fest:
Das ist ein Glück, das sich nicht kaufen läßt.
Eine Holde weiß ich – ach, eine Wunderholde!
Ich kann sie nicht kaufen mit Silber und mit Golde;
Sie ist's, die mich bei Tag so träumrisch macht,
Und die mich aus dem Traum weckt in der Nacht.

                                        13.
Mein Schatz ist wie das blühende Jahr;
Der Stolz und die Perle der Mädchenschaar.
Aprilschauer, Maiduft sind in ihr vereint
Die Sonne lacht, wenn sie auf sie scheint. 230

                                        14.
Wie oftmals hab' ich bei mir gedacht:
Wär' meine Brust aus Glas gemacht,
Damit mein lieber Schatz erkennt
Daß meine Liebe wie ein Feuer brennt.
Ach, da ist ja kein Mädchen von allen,
Das von Gesicht mir thut gefallen,
Das solche Augen hätte, wie Du hast
Und in Gestalt so zu mir paßt.

                                        15.
Wie soll ich Dich haschen, Sonnenstäubchen?
Wie soll ich Dich fangen, Turteltäubchen?
Ach, wie soll ich es beginnen
Um Dein Herzchen zu gewinnen?
Sag mir's, sag mir's liebes Weibchen.

                                        16.
Ach, gib mir einen Blick – nur einen!
Ach, gib mir einen Kuß – nur einen!
Ich will Nichts von Dir haben, Dir Nichts thun
Nur einmal möcht' ich Dir am Herzen ruhn!

                                        17.
Aus des Diebes Schlupfloch holen
Darf ich Sachen, die mir fehlen:
Weil Du mir mein Herz gestohlen,
Werd' ich Dir das Deine stehlen! –

                                        18.
Sag, Freund, warum wird mir so heiß?
Sag, warum sich mein Schatz so ziere,
Und wer zuletzt erhält den Preis:
Sie – die gewinnt, ich – der verliere? 231

                                        19.
Wie gleicht ein liebend Mädchen, das da schmollt
Dem ungezognen Buben, welcher grollt
Und schreit, wenn man ihn zwingen will zum Eßen –
Er wehrt sich und – verschmachtet fast indeßen!

                                        20.
Sei gut und freundlich, liebes Kind,
Und höre, was dein Liebster spricht:
Ich weiß es wol, daß Niemand blind
Für Dein liebreizend Angesicht.
Ich sehe wol, es frei'n um Dich
Viel Leut', die reicher sind als ich.
Doch ob auch arm an Geld und Gut,
So hab' ich dennoch frohen Muth.
Was Geld und Gut ist, kann vergehn,
Doch Eins, das weiß ich, muß bestehn:
Die Lieb', die nicht nach Schätzen frägt,
Da sie den größten in sich trägt.
Und wenn Du willst die Meine sein,
Sei dieser Schatz zur Hälfte Dein!

                                        21.
Komm, liebes Mädchen, Theuerste von Allen!
Komm, leb' mit mir – es soll Dir wol gefallen.
Die Engel nur, die unser Glück beneiden,
Die soll'n uns nahn, um uns dereinst zu scheiden!

                                        22.
Nimm meine Hand und gib Du mir die Deine,
Gib mir Dein Wort, ich gebe Dir das meine.
Nimm Alles, was ich wünsche, was ich denke,
Und gib für mein Herz Deins mir zum Geschenke! 232

                                        23.
Sonn' und Mond gehn hin und her
Und in ew'gem Wandertriebe
Fliegt der Wind und rollt das Meer:
Aber fest steht meine Liebe!

                                        24.
Den Mädchen allen groß und klein
Soll mein Gesang ertönen;
Doch Einer gehört mein Herz allein
Der Lieben und der Schönen.

Ihre rothen Lippen gleichen an Glanz
Den rothen Blumen des Kornes;
Ihre kleinen Augen die scheinen ganz
Wie Blüthen des Hagedornes.

Wo fändet Ihr solch volles Bein
Bei allen Schönen der Sachsen?
Wo ist so schlank, so zierlich und fein
Ein irisch Mädchen gewachsen?

                                        25.
Frühling ist der Liebe Zeit.
Alles macht er ihr bereit,
Führt sie in des Waldes Schoß,
Deckt ihr Lager ganz mit Moos;
Daß kein Horcher ihr schleich' nach,
Schließt den Wald er hundertfach,
Hier mit Tann' und Haselwand,
Dort mit Strauch und Birkenstand.
Daß kein Mensch ihr Flüstern höre,
Schrein der Frösch' und Vögel Chöre,
Daß kein Mensch sieht, was sie thu'
Deckt er sie mit Schatten zu! 233

                                        26.
Eh' ich meine Liebste wieder seh'
Muß brechen das Eis und muß schmelzen der Schnee,
Muß grünen die Flur und Maßliebchen blühn,
Muß singen der Kuckuck in Waldesgrün.
Doch Eins wird unverändert sein:
Mein Herz das Dich liebt und das ewig Dein!

                                        27.
Schwer und traurig sinkt der Stein,
Rollt er in den See hinein;
Unter Sorgendruck erschlafft
Mälig auch des Mannes Kraft.
Doch das allergrößte Leiden
Ist zu lieben und zu scheiden!

                                        28.
Sollt' ich Lebewol ihr sagen,
Ach – ich wollte doch nicht klagen.
Bitten wollt' ich nur das Eine:
Himmel, schütze sie, die Reine!
Und was Du mir auch beschieden:
Gib ihr Freude, gib ihr Frieden!

                                        29.
Sieh jenes Schiff! – die Segel sind
Gespannt, nach Irland treibt's der Wind.
O, Engel vom Himmel, steht am Steuer –
Denn mit dem Schiff geht Alles, was mir theuer!

                                        30.
Ueber die See ist mein Herz geflogen,
Ueber die See meine Sehnsucht schwebt –
Ueber die See ist die gezogen,
Die in meinen Gedanken lebt! 234

                                        31.
Süßen Honig durft' ich einst nippen
Nach Herzenswunsch von Deinen geliebten Lippen.
Ach – daß ich Dich habe laßen müßen!
Solche Lippen werd' ich niemals wieder küßen.

                                        32.
Ich mag nicht zu Bett gehn. Mein Bett ist leer –
Die Eine, die ich liebte, schläft darin nicht mehr.
Ich lege mich aufs Grab, das man ihr gemacht,
Sie schlummert heute drin die erste Nacht. 235

 


 


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