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An den Quellen des Buenaventura.

In der Entfernung, welche die Indianerin angegeben, öffnete sich ein kleines Thal in die Sierra de los Patos, das die Quellen des Buenaventura enthält.

Das Thal war nach Osten zu offen, somit geschützt gegen die Nordwinde der Rocky Mountains, und bot alle Lieblichkeit der Vegetation dieser Zone von Mexiko, die ungefähr der der Kanarischen Inseln und des nördlichen Ägypten entspricht.

Der üppige Wuchs des Ahuehuetl, einer Art Ceder, verkündete schon in der Nähe des Thals das Wasser. Zwischen den mächtigen Ästen der Korkeiche schlangen sich in bunten Festons die Lianen, von den spitzen Zweigen des Mezquito flötete die mexikanische Nachtigall, während die Chachalucas, die blaue Elster, über den rasigen Grund hüpfte und der Huaco und Choyero mit ihrem Schrei die Anwesenheit der grünen Schlange, seiner gehaßten Feindin, verkündete.

Ein stattlicher Venádo Der mexikanische Hirsch. nahte sich eben in kurzen spielenden Sprüngen der Quelle, wie ein Gourmand der Wildnis, der den kühlenden Trank recht am Ursprung genießen will, als er plötzlich zurückprallte, das Geweih in den Nacken warf und mit langen Sätzen in der Richtung zurückgaloppierte, aus der er gekommen.

Die Anwesenheit von Menschen an dem einsamen Ort hatte das edle Tier erschreckt.

In der That war die Quelle an diesem Abend, es war etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang, nicht einsam, ein kleines Feuer erhob seinen Rauch an dem blumigen Ufer des Baches, den die in hundert muntern Gerinnen aus den Spalten und Rissen einer mächtigen Felswand sprudelnden Quellen an ihrem Fuße bildeten. Sie bildeten den Ursprung des Flusses und trugen auch den Namen der Quelle des Buenaventura, da es, so viel bekannt, noch keinem menschlichen Wesen gelungen war, diese, wohl an 500 Fuß senkrecht aufsteigende Felswand zu erklimmen, und dann einem weitern Ursprung des Gewässers nachzuforschen.

Die drei Personen, die um das Feuer saßen, auf dem an dem eisernen Ladestock ein Hirschviertel briet, während der übrige Teil des Tiers in seinem Fell zum Schutz gegen etwa umherstreifende hungrige Coyoten an einem Baumast hing, waren Eisenarm, der Toyah und Master Brown der Yankee.

Trotz der natürlichen Reize des Thales hatte der Anblick desselben doch auch etwas Düsteres, Melancholisches.

Dieser Eindruck wurde durch die an der einen Seite des breiten, das Thal schließenden und die Wässer hervorsprudelnden Felsens liegenden, offenbar noch aus der aztekischen Zeit herrührenden Ruinen eines Tempels hervorgebracht, während sich auf der andern Seite eine Anzahl von regelmäßig geformten Hügeln an der Thalwand erhob, den Hünengräbern ähnlich, die in den nördlichen Ländern Europas vorkommen.

Neuere Forschungen haben es außer Zweifel gestellt, daß lange vor der Entdeckung von Amerika, schon im ersten Jahrtausend unserer neuen Zeitrechnung und vielleicht schon vorher in verschiedenen Teilen des amerikanischen Kontinents Kulturvölker lebten, deren Zustände und Bildungsstufe in vielen Beziehungen denen des alten Ägyptens nahe kamen. Namentlich ist es das ehemalige Reich der Tolteken, später der Azteken, jetzt Mexiko, das gewaltige Reste und Zeugen dieser verschwundenen Kultur aufweist.

Oft inmitten der wildesten Einöden, die für gewöhnlich nur der streifende Jaguar betritt, – denn selbst der eingeborene Indianer hält sich scheu davon entfernt und fürchtet die Geister längst vermoderter Geschlechter – trifft der Reisende oder der Jäger plötzlich auf die Trümmer ganzer untergegangener Städte, riesenhafter Tempel und Altäre, deren gewaltiges Steinwerk sich in pyramidalen Formen übereinander türmt und dem Zahn der Jahrhunderte getrotzt hat.

Ein solches Bauwerk, wahrscheinlich noch aus der Zeit der Tolteken herrührend, war die Ruine, welche sich an das eine Ende des Felsens lehnte. Altertumskundige würden an dem altarartigen, etagenförmigen Bau die Reste eines der Teocallis, einen der einem schrecklichen und blutigen Kultus geweihten Tempel erkannt haben, vielleicht gar einen, der dem furchtbaren Huitzilopochtli geweiht gewesen, dem Tausende von Menschenleben jährlich geschlachtet wurden.

Noch waren in einzelnen Steinresten umher die Wohnungen der finstern Priester zu erkennen, welche einst auf dem blutigen Altar das kupferne Messer auf die wehrlose Brust ihrer Schlachtopfer geschwungen und die zuckenden Glieder zerstückelt hatten, um sie der schrecklichsten Bestimmung, dem Mahl ihrer eigenen Mitmenschen, zu übergeben.

Und dasselbe finstere Geschlecht, das nach der geringsten Schätzung jährlich zwanzigtausend Menschen auf den Altären seiner Götter schlachtete, besaß die geordnetsten, wenn auch strengen Gesetze, pflegte Künste und Wissenschaften, in deren manchen es sich den spanischen Eroberern überlegen zeigte, und besaß Kenntnisse in Astronomie und Mathematik, die weit über die der Römer und Griechen hinausgingen.

Von dem allen wußten freilich die drei Männer, die jetzt in dieser Umgebung saßen, durchaus nichts. Der Yankee berechnete höchstens, was ihm die riesigen Quader einbringen könnten, wenn er sie auf dem Quai von New-Orleans oder Philadelphia lagern hätte, und Eisenarm dachte nur an die Zubereitung seines Hirschviertels.

Nur der Indianer warf von Zeit zu Zeit einen scheuen Blick auf die alten Ruinen, die sein Aberglaube mit den Schatten seiner Vorväter oder den bösen Geistern des dritten Himmels der alten aztekischen Religion bevölkerte.

Das Aussehen des jungen Comanchen hatte sich überhaupt auffallend verändert. Seine Wangen waren eingefallen, seine Augen tief eingesunken, von dunklen Rändern umgeben, und wenn er aus dem starren Schauen, in das er gewöhnlich versank, erwachte, von einem seltsamen unheimlichen Feuer belebt. Der Trapper hob oft während seiner Beschäftigung die seinen und warf einen besorgten, bedauernden Blick auf den jungen Freund.

»Nun, Jaguar,« sagte er, »das Fleisch ist gar, und einige tüchtige Schnitte mit einem gesunden Schlaf werden hoffentlich Deinen Muskeln die alte Kraft wiedergeben, damit Du bei dem morgigen Kampf wacker bestehst. Überlaß den Grauen Bär nur mir und halte Dich an einen seiner Gefährten, damit nicht etwa gar Unheil aus der Geschichte entsteht.«

»Makotöh hat den Vater Wonodongahs getötet,« sprach der junge Indianer, »er muß sterben von meiner Hand!«

» Caramba! ich zweifle auch keinen Augenblick, daß Du seiner zum zweitenmal Herr werden würdest, wenn Du noch der Alte wärst. Aber diese Teufel von Apachen müssen Dir seit einem Monat einen ihrer Zauber angethan haben, denn Du bist nicht derselbe mehr, der Du früher warst, und wenn nicht das Wort eines Häuptlings auf dem Spiel stände – – –«

»Wort hin, Wort her!« brummte der Yankee. »Ich kalkuliere, die ganze Geschichte ist eine Narrheit, und meines Vaters Sohn hat den Teufel keine Lust, für nichts und wider nichts seine Haut zu Markte zu tragen. Ich denke, Meister Eisenarm, es heißt Euren Kontrakt schlecht halten, daß Ihr Euch in allerlei Patschen führt und nun gar noch von mir verlangt, daß ich mich um irgend eines vor Jahren skalpierten Heiden willen, bloß weil er der Vater des Burschen da ist, morgen mit einem Apachen herumschießen soll.«

Der Jäger lächelte verächtlich. »Wenn Euch die Courage dazu fehlt, Meister Schielauge,« meinte er, »so könnt Ihr ja aus einem sichern Versteck zuschauen.«

»Gott verdamm! und zusehen, wie Ihr zwei von dreien totgeschlagen werdet und ich dann das Nachsehen habe! Wo soll ich endlich zu meinem Schaden und dem verschriebenen Golde kommen, wenn Ihr mausetot seid? Ihr hättet wenigstens erst Euren Kontrakt halten und mich an den Ort bringen sollen, den Freund José mir versprochen hat, dann hättet Ihr meinetwegen so viele Zweikämpfe ausfechten mögen, wie Euch beliebt.«

Eisenarm zerschnitt sehr ruhig das Fleisch mit seinem Jagdmesser. »Und wer sagt Euch denn, Meister Schielauge, daß Ihr nicht an dem Orte seid?«

Der Yankee fuhr wie von einer Feder geschnellt in die Höhe, aber er hielt die Worte für einen schlechten Scherz und setzte sich sogleich wieder nieder.

»Dummes Zeug!« brummte er. »Glaubt Ihr, daß ich mich nicht genug umgesehen in dem Thal? Aber es ist keine Spur von Goldsand selbst in dem Wasser, vielweniger ein Schatz, wie Ihr mir vorgefabelt. Selbst in dem alten Gemäuer da bin ich umhergekrochen und habe alles durchstöbert!«

»Nehmet Euch in acht,« sagte der Jäger, »der Jaguar dort könnte Euch wohl erzählen aus den Überlieferungen seiner Väter, daß keiner, der des Goldes wegen zwischen jenen Mauern gewesen ist, wieder das Licht der Sonne erblickt hat!«

»Zum Henker,« knurrte der Yankee, der sich furchtsam umsah, – denn das Thal begann sich bereits mit dunklen Schatten zu füllen, – »was soll das heißen, Mann?«

»Ich bin kein Gelehrter, Señor,« meinte der Jäger, »und kenne wenig anderes von der Geschichte dieses Landes, als was die Überlieferungen der Comanchen berichten und was hin und wieder ein weißer Jäger erzählt hat, der besseren Unterricht in den Städten genossen, als ich. Aber was ich sagen will, ist das. Vor alten Zeiten, ehe die Spanier von jenseits des Meeres in dieses Land kamen, hat es seinen Fürsten niemals an Gold gefehlt, denn sie allein und wenige Priester kannten den Ort, wo es frei aus dem Schoße der Erde gequollen ist und noch heute in ungemessener Fülle liegt, obschon Jahrhunderte lang aus diesem Brunnen geschöpft worden ist. Jaguar,« unterbrach er seine Erzählung, »Mann, was starrst Du so seltsam ins Feuer und hältst Dein Stück Fleisch in der Hand, ohne hineinzubeißen?«

»Hugh! – Es ist – ich dachte – –«

»Was dachtest Du?«

»Daß diese Flamme nichts ist gegen den Glanz ihrer Augen! Ein armer Indianer hört die lockende Stimme des Geistes der Gewässer und die Wellen rauschen um ihren Leib, schlank wie die Ceder!«

Der Jäger schüttelte traurig den Kopf. »Die schlimmen Hexen, die diesen Ort bewohnen, verwirren Dein Gehirn, Jaguar! Wenn Du nicht ein Heide wärest, würde ich Dir raten, ein Kreuz zu schlagen und drei Aves zu sprechen. So kann ich Dir nur sagen, reiß' Dich los von all den Träumereien, und denk' an den Grauen Bären, der Deinen Vater erschlug, das wird Dein Blut wieder gehörig kreisen machen!«

»Erzählt weiter, Master Eisenarm,« drängte der Yankee, der begierig näher zu ihm heranrückte.

»Ich denke,« fuhr der Jäger fort, ohne auf die Bitte zu achten, »wenn er den blutigen Schurken morgen erst zu Gesicht bekommt, wird all die Hexerei, die ihn jetzt seit Wochen befangen hält, schwinden wie der Nebel vor der Sonne. Deshalb freue ich mich, daß der Tag endlich da ist, und daß es zu einem tüchtigen Gefecht kommen wird. Ich kenne den Jungen und weiß, daß er dann wieder der Alte sein wird! Aber um Euch weiter zu erzählen, Meister Schielauge, die großen Kaziken dieses Landes sandten nach den Überlieferungen alle Jahre an einem bestimmten Tage hundert Sklaven nach der Goldhöhle, und sie mußten jeder seine Last dort aufnehmen und herausschaffen.«

»Hundert Mann, wißt Ihr, Eisenarm, was das macht?«

»Ich verstehe Euch nicht!«

»Hundert Mann, von denen jeder mindestens seine hundert Pfund Gold tragen kann – o Jupiter! – das sind zehntausend Pfund reines gediegenes Gold! Das wären mindestens fünf Millionen Dollars, und wenn ich bedenke, daß sie ebenso leicht noch fünfzig Pfund mehr tragen konnten –«

»Zum Henker mit Eurem Gewäsch, Mensch!« unterbrach Eisenarm unwillig die Berechnung. »Was kümmert's mich, was die armen Schelme haben schleppen können, wenn sie ihr Leben dafür lassen mußten.«

»Ihr Leben?«

» Caramba! viel anderes hatten sie sicher nicht! Genug, die Träger des Goldes sind jedesmal, sobald sie ihre Last abgeliefert, von den Priestern auf jenen Steinen geschlachtet worden, damit sie niemandem wiedererzählen könnten, wo die Goldhöhle sich befindet, und ihre Geister sind es, welche nach der Sage der Indianer dieses Thal bewohnen sollen, während ihre Gebeine unter den Hügeln ruhen, auf denen wir sitzen.«

Der Yankee sprang unwillkürlich nochmals auf und sah sich mit einem gewissen Grauen um. Dann nahm er seinen Rock, den er einige Schritte weiter niedergelegt hatte, auf und zog ihn an.

»Die Sonne ist unter,« sagte er wie seinen Schauder entschuldigend, »und es wird kühl hier. Aber was redet Ihr doch, Meister Eisenarm, wenn überhaupt die ganze Geschichte keine alte Weibermähr ist, daß die Sklaven auf jenen Steinen geschlachtet worden wären, ein Schicksal, das sie für ihre Dummheit, sich nicht bei Zeiten mit dem Gold aus dem Staube zu machen, redlich verdient hätten!?«

Der Trapper nickte. »So sagte ich. Ihr könnt noch auf den Steinplatten die Blutrinnen eingehauen sehen, wenn Ihr Euch die Mühe nehmen wollt, das Moos und die Flechten abzukratzen!«

Die Augen des Yankee funkelten. »Aber dann, Mann, was sprecht Ihr da? dann wäre dies ja der Ort, wohin sie das Gold gebracht haben?«

»So scheint es!«

»Und – und – dann könnte das Goldlager – das unermeßliche Lager, dem zehntausend Pfund keinen Abbruch thun, unmöglich weit entfernt sein?«

Der Habsüchtige zitterte vor Begier.

Der Trapper hob die Hand und deutete auf den nächsten Baum, aus dessen Gipfel eben ein Vogel sein eigentümliches Pfeifen hören ließ.

»Könnt Ihr hören?«

»Ich höre die Stimme,« sagte der Indianer, »sie klingt wie der schmelzende Schlag der Cenzontle und tobt, wie der Wasserfall – ich höre sie Tag und Nacht in meinen Ohren und ihr Laut ist: Blut!«

»Zum Teufel mit dem Narren!« rief der Yankee, »muß sein Gewäsch das Gespräch ernster Männer unterbrechen? Was meintet Ihr mit dem Vogel, Freund Eisenarm?«

»Ich bin nie Euer Freund gewesen, Meister Schielauge,« entgegnete dieser, »sondern nur durch unsern Kontrakt Euch verbunden. Es ist der Choyero, wenn Ihr es wissen wollt!«

»Der Choyero?«

»Ja, und nicht einen Choyero, sondern ihrer zwanzig müßt Ihr schon in diesem Thale gehört haben, seit der Zeit, die wir hier sind!«

»Aber was kümmert mich der läppische Vogel, wenn –«

»Der Choyero hält sich nur da auf, wo die grüne Schlange, sein Todfeind, haust!«

»Ich habe des Gewürms genug umherhuschen sehen!«

»Und dort oben giebt es ihrer noch mehr,« sagte der Trapper, nach der Felswand deutend. »Ihr seid ein armseliger Gambusino, Meister Schielauge, wenn Ihr nicht wißt, daß die grüne Schlange die Anwesenheit des Goldes verkündet!«

»Heiliger Himmel! so wäre es wahr? Ihr betrügt mich nicht, wir wären wirklich an dieser Stelle in der Nähe der Goldhöhle – in der Nähe meines Goldes –?«

»Ihr könnt morgen schon, wenn der Kampf für uns günstig ausgefallen ist. Eure Hand darauf legen, vorausgesetzt, daß Ihr den Mut und die Kraft habt, den Weg, der noch zu machen ist, zurückzulegen.«

»Ich will mit dem Grauen Bär selber fechten, ich will ihm das Herz aus dem Leibe reißen,« schrie mit zitternder Gier der Elende, »ich will allein gehen, wenn Ihr mir nur sagt wo? wo?«

»Gott im Himmel, wie verächtlich doch die Sucht nach dem schlechten Metall einen Christenmenschen machen kann!« sagte den Kopf schüttelnd und sich von den Händen Jonathans befreiend der Trapper. »Könnt Ihr fliegen, Mann? Seht dort hinauf die Felswand, deren Gipfel schon die Schatten der Nacht bedecken. Dort hinüber geht Euer Weg, und schwerlich würdet Ihr nur den zwanzigsten Teil zurücklegen können ohne unsere Hilfe.«

»Aber warum nicht jetzt, warum nicht diese Nacht?«

»Aus zwei Gründen, Mann, obschon der eine allein hinreichend ist. Also, weil der Jaguar morgen früh seine Herausforderung an den Schurken von Gileno zu lösen hat und …«

»Er hatte kein Recht dazu, sein Leben ist mein!«

»Hol' Euch der Teufel! Nun denn, Ihr vergeßt den zweiten Punkt unseres Kontrakts, und daß Ihr ihn über Eurem Drängen, an diesen Ort zu kommen, noch nicht einmal gehalten habt!«

»Welchen? welchen?«

»Daß Ihr Euch verpflichtet habt, uns beiden die Personen zu überliefern, die José Marillos, den Gambusino, zu Paris am 4. Dezember 1851 schändlicher Weise ermordet haben. Ich denke, das sind Eure eigenen Worte!«

»Ja, ja! Aber ich habe sie Euch genannt! Diesen teuflischen Franzosen, der sich Graf Boulbon nennt und aus königlichem Blut sein will, während er wie ein gemeiner Dieb ehrliche Leute ihres Eigentums beraubt, und den alten Schurken, seinen Diener, Bonifaz …«

»Unser Kontrakt, Mann, sagt, daß Ihr die Mörder uns zu überliefern habt!«

»Fluch über Euch! Wollt Ihr mich betrügen, jetzt, so nahe dem Ziel? Habe ich Euch nicht in sein Schlafgemach geführt? Verdammt! warum wurde der Narr da weichherzig, warum stieß seine Hand nicht zu, als sie mit dem Messer über der nackten Brust des gräflichen Mörders schwebte?«

»Weil Graf Raousset Boulbon nicht der Mörder von José Marillos, dem Gambusino, war und Du so gut dies weißt, wie er selbst, Lügner!« sagte eine ernste, feste Stimme aus dem Dunkel, und eine hohe Gestalt trat in den Lichtschein des Feuers; eine zweite folgte ihr.

»Höll' und Teufel! – er selbst – der Graf!« brüllte der Yankee, nach seiner Büchse greifend. »Tötet ihn, schießt ihn über den Haufen!«

»Halt! rühre Dich nicht, Mann!« rief der Kreuzträger, seinem Begleiter folgend, »oder meine Kugel fährt Dir selbst durch Dein schuftiges Gehirn. Eisenarm und Du, Rothaut, hört ein Wort, und dann mögt Ihr thun, was Euch gefällt. Ich denke, Ihr kennt mich beide und werdet wissen, daß ich von Euch nichts verlangen werde, was gegen die Gerechtigkeit der Einöde verstößt.«

Der Trapper, der gleichfalls seine Büchse ergriffen und sich schußfertig gemacht hatte, ließ den Kolben auf die Erde fallen. »Er möge sprechen!« sagte er ernst.

Wonodongah war, ohne sich zu rühren, an dem Feuer sitzen geblieben. Zuweilen richtete er seine funkelnden schwarzen Augen mit einem drohenden Ausdruck auf die hohe ruhige Gestalt des Grafen, dann wieder starrten sie in die dunkle Glut des Feuers.

Der Franzose stand waffenlos, denn Kreuzträger trug seine Büchse über der Schulter, mit gekreuzten Armen ruhig und furchtlos vor den beiden Männern, die ihm den Tod geschworen.

»Ich bin hierher gekommen,« sagte er, »auf das Verlangen Ihres verstorbenen Freundes, des Gambusino José, nachdem ich Sie vergeblich zur bestimmten Stunde Ihres ersten Rendezvous vor der ehemaligen Kathedrale von San Francisco erwartete und seitdem mehrfach versucht habe, Sie zu sprechen. Ich will nicht ermitteln, was das bisher verhindert hat. Jetzt komme ich aus doppelten Gründen hierher, wo ich wußte, daß ich Sie treffen würde, zunächst, um Ihnen den letzten Gruß eines Freundes und sein Erbe zu bringen.«

Er öffnete das Jagdhemd, nahm ein an einer Schnur hängendes ledernes Säckchen und reichte es Kreuzträger, der es sofort öffnete und das Stück Haut hervorzog, das der Graf getreulich darin bewahrt.

»Bei der heiligen Jungfrau,« sagte der Trapper, »sieh her, Jaguar, es kann kein Zweifel sein, das ist der Totem Goldauges!«

»Er hat es mir gestohlen, es ist mein Eigentum! Señor José gab es mir!« schrie der Yankee.

»Elender!« sprach der Graf stolz, »beflecke das Gedächtnis eines Unglücklichen nicht mit einer Lüge. José Marillos gab es mir als sein Vermächtnis für mich oder vielmehr meinen Sohn, als er in meinem Hause und in meinem Arm starb, und ausdrücklich in der Absicht, es Deiner Habgier zu entziehen, die ihm gern sein Geheimnis entrissen hätte, obschon er Dich reichlich für Deine Dienste bezahlt hatte.«

»Lüge! Nichts als Lüge!« schrie Brown. »Erinnert Euch, daß ich Euch in San Francisco selbst die blutigen Kleider gezeigt habe, die der Ärmste trug, als er auf die Veranlassung dieses Aristokraten ermordet wurde!«

»Es ist möglich, daß Sie den Rock des armen José gestohlen oder sich sonst verschafft haben,« fuhr der Graf fort, »als ich von Weib und Kind gerissen wurde, um von den Schergen des Usurpators, von dessen Soldaten der arme fremde Mexikaner im Straßenkampf auf den Barrikaden erschossen wurde, zum Kriegsgericht geschleppt ward, das mich zum Tode verurteilte. Dies geschah, weil ich den armen Mann nicht hilflos in dem Winkel umkommen lassen wollte, in den er sich, mit der Kugel im Rückgrat, geschleppt hatte, sondern ihn unter Lebensgefahr mit meinem Diener Bonifaz und dem Knaben, meinem Sohn, in mein Haus trug, wo ich alles aufbot, um ihn zu retten. Man nannte dies Verbrechen, das mir selbst sechs Kugeln eintragen konnte, wenn ich mich recht erinnere: Widerstand gegen die bewaffnete Macht, und nur ein Zufall, oder vielmehr eine alte Bekanntschaft, half mir über die Füsilade; aber selbst die Hand des geschicktesten Arztes von Paris konnte den armen Burschen, den Gambusino, nicht retten, er mußte unter seinen Händen bei der Operation sterben.«

»Die Erzählung klingt seltsam, aber nicht unwahrscheinlich,« sagte der Trapper, auf den die Ruhe des Grafen großen Eindruck gemacht hatte, kopfschüttelnd. »Was meinst Du, Jaguar, hast Du alles verstanden, was der Fremde sagte?«

Der Toyah fuhr bei der Anrede aus seinem Brüten empor. »Er mußte sterben – ja! so ist es! Wonodongah ist ein Häuptling und wird sein Wort halten!«

»Ich schwöre mit jedem Eide, den Ihr wollt, daß der Aristokrat lügt,« schrie Jonathan. »Er hat nicht den geringsten Beweis für das, was er sagt!«

» Vaintre saint gris!« sagte lachend der Graf, »ich sehe, daß es zuweilen doch gut ist, wenn man alte Rechnungen aufbewahrt. Ich glaube, ich habe da in meinem Taschenbuch noch die Quittung des Doktor Boisset über 20 Louisd'ors für die Operation, vollzogen an dem Mexikaner José und bezahlt von dem Grafen Raousset Boulbon zu Paris am 5. Dezember, und daneben liegt der Erlaubnisschein Sr. Excellenz des General Saint Arnaud, den Mann mit allem Pomp der Kirche begraben zu lassen, eine Ausgabe, die er mir vor seinem Tode im Würfelspiel gegen die Tasche da abgewonnen hatte. Hier sind die Papiere. Ich habe mein Wort gehalten; an Ihnen wird es sein, ob Sie das verpfändete Wort Ihres Freundes lösen wollen.«

Er nahm die erwähnten Papiere aus seiner Brusttasche und reichte sie dem Kanadier.

»Nein, Señor, ich kann nicht lesen; indes, ich muß gestehen, ich fange an. Ihnen zu glauben.«

»Ich habe die Papiere unterwegs gelesen, Compañero,« mischte sich der Wegweiser ein, »und ich kann Ihnen sagen, daß darin steht, was dieser Herr soeben angedeutet hat!«

»Es ist Lüge, höllische Lüge, so wahr mir Gott helfe, ersonnen, um mich um mein Eigentum zu betrügen!« schrie nochmals der Yankee, mit der Hand in die tiefe Tasche seines Rockes fahrend. »Aber Jonathan Brown ist nicht der Mann, sich von einem verlaufenen Aristokraten berauben zu lassen! Stirb, Schurke!«

Der Amerikaner sprang einen Schritt vorwärts und riß sein Bowiemesser aus der Tasche, aber im nächsten Augenblick schon ließ er es fallen, stieß einen Schrei aus und fuhr mit der anderen Hand nach seiner Rechten. Ein kurzer, schwarzer Streifen, nicht viel dicker wie eine Federpose, hing von dieser herab und ringelte und wand sich im Licht des Feuers.

»Heilige Jungfrau! die Federschlange!«

Der Wegweiser sprang auf den Unglücklichen zu, stieß mit dem Schaft der Büchse nach dem kleinen Reptil, daß es zu Boden fiel, und setzte die dicke Sohle seines Stiefels darauf, es zu Brei zerquetschend.

Der ganze Vorgang hatte nur wenige Minuten in Anspruch genommen, alle starrten entsetzt auf den Mann, selbst der Indianer hatte sich seiner Lethargie entrissen.

»Ich hoffe, Mensch, Ihr seid nicht gebissen?« fragte bleich der alte Wegweiser.

»Legt die Hand auf den Stein, Mann,« befahl der Trapper. »Hinauf mit dem Ärmel! und Dein Beil her, Jaguar, daß ich ihm den Arm am Gelenk abhaue!«

Jonathan sprang entsetzt zurück. »Seid Ihr verrückt geworden?« schrie er entsetzt, »oder wollt Ihr mich morden? Ein einfältiger Schlangenbiß! gebt etwas von Eurem Wundkraut her, und dann wollen wir weiter reden! Verdammt, daß dies auch dazwischen kommen mußte!«

»Mensch,« sagte der Kreuzträger mit furchtbarem Ernst, »wißt Ihr, was geschehen ist?«

»Zum Henker! was meint Ihr? denkt Ihr mir einen Schrecken einzujagen?«

»Gott hat gerichtet, den Ihr meineidig soeben noch angerufen. Ihr seid von der schwarzen Culebrilla gebissen, der furchtbarsten und, den Heiligen sei Dank, seltensten in Amerika, und in zehn Minuten seid Ihr tot.«

» Tot?« Der Unglückliche warf sich mit gellendem Aufschrei zurück. »Haut mir die Hand ab! haut mir die Hand ab! ich kann nicht sterben so nahe den Millionen! Eisenarm, Jaguar, zu Hilfe! zu Hilfe!«

Er warf sich auf die Kniee und streckte jammernd die Hand nach seinen Gefährten aus, die bereits schwarz aufzuschwellen begann.

»Es ist zu spät!« sagte schaudernd der Jäger, »kaum würde der Beilhieb Euch gerettet haben, wenn er ohne Zögern gekommen wäre, denn der Stich der Culebrilla ist unausbleiblicher Tod. Ich sah das Unheil ein einziges Mal seit den fünfundzwanzig Jahren, in denen ich die Wüste durchstreife.«

»Denkt an Euer Seelenheil, Mann!« sprach der Wegweiser, »bittet Gott und die Heiligen um Vergebung für Eure Sünden!«

Der Yankee wand sich auf seinen Knieen, heulend vor Furcht und Schmerz. Er krümmte sich zu den Füßen des Grafen, der erstarrt über den schrecklichen Vorfall regungslos stand. »Erbarmen! Erbarmen! ich will alles gestehen, daß ich gelogen habe! daß Sie José gepflegt in seiner letzten Stunde! Sie sollen die Hälfte haben von allem Gold, nur laßt mich nicht sterben – so nah! so nah! Es muß ein Mittel geben – Millionen dafür! Fluch, Fluch, wenn Ihr zögert! zu Hilfe! zu Hilfe!«

Schaum trat ihm vor den Mund, schwarz schwoll das Gesicht auf, die Augen traten blutdurchlaufen aus ihren Höhlen, während er sich am Boden wälzte.

Schaudernd wandte der Franzose sich ab.

»Heilige Mutter Gottes, erbarme Dich seiner Seele!«

»Gold! Gold! Fluch über Euch, die Ihr mich hergelockt! Fluch, hundertfacher Fluch – wie es glüht – wie es blitzt! – höllisches Feuer …«

Seine Stimme wurde zum heiseren Gebrüll, allmählich wurde es schwächer und schwächer, dann verstummte es ganz und die Zuckungen des Körpers hörten auf – Jonathan Brown war tot!

Der Wegweiser machte das Zeichen des Kreuzes. »Gott der Herr, dessen Hand wir so oft in der Einöde sehen, hat gerichtet. Mögen seine Sünden ihm vergeben werden.«

Es folgte eine lange Stille, die keiner der Männer unterbrechen mochte.

Endlich trat Eisenarm auf den Grafen zu und reichte ihm die Hand. »Verzeihen Sie, Señor, daß wir Ihnen Unrecht gethan. Der Mensch, dessen irdische Reste da vor uns liegen, hat uns getäuscht über Sie und über das Ende unseres Freundes. Seien Sie willkommen und versichert, daß Ihnen Ihr Recht werden soll, und ich hoffe, daß der Jaguar hier darüber ebenso denkt, wie ich!«

»Die Offene Hand ist der Erbe des Goldauges! Das Recht des Aases zu unseren Füßen ist verfallen, und jetzt das der Offenen Hand – so will es das Gesetz der roten Männer. Er möge sein Eigentum in Empfang nehmen! Wonodongah ist bereit, ihm den Weg dahin zu zeigen!«

Die Erklärung des Toyah schien dem Grafen nicht ganz angenehm und er beeilte sich, die weitere Erörterung vor einem Zeugen abzubrechen, der bisher noch wenig von dem eigentlichen Geheimnis wissen konnte.

»Wir sprechen nachher darüber, und ich hoffe. Sie werden mit mir zufrieden sein. Jetzt lassen Sie uns an Dringenderes denken, und gewähren Sie uns einstweilen Ihre Gastfreundschaft, Señor Eisenarm; denn wir beide haben heute einen weiten und beschwerlichen Weg gemacht, um zu Ihnen gelangen. Können wir Ihnen helfen, den Toten da zu begraben?«

Der Trapper sah höchst gleichgültig auf den Leichnam. »Wir wollen uns heute die Mühe sparen und ihn beiseite tragen,« sagte er. »Es könnte möglich sein, daß morgen das Grab größer sein muß!« Er winkte dem Indianer, worauf sie den toten Körper anfaßten und nach den Ruinen trugen.

Kreuzträger setzte sich unterdes ohne weiteres an dem Feuer nieder und langte nach dem Hirschviertel, während der Graf noch immer schaudernd die Überreste der kleinen Schlange betrachtete.

»Wie nannten Sie doch das Reptil, Freund?«

»Die schwarze Culebrilla oder Federschlange,« sagte kauend der Wegweiser, »man nennt sie so, weil sie nicht größer wird als die Pose einer Adler- oder Geierfeder. Dabei ist sie aber das giftigste Gewürm, das auf Gottes Erde kriecht.«

»Und Sie sitzen an einem Orte, wo dieses Geschöpf haust, wie wir eben gesehen, so ruhig da, als könnte nicht ein zweites Exemplar Ihnen im nächsten Augenblick ebenso den Garaus machen?«

Der Alte lachte. »Wenn allein das Sie hindert, Monsieur, mir bei diesem trefflichen Bratenstück Gesellschaft zu leisten, so können Sie es unbesorgt thun. Die Culebrilla duldet keine zweite auf mindestens drei Leguas in der Runde. Es ist eine Eigentümlichkeit dieses Gewürms und eine Gnade der Heiligen, daß man es immer nur selten und dann auch nur vereinzelt findet. Also, setzen Sie sich ruhig und langen Sie zu.«

Der Trapper, der eben zurückkehrte, wiederholte die Einladung und beendete gleichfalls seine Mahlzeit, als sei die schreckliche Scene eben nicht vorgefallen. Nur der Toyah blieb stehen und nahm weder an dem Mahle noch an dem Gespräch teil, indem er sich begnügte, sein dunkles Auge fest auf den Franzosen zu heften.

»Ich habe vorher nicht ohne Grund gesagt, Señor,« sprach dieser, »daß wir aus doppelter Ursache hierhergekommen sind. Die eine war meine persönliche Angelegenheit, die andere betrifft Sie beide!«

»Uns?«

»Ja. Unser junger Freund hier beabsichtigt morgen früh mit einem der gefürchtetsten Häuptlinge der Apachen, dem ›Grauen Bär‹ an dieser Stelle sich zu schlagen.«

Der Jäger sah ihn erstaunt an. »Wie können Sie dies wissen?«

»Von Windenblüte, der eigenen Schwester des jungen Kriegers!«

»Von Comeo? – Hörst? Du, Jaguar, von Comeo! Und wo haben Sie diese gesehen und gesprochen, Señor Conde? denn Sie müssen wissen, daß wir in ziemlicher Besorgnis um das unvorsichtige Kind waren und schon längst aufgebrochen wären nach den Dörfern der Apachen, um sie zu suchen und zu befreien, wenn der Mann, der soeben verschieden, nicht darauf bestanden hätte, Ihrer eignen Spur zu folgen, und wir eilen mußten, zur rechten Zeit hierher zu kommen und so das doppelte Wort an Goldauge und dem Gileno zu lösen.«

Der Graf erzählte ihm hierauf von dem unglücklichen Gefecht mit den Apachen, ihrer Flucht nach der Insel und dem kühnen Unternehmen der jungen Indianerin.

»Das sieht ihr ähnlich, par Dios! das Kind ist so aufopfernd, daß es niemals an sich selbst denkt. Hast Du gehört, Jaguar, was sie gethan?«

Der Indianer begnügte sich, ein Zeichen der Bejahung zu geben.

»Sie sagte uns,« fuhr der Graf fort, »daß der Graue Bär, die Schlange und der Fliegende Pfeil Sie hier zu einem Kampf auf Tod und Leben treffen würden.«

»Alle drei – carrajo! das hätte nicht besser kommen können! Hast Du gehört, Jaguar? wir werden sie alle drei hier haben, um mit ihnen Abrechnung zu halten!«

Wiederum nickte der Indianer; sein Auge fing an, von einer edleren Glut zu funkeln, als bisher.

»Noch mehr! die Ursache, weshalb das Mädchen sich so großer Gefahr aussetzte, ist, daß sie entdeckt hat, daß nicht ein ehrlicher Kampf, sondern ein bübischer Verrat gegen Sie beabsichtigt wird. Ein Trupp ihrer Krieger wird ihnen folgen und während des Kampfes über Sie herfallen, um Sie durch die Übermacht zu ermorden!«

»Die Schurken! Ich hätte niemals geglaubt, daß der Gileno, so grausam er ist, einer solchen Schlechtigkeit fähig wäre.«

»Wir haben nach des Mädchens Erzählung auch Ursache anzunehmen, daß er nicht darum weiß. Es scheint, daß es wider sein Wissen oder seinen Willen geschehen soll, und daß der Häuptling der Mescaleros den Streich ersann, um sich an Ihnen zu rächen.«

»Der Hund! schlechter als ein Hund! Aber es soll seine letzte Spitzbüberei sein, ich schwöre es!«

»Das Mädchen kam,« fuhr der Graf fort, »um Kreuzträger hier zu bitten, Sie zu warnen oder Ihnen beizustehen, da sie selbst sich nicht so lange aus dem Lager der Apachen entfernen konnte, ohne ein anderes uns allen wertes Leben, das des jungen Mannes, der mit Ihnen focht, dem Verdacht und somit dem Tode preiszugeben. Da ich Sie ohnehin aufsuchen wollte, beschloß ich, die Sache selbst zu übernehmen, und Freund Kreuzträger wird Ihnen vielleicht sagen können, daß auch dies nicht ganz ohne Schwierigkeit war. Das junge Mädchen ist wieder bei ihren anderen Freunden, wenigstens sahen wir sie glücklich das Ufer erreichen, und ich freue mich, daß es uns gelungen ist. Sie zu treffen und zu warnen, damit Sie sich der Gefahr entziehen können.«

Eisenarm warf dem Sprecher einen raschen Blick zu und störte mit dem Ladestock in den Kohlen des Feuers.

»Was meinst Du, Jaguar?« fragte er.

Der junge Wilde beugte sich vor, sein eingefallenes Gesicht strahlte in dem Ausdruck eines stolzen, hochherzigen Gefühls, während sein Auge sich mit einer gewissen Herausforderung auf die Züge des Franzosen heftete.

»Der Große Jaguar hat sein Wort verpfändet,« sagte er, »Wonodongah ist ein junger Krieger, aber er ist ein Häuptling! Er wird den Grauen Bär an dieser Stelle erwarten, wenn der Mond aufgeht!«

»Ich dachte es mir,« bemerkte der Trapper. »Ein Sioux oder ein Apache würden anders handeln, aber er gehört zu einer Nation, die das Herz auf der rechten Stelle trägt. Und ich will schlechter als ein Plattfuß sein, Comanche, wenn ich nicht an Deiner Seite stehe, und die Schurken ihren eigenen Verrat verschlucken lasse!«

»Sie wären aber selbst im Fall eines ehrlichen Gefechts nur zwei gegen drei, und es sind gefürchtete Krieger!«

»Desto besser für uns! Es ist nicht das erste Mal, daß wir zwei gegen eine ganze Bande von heulenden Apachen fechten.«

»Dann,« sagte der Graf, indem er seinen Hut abnahm und sich mit der ganzen Höflichkeit eines Kavaliers der alten Schule verbeugte, »erlauben Sie mir, daß der Oberst Graf Raousset Boulbon, der dritte in Ihrer Partie ist und den Kampf in Ihrer Kameradschaft ausficht, möge er auch ausfallen, wie es Gott beliebt. Und ich will Ihnen sagen, daß um diese Ehre zu bitten, meine Absicht war, auch wenn Sie bereits einen dritten Kämpfer gehabt hätten.«

»Das ist wacker gesprochen von Ihnen, Herr,« rief der Trapper, »und wir nehmen es dankbar an, da wir sehen, daß unser armer Freund José uns einen wackeren Erben gesandt hat. Sage ihm dasselbe, Jaguar, und möge der Teufel alle Verleumder und Verräter holen!«

»Zwei Häuptlinge werden nebeneinander kämpfen,« sagte kalt der Toyah. »Sie werden ihr Bestes thun.«

Der Trapper sah ihn einige Augenblicke erstaunt an, ohne die Kälte und Abneigung zu begreifen, die sein Zögling bewies. »Er hat nicht mit ihm das Mahl geteilt,« murmelte er, »unmöglich kann er doch noch Verdacht hegen! Was meinen Sie, Señor Kreuzträger?« fuhr er laut zu diesem fort.

»Daß es eine Thorheit ist, die Sie alle drei begehen wollen,« sagte der Alte. »Sie wissen, Señor Eisenarm, daß ich jede Ursache habe, dem Grauen Bär und dieser schurkischen Schlange Mann gegen Mann entgegenzutreten, und Sie um die Gelegenheit dazu beneide; aber es ist Narrheit, unter solchen Umständen einen so ungleichen Kampf beginnen zu wollen, denn Sie sind hier auf allen Seiten von Feinden umringt. Der Trupp der Schlange ist nicht der einzige, der auf die Gelegenheit wartet, über Sie herzufallen, und deshalb ist es keine Schande für tapfere Männer, eine bessere Zeit abzuwarten.«

»Wie meinen Sie das?«

»Auf dem Wege hierher,« fuhr der Wegweiser fort, »haben wir die unzweifelhaften Spuren gefunden, daß eine zweite Horde Indianer bereits auf dem linken Ufer des Stromes und in der Nähe des Thals umherschweift. Man wird Ihnen den Garaus machen noch diese Nacht, wenn Sie durchaus hier bleiben wollen.«

»Wo fanden Sie die Spuren der Apachen? Sind es die Krieger Makotöhs?«

»Ich muß gestehen,« bemerkte der Wegweiser, »ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob es Mescaleros oder Gilenos gewesen sind. Wir fanden zahlreiche frische Spuren, etwa eine Stunde unterhalb dieses Thales, und der jüngste Rostreador hätte sehen können, daß sie erst von diesem Morgen herrührten.«

»Kamen sie von jenseits des Flusses?«

»Nein, sie haben sich dem Ufer genähert und sind dann wieder umgekehrt.«

»Haben Sie sonst nichts bemerkt?«

»Nichts, als diesen Pfeil, den wir fanden. Es ist ein Pfeil zur Jagd.«

Der Trapper nahm die unbedeutende Waffe und untersuchte sie je länger, desto aufmerksamer. Dann wandte er sich plötzlich zu seinem roten Gefährten und reichte ihm den Pfeil.

»He, Jaguar,« sagte er, »sieh einmal das Ding da genau an und sage mir, was Du daraus machst!«

Der Indianer nahm den Fund in die Hand, aber er hatte kaum die Augen darauf geheftet, als er den Ruf der Überraschung hören ließ.

»Ich dachte es mir! Hören Sie, Señor Kreuzträger, es ist schade, daß Sie sich nicht noch genauer umgesehen. Dieser Pfeil kommt nicht aus dem Köcher eines Apachen.«

»Wirklich?«

»Es ist der Pfeil eines Comanchen, und zwar der eines der Materos,« sagte der Toyah.

»Es mag sein. Du mußt das besser wissen, als ich. Es ist schade, daß wir keine Gewißheit darüber erlangen können, und es jetzt zu dunkel ist, um die Spur aufzusuchen. Ein Teil der Stämme war bei dem letzten Einfall der Rothäute mitbeteiligt, aber sie trennten sich bald wieder von den Apachen. Es ist möglich, daß der Pfeil noch von dem früheren Umherstreifen einer Bande dort liegen geblieben.«

»Aber ich sagte Ihnen, daß die Spuren frisch waren.«

»Mag sein, aber wer verbürgt uns dafür, daß der Pfeil und sie zusammen gehören …«

»Was wollen Sie sagen?«

»Sonst hätten wir diese schurkischen Apachen in ihrer eigenen Schlinge fangen können.«

»Ich weiß nicht,« mischte sich etwas zaghaft der Franzose in das Gespräch der erfahrenen Wüstengänger, »aber vielleicht wäre es möglich, daß die Kleinigkeit nicht ohne Bedeutung wäre. Etwa fünfzig Schritte entfernt von der Stelle, wo unser Freund den Pfeil gefunden, lag ein toter Vogel, ein Falke. Er mußte an demselben Tage geschossen sein, so frisch war er noch. Kreuzträger achtete nicht weiter darauf, da er den Spuren der Mustangs nachging und voraus war.«

Der Trapper sah den Sprecher aufmerksam an. »Erinnern Sie sich vielleicht, Señor Conde, welcher Gattung der Falke angehörte?«

»Ich nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn. Er war von der schwarzgrauen Art mit den roten Schwanzfedern.«

»Und diese Federn?«

»Sie waren sämtlich ausgerissen bis auf eine, die ich auszog und auf meinen Hut steckte. Hier ist sie!«

Er reichte seine Kopfbedeckung hin.

Der Trapper sprang mit einem Satz empor und schwenkte lustig die seine. »Hurra! wir haben sie! Jaguar, es sind Krieger von Deiner Nation, die einen Toyah sicher nicht im Stich lassen werden. Ich sehe die Sache vor mir so deutlich, als hätte ich ihre Spur vierundzwanzig Stunden lang verfolgt. Sie sind auf ihrem Jagdzuge bis an die Sierra gestreift, um am Monte Buza Bären zu jagen, wie sie gern thun, und bis hierher gekommen. Sie können unmöglich weit entfernt sein, und wenn wir Botschaft in ihr Lager senden könnten, würden sie sicher zur rechten Zeit hier sein, um jede Teufelei zu verhindern!«

Der Indianer, der jetzt lebhafteren Anteil an der Entdeckung zu nehmen schien, streckte den Arm nach der nördlichen Thalwand, derselben, an der die riesigen Grabhügel lagen. »Ein Comanche fürchtet nicht, sein Feuer anzuzünden. Von diesen Bergen wird man sie sehen.«

»Ich glaube es selbst, aber –?«

»Nun?« fragte ungeduldig der Graf, »warum benachrichtigen Sie Ihre Freunde nicht?«

»Es wird viele Stunden brauchen, sie aufzusuchen und herbeizuholen, und weder ich noch der Jaguar dürfen uns von diesem Platze entfernen.«

» Parbleu!« rief der Kreuzträger, »für was wäre denn Eustache Saville da? Ich habe zwar nicht viel Ursache, Ihnen gefällig zu sein, weil Sie bei einer gewissen Gelegenheit einen Feind gegen mich beschützten, aber wenn es gilt, die hinterlistigen Teufel in ihrer eigenen Falle zu fangen, würde ich drei Nächte hindurch wandern, so gut auch ein paar Stunden Schlaf jetzt meinen müden Gliedern thun müßten. Lassen Sie den Indianer dort mir ein Zeichen seines Stammes als Beglaubigung geben und sagen Sie mir, wo man am besten diesen Höhenzug durchschneidet, und ich stehe Ihnen dafür, wenn die Comanchen innerhalb dreier Meilen von hier ihr Lager haben, will ich sie auffinden, noch ehe die Sonne aufgeht.

Es folgte jetzt eine kurze Beratung, deren Resultat war, daß der alte Wegweiser eine oder zwei Stunden rasten sollte, um seine Kräfte wieder zu erfrischen, und dann sich auf den Weg machen wollte, um die Bande der Comanchenjäger aufzusuchen. Wonodongah nahm den Totem seines Stammes, den er an einer Hirschsehne um den Hals trug, ab und händigte ihn als Wahrzeichen dem Boten ein, der ihn sorgfältig verwahrte. Dann übernahm Eisenarm den Posten der ersten Nachtwache, breitete seine Decke unter den Baum und empfahl dem Grafen und seinem Begleiter, darauf den Schlaf zu suchen. Der Indianer hatte dies bereits gethan.

Ehe eine Viertelstunde vergangen war, lagen alle bis auf den treuen Wächter in tiefem Schlummer.


Zwei Stunden nachher weckte der Trapper Kreuzträger, besprach sich noch einmal kurz über die Aussichten, die sie hatten, und geleitete dann den alten Wüstengenossen in die Berge.

Als er zurückkehrte, blieb er einen Augenblick vor seinem jungen Freunde stehen, ehe er auch diesen aufweckte, um nun seinerseits den Rest der Nachtwache zu übernehmen.

Der junge Indianer schien von einem wüsten Traum gequält, unter dessen Bildern er sich unruhig hin und her warf, während seine Brust in höchster Aufregung keuchte, seine Hand sich ballte. Einzelne Worte und Sätze entrangen sich seinem Munde und verkündeten den Gang seiner Gedanken.

»Bleib!« stöhnte der Träumende, »Dein Atem jagt Feuer durch meine Adern! Er soll sterben, sterben! Diese Hand – und dann – Dein Leib – lösche das Licht nicht aus – nur einmal noch – Blut – Blut«

»Wenn ich nicht wüßte, daß der Bursche niemals das Feuerwasser berührt hat, und ich selbst auch seit Wochen keinen Schluck Rum gesehen habe, würde ich glauben, er sei trunken. Aber wahrscheinlich träumt er von dem Kampf mit dem Grauen Bär, der ihm bevorsteht, und es ist besser, daß ich ihn wecke, obschon ich ihm gern noch eine Stunde Schlaf zur Stärkung seiner Muskeln gegönnt hätte!«

Er stieß den Schläfer an, der sogleich emporfuhr und nach seinem Tomahawk griff.

»Laß nur sein, Jaguar,« sagte lachend der Trapper, »es ist ein Freund, der Dich berührt hat. Wenn Du willst, magst Du jetzt nach der Verabredung die Wache übernehmen, aber sorge dafür, daß wir zur rechten Zeit wach sind, damit die Schurken sehen, daß wir sie erwartet haben.«

»Mein weißer Bruder möge nicht sorgen,« erwiderte der Indianer, »Wonodongah hat das Ohr eines Bibers.«

»Ich weiß, ich weiß. Da wir aber gerade noch allein sind, möchte ich Dich noch eins fragen. Dein Benehmen, Jaguar, gegen den Fremden gestern abend war mir etwas auffallend. Was hast Du noch gegen ihn?«

»Die Offene Hand,« sagte der Toyah, der Frage ausweichend, »soll das Gold Josés und seiner Gefährten nehmen. Ich schwöre es! Wenn der Häuptling der Toyahs unterliegen sollte im Kampf, wird Eisenarm ihn den Weg führen und ihm geben, wonach sein Herz verlangt.«

»Ja, ja! das versteht sich von selbst. Er ist der Erbe, und keiner von uns denkt daran, es ihm streitig zu machen. Ich gebe es ihm zehnmal lieber, als dem Lumpen, der uns belogen hat, obschon die Büchsen, die er uns in San Francisco kaufte, wirklich nicht schlecht sind. Er muß die Kraft eines Büffels haben, wenn er das mit dem Bären gethan, was selbst seine Feinde von ihm berichten mußten, und ich freue mich, ihn einmal am Werke zu sehen. Indes, was ich eigentlich meinte …«

»Es ist Zeit, daß Eisenarm sich niederlegt,« unterbrach ihn der Indianer, »oder die Kraft seines Armes könnte der des Fremden nachstehen. Mein weißer Freund kann mir später sagen, was er meint.«

Der Indianer ging zu dem Feuer, warf einige neue Zweige in die Kohlen und setzte sich daran nieder.

Bras-de-fer wußte, daß er jetzt zu keiner Unterhaltung weiter geneigt sein würde, und streckte sich daher neben dem Franzosen nieder. In wenigen Augenblicken schlief er den Schlaf der Gerechten, unbekümmert darüber, daß in wenigen Stunden er einem Kampf auf Leben und Tod entgegen gehen sollte.

So vergingen wiederum zwei Stunden in tiefem Schweigen. Dann begann im Osten eine leichte Dämmerung, das Nahen des Mondes und des Tages zu verkünden.

Jetzt erhob sich der Indianer und trat zu den Schläfern. Sein Auge ruhte lange auf der kräftigen Gestalt des Grafen, erst mit dem Ausdruck von Haß und Feindschaft, der allmählich in den einer tiefen Melancholie sich löste.

Endlich neigte er den Kopf horchend zur Seite, wie, als höre er ein fernes Geräusch und sogleich stieß er jeden der Schläfer an.

Eisenarm und der Graf waren im Nu auf den Füßen.

»Es ist Zeit,« sagte der Toyah, »ich höre die Hufe ihrer Pferde.«

»Dann, Señor Conde,« meinte der Trapper, »legen Sie sich nach unserer Verabredung dort weiter hin an den Hügel. Der Mond wird sogleich aufgehen und der Baum seinen Schatten an jene Stelle werfen. Decken Sie Ihren Hut so über das Gesicht, daß man es auch in der Nähe nicht erkennen kann, während Sie selbst alles hören und sehen, was vorgeht, und werfen Sie die Decke über Ihre Kleidung. Ich freue mich auf das Gesicht, das der Bär machen wird, wenn er erfährt, daß der Mann unser dritter ist, der ihn in der Hacienda del Cerro so tüchtig den Boden küssen ließ.«

Der Graf that wie ihm geraten war; als er sich niederlegte vernahm selbst sein an das Belauschen der Wildnis nicht gewöhntes Ohr das Nahen von galoppierenden Pferden.

Am östlichen Horizont, den man durch den Eingang des Thales sehen konnte, stieg die große Scheibe des Vollmondes eben mit mattem Licht empor, das bereits durch die Dämmerung des nahenden Tages gebrochen war.

Da plötzlich erschienen auf dem hellen Hintergrund die dunklen Gestalten von drei Reitern und nahten sich mit Windeseile. Wenige Momente darauf hielten sie in der Mitte des Thales an der Stelle, wo während der Nacht das Feuer gebrannt und sich jetzt noch ein leichter Rauch in die Morgenluft kräuselte.

Der Trapper und der Indianer, auf ihre Büchsen gelehnt, standen regungslos an ihrem Platz.

Der dritte Vollmond ist aufgegangen,« sagte der Häuptling der Gilenos mit grimmiger Stimme. »Ma-ko-töh ist hier mit zwei Freunden, wie er versprochen, und sucht die prahlende Elster der Comanchen.«

»Ma-ko-töh ist ein großer Krieger,« erwiderte der Toyah, jede Gegenbeleidigung verschmähend. »Wonodongah hat ihn erwartet und dankt ihm, daß er gekommen.«

»Ma-ko-töh,« fuhr der Apache fort, »hat zwei Freunde mitgebracht; seine Augen sehen nur ein Bleichgesicht bei seinem Feinde.«

»Es sollte keinen Unterschied machen, auch wenn es so wäre,« bemerkte seinerseits der Trapper. »Wir haben oft genug zwei gegen Euren halben Stamm gefochten! Aber die Augen des Grauen Bär scheinen alt zu werden, wenn er nicht bemerkt, daß dort noch ein dritter liegt. Er schläft, weil er einen weiten Weg gemacht hat, um uns beizustehen, aber ich versichere Dich, Rothaut, er wird tüchtig zur Stelle sein, wenn es soweit ist.«

Die Blicke der drei Häuptlinge wandten sich neugierig nach der bezeichneten Stelle, aber diese Regung wurde mit dem indianischen Stoizismus sofort wieder unterdrückt.

»Ich höre einen weißen Hund heulen,« sagte mit Hohn der Gileno. »Wir wollen sehen, ob sein Zahn seiner Kehle gleichkommen wird.«

»Nun, ich denke, Deine Nation kennt Bras-de-fer zur Genüge,« meinte der Trapper, »ohne daß er nötig hat, viel zu prahlen. Es thut mir nur leid, daß ich diesmal nicht direkt mir Dir zu thun haben soll. Aber ich habe da mit Deinem Gefährten eine alte Rechnung abzuschließen, und bei Gott! das ist ebenso viel wert!« Er wies auf den Mescalero, der ihm mit einem Blick giftigen Hasses und tückischen Triumphes begegnete. »Ich würde ihn mir herausholen, und wenn er zu diesem Kampfe alle Krieger seines Stammes mit sich gebracht hätte!«

»Weiber schwätzen, Männer kämpfen,« sprach der Gileno, ohne die Andeutung zu beachten. »Welche Bedingungen des Kampfes hat der junge Häuptling der Toyah vorzuschlagen?«

»Sie sind kurz, Gileno. Dieses Thal sei der Platz. Jeder Kämpfer mit den Waffen, die er führt, zu Fuß oder zu Pferde! Wenn die Sonne ihren ersten Strahl auf die Quellen wirft, möge der Kampf beginnen.«

»Gut, es sei! Die Skalpe des Jaguar und seiner Freunde werden in den Wigwams der Apachen hängen! Kommt!«

Er wandte sein Pferd und ritt langsam, ohne sich auch nur umzusehen oder die geringste Vorsicht zu beobachten, zurück, nach dem Eingang des Thals, gefolgt von den beiden anderen Häuptlingen. In der Entfernung von etwa tausend Schritten sah man sie Halt machen und von den Pferden steigen.

Sogleich sprang der Graf vom Boden auf und gesellte sich zu seinen beiden Genossen. Eisenarm setzte ihn von den getroffenen Verabredungen in Kenntnis, denn die Verhandlung war in der Sprache der Apachen geführt worden, und machte ihn darauf aufmerksam, daß die Gegner außer Büchse und Tomahawk auch ihre Lanzen hätten, mit denen sie sehr geschickt umzugehen wüßten.

Der Graf führte außer der Büchse seinen starken Hirschfänger, Eisenarm Büchse und Messer, der Toyah statt des letzteren den Tomahawk. Das Gewehr des Yankee und sein Messer beschloß man für den unerwarteten Überfall der Bande aufzusparen und an den Ort zu bringen, an den man sich alsdann zur Verteidigung zurückziehen wollte.

Dies waren die Ruinen des aztekischen Tempels, und der Trapper lachte vor sich hin, als er sich erinnerte, wie leicht sie hier den tückischen Plan vereiteln könnten, wenn ihnen nur vorher das Glück treu blieb. Dann aber wurde seine Stimmung ernster, und er wandte sich zu seinen beiden Genossen.

»Es ist immer gut, Jaguar,« sagte er, »wenn man daran denkt, daß der Kampf einem oder dem anderen von uns das Leben kosten kann, denn wir haben es mit berühmten Kriegern zu thun, und der Gang einer Kugel ist nicht zu berechnen. Gott sei Dank, ich wüßte nicht, daß ich etwas gethan habe, was hindern möchte, daß ich mit Deinem Vater, Toyah, und manchem alten Freund dort oben wieder zusammentreffen kann, wenn der liebe Gott oder der große Geist, was am Ende eins ist, die Weißen und die roten Männer in einem Himmel zuläßt. Verwandte und Blutsfreunde habe ich auch nicht, soviel ich weiß, und so macht mir nur eins Sorge, der Gedanke an das arme Mädchen, Deine Schwester, und daß wir sie in so zweifelhafter Lage zurücklassen müssen.«

»Comeo!«

Der Ton, mit welchem der Indianer den Namen nannte, war der eines tiefen Gefühls.

»Wenn Sie mir versprechen wollen,« mischte sich der Graf ein, »daß Sie Ihrerseits, im Fall mir etwas Menschliches begegnet, mein Testament als redlicher Mann ausführen wollen, verpfände ich Ihnen mein Ehrenwort, wenn ich glücklich davonkomme, für das junge Mädchen zu sorgen, als wäre es meine eigene Tochter.«

»Wir danken Ihnen, Señor, und nehmen Ihr Anerbieten an.«

»Wie lange habe ich noch Zeit?«

»Eine volle Viertelstunde, Señor.«

»Das genügt.« Er setzte sich nieder und schrieb auf zwei Blätter seiner Schreibtafel einige Bestimmungen. Dann schloß er das Portefeuille und verbarg es unter einem Stein.

»Wenn ich falle,« sagte er, »so bringen Sie diese Brieftasche meiner Gattin und meinem alten Freunde und Diener Bonifaz, denn ich hoffe, Sie werden die Meinen dann aus ihrer gegenwärtigen Gefahr befreien. Mein Sohn ist der einzige Erbe, den ich habe, oder ich bin vielmehr hier nur sein Vertreter; denn Ihr Freund José hat ihn mit jener Gabe zu seinem wirklichen Erben eingesetzt. Sie werden von dem Schatze soviel nehmen, um meine Leute zu belohnen und seine Erziehung zu sichern, bis die Zeit gekommen ist, die ich in jenem Papier bestimmt habe. Bonifaz ist ein Mann, dem Sie in jeder Beziehung vertrauen können.«

»Es soll geschehen. Jetzt, sehen Sie Ihre Waffen nach, denn dort wird gleich der erste Sonnenstrahl hervorbrechen, und ich sehe die Schurken ihre Pferde besteigen.«

Der Graf nahm lächelnd seine Büchse in den Arm und stellte sich an den Ort, den er sich dazu ausersehen. In etwa zwanzig Schritten Entfernung voneinander nahmen Eisenarm und der Jaguar ihren Platz, nachdem der erstere seinem jungen Freunde die Hand gedrückt und ihn ermahnt hatte, ruhig und fest zu zielen.

Der Gebrauch bei diesen gar nicht seltenen indianischen Zweikämpfen oder Einzelgefechten verbietet es, gegen die sonstige gewöhnliche Kampfweise, ein Versteck oder eine Deckung zu suchen. Angriff und Verteidigung müssen gleich offen und frei geschehen. Die Sekundanten wählen ebenso wie die eigentlichen Kämpfer ihren Gegner und dürfen sich nur an diese halten, ohne ihren Freunden zu Hilfe zu kommen. Flucht und Rückzug kommt nur selten vor, der Kampf endet gewöhnlich mit dem Tode eines oder des andern der Gegner.

Der erste Sonnenstrahl leuchtete aus der Wüste herüber und traf die mächtige Felsenwand gleich der Memnonssäule. Auch der tönende Klang fehlte nicht; nur war es ein wilder gellender Ruf, dem der rasende Galopp dreier Rosse folgte.

»Sie kommen! Festgestanden, Freunde, und gut gezielt!«

In einer Linie kamen die drei Häuptlinge der Apachen im wütenden Karriere heran, die Körper dicht auf die Mähne ihrer Rosse vorgebeugt, die lange Lanze vorgestreckt mit jener schwankenden, vibrierenden Bewegung, welche die Spitze einen Zirkel beschreiben und sie doch im Augenblick des Stoßes die Größe eines Dollars nicht verfehlen läßt. Das Heranstürmen, die ganze Bewegung der wilden Krieger war so schnell, daß trotz der Vorbereitung darauf die drei Gefährten keinen Schuß anzubringen vermochten, denn es gilt für eine Schmach, das Pferd statt des Reiters zu treffen.

Der Toyah, an diese Kampfart der Wüste gewöhnt, warf sich im Moment, als ihn die Lanze treffen sollte, zu Boden, und das Pferd sprang über ihn weg. Im nächsten Augenblick hatte er sich wieder erhoben, stieß den Kriegsruf seines Stammes aus und warf die Büchse an die Wange. Zugleich hatte der Gileno mit unglaublicher Gewandtheit sein Roß gewendet, die mit einem Riemen am Sattel befestigte Lanze fallen lassen und gleichfalls nach seinem Gewehr gegriffen. Die beiden Schüsse fielen fast im selben Moment, aber keine der Kugeln traf bei den heftigen Bewegungen, und Makotöh warf die Büchse fort, riß die nachschleppende Lanze vom Boden empor und spornte sein Pferd aufs neue gegen seinen jungen Feind.

Eisenarm hatte sicher einen gleichen Angriff erwartet, aber die Tücke des Mescalero nicht genug in Anschlag gebracht, und dies hätte beinahe sein Leben gekostet. Er parierte den Stoß der Lanze mit dem Lauf seiner Büchse, und bemerkte zu spät, daß dieser nur eine Finte gewesen war und der Häuptling neben dem Schaft seine Flinte in Bereitschaft hielt. In dem Augenblick, wo Wis-con-tah an seinem gefürchteten Gegner vorüberschoß, ließ auch er die Lanze fallen, warf sich zurück auf die Kruppe des Pferdes und feuerte rückwärts, ehe der Trapper seine Waffe erheben konnte, und dies in so großer Nähe, daß das Pulver seinem Gegner das Haar versengte.

Eben dieser Umstand war auch wahrscheinlich die alleinige Rettung Eisenarms. Die Kugel schrammte seinen Schädel, riß die Otterfellmütze von seinem Haupt und fuhr in den Stamm des nächsten Baumes, während Pulverblitz und Dampf seine Augen blendeten. Unter diesem Schutz war das Pferd des Mescalero bereits mindestens zweihundert Schritt entfernt und er jagte in großem Halbbogen um die Kämpfenden her, mit dem ganzen Körper an der entgegengesetzten Seite des Pferdes hängend, so daß höchstens die in die Mähne geklammerte Hand einen Zielpunkt geboten hätte.

Eisenarm, die Betäubung von sich schüttelnd, die ihm über die Schläfe rinnenden Blutstropfen nicht achtend und voll Erbitterung über den Streich, der ihm gespielt worden, folgte jetzt trotz der Entfernung im Anschlag allen Bewegungen des Reiters, ein neues Anstürmen erwartend. Aber der schlaue Häuptling wußte sehr wohl, daß er nur einmal seinen gefährlichen Gegner täuschen konnte. Die frühere Lektion an seinem eigenen Nacken hatte ihn diese Büchse zur Genüge fürchten gelehrt, und nachdem er sich überzeugt, daß sein Angriff mißlungen, dachte er nicht daran, ihn zu wiederholen, sondern jagte, sobald er außer Schußweite war, sich wieder empor schwingend, mit gellendem Hohngeschrei davon und dem Ausgang des Thales zu.

Sehr verschieden davon war der Erfolg des Grafen.

Es war hell genug, daß der ansprengende Häuptling der Mimbrenos schon in einiger Entfernung die Gestalt und das Gesicht des gefürchteten Führers der weißen Abenteurer erkennen konnte, mit dem er bei dem Gefecht auf dem Rückzug der Apachen von der Hacienda und später wiederholt, wenn auch nicht im unmittelbaren Kampf zusammengetroffen war, und den er jetzt eingeschlossen auf der viele Leguas entfernten Insel des Stromes glauben mußte. Mit einem Ruf unverhohlenen Schreckens riß er mitten im Anspringen sein Pferd zurück, und dieses stieg gerade vor dem Grafen in die Höhe, auf seine Hinterfesseln sinkend und mit den Vorderhufen die Luft schlagend. Der Franzose, ohne sich zu besinnen, ließ seine Büchse fallen, faßte die Hufe des Mustangs und stürzte Roß und Reiter kopfüber zurück.

Ein einziger Schrei antwortete der kecken und seltsamen That. Das Pferd wälzte sich einige Augenblicke am Boden, sprang dann auf und rannte davon, die am Sattel hängende Lanze seines Herrn hinter sich dreinschleifend. Dieser aber blieb regungslos liegen, und als der Graf zu ihm sprang, den Hirschfänger in der Hand, starrte ihn das eine Auge des Gefallenen weit geöffnet mit schrecklichem Ausdruck, aber bewegungslos an, der Häuptling der Mimbrenos hatte bei dem Sturz das Genick gebrochen.

Dies alles war fast zugleich und in wenigen Minuten vor sich gegangen. Als der Graf sich jetzt, von seinem eigenen Gegner befreit, nach seinen Gefährten wandte, sah er Eisenarm auf seine Büchse gestützt bereits einer neuen und höchst aufregenden Phase des Kampfes zuschauen.

Als der Toyah und sein Gegner vergeblich ihre Büchsen abgefeuert hatten und der Gileno sich eben anschickte, aufs neue auf ihn einzudringen, während der Jaguar sich bereit hielt, ihm mit dem Tomahawk zu begegnen, rannte das wild gewordene Pferd Mechokans, des »Fliegenden Pfeils«, an ihm vorüber. Mit der Schnelle des Gedankens änderte er sofort seine Absicht, steckte das Beil in seinen Gürtel und faßte den einfachen Lederstrick, der den Zaum des Tieres bildete. Im nächsten Augenblick hatte er sich auf seinen Rücken geschwungen, die Lanze aufgerafft, und sprengte in halber Volte seinem Feinde entgegen.

Vor den Blicken der beiden noch mit ihren nicht abgeschossenen Büchsen bewaffneten, aber gezwungen unthätigen Zuschauer entwickelte sich nun ein kühner Wettstreit an Reiterkünsten. Die beiden Reiter stürzten in wildem Anprall auf einander los, glitten zur Seite, wichen den Stößen ihrer Lanzen aus, indem sie sich auf die Kruppe ihrer Pferde zurückbeugten oder sich, nur mit Zehen und Hand sich noch anklammernd, fast unter den Bauch der Mustangs warfen, übten hundert Künste und zerstampften den Boden weit um mit den Hufen ihrer Rosse.

Bereits blutete der Toyah aus einer leichten Wunde am Schenkel, und es konnte den sachkundigen Augen der beiden Zeugen nicht verborgen bleiben, daß sein Pferd weit weniger kraftvoll und lenksam war, als das starke und hohe Tier, das die mächtige Gestalt des Gileno trug. Der junge Comanche ward gegen das Ufer des Baches getrieben, und konnte nicht mehr ausweichen, als Makotöh, um mit einem Schlage der Sache ein Ende zu machen, mit der vollen Wucht seines Rosses und die Lanze mit starker Faust eingelegt, gerade auf ihn lossprengte. Ein Ruf ängstlicher Besorgnis entfuhr den Lippen des Trappers. Aber Wonodongah hielt seinen Mustang an, warf sich zur Seite des Tieres und empfing mit der Spitze des Speers den Anstürmenden. Das scharfe Rohr traf die linke Seite des Häuptlings und drang durch den ganzen Körper unter der Schulter wieder heraus, an dem Leibe von dem gewaltigen Anprall abbrechend, der den Toyah und sein Pferd in das Wasser stürzte, wo der junge Held unter das schlagende Tier zu liegen kam, während das Pferd des Gileno am Ufer sich feststemmte. Im selben Moment auch sprang der furchtbare Reiter, während ein Strom von Blut aus seiner Seite stürzte und blutiger Schaum auf seine Lippen trat, mit einer Kraft, die der Zähigkeit und Wut des sterbenden Tieres glich, dessen Namen er führte, aus dem Sattel, riß den Tomahawk aus seinem Gürtel und schritt in das Wasser auf seinen gefallenen wehrlosen Feind zu, dem er den Fuß auf die Brust setzte. Die Faust schwang wild um das Haupt den im Sonnenstrahl funkelnden Stahl, als die mächtige Gestalt hin und her zu wanken begann, und es hätte kaum erst der Kugel des Franzosen bedurft, die in demselben Augenblick, als vom Eingang des Thals her ein gellendes Geheul herüberschlug, ihm den Kopf zerschmetterte, um den halb erstickten Toyah zu retten.

Eisenarm war es, der selbst in diesem Augenblick seine Ruhe und Umsicht nicht verlor. Mit dem Rufe: »Nach der Ruine, Herr, so rasch Sie laufen können!« sprang er in das Wasser, riß unter dem Pferd und dem Körper seines sterbenden Feindes den Comanchen hervor und trug und schleifte ihn nach dem Eingang des Tempels, während mit gellendem Geheul wohl an dreißig Apachen unter der Anführung der »Schwarzen Schlange« auf ihren Mustangs heranstürmten.

Graf Boulbon hatte die Geistesgegenwart, die wilden Reiter mit dem Anschlag seiner Büchse zu bedrohen, obschon diese abgeschossen war, und so gelang es, den Toyah glücklich in den Eingang des Tempels zu bringen, ehe die vordersten Reiter sie von demselben abzuschneiden vermochten. Gleich nachher waren alle Apachen um die beiden Toten versammelt, und ihr Geschrei verkündete ihre Wut und Erbitterung über den Verlust ihrer beiden tapfersten Krieger.

Wis-con-tah hatte die wilde Schar, die bei dem Schall der Schüsse herbeigekommen und der er daher auf seiner schmählichen Flucht schon am Eingange des Thals begegnet war, zwar bei dem wilden Ansturm begleitet, sich alsdann aber, als er dessen Zweck vereitelt sah, möglichst außer Schußweite gehalten, und befahl jetzt, den Leichnam Makotöhs zurückzubringen und die Pferde zusammen zu koppeln. Nachdem dies geschehen, ordnete er mit der Umsicht eines erfahrenen Kriegers den Angriff gegen die Ruinen, indem er nach indianischer Sitte mit einer geschickten Rede die Rachgier und Erbitterung der Bande auf das höchste steigerte. Die Apachen rannten wie wahnsinnig umher, drohten mit den Waffen und Fäusten nach dem Versteck ihrer Gegner und verlangten ungestüm von ihrem vorsichtigen Führer, zum Ansturm gegen die Ruinen geführt zu werden.

Aber der listige Häuptling der Mescaleros wußte sehr wohl, daß sich dort jetzt drei gefährliche Büchsen befanden, und wenn es auch nicht zu bezweifeln war, daß bei einem mutigen Angriff die drei Feinde unterliegen mußten, so wollte er doch so wenig Krieger als möglich dabei verlieren, um dann einen desto größeren Triumph zu feiern. Im ganzen verursachte ihm der Fall des »Grauen Bären« wenig aufrichtiges Bedauern; denn dessen rohe Heftigkeit hatte zu oft seine schlausten Pläne durchkreuzt und ihn in Schatten gestellt. Jetzt war er unbezweifelt der bewährteste und einflußreichste Häuptling seiner ganzen Nation, namentlich wenn es ihn jetzt noch gelang, drei so gefürchtete Feinde wie Eisenarm, den Toyah und den berühmten Anführer der Weißen zu fangen oder zu töten.

Auf der anderen Seite durfte er die Erregung und Rachgier seiner Krieger nicht verrauchen lassen und mußte daher den Angriff schnell beginnen. Er suchte daher die Tapfersten aus, ließ sie nur ihre Messer und Tomahawks behalten und befahl ihnen, von den Seiten her unter Benutzung jeder Deckung gleich den Schlangen im Grase kriechend sich dem Eingang zu nähern, während die mit Flinten Bewaffneten von Baum zu Baum vordringend, ein fortdauerndes Feuer auf die Öffnungen und alles, was sich zeigen möchte, unterhalten sollten, bis er das Zeichen zum Angriff geben würde.

Diesen Befehlen wurde alsbald Folge geleistet.

Wie Schlangen wanden sich die Apachen heran, während zehn Flinten fortwährend ihre Kugeln gegen den Eingang des Tempels sandten, in dessen dunkler Öffnung die Angreifenden, als sie näher kamen, die Gestalt eines Mannes erblickten.

Endlich warf eine der zahlreichen Kugeln diese zu Boden, und sogleich gab der Häuptling mit einem Ruf das Zeichen zum Angriff. In langen Sprüngen stürzten die Krieger mit geschwungenem Tomahawk unter wildem Geheul nach dem Tempel und drangen hinein, ohne Widerstand zu finden, ohne einer Kugel aus dem sicheren Rohr Eisenarms und seiner Begleiter zu begegnen; denn vergeblich gellte der Ruf durch den öden unheimlichen und nur spärlich beleuchteten Raum, vergeblich wurden der Tomahawk und das Messer geschwungen, der Tempel war leer bis auf die schwarze, jetzt von Kugeln zerrissene Leiche des Yankee.

Bei diesem Anblick erfaßte das Grauen des Aberglaubens die roten Krieger, die weit durch die Einöde verbreiteten Sagen von den dämonenhaften unheimlichen Bewohnern des Ortes kehrten zurück in ihre Erinnerung und überwältigten selbst den Mut des tapfersten Kriegers; zitternd entflohen sie der schrecklichen Stätte und drängten hinaus ins Freie.

Aber hier erwartete sie ein neuer Schrecken.

Der Angriff auf die Ruinen hatte selbst die Aufmerksamkeit des schlauen und umsichtigen Häuptlings der Art in Anspruch genommen, daß er auf keinen anderen Gegenstand achtete, und als er jetzt zufällig sich nach dem Eingange des Thales zurückwandte, mit Erstaunen dort eine der seinen wohl zweifach überlegene Schar von Reitern herangaloppieren sah. Anfangs glaubte er, daß es der Rest seiner zur Belagerung der Insel zurückgelassenen Bande war, die, durch irgend ein Ereignis veranlaßt, ihnen nachgefolgt sei, aber bald überzeugte ihn die wohlbekannte Gestalt Kreuzträgers, der in der Mitte der herankommenden Schar ritt und sie mit seinem Zuruf anfeuerte, und der Schlachtruf der alten Feinde seiner Nation, daß die Nahenden feindliche Indianer sein mußten.

Sein gellender Pfiff rief seine Krieger herbei und alle eilten Hals über Kopf nach ihren Pferden. Aber kaum der Hälfte gelang es, diese zu erreichen, als die Schar der Comanchen schon über sie herfiel.

Diesen voran sprengte ein junger Krieger mit der vollendeten Gewandtheit eines indianischen Reiters und schwang seinen langen Rohrspeer. Eisenarm, der mit dem Jaguar und dem Grafen jetzt plötzlich auf der ersten Terrasse des Tempelbaues erschien, konnte bemerken, wie der junge Häuptling, denn ein solcher mußte er nach der Malerei seines Gesichts und den Federn auf seinem Haarbusch sein, sich sorgfältig vor dem alten Wegweiser hielt und jede Gefahr von ihm abzuwenden bemüht war.

Es folgte ein kurzes Gefecht, in dem der schwache Widerstand der Apachen bald gebrochen wurde. Keiner entging dem rächenden Beil oder der Lanze, bis auf den Häuptling selbst, der offenbar vorzüglich beritten war und von Beginn des Gefechts an nur an seine persönliche Rettung gedacht hatte.

Ihn hatten sich sowohl der junge Comanchenhäuptling als auch der alte Kreuzträger hauptsächlich zum Ziel ihres Angriffs genommen. Da sie aber wiederholt durch das Gedränge der eigenen Reiter von ihm abkamen, gelang es Wiscontah, ihnen mit seinem flüchtigen Renner in weitem Bogen den Vorsprung abzugewinnen, und, verächtlich die Hand gegen seine Feinde schüttelnd, setzte er über den Bach und jagte dem Eingange des Thales zu, jetzt sicher, dem Gemetzel zu entkommen.

In diesem Augenblick hob Eisenarm seine Büchse, warf sie an die Wange und feuerte.

Die Kugel traf das Pferd des Mescalero mitten in den Kopf, es that noch einen Sprung vorwärts und stürzte zusammen. Der Häuptling hatte sich im Augenblick rechtzeitig aus dem Sattel geschwungen und stand am Boden, die Büchse in der Hand – er war verloren!

So boshaft, hinterlistig und schlecht auch die »Schlange« war, in diesem Augenblick, wo er fühlte, daß seine Stunde gekommen, war der Apache ganz der indianische Krieger voll Todesverachtung und trotziger Herausforderung. Er stieß das Kriegsgeschrei seines Stammes aus und wandte sich kühn gegen seine Feinde.

Die nächsten waren der junge Comanchenhäuptling und Kreuzträger. Sie sprengten beide aus verschiedenen Richtungen gegen den Mescalero heran und schienen von gleichem Eifer beseelt, ihn zu töten. Der Apache fühlte, daß er nur einen seiner Gegner töten könne, und er schwankte einen Augenblick, welchen er wählen solle, dann hob er die Flinte und schlug auf Kreuzträger an, der kaum noch dreißig Schritte entfernt war.

Bei dieser Bewegung zerriß ein schneidender gellender Ruf die Luft:

» Père, garde toi!«

Der Wegweiser riß sein Pferd zurück bei dem Ton dieser Stimme, daß es auf seine Hacken sank, während er sich in der höchsten Bestürzung rings umsah, gleichgültig gegen die Gefahr, die ihn bedrohte.

So empfing er die Kugel des Apachen mitten auf der Brust und sank rücklings vom Pferde.

Ein Schrei des Schmerzes, des Entsetzens drang aus dem Munde des jungen Häuptlings, und im nächsten Augenblick begrub seine Hand mit so gewaltigem Schlage den Tomahawk in das Haupt des Mescalero, daß die Schneide des Stahls bis auf die Kinnbacken drang.

Im Nu war der Comanche vom Pferde und warf sich neben Kreuzträger auf die Knie, mit den zärtlichsten Worten bemüht, ihn ins Leben zurückzurufen und sich anklagend, daß er schuld an seinem Tode sei.

Das Gefecht war unterdes zu Ende gegangen, und nicht einer der Apachen hatte Pardon erhalten. Ihre blutigen Leichen lagen auf dem Grunde umher, und die wilden Krieger sammelten sich um ihren jugendlichen Führer, zu dem auch Eisenarm und seine beiden Gefährten getreten waren.

Der alte Mann lag noch immer ohne Bewußtsein und schien zum Tode getroffen, obschon äußerlich keine Spur der Blutung zu sehen war. Endlich begann er sich zu regen und schlug in den Armen des jungen Kriegers die Augen auf.

»Was ist geschehen, Freund?« murmelte er, »diese Stimme – ich hörte sie deutlich, und doch – es ist unmöglich!«

»Es war die Stimme Deines Sohnes!« sagte der junge Häuptling mit tiefer Rührung. »Dein Ohr hat Dich nicht getäuscht, es ist Dein Robert, der zu Dir spricht! – Krieger einer großen und tapfern Nation, seht hier den Vater dessen, dem Euer Mitleid das Leben gerettet, und der seinen totgeglaubten Erzeuger in der Stunde verlieren soll, da Gott, der große Geist! Vater und Kind wieder zusammengeführt hat!«

Die unerwartete Entdeckung war zu viel für die erregten Nerven Kreuzträgers gewesen und er aufs neue in Ohnmacht gesunken. Während dessen hatte Eisenarm das Nötigste gethan, das Jagdhemd des alten Wüstengängers geöffnet und nach seiner Verletzung gesehen. Zu aller Erstaunen fand sich keine andere, als eine rote blutunterlaufene Quetschung mitten auf der Brust, und als die Hand die Kleider weiter beseitigte, fiel die abgeplattete Kugel ihr zwischen die Finger.

Das silberne Kreuz, das er so lange zum Schrecken seiner Feinde getragen, hatte ihm das Leben gerettet. An der starken Silberplatte hatte die Kugel nicht durchschlagen können und sie nur zusammengebogen und mit gewaltigem Schlag den Alten zu Boden geworfen.

Eisenarm sah voll Teilnahme auf den jungen Krieger.

»Wenn Du wirklich der Sohn des braven Mannes bist,« sagte er freundlich, »obschon wir nie gehört haben, daß dieser von dem furchtbaren Schicksal gerettet worden, das ihm jener erschlagene Satan dort bereitet hatte, so laß Deinen Vater bei seinem Erwachen das wahre Gesicht seines Kindes sehen. Gehe zum Bach und wasche die indianische Malerei ab, ehe er erwacht.«

Der junge Comanchen-Krieger erhob sich, jetzt im vollen Licht des Morgens konnte man erkennen, daß die Farbe seiner Haut zwar tief gebräunt war, aber doch nicht der seiner wilden Gefährten glich.

»Woykas, der Sohn des Büffels,« sagte er mit einem Gemisch von indianischer Prahlerei und Gefühl, »hat das Herz eines Comanchen, und seine Brüder haben ihn zu ihrem Führer gemacht. Aber das Auge eines Vaters ist noch nicht gewohnt, den Sohn in den Farben seiner neuen Brüder zu sehen!«

Er ging nach dem Bach und entfernte die grimmige Malerei, die sein Gesicht entstellte.

Er hatte kaum wieder den Platz neben dem Wegweiser eingenommen, und ihn gleichfalls mit dem frischen Wasser der Quelle begossen, als der alte Mann erwachte, und sein erster Blick auf das Gesicht seines totgeglaubten Kindes fiel.

»Robert, mein Sohn? ist es Dein Geist, oder bist Du es wirklich?«

Die Arme, die ihn umschlangen, bewiesen ihm, daß alles Wirklichkeit sei.

Selbst die Indianer, meist junge Männer, die unter der Leitung einiger erfahrener älterer Krieger einen Jagdzug an die Ufer der Seen von ihrem weit entlegenen Gebiet her unternommen hatten und dann von ihrer Jagdlust bis an die Sierra verlockt worden waren, um dort die Spuren von Bären aufzusuchen, ehrten mit teilnehmendem Schweigen die ersten Augenblicke des Wiederfindens zwischen Vater und Sohn.

Robert Saville hatte seinen Vater bereits erkannt, als dieser gegen Morgen nach langem und mühseligem Umherirren auf den Lagerplatz der Comanchen gelangte. Die indianische Erziehung, die er unterdes erhalten, und die namentlich den jungen Männern die Äußerungen des Gefühls als weibisch verbietet, hatte ihn abgehalten, sich sofort zu erkennen zu geben, und als er erst vernommen, daß es galt, die apachischen Häuptlinge zu überfallen, die das Verderben seiner Familie mit so teuflischer Grausamkeit herbeigeführt hatten, beschloß er um so mehr, sich erst dann zu erkennen zu geben, wenn er zugleich als Rächer der Seinen sich zeigen konnte.

Das Schicksal des jungen Mannes war bald erklärt.

Jener Akt des schändlichen Verrats hatte ja in der Nähe des Lago verde, also viel weiter südöstlich von den Hauptorten unserer Erzählung, gespielt. Während der Büffel, der den amerikanischen Kapitän davon trug, an den Ufern des Sees unter dem Messer des Offiziers verendete, hatte das andere Tier seine Richtung nach Osten genommen, zurück nach den Ufern des Rio del Norte. Mehrere Stunden hatte der Knabe trotz seiner Erschöpfung die furchtbare Qual ausgehalten, dann aber waren ihm die Sinne geschwunden.

Wie lange und wie weit das rasende Tier mit ihm gerannt, ist nie ermittelt worden. Als er endlich wieder zur Besinnung kam, befand er sich viele Tagereisen entfernt von den Ufern des Sees und wie er annehmen mußte, von der Todesstätte seiner Eltern und Freunde, in einem Dorfe der Comanchen jenseits des großen Flusses. Viele, viele Tage waren vergangen, seit umherstreifende Jäger dieses Volkes den Büffel verendet in der Wüste gefunden hatten und auf ihm den leblosen Knaben. Als sie an dem Unglücklichen noch unzweifelhafte Spuren des Lebens entdeckten, boten sie alsbald jede Mühe auf, den verglimmenden Funken wieder anzufachen, indem sie in dem auf so unerklärliche Weise zu ihnen Gekommenen ein Geschenk des Himmels erblickten, gemäß der zufälligen Prophezeiung eines ihrer Wahrsager, der dem Stamme einen besonderen Segen des großen Geistes auf diesem Jagdzuge verheißen hatte. Dieser Aberglaube, in dem der Stamm noch immer festhielt, war dem unglücklichen Knaben zu großem Nutzen geworden. Die Jäger, die ihn gefunden, warteten des Bewußtlosen und dann Sinnverwirrten mit all jener Rücksicht, welche die ihres Verstandes Beraubten stets unter den Indianern genießen, und brachten ihn nach dem Dorf ihres Stammes. Hier lag der Unglückliche lange in völliger Sinnenverwirrung, aus der endlich seine kräftige Natur ihn wieder zur geistigen und körperlichen Gesundheit zurückführte. Doch war, wie in Fällen geistiger Krankheiten nicht selten beobachtet wird, anfangs die Erinnerung an die früheren Verhältnisse und Ereignisse gänzlich ausgelöscht, und Jahre gingen darüber hin, ehe sie nach und nach wieder in seiner Seele auftauchten und durch die Erzählung seiner Retter zum klaren Bewußtsein wurden.

Unterdes war er von dem Stamm nach indianischem Brauch als Sohn adoptiert worden und hatte mit den Jünglingen die Erziehung eines Jägers und Kriegers erhalten, die ganz seiner ursprünglichen Natur und seinen Neigungen entsprach. Der Stamm gehörte zu den wandernden Völkerschaften und hatte bald nach seiner Genesung seinen Wohnsitz in die weiten Prairieen auf der Texas-Seite des Rio del Norte verlegt. Robert Saville, der anfangs selbst seinen Namen vergessen, wurde fortwährend mit großer Vorliebe, ja Verehrung von den Materos behandelt, die das zufällige Gelingen mehrerer kriegerischen Unternehmungen und die glücklichen Ergebnisse ihrer Jagdzüge der Anwesenheit des vom Großen Geiste ihnen geschenkten Sohnes zuschrieben. Überdies waren ihnen im Tauschhandel mit den Weißen seine Sprachkenntnisse von Nutzen und auch sonst gewährten ihnen manche seiner in der Civilisation erlangten Fertigkeiten und Kenntnisse bedeutende Vorteile. So war es gekommen, daß er schon nach seinem ersten Kriegszug, in welchem der erste Häuptling des Stammes gefallen war, trotz seiner Jugend zum Nachfolger in dieser Würde gewählt wurde.

Erst seit etwa einem Jahre war der Stamm wieder auf seine alten Wohnstätten diesseits des Rio del Norte zurückgekehrt, und Robert, oder Woykas, der Sohn des Büffels, der sich sonst ganz in indianische Sitten und Weise eingelebt, hatte jetzt Gelegenheit genommen, einen längeren Jagdzug bis an die Ufer des Lago de Agua Verde zu machen, um die Todesstätte seiner Eltern, die »Quelle der Engel«, zu besuchen. Er hatte nie einen Zweifel gehegt, daß alle Mitglieder seiner Familie ein Opfer der teuflischen Bosheit des Mescalero und seiner Genossen geworden waren, und war in diesem Glauben durch den Anblick der Grabhügel vollends bestärkt worden, welche die Teilnahme des amerikanischen Kapitäns und der weißen Jäger über den Resten der Verschmachteten aufgeworfen hatte, als sie Kreuzträger und die junge Frau aus ihrer fürchterlichen Lage erlösten.

Zur Fehde wie zur Jagd auf einem so weiten Zuge durch das Gebiet feindlicher Stämme gleich gut gerüstet, war den jungen Kriegern nichts willkommener gewesen, als die Botschaft Kreuzträgers, und nach kurzer Beratung hatte die ganze Bande alsbald ihr Lager abgebrochen und sich auf den Weg gemacht, um die Apachen in dem Thale der Quellen zu überraschen.

Natürlich waren jetzt nach dem errungenen Siege alle darüber einverstanden, diesen Sieg weiter zu verfolgen, und die zur Blockierung der Insel Zurückgebliebenen zu überfallen und zu vernichten.

Über diesen Punkt hielten Kreuzträger, Eisenarm und der Graf mit dem jungen Häuptling und den angesehensten Kriegern der Comanchen eine längere Beratung. Kreuzträger und der Graf hatten ja ihr Wort verpfändet, bis zum zweiten Morgen zu den Belagerten auf der Insel zurückzukehren oder ihnen Beistand zu bringen. Infolge einer Unterredung mit dem Grafen übernahm es Kreuzträger, diese Verpflichtung zu erfüllen, während der Graf mit Eisenarm und Wonodongah in dem Thale zurückbleiben und erst am nächsten Tage nachfolgen wollte.

Die aufgefangenen Pferde der erschlagenen Apachen sollten dazu dienen, dem Grafen und seinen Leuten die auf dem Rückzug nach der Insel verlorenen Tiere zu ersetzen.

Diese Anordnungen hatte Graf Boulbon seiner Zwecke und der Bewahrung des Geheimnisses wegen für nötig gehalten und durchgesetzt, während die Comanchen beschäftigt waren, die Leichen der Getöteten mit der des Yankee vereint in einem großen Grabe zu bestatten. Wonodongah trug bereits auf seinen Schultern den Fellschmuck Makotöhs, und der junge Häuptling der Materos hatte sich mit dem Totem des erschlagenen Mescalero geschmückt, obschon er verschmähte, seinen Skalp zu nehmen.

So war der Mittag und die Zeit herangekommen, die man zum Aufbruch nach der Insel bestimmt hatte. Der Marsch sollte mit aller Vorsicht auf beiden Ufern des Buenaventura und der Überfall dann nach indianischer Liebhaberei vor Tagesanbruch erfolgen.

Das Zeichen zum Aufbruch wurde gegeben, und der Trupp setzte sich alsbald in Bewegung. Graf Boulbon, der einen der erbeuteten Mustangs bestiegen hatte, ritt noch eine Strecke neben dem Wegweiser her, ihm allerlei Instruktionen gebend.

Das ganze sonst so ritterliche, freie und offene Wesen des Franzosen begann sich zu verändern. Er vermied es. sich über die Gründe näher auszusprechen, die ihn veranlaßten, mit Eisenarm und dem Toyah hier zurückzubleiben, und er betonte sorgfältig den Befehl an seine Leute, auch nachdem die Apachen besiegt und verjagt wären, die Ufer des Flusses an der Insel nicht zu verlassen, sondern auf alle Fälle seine Rückkehr zu erwarten.

Endlich, an einer Biegung des zum Fluß anschwellenden Baches, wo sich der Zug der Comanchen-Krieger auf die beiden Ufer verteilen und so den Weg fortsetzen wollte, hielt der Graf sein Pferd an.

»Leben Sie wohl, Monsieur Kreuzträger!« sagte er hastig, »wenn wir uns wiedersehen, hoffe ich. Ihnen zu beweisen, daß Sie sich keinem Undankbaren verpflichtet haben. Gott hat es mit Ihnen gut gemacht – sein Wille entscheide auch über meine Zukunft!«

Er drückte ihm die Hand, wendete sein Pferd und sprengte davon. Der Gedanke an das, was ihn erwartete, hatte bereits so ganz seine Seele eingenommen, daß er selbst den Gruß an seine Gattin, an den treuen Freund seiner Jugend und an die wilden, unbändigen aber tapferen Gefährten vergaß, die den abenteuerlichen Zug mit ihm unternommen, der schon so viel Blut und Leiden gekostet hatte.



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