Autorenseite

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Empörung

Sie kamen mit kriegerischem Gesang durch die Hauptstraße des kleinen Hafenortes und bogen nach dem Bahnhof ab. Einzelne trugen funkelnagelneue Koffer in den Händen, andere Pakete, in Papier oder Sackleinwand eingeschlagen, und bei andern reichte das große, bunte Schnupftuch aus, die wenigen Habseligkeiten zu bergen. In die Garnison ging's, zum Militär. Sträuße an manchen Hüten, Blumen in einigen Knopflöchern. Glühende Gesichter, erregte Herzen. Getrunken haben sie auch. Und nun singen sie lärmend das beklemmende Gefühl des Abschiedes und der Unsicherheit nieder.

Einige trotten schweigend, blaß, finster in der Mitte ihrer überlustigen Kameraden dahin. Sie lassen ein Leben voll Entbehrung und harter Arbeit hinter sich; aber das, was vor ihnen liegt, lockt sie nicht. Einer ragt unter allen hervor. Das ist Fritz Dahlmann, der Ziegelbrenner. Ein Bursche von zweiundzwanzig Jahren, zusammengefügt aus Haut, Sehnen und Knochen. Hager und lang; der Rücken ein wenig gebeugt. Zweimal hatten sie ihn bei der Gestellung laufen lassen; beim drittenmal griff die harte Faust des Staates zu. Dahlmann lief halb verrückt von der Generalmusterung nach Hause. Das hatte er nicht mehr erwartet. Er war gerade dabei gewesen, Vorbereitungen zu seiner Hochzeit zu treffen. Und er ließ mehrere Tage verstreichen, ehe er den Mut fand, seiner Liese die Sachlage schonend beizubringen. Aber sie schrie doch …

»Rekrut Dahlmann!« Der rotnasige Polizist, der den Trupp neben einem Gefreiten begleitete, kommandierte schon wieder. »Kopf hoch, zum Teufel! Wollen Sie die Pflastersteine zählen?« Dahlmann hob kaum den Kopf, murmelte: »Geiht di dat ok wat an?«, und fiel in seine alte Haltung zurück.

»Schlapper Kerl!« murmelte der Polizist und wandte sich dem Gefreiten zu. »Ich sage Ihnen, was hier aus den Ziegeleien kommt … Bruch, einfach Bruch!«

Der Gefreite lächelte verächtlich.

»Da! Sehn Sie sich mal die an! Die mit den Koffern.« Der Polizist wies auf die ersten Reihen. »Lauter Bauernjungs! Ist 'n Schlag. Sitzt auch was dahinter.« Er machte eine Bewegung mit Daumen und Zeigefinger.

»Werden schon bluten«, lachte der Gefreite. »Wenn sie's gut haben wollen.« Mit einer ärgerlichen Geste wandte er sich dem hinteren Teil des Trupps zu: »Lauft nicht so durcheinander wie die Schafe. Donnerwetter nich noch mal!«

»Bist du 'n Viehtreiber?« Es kam aus der Mitte heraus. Dem Soldaten schoß das Blut ins Gesicht. »Wer war das?!« Keiner meldete sich. Einige schielten auf Dahlmann.

Der Gefreite schüttelte die Faust: »Nehmt euch bloß in acht!«

Der rotnasige Hüter des Ortes strich sich grimmig den bierfeuchten Schnurrbart: »Jungs, Jungs! Hätt' ich euch in meiner Korporalschaft gehabt!«

Als sie auf den Perron des Bahnhofs traten, pfiff in der Ferne schon der Zug. »Macht's schnell mit dem Abschied!« Der Soldat ermahnte. »Das Geflenne taugt nicht für 'n Rekruten.«

Es fielen doch einige Tränen. In der Hauptsache bei den Angehörigen, die sich hier eingefunden hatten, um noch einmal den Sohn, den Bruder oder den Liebsten zu sehen. Alte, runzelige Mütterchen trockneten sich die Augen mit der Schürze, griffen mit zitternder Hand in die Tasche und brachten einen mühsam ersparten Taler heraus: »Hier, Jochen …«

»Bliew mi ok tru, Heinrich«, mahnte ein Mädchen immer wieder. »Bliew mi ok tru!«

Fritz Dahlmann stand etwas abseits. Seine Liese hing ihm am Halse: »Gah nich weg, Fritz! Gah nich!«

»Dat helpt doch nu allens nich, Liesing.«

»Ick lat di nich weg! Ick lat di nich!« Zitterndes, verzweifeltes Schluchzen. »Was sall 'k denn anfangen ohn di? Segg doch, Fritz!« Fritz ächzte: »Ick weit't nich, Liese. Ick weit't nich. Friewillig gah 'k ja nich. Bliew ick hier, denn holt's mi mit Gewalt.«

»Sei möt di friegeben! Sei möt! Stell't man den Hauptmann vor, Fritz. Segg em: Ein – ein Kind luert op sienen Vadder. Denn in veertein Dag is dat so wiet, Fritz.«

Fritz wischte sich den Schweiß von der Stirn: »De Hauptmann kann dor ok nix tau dauhn, Liesing.«

»Wat sall ick denn maken, Fritz? Segg mi!«

»Gah tau mien Mutter, Liese. Sei ward di biestahn.«

»De oll Fru? Nee, Fritz. De hätt' ja sülben nix. Da müßt' ick mi ja schämen.« Stromweise rinnen die Tränen.

Eine Hand legt sich auf Fritzens Schulter. Der Polizist steht hinter ihm: »Nu man 'n bischen zu, Fritze Dahlmann. Meinst, sie schicken 'n Extrazug für dich? 'rein ins Kupee! Das knutscht sich hier sonst noch 'ne Stunde ab. Donnerwetter! In der Garnison sind auch Mädels, die noch was abhaben wollen!«

Dahlmann wendet sich mit einem Ruck und schüttelt die Hand ab: »Laten S' mi tofreden!«

»Nu, nu, Rekrut!« Der Polizist hebt die behandschuhte Rechte. »Man nich so dreist 'm alten ausgedienten Unteroffizier gegenüber! Ihr habt noch schön in die Windeln gemacht, da trug unsereiner schon den Kuhfuß.« Er schneuzt sich und tritt zum Soldaten: »Den da behalten Sie man im Auge, Gefreiter. Das ist einer von den Obstinatschen!«

»Kunststück.« Der Angeredete wirft einen überlegenen Blick auf Dahlmann. »Wir haben schon andre klein gekriegt. Morgen frißt er aus der Hand. Sie da, Dahlmann oder wie Sie heißen, einsteigen! Oder warten Sie auf 'n Schlafwagen, he? Und Fräulein Braut möchte mit.«

Dahlmann wendet ihm ein paar große, glühende Augen zu. Heiß steigt's ihm zu Kopf. Sein Zorn will hinaus.

Aber Liese ist schon zu dem Soldaten hingestürzt, ergreift seine Hände und schluchzt: »Laten S' em hier, Herr Unteroffizier! Hei will mi jo heiraten. Hei is de Vadder von dat Kind, hei –«

Dahlmann reißt sie fort: »Vertell't doch gliek de ganze Stadt, du Swaddermul! Geiht den dat ok wat an!«

»Bist ja 'n feiner Liebster!« sagt höhnisch der Gefreite. Und zu Liese: »Verklag ihm man auf Alimente. Weiter ist da nichts zu machen. – Und nun rin in den Hammelstall, Dahlmann!« Er wendet sich zum Zuge.

»Hund!« Fritz zittert am ganzen Leibe. »Adjüs, Liesing. Twei Johr sind' ne lange Tid. Aber'n Enn hebbt se ok mal. Wenn se mi nich op Festung bringt«, fügte er leise hinzu.

»Fritz!« In Lieses Augen kommt neuer Glanz. Sie hängt sich noch einmal an seinen Hals, zieht den Kopf des Liebsten nieder und flüstert: »Lop weg! Lop weg, Fritz! Mien Brauder geiht hüt abend in See. Wenn du in Sicherheit büst, kom' ick nah.«

»Himmeldonnerwetter, Dahlmann! Meinen Sie, der Zug hält für Sie extra noch 'ne Stunde?« Der Polizist faßt ihn an.

Dahlmann stößt ihn beiseite: »Nu is't tau lat, Liesing. Jetzt geiht dat nich mehr. Adjüs.« Er springt in den Zug. Die Räder setzen sich langsam in Bewegung.

Der Gefreite salutiert dem Polizisten durchs Fenster.

Fritz sieht nicht mehr hinaus. Er ist auf eine Bank gesunken und starrt auf den Boden.

Draußen klammert sich verzweifelt schluchzend ein Mädchen an den Zaun: »Fritz – Fritz –.«

»Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus, Städtele hinaus …« Gewaltig dröhnt's im Zuge. Die Schnapsflasche kreist. Die Bauernsöhne haben's sich was kosten lassen.

Auch der Gefreite trinkt.

Dahlmann stößt die Flasche von sich; sie fällt und zerbricht.

Zorniges Murren bei den Betroffenen.

»Der kann sich freuen«, sagt der Soldat. »Wenn er beim Militär auch so bockköpfig ist, dann Gnade seinem Hintersten!« Und zu den Bauernsöhnen: »Der ist jedenfalls bloß Wein gewöhnt, der junge Mann. Sieht ganz so aus.«

»Ja«, meldet sich einer, »es ist 'n Ziegelbrenner aus Handorf. Die saufen bloß Champagner bei der Arbeit.«

Dröhnendes Gelächter bei den Wohlhabenderen. In den Augen andrer – es sind noch mehr Ziegelbrenner darunter – blitzt es zornig auf.

»Ihr Mistfahrer!« ruft einer. »Jü sind ja all tau'n Frühstück besopen.«

»Na, na, na!« Der Gefreite beschwichtigt den ausbrechenden Streit. »Ich red' nur von einem. Bloß das möcht' ich noch wissen, ob es so Mode ist bei euch, daß die Taufe vor der Hochzeit kommt.« Er nickt mit Augenzwinkern zu Dahlmann hinüber. Der hebt den Kopf, während ihn die andern lachend anschauen, und wirft einen Blick auf den Gefreiten. Der zuckt jäh zusammen. Er hat noch mehr Spottworte auf den Lippen, bezwingt sich aber und sagt: »Ist ja jeden seine Sache, solange er im Zivil ist. Beim Militär pfeift's anders! Beim Militär heißt's: Maul halten! Wir haben einen in der Korporalschaft gehabt, der hat bloß wegen 'nem bösen Blick vierzehn Tage stramm gekriegt! Ich sag' euch, der war artig nachher! Gar nicht zum sagen. Augen wie 'ne Madonna hat er gemacht. So.« Der Gefreite legte die Hände ineinander und drehte die Augen zur Decke.

Dröhnendes Gelächter.

»Ja«, der Soldat nickte, befriedigt von dem Erfolg seines Scherzes. »Und so wird's gewissen Leuten auch gehen, die im Zivil das Maul vollgenommen haben und Blicke um sich schmeißen wie 'n wütender Stint.«

»Geiht dat op mi?« Dahlmann fragte. »Du sei man ruhig. Du denk man an das Mädchen –.«

»Wat geiht di mien Mäken an?« Dahlmann stand auf, sich mit Mühe bezähmend, und trat dem Gefreiten näher. »Wenn du noch ein Wort davon seggst –!«

Der Soldat schnellte in die Höhe: »Willst woll drohen, was, du Ziegelbrenner. Mit dir werden wir auch noch fertig. Du stehst unters Militärgesetz; merk dir das!«

»Ha!« Dahlmann steckte die Hände in die Taschen. »Du büß woll 'n General beinah, he? 'n Gefreiter! Was is denn 'n Gefreiter?«

»Das werd' ich dir zeigen!« Der Soldat nahm eine militärische Haltung an, griff ans Seitengewehr, während ihm eine heiße Blutwelle zu Gesicht schoß, und schrie: »Du hältst nu das Maul und setzt dich da in die Ecke, verstehste! Mädchen verführen, das kannste, du Lump!«

»Hund!« Dahlmann stand dicht vor ihm. »Mien Mäken lat in Rauh! Dat is 'n Mäken, so ehrbar wie …«

»Hahaha! Ehrbar!« Der Gefreite lachte höhnisch auf. »Habt Ihr gehört? So 'n Mensch, so 'ne Trine …«

Er kam nicht zu Ende. Dahlmann stieß mit beiden Fäusten zu. Der Soldat fiel in eine Ecke. Bleiches Entsetzen auf allen Gesichtern. Der Ziegelbrenner sah funkelnden Auges auf den Niedergeworfenen, der sich blaß, zitternd aufrichtete.

»Junge, Junge«, flüsterte einer schwer atmend. »Dat giwt 'n poor Johr Festung.«

Das Wort bringt Dahlmann zur Besinnung.

Mit einem Satze ist er an der Tür, reißt sie auf, steht eine Sekunde auf dem Trittbrett – ein Sprung – Dahlmann ist verschwunden. Unten, am Rande der Böschung, in einem mit Wasser gefüllten Graben, liegt er. Er spürt's kaum, rafft sich auf und flieht, flieht über die Wiesen und Gräben.

Aus der Lokomotive gellt ein langer Pfiff. Der Gefreite hat die Notbremse gezogen; die Räder schleifen; bald steht der Zug.

Dahlmann ist schon ein gutes Stück entfernt. Hinter einem Busch duckt er sich, sieht zurück und bemerkt, wie die Verfolger den Bahndamm hinabklimmen. Und von neuem beginnt er zu laufen, ohne Pause, atemlos, in mächtigen Sprüngen. Ein Junge, der Rinder hütet, sieht ihn plötzlich neben sich auftauchen; schreiend fährt der Knabe zur Seite und läuft. Als er sich umsieht, ist die schreckhafte Erscheinung verschwunden. Furchtsam kehrt er zu seinen Kühen zurück. ›Ein Gespenst war's‹, denkt er.

Dahlmann läuft. Läuft unaufhaltsam. Springt über Gräben, stolpert über Steine, jagt durch Hecken, Gebüsche und Wälder.

Endlich sinkt er nieder und überlegt, wie lange er gelaufen sein mag. Er weiß es nicht. Er sieht nur, daß von den Wiesen die Nebel zu steigen beginnen und daß die Dämmerung sich grau in das Gezweig des kleinen Wäldchens hängt. Eine große Sehnsucht überkommt ihn, hier liegenzubleiben und die Augen zu schließen. Er wehrt sich dagegen. Frostschauer laufen ihm über den Leib. Er schüttelt sich und bemerkt, daß ihm das Zeug am Leibe klebt. Jeder Faden am Körper ist naß.

Wie kam das nur? Wie ist überhaupt das Ganze gekommen? Dunkel wacht's in ihm auf, daß er den Soldaten niederschlug und daß er fort muß. Ja, jedenfalls fort. Weit fort. Im Gehölz raschelt etwas. Er springt auf. Niemand. Wohin nun? Nach dem Ort, von dem er gekommen? Der rotnasige Polizist weiß sicher schon Bescheid. Sie werden fahnden auf ihn.

Auch Liese wird's erfahren. Er lacht. Die wird Augen machen!

Er spürt noch ihre heißen Arme um seinen Hals, hört ihr verzweifeltes Flehen – und ganz plötzlich fällt's ihm ein: »Lop weg! Mien Brauder geiht hüt abend in See.«

Ihr Bruder! Der besaß ein Segelschiff und fuhr mit Fracht die Weser hinauf, in die Nordsee, nach Holland.

Dahlmann stürzte von dannen. In einen schmalen Feldweg hinein. Der führte in Zickzacklinien von der geraden Straße ab. Aber Fritz konnte laufen. Und er lief.

Nach einer Stunde sah er die ersten Häuser der Stadt, die ersten Mastspitzen in der Ferne auftauchen.–

Hinnerk Martens wollte eben die Segel hissen, als seine Schwester Liese über den Landungssteg lief. Mit fliegendem Atem erzählte sie: Eben sei der Polizist bei ihr gewesen und habe sich nach Fritz erkundigt. Fritz sei desertiert, nachdem er den Gefreiten niedergeschlagen; jetzt werde er gesucht, um eingesperrt zu werden. Eine wilde, angstvolle Freude sprach aus ihr.

Hinnerk Martens war ein wenig schwerfällig. Deshalb sagte er nur immer wieder verwundert »Gottsdonnerwetter!« und schüttelte den Kopf. »Gottsdonnerwetter!« Dabei schielte er nach dem Mastwimpel, der lustig flatterte. Bessern Wind wünschte sich Hinnerk nicht. »Jä«, meinte er endlich, »wat is dor tau maken, Liesing? Ick hew kein Tied, dat weißt du!«

Sie beschwor ihn, zu warten. Sicher werde Fritz, wenn er irgend herankommen könne, sich hier einfinden.

Hinnerk murrte. Das paßte ihm ganz und gar nicht. Die Polizei sah er auch lieber mit dem Rücken. Aber eine Stunde gab er endlich doch zu.

Es dauerte nicht lange, da kamen schwere Schritte über den Landungssteg. Der Polizist und ein Gendarm. Die examinierten Hinnerk so, daß ihm der Schweiß ausbrach. Dann durchforschten sie das Schiff von vorn bis hinten.

Liese war auf dem Deck geblieben und richtete die Augen ins Dunkel. An den Lagerschuppen schlich eine Gestalt hin. Wie der Wind war sie drüben: »Fritz!« – »Liese!« Er erschrak sehr.

Sie schob ihn in einen engen Gang zwischen zwei Schuppen, flüsterte ihm zu, er möge warten, und huschte wieder aufs Deck.

»Fassen werden wir ihn schon«, knurrte der Wachtmeister, indem er sich aus der schmalen Kajütentür zwängte. »Wenn sie gescheit ist, Frauenzimmer, dann gibt sie uns Bescheid. Er kommt dann am Ende etwas billiger weg.«

Liese senkte den Kopf.

»Also nicht. Na, dann warten Sie hier, Kollege. Ich werde mich vor das Haus dieses Mädchens postieren.«

»Herr Wachtmeister«, Liese kam ihm in heuchlerischer Untertänigkeit näher, »wenn Fritz 'n Vorteil davon hätt', will ick 't seggen, wo he is.«

»Aber gewiß. Natürlich. Reden Sie.«

»In 'n Backaben (Backofen) achter uns' Hus, dor sitt he.«

»So ein Halunke! Vorwärts, Kollege! Das ist ja ein durchtriebener Kerl. Und sie kommt mit!« Er faßte Liese bei der Hand.

Fünf Schritte von Fritz entfernt gingen sie vorüber.

Dahlmann sah erstaunt, wie sie abmarschierten, Liese in der Mitte. Als sie unsichtbar geworden, schlich er sich aufs Schiff, wo Hinnerk Martens eben über die Schlechtigkeit der Weiber vor sich hin räsonierte. Das hatte er seiner Schwester nicht zugetraut: den eigenen Liebsten verraten!

Er erschrak nicht wenig, als Dahlmann plötzlich hinter ihm sagte: »'n Abend, Hinnerk!«

»Deubel ok!« Der Schiffer fuhr in die Höhe. »Büß du dat würklich, Fritz.« – »Pst.«

»Häst recht!« Martens nahm ihn schweigend an der Hand und führte ihn tief in den Ladungsraum. Dort bauten sie ein Versteck und fütterten es mit Stroh und Säcken aus. Dann brachte Hinnerk ihm trockene Kleider und zu essen, stieg nach oben, holte die Schifferknechte aus ihrer Kajüte und ließ die Segel hissen. Es ging ihm alles nicht schnell genug heute. Er löste selber die Stricke am Kai, riß den Landungssteg an Bord und stellte sich, die Matrosen anfeuernd, ans Steuer.

Langsam wand das Schiff sich durch das Lichtergewirr des Hafens.

Fritz hatte sich umgekleidet, Nahrung eingenommen und war sofort in einen tiefen Schlaf gefallen.

Als er erwachte, schwamm der Segler schon auf hoher See.


Nachwort aus Gründen des Urheberrechts gelöscht. Re. für Gutenberg

 


 << zurück