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VII. Altgermanisches.

Mir ist, ich vernehm' in des Windes Zug,
Der durch die Wipfel wehet,
Mir ist, ich vernehme der Gottheit Flug,
Die Über Allem lebet.

Vorlied.

Mit Worten nicht aus Wachs und Marzipan,
Gesinnungslosen und gedankenseigen,
Führt man zurück den alten Götterreigen,
Das ist ein eitler, frevelvoller Wahn.

Wer nicht im Herzen selber ein Titan,
Durchglüht von einer Glut, so tief ureigen,
Der soll sich nicht vor Walhalls Thoren zeigen,
Der soll das Harfenstimmen bleiben lan.

Wir aber, deren Hünenschwerter schneiden,
Wir fingen in dem Ueberdrang der Leiden
Im Ingrimm um die siech gewordne Welt.

Es gärt in unsrem eigenen Gesange,
Wie wenn beim Kampfe mit der Midgardsschlange
Giallarhorn zur Götterdämmrung gellt.

Einzug.

Schon wieder heult der Wintersturm sein Lied
Im öden Wald und wirft mit jähem Stoß
Die höchste Tanne in der Schluchten Schoß,
Daß schweren Flugs empor der Uhu flieht.

Und eisigkalt vom Kamm der Berge zieht
Ein Regen auf und dehnt sich riesengroß
Zum Nebelmeere, licht- und uferlos,
Daß man nicht mehr die Hand vorm Auge sieht.

Bei solchem Sturm wohl kam die erste Schar
Der ersten Deutschen, frierend und verdrossen
Mit ihrem Kindervolk im »Greisenhaar«,

Mit Hundekarren und mit Steppenrossen, –
Längst hinter ihnen, fern im Osten, war
Des Paradieses Pforte zugeschlossen.

Opferstätte.

Gemieden ist die Stätte, menschenleer,
Nur Felsenbrocken liegen noch im Kreise –
Die Maienlüfte wehen lind und leise
Und Rosenbüsche wanken blütenschwer.

Uralte Büsche, niemand achtet mehr
Der hehren Blüte, die in Wunderweise
Glückstrahlend aufging – noch der tiefen Gleise
Des heiligen Weges vom Gebirge her. –

Jedoch ein Schauer vor der Gegenwart
Der höchsten Wesen, die vor grauen Zeiten,
Als unser Voll noch auf der Wanderfahrt,

Ihm halfen eine Heimat hier bereiten,
Noch immer um die liebe Stätte weht,
Und hüllt mein Herz in schweigendes Gebet.

Heilige Berge.

O Berg, wo einst, mit Maiengrün umlaubt,
Mein Volk, daß es dem Sonnenaufgangslichte
Den ersten keuschen Blick entgegenrichte,
Die Nacht durchwachte und an Gott geglaubt!

Längst bist du deiner Heiligkeit beraubt,
Beiseit gesetzt vom Strome der Geschichte, –
Nur eine schwere dunkle Aschenschichte
Bedeckt, vermengt mit Scherben, noch dein Haupt.

Doch über alle Wälder riesenhehr
Ragst du empor, berast von niedrer Heide,
Tief unter dir, verschwommen in ein Meer,

Liegt endlos Berg und Thal im Frühlingskleide, –
Und auf den Felsen blühen noch die klaren
Geweihten Blumen, wie vor tausend Jahren.

Hochstraße.

Da zieht sie auf der höchsten Wasserscheide,
Die alte Straße, still und breit und grau,
Tief unten liegen Wald und Wiesenau,
Hier kaum ein Vogelbeerbaum auf der Heide.

Noch wächst an ihr verwildertes Getreide
Und auf ihr selber blühen rot und blau
Die Alpenblumen, die der Morgenthau
Bedeckt mit diamantenem Geschmeide.

Im Herbst und Frühling läßt auf ihr der Hirt
Gemächlich seine Lämmerherde grasen,
Doch wenn der Christbaum angezündet wird,

Hört man auf ihr ein fürchterliches Rasen,
Vorüber jagt mit seinem Geistertrosse
Der alte Wode auf dem weißen Rosse.

Hünengrab.

Siehst du das Grab des alten Hünen liegen
Hoch aufgeschüttet an dem Donaustrand,
Bewegungslos die Flügel ausgespannt
Darüber einen Königsadler fliegen?

Des Donauflusses blaue Wellen wiegen
Sich weich und wonnig durch das grüne Land,
Und heute sind am fernsten Himmelsrand
Die Schneegebirge strahlend aufgestiegen.

Einst brauste hier am heil'gen Staub des Toten
Vorbei das Volk der Hunnen und der Goten,
Vom Boden fegend alles Römerwerk,

Noch immer aber über Thal und Dünen
Schaut unversehrt das hohe Grab des Hünen,
Ein künstlich aufgetürmter Riesenberg.

Der König.

Stirnbänder dort, aus rotem Gold geschlagen,
Ein Eisendolch, zur letzten Gegenwehr,
Man sieht die Formen so genau nicht mehr,
Weil's die Jahrtausende mit Rost benagen.

Da sitzt er auf dem erz-geschirrten Wagen,
Die treuen Rosse schlafen um ihn her.
Da sitzt er aufrecht, in der Hand den Speer,
Den er so oft ins Feindesland getragen.

Sein Traum ist bleiern, übers Grab dahin
Geht das Gewühl der Schlachten, ganz alleine
Bleibt er zurück, es mürben die Gebeine

In sich zusammen, – neue Völker ziehn,
Mit neuen Göttern, neuem Waffenscheine,
Mit fremder Lieder fremden Melodien.

Nanna an Balders Holzstoß.

Die Götter sterben, in den Himmel leckt
Des Drachschiffs Lohe, die mit Flammenzungen
Des Heißgeliebten Glieder schon durchdrungen
Und seine Asche in die Winde trägt.

Was habt ihr mich aus meinem Traum geschreckt
Noch hatte mir sein Schmeichelwort geklungen,
Noch hieltest du mit Armen mich umschlungen, –
Nun von den Göttern keiner mehr dich weckt.

Aufbäumt das Meer, ich sehe schwarz wie Blut
Die Midgardsschlange aus der Tiefe ragen,
Am Welten-Eschenbaum die Stürme nagen, –

Aus allen Höhlen heult die Riesenbrut:
Die Götter sterben, und mit euch zu Grunde
Geht auch das Volk, ein Fraß dem Christenhunde!

Teufelsmauer.

Ueber Thal und Höhen zieht sie
Schnurgerad hinab, hinauf,
Nicht versumpfte Schluchten flieht sie,
Noch der Felsenberge Knauf.

Ueber Wald und Feld und Heide
Geht sie fort in stolzer Ruh,
Winkt mit ihrem Dornenkleide
Schon von fern dem Wandrer zu.

Und wo lang gezogne Wälle
Jetzt verdeckt von Stein und Moos,
Waren schirmende Kastelle
Dran gelagert, ernst und groß. –

Furchtbar ist der Kampf gewesen.
Der um Turm und Thor entbrannt,
Aus dem Schutt noch aufzulesen
Schwertesstumpf und Helmesband.

Rohe Schleuderkugeln lagen
Drohend in der Türme Grund,
Jedem auf das Haupt zu schlagen,
Der beim Alemannenbund.

Doch die Deutschen waren stärker,
Hieben alles kurz und klein,
Drangen wütend, als Berserker,
Durch den Teufelspfahl herein:

Ihren alten Heimatboden
Grüßend mit Triumphgesang,
Wo die alten heil'gen Toten
Schliefen schon jahrhundertlang.

Sieh, und diese Totenmale,
Hochgetürmt am Eichenhain,
Ragen über Berg und Thale
Noch in unsre Zeit herein.

Goldgerät und Kriegeswagen
Trüb in ihrem Schoße glühn,
Ururalte Göttersagen,
Blumen gleich, ihr Haupt umblühn.

Und noch zieht mit Sturmessausen
Ueber sie das Wodansheer –
Hört ihr nicht die Hörner brausen,
Seht ihr nicht des Gottes Speer?

Stets noch in der Wetterwolke
Rast er in die Männerschlacht,
Daß in seinem deutschen Volke
Der Teutonenzorn erwacht.

Auf, es ist noch nicht gebrochen
Sachsentrotz und Schwabenmut –
Feinde ringsum, laßt sie pochen,
Deutschland, auf! dein Schwert ist gut.

Alemannengrab.

Hei Alemannenschwert, nicht unversucht
Sankst du ins Grab, – wie blinktest du so helle,
Als auf der Römer ragende Kastelle
Die Deutschen stiegen aus des Bergwalds Schlucht.

Wie schlugest du die Welschen in die Flucht
Und bliebst der Hüter an des Reiches Schwelle,
Da man gekämpft um Hohenstaufens Wälle
Und bis ans Meer getragen deine Wucht.

Hei, Alemannenschwert, noch immer pocht
Der Welsche frechlings an den heil'gen Fluren,
Worüber deine ersten Helden fuhren

Im Siegeswagen, – doch noch immer kocht
Die jähe Glut in dir – und wehe denen.
Die dich gelegt zum »alten Eisen« wähnen.

Wittekinds Bruder.

1.

O weh, mein armes Sachsenland, o weh!
Zertreten liegst du von den Frankenrossen,
Die Jahr für Jahr sich über dich ergossen,
Entsetzlich floß dein Blutstrom in den Schnee.

O weh, mein armes Sachsenland, o weh!
Stumm sind geworden meine Kampfgenossen,
Auf ihren Gräbern schon die Disteln sprossen,
Allein zu sterben, ich ins Elend geh'. –

Am fremden rauhen, aber freien Strand
Will ich den alten Leib zur Ruhe betten,
Was blieb denn noch in meinem Vaterland,

Als schlechtes Volt in ausgebrannten Stätten,
Was knieend frißt den Pfaffen aus der Hand,
Um nur das nackte Leben sich zu retten.

2.

Als Asa-Tor noch fuhr im Donnerwagen,
Als Freya's holder Segensblick gebot,
Da standst du noch im Frühlingsmorgenrot,
Mein Volk, umhaucht von Paradiesessagen.

Wild klang dein Lied beim Schildzusammenschlagen,
Eh' deine Männer stürzten in den Tod,
Ja wild und schaurig – und bald blutig rot
Die Feindesleichen auf dem Felde lagen.

Wie tönte da die Stimme der Walküren
Im Kampfgewühl, aufrauscht ihr Flügelpaar,
Die Helden nach Walhalla heimzuführen.

Damals mein Volk noch ungebrochen war,
Voll Kraft und Kühnheit, und vor seinem Schwerte
Zerfiel in Staub das größte Reich der Erde.

3.

An meine Kindheit denk' ich tausendmal,
Als ich am gottgeweihten Born gesessen,
Bei Gras und Blumen von der Welt vergessen
Im waldumkränzten stillen Wiesenthal.

Da glitzerte der goldne Sonnenstrahl
Vom Himmel, der sich aufthat unermessen,
Und Riesentannen standen gleich Cypressen
Um eines Heldenkönigs Totenmal.

Nun ist der Born verschlämmt und wo der Held
Im Hügel schlief, ist grobes Ackerfeld
Und hat die Bäume samt dem Grab verschlungen,

Ich aber blieb und meinem greisen Haupt
Kein Kruzifix die alten Götter raubt,
Von denen meine Mutter mir gesungen.

4.

Was habt ihr denn für unser Volk gethan?
Die Lieder ausgetilgt, die alten hehren,
Die einst geklungen auf den wilden Meeren
Im schöngedrachten schwarzen Wikingskahn.

Haß und Verwüstung zeichnet eure Bahn
Und muß mein Volk im tiefsten Mark versehren,
Wohl wird es noch Jahrhunderte sich wehren,
Zu Grunde geht es schließlich doch daran.

Damals als jener dürre Bonifaze
Die heil'ge Wodanseiche schlug in Splitter,
Da zeigte sich kein Retter und kein Ritter,

Der ihm das Schwert gehauen in die Glatze,
Ein jeder Axthieb hat mein Volk getroffen,
Und seine Wunden stehen brennend offen.

5.

Ich war in Rom und sah von Schutt und Scherben
Und Tempelraub den Petersdom gebaut,
Aus dessen Chor ein zürnend Antlitz schaut,
Vor dem sie alle im Gebet ersterben.

Und Alle wollten gleich den Himmel erben,
In Weihrauchwolken, am Altar gebraut,
Stand Schar um Schar, und alle schrieen laut
Zu Gott, er soll die Heidenwelt verderben.

Und von dem Dom ging ich ans Grab der Goten,
Da lagen sie zu vielen tausend Toten,
Doch aufrecht stand der ungeheure Ring

Der hochgetürmten braunen Kaisermauer,
Dran sie gefallen, und ein jäher Schauer
Um Deutschlands Heldenschicksal mich umfing.

6.

Der Christengott, der sich am Kreuz verblutet,
Stieg sanft herunter in die öde Welt,
Von einem Hauch des ew'gen Geists geschwellt,
Von reinster Menschenliebe ganz durchglutet.

Der Priester aber hat sofort gemutet
Sein göttlich Wort und hat in Kupfergeld
Es umgemünzt, und wer's für Gold nicht hält,
Dem wird vom Weltgerichte vorgetutet.

O daß ich hörte die Posaunen klingen,
Und bräche aus dem Erdreich eine Flamme,
Den Himmel samt der Sonne zu verschlingen!

Aus Götternacht und urweltart'gem Schlamme
Muß doch am Ende eine wundersame
Neu-Erde glänzend aus den Fluten springen.

7.

Die Raben krächzen, Wodans Krone sinkt
Langsam zu Boden, alle Asen schreien,
Aus Fels und Meer die Drachen Flammen speien,
Und blutrot überm Pol das Nordlicht blinkt.

Zum letztenmale meine Harfe klingt:
»Nichts kann auf Erden fürderhin gedeihen,
Errichtet werden zahllose Pfarreien,
Womit man in das Joch die Volker zwingt!«

»Nicht mehr mit Run' und Stäben wird geliedet,
Gesangbuchsverse werden jetzt geschmiedet,
Und Helden gehn mit Kreuz und Skapulier;«

»Wohlan, du Zwerg, laß uns die Barke rüsten,
Wir stoßen ab von Nordlands Felsenküsten,
Noch heute nacht verbrenn' ich mich mit dir!«

Wolf der Wiking.

Laut zecht in der Nacht an des Raubschiffs Rand
Der alte Wolf mit den Seinen,
Das Goldhorn kreist von Hand zu Hand,
Gefüllt mit den köstlichsten Weinen.

Wolf war ein Fürst im Norwegerland,
Der kühnste Held im Norden,
Man hat ihm Schloß und Thron verbrannt,
Seeräuber ist er geworden.

Das Goldhorn schäumend überschwillt,
Bleibt lang an jedem Munde,
Sie weihen ihm Gesänge wild
Aus glühendem Herzensgrunde.

Der eine singt: »Getrunken muß sein,
Und ob sie mich heut noch begraben,
Wohl siedet die Gicht mir im krummen Gebein,
Ich will's auch gut einmal haben,«

Der andre singt: »Ja getrunken muß sein,
Was scheren uns Ehren und Güter,
Wir lassen fünf gerade sein,
Sind immerzu lustige Brüder,«

Der Becher kommt zum Fürsten jetzt,
Der ist vom Sitz gesprungen
Und hat ihn hastig angesetzt
Und ausgeleert und gesungen:

»Es lebe die Freiheit, es lebe das Meer,
Ich mag mich nicht schmiegen und biegen,
Nicht auf dem Bauche platt und leer
Vor einem König liegen.

»Bin grad gewachsen wie mein Mast,
Der krümmt sich auch wie ein Wurm nicht,
Trägt schweigend seine eigne Last,
Bis krachend ihn der Sturm bricht.

»Es lebe die Freiheit, es lebe das Meer,
Der Glaube der Väter geknechtet,
Der Pfaffe drängt von Süden her,
Walhallas Götter geächtet.

»Sie hausen nur noch in des Meeres Flut,
Wohl hört ihr die drohenden Reden,
Wie sie mit dumpfer, unsterblicher Wut
Die schmutzigen Ufer befehden.«

Das Goldhorn leert er noch einmal,
Vom Aug', dem rachedunkeln,
Geht ihm ein blendend scharfer Strahl,
Wie heiligen Richtschwerts Funkeln.

Und er schleudert das Horn in den brausenden Schlund,
Die Winde stoßen und stürmen,
Und hoch aus des Meeres tiefunterstem Grund
Die Wassergebirge sich türmen.

»Die Freiheit lebt, es lebt das Meer,
Die Götterdämmerung nahet,
Der Menschen sündhaft erbärmliches Heer
Den rechten Lohn empfahet.

»Schon bricht die Flut den Felsendamm,
Zerwühlt den falschen Boden,
Schon heben sich hell aus dem gärenden Schlamm
Gewappnet die tapferen Toten.

»Und die Freiheit sie lebt, und die Segel spannt auf!
Schon reiten die Götter, die hohen,
Vom Himmel herunter in flammendem Lauf,
Die Kronen fürchterlich lohen.

»Wir Wiking helfen mit im Streit,
Im großen Götterkriege,
Zur Neige geht die faule Zeit,
Und wir zum ewigen Siege,«

Und sie hören es alle mit pochendem Hirn –
Und rüsten Segel und Seile,
Es stiegt auf des Meeres kochender Stirn
Das Schiff mit rasender Eile.

Fliegt, zu der höchsten Hast entfacht,
An die trotzig entstarrenden Klippen, –
Wildkläglich stöhnen hinaus in die Nacht,
Gebrochen die stämmigen Rippen.

Ganz blieb allein der hohe Mast,
Es dreht ihn von oben nach unten,
Die steigende Brandung hat ihn gefaßt,
Da ist er zerstoben, verschwunden.

Gelimer, der Vandalen-König.

Uns rinnet wie ein Morgentraum
Das Lebensglück von hinnen,
Und uns zu Füßen saust der Schaum,
Eh' daß wir Stand gewinnen.

O weh, mein Volk, das löwenkühn
Uralten Bann gebrochen,
Mag jetzt schon nicht mehr weiter blühn,
Fort sind die Flitterwochen.

Fort ist der hohe Heldengeist,
Aufzischt der Zwietracht Schlange,
Es neigt sich arm und gottverwaist
Mein Volk zum Untergange.

Allvaters letzte Eiche sinkt
Vom Kamme der Kiölen,
Das Kreuz des Patriarchen blinkt,
Der Pfaffe geht ans Oelen!

Noch einmal kommt ein großer Kampf,
Da türmen sich die Toten,
Da ringen wir im Sterbekrampf,
Als wie die letzten Goten.

Da werden wir im wilden Stoß
Als freie Männer fallen.
Und leid- erlöst und fleckenlos
In Odins Himmel wallen.

Schon mit dem Eichenkranz umlaubt
Ich meine Schläfe spüre,
Als kühle schon mein müdes Haupt
Der Odem der Walküre.

Auf der Heide.

Auch meine Augen, blau und rein,
Ich will sie gern hingeben,
Wird nur dem Herzgeliebten mein
Geschenkt sein süßes Leben.

Ich gebe auch mein goldnes Haar
Und meine goldne Stimme,
Daß nur der Himmel ihn bewahr'
Vor seinem letzten Grimme.

»Und bringest du dich selber dar,
Wer kann den Fluch bemeistern?
Es reitet schon ein halbes Jahr
Dein Gatte mit den Geistern.

»Er reitet mit dem Wodansheer
Wohl um die Hünenheide,
Lacht nicht herauf vom wilden Meer
Geheul und Höllenfreude!

»Siehst du Gestalten in der Luft,
Verzerrt und widerwärtig,
Hörst du, wie dein Geliebter ruft:
Weib, ist der Braten fertig!«

So will ich durch den Rosenhag
Mit nackten Füßen treten,
So muß ich bis zum jüngsten Tag
Für seine Seele beten.

Grablied.

Um alte Mauern fließt der Sonnenstrahl,
Hier laß mich ruhn in dem geliebten Thal,
Müd ist mein Herz, ja müde bis zum Sterben,
Soll ich denn schon im Lebensmai verderben?

Gieb mir die Harfe, Freund, dort an der Wand
Umfächelt sie ein grünes Hoffnungsband,
Ein Lied noch will ich singen, eh' ich ende,
Daß es von uns den schweren Kummer wende.

Den alten Göttern bring' ich dieses Lied,
Von denen man mein Volk, das edle, schied,
Den alten Göttern, die aus lichten Hallen
In Armut, Schmach und Düsternis gefallen.

Oft wenn im Wald der Sturm geht schaurig bang,
Erlausch' ich den verwehenden Gesang,
Die Esche splittert bis herab zur Erde,
Da kommen sie mit wütender Gebärde!

Es reitet, und ein Schrei die Luft erfüllt,
Im langen Wolkenmantel eingehüllt,
Der alte Wode auf dem grauen Schimmel,
Den Hut tief im Gesicht, – und von dem Himmel

Die Sterne fallen, dort ein Meteor
Schießt blendendhell dem wilden Sturme vor,
Lang kracht's noch nachher in den Waldeswipfeln
Und bricht die Bäume auf den Bergesgipfeln.– –

Dort, wo die ältesten der Eichen stehn,
Dort laß mich ruhn, muß ich zu Grabe gehn,
Den Hügel schütte über meine Knochen,
Und nicht ein Wort der Klage sei gesprochen.

Ein wilder Birnbaum wachse drüber her,
Bedecke sich mit Blüt' und Früchten schwer,
Und in der hohen, lindbewegten Krone
Ein Paar von weißen Turteltauben wohne.

Der Götzenbaum.

Am Walde steht ein Eichenbaum, uralt,
Verflucht vom Priester und vom Volk gemieden,
Weil einst davor die alten Heiden knieten,
Ein Riesenbaum von herrlichster Gestalt.

Wenn längst im Forst kein Axthieb mehr erschallt,
Vom Felde draußen Roß und Mann geschieden,
Und die gestirnte Nacht mit ihrem Frieden
Leisrauschend durch die Blätterkrone wallt,

Erhebt sich aus der schönen Silberquelle,
Die zu des Baumes schwarzen Wurzeln quillt,
In Licht getaucht, ein schlankes Frauenbild,

Umwandelt singend die geweihte Stelle, –
Doch wenn der Hahn kräht und die Wolken flammen
Im Morgenrot, rinnt es in Rauch zusammen.

Der Alte.

Bergheide, du wilde, voll Dornen und Ginster,
Hoch über der Menschen verworrenem Thal,
Blitzfunkelnde Wolken umziehen dich finster,
Umziehen das frischgrüne Totenmal.

Der Knabe, der mir mein Alles gewesen,
Da ruht er im rauhen Gewölbe von Stein,
Hab' selbst in die eherne Urne gelesen
Mit zitternden Händen sein zartes Gebein.

Wenn abends ich sitze am thauigen Hügel,
Betäubt von des blühenden Heidekrauts Duft,
Durchschwebet sein Bild oft mit schneeigem Flügel,
Voll himmlischer Schöne, die schweigende Luft.

Er lebt bei den Göttern in ewigen Wonnen,
Vom Kranze des Sieges die Locken umlaubt,
Ihm rauschet der Dichtung unsterblicher Bronnen, –
Und er träuft mir die Lieder aufs alternde Haupt.


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