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IV. Farbstoffe. Untersuchung auf Verfälschung. Beschreibung der verschiedenen Farbstoffe: Ockerarten, Eisenoxyde, Frankfurter Schwarz, Ultramarin, Chromoxyd, Kobaltfarben, Barytgelb, Preussisch Blau, Indigo, Alizarinlack, Zinnober, Mennige, Chromrot, Chromgelb und -orange. Prüfung der Farbstoffe auf Lichtechtheit

Lieber Freund!

Sie berichten, dass Ihnen zwar die Herstellung von Pastellstiften nach meiner Anweisung ohne Schwierigkeit gelungen sei, dass Sie aber nicht wüssten, welche Farbstoffe Sie anwenden müssen , um damit recht dauerhafte Bilder zu erzielen. Die Antwort will ich so kurz und bestimmt, als ich kann, zu geben mich bemühen; allerdings ist damit noch nicht alles getan, denn die leidige Farbenschmiererei, d. h. die Verfälschung der reinen Farbstoffe durch Zusätze, welche sie billiger oder schöner machen sollen, ist ausserordentlich verbreitet, und gegen unzuverlässige Farben schützt es natürlich nicht, wenn man Farbstoffe, die lichtecht sind, als reine kauft und dafür verfälschte erhält.

Indessen gibt es glücklicherweise ein ziemlich einfaches Mittel, um viele Verfälschungen, insbesondere »Schönungen« mit Teerfarbstoffen, zu erkennen. Diese sind nämlich in Wasser oder Weingeist meist löslich, während die für uns in Betracht kommenden Farbstoffe es nicht sind. Sie legen daher die auf Teerfarbstoffe zu untersuchende Farbprobe (ich nehme an, dass Ihnen die rohen Farbstoffe in Pulverform vorliegen) auf einige Lagen von weissem Lösch- oder Filtrierpapier in Gestalt eines oben eingedrückten Häufchens und tropfen nun in die obere Vertiefung so viel Wasser, dass es durch das Häufchen sich in das unterliegende Papier zieht. Dann untersuchen Sie das nass gewordene Papier und Sie werden leicht erkennen, ob ein gelöster Farbstoff durchgedrungen ist, denn Sie sehen ihn nicht nur auf der Rückseite des obersten Papiers, sondern auch auf den darunter liegenden Papieren. Den gleichen Versuch machen Sie mit Weingeist; einen dritten mit einem Gemisch Weingeist und etwas Ammoniak; wenn in allen Fällen die Flüssigkeit ungefärbt sich in das Papier zieht, dürfen Sie mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die Abwesenheit von Teerfarbstoffen schliessen. Allerdings ist der Schluss nicht vollkommen sicher, denn manche Teerfarbstoffe, die in Gestalt unlöslicher »Lacke« zugesetzt waren, verraten sich auf solche Weise nicht; da muss die Versuchsanstalt der Gesellschaft zur Förderung rationeller Malverfahren in München oder ein ähnliches Fachlaboratorium heran.

Als völlig lichtechte Farbstoffe sind zunächst die verschiedenen Ockerarten zu bezeichnen, deren färbender Bestandteil Eisenoxyd oder dessen Hydrat ist. Ersteres hat eine rote, letzteres eine gelbe Farbe und geht durch Erhitzen oder »Brennen« in das rote Oxyd über. Je nachdem die Erhitzung schwächer oder stärker ist, erhält man lebhaft gelbrote bis violettrote Farben; erstere heissen Englisch Rot, letztere Caput mortuum, die beide aus Eisenoxyd bestehen. Auch Terra di Siena ist ein eisenhaltiger Ocker.

Für Pastell sind die Ocker sowie Terra di Siena insofern unbequem, als sie meist durch ihren Tongehalt bereits ohne jedes Bindemittel so feste Stifte geben, dass man mit ihnen nicht mehr gut arbeiten kann. Es empfiehlt sich daher, an ihrer Stelle das reine, künstlich hergestellte Eisenoxydhydrat und Eisenoxyd zu benutzen, die gleichfalls sehr wohlfeil sind. Ersteres bindet gleichfalls bereits ohne Bindemittel meist genügend oder kann mit sehr wenig Tragant gebunden werden und auch das rote Eisenoxyd wird man mit der schwächsten Tragantlösung C genügend fest machen können. Die dunkleren Sorten Caput mortuum brauchen mehr Tragant. Englisch Rot enthält oft lösliche Stoffe, durch die es stark zusammenbackt; man muss es dann durch wiederholtes Ausziehen mit heissem Wasser reinigen. Die in den verschiedenen Ockern vorhandenen Nüancen erzielt man leicht durch Mischen von gelbem und rotem Eisenoxyd, und Sie werden es bald bequem finden, sich einige Reihen davon herzustellen.

Als schwarzer Farbstoff dient Frankfurter Schwarz, das gleichfalls vollkommen zuverlässig ist. Die feineren Sorten »in Hütchen« brauchen sehr wenig Tragant, die gröberen mehr, bis zur Losung B. Aus diesem und den Eisenoxyden mischen Sie sich ferner eine Anzahl brauner Farben; gelbes Eisenoxyd und Frankfurter Schwarz geben ein für Landschaften sehr brauchbares Grüngrau.

Vollkommen zuverlässig ist ferner Ultramarin, das Sie mit der Tragantlösung B binden. Aus Ultramarin und Frankfurter Schwarz machen Sie drei oder vier Reihen Blaugrau nach wechselnden Verhältnissen, die Sie sowohl in der Landschaft wie im Bildnis sehr brauchbar finden werden. Mit Caput mortuum erhalten Sie violettgraue Farben, die Ihnen gleichfalls willkommen sein werden.

Gleichfalls vollkommen zuverlässig sind die verschiedenen Chromoxyde, welche lebhaft bis matt grüne Farbstoffe sind. Hier müssen Sie sich aber vor Täuschung in acht nehmen, denn als »Chromgrün« erhalt man gegenwärtig oft den sogenannten grünen Zinnober, dessen Dauerhaftigkeit auf einer etwas niedrigeren Stufe steht.

Weiter ist ganz zuverlässig das Kobaltblau und die anderen kobalthaltigen Farbstoffe wie Thenards Blau und Rinmanns Grün, die indessen seltener vorkommen. Wie sie sich bei der Herstellung von Pastellstiften verhalten, müssen Sie selbst erproben, denn ich habe noch keine Erfahrungen mit ihnen gemacht. Ich wende sie nicht an, weil ihr Aussehen sich bei künstlichem Lichte sehr stark ändert, was von dem grossen Anteil Rot herrührt, das in ihrer Farbe enthalten ist.

Auch der sogenannte gelbe Ultramarin (Baryumchromat), ein schwefelgelber Farbstoff von grosser Reinheit der Färbung, ist als ganz zuverlässig zu bezeichnen. Er empfiehlt sich namentlich zur Herstellung lebhaft grüner Farben durch Mischung mit Preussischblau, worüber ich unten mehr sagen will.

Wir kommen zu einer Reihe von Farbstoffen, die man noch als brauchbar bezeichnen kann, deren Dauerhaftigkeit aber aus allgemeinen Gründen niedriger eingeschätzt werden muss. Ich wende sie ohne Bedenken an, denn die ungünstigen Umstände, unter denen sie sich als unhaltbar erweisen würden, treten so selten ein, dass ich es darauf hin wage, abgesehen davon, dass mir die Ewigkeit meiner Werke nicht allzusehr am Herzen liegt.

Hier ist zunächst als fast unentbehrlicher Farbstoff Preussisch oder Pariser Blau zu nennen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen halt er sich in Pastell gut. Der reine Farbstoff ist viel zu dunkel, und auch wegen seiner mechanischen Eigenschaften nicht geeignet, um in Stifte geformt zu werden; man versetzt ihn schon für den dunkelsten Ton mit seinem mehrfachen Gewicht Kreide. Die geringeren Sorten Berlinerblau pflegen bereits grosse Mengen derartiger Zusätze zu enthalten; diese benutzt man nicht, sondern kauft die dunkelste und daher teuerste Sorte, die Pariserblau genannt wird, und die um so mehr Kreide vertragt. Bindemittel ist sehr wenig erforderlich (Lösung C).

Zu Mischungen wird Preussischblau sehr viel gebraucht. Mit gelbem Eisenoxyd erhält man grüne Farben, die für die Landschaft ausgezeichnet sind und die eine sehr grosse Dauerhaftigkeit besitzen. Mit Schwarz entsteht ein etwas grünliches Blaugrau. Ebenso kann man mit den weiter unten zu erwähnenden gelben Farben verschiedene Grüne erhalten.

Ein anderer wertvoller blauer Farbstoff ist Indigo, und zwar benutze ich am liebsten den in Teigform erhältlichen künstlichen Indigo der Badischen Anilin- und Sodafabrik, der mit dem dreifachen Gewicht Kreide und sehr wenig Bindemittel den dunkelsten Ton liefert, dessen hellere Abstufungen für Fernen sehr gut zu verwenden sind. Mit gelben Farbstoffen erhalt man stumpfe Grüne, mit roten gute violette Mischungen.

Lebhaft rote Farbstoffe von vollkommener Dauerhaftigkeit besitzen wir nicht, wohl aber eine Anzahl in der zweiten Garnitur. Karmin ist ganz unecht, dauerhaft ist dagegen Krapplack oder statt dessen der ebenso zuverlässige Alizarinlack der Badischen Fabrik. Dieser gibt mit Ultramarin ein prachtvolles, mit Indigo gutes Violett. Im reinen Zustande gibt er durch die Beimischung des Weiss ein bläuliches Rosa.

Gleichfalls zur zweiten Garnitur gehören die Metallfarben Zinnober, Mennige und Chromrot. Von ersterem sind die dunkleren Sorten am zuverlässigsten, doch läuft man immer die Gefahr, dass er in starkem Lichte grau wird. Mennige ist in starkem Licht nicht dauerhaft, dunkelt auch an schwefelwasserstoffhaltiger Luft. Beide Farbstoffe brauchen sehr viel Bindemittel. Ein dunkleres, lebhaftes Rot ist das Chromrot, basisches Bleichromat, das nach meinen Erfahrungen im Pastell sehr haltbar ist; wahrscheinlich ist es das dauerhafteste von den dreien, doch würde ich im allgemeinen kein Bedenken tragen, sie alle anzuwenden. Nur wird man gut tun, sie in Mischungen soweit als möglich durch andere Farbstoffe von zweifelloser Dauerhaftigkeit zu ersetzen.

Endlich ist hier das Chromgelb (Bleichromat) zu nennen, das, wenn es nicht mit schwefelwasserstoffhaltiger Luft in Berührung kommt, sich mir im Pastell als dauerhaft erwiesen hat. Auch ist jene Gefahr offenbar nicht allzu gross; meine Bilder befinden sich in dem neben dem Laboratorium stehenden Wohnhause, und ich habe zuweilen die Anwesenheit jenes Gases zu beklagen; eine Einwirkung auf das Chromgelb aber habe ich noch nicht wahrgenommen.

Chromgelb wird in verschiedenen Tönen, als helles und dunkles, sowie als Chromorange hergestellt. Alle diese Farben sind lebhaft und schön, doch ist es gut, ihre Anwendung auf das Unentbehrliche zu beschränken, da sie bleihaltig sind und der entsprechende Staub als gesundheitsschädlich bezeichnet werden muss. Ich glaube, dass sie in Pastell vollständig durch Baryum- und Strontiumchromat ersetzt werden können, doch sind diese letzteren Farben im Handel noch kaum zu haben. Zinkgelb, das gegenwärtig viel an Stelle des Chromgelbes gebraucht wird, hat die für Pastell nicht willkommene Eigenschaft, dass es an Wasser lösliche Salze abgibt, und muss daher vermieden werden.

Aus Preussischblau mit Blei- und Zinkgelb sind die verschiedenen grünen Farben hergestellt, die unter zahllosen Namen, wie grüner Zinnober, Chromgrün, Zinkgrün, Ölgrün usw. in den Handel kommen, und die ausserdem farblose Zusätze aller Art enthalten, Es ist für den Maler wohl am zweckmässigsten, sich diese Gemische selbst herzustellen, und zwar womöglich nicht mit dem bleihaltigen Chromgelb, sondern mit Barytgelb (gelbem Ultramarin) oder mit Strontiumgelb. Solche grüne Farben sind in hohem Masse beständig.

Hiermit ist die Reihe der anzuwendenden Farben so ziemlich erschöpft. Nicht dass nicht noch einige dauerhafte Farbstoffe vorhanden waren; sie sind aber mehr oder weniger entbehrlich, d. h. sie lassen sich in ihrer farbigen Wirkung durch Mischung der genannten Stoffe nachbilden oder ersetzen. Alle die genannten Farben lassen sich beliebig miteinander vermischen und beeinflussen sich gegenseitig nicht. Denn da im Pastell die einzelnen Farbkörnchen ohne innige Berührung nebeneinander liegen und kein Bindemittel den möglichen Verkehr zwischen ihnen vermittelt, so sind gegenseitige chemische Beeinflussungen viel mehr ausgeschlossen, als beispielsweise in der Ölmalerei.

Endlich will ich noch erwähnen, dass es bequem ist, ausser den hellen Abtönungen der Farben mit Kreide noch einige dunkle mit Frankfurterschwarz herzustellen. Man verfährt hierbei nach dem gleichen Schema, wie mit Kreide, wird aber mit drei Mischungen meist sein Auskommen finden.

So, damit habe ich Ihnen das nötigste mitgeteilt. Wollen Sie eingehendere Kenntnis der Farbstoffe gewinnen, so können Sie dazu das sehr empfehlenswerte Werk von Linke, die Malerfarben (Stuttgart 1904) benutzen.

Schliesslich gebe ich Ihnen noch das allgemeine Verfahren an, Farbstoffe für Pastell auf ihre Lichtechtheit zu prüfen. Sie überziehen einfach ein Pastellpapier gleichförmig mit der betreffenden Farbe, wozu Sie am besten einen mittleren Ton wählen, fixieren den Auftrag und setzen ihn so dem Lichte aus, dass die eine Hälfte geschützt bleibt. Wenn Sie einen photographischen Kopierrahmen haben, so legen Sie die gefärbten Schnitzel darunter, nachdem Sie die Hälfte mit schwarzem Papier bedeckt haben; zur Not tut es auch ein zusammengelegter Pappdeckel, aus dem die Papiere halb hervorragen. Stellen Sie die Versuche im Sommer bei kräftigem Sonnenlichte an, so gewährt Ihnen bereits eine Versuchsdauer von einigen Tagen eine genügende Auskunft, indem Sie etwaige, durch die Lichtwirkung entstandene Veränderungen gegenüber dem geschützten Teil leicht erkennen werden.

Bei der Ausführung der Versuche müssen Sie nur darauf achten, dass Sie sich nicht etwa durch das Vergilben des Papiers täuschen lassen, das bei schlechtem Material gleichfalls sehr schnell im Sonnenlichte eintritt.


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