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Die Verklärung auf dem Berge.

Schön ist's in dem trauten Kreise,
In dem dunkeln Waldeskranz;
Aber jetzt zu läng'rer Reise
Winket mir der Abendglanz.
Röthlich glimmt es in den Zweigen,
Doch ich kann es halb nur sehn.
Auf den Felsen muß ich steigen,
Da will ich in Purpur stehn.

O wie herrlich ist es oben,
Drunten fällt der Abendthau.
Aber ohne Nebel droben
Steigt der Berg in's heil'ge Blau.
Muthig! an noch ein'ge Schritte,
Auf des Steinbocks kühner Spur,
Dann, dann steh' ich in der Mitte
Weit umblühender Natur.

Ja, hier fühl' ich mich ein Seher,
Wie das Irdische da sinkt;
Hier bin ich dem Himmel näher,
Hier der Stern mir näher blinkt.
Heil'ger Geist! du Allbeleber!
Schauder durch das Herz mir fährt;
Denn dem kühnen, frommen Streber
Zeigest du dich schön verklärt.

Nicht in schwarzer Donnerwolke,
Wie am Berge Sinai,
Schrecklich einem eitlen Volke,
Das dir wollte horchen nie.
Mild am blauen Firmamente
Schwebest du, im Lichtgewand.
Und die beiden Testamente
Tragen Engel in der Hand.

Dort schwebt Moses mit den dunkeln
Schatten der Vergangenheit.
Hier seh' ich die Zukunft funkeln
In prophet'schem Sternenkleid.
Herrlich von dem Feuerwagen
Zeigt sein Buch Elias fern;
Aber von den schönen Sagen
Glänzt mir nur – ein Hoffnungsstern!

Noch sind meine kleinen Schwingen
Gar zu irdisch, gar zu schwach;
Noch kann frei ich auf nicht dringen,
Aber sinken wäre Schmach.
Wohl, so will ich hier dann bauen
Meine Hütt' im Felsenhain.
Hier kann ich die Gottheit schauen;
Hier, hier ist es gut zu seyn!

*


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