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2.

Am nächsten Abende besuchte ich nach dem Theater das Kaffeehaus des Herrn Saglio, welches ganz nach französischer Art, wie die Caffés im Palais-Royal oder National wie es damals hieß, eingerichtet war, d. h. es bestand aus einem großen Salon mit allerlei anstoßenden Kabinets und Hinterzimmern. Man speiste an kleinen Tischen, ein paar hundert Lichter brannten, an den Wänden hingen große Spiegel, ein ganzes Heer Aufwärter bediente die Gäste mit geschäftiger Eile und vieler Höflichkeit, und an der Kasse saß eine geputzte Dame, welche von ihrem Throne herunter dirigirte.

Das Kaffeehaus war der Sammelplatz der diplomatischen Welt und aller Fremden. Hier fand man seine Freunde und machte Bekanntschaften, saß bis tief in die Nacht beisammen, um zu trinken und zu plaudern, und wer etwa in eine Abendgesellschaft der Excellenzen oder in einen Familienkreis geladen war, kam später hierher, um sich für die ausgestandene Langeweile in dem munteren Kaffeehause zu entschädigen, das vor Anbruch des Morgens nicht geschlossen wurde. Zu den besonderen Reizen dieses vielgesuchten Aufenthalts gehörte es auch, daß in einem Hinterzimmer mit deutscher Leidenschaft gespielt wurde und mancher mit leeren Taschen betrübt nach Haus ging, der mit vollen gekommen war.

Als ich eintrat, war der große Speisesaal ziemlich gefüllt. Ich sah mich nach einem Platze und nach Bernard von Matolay um, konnte jedoch beide nicht entdecken. Endlich trat ich in eines der Kabinette, das verlassen war, um den pünktlichen Freund zu erwarten, ließ Wein und die trefflichen provencalischen Cottelets bringen, welche Saglio zu bereiten verstand, und dachte über meine Erlebnisse des heutigen Tages nach.

Ich hatte mich den Herrn Gesandten vorgestellt und war wohl empfangen worden. Graf Görz war ein Diplomat aus der alten Schule, ganz Repräsentation und Würde, jeder Zoll ein Edelmann aus dem Zeitalter Ludwigs des Fünfzehnten, Maria Theresia's und des großen Friedrich, mit Schminkpflästerchen und von Pomaden duftend, in nobelster Haltung und in nobelster Kleidung. Er war ein sehr schöner, stattlicher Herr und trotz seines schneeweißen Haares besaß er zwei Reihen eben so weißer, prächtiger Zähne; bei alledem aber kam es mir vor, als wäre er nicht besonders geeignet dazu Nüsse zu knacken, am wenigsten die des Rastatter Congresses.

Der zweite Gesandte, Baron Jakobi, war der gerade Gegensatz zu dem vornehmen Grafen und dessen vornehmen Manieren. Er war kurz, breitschultrig, dickhalsig und glich im Aeußeren wie in seinem ganzen Wesen einem jüdischen Kleinhändler, der Geschäfte mit den alten Kleidern und der schwarzen Wäsche des heiligen deutschen Reichs zu machen denkt und den ganzen Plunder gern möglichst billig an sich bringen möchte. Baron Jakobi war früher Gesandter in Wien gewesen und man hatte ihm dort ziemlich übel mitgespielt. Er haßte dafür ersichtlich die österreichische Politik sammt allen Oesterreichern, welche er genau kennen gelernt hatte. Ein Staatsmann war er jedenfalls noch viel weniger wie der erste Gesandte, aber er war ein guter Geschäftsmann, der die gesammte Leitung der Kanzlei und Correspondenz führte.

Eigenthümlich genug erschien mir der Kreis, der sich in seinem Hause um seine schöne junge Frau versammelte und aus den Gesandten der Erzbischöfe, Bischöfe und Prälaten bestand, die Graf Friedrich Stadion, mein Nachbar, anführte. Baron Jakobi hatte mich seiner Gemahlin vorgestellt, ohne Zweifel eine romantisch fantastische Dame, ganz geeignet, wie mich dünkte, für die Zeiten der Rosenkreuzer und Illuminaten, der Mucker und Geisterbeschwörer. Von dem galanten Domherrn wurde sie mit einem Heiligenschein verziert, aber doch ziemlich irdisch angebetet.

Ich hatte in diesem geweihten Kreise entzückte Visionen und selige Träume vernommen über die edlen und hochherzigen Entschließungen des preußischen Kabinets, im Ganzen aber hatten alle diese Persönlichkeiten mir so wenig behagt wie ihre süßlichen gottseligen und lächerlichen Betheurungen, daß der Herr seine Kirche und deren Rechte und Güter retten werde, trotz alles Wüthens der Gewaltigen.

Endlich war ich froh gewesen, als ich mich empfehlen und dem dritten Gesandten meinen Besuch machen konnte, nämlich dem bekannten Herrn von Dohm, einem gelehrten, wohlwollenden, unterrichteten, langen, dürren Mann, der mir unter Seufzen bekannte, daß er die Geschäfte in der Reichsdeputation führe, die Gesandtschaftsberichte für den Minister von Alvensleben arbeite, und mit schwermüthigem Kopfschütteln hinzufügte, daß aus diesem Chaos keine Ordnung und kein glückliches Ende zu erwarten sei.

Als ich hier allein saß, vertiefte ich mich in Betrachtungen über die Zustände dieses heillosen Congresses so sehr, daß ich lange Zeit kaum bemerkte, wie in dem anstoßenden zweiten Kabinet drei Herren saßen, die ihr Abendessen dort einnahmen und eine geräuschlose Unterhaltung dabei führten. Erst als ich zufällig das Gesicht des Einen näher beschaute und den Chevalier de Bray erkannte, wurde ich aufmerksamer und neugieriger.

Seine beiden Tischgesellschaften waren mir völlig unbekannt. Der Eine sah aus wie ein feister Landpastor, von unten bis oben schwarz gekleidet, ein kurzer, dicker, trotzig blickender Mann, der mich verächtlich von der Seite anschaute, als ich mein Glas aufstieß, und im Vollbewußtsein seiner Hoheit die fetten Hände auf seinem gepolsterten Bauch kreuzte. Der Andere ihm gegenüber war beweglich und wohlbehäbig; er drehte sich nach rechts und links, zupfte an seinen Manchetten, legte behaglich sein Kinn in das weiße Tuch, spielte mit der goldnen Dose und bot seinen Tabak umher.

In dem Augenblick, wo ich mit mir übereingekommen war, daß dieser höfliche, freundliche Mann ein Kaufmann sein müsse, sah ich den Grafen Stadion zu mir hereintreten, in Begleitung eines anderen Herrn, der sich auf seinen Arm stützte.

Graf Stadion begrüßte mich und stellte mich seinem Begleiter vor, der kein Anderer war als der österreichische Gesandte Graf Lehrbach. Kaum hatte der Graf meinen Namen gehört, als er auf mich zueilte oder vielmehr zuhüpfte, denn er tänzelte und sprang in komischer Weise, und mich befragte, ob ein gewisser Oberst meines Namens ein Verwandter von mir sei? – Dies war wirklich der Fall. Der Mann, dessen er sich von Wien aus erinnerte, war einer meiner Vettern, welcher mir übrigens ziemlich weit abstand, allein es genügte, um bei dem Grafen einen bedeutenden Theil jener süddeutschen Gemüthlichkeit zu entwickeln, die so viel Offenes, Treuherziges und Schlichtes hat, daß sie uns leicht zu der Meinung verführen kann, als trete uns die harmloseste Natürlichkeit entgegen.

Nie aber im Leben hatte ich ein so seltsamliches Exemplar von vornehmem Herrn gesehen. Während er mir erzählte, daß er zur Kriegszeit kaiserlicher Landescommissarius in Tirol gewesen sei, flogen ihm Kopf und Augen marionettenartig nach allen Seiten. Dieser Kopf selbst war einem Kürbis ähnlich, den übermüthige Knaben auf einen dünnen Stiel gesteckt und ihm ein Gesicht geschnitzt haben. Die runden, braunen Augen hatten etwas Schlaues und Uebermüthiges, Augenbrauen besaßen sie nicht. Wenn er lachte, zog sich sein Mund in fabelhafte Breite, und fein ganzes Zigeunergesicht verzerrte sich dann aufs Häßlichste.

Er war sehr beweglich, regsam, außerordentlich höflich, gefühlvoll und gesprächig; ein dünner Zopf, wie ein Rattenschwanz, wurde durch den Rockkragen steil in die Höhe gehoben, und zu beiden Seiten des langen Gesichts lagen weißgepuderte, zusammengerollte Löckchen wie eine Batterie Kinderkanonen über einander. Obwohl seinem Aeußeren nach eine vollständige Karrikatur, konnte man doch nicht abläugnen, daß seine Unterhaltung etwas Anregendes besaß, und seine Bemerkungen oft sehr treffend waren, seine gute Laune aber ganz unerschöpflich schien.

Beide Herren setzten sich zu mir und wir plauderten lange Zeit über allerlei aus dem Tagesleben gegriffene Dinge, wobei, wie ich wohl bemerkte, Graf Lehrbach es geschickt genug vermied, ein Wort über den Congreß und über politische Dinge überhaupt zu sagen. Dagegen schüttete er einen Spaß von Anekdoten aller Art vor uns aus, bald aus der Hofgeschichte, bald aus seiner Heimath Tirol, von dessen Volkssitten er die lustigsten Geschichten erzählte.

Ich hörte ihm mit Vergnügen zu, während Graf Stadion theilnahmlos seine dunklen Augen auf den Saal richtete, bald darauf aber aufstand und sich entfernte.

Gewiß, sagte ich, sind die Tiroler ein Sternvolk voll Ursprünglichkeit und Sitteneinfalt, die in ihren abgeschiedenen Thälern noch nichts von den einfachen Tugenden ihrer Väter eingebüßt haben.

Sie haben Recht, erwiederte er, wir sind einfache Leute, wissen nicht viel von der Welt, können uns nicht verstellen und falsche Worte machen, sondern müssen thun, wie es uns ums Herz ist. – Ein aufrichtig Gewissen ist eine große Sache jetzt, fuhr er fort, indem er mich freundlich anschaute, aber es ist ein prächtiges Volk in den Bergen und eine Freude, mitten darunter zu sein. Ich selbst habe die Ehre gehabt mit der Landwehr bei Botzen und Brixen und am Brenner zu hantiren. Es war eine Herzensfreude, die jungen und alten Leute zu sehen, wie sie ihre Köpfe ansetzten, um das feindliche Gewürm zu fassen, das nicht wußte, wie ihm von den schwarzen Kühbuben geschah.

Er rieb sich lachend seine langen, vielberingten Finger wie in freudigen Erinnerungen und erzählte mir einige Scenen aus diesem tiroler Kriege, die allerdings spaßhaft klangen, aber fürchterlichen Inhalts waren. Eine darunter, bei der er besonders lange verweilte, war gräßlich anzuhören. In einem Thale bei Riva wohnte ein Mann, der von schlechter Gesinnung sich gezeigt hatte, denn er hielt's heimlich mit dem Feind, und weil er eben seine Tochter verheirathete, lud er auch französische Offiziere zum Schmaus ein. Es ging über die Maßen lustig her bis in die Nacht hinein, doch keiner wußte, daß wackere tiroler Schützen im Versteck lagen, die all die Lust und das Geschrei auf den Sieg der Wälschen mit anhörten, bis das letzte Licht erlosch, dann bohrten sie Thür und Fenster fest zu, und plötzlich loderte an allen Ecken die Flamme auf und die ganze Hochzeit verbrannte zu Asche.

Aber das ist entsetzlich! rief ich von Abscheu erfüllt.

Freilich! freilich! erwiederte er seufzend und mit den Schultern zuckend, während sein Gesicht einen sentimentalen Ausdruck annahm. Das tiroler Volk ist voller Treue für das Kaiserhaus und voller Haß gegen Verräther. Es meint wohl, gegen solche, die Kaiser und Gott verlassen, sei keine Schonung zulässig, und so viel wenigstens ist gewiß, wenn alle Deutschen so fest gestanden hätten, bei der guten Sache, wie die Männer in Tirol, säßen wir hier nicht beisammen im Kaffeehaus des Herrn Saglio zu Rastatt, was mir des heutigen Abends wegen Leid thun würde.

Mit diesem verbindlichen Scherze wandte er sich um und stand auf, um den Herren, welche soeben das Kabinet nebenan verließen und bei uns vorübergingen, einige zuvorkommende Verbeugungen zu machen und ihnen in seinem schlechten Französisch den besten guten Abend zu wünschen. Während wir uns unterredeten, hatte ich bemerkt, daß Graf Lehrbach einige Male flüchtig auf die Gruppe im Nebenzimmer blickte und wahrscheinlich ebensowohl wie ich gesehen, daß der Chevalier de Bray sein Taschenbuch hervorzog, in welches er etwas einschrieb, was sein schwarzer Nachbar ihm vorsagte. Der dritte Herr las es dann durch und gab ein Zeichen der Beistimmung, worauf der Chevalier die Brieftafel einsteckte und alle Drei aufstanden und fortgingen.

Als sie bei uns vorüber waren, hatte mich die Art, wie sie die verbindlichen Grüße des Gesandten erwiederten, noch neugieriger gemacht. Der voranschreitende dicke Geistliche bewegte mit auffallender Geringschätzung kaum den Kopf, der Handelsmann, welcher ihm folgte, that ungefähr, als sähe er einen Wechselgläubiger, den er mit einem eilfertigen Hutschwenken aus dem Wege gehen möchte, nur der Chevalier verbeugte sich mit dem Anstande eines Mannes, der Form und Sitte kennt.

Nachdem Graf Lehrbach von seinen wagerechten Neigungen, Handdrehungen und Kopfverrenkungen sich erholt hatte und wieder ein aufrechtstehendes Wesen geworden war, konnte ich nicht umhin, ihn über diese Herren zu befragen.

Wie? rief er, Sie kennen diese berühmten Männer nicht? Wissen nicht, wer sie sind?

Ihrem Ansehen nach würde ich einen Pastor und einen Kaufmann darin entdecken, war meine Antwort.

Er lachte herzlich und betrachtete mich mit einem unverkennbaren Ausdruck von Wohlwollen. Vortrefflich gerathen! sagte er mit gedämpfter Stimme. Der würdige Herr Bonnier, Gesandter der Herren Franzosen, ist wirklich früher einmal Priester gewesen, und Herr Roberjot, sein College, hat mit Kaffee und Zucker gehandelt. – Ehe, ehe! fuhr er fort, ich denke, ich habe die Ehre Sie nächstens einmal bei mir zu sehen, habe die Ehre und Freude, unsere Bekanntschaft fortzusetzen, zumal da ich mir Glück zu wünschen habe, Ihr nächster Nachbar zu sein. – Wo ist unser vortrefflicher Graf Stadion geblieben? fuhr er dann fort. Ein höchst edler, höchst liebenswürdiger junger Herr von hohen Kenntnissen und großer Bescheidenheit. –

Er zog seine Augenbrauen oder den weißgelben Strich, der diese bedeutete, fast bis auf die Mitte der Stirn, deren Haut er in zahllose Falten zusammenrollte, und blinzelte mich an, als wollte er erforschen, ob ich es glaubte oder nicht glaubte? –

Ein höchst edler, genialer junger Herr, fuhr er dann fort. Den deutschen Abel in seiner alten Herrlichkeit wieder herstellen, sehr schön! sehr erhaben! Die alte Zeit würdig restauriren, nichts von neuer Zeit, nichts von dem abscheulichen, verbrecherischen Unfug sogenannter neuer Ideen – mein ganzes Herz erwärmt sich dabei! – Ich habe die Ehre mich Ihnen zu empfehlen und werde entzückt sein, Sie wieder zu sehen. Ausgezeichnet gut! Priester und Handelsmann! Hehe! hehe! ausgezeichnet gut! Gute Nacht! mein theuerster Baron, meinen unterthänigsten Dank für diese unvergeßliche Stunde.

Mit solchem Schwall von Redensarten und Verbeugungen entfernte er sich und ich sah ihm heimlich lachend nach, wie er in den Saal zurückkehrte, sich durch die vielen Gruppen und Tische wand und in seiner grotesken Manier grüßte, winkte, nickte und mit einzelnen Herren, die ihm entgegen kamen, Worte wechselte.

Es war nichts Ungewöhnliches, im Kaffeehause auch die Gesandten der Großmächte zu erblicken, wenn sie etwa einen Vertrauten aufsuchen oder von den vortrefflichen französischen Früchten und Süßigkeiten des Herrn Saglio naschen wollten. Da meine Augen zu jener Zeit außerordentlich scharf waren, konnte ich den Grafen verfolgen und sehen, daß er noch einige Minuten mit einem Herrn sprach, der sich in einer entfernten Ecke niedergelassen hatte.

Es mußte ein Fremder sein und seiner Kleidung nach war er geputzt genug, um auf einen gewissen Rang zu schließen. Sein Haar war gepudert, seine Stiefeln reichten bis auf die halbe Wade, er trug Sammetbeinkleider mit Knieschnallen und zwei lange Goldketten, rechts und links auf seinen Leib fallend, zeigten den Besitz zweier Uhren an, was damals die neuste Mode war. –

Der Gesandte sprach wenige Augenblicke mit diesem Manne und setzte dann seinen Weg fort, jener aber nahm nicht wieder Platz, sondern zog seinen Regenrock an und entfernte sich so hastig, daß die Vermuthung bei mir aufstieg, Graf Lehrbach müßte ihm einen Auftrag ertheilt haben. Da die Thür, durch welche er den Saal verließ, meinem Standpunkte näher war, so konnte ich ihn genauer betrachten und ich zweifelte nicht, daß dies derselbe Herr sei, mit dem ich im Postwagen gesessen und dessen frisches, kühnes Gesicht mir damals schon aufgefallen war. Auch hier schlug er den Kragen hoch, und seinen muskelvollen Beinen und breiten Schultern nach mußte es ein sehr kraftvoller Mann sein, der vielleicht wie der Herr Graf aus Tirol stammte.

Inzwischen wartete ich vergebens noch einige Zeit auf meinen Freund Matolay, welcher nicht kommen wollte, bis ich endlich den Saal durchstreifend in das berüchtigte Hinterzimmer gelangte, wo der König Pharo seinen Sitz aufgeschlagen hatte. Den großen grünen Tisch umgab eine beträchtliche Zahl Spieler, die zum Theil bedeutende Summen vor sich aufgestapelt hatten, auf der anderen Seite lag vor dem Bankier und seinen Gehülfen zur Rechten und Linken ein verlockender Goldhaufen, denn es wurde hier nur mit Gold gespielt. Die eintönige Stille einer Spielhölle, unterbrochen von den Zauberworten des Bankiers, von dem Klang des Goldes, von einzelnen Ausrufungen, Gelächter und halb unterdrückten Flüchen war mir zu wohl bekannt, um Besonderes daran zu finden; sie würde mir schnell langweilig geworden sein, hätte ich nicht Vergnügen daran gefunden, eine Zeit lang die Gesichter der Spieler zu beobachten.

Solche, an denen sich alle Angst und alle Schrecken zerstörender Leidenschaft erkennen ließen, gab es hier nicht, allein es gab doch einige, denen man die heftige Aufregung über ihre Verluste, Aerger, Grimm und Wuth gegen die unerbittliche Glücksgöttin, welche ihnen entschieden den Rücken kehrte, deutlich genug ansah. Dicht neben mir stand ein Herr, der das beste Studium dafür bot; was mich aber besonders belustigte, war, daß ich abermals in ihm einen Reisegefährten erkannte, den Passagier mit dem dicken Zopf, dem Knebelbart und dem harten Gesicht, in welchem ich einen Offizier vermuthet hatte, was ich jetzt bestätigt fand. Er trug einen mit starken Silberschnüren reich besetzten, kurzen Pelz, silberne Arabesken und Schnüre auch an seinen kornblauen knappen Beinkleidern und mußte, wie ich mir vorstellte, Offizier in einem der österreichischen Reiterregimenter sein, die am Oberrhein und Schwarzwald lagerten.

Dieser Herr spielte, wie ich bald merkte, mit wachsender Leidenschaft. Anfangs waren ihm die Karten günstig, bald aber schlugen sie regelmäßig um, und je mehr er sein Spiel erhöhte, um so sicherer ging sein Geld verloren. Sein an sich nicht eben einnehmendes Gesicht erhielt dadurch nach und nach einen blaurothen Anstrich. Seine Lippen preßten sich gewaltsam zusammen, der gedrehte Schnurrbart zog sich in die Höhe und die dicken Adern auf seiner Stirn wie die stier hervortretenden Augen zeigten seine Erbitterung an.

Diese suchte sich endlich einen Ausweg, denn indem er sich zu mir beugte und nach dem Bankier hinübersah, murmelte er halblaut:

Es geht Alles verloren gegen diese verdammten Wälschen da!

Es giebt unglückliche Tage, erwiederte ich lächelnd, weil ich mich angeredet sah, aber man muß diese Herren Franzosen mit ihren eigenen Soldaten schlagen.

Wie meinen Sie das? fragte er hastig. Glauben Sie, daß die Schufte falsch spielen?

Ich habe nicht den geringsten Beweis dafür, erwiederte ich, während er sich grimmig den Bart strich. Allein Sie haben immer den König besetzt oder auf das Aß gehalten. Könige und Kaiser haben jetzt wenig Glück, versuchen Sie es mit dem Bauer, schmeicheln Sie den Citoyens.

Sein brutales Gesicht verzog sich zu einem beifälligen Lachen; er nahm meinen Scherz gut auf und raffte seine gute Laune zusammen. Marie Joseph! rief er, ich könnt's wahrlich halt versuchen, aber bei meiner armen Seele! Ihr guter Rath kommt zu spät. Ich bin ausgeschält bis auf den legten Goldpfennig.

Ich stellte ihm meine Börse zur Disposition, wie man dies höflich zu thun pflegt und ohne langes Bedenken nahm er es an.

Küß die Hand! sagte er mit vermehrter Freundlichkeit, wenn Sie mir zehn Pistolen vorstrecken wollen, so zahle ich sie morgen zurück. Ich bin der Rittmeister Burkard von den kaiserlichen Scekler-Husaren, damit Sie wissen, wer Ihnen verpflichtet ist.

Ich händigte ihm das Geld ein und er fegte die Hälfte sogleich auf den Valet, der ihm Glück brachte. Viermal hinter einander hielt der Bube in dieser Taille aus, wodurch der Herr Rittmeister zu höchst freudigen und freundschaftlichen Gefühlen für mich erregt wurde.

Schaun's, sagte er mir in's Ohr, Sie kennen die Schliche, wissen wie man mit diesen Schelmen umgehen muß. Ich will's mir bald merken, wie sie bedient sein wollen

Damit spielte er weiter und nach einiger Zeit hatte er bedeutend gewonnen; allein meine geliehenen zehn Goldstücke gab er nicht zurück. Nun ist es ein alter Spieler-Aberglaube, daß man geliehenes Geld während des Spiels nicht zurückgeben dürfe, weil damit das Glück ende. Mochte er also mich morgen im Kaffeehause aufsuchen, die Summe war zu gering, um besonderen Werth darauf zu legen. Ich blieb eine halbe Stunde lang noch stehen, indem ich dann und wann eine Karte nahm, die gewöhnlich sich mir günstig zeigte, als aber Mitternacht vorüber war, verlor ich die Lust und verließ ganz in der Stille den Tisch und das Haus.

Es war eine ziemlich milde Nacht, der Himmel mit schweren Regenwolken bedeckt, die Luft feucht und dumpf. Bis zu Laternen hatte es die Cultur in Rastatt trotz des Congresses nicht gebracht, dichte Finsterniß lag jenseits des Lichtkreises, den das Kaffeehaus verbreitete. Wollte ich den nächsten Weg einschlagen, so hätte ich mich bald zur Linken wenden und eine schmale, schmutzige Querstraße durchkreuzen müssen; ich zog es aber vor, ein Stück weiter zu wandern, wo ich einen besseren Weg fand. Der Luftstrom, welcher mir entgegenzog, wehte mich erfrischend an. So wenig Spiel oder Wein mein Blut erhitzt hatten, fühlte ich mich dennoch aufgeregt, und während ich langsam Schritt für Schritt mich entfernte, dachte ich an die Summe aller Thorheiten, die sich in diesem kleinen Ort zusammenhäuften.

Hier wurde die neuste Geschichte Deutschlands gemacht, hier über Wohl und Weh ganzer Völker, so vieler Millionen menschlicher Wesen entschieden. Hier handelten sie um Unterthanen wie um Schafheerden, warfen diese mit ihrem irdischen Besitz, mit Städten, Dörfern, Schlössern und Hütten, aus den Händen des einen Herrn in zehn oder zwanzig weit aufgesperrte, gierig lauernde andere, und dies waren die Fabrikanten der Weisheit, welche das Vaterland schützen und retten sollte, dies waren die Männer am sausenden Webstuhle der Zeit!

Je mehr ich mich in diese Vorstellungen verlor, um so mehr fühlte ich mich zu einem Hohngelächter aufgelegt. Die sich verhandeln und verkaufen ließen, erschienen mir eben so unwürdig, verwildert und entsittlicht wie diese Krämer und Taubenhändler, die im Tempel saßen und mit Fleisch und Blut ihrer Mitmenschen schacherten. Wie viele kleinliche Jämmerlichkeit, wie viele hochmüthige Vorurtheile, wie viel Neid, Habgier, Eigennutz und Gewalt vereinigten sich auf dieser Scholle, und wo war der Held, der Messias für Deutschland!

Indem ich dies dachte, fiel ein Lichtschein in meine Augen, und als ich aufblickte, sah ich, daß gegenüber der Stelle, auf welcher ich stand, Graf Görz, mein hochgebietender Chef, seine Wohnung hatte. Das Licht kam aus dem Arbeitszimmer des Grafen im ersten Stockwerk und ich erblickte ihn selbst hinter den Scheiben, wie er, ohne Zweifel die rechte Hand in der Westentasche, mit der gewohnten noblen Höflichkeit zu einer anderen Person sprach, welche ich nicht entdecken konnte.

Dieser alte, steife Diplomat, der seine halbe Lebenszeit in Petersburg am Hofe Katharina's zugebracht hatte, galt in Rastatt als ein besonderes Gefäß der Weisheit. Er hatte Memoiren geschrieben über die beabsichtigte Theilung Baierns und über die Theilung Polens, aber ein schöpferischer Gedanke, irgend ein Himmelsfunke von Geist und Genius war in dieser in Formen verknöcherten Hülle nicht zu finden.

Und was hätte Geist und Genie denn diesen Menschen auch genützt? Sie waren nichts als Maschinen, die von ihren Höfen in Bewegung gesetzt und gelenkt wurden, sie hatten nichts zu thun als sich auszuhorchen, sich gegenseitig Daumschrauben anzulegen, um sich dies oder jenes Stück Land oder diese oder jene Heerde Unterthanen abzupressen; ihre ganze Kunst und Geschicklichkeit bestand darin, bei dem großen Leichenschmaus in Rastatt so viel einzusacken und mitzunehmen wie möglich.

Während ich still stand und zu den erleuchteten Fenstern hinaufsah, die sich bald darauf verfinsterten, wurde die Hausthür unten geöffnet und Jemand herausgelassen. Ich hörte seine Schritte, sehen konnte ich nichts, aber ich nahm an, daß es dieselbe Person sein müsse, mit welcher der Graf sich unterredet hatte. Es machte mich neugierig, wer so spät wohl noch Geschäfte dort gehabt haben könne?

Plötzlich wurden meine Vermuthungen durch einen sonderbaren Ton unterbrochen, der beinahe wie ein erstickter Schrei klang, und dem ein Geräusch folgte, als rängen zwei Menschen mit einander, von denen Einer zu Boden geworfen würde. Ohne zu zögern lief ich quer über die Straße fort auf den Ort los, indem ich ein lautes: Wer da?! Was ist da?! wiederholt hören ließ.

Es antwortete mir jedoch Niemand. Die Finsterniß war vollkommen, in keinem Hause Licht und gerade hier bog die Gasse ein, durch welche ich meine Wohnung zu erreichen dachte. Der Wind sauste jetzt um die Giebeldächer und ließ mich in Ungewißheit, ob eine Person, die ich nicht sehen konnte, sich mit raschen, leisen Schritten entfernte, ob ich mich täuschte, oder ob ein Stöhnen aus dem Boden drang.

Ich stand und horchte und that dann zweifelnd einige Schritte vorwärts, als ich mit dem Fuße an etwas stieß, mich bückte und voller Entsetzen mich überzeugte, daß ein lebloser Körper vor mir lag. Ich faßte auf einen Mantel, auf einen Kopf und ergriff eine Hand, die Zeichen des Lebens gab, denn sie umklammerte meine Finger.

Großer Gott! rief ich, was ist hier geschehen?

Der Unbekannte suchte sich aufzurichten. Ich unterstützte ihn; er holte tief Athem.

Wer sind Sie? fragte ich. Wer hat Sie in diese Lage gebracht? Ich will Hülfe rufen!

Nichts, nichts! erwiederte er im gebrochenen Deutsch, machen Sie keinen Lärm.

Sind Sie verwundet? fuhr ich in französischer Sprache fort, als ich bemerkte, daß er kein Deutscher sei.

Ich weiß es nicht, aber ich fühle nichts, war seine langsame Antwort. Ich erhielt einen Stoß oder Schlag, der mich betäubte.

So war es ein Raubanfall?

Sehr möglich. Vielleicht ein Soldat. Diese Soldaten sind zum guten Theil Galgengesindel.

Er schien sich zu erholen, seine Sprache wurde fester; ohne bedeutende Unterstützung half ich ihm aufstehen. Sehen Sie doch zu, ob man Sie beraubt hat? ermahnte ich ihn.

Ich fühle meine Uhr und meine Börse, erwiederte er.

So bin ich zur guten Zeit gekommen. Ich war dicht in der Nähe, als ich den verdächtigen Ton hörte.

Mein Taschenbuch! rief er mich unterbrechend. Es fehlt, vielleicht ist es mir aus der Tasche gefallen.

War es werthvoll?

Werthvoll, nein! Wer es genommen, wird bald einsehen, daß er eine Dummheit beging. –

Es schien, als habe er Lust darüber zu lachen, und ich gewann die Ueberzeugung, daß ihm wirklich wenig Leid zugefügt war. Mein Umhersuchen half nichts, ich fand nur seinen Hut; meinen Vorschlag, uns Licht zu verschaffen, wies er zurück.

Lassen Sie alle die guten Leute schlafen, mein bester Herr, sagte er, es lohnt sich nicht der Mühe. Die Brieftasche enthielt Notizen ohne Werth und Papiere, die Niemand verwerthen kann. Sollte man sie finden, so erhalte ich sie vielleicht zurück, denn es steht mein Name darin. Lassen Sie mich jetzt wissen, wer mir so großmüthigen Beistand leistete, für den ich immer verpflichtet sein werde.

Als ich mich genannt hatte, drückte er erfreut meine Hände und versicherte mit vieler Lebendigkeit, wie sehr er über die Gunst des Zufalls erfreut sei, der mich zu seinem Beistande sandte.

Ich bin der Chevalier de Bray, fuhr er dann fort, vielleicht haben Sie meinen Namen schon gehört.

Allerdings, erwiederte ich erstaunt über diese Entdeckung, ich habe Sie mehrmals nennen hören, auch sah ich Sie vor kaum zwei Stunden in Saglio's Kaffeehause in Gesellschaft der französischen Gesandten.

Parbleu! rief er lachend, indem er meinen Arm nahm und wir weiter gingen, Sie waren es, der mit dem Grafen Lehrbach in dem Kabinette saß? Schade, daß es so verteufelt finster ist, daß ich keinen Zug Ihres Gesichts erkennen kann. Wir müssen warten, bis die Sonne scheint, um unser verdüstertes, erstes Zusammentreffen besser aufzuklären, aber ich wage sogleich noch eine Bitte. Sie wissen vielleicht, daß ich in gewissen Verhältnissen zu der baierischen Gesandtschaft stehe; auch wissen Sie, daß diese Gesandtschaft sich ganz besonders mit allen ihren Hoffnungen und Erwartungen auf die preußische Gesandtschaft stützt. Ich kam soeben vom Grafen Görz, dem ich in diesen Angelegenheiten Mittheilungen zu machen hatte; nach mehr als einer Seite hin würde es daher unangenehm auffallen, wenn morgen früh sich in Rastatt die Nachricht von meinem Abenteuer verbreitete. Man würde aus meiner nächtlichen Anwesenheit im Hause des Grafen allerlei Muthmaßungen schöpfen, die ich wenigstens für die nächsten Tage vermeiden möchte; kurz, mein theurer Herr, ich glaube, daß Sie vielfachen, warmen Dank verdienen werden, wenn Sie meinen, an sich geringfügigen Unfall vergessen und alles Geschwätz damit abschneiden.

Ich sagte ihm dies sehr gern zu, was ihn zu vermehrten Danksagungen bewegte. Eben so dankbar nahm er mein Anerbieten an, ihn bis zu seiner Wohnung zu begleiten, welche nach Rastatter Begriffen ziemlich entfernt lag. Er erzählte mir nun in lustiger Weise, wie er überfallen worden sei. Aus der tiefen Nische einer Einfahrt sei plötzlich eine Gestalt auf ihn so geräuschlos losgestürzt, daß er kaum eher etwas davon merkte, bis er einen Schlag auf den Kopf erhielt, der ihn besinnungslos machte.

Und Sie haben keine Muthmaßung über diesen Schelm?

Zum Henker! rief er, wie soll man Muthmaßungen haben in dieser Finsterniß. Der Kerl kam mir vor wie ein Riese; das ist Alles, was ich weiß. Doch hier bin ich an meiner Thür; mein Kopf ist nicht ganz frei von Schmerz, um zu dem Friedenscongreß in Rastatt zu passen, ist ihm Ruhe nöthig.

Mit diesem Scherze sagte er mir gute Nacht und versprach mich morgen aufzusuchen. – Ich ging nun rasch zurück und erreichte ohne Anfechtung die Nähe meiner Wohnung, wo mir jedoch etwas begegnete, was ich nicht übergeben will.

Ich hatte eben das Haus meines Nachbars erreicht, als sich dessen Thür aufthat, und Graf Lehrbach in eigener Person denselben Mann heraus ließ, mit welchem er heut Abend im Kaffeehause gesprochen hatte. Der Graf war noch vollständig angekleidet, ganz so wie er mich verlassen, mit dem hohen Toupé, der feingefältelten Binde und den blitzenden Ringen an seinen langen Fingern, welche ein Licht empor hielten, dessen Schein mir gerade ins Gesicht fiel. Ich weiß nicht, ob er mich sah, aber er blickte stier nach mir hin und warf rasch die Thür wieder ins Schloß, als der Herr in dem großen Ueberzieher heraus war. Dieser sprang bei mir vorüber und eilte davon.

Wer war er? Was hatte der Gesandte mit ihm zu schaffen? Warum begleitete er ihn selbst? – Dieser Mensch sah nicht aus wie Einer, der zu der höheren Gesellschaft gehört; weit eher wie ein Curier oder ein ähnliches dienstbares Wesen. – Es war vergebens, daß ich allerlei Combinationen machte.

Ich sollte jedoch bis zum letzten Augenblick an diesem Tage wunderliche Abenteuer erleben, denn als ich die Flur des Hauses betrat, in welchem ich wohnte, schallten mir Gesang und Gelächter entgegen. Mademoiselle Hyacinthe hatte Gesellschaft, welche sehr lustig gelaunt zu sein schien. Ich hörte Gläser klingen, hörte helle Stimmen dazwischen sprechen; es wurde Beifall geklatscht, Verse declamirt, dann wahrscheinlich eine Rede gehalten, der ein lärmender Jubel folgte, kurz es waren sämmtliche Anzeichen einer sehr frohen und zwanglosen Compagnie vorhanden. –

In den Bürgerhäusern jener Zeit lag das untere Stockwerk gewöhnlich hoch, und nach der Flurseite hin befand sich ein kleines Fenster, von welchem aus der Eigenthümer jeden Fremden sehen und sprechen konnte, der bei ihm eintrat. Dies Fenster fehlte auch hier nicht und mittelst desselben fiel Licht genug in die Halle, um eine Leiter zu entdecken, welche an einem Haken an der Wand hing. Ich besann mich nicht lange, holte sie herbei, und befand mich in der nächsten Minute in einer Stellung, von der aus ich das ganze Gemach der Schauspielerin überblicken konnte.

Dieser Anblick war nicht uninteressant. Eine gedeckte Tafel stand in der Mitte, an welcher mehrere Herren und Damen saßen. Ich erkannte sogleich Mademoiselle Hyacinthe und einige ihrer Colleginnen vom Theater, die in ihren weiten, griechisch ausgeschnittenen Mousselingewändern, ihren duftenden Locken und den Blumenkränzen, welche ihre Stirnen schmückten, sehr lieblich und verlockend-bacchantisch aussahen. Als Französinnen besaßen sie alle Reize, welche leichtfertige, graciöse Coquetterie in Geberden und Ausdruck, lebhaftes Geplauder und witzige Einfälle geben können. Die Tafel war mit gewählten Speisen aller Art und mit feinen Früchten und Süßigkeiten besetzt; aus glänzenden, mit Eis gefüllten Untersätzen sahen die Champagnerflaschen, Näschereien der theuersten Art füllten die silbernen Etageren. –

Die Herren, welche sich zu diesen Schönen gesellt hatten, waren offenbar ihnen an Rang meist sehr überlegen. Sie waren nicht mehr jung, allein ihre Sitten, ihr Uebermuth und ihre galanten Scherze, wie ihre Kleider und ihre Brillantringe und Busennadeln deuteten auf ihre gesellschaftliche Stellung. Sie warfen die hübschen Mädchen mit Zuckerkörnern und diese vertheidigten sich mit ähnlichen Waffen und mit Schelten und Schreien. Ein schrecklicher Lärm, Gelächter und Getobe der tollsten Art füllten das Gemach, dazwischen stimmte Einer, der ein Künstler sein mochte, eine Melodie auf seiner Geige an, und eine der Damen, welche sich ihm widmete, trällerte ein Liedchen dazu, ohne daß die Anderen sich in ihrem lustigen Bombardement stören ließen.

Mademoiselle Hyacinthe saß am oberen Ende des Tisches und schien mit ausdrucksvoller Lebendigkeit Verse zu citiren, welche zwei andere Personen theilnehmend anhörten. Die junge Schauspielerin, ihr Glas schwingend und ihren bekränzten Kopf in den Nacken werfend, sah allerliebst aus, dennoch aber erregten ihre Nachbarn mir größeres Interesse. Auf dem Eckplatze erblickte ich einen Herrn, der mir heut schon gezeigt worden war, den Beschützer und Anbeter dieses hübschen Mädchens, den wegen seines Geistes berühmten Grafen Ludwig Cobenzl. Der Friedensstifter von Campo-Formio, diese hohe Person, ohne Zweifel eine der höchsten in Rastatt, lag hier in einem Fauteuil halb ausgestreckt in nachlässiger Stellung, ließ sich mit Zuckerwerk füttern und küßte ab und zu der kleinen Actrice die Fingerspitzen, wenn diese seinem häßlichen Munde zu nahe kamen. Der geistreiche lascive Graf sah wie ein Meerungeheuer aus, das sich in seinem Serail von schönen Weibern hätscheln läßt.

Sein Gesicht glich einem Katzenkopf, oben breit, nach dem Kinn spitz zu, mit übermäßig hoher Stirn und röthlich dünnem Haar, in welchem kein Puder haften wollte. Obwohl erst fünf und vierzig Jahre alt, sah er doch viel älter aus, denn sein Körper war vollständig ausgemergelt durch jede Art Lebensgenuß, und diesem erschöpften Organismus jeder Blutstropfen abgezapft. Er war buchstäblich kreideweiß, und dabei aufgedunsen in Gesicht und Leib, wie eine Blase. –

Das war also der berühmte Diplomat, der Deutschlands Schicksal bestimmt hatte! Ich betrachtete lange diese zuckenden unförmlichen Lippen, die schiefliegenden, blinzelnden kleinen Augen, und fragte mich, wie es möglich, daß dieser häßliche Mann nicht nur der Liebling so vieler ausgezeichneter Frauen sein konnte, sondern, daß selbst eine Dame wie die Kaiserin Katharina die Zweite, die so gut über männliche Schönheit zu urtheilen wußte, ihn zu ihrem erklärten Günstling erhob und nicht müde wurde, ihn gern in ihrer Nähe zu sehen, bis sie starb. Ich betrachtete ihn aus meinem Versteck mit Interesse und mußte mir sagen, daß man auf der Stelle trotz dieser furchtbaren Häßlichkeit den vornehmen Mann und den erfinderischen Verschwender erkennen könne, der durch seine sybaritischen Feste sich mindestens eben so großen Ruf erworben, wie durch sein staatsmännisches Geschick. –

Ohne Zweifel wurden auch hier in Rastatt von ihm alle jene Vorzüge ausgeübt, welche ihn so berühmt und beneidet machten, und wenn er als Staatsmann scheiterte und die Geschichte ihm keine Lorbeerkränze gewunden hat, so muß man ihm wenigstens nachsagen, daß er der vollendetste Lebemann, der witzigste Wüstling und der liebenswürdigste Verehrer der Frauen seiner Zeit war.

Aber der Herr Graf Ludwig Cobenzl war nicht allein mit Mademoiselle Hyacinthe beschäftigt, es befand sich an seiner anderen Seite noch eine Dame, der er zu huldigen schien, und welche meine Aufmerksamkeit nicht wenig erregte, denn sie war schön und jung und schien dabei von anderem Stoff gemacht, wie diese lustigen, leichtsinnigen Schauspielerinnen. Sie saß auf ihrem Sessel neben dem Grafen, ohne in die allgemeine Fröhlichkeit einzustimmen, mit einer gewissen Würde, mehr beobachtend als theilnehmend. Ein großes gesticktes, weißes Seidentuch, mit langen Fransen hüllte sie ein, sie hatte ihre Hände darunter verborgen und stützte den Ellenbogen auf die Lehne des Stuhles. Ich erinnerte mich, in Rom eine antike Marmorstatue gesehen zu haben, die in ihrer faltenvollen Draperie mich besonders anzog; die Stellung dieser schönen Dame war ähnlicher Art und ihr stolzes, volles Gesicht mit starken, fest gebildeten Zügen und großen Augen voll Feuer italienisch ausdrucksvoll.

Dann und wann sprach sie einige Worte mit dem Grafen, oder nickte der declamirenden Schauspielerin zu, lächelte über eine Antwort, blieb jedoch fortgesetzt in ihrer zurückgezogenen Stellung, als wolle sie damit zu erkennen geben, daß irgend eine Kluft zwischen ihr und dem übrigen Theile der weiblichen Gesellschaft in diesem Raume vorhanden sei. –

Ich weiß nicht, was endlich das Ende meiner Beobachtungen gewesen sein würde, aber in dem Augenblicke, wo jene stolze, eingehüllte Gestalt den Kopf aufhob, und, wie ich glaube, mein Gesicht an dem kleinen Fenster entdeckte, denn sie sah starr darauf hin; wo ich mich rasch bückte und verschwand, indem ich an der Leiter niederrutschte, die mich bisher getragen: erblickte ich auf den obersten Treppenstufen ein Wesen, seltsamer als Alles, was ich bis jetzt gesehen hatte.

Es war die außerordentlich lange und dürre Gestalt eines alten Mannes, oder eines Gespenstes von menschlichen Formen. Eingewickelt in einen blumigen Schlafrock, der nicht zum besten aussah, hielt die Erscheinung in ihrer Linken einen gelben Metallleuchter mit tief niedergebranntem Licht, dessen Flamme ein röthliches, hageres Gesicht mit mächtiger Nase beleuchtete, welche fast gerade aus in die Welt ragte. Auf seinem Kopfe trug das fabelhafte Geschöpf eine hochstehende weiße Zipfelmütze, mit welcher es zornig nickte, während seine Augen mich ingrimmig anstierten und sein Mund sich wunderbarlich breit und ungefügig verzerrte. Nachdem ich den Schrecken einer Geistererscheinung, oder eines Hauskoboldes von mir abgewehrt, blieb die Frage übrig, ob ich es mit einem Wahnsinnigen zu thun habe, der mir den Weg versperrte?

Nach einiger Ueberlegung nahm ich meinen Hut ab, grüßte aufs Höflichste, machte eine tiefe Verbeugung, lächelte freundlich und indem ich ihm einen guten Abend wünschte, nannte ich zugleich meinen Namen, erklärte, daß ich seit zwei Tagen hier wohne, so eben nach Haus komme und erfreut sei, einen so würdigen Herrn noch munter zu finden, welcher gewiß so artig sein werde, mir zu erlauben, daß ich in mein Zimmer gelangen und dort mein müdes Haupt zur Ruhe bringen könne.

Diese höfliche und lange Auseinandersetzung rührte ihn sichtlich, er betrachtete mich mit milderen Blicken und sagte dann mit einer merkwürdig knarrenden Stimme:

Entschuldigen Sie meine zornige Aufreizung in dieser nächtlichen Zeit, hochwohlgeborener Herr Baron, allein was bleibt einem gequälten Mann übrig, der, von dem wüsten Lärm turbulirt, welcher in diesem Hause verübt wird, sich hierher begab, um sich weiter zu informiren, wie er gegen die Turbatores einschreiten und sich Ruhe verschaffen sollte. Denn es giebt auch hier eine lex publica disciplina und das vorhandene Municipium muß mich schützen, dieweil ich ein friedlicher, seine nächtliche Ruhe zum Heil des salus publicae opfernder Mann bin, der aber nichts opfern will für dergleichen Compotitium Kunstwort; lat. compotatio = Trinkgesellschaft, also etwa: »Gelage«. einer französischen Mamsell Actrice.

Diese Antwort, welche mit steigender Erregtheit und heftigen Schlägen der dürren Finger an die dürre Brust gegeben wurde, machte mir es klar, mit wem ich es zu thun hatte. Ohne Zweifel, sagte ich, mich ehrfurchtsvoll verbeugend, habe ich das Glück vor dem berühmten und hochgelahrten Professor Samhaber zu stehen.

Doctor juris utriusque, Doktor beider Rechte, d.h. des bürgerlichen und des Kirchenrechts. antwortete die lange, dürre Gestalt mit einem angenehmen Grinsen, indem sie meine Verbeugung eben so tief erwiederte.

Ach! hochverehrtester Herr Professor, sagte ich seufzend und meine Verbeugungen verdoppelnd, bedenken Sie, daß Jugend noch immer ohne Tugend ist, sintemal ihr stets das nöthige Ingenium mangelt, ergo es der erhabenen Weisheit immerdar wohl ansteht, sie zu pardonniren. Um dessentwegen bitte ich Sie, hochgelahrter Herr, von dem Vorsatz abzulassen und mit mir umzukehren.

Diese Bescheidenheit wirkte auf den Professor wie Sonnenschein auf Märzschnee. Sein langes faltiges Gesicht füllte sich mit einem zärtlichen Grinsen und hintereinander machte er eine Anzahl Rückenkrümmungen und Grimmassen, die mich außerordentlich belustigten. Wenn man bedenkt, daß diese Scene mitten in der Nacht auf einem öden Vorsaal stattfand, und der gespenstische alte Mann in seinem Schlafrock und der weißen hochstehenden Spille sich vor mir wie ein Derwisch drehte, so wird man es erklärlich finden, daß ich zur Verlängerung meines Vergnügens gern seine Einladung annahm ihn auf einige Minuten zu begleiten, damit er mich mit Licht versorgen könne.

Ich stieg somit noch eine Treppe höher und befand mich in seinem Allerheiligsten. Herr Samhaber war ein echter deutscher Professor. Ausgetrocknet vom Wirbel bis zur Zehe, unbehülflich wie ein Nilpferd, unbekannt mit den gewöhnlichsten Gebräuchen und Sitten des Lebens. Er war ein alter Junggeselle mit unstillbarer Sehnsucht für Tabak, Kaffee, schweinsledernen Folianten und vergilbten Documenten, von denen eine ganze Schaar seinen Schreibtisch umringten, wie Amouretten die Göttin der Liebe.

Hochgeschätztester Herr Professor, sagte ich zusammenschaudernd vor dieser Hexenküche, wie ich bemerke, arbeiten Sie in dieser tiefen Nachtzeit noch an irgend einem unsterblichen Werke ohne Ihre theure Gesundheit zu achten.

Samhaber rieb seine langen Knochenfinger, die mit schwarzen Flecken und Streifen bedeckt waren, und indem er sich triumphirend zu mir beugte, flüsterte er mir halblaut zu:

Nicht nach Ruhm und eitlem Tand frage ich, mein vortrefflicher Herr, obschon es auch heißt: tanto major famae sitis est, quam virtutis! Mein höchster Stolz ist es, für das unantastbare Recht des Bisthums Würzburg so eben ein Elogium Lobrede, Würdigung. zu vollenden, welches Erz und Panzer sein wird gegen alle freventlichen Versuche, die würzburgischen Kirchengüter zu rauben.

Und glauben Sie, antwortete ich, daß Sie mit ihrer unsterblichen Beredtsamkeit durchdringen werden?

Sicherlich! ohne Zweifel! rief er mit Energie. Das Heil des ganzen deutschen Reiches hängt davon ab, es ist unmöglich, meinen Beweisen zu widerstehen. Im Vertrauen, fügte er dann mit kindischer Selbstbefriedigung hinzu, will ich Ihnen nicht verschweigen, daß alle die in der Reichsdeputation viel bewunderten Reichsdeputations-Abstimmungen des hochwürdigsten Gesandten, meines verehrten Herrn Grafen Stadion, das Werk meiner von Gott gesegneten Feder und die Frucht dieses meines unermüdlichen nächtlichen Fleißes sind. – Wäre es nicht dermalen sehr spät und wollten Sie einige Stücke meines Werkes hören –

Diesen Genuß, unterbrach ich ihn, darf ich nicht leichtsinnig und ungesammelt mir gewähren; allein, mein theurer Herr, werden Ihre wunderbaren Werke zum Heile des Vaterlandes nicht durch eine Erschöpfung Ihrer Kräfte ein Ende nehmen?

Niemals! schrie er, mit seinem langen Arme die Luft durchsägend, ich werde unerschöpflich sein, so lange mir der Stoff nicht ausgeht, welcher mir die Macht verleiht, den höchsten Wahrheiten der bedrängten Kirche und dem bedrängten Vaterlande zu dienen. –

Dann sah er mich geheimnißvoll grinsend an, tippte mit seinem Zeigefinger auf meine Schultern und flüsterte mir ins Ohr:

Ich bin mit diesem Stoffe, dem Himmel sei Dank! so reichlich versorgt, daß ich hoffen darf, alle Feinde, Heiden und Gottesläugner zum Schweigen zu bringen.

O! sagte ich, ihn anschauend, ich beneide Sie um dies Arcanum, aber –

Pst! unterbrach er mich, indem er mir winkte und mit dem Licht in der Hand mich in eine ferne Ecke führte, sehen Sie hier!

Ich sah ein ziemlich großes Faß dort liegen und eine profane Ahnung stieg in mir auf, die sich mit der rothen Nase des würdigen Samhaber in Verbindung setzte.

Wie? rief ich, ist das der Quell Ihres Geistes und Ihrer Begeisterung?!

Er nickte gravitätisch.

O, mein junger Herr! flüsterte er, den langen Finger aufhebend und würdevoll grinsend, in diesem Safte liegt das wahre Licht der Welt, ohne ihn wären und blieben wir Abderiten! Mit Bezug auf »Die Abderiten. Eine sehr wahrscheinliche Geschichte«, satirischer Roman von Christoph Martin Wieland (zuerst 1774-1780); Bezeichnung für ein Schildbürger, also naive, einfältigen Menschen.

Aber Herr Professor! liebwerthester, hochweisester Herr Professor! antwortete ich, ihm schelmisch drohend, welche verwegene Grundsätze sprechen Sie aus, welche wunderbare Offenbarungen umschweben Ihr edles Haupt! Doch concedo, doctissime, venerabilissime Professore, concedo! Sagen Sie mir geschwind, welche Sorte sie darin haben?

Die allerbeste, die allervortrefflichste! flüsterte er, süß den Mund spitzend und seine verklärten Augen auf das Faß richtend. Ich werde Ihnen ein Pröbchen geben, dieweil in Rastatt nirgend seinesgleichen zu haben ist.

Tausend Dank! würdiger Herr, Sie machen mich äußerst begierig und eben so zweifelsüchtig, antwortete ich ihm, indem ich erwäge, daß es hier mancherlei feine Kenner giebt, welche sich vortrefflich darauf verstehen, das Beste auszuwählen.

Alles ist nichts! rief Samhaber, nichts kommt meinem Fäßchen gleich! Nichts kann sich mit der Lieblichkeit, dem Glanze, der Farbe dieses vortrefflichen Saftes vergleichen.

Welches aber ist der Name dieses bezaubernden Trankes? antwortete ich aufs Höchste erwartungsvoll.

Name? erwiederte er. O! mein vortrefflicher, junger Freund, diese edle Flüssigkeit trägt den einfachen, schlichten Namen, der so viele der herrlichsten Eigenschaften vereint, welche man mit dem Appellativum Tinte bezeichnet.

Ah, sagte ich, also Tinto ist es. Ich kenne diesen des rühmten spanischen Wein noch nicht.

Tinto! Tinto! murmelte er, was meinen Sie damit? Es ist Tinte, schwarze, sanftglänzende, leichtfließende, jeden Gedanken aufs Feinste wiederspiegelnde Tinte, liquor scriptorius niger, deren Composition mein eigenstes Geheimniß ist.

Wie? rief ich erstarrend ungläubig, dann mehr und mehr überzeugt, Tinte! Entsetzlich, unerhört! nichts als Tinte? Und dies ganze Faß voll haben Sie mitgebracht, um das deutsche Reich zu retten?!

Ich werde es retten! schrie Samhaber und seine Zipfelmütze richtete sich auf; ja, ich werde es retten. Ich werde mein großes Werk vollenden, ich werde alle diese Kirchenräuber mit diesem heiligen Liquor tödten und nicht eher aufhören, bis der letzte Tropfen ausgetunkt ist!

Ein nicht mehr zu überwindendes homerisches Gelächter erstickte meine Worte.

Schreibt, schreibt, mein würdiger Herr! schreibt mit zehntausend Gänsekielen, brachte ich zuletzt hervor. Ruft alle Magister und Doctoren des Heiligen römischen Reichs zusammen, tunkt alle Tinte aus bis auf den letzten Tropfen und werft die leeren Tintenfässer endlich dem Teufel an den Kopf, wie es der tapfere Doctor Luther gethan.

Bei diesem unheiligen Namen und meinem tollen Lachen spreizte sich der alte Mann auf, reckte Arme und Hände und ich glaube beinahe, er hielt mich für den Knecht des Versuchers, gegen den er sich rüstete, Kralle um Kralle und Zahn um Zahn. –

Gute Nacht, gelahrtester Herr, rief ich, mich rasch entfernend, wenn ich wiederkomme, wollen wir weiter darüber sprechen, wie wir diese gallichte, nichtswürdige Tinte in süßen, feurigen Tinto verwandeln und alle Diener der heiligen geplagten Kirche damit von ihrem Weh erlöst werden mögen.

Apage Satanas! schrie Samhaber mir nach und ich eilte die Treppe hinunter und warf mich lachend auf mein Lager. –

Rette Deutschland! schrie ich zur Decke hinauf, rette, edler Samhaber, Du wirst Deine Sache wenigstens eben so gut machen, wie dieser Ludwig Cobenzl, dieser Graf Metternich und alle die anderen Excellenzen, Barone, Ritter, Aebte, Mönche, galante Damen und sonstige Komödianten. –

Es entstand eine wilde Jagd um meinen Kopf. Die Domherren und Priester, Graf Stadion und der Chevalier de Bray, Franzosen, Oesterreicher, Mademoiselle Hyacinthe und ihre Freundinnen, und meine hochgeehrten Herren Gesandten tanzten um mich her, und Professor Samhaber fing sie Alle, den Einen nach dem Anderen, bis auf den Letzten, den zigeunerhaften Grafen Lehrbach, den faßte er an dem Rattenschwanz und tauchte ihn in das Gefäß des lieblichen, schwarzen, Deutschland rettenden Nasses. Graf Lehrbach aber sah so fürchterlich aus, daß mein Gelächter sich in Grausen verwandelte. Mit einem langen Messer in der Hand, ganz triefend von schwarzem Blut, sprang er auf mich los. Ich schrie davor auf und erwachte.



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