Thomas Moore
Lalla Rukh
Thomas Moore

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Zweyter Theil.

Die Prinzessinn, die schon Trauer genug in der Seele trug, hätte wohl gewünscht, daß Feramors Wahl auf eine minder wehmüthige Erzählung gefallen wäre; denn nur dem Glücklichen sind Thränen Wollust. Ihre Frauen dagegen empfanden nicht die leiseste Unzufriedenheit darüber, daß abermal der Poet die Liebe zum Gegenstande genommen hatte; denn, meynten sie, wenn er von Liebe spreche, töne seine Stimme so süß, als ob er an den Blättern jenes Zauberbaumes gesogen habe, welcher über dem Grabe des Tonkünstlers Tan-Sein entsprießt.»Innerhalb der Umhegung, welche dies Denkmahl umschließt, (zu Gualior) befindet sich ein kleines Grab zum Andenken des Tan-Sein eines Tonkünstlers von unvergleichlicher Geschicklichkeit, welcher am Hofe des Akbar blühete. Das Grab wird von einem Baume überschattet, dem eine abergläubische Sage die Kraft beylegt, daß man durch das Saugen an seinen Blättern eine ausnehmende melodische Stimme gewinne.« — Narrative of a Journey from Agra to Ouzia, by W. Hunter, Esq. –

Den ganzen Vormittag hindurch hatte der Weg die Reisegesellschaft durch eine grauenvolle Gegend geführt; – durch Thäler, mit niedrigem Buschwerk bewachsen, wo an mehr als einer Stelle das ernste Zeichen des Bambustabes»Es ist Sitte, eine weiße Flagge von dreyeckter Form, auf der Stelle wo ein Tiger einen Menschen zerriß, an einen etwa zehn bis zwölf Fuß langen Bambustab zu befestigen. So pflegen auch die Reisenden einen Stein oder Ziegel auf den Fleck hinzuwerfen, wodurch binnen kurzer Zeit ein Hügel, von der Größe einer starken Wagenladung entsteht. Der Anblick dieser Flaggen und Steinhügel weckt eine gewisse Wehmuth, wohl nicht immer ganz frey von einer Beymischung der Furcht.« — Oriental Field Sports vol. 2. mit weißem Wimpel dem Wanderer mahnte, eben hier habe der Tiger irgend ein menschliches Wesen zerfleischt. Es gereichte daher allen zum großen Vergnügen, als man um Sonnenuntergang ein sicheres und liebliches Thal erreichte, und das Gezelt unter einem jener heiligen Bäume aufschlug, deren schlanke Stämme und weitverbreitete Zweige sie zu natürlichen Tempeln 6 der Religion zu bestimmen scheinen. Unter den Schatten waren durch fromme Hände Säulen des edelsten Porcellans errichtet»Der Ficus Indica heißt der Pagoden-Baum, und der Baum des Rathes. Das Erstre von den Götzenbildern unter seinem Schatten, das Zweyte, weil man Versammlungen unter seinen kühlen Zweigen hält. An einigen Orten hält man ihn für den Wohnsitz von Gespenstern, wie man in den alten mächtigen Eichen von Wales Feyen ahndete; an noch andern hat man unter dem Schatten Säulen von Stein errichtet, oder zierlich geschnitzte Pfosten, mit dem schönsten Porcellan, die Stelle der Spiegel vertretend, geschmückt.« — Penuant., dessen Glanz nun die jungen Mädchen als Spiegel gebrauchten, um, aus den Palankinen steigend, ihr Haargelock zu ordnen, indeß, wie gewöhnlich, die Prinzessinn achtsam lauschend dasaß, Fadladin, in einer seiner stattlichsten Kritikerlaunen zu ihrer Seite, und der junge Dichter, sich an einen blühenden Ast des Baumes lehnend, also in seiner Erzählung fortfuhr: –

       

Klar steigt empor der Morgenschein,
Um über'm grünen GolfDer Persische Meerbusen. – »Um nach Perlen im grünen Meere oder dem Persischen Golf zu tauchen« — Sir W. Jones. zu schweben,
Beleuchtend BahrinsBahrin und Kischma sind Inseln des Meerbusens. Palmenhain,
Und Kischma's ambraduft'ge Reben.
Frisch haucht Arabiens Uferland,
Und Duft, aus Indiens Meer entwandt,
Umspielt Selama'sOder Selewh, der echte Nahme für das Vorgebirge am Eingange des Meerbusens, gewöhniglich Cap Musseldom geheißen. »Die Indier, wenn sie das Vorgebirge umsegeln, werfen Kokosnüsse, Früchte oder Blumen in die See, um sich eine günstige Fahrt zu sichern.« — Morier. heil'ges Cap,
Und seiner sonn'gen Meerfluth Glänzen,
Die Frucht und Traub' oft zieht hinab,
Sammt manchen schöngeflochtnen Kränzen;
Weil frommer Seemann auf der Fahrt
Das Küstenopfer nimmer spart,
Daß er die Geister hülfreich finde 7
Zu klarer Luft und günst'gem Winde!
Die Nachtigall senkt ihr Gefieder
Nun von den hohen Bäumen nieder,
Wo nächtig unbelauscht sie sang;»Die Nachtigall singt bey Tage aus den Granathainen; von den höchsten Bäumen bey Nacht.« — Russel's Aleppo
Sie birgt sich vor dem Morgenstern
In der Granaten Duftumfang,
Umweht von junger Wolken Schwinge,
Vom Thau, den Himmelshauch erweckte,
So rein, daß er dem Sultanherr'n
Wohl die polirte Krönungsklinge,
Ob sie besprühn'd, doch nicht befleckte!Franklin sagt, über das Klima von Schiras sprechend: »der Thau ist so reiner Natur, daß der glänzendste Säbel, und ob man ihn demselben die ganze Nacht lang aussetzte, dennoch nicht den leisesten Rostfleck empfangen würde.«

Und sieh! – die Sonne steigt von den Hügeln
Des Ostens rein auf Glorienflügeln!
Lichtengel! Der zu jener Zeit,
Wo sich dies Sternenchor gereiht,
In seines Meisters Feuerpfad
Zuerst vor all den Andern trat!
Wohin die Jahr', o Himmelszier,
Als Iran Deinen Flammenwegen
Sich, gleich den Blumen, wandt' entgegen? –
Als von dem Strand des Bendemir
Bis zu dem Nußhain Samarkands
Weit flammte Deiner Tempel Glanz?
Wo sind sie? Auf Kadessia'sDie Gegend, wo die Perser ihre entscheidende Niederlage von den Arabern erlitten, und ihr alterthümliches Königreich zerstört ward. Plan
Magst du die blut'gen Schatten fragen, 8
Die vor der Welteroberer Bahn
Zerbrechen Irans Krone sahn,
Und Glaub' und Recht in Ketten schlagen! –
Frag' jenen Armen fernverbannt,
Ganz ungeliebt, ganz ungekannt,
Jenseit von Kaspiens Eisenpforte,Derbend. – »Les Turcs appellent cette ville Demir Capi, Porte de fer; ce sont les Caspiae Portae des anciens.« — D'Herbelot.
Fern an der Mossianberge Schnee, –
Fern seiner heimathlichen Orte
Jasminenlaub' und sonn'gem See! –
Doch glücklicher noch so verbannt,
Als im geliebten Vaterland
Das fremde Macht mit Fesseln band! –
O lieber streift er ruhelos,
Wo Freyheit und sein Gott ihm winken,
Als in der sanften Heimath Schooß
Vor fremde Götzen hinzusinken.
Ist Irans Stolz entflohn für immer?
Todt, gleich der Flamm' auf Mithra's Heerd?
Nein, Männer gib'ts noch, dienend nimmer
Dem Feind, so lang' noch Licht bescheert
Die Sonn' und Erd' ein Grab gewährt!
Ja, rasche Geister sind noch wach,
Für Unrecht zahlend Klingenschlag;
Manch Herz auch gibt's, drin Rachesaaten
Langsam, doch stark aufgehn zu Thaten,
Bis es, ob scheinbar Friede lacht,
Gleich Zeilan's Riesenpalme kracht,
Wenn ihre Blüth' im Donnerschüttern
Losbricht, daß rings die Wälder zittern!Der Talpot- oder Talipot-Baum. »Diese schöne Palme, welche im Innersten der Waldungen wächst, kann unter die höchsten Bäume gerechnet werden, und wird stets höher, wenn sie im Begriffe steht, aus ihrem luftigen Wipfel vorzublühn. Die Hülse, welche alsdann die Blume umschließt, ist sehr breit, und platzt mit einem Geräusche, welches dem Donner der Kanone gleicht.« – Thunberg. 9
Ja, Emir, er, der Deinen Thurm
Erklomm, – hätt' er Dich dort erreicht,
Du wüßtest, ob vor Ghebernsturm
Wohl ein Tyrannenhaupt sich neigt; –
Er ist nur einer von den Vielen,
Die hassend nach dem Moslem zielen,
Die – wissend, all umsonst sey Kampf,
Und der gesprengten Kette Krampf
Brech' in die Brust ertödtend ein
Deß, der zerbrach den ehrnen Reihn, –
Die doch den grimm'gen Ausgang wagen,
Mag nur nach langen Drängungstagen
Ihr Herz verblutend frey noch schlagen!
Du kennst sie! – Wen'ge Monden sind's,
Als mit dem Turbansheer, den Fahnen
Blutfarb, Dein heuchlerischer Prinz,
Dich sandt' auf Meeres Klippenbahnen
Hierher, und eine heil'ge Schaar
Hier, gleich am Port, gesammelt war,
Vom Land – jetzt nennst Du's frevelnd Dein –
Mit Speereslicht Dich fortzudräu'n!
Hier, eh' du halb genaht dem Strand,
Hielt schon Empörung kühn Dir Stand. –

Empörung! Wort, deß Hauch entehrt! –
Wie oftmal schmähtest Du schon Thaten, 10
Wo heilig kämpfte Zung' und Schwert,
Ob kühngelungen, ob mißrathen!
Manch Herz, das Länder segnen sollte,
Sank welkend unter diesem Ruf,
Das, wenn ein Stündlein anders rollte,
Sich ew'gen Ehrentempel schuf!Anm. des Uebersetzers. So ging es den Vendeern, als sie wider die blutdürstige Republik, so den Tyrolern, als sie für den angestammten Fürsten, so den Spaniern als sie wider den fremden Eroberer fochten! – daß unser Dichter hier nur ähnliche Thaten meynt, nicht aber die, welche durch kein mögliches Glückssiegel geadelt werden können, weil sie vor Gott entadelt sind, – es geht aus dem ganzen Gedicht, vorzüglich aus der Geschichte des verschleyerten Propheten hervor. Der absichtlich Mißdeutenden wegen, stehe diese Erklärung hier. Besser zehn höhnende Stimmen über meine Verehrung für Legitimität, als eine einzige, die da – ob auch nur halblaut äußern dürfte, ich verehre das, was ich verehre, nur mit halbem Herzen, und möge mich, sey es selbst in den Hainen der Phantasie, auch nur augenblicklich mit dem Gegensatze befreunden. Wo Wahrheit im Leben wohnt, wohnt sie auch in der Poesie.
Wie Dünst', aus warmer Erd' entrückt,
Wenn Frost alsbald sie niederdrückt,
Wenn sie vergeblich aufwärts streben,
Als dumpfe Nebel nieder schweben; –
Doch wenn Einmal mit lust'gen Schwingen
Sie über Bergesgipfel dringen,
Ziehn sie durch obrer Lüfte Gold
Als Sonnenglorien hoch und hold! –

Doch wer ist's, der, der Freyheit Schwinge
Am grünen See heißt aufwärts ziehn, 11
Vor dessen Säbels lichter Klinge
Geblendet Yemens Krieger flieh'n?»Wenn vor den glänzenden Säbeln die Augenwimpern unsrer Helden zucken.« — Moallakat, ein Gedicht des Amru.
Wer kommt, umragt von Lanzenspitzen
Der Schaar aus Kerman's Felsensitzen? –
Der Bergschaar, wo noch treu zuletzt
Der Väter Sitten festbestehen, –
Als ob, wie Sonne noch sich letzt
Im Scheideglanz an Irans Höhen,
Auch hoch auf schnee'gem Berg noch immer
Strahlt ihres Dienstes letzter, letzter Schimmer!

'S ist Hafed! – Nahme, dessen Klang
Ein Zauberschrecken rings verbreitet!
Ruf' ihn, und sieh, ob schwach und bang
Der kühnste Arm nicht niedergleitet!
'S ist Hafed! Er – wie Moslems fluchten –
Verruchtester von den Verruchten,
Die je den Sieg der Ghebern suchten!
Er, dessen arge Schreckensmacht
Oft die Arab'sche Lagerwacht
Mit solchen Schauersagen füllt,
Daß jeder Kriegsmann sich verhüllt,
Den Mantel zieh'nd um Aug' und Ohr,
Befürchtend, Hafed steigt' empor!
Ein Mensch, glaubt man, von Grau'ngeberden,
Erzeugt aus Flammengluth und Erden,
Aus dem verhexten Königsstamme,
Deß Helm uralt die Feder schmückt,
Die Greif Simurgh, als Siegesamme,
Für ihn sich aus der Brust gepflückt!Die Begebenheiten, welche Talmura und einige andere uralte Könige des Perserreiches im Feenlande bey den Peri's und Diven erlebten, findet man in Richardsons merkwürdiger Abhandlung. Der Greif Simurgh, heißt es, rupfte aus seiner Brust einige Federn, womit jener Held seinen Helm schmückte, und sie nachmals auf seine Nachkommen vererbte. 12
Begabt durch Feuers Zorndämone,
Zu rächen ihre Tempelthrone,
Mit Zauberkraft, vor deren Wuth
Wohl Koran's Licht verlösch' in Blut.
Dies wußten Sagen reich zu melden,
Und warfen dieses Wunderlicht
Auf einen jungen glüh'nden Helden,–
Kühn, aber mehr als sterblich nicht,
Für Vaterland und frommen Heerd
Und Heimath stark in heil'ger Brunst:
Sein einz'ger Talisman sein Schwert,
Und Freyheit seine Zauberkunst! –
Er stammt aus jenem Heldenreigen,
Aus dessen Strombett Nahmen steigen,
Hochweihend all sein edles Blut;
So gilt die kleine Bergesfluth
Des Libanon als heilig rein,
Entquill'nd aus heil'ger Zedern Hain.Dies Bächlein, sagt Dandini, heißt der Heilige Fluß, in Betracht der »Zeder-Heiligen«, zwischen denen es entspringt.Die Lettres édifiantes führen einen andern Grund für die Benennung heilig an. »Dort gibt es tiefe Hölen, welche ehedem als eben so viele Zellen für eine große Menge von Einsiedlern dienten, welche diese Oeden als einzige Zeugen auf Erden für ihre Bußübungen erwählt hatten. Von den Thränen dieser frommen Büßer, empfing der ebenerwähnte Fluß den Nahmen des heiligen Stromes.« S. Chateaubriand's Schönheiten des Christenthums.
Nie bog sein Knie sich zahmerschlafft
Vor Moslems frecher Zwingherrschaft!
Er dessen Herz der Herrlichkeit
Uralten Glanzes war geweiht,
Sein Geist durchflammt von blutigrothen
Siegsglorien vieler edler Todten,
Er, ganz für Irans Pracht erkoren,
In Thrän' und Ketten dort geboren, – 13
Nicht er vermag die Schaar zu mehren
Der Sclaven, die sich knie'nd entehren,
Wenn Moslem stolz vorüber streicht,
Wie Busch, der sich dem Gifthauch beugt! –
Nein, – zürnend floh er vor dem Höhnen
Der Pracht: des Landes Schmach und Schmerz!
Und jede Zähre, dessen Söhnen
Entpreßt, fiel flammig in sein Herz.
Wie Liebender im Sehnsuchtsdunkeln
Grüßt erster Liebe Hoffnungsblick,
Grüßt' er der ersten Schwerter Funkeln,
Aufglühn'd für Rach und Freyheitsglück!

Doch stemmt umsonst in dunkler Schlacht
Der Kermansjugend blüh'nde Pracht
Sich vor Al Hassans Uebermacht. –
Umsonst in lichter Waffenhelle
Vertheid'gen sie des Reiches Schwelle,
Das er im Frömmlerpomp bedroht; –
Vergebens dämmen sie, schon todt,
Ihm noch die Bahn!– Für jeden Speer
Diesseit, zählt tausend jenes Heer;
Auf jeden Held, das Ufer schützend,
Sieht man Myriaden Knechte blitzend, –
Ein Heer, gottlosen Eifers warm,
Davor hinsank manch' tapfer Arm,
Wie Datteln vor'm Heuschreckenschwarm.

Nun stand – um eine Stunde kaum
Fern von Harmosia's Hafenraum –
Ein Fels, dem Omanstrand entsteigend,Dieser Fels ist eine eigne Schöpfung, wie denn auch die »mächt'ge Bergeskette« von welcher ich ihn ein Glied nenne, sich nicht ganz bis an die Ufer des Persischen Meerbusens erstreckt.« – »Diese lange und hohe Bergreihe trennte früherhin Medien von Assyrien, und bildet jetzt die Gränze der Persischen und Türkischen Reiche. Sie läuft parallel mit dem Tigrisstrom und dem Persischen Meerbusen, und in der Nähe von Gomberun (Harmosia) beynahe verschwindend, scheint sie sich nochmals in den südlichen Marken von Kerman zu erheben, und einen östlichen Lauf durch die Mitte von Meckraun und Balouchistan verfolgend, verliert sie sich gänzlich in den Wüsten von Sinde.« — Rinneirs Persian Empire.
Sich schaurig nach der Fluth hin neigend
Er ragt' als letztes Glied empor 14
Von jener mächt'gen Bergeskette,
Die sich von Kaspiens Uferrohr
Streckt zu des grünen Seees Bette.
Um seinem Fuß stehn rings im Meer,
Gleich nackten Riesen, Klippen her,
Als hüthe diesen Golf ihr Troß;
Den Gipfel, kühn zum Wolkenschimmer
Aufragend, krönen Tempeltrümmer,
So hoch, daß oft der Abbatros
Im Schlummerflug die Mauern traf,Diese Vögel schlafen in der Luft. Am Vorgebirge der guten Hoffnung sind sie sehr gewöhnlich.
Und, wild aufstarr'nd aus luft'gem Schlaf,
Sich wundert, daß hier Menschen bauen,
Inmitten seiner wolk'gen Auen!
Tief unten grüßen finstre Schlünde
Graunvoll die Fluth, die vor dem Winde,
Nachtschwärmern gleich, eintost zu ihr; –
Oft heimlich rollt durch dies Revier
Der Finsterniß ein seltsam Flüstern, –
Die Sagen künden viel von düstern,
Unseel'gen Geistern, dort gefangen, –
Kaum wagt's ein Moslem sonder Bangen,
Im Zwielicht sich mit seinem Kahn
Dem öden Ghebernfels zu nahn.»In dieser Nachbarschaft befindet sich ein außerordentlicher Hügel, mit Nahmen Kohé Gubr, oder der Ghebernberg. Er erhebt sich in Gestalt einer hohen Kuppel, auf deren Gipfel, wie man sagt, die Trümmer eines Alusch Kudu oder Feuertempels stehn. Der Aberglaube versetzt Diwen oder Gespenster dorthin, und es geht manche wunderbare Sage von deren Bosheit und Zauberkraft, daran Diejenigen zu leiden hatten, welche in frühern Tagen die Ersteigung und Erforschung des Berges versuchten.« — Pottingers Beluchistan.

Landwärts trennt von den klipp'gen Thürmen –
Fest wohl selbst vor der Zeiten Stürmen –
Der Menschen Wohnungen zumal
Ein weites, tiefes Zauberthal,
So grundlos, so mit Nacht umwoben, –
Kein Auge je drang da hindurch. 15
Ein Raum schien's für der Geister Toben,
Die, irr aus ihrem Grab erhoben,
Tanz hielten in der Hölenburg.
Gleich fernen Donnern drang ein Sausen
Herauf, als wie von mächt'ger Fluth.
Nicht Blick, nicht Ohr, weiß, ob das Brausen
Vom Meer kommt, in den nächt'gen Klausen
Gefangen, ob von Feuergluth.
Denn rings stand Klipp' und Felsenhang
Auf unterirdischer Flammen Gang.Die Ghebern erbauten gewöhnlich ihre Tempel über unterirdischen Feuern.
Und sind auch längst schon hin die Jahre,
Wo hoch vom luftigen Altare
Die Flamme stieg zum Himmelsport,
Sind Priester längst und Pilger fort,
Die Flamme brennt am selben Ort,
Trotz Glück und Unglück, Noth, Gefahr,
Wie ew'ger Wille störungsbaar,
Tief, unauslöschlich, hell und klar!»In der Persischen Stadt Yezd, welche sich durch den Nahmen Darub Abadut, oder Sitz des Glaubens, auszeichnet, genießen die Ghebern der Erlaubniß, einen Atusch Kudu oder Feuertempel zu haben, der nach ihrer Versicherung noch seit den Tagen Zoroasters das geheiligte Feuer bewahrt. Diese Vergünstigung jedoch haben sie nicht sowohl der Duldung als dem Geize der Persischen Regierung zu danken, welche sie Mann für Mann mit einer Schatzung von 26 Rupien belegt hält.« — Pottingers Beluchistan.

Dorthin ist's wo mit kleiner Zahl
Besiegter Helden Hafed zieht
Und spricht: »willkommen schaurig Thal!
Dein Dunkel, selbst dem Eblis Qual,
Ist Himmel dem, der Ketten flieht!«
Auf schmalem, finsterm Brückenpfad,
Kund ihm nur und der Feldherrn Rath,
Ziehn sie zum Fels durch Schwindelgraus.
»Hier,« – ruft er, – »sind wir noch zu Haus!
Hier blutet man, durch Hohneslieder
Des frechen Moslems ungestört! 16
Hier stirbt man, ohne daß die Glieder
Der Leichen Moslemstritt entehrt.
Hier wetze seinen Schnabel Geyer
An noch nicht kalten Wangen! – Feyer
Und Lust, weil kein Tyrann uns droht
In letzter Qual, wird hier der Tod!«

Bey Nacht kam man zum Felsendamme.
Wild krampfig blitzte da die Flamme,
Die aus zerstörtem Altar brach,
Auf Hafeds Antlitz, als er sprach:
»'S ist aus. – Was Menschenkraft vermag, –
Wir thaten's! Will nun Iran schwach
Zuschaun, wie Held und Priester fallen
Vor sinnlich eitlen Frömmlings Macht,
Der Wollust hebt in Himmelshallen,
Und seinen Gott zum Kuppler macht, –
Will ein Geschlecht von Heldensprossen,
Die Adern – o zu bittrer Harm!
Von Zal's und Rustam'sAlterthümliche Helden Persiens. »Unter den Ghuebern gibt es Einige, die sich ihrer Abstammung von Rustam rühmen.« — Stephens Persia. Blut durchflossen, –
Will's fröhnen diesem Neulingsschwarm, –
Von Mithra's altem Strahl sich wenden,
Neumod'schen Tempeln Opfer spenden, –
Woll'n sie vor Irans Feind sich bücken, –
Gut! Laßt sie, – bis des Landes Schrey'n
Zum Himmel dringt, und Knechtschaftsdrücken
Auch selbst dem Feigen wird zur Pein!
Bis die zu lang' verhehlte Schaam
Ihr Herz brennt, und Gewissensgram
Jedwede Thräne, feig versprüht, 17
Rück in die Seel' als Galle glüht! –
Hier noch gibt's Arme frey von Banden!
Hier Geister, frey von Sclavenschanden; –
Kein Knechts- und kein Satrapen-Fuß
Entweihte je noch diese Stelle!
Sind Wen'ge wir – strömt Lebensfluß
Schon fort aus unsrer Wunden Quelle, –
Zur Rache wohl noch gnügt die Welle.
Wie PantherthierSiehe Russels Bericht von den Panthern, die Reisende zu Nacht am Meerufer zu den Füßen des Libanon anfallen. vom Bergesrunde
Des Libanon in nächt'ger Stunde
Den räuberischen Fremdling faßt,
So fassen wir den schlimmen Gast! –
Und ächzen Feindes kühnste Herzen
Vor Schwertergruß in Todesschmerzen,
Und lischt dann Hoffnungslicht uns aus, –
Hilft selbst nicht mehr Verzweiflungsgraus, –
Laßt hier uns ehrbar'n Tod erwerben!
Der Fels dann lehre künft'ge Erben
Für rettungslose Heimath sterben!« –

Die Feldherrn streckten Schwert an Schwert
Rings zum zerstörten Altarheerd.
Zwar starrten wild umher die Trümmer,
Einst hell von mächt'ger Fürsten Schimmer, –
Längst aus gesunkenen Heiligthumen
Schwand jenes Fest der Frücht' und Blumen,
Durch alter Magier Gastlichkeit
Für lust'ger Geister Schaar geweiht»Neben andern Feyerlichkeiten, pflegten die Magier auch auf den Gipfeln ihrer hohen Thürme verschiedene Arten von edlen Speisen auszulegen; man glaubte, daß die Peris und die Geister abgeschiedener Helden sich daran erquickten.« — Richardson.; – 18
Kein Priester der sich festlich neigt!
Kein Blatt mehr vom GranatenbaumeLord sagt, indem er die Ceremonien der Ghebern um ihre Flamme her schildert: »Der Daru gibt ihnen Wasser zu trinken, und steckt ihnen ein Blatt des Granatbaumes in den Mund, um daran zu kauen. Dies soll sie von innerer Unreinheit befreyen.«, –
Nicht Sang, nicht Duft, der feyernd steigt, –
Kein Sonnenbild»Früh Morgens ziehen sie (die Parsen oder Ghebern zu Oulam nähmlich) in dichten Haufen, der Sonne ihre Andacht zu bezeigen, welcher auf all ihren Altären zauberisch gefertigte Kugeln geweiht sind, die der Sonne gleichen, und sobald diese aufgeht, entflammt scheinen, sich mit großem Geräusche drehend. Jeder von ihnen trägt ein Kohlenbecken, und bringt der Sonne Weihrauch dar.« — Rabbi Benjamin. im öden Raume! –
Doch Gott, der ihre Väter hörte,
Hört wie am Heerd um's halbverstörte
Lichtfeuer sich zu kühner That
Vereint der wen'gen Herzen Rath,»Nul d'entre eux oseroit se parjurer, quand il a pris à témoin cet élément terrible et vengeur.Encyclopédie Françoise.
Noch wach in Iran's Graunverderben, –
Hier auf dem Flammenberg zu sterben, –
Die Letzten noch aus echtem Stamme
Vor letzter unzertretner Flamme!
Kühnleidende! – Ihr wußtet's nicht,
Wie mancher Mitleidsthräne Licht
Quillt einem magdlich holdem Feind,
Durch Lieben Euerm Leid vereint! –
Seestill, von Sünd' und Grübeln rein,
Schlief einst ihr Sinn! – Da warf hinein
Die Liebe mächt'gen Talisman, 19
Daß Wog' an Wog' in Wirbeln rann! –
Einst, Emir, blühte still Dein Kind,
In Schlachtlärms Mitten süß und lind, –
Sanft, wie auf Kampfesebnen sich
Die Lilie Persiens»Ein lebendiges Grün folgt auf die herbstlichen Regen und die gepflügten Felder sind mit dem glänzenden Gelb der Persischen Lilie bedeckt.« — Russels Aleppo. hebt, und glänzet,
Eh blut'ger Regen fürchterlich
Den goldigsüßen Kelch ihr kränzet.
Leichtherz'ges Mädchen, unerschreckt,
Da Himmels Macht den Vater deckt,
Stand sie ob Deinen Blutgeschichten
Achtlos und heiter hoch im Lichten; –
Und wenn den Harem Du entlang
Im Zorne gingst, und Dir entgegen
Ihr Singen holdbeschwicht'gend klang, –
Du schaltest nicht! O Tönesegen,
Wie Engelslied, so nah gespielt
Am Abgrund, daß Verdammt' es kühlt! –
Viel anders nun! In Liebespein
Ward Gluth ihr Geist, ihr Antlitz Trauer.
Sie denkt nur Eins! Nur Eins allein, –
Und ach, das droht mit Wahnsinnsschauer!
Noch hört sein Wort sie wiederhallen:
»Du weinst um meinethalb mit Allen!« –
Und bitterlich – da Moslems Erz
Tagtäglich blitzt im blut'gen Siegen –
Beweint sie des Geliebten Herz
In allen Ghebern, die erliegen.
Wo sie gezückten Säbel sieht, –
Sein Blut scheint roth ihn zu umweben! –
Wo rasch ein Pfeil durch Lüfte flieht, –
Ihm, meynt sie, ihm dring' er in's Leben!
Nicht rasch mehr, wie auf luft'ger Schwinge,
Holt sie zum Kampf Al-Hassan's Klinge, – 20
Und hätten nicht die Nebelringe,
Die schuldbefleckten Geist umfahn,
Auch seinem Aug' ihr Recht gethan, –
Längst wüßt' er schon aus ihrem Zittern,
Wenn heim er kam von Blutgewittern, –
Die Zung' ihr lallt, – das Aug' ihr irrt, –
Gang, Leben, Schönheit ganz verwirrt, –
Längst wüßt' er: nur der Liebe Macht
Hat solche Wandlung hier vollbracht!

Nicht Liebe, die so reine Brust
Gesegnet hätt' in frommer Lust; –
Nicht das beglückte, offne Lieben,
In Welt und Himmel eingeschrieben,
Dem Beyfall rings die Erde zollt,
Dem Freundesblick und Heimath lächeln,
Das jedes Band, dem Herzen hold,
Festzieht mit süßer Seufzer Fächeln, –
Nein, Hinda! – Was in Dir erglüht, –
Aus Angst, Schaam, Noth ist es erblüht!
Vom Hoffnungsgruß nie angeklungen,
Liegt's in der Seele Nacht verbannt,
Wie Schätze, durch Verrath errungen, –
Wie Götze, dem kein Opfer sprüht,
Wo blasse Wächter hatten Stand,
Wenn Andre längst der Schlaf umwand!

Schon siebenmal lag nächt'ges Dunkel
Auf Omans Fluth, seit, fortgebannt,
Ihr in des Mondenlichts Gefunkel
Ihr schnelles Ghebernschiff entschwand; –
Und stets um mitternächt'ge Stunde
Geht weinend sie zur Thurmesrunde, 21
Und späht, ob Er nicht wiederkehrt,
Deß Lächeln Thränen ihr gelehrt.
Umsonst bleibt Wachen, Weinen, Lauschen, –
Nie hört sie seiner Barke Rauschen:
Des Uhus einsamlicher Schrey,
Die Eule, flatternd schwarz vorbey, –
Oft auch verhaßte Geyer, nah
Mit blutig schweren Flügeln schlagend,
Den Duft vom heut'gen Mahl noch tragend, –
Das war es, was sie hört' und sah.

Am achten Morgen strahlt der Blick
Al-Hassans hell in Lustverklärung; –
Welch ungeheures Mißgeschick
Labt ihn, erlabt nur durch Zerstörung?
Das Leuchten auf dem Herkend-See»Man hat bemerkt, daß der Herkendsee, wenn ihn stürmige Winde bewegen, wie Feuer erglänzt.« — Reisen zweyer Muhamedaner.
Um Mitternacht, kann nahes Weh
Und Schiffbruch so gewiß kaum machen,
Als wenn Al-Hassans Augen lachen!
»Auf, Tochter, auf! Die Kerna»Eine Art von Trompete, der Tamerlan gebräuchlich, deren Schall als ungewöhnlich furchtbar beschrieben wird. Man soll ihn auf mehrere Meilen weit gehört haben.« — Richardson. blies! –
Wohl Todt' erstehn vom Grabverließ
Vor ihrem Klang. Du schläfst? Erwache!
Sieh, Kind, sieh mein' und Himmels Rache!
Den Tag sieh, reich an Heidenblut,
Wie's nie noch quoll in Omans Fluth.
Noch vor der nächsten Dämmerung Schein 22
Ist Feindes Kopf und Herz schon mein;
Eh' mich zu Nacht der Schlaf mag kühlen,
Soll mir sein Blut die Händ' umspülen!« –
»Sein Blut!« – So ruft sie matt. Sie kennt
Nur Einen, wo man Menschen nennt; –
»Ja Kind, – trotz Klipp' und Thurmes Macht,
Wird Hafed unser diese Nacht.
Dank siegender Verrätherey!
Wär' die nicht, – jenes Band, die Frechen
In Stolz verbindend wild und frey, –
Kaum Alla selbst wohl möcht' es brechen.
Der teuflische Rebell, deß Schwert
Mit Leichen meinen Pfad mir wehrt,
Deß Lügenzauber fast die Klingen
Des Himmels rückwärts weiß zu zwingen,
Lernt nächtig mit all seiner Zahl,
Wie tief eindringt Arabiens Stahl,
Wenn Gott und Rache ruft zumal!
Und – o Prophet – beym Kronenband, –
Dein Schmuck auf Ohods blut'gem Land –»Muhamed hatte zwey Helme, einen innern und einen äußern. Den letztern – genannt Al Mawaschah: das Stirnband, die Flechte oder den geflochtenen Kranz – trug er in der Schlacht von Ohod.« — Allgemeine Weltgeschichte.
Widm' ich für jedes Ach der Schmerzen,
Das stöhnt aus dieser Heiden Herzen,
Zu Deines höchsten Tempels Pracht
Ein Gemmenlicht aus Persiens Schacht.
Doch ha, – sie sinkt, – welch wilder Blick? –
Wie bleich der Mund? – Du mußt zurück,
Kind, o mein Kind, zu Heimathsauen, –
Du kannst dies Blutgefild nicht schauen. 23
Nie hätt' ich, zartes Mägdlein, Dich
Geführt zu Bildern, rauh für Männer, –
Doch hofft' ich, Muhammed's Bekenner,
Gleich beugten mir die Perser sich.
Statt Sclaven find' ich zorn'ge Brenner
Doch ruhig, Maid! Der Wind, der jetzt
Die Fieberstirn Dir kühlend netzt,
Soll Dich noch heut vom Ufer blasen,
Und eh' vor nächt'gem Kampfesrasen
Ein Tröpflein Blut dort oben fällt,
Grüßt Dich Arabiens Blüthenwelt.« –

Sein blutig's Dräu'n war allzuwahr.
Ein Böswicht in der kleinen Schaar,
Die Hafeds Adlerauge zählte,
Und zu des Gluthbergs Helden wählte, –
Ein Glaubensloser zeigt' um Gold
Den Pfad, der schattig auf sich rollt
Zur Felshöh', wo noch Freyheit stand
In letzter Wehr mit Blut und Brand.
Er lag nach jener grausen Nacht,
Wo stritten in des Ausfalls Macht
Die Ghebern ihre Abschiedsschlacht, –
Er lag, – nicht todt mit edlen Leichen.
Die Sonne, statt ihm Glanz zu reichen
Aufs Grab, sah den Verräther schleichen. –
Und während die paar Rückgekehrten
Zum Fels mit edler Trauer ehrten
Sein Angedenken sammt der Schaar,
Die ehrbar dort gefallen war,
Lebt er, und hat in Morgens Pracht
Sie, Treu' und Himmel frech verlacht. 24

O Zungen, Zungen, ihm zu fluchen,
Daß Bosheit, wie ein tödtlich Gift,
Die Tapfern mordlich weiß zu suchen,
Und sie in schönster Stunde trifft!
Mög' unbeglückter Lebensbecher
Verrathvoll schwellen solchem Zecher, –
Mit Hoffnung lockend und versprühend,
Mit Freude, welkend im Genuß,
Gleich Sodomsäpfeln, frisch erglühend
Fernher, und Asch' im Lippenkuß.»Man sagt, es gäbe an den Ufern des todten Meeres Aepfelbäume mit Früchten lieblicher Gestalt, aber inwendig voller Asche.« — Thevenot. – Dasselbe versichert man von den dortigen Orangen. S, Witman's Travels in Asiatic Turkey.
»Der unter dem Nahmen des todten Meeres bekannte Aspaltische See ist sehr merkwürdig durch die beträchtliche Menge Salz, welche er enthält. In dieser Hinsicht übertrifft er jedes bekannte Wasser auf der Oberfläche des Erdbodens. Dieses große Verhältniß bitterschmeckenden Salzes ist die Ursache, weshalb weder Pflanze noch Thier in diesem Wasser zu leben vermag.« — Klaproths Chemische Analyse des Wassers im todten Meere, Annalen der Physik, Januar 1813. Hasselquist jedoch bezweifelt den letztern Theil dieser Behauptung, da man Schellfische in diesem See antreffen soll.
Lord Byron hat eine ähnliche Anspielung auf die Früchte des todten Meeres, in jener wundervollen Entfaltung des Genius, dem dritten Gesange seines Childe Harold, – prachtvoller, als Alles vielleicht, was selbst Er geschrieben hat.

Der Heimath Fluch, der Kinder Schmach,
Soll er, wann Fried' und Ehr' ihm brach,
Mit flamm'ger Lipp' und dunstesschwach
Ersterben in der Wüste Gluth, –
Derweil ihm gauklerisch die Fluth
Von Seeen – scheinbar nah – entflieht,»Das Suhrab oder Wasser der Wüste soll aus der durch große Hitze bewirkten Verdünnung der Atmosphäre entstehen; oft wird die Täuschung noch dadurch vermehrt, daß es sich in Vertiefungen zeigt, wo man allerdings Wasser zu finden hoffen dürfte. Ich habe Gebüsche und Bäume sich darin mit solcher Genauigkeit abspiegeln sehen, wie auf der Oberfläche eines klaren und stillen See's.« — Pottinger.
»Den Ungläubigen sind ihre Werke, wie ein Dunst in der Ebene, welchen der Wanderer für Wasser hält, bis er hinzukommt, und findet, es war nichts.« – Koran, 24. Cap.

Gleich Hoffnungen, die er verrieth!
Und wenn zuletzt sein Auge bricht,
Prophet, laß ihn Verdammung finden!
Laß, nah' dem Paradieseslicht,
Ihn Himmel schau'n und Höll' empfinden!


Zu Nacht hatte Lalla Rukh einen Traum, welcher, dem dräuenden Untergange des armen Hafed zum Trotz, ihre Seele während des ganzen Morgens in mehr als gewöhnlicher Heiterkeit erhielt, und ihren Wangen all das frische Leben einer Blume verlieh, über die so eben der Hauch des Bidmusk hingestrichen ist.»Ein im Februar herrschender Wind, Bidmusk nach einer kleinen und duftreichen Blume desselben Nahmens geheißen.« – »Der Wind, welcher diese Blumen aufhaucht, pflegt bis zum Ende Monathes anzuhalten.« — Le Bruyn. Ihr war, als segle sie auf jenem östlichen Ocean, wo die stets auf der Fluth lebenden Meerzigeuner»Die Biajus machen zwey Geschlechter aus; das Eine ist auf Borneo ansäßig: ein rohes, doch kriegerisches und arbeitsames Volk, welches sich für die ursprünglichen Besitzer der Insel Borneo hält. Das andere ist eine Art von Meerzigeuner oder wandernden Fischersleuten, die in kleinen verdeckten Nachen leben, und eines beständigen Sommers auf dem östlichen Ocean genießen, indem sie, den Abwechslungen des Passatwindes folgend, sich wechselnd von Eiland zu Eiland treiben lassen. In einigen seiner Sitten gleicht dies eigenthümliche Geschlecht den Eingebornen der Maldivischen Inseln. Die Maledivier lassen alljährlich eine kleine Barke vom Stapel laufen, beladen mit Weihrauch, edlem Harz, Blumen und wohlriechendem Holz und geben sie dann dem Spiele der Winde und Wellen dahin, als ein Opfer für den Geist des Windes: bisweilen auch erhält der Geist, welchen sie den König des Meeres nennen, ähnliche Opfer. Auf gleiche Weise bringen die Biajus ihr Opfer dem Gott des Uebels dar, indem sie eine kleine Barke auslaufen lassen, beladen mit allen Sünden und Unfällen des Volkes, welche, wie man glaubt, das unglückliche Schiffsvolk befallen, das von seinem Mißgeschick zuerst dem Fahrzeuge entgegen geführt wird.« — Dr. Leyden on the Languages and Litterature of the Indo-Chinese Nations., von einer zur andern Insel wandernd, eines endlosen Sommers 25 genießen, und als nahe sich ihr dort ein kleines goldnes Schiffchen. Es war eines jener Böte, welche die Maldivischen Inselbewohner jährlich mit Weihrauch, Blumen und duftendem Holze beladen, und sie dann dem Spiele der Winde und Wellen überlassen, als Opfer für den Geist, den sie den König des Meeres nennen. Anfänglich schien der kleine Nachen ganz leer zu seyn, aber im Näherschwimmen –

So weit war sie, den Traum ihren Damen erzählend, gekommen, als Feramors an der Thür des Gezeltes erschien. In seiner Gegenwart vergaß man hergebrachterweise jedes Andere, und Alle begehrten sogleich die Fortsetzung der Geschichte. Man füllte die Rauchbecken mit frischglühendem Aloeholz, – rasch war der Veilchenscherbet»Das wohlriechende Veilchen ist eine der geschätztesten Pflanzen, vorzüglich wegen des Veilchenzuckers, den sie zum Serbet verbrauchen.« — Hasselquist.
»Der Serbet, den sie am mehrsten schätzen, und welchen der Großherr selbst genießt, wird aus Veilchen und Zucker bereitet. Tavernier.
von Hand in Hand herumgegangen, und nach einem kurzen Lautenvorspiel in der pathetischen Weise von Nava»Zuletzt endlich nahm sie eine Zither, und sang ein rührendes Lied in der Weise, Nava geheißen, welche man immer gebraucht, die Klagen getrennter Liebenden auszudrücken.« — Persische Erzählungen., wodurch man immer die Klagen getrennter Liebenden auszudrücken pflegt, erzählte der Dichter folgendergestalt weiter:

       

Es sinkt der Tag – das Fluthgewimmel
Schläft still und schwarz, indeß den Himmel
Ein wild Gewölk, das Firmament
Umdachend, von der Erde trennt.
Jedwede Wolk' auf blauen Plänen
Zeigt Sturm, der kam, der kommen soll; –
Bald flatternd, wie des Rosses Mähnen
Im muthig wilden Kampfgeroll,
Bald fest gehäuft in dichte Massen,
Wie stolz, den Donner einzufassen; –
Durch Andre, schon zertrennt, zerrissen, 26
Strahlt Himmel in zerschmolznen Güssen
Als hab' das wilde Sturmesleben
Gesprengt den mütterlichen Schooß,
Und stürz' im freygewordnen Streben
Nun zürnend auf die Erde los.
Auf Erden war es still ringsum,
Ein schrecklich Starren, tief und stumm,
Graunvoller, als des Sturms Gesumm.
Der Taucher steu'rt nach Ormus Thürmen,
Sein Boot für still're Zeit zu schirmen;
Seevögel fliehn mit Ahnungsschrey
An's Land, – und der Pilot legt bey
In sichern Buchten, oft ergrauend
Empor zum Luftgetümmel schauend; –
Ja rings ist Alles grau'ngebannt,
Wie Hinda's Geist, als sie vom Strand
Des Perserlandes langsam weicht; –
Kein Scheideklang,»Die Morgenländer pflegen den Antritt längerer Reisen mit Musik zu begleiten.« – der lieblich schleicht
In's Ohr, – am Uferrand kein Freund,
Der, ungesehn, noch winkt und weint,
Und, unvernommen, noch nicht schweigt!
Nein, einsam zieht aus ödem Port
Die Barke trüben Weges fort,
Wie ein gefahrumdrohtes Schiff
Das stumm hinschwimmt zum Thränenriff.»Die Pforte der Thränen, die in's rothe Meerführende Enge, und gewöhnlich Babelmandel genannt. Sie empfing diese Benennung von den alten Arabern in Bezug auf die Gefahren ihrer Durchfahrt und die Menge von Schiffbrüchen, wodurch sie sich auszeichnete, weßhalb man verleitet ward, Diejenigen für todt zu achten und Trauer um sie anzulegen, die es wagten, auf diesem Wege in den Aethiopischen Ocean zu reisen.« — Richardson. 27

Und winkt' Al-Hassan ihr nicht zu?
Der Menschen heil'ge Geißel Du,
Kam nicht aus Andachtdienst und Blut
Ein Stündlein Deinem Kind zu gut?
Nein, – tief in sein Gemach versperrt,
Nun betend, und nun fluchverzerrt,
Sitzt er in wilder Einsamkeit,
Und sinnt auf nächtig blut'gen Streit,
Mordwitternd, so wie Geyer wissen
Ein Wild sey ihrem Fraß geweiht,»Man hat mir erzählt, daß, wo irgend ein Thier todt niederfällt, augenblicklich ein oder mehrere Geyer, bis dahin ungesehen, erscheinen.« — Pennant.
Das frisch noch hüpft und lustbeflissen! –
Fern zieht sein weinend Kind durch Wellen,
Hinweg von mordlich grimm'gen Stellen; –
Ein Babylonisches Täubchen»Sie befestigen Briefe an die Schwingen der Taube von Bagdad oder von Babylon.« — Reisen einiger Engländer. läßt
Als Botin nach dem Kampfesfest
Man also los, der Schwinge Rand
Befleckt von Wächters blut'ger Hand!–

Doch ob vor lieber Heimath Blühn
Nicht ihr die Wangen neu erglühn?
Die Blumen, von ihr selbst gepflegt, –
Die Hain', im stillen Geist gehegt, –
Und wenn nun bald sie die Gazellen
Umhüpfen rings mit Silberschellen, – 28
Wenn sie die Vögel, neubeschwingt,
Der muntern Fische Schaar erblickt,
Die goldumsponnen»Die kaiserliche Gemahlinn Jehan-Guir's pflegte sich mit dem Futtern zahmer Fische in ihren Kanälen zu ergötzen. Einige Derselben kannte man noch Jahre lang umher an goldnen Netzen, mit welchen die Fürstinn sie rings umkleiden ließ« — Harris. flüchtig blinkt,
Im Spiel der Jaspisquell' erquickt, –
Wenn die Moskee im Gartenrunde
Ihr zierlich winkt, und, süß verhehlt
Vom Laubdach, sie zur Abendstunde
Gebet' am Perlengürtel»Le Tepish, qui est un chapelet, composé de 99 petites boules d'agathe, de jaspe, d'ambre, de corail ou d'autre matière précieuse. J'en ai vu un superbe au seigneur Jerpos; il étoit de belles et grosses perles parfaites et égales, estimé trente milles piastres.Toderini zählt, –
Wird nicht dies einstgeliebt' Ergötzen,
Jetzt nahnd, ihr Wang' und Aug' entnetzen?
Nein; – schweigend, ihren Mägdlein fern,
Als fühlte sie im Herzenskern
Schon nahen Todes kalten Schauer,
Sitzt sie im Schiff in holder Trauer,
Wie bleicher Engel an der Gruft, –
Sieht über's Meer durch stürm'ge Luft
Entsetzt nach jenen Felsenrunden,
Wo bald nach wen'gen bangen Stunden,
Blut, Blut in hundert Strömen fließt,
Und grimm den nächsten Morgen grüßt!
»Wo bist nun Du, Mir fremd geboren, –
Du, so geliebt, Du, so verloren!
Ungläub'ger, – Gheber, – Feind, – wie auch
Dich trifft heilloser Nahmen Hauch, –
Doch herrlich stets, – lieb meinem Muth,
Wer Du auch seyst, lieb, wie mein Blut!
Ja – Alla, zorn'ger Alla, – ja, –
Ist Sünd' in dem Gefühl mir nah, 29
So laß mich rings die finstern Wogen
Verschwemmen, eh' noch, weggezogen
Mein Geist von Glauben – Vater – Welt, –
Vor seinem Abgott niederfällt,
Und neben Dir aufstellt im Bild ihn, –
Denn ach! ich lieb' ihn, – lieb' so wild ihn, –
Trüb wär' Dein Paradiesrevier
Für mich, theilt' Er es nicht mit mir!« –

Die Händ gefalten, – hoch der Blick, –
Die Thräne quillt wie Mondlichtschauer, –
Und sprüht im Liebesmißgeschick
Die Lipp' auch Sprüche wilder Trauer, –
Dennoch bewährt der Stirne Licht,
Bewährt der Augen heil'ger Schimmer:
Ob Erdennacht den Geist umflicht,
Im Himmel sey er heimisch immer.
Ja, ja, – ein Geist, wie Hinda's, rein,
Mag rein auch noch im Irrthum seyn,
Wie Sonnenglanz, ob irr er treibt
In Fluthen Sonnenglanz doch bleibt!

So achtlos ward ihr Sinn für Alles
Um Eins! – Den Sturm, der wilden Schalles
Sich hebt, – die Welle, die das Licht
Nahrollend birgt, – sie achtet's nicht, –
Hört nicht des Feldruf's wilden Klang,
Ob ihrem Haupt der Fechter Drang, –
Nicht Schwerterklirr'n, nicht Stimm' an Stimme
Wetteifernd mit des Donners Grimme.
Doch – Vom Verdeck der wilde Schrey,
Der Krach, als berste rasch dort oben
Mast, Segel, Kriegsgeschütz entzwey, – 30
Dies Heulen, dies Verzweiflungstoben, –
Barmherz'ger Himmel, – was geschah?
Das that nicht Sturm, wie schiffbruchnah
Die Bark' auch schwankt', ein Wellenspott,
Durch's hohle Meer! – »Vergib mir Gott,
Vergib mir!« – ruft die Maid und kniet
Im Zittern, daß sie bang durchzieht,
Als nah' sich des Gerichtes Stunde.
Dicht um sie her schmiegt sich die Runde
Der Zofen, starr, stumm, leichenfahl, –
Horch! – Noch ein Krach! – zum Drittenmal! –
Und nun, als ob von Donners Wettern
Die Planken krachten im Zerschmettern,
Bricht das Verdeck, – o welch ein Graus!
Blut, Meer, Schwert, Mensch tost im Gebraus
Hernieder zum erschreckten Schlund, –
Manch Einer haut angstwild im Rund
Noch sterbend, – Andr' auf Todesstufen
Hört man: »für Gott und Iran!« rufen!

Weß war die Hand, die kühn und scharf
Zurück den grimm'gen Haufen warf,
Und die Entathmete, Bedrückte
Aus Mord und Schiffbruch kühn entrückte?
Nicht wußte sie es selbst! – Denn kalt
Umwebte Ohnmacht die Gestalt
Der Lieblichen, umstarrt von Trümmern,
Gleich einer Blume, deren Flimmern
Welkt in vulkanschem Lavaschimmern.
Doch oh, wie traf sie Todesklang,
Doch eh sie ganz bewußtlos sank!
Das brechende Verdeck, – die Menge, 31
Auf schwanken Bretern im Gedränge, –
Zerriss'ne Segel, wildvermengt,
Ob Kämpfern, und mit Blut besprengt,
Gleich rothen Flaggen, klirr'nder Tanz
Der Säbel, rascher Blitze Glanz
Auf Klingen leuchtend, kühn empor
Geschlendert, wie ein Meteor,Die Meteore, welche Plinius Faces nennt.
Es war, als ob ein Zorngewimmel
Zur Wette ringe, wer im Chor
Ergrimmter sey: Mensch oder Himmel!

Zuletzt – doch nein, – es kann nicht seyn, –
Es war ein Traum nur! – Doch sie dachte
Daß ihrer Augen letztem Schein,
Derweil Verdeck und Bord schon krachte,
Sich zeig' ein Glanz der Lichtgestalt,
Der Glorie ihres Seyns, – ob dröhne
Rings Untergangs und Sturms Gewalt –
In siegend übermächt'ger Schöne! –
Wie wenn durch schwarze Wetternacht
Der Stern Aegyptens»Der glänzende Canopus, in den Europäischen Himmelsstrichen nie erblickt« — Browe. herrlich lacht,
Der nie sein stolzes Licht läßt schauen
Für Westlands weiße Inselgauen,S. Wilfords gelehrte Versuche über die heiligen Inseln des Westen.
Manch schwächres Himmelsaug' verdunkelnd,
Gluthhell aus Sturmeswolken funkelnd!
Doch nein, – es war nur flücht'ger Traum –
Nur Phantasie! – Ein Schrey war kaum
Der todesblassen Lipp' entklungen, 32
So lag vom Ohnmachtschley'r umschlungen,
Die Jungfrau – dichte Nacht ihr nah
Ringsher – wie schon gestorben da! –

Wie schön, wie friedlich ziehn die Stunden
Herauf, wenn Sturm nun ist entschwunden,
Wenn luft'ges Kriegsgetümmel schweigt,
Gewölk, vom Himmelsstrahl erweicht,
Hinschmilzt, und Land und Meeresfluth
In glänzend stillem Frieden ruht,
Frisch als wär' neu der Tag geboren
Im Blumenschooß der Morgenhoren!
Wenn lichte Blüthen, wie verloren
Erst flatternd wild im Wirbelwind,
Nun wehn in Lüften still und lind,
Sie, wie von Dank süß überquillend,
Mit reinem Balsam weithin füllend; –
Wenn alle Tröpflein, von Gewittern
Auf Blum' und Laub gesprüht, hell flittern,
Als wäre jegliches der Stein,
Erzeugt aus Blitzes Flammenschein!Ein köstlicher Edelstein Indiens, von den Alten Ceraunium genannt, weil man ihn, der Sage zufolge, nur fand, wo ein Wetterschlag herabgefahren war. Tertullian berichtet, er sey glänzend anzuschauen als ob er einst Feuer enthalten habe; der Verfasser einer Abhandlung in Harris Reisen hält ihn für den Opal.
Wenn für das Eine stürm'ge Blasen
Ein zahllos Heer von Lüft'chen haucht,
Von Feyerdüften süß durchraucht,–
Als ob für Baum und würz'gen Rasen
Die Lüfte hegen Duftvasallen, 33
Nur Einer Blüthe stets vor Allen
Dienstbar, und nur in sie getaucht!
Wenn blaue Wasser steigen, fallen,
Umwebt von Sonnlichts müdem Wallen, –
Wenn selbst das nachgebliebne Leben
Von Sturm wie liebliches Erheben
Hochglühnder Minneherzen quillt,
Seit neu'stem Glück noch nicht gestillt!

So war die Stunde, welche lachte
Goldhell, als Hinda nun erwachte
Vom Ohnmachtschlaf, und rings umher
Sonst nichts vernahm, als nur wie Meer
Sanftmurmelnd sich an's Fahrzeug schmiegte,
Und langsam fort und fort es wiegte. –
Doch träumt sie noch? – Ist dies das Schiff,
Das von Harmosias Hafenriff
Sie fort am letzten Morgen trug? –
Nach dessen blut'gen Meeresflug
Der Seehund schwamm? – Nein! Fremd umgraut
Sie Alles, was sie jetzt erschaut.
Sie liegt auf einem Schiffsverdecke, –
Kein Federfächeln, zart beflissen,
Kein reiches Zeltgeweb zur Decke,
Und kein Jasmin auf ihren Kissen! –
Ein rauhes Bett aus Waffenröcken
Gibt minder jetzt ihr Ruh als Schrecken, –
Feldbinden sieht auf blut'gen Speeren
Ein Dach sie ihrem Haupt gewähren; –
Sie schaudert, – blickt umher – Da lag
Im Sonnenlicht ein Kriegerhaufen
Um friedlich nun für diesen Tag 34
Nach blut'ger Arbeit zu verschnaufen.
Manch einer blickt zur müden Fluth
Im träum'risch unbewußten Muth;
Manch Andrer, der die träge Rast
Nur ungern trägt, wirst nach dem Mast,
Umspielt von schlaffer Seegel Lauf,
Manch ungeduld'gen Blick hinauf.

Alla, wer hilft? Sie ist geraubt! –
Nicht zeigt sich in der ganzen Bande
Arabisch Schwert und Turbanshaupt; –
Die Tracht, der LedergürtelD'Herbelot. Artikel: Agduanti. Blitzen
Auf gelbem Kleid»Die Ghebern zeichnen sich durch die dunkelgelbe Farbe aus, welche die Männer für ihre Kleider wählen.« — Thevenot., – der Schrey der Schaar, –
Die Tartarwoll' auf ihren Mützen, –»Die Kolah oder Mütze der Perser ist aus dem Felle des Tartarischen Schafes gemacht.« — Waring.
Ja, ja, es ist nur allzuwahr, –
Die Stunde jener Schreckensschlacht
Gab sie dahin in Hafeds Macht!
Hafed's, des Ghebern! – Diese Ahnung
Hat eisig all ihr Blut versteint, –
Er, den sie scheut, durch manche Mahnung
Erschreckt, als einen höll'schen Feind,
Als Boten, den der Abgrund sendet, –
Pesthauchend, wo er hin sich wendet, –
Durch seinen Schatten, teuflisch neidend,
Von Gott die armen Menschen scheidend! –
In seine Hand fiel sie! – Ist sein,
Gefangen, lebend, und allein, –
Sieht ringsher seine Grau'ngemeinde, 35
Ungläub'ge allzumal und Feinde!
Wie hieß denn noch das kühne Hoffen,
Das blitzhell in ihr Herz getroffen,
Als sie mit der Verzweiflung Kraft
Durch die bewahrten Schaaren streicht,
Ihr Blick so suchend geisterhaft,
Daß sich der strengste Gheber neigt,
Wenn er sie anzuschau'n nur wagt,
Als wiß' er gleich, nach wem sie fragt.
Doch nein! – Sie sieht ihn nicht. – 'S ist hin,
Das Bild, das glänzend ihren Sinn,
Umwogt von Blut und Sturm, erquickte, –
Ein Trugbild war's, das sie erblickte,
Ein flücht'ger Regenbogentraum,
Halb Licht, halb Nacht, wie ihn auf Schaum,
Der schlummernd uns umrollt, die Strahlen
Der Phantasie bisweilen malen!

Doch jetzo eilt mit rascherm Fliegen
Das Schiff durch Meeres blauen Plan,
Der Ruderschall zerbricht im Siegen
Sein Spiegelreich dem Ocean,
Daß weit die blanken Splitter fliegen.
Und ach, sie sieht mit bangem Schrecken
Ihr Lauf geht zu der Bergeswelt,
Wo Wolkenan sich Thürme strecken,
Wo Mekkas Feinde sich verstecken,
Gleich dem Skorpion, der, ringsumstellt,
Im giftig tiefsten Schlund sich hält!
Wie leuchtend Land und Fluth auch war,
Stand dieser Berg doch sonnenklar, –
Nur hochher, wo der Gipfel droht,
Strahlt eine Wolke, blutig roth, 36
Als ob des grausen Schicksals Fahne
Hier an den Sitz des Todes mahne.

Hegt' ihr verstörter Sinn im Schwanken
So grauser Noth noch sonst Gedanken, –
Sie staunte, wie von hier hinauf
Zur Klippe zwängt ein Mensch den Lauf;
Denn Arabern ward nimmer kund
Ein Weg, als durch den Thalesschlund. –
Doch jedes Sinnen flieht in Furcht,
Als nah das Schiff die Fluth durchfurcht
Am Felsengrund, und sie von Wogen
Sich durch die Höhlen fühlt gezogen,
Die in des Feuerberges Gründung
Hinziehn die labyrinth'sche Windung, –
Als eine Stimm' im schäum'gen Lauf
Rief: »Senkt den Mast! Die Fackeln auf!«
Und ob der Fluthen mächt'gem Streiten
In einen Grottenschlund sie gleiten,
So düster, wie die Pfortenwand,
Wodurch geschiedne Seelen ziehen; –
Und Fackel nicht, noch qualm'ger Brand
Kann weiter seine Schimmer glühn,
Als auf der dichten Wogen Sprüh'n.
Stumm schiffen sie, – wie othemlos, –
Zu bang' der Schauder und zu groß
Im dunkeln Abgrund, um zu sprechen,
Wo dunkel selbst sich Worte brechen,
Vom Koboldsecho aus den Schlüften
Verstreut auf schwarzen Wogenklüften,
Wie bange Kund aus Todesgrüften!
Doch still, – man hält; – die Fluth kehrt um,
Und schäumt in Wellen grimm zu Hauf, –
Was hemmt so ungeseh'n und stumm 37
Des raschen Stroms erzürnten Lauf?
Kaum mag der Ruder Doppelschwingen
Des Strudels Wirbelkraft bezwingen, –
Da horch! – Ein kühner Fuß sprang aus
Zum Fels – man wirft die Kett' hinaus, –
Die Ruder still, – der Haken klingt, –
Im Ankern bebt die Bark' und schwingt; –
Da brach ein Tagesstrahl durch's Dunkel, –
Doch eh' das Mägdlein im Gefunkel
Erspähen kann, woher er drang,
Fühlt sie die Stirne schreckensbang
Berührt von unsichtbaren Händen,
Ein Tuch das glüh'nde Aug' ihr blenden,
Und aufwärts zu den Felsenwänden
Die Bahre, die ihr Lager war,
Getragen von der Kriegerschaar.

O Macht des Sonnenscheins! O Tag,
Welch Balsamleben rufst Du wach!
Dich zu empfahn, ist solch ein Segen,
Daß, gäb's auf allen Lebenswegen
Die Lust in Dir zu ruh'n, allein, –
Schon könnte drob zu lieblich seyn
Die Welt, um all ihr wechselnd Rauschen
Mit Grabesschatten zu vertauschen!
Selbst Hinda – freylich nicht die Kluft
Erblickend, wo der Pfad sich drehte –
Ahnt vor der sonnig milden Luft,
Die plötzlich glühend sie umwehte,
Daß sie, entrückt dem Nachtgewinde,
In holder Welt auf's neu' sich finde.
Doch bald entschwand der Balsamwind.
Rauh geht's durch steiles Labyrinth, 38
Durch wild Geäst, das brechend kracht,
Auf roll'ndem Stein, davor erwacht
Aus Hungerschlaf der Leopard: –
Der Kiesel dünkt ein Wild ihm jetzt,
Das er mit Sätzen rasch und hart
Auf Donnerwegen rasselnd hetzt! –
Des Schakals Ruf, – das Klaggetöne
Der gräßlich einsamen Hyäne; –
Und dann der endlos roll'nde Lauf
Der Ström, in's tiefe Thal vertheilt,
Als rauschte bang' die Fluth herauf,
Die unter'm Steg des Todes heult! –
Das Alles gräßlich! – Doch zu schauen
Selbst diese schreckensvolle Welt,
Wär' Trost ihr, die im Blindheitsgrauen
Für schrecklicher noch Alles hält.
Denn nie gab's eine Grau'ngestalt
Der Phantasie, und nächt'ges Beben,
Von grausendem Geheul umschallt,
Nicht gäb' ein noch viel schlimmres Leben.

Doch, Hinda, – ist das jetzt ein Traum? –
Umwirrt Dich Angst mit Wahnsinnsschaum? –
Wie, oder drang aus finsterm Raum
An's Ohr ein süßes Flüstern Dir:
»Muth, Lieb! Dein Gheber ist ja hier!« –
Kein Traum! – Es dringt wahrhaft zu Dir
In Ohr und Geist – »Dein Gheber hier!«
Es war sein Laut, sie irrte nicht!
So weit durch Welt das Leben quillt,
Kennt sie nur Einen, der so spricht,
So holdberedt, so süß und mild!
O ehr mißkennt die Mayenrose 39
Den Minnesänger, Nachtigall,
Und öffnet stümperndem Gekose
Den Busen, blüh'nd nur seinem Schall,Ein den Orientalischen Dichtern gewöhnliches Bild. »Die Nachtigall wirbelte ihren zaubrischen Sang, und trennte die dünnen Schleyer der Rosenknospe und Rose.« — Jami.
Als Liebe zweifelt an dem Klang,
Dem Hauch, der vom Geliebten drang! –
Doch ob in Mitten aller Aengsten
Sie des Geliebten Näh' erquickt,
Deß Lächeln wohl ihr auch die bängsten
Todstunden noch mit Wonne schmückt, –
Doch flieht das Licht, nur kaum erborgt,
In Nacht, weil sie um ihn jetzt sorgt.
Wie litt' es Hafeds grimm'ger Muth,
Daß Einer aus dem Ghebernblut
Je anders dürft', als nur mit Fluchen,
Ein Moslemkind Arabiens suchen?
Ein Kind des Mann's, deß Waffenfunkeln,
Zu blutig raschem Sieg entbrannt,
Irans Altäre hieß verdunkeln
Und wüst hinwelken Irans Land! –
Und schlimmer noch, die wilde Nacht,
Die bald herandroht! – Welchen Händen
Gelingt's das Schwert, von Perserschlacht
Erst einmal wild, zurückzuwenden? –
Wer rettet sie vom Opferheerd?
Wer ihren Freund vor Vaters Schwert?
»Rett' ihn, mein Gott!« – so ächzt sie schweigend, –
»Rett' ihn zu Nacht! – Wenn je holdneigend
Du gabst auf Sünders Opfer acht, 40
Auf Sünders Fleh'n, Dir Preis erzeigend, –
Rett' ihn, o rett' ihn diese Nacht!
Und hier vor Deinem Thron verheiß' ich:
Aus meinem tiefsten Herzen reiß' ich
Erinn'rung, Liebeshoffnung los,
Ja, jedes Lebensglück zerreiß' ich
Und werf' es hin in Deinen Schooß!
Nur ihn beschütz'! Und alle Thränen,
Und alles sündig theure Sehnen, –
Zu sehr bis heut sein Eigenthum, –
Ich opf'r es ganz nur Deinem Ruhm. –
Die Jugend will ich dem Kastey'n,
Das Alter Pilgerfahrten weih'n,
Erstickend so im heil'gen Grame
Die Liebesgluth; – ja selbst sein Nahme
Soll nimmer meiner Lipp' entweh'n,
Bis ich für seinen Geist darf fleh'n,
Den edlen Geist, wann Leibes Trümmer
Er abwirft vorm äther'schen Schimmer,
Um in des sel'gen Lichtes Schein
Glorwürdig ganz und Dein zu seyn! –
Bringt's Dir nicht Sieg, wenn wir entwinden
So edlen Geist von freveln Sünden?
Heimwenden irr'nden Tugendstern
Zum angebornen Himmelsherr'n?
O schütz' ihn! Beyde mach' uns Dein,
Zusammen Dein! – Was ihm erkoren
Für ein Geschick ward, das ist mein,
Und fällt er, sind wir zwey verloren!«



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