Gustav Meyrink
Das grüne Gesicht
Gustav Meyrink

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Schluß

Mit unerträglicher Langsamkeit schlichen die Stunden, und die Nacht schien kein Ende nehmen zu wollen.

Endlich ging die Sonne auf, trotzdem blieb der Himmel tiefschwarz, nur ringsum am Horizont glomm ein greller, schwefelgelber Streifen, als habe sich eine dunkle Halbkugel mit glühendem Rand auf die Erde herabgesenkt.

Ein glanzloses Zwielicht irrte durch den Raum; die Pappel vor dem Fenster, die Sträucher in der Ferne und die Türme Amsterdams waren wie von trüben Scheinwerfern matt erhellt. Darunter lag die Ebene mit ihren Wiesen gleich einem großen erblindeten Spiegel.

Hauberrisser blickte mit seinem Feldstecher hinüber auf die Stadt, die sich – ein in Angst erstarrtes Bild – fahlbeleuchtet von dem schattenhaften Hintergrund abhob und jeden Augenblick den Todesstreich zu erwarten schien.

Banges, atemloses Glockenläuten zitterte in Wellen bis weit ins Land hinein, – plötzlich verstummte es jäh: ein dumpfes Brausen ging durch die Luft, und die Pappel beugte sich ächzend zur Erde nieder.

Windstöße fegten mit Peitschenhieben über den Boden hin, das welke Gras kämmend, und rissen die spärlichen, niedrigen Sträucher aus den Wurzeln.

Nach wenigen Minuten waren die Landschaft in einer ungeheuren Staubwolke verschwunden, – dann tauchte sie wieder auf, kaum mehr zu erkennen: die Deiche weißer Gischt; Windmühlenflügel – abgerissen von ihren Leibern, die, in stumpfe Rümpfe verwandelt, in der braunen Erde hockten – quirlten hoch in den Lüften.

In immer kürzern und kürzern Pausen heulte der Sturm über die Steppe, bis bald nur mehr ein ununterbrochenes Gebrüll zu hören war.

Von Sekunde zu Sekunde verdoppelte sich seine Wut; die zähe Pappel war wenige Fuß hoch über dem Boden fast rechtwinklig abgebogen, – ohne Äste, kaum mehr als ein glatter Stamm, und blieb, niedergehalten von der Wucht der über sie hinwegrasenden Luftmassen, unbeweglich in dieser Stellung.

Nur der Apfelbaum stand regungslos wie in einer von unsichtbarer Hand vor dem Winde beschirmten Insel, und nicht eine einzige seiner Blüten rührte sich.

Balken und Steine, Häusertrümmer und ganze Mauern, Sparrenwerk und Erdklumpen flogen unablässig – ein nicht enden wollender Schauer von Wurfgeschossen – am Fenster vorüber.

Dann wurde der Himmel plötzlich hellgrau, und die Finsternis löste sich in kaltes, silbriges Glitzern auf.

Hauberrisser glaubte schon, die Wut des Orkans wolle nachlassen, da sah er mit Grauen, daß die Rinde der Pappel sich abschälte und, zu fasrigen Fetzen geworden, spurlos verschwand. – Gleich darauf, noch ehe er recht erfassen konnte, was geschah, brachen die hohen, ragenden Fabrikschornsteine im Südwesten des Hafens glatt an der Wurzel ab und verwandelten sich in dünne, fliehende Lanzen aus weißem Staub, die der Sturm mit Blitzesschnelle davontrug.

Kirchturm auf Kirchturm folgte, – sekundenlang noch schwärzliche Klumpen, von Taifunwirbeln hoch emporgerissen, dann zu jagenden Streifen am Horizont geworden – dann Punkte – und nichts mehr.

Bald war die ganze Gegend nur noch ein mit waagrechten Linien schraffiertes Bild vor dem Fenster, so rasend geschwind und für den Blick nicht mehr zu unterscheiden folgten die vom Sturm losgerissenen Grasbüschel einander.

Sogar der Friedhof mußte bereits unterwühlt und bloßgelegt worden sein, denn Leichensteine, Bretter von Särgen, Kreuze und eiserne Grablaternen flogen am Hause vorüber, – ohne die Richtung zu ändern, ohne sich zu heben oder zu senken, immer gleich waagrecht, als hätten sie kein Gewicht.

Hauberrisser hörte das Gebälk im Dachstuhl stöhnen – jeden Moment erwartete er, es werde in Trümmer gehen; er wollte hinunterlaufen, um das Haustor zu verriegeln, damit es nicht aus den Angeln gehoben würde, – an der Stubentür kehrte er um: von einer innern Stimme gewarnt, begriff er, daß, wenn er jetzt die Klinke niederdrückte, die entstehende Zugluft die Fensterscheiben zertrümmern, die an den Mauern entlang fegenden Sturmgewalten einlassen und in einem Augenblick das ganze Haus in einen Schuttwirbel verwandeln mußte.

Nur solange es der Hügel vor dem Anprall des Orkans schützte und die Stuben durch die verschlossenen Türen wie Bienenzellen abgeteilt blieben, konnte es der Vernichtung trotzen.

Die Luft im Zimmer war eiskalt und dünn geworden wie unter einem Vakuum; ein Blatt Papier flatterte vom Schreibtisch, preßte sich ans Schlüsselloch und blieb angesaugt daran haften.

Hauberrisser trat wieder zum Fenster und blickte hinaus: Der Sturm war zu einem reißenden Strom angeschwollen und blies das Wasser aus den Deichen, daß es wie ein Sprühregen in der Luft zerstäubte; die Wiesen glichen glattgewalztem, grauglänzendem Samt, und da, wo die Pappel gestanden hatte, stak nur mehr ein Stumpf mit wehendem, faserigen Schopf.

Das Brausen war so gleichförmig und betäubend, daß Hauberrisser allmählich zu glauben anfing, alles ringsum sie in Totenstille gehüllt.

Erst als er einen Hammer nahm, um mit Nägeln den zitternden Fensterladen zu befestigen, damit er nicht eingedrückt würde, merkte er an der Lautlosigkeit seiner Schläge, wie furchtbar draußen das Getöse sein mußte.

Lange wagte er nicht, den Blick nach der Stadt zu wenden, aus Furcht, die Nikolaskirche mitsamt dem dicht daneben befindlichen Haus am Zee Dyk, in dem sich Swammerdam und Pfeill befanden, könnte weggeweht sein, – dann, als er zögernd und voll Angst hinschaute, sah er, daß sie wohl noch unversehrt zum Himmel ragte, aber aus einer Insel von Schutt: – fast das ganze übrige Giebelmeer war ein einziger flacher Trümmerhaufen.

"Wieviel Städte mögen heute wohl noch in Europa stehen?" fragte er sich schaudernd. "Ganz Amsterdam ist abgeschliffen wie ein mürber Stein. Eine morsch gewordene Kultur ist in stiebenden Kehricht aufgegangen."

Mit einemmal packte ihn die Furchtbarkeit des Geschehnisses in ihrer ganzen Größe.

Die Eindrücke des gestrigen Tages, die darauf folgende Erschöpfung und das plötzliche Hereinbrechen der Katastrophe hatten ihn in einer ununterbrochenen Betäubung erhalten, die jetzt erst von ihm wich und ihn wieder zu klarem Bewußtsein kommen ließ.

Er griff sich an die Stirne. – "Habe ich denn geschlafen?"

Sein Blick fiel auf den Apfelbaum, der, wie durch ein unbegreifliches Wunder, in vollem unversehrtem Blütenschmuck prangte.

An seiner Wurzel hatte er gestern die Rolle vergraben, erinnerte er sich, und es kam ihm vor, als wäre in der kurzen Spanne Zeit inzwischen eine Ewigkeit verflossen.

Hatte er nicht selbst geschrieben, er besäße die Fähigkeit, sich von seinem Körper loszulösen?

Warum hatte er es denn nicht getan? Gestern, die Nacht über, heute morgen, als der Sturm losbrach?

Warum tat er es jetzt nicht?

Einen Augenblick lang glückte es ihm wieder: er sah seinen Körper als schattenhaftes, fremdes Geschöpf am Fenster lehnen, aber die Welt draußen, trotz ihrer Verwüstung, war nicht mehr ein gespenstisches, totes Bild wie früher in solchen Zuständen: eine neue Erde, durchzittert von Lebendigkeit, breitete sich vor ihm aus – ein Frühling voll Herrlichkeit, wie sichtbar gewordene Zukunft, schwebte darüber – das Vorgefühl eines namenlosen Entzückens durchbebte seine Brust; alles ringsum schien sich in einer Vision zu bleibender Deutlichkeit verwandeln zu wollen; – – der blühende Apfelbaum, war er nicht Chidher, der ewig "grünende" Baum?!

Im nächsten Moment war Hauberrisser wieder mit seinem Körper vereinigt und sah in den heulenden Sturm hinein, aber er wußte, daß sich hinter dem Bild der Zerstörung das neue verheißungsvolle Land verbarg, das er soeben mit den Augen seiner Seele geschaut hatte.

Das Herz klopfte ihm vor wilder, freudiger Erwartung: er fühlte, daß er auf der Schwelle zum letzten, höchsten Erwachen stand – daß der Phönix in ihm die Schwingen erhob zum Flug in den Äther. Er fühlte die Nähe eines weit über alle irdische Erfahrung hinausreichenden Geschehnisses so deutlich, daß er vor innerer Ergriffenheit kaum zu atmen wagte, – es war fast wie damals im Park von Hilversum, als er Eva geküßt hatte: dasselbe eisige Fittichwehen des Todesengels, aber jetzt zog sich gleich einem Blütenhauch die Vorahnung eines kommenden unzerstörbaren Lebens hindurch; – die Worte Chidhers: "Ich werde dir um Evas willen die nimmer endende Liebe geben" drangen an sein Ohr, als riefe sie der blühende Apfelbaum herüber.

Er gedachte der zahllosen Toten, die unter den Trümmern der verwehten Stadt dort drüben verschüttet lagen: Er konnte keine Trauer empfinden; – "sie werden wieder auferstehen, wenn auch in veränderter Form, bis sie die letzte und höchste Form, die Form des 'erwachten Menschen', gefunden haben, der nicht mehr stirbt. – Auch die Natur wird immer wieder jung wie der Phönix."

Eine plötzliche Erregung ergriff ihn so gewaltig, daß er glaubte, ersticken zu müssen: stand nicht Eva dicht neben ihm?

Ein Atemhauch hatte sein Gesicht gestreift. Wessen Herz schlug so nahe bei seinem, wenn nicht das ihre!?

Neue Sinne, fühlte er, wollten in ihm aufbrechen und ihm die unsichtbare Welt, die die irdische durchdringt, erschließen. Jede Sekunde konnte die letzte Binde, die sie ihm noch verhüllte, von seinen Augen fallen.

"Gib mir ein Zeichen, daß du bei mir bist, Eva!" – flehte er leise. "Laß meinen Glauben, daß du zu mir kommst, nicht zuschanden werden."

"Was wäre das für eine armselige Liebe, die nicht Raum und Zeit überwinden könnte", – hörte er ihre Stimme flüstern, und das Haar sträubte sich ihm im Übermaß seelischer Erschütterung. "Hier in diesem Zimmer bin ich genesen von den Schrecknissen der Erde, und hier warte ich bei dir, bis die Stunde deiner Erweckung gekommen ist."

Eine stille friedvolle Ruhe senkte sich über ihn; er blickte umher: auch in der Stube dasselbe freudige, geduldige Warten wie verhaltener Frühlingsruf, – alle Gegenstände dicht vor dem Wunder einer unbegreiflichen Verwandlung.

Sein Herz schlug laut.

Der Raum, die Wände und Dinge, die ihn umgaben, waren nur äußere, täuschende Formen für seine irdischen Augen, fühlte er, – sie ragten herein in die Welt der Körper wie Schatten aus einem unsichtbaren Reich, – jede Minute konnte sich ihm die Pforte auftun, hinter der das Land der Unsterblichen lag.

Er versuchte, sich auszumalen, wie es sein müßte, wenn seine innern Sinne erwacht sein würden. – "Wird Eva bei mir sein, werde ich zu ihr gehen und sie sehen und mit ihr sprechen, – so, wie die Wesen dieser Erde einander begegnen? – Oder werden wir zu Farben, zu Tönen, – ohne Gestalt – die sich vermischen?! Umgeben uns dann Dinge wie hier, – schweben wir als Lichtstrahlen durch den unendlichen Weltenraum, oder verwandelt sich das Reich des Stoffes mit uns, und wir verwandeln uns in ihm?" – Er erriet, daß es ein ähnlicher, ganz natürlicher und doch vollkommen neuer, ihm jetzt noch unfaßbarer Vorgang sein würde, wie vielleicht das Entstehen der Windhosen, die er gestern aus dem Nichts – aus der Luft heraus zu greifbaren, mit allen Sinnen des Leibes wahrnehmbaren Formen sich hatte bilden sehen, – aber dennoch konnte er sich keine klare Vorstellung davon machen.

Das Vorgefühl eines so unsagbaren Entzückens durchzitterte ihn, daß er genau wußte: die Wirklichkeit des wunderbaren Erlebnisses, das ihm bevorstand, mußte alles, was er sich auszumalen imstande sei, weit übertreffen.


Die Zeit verrann.

Es schien Mittag zu sein: – hoch am Himmel schwebte ein leuchtender Kreis im Dunst.

Tobte der Sturm noch immer?

Hauberrisser lauschte:

Nichts, woran er es hätte erkennen können. Die Deiche waren leer. Ausgeblasen. Kein Wasser, keine Spur von Bewegung mehr darin. Kein Strauch, soweit der Blick reichte. – Das Gras flach. Nicht eine einzige ziehende Wolke – regungsloser Luftraum.

Er nahm den Hammer und ließ ihn fallen – hörte ihn laut auf dem Boden aufschlagen: "Es ist still draußen geworden", begriff er.

Nur Zyklone rasten noch in der Stadt, wie er durch das Fernglas erkannte; Steinblöcke wirbelten empor in die Luft, – aus dem Hafen tauchten Wassersäulen, brachen auseinander, türmten sich wieder auf und tanzten dem Meere zu.

Da! – War es eine Täuschung? Schwankten nicht die beiden Türme der Nikolaskirche?

Der eine stürzte plötzlich in sich zusammen; – der andere flog wirbelnd hoch in die Luft, zerbarst wie eine Rakete, – die ungeheure Glocke schwebte einen Augenblick frei zwischen Himmel und Erde.

Dann sauste sie lautlos herab.

Hauberrisser stockte das Blut:

Swammerdam! Pfeill!

Nein, nein, nein – es konnte ihnen nichts geschehen sein: "Chidher, der Ewige Baum der Menschheit beschirmt sie mit seinen Ästen!" Hatte Swammerdam nicht vorausgesagt, er werde die Kirche überleben?

Und gab es nicht Inseln, so wie dort der blühende Apfelbaum inmitten des grünen Rasenflecks, in denen das Leben gegen Vernichtung gefeit war und aufbewahrt wurde für die kommende Zeit? – – –

Jetzt erreichte der Schall der zerschmetterten Glocke das Haus.

Die Mauern erdröhnten unter dem Aufprall der Luftwellen: ein einziger, furchtbarer, erschütternder Ton, daß Hauberrisser glaubte, die Knochen im Leibe seien ihm wie Glas zersplittert, und einen Moment sein Bewußtsein schwinden fühlte.

"Die Mauern von Jericho sind gefallen", hörte er die bebende Stimme Chidher Grüns laut im Raume sagen. – "Er ist aufgewacht von den Toten."

Atemlose Stille. – –

Dann schrie ein Kind. – – –

Hauberrisser blickte verstört umher.

Endlich kam er zu sich.

Er erkannte deutlich die kahlen, schmucklosen Wände seines Zimmers, und doch waren es zugleich die Wände eines Tempels, mit Fresken ägyptischer Göttergestalten bemalt; er stand mitten darin – beides war Wirklichkeit; er sah die hölzernen Dielen des Bodens, und zugleich waren es steinerne Tempelfliesen, – zwei Welten durchdrangen einander – in eine verschmolzen und doch voneinander getrennt – vor seinem Blick, als sei er wach und träume in ein und derselben Sekunde; er fuhr mit der Hand über den Kalk der Wand, fühlte die rauhe Fläche und hatte dennoch die untrügliche Gewißheit, daß seine Finger eine hohe goldene Statue berührten, die er als die Göttin Isis, auf einem Throne sitzend, zu erkennen glaubte.

Ein neues Bewußtsein war zu seinem gewohnten, menschlichen, das er bisher besessen, dazugetreten – hatte ihn mit der Wahrnehmung einer neuen Welt bereichert, die die alte in sich schlang, berührte, verwandelte und dennoch auf wunderbare Weise fortbestehen ließ.

Sinn für Sinn wachte doppelt in ihm auf – wie Blüten, die aus Knospen hervorbrechen.

Schuppen fielen ihm von den Augen; wie jemand, der ein ganzes Leben hindurch alles nur in Flächen wahrgenommen hat und dann mit einem Schlage eine räumliche Gestaltung sich daraus bilden sieht, konnte er lange nicht fassen, was sich begeben hatte.

Allmählich begriff er, daß er das Ziel des Weges, den zu Ende zu gehen der verborgene Daseinszweck jedes Menschen ist, erreicht hatte: ein Bürger zweier Welten zu sein. – – – –

Wieder schrie ein Kind.


Hatte Eva nicht gesagt, sie wolle Mutter sein, wenn sie wieder zu ihm käme? – Wie Schrecken durchfuhr es ihn.

Hielt die Göttin Isis nicht ein nacktes, lebendiges Kind im Arm?

Er hob den Blick zu ihr und sah sie lächeln. –

Sie bewegte sich.

Immer schärfer, farbiger und klarer wurden die Fresken, – heilige Geräte standen umher. So deutlich war alles, daß Hauberrisser den Anblick des Zimmers darüber vergaß und nur mehr den Tempel und die rot und goldene Malerei ringsum erkannte.

Geistesabwesend starrte er in das Antlitz der Göttin, und langsam, langsam kam es wie eine dumpfe Erinnerung über ihn: Eva! – Das war doch Eva und nicht die Statue der ägyptischen Göttin, der Mutter der Welt!

Er preßte die Hände an die Schläfen – konnte es nicht fassen.

"Eva! Eva!" schrie er laut auf.

Wieder traten die kahlen Mauern der Stube durch die Tempelwände hindurch, die Göttin thronte noch immer lächelnd darin, aber dicht vor ihm, seinem Schauen leibhaftig und wirklich, stand als irdisches Ebenbild die Erscheinung eines jungen, blühenden Weibes. – –

"Eva! Eva!" – mit einem jauchzenden Schrei grenzenlosen Entzückens riß er sie an sich und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen – "Eva!" – – – –

Dann standen sie lang, eng umschlungen vor dem Fenster und sahen zu der toten Stadt hinüber.

"Helft, wie ich, den kommenden Geschlechtern ein neues Reich aus den Trümmern des alten wiederaufzubauen", fühlte er einen Gedanken, als sei es die Stimme Chidhers, sagen, "damit die Zeit anbricht, in der auch ich lächeln darf."

Das Zimmer und der Tempel waren gleich deutlich geworden.

Wie ein Januskopf konnte Hauberrisser in die jenseitige Welt und zugleich in die irdische Welt hineinblicken und ihre Einzelheiten und Dinge klar unterscheiden:

er war hüben und drüben
ein lebendiger Mensch.


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