Gustav Meyrink
Das grüne Gesicht
Gustav Meyrink

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zwölftes Kapitel

Hauch der Verwesung in der Luft. Brutwarme sterbende Tage und neblige Nächte. Das faulende Gras der Wiesen frühmorgens bedeckt mit den schimmelweißen Flecken der Spinnengewebe. Zwischen den braunvioletten Schollen kalte, blinde Wasserpfützen, die der Sonne nicht mehr trauen; – strohgelbe Blumen, denen die Kraft fehlt, das Gesicht zum glasklaren Himmel zu erheben, – taumelnde Schmetterlinge mit zerfetzten, entstaubten Flügeln, – in den Alleen der Stadt: die Blätter der Bäume raschlig an mürben Stielen.

Wie eine welkende Frau, die sich nicht genug tun kann an grellen Farben, um ihr Alter zu verbergen, begann die Natur mit der bunten Schminke des Herbstes zu prahlen.


Der Name Eva von Druysen war längst vergessen in Amsterdam. Auch Baron Pfeill zählte sie zu den Toten, und Sephardi trauerte um sie; nur in Hauberrissers Brust konnte ihr Bild nicht sterben.

Aber er sprach nicht von ihr, wenn ihn bisweilen seine Freunde oder der alte Swammerdam besuchen kamen.

Er war wortkarg und verschlossen geworden und unterhielt sich mit ihnen nur mehr über gleichgültige Dinge.

Mit keiner Silbe verriet er, daß er sich in eine stille Hoffnung, Eva trotzdem wiederzufinden, versponnen hatte, die von Tag zu Tag im verborgenen in ihm wuchs, – denn er fürchtete sich, es auszusprechen, als zerrisse er damit ein feines Netz.

Nur Swammerdam gegenüber ließ er, wenn auch nicht in Worten, durchblicken, wie es um ihn stand.

Seit jener Stunde, in der er die Tagebuchrolle zu Ende gelesen, war eine Wandlung in ihm vorgegangen, die er selbst kaum begriff. Anfangs hatte er die Übung des Stillsitzens gemacht, wann sie ihm gerade einfiel, eine Stunde, oder länger oder kürzer, und war darangegangen teils neugierig, teils mit der innerlich ungläubigen Miene eines Menschen, der im Grunde seiner Seele das beständige, nüchterne: "Es führt ja doch zu nichts" wie einen Wahlspruch der Erfolglosigkeit mit sich herumschleppt.

Eine Woche später hatte er die Übung zwar auf eine Viertelstunde am Morgen beschränkt, aber er machte sie mit Aufgebot aller Kräfte und um ihrer selbst willen und nicht mehr in der ermüdenden und jedesmal enttäuschten Erwartung, es müsse sich irgend etwas Wunderbares begeben. –

Bald wurde sie ihm unentbehrlich wie ein erfrischendes Bad, auf das er sich schon freute, wenn er sich abends niederlegte.

Wohl schüttelten ihn tagsüber noch lange nach wie vor die Anfälle wildester Verzweiflung, wenn ihm plötzlich einfiel, daß er Eva verloren hatte, und er wies die Zumutung, gegen solche Gedanken des Schmerzes auf magische Art anzukämpfen – und gewissermaßen davonzulaufen vor der brennenden Erinnerung an Eva, – wie Egoismus, Lieblosigkeit und Selbstbelügung zugleich jedesmal empört von sich, aber eines Tages versuchte er es doch, als das Leid so übermächtig geworden war, daß er glaubte, Selbstmord begehen zu müssen.

Er hatte sich der Vorschrift gemäß aufrecht hingesetzt und einen Zustand höheren Wachseins zu erzwingen getrachtet, um der unerträglichen Folter der Gramgedanken wenigstens für Augenblicke zu entrinnen, – und wider Erwarten war es ihm gleich beim erstenmal merkwürdig gut gelungen. – Ehe er noch in den Zustand eintrat, hatte er geglaubt, er werde aus ihm mit Reue im Herzen zurückkehren, um sich einem verdoppelten Schmerz freiwillig in die Arme zu werfen, aber nichts von alledem geschah. – Im Gegenteil: ein unbegreifliches Gefühl der Sicherheit, an dem jeder noch so künstlich hochgeschraubte Zweifel abprallte, erfüllte ihn von da an, daß Eva lebe und in keinerlei Gefahr schwebe.

Wenn ihn die Gedanken an sie während des Tages wohl hundertmal überfallen hatten, war es wie Schläge mit glühenden Peitschen gewesen, – jetzt empfand er sie, wenn sie kamen, wie jubelnde Botschaft, daß Eva in der Ferne an ihn denke und ihm Grüße schicke. Was früher Schmerz gewesen, hatte sich urplötzlich in eine Quelle der Freude verwandelt.

So hatte er durch Übung eine Zufluchtsstätte in seinem Innern geschaffen, in die er sich jederzeit zurückziehen konnte, um immer neue Zuversicht und jenes geheimnisvolle Wachstum zu finden, das denen, die es nicht aus Erfahrung kennenlernen, das ganze Leben hindurch, sooft sie auch davon hören, ein totes, leeres Wort bleiben wird.

Bevor er den neuen Zustand gekannt, hatte er geglaubt, wenn er dem Schmerz um Eva entfliehe, werde es nur ein rascheres Vernarben der Wunden seiner Seele sein – ein Beschleunigen des gewissen Heilungsprozesses, mit dem die Zeit allen Menschen das Leid lindert, – und er hatte sich mit allen Fasern gegen ein solches Genesen gesträubt, wie jeder es tut, der klar voraussieht, daß ein Verklingen des Kummers um den Verlust einer geliebten Person auch das Verblassen ihres Bildes, von dem er nicht lassen konnte, in sich schließt.

Aber ein schmaler, blumenbestreuter Fußpfad zwischen diesen beiden Klippen, von dessen Möglichkeit er früher nichts geahnt, hatte sich ihm ganz wie von selbst erschlossen: das Bild Evas war nicht in den Staub der Vergangenheit hinabgesunken, wie er gefürchtet hatte, – nein, nur der Schmerz allein war verschwunden; Eva selbst, statt ihres von seinen Tränen umflort gewesenen Bildes, war auferstanden, und er konnte in Minuten ruhevollen innern Verweilens ihre Nähe so deutlich spüren, als stünde sie leibhaftig bei ihm.

Es kamen, je mehr er sich von der Außenwelt zurückzog, mitunter Stunden eines so tiefen Glückes über ihn, wie er es niemals für möglich gehalten hätte, in denen sich Erkenntnis an Erkenntnis reihte und er immer klarer und klarer begriff, daß es wirkliche Wunder innerer Erlebnisse gab, gegen die sich die Vorgänge des äußern Daseins nicht nur scheinbar, wie er früher stets gedacht, sondern tatsächlich wie Schatten zu Licht verhielten.

Das Gleichnis vom Phönix als dem Adler der ewigen Verjüngung wurde ihm täglich eindrucksvoller – erschloß ihm immer neue Bedeutung – ließ ihn den merkwürdigen Unterschied zwischen lebendigen und toten Symbolen in ungeahnter Fülle erfassen.

Alles, was er suchte, schien in diesem unerschöpflichen Sinnbild enthalten zu sein.

Es löste ihm Rätsel wie ein allwissendes Wesen, das er nur zu befragen brauchte, um die Wahrheit zu erfahren.

So hatte er zum Beispiel bei seinen Bemühungen, Herr über das Kommen und Gehen seiner Gedanken zu werden, bemerkt, daß es ihm manchmal vortrefflich gelang, aber wenn er daran glaubte, die Art und Weise, wie er es zuwege gebracht, genau zu wissen, fand er am nächsten Tage keine Spur mehr von Erinnerung daran in seinem Gedächtnis vor. Es war wie ausgewischt in seinem Hirn, und er mußte scheinbar wieder von vorne anfangen, um eine neue Methode zu ersinnen. –

"Der Schlummer des Körpers hat mich der gepflückten Frucht beraubt", hatte er sich in solchen Fällen gesagt und, um dem vorzubeugen, beschlossen, sich nicht mehr schlafen zu legen, solange es irgend ginge, bis er eines Morgens von dem Einfall erhellt wurde, daß dieses sonderbare Verschwinden aus seiner Erinnerung nichts anderes war als die "Verbrennung zu Asche", aus der der Phönix immer wieder verjüngt erstehen müsse, – daß es irdisch und vergänglich sei, sich Methoden zu schaffen und merken zu wollen – daß nicht ein zustande gebrachtes Gemälde das Wertvolle ist, wie Pfeill es in Hilversum ausgedrückt hatte, sondern das Malenkönnen.

Seit er diesen Einblick gewonnen hatte, war ihm die Bewältigung der Gedanken ein beständiger Genuß geworden, statt ein erschöpfendes Ringen zu sein, und er klomm von Stufe zu Stufe, ohne es zu bemerken, bis er plötzlich zu seinem Erstaunen wahrnahm, daß er bereits den Schlüssel zu seiner Herrschaft besaß, von deren bloßer Möglichkeit er sich nicht einmal hatte träumen lassen. – "Es ist, als wäre ich bisher von Gedanken umschwärmt gewesen wie von Bienen, die sich von mir Futter holten" – hatte er es Swammerdam erklärt, mit dem er sich damals noch über derlei innere Erlebnisse auszusprechen pflegte – "jetzt kann ich sie aussenden mit meinem Willen, und sie kommen mit Einfällen wie mit Honig beladen zu mir zurück. Früher haben sie mich beraubt, – jetzt bereichern sie mich."

Fast in denselben Worten las er zufällig eine Woche später einen ähnlichen geistigen Vorgang in der Tagebuchrolle geschildert und erkannte daraus zu seiner Freude, daß er, ohne belehrt worden zu sein, den richtigen Weg zur Entwicklung eingeschlagen hatte.

Die Seiten, auf denen es gestanden hatte, waren vorher durch Schimmel und Feuchtigkeit zusammengeklebt gewesen; – unter dem Einfluß der Sonnenstrahlen am Fenster, vor dem sie lagen, hatten sie sich voneinander gelöst.

Auch in seinem Denken, fühlte er, war etwas Ähnliches geschehen.

Er hatte in den letzten Jahren vor und während des Krieges mancherlei über sogenannte Mystik gehört und gelesen und alles, was damit zusammenhing, unwillkürlich mehr oder weniger mit dem Begriff "Unklarheit" vereinigt, denn was er darüber erfahren konnte, trug immer den Stempel des Verschwommenen und glich den Ekstasen eines Opiumrausches. – Er hatte sich zwar in seinem Urteil nicht geirrt, da das, was unter dem Namen Mystik in aller Munde war, wirklich nichts anderes bedeutete als ein Umhertappen im Nebel, aber jetzt sah er ein, daß es auch einen wahren mystischen Zustand gab, – schwer zu finden und noch schwerer zu erringen – der nicht nur hinter der Wirklichkeit der täglichen Daseinserfahrung nicht zurückblieb, sondern sie an Lebendigkeit weit übertraf. –

Da war nichts mehr, was an die verdächtigen Wonnen der "mystisch" Verzückten gemahnte, – kein demütiges Gewinsel mehr um eine selbstsüchtige "Erlösung", die, um Glanz zu gewinnen, als blutigen Hintergrund den Anblick der zu ewigen Höllenstrafen verdammten Frevler benötigt, – aber auch die sattgefressene schmatzende Zufriedenheit einer viehischen Menge, die auf dem Boden der Wirklichkeit zu stehen vermeint, wenn sie rülpsend verdaut, war verschwunden wie ein widerwärtiger Traum.


Hauberrisser hatte das Licht abgedreht, saß vor seinem Tisch und wartete. Wartete in die Finsternis hinein.

Vor dem Fenster hing die Nacht als schweres, dunkles Tuch.

Er fühlte, daß Eva bei ihm stand, aber er konnte sie nicht sehen. –

Wenn er die Augen schloß, wogten Farben wie Wolken hinter seinen Lidern, lösten sich auf und ballten sich wieder zusammen; er wußte aus den Erfahrungen, die er gesammelt, daß sie der Stoff waren, aus dem er sich Bilder schaffen konnte, wenn er wollte, – Bilder, die anfangs starr und leblos schienen, dann aber, wie von einer rätselhaften Kraft beseelt, ein selbständiges Leben bekamen, als seien sie Wesen gleich ihm.

Vor wenigen Tagen war es ihm zum erstenmal geglückt, auch Evas Gesicht in dieser Weise zu formen und lebendig zu machen, und er hatte geglaubt, auf dem richtigen Wege zu sein, auf eine neue geistige Art mit ihr zusammenzukommen, bis er sich an die Stelle in der Tagebuchrolle über die Halluzinationen der Hexen erinnerte und begriff, daß hier das uferlose Reich der Gespenster begann, in das er nur einzutreten brauchte, um nie wieder zurückzufinden.

Je mehr seine Kraft, die verborgenen unerkannten Wünsche seines Innern in Bilder umzugestalten, wuchs, desto größer, fühlte er, mußte auch die Gefahr für ihn werden, auf einen Pfad abzuirren, von dem es keine Heimkehr mehr gab.

Mit einem Gefühl des Grauens und brennender Sehnsucht dachte er an die Minuten zurück, wo es ihm gelungen war, Evas Phantom heraufzubeschwören. – Anfangs war es grau und schattenhaft gewesen, dann hatte es langsam Farbe und Leben bekommen, bis es vor ihm gestanden – so deutlich wie aus Fleisch und Blut.

Jetzt noch fühlte er die Eiseskälte, die seinen Körper damals ergriffen, als er, von magischem Instinkt getrieben, den Versuch gewagt hatte, auch seine übrigen Sinne – Gehör und Gefühl – an der Vision teilnehmen zu lassen.

Oft und oft hatte er sich seitdem auf dem Wunsch ertappt, das Bild nochmals vor seinen Blick zu zaubern, und immer seine ganze Kraft aufbieten müssen, um der Lockung zu widerstehen.


Die Nacht schritt vor, aber er konnte sich nicht entschließen, schlafen zu gehen; beständig umkreiste ihn das dumpfe Ahnungsgefühl, es müßte auch ein magisches Mittel geben, Eva zu rufen, daß sie zu ihm käme – nicht wie damals als vampyrhafter Schemen, belebt von dem Hauch seiner eignen Seele, nein: leibhaftig und wirklich.

Er sandte seine Gedanken aus, damit sie mit neuen Eingebungen, wie er es anzufangen hätte, beladen zu ihm zurückkehren möchten; er wußte aus seinen Fortschritten in den letzten Wochen, daß diese Methode des Aussendens von Fragen und beharrlichen Wartens auf Antwort – dieses klarbewußte Wechseln von aktivem und passivem Zustand – selbst dann nicht zu versagen brauchte, wenn es sich um Dinge handelte, die durch logischen Denkprozeß herauszufinden unmöglich war.

Einfall auf Einfall schoß ihm durch den Kopf, einer krauser und phantastischer als der andere; er prüfte sie mit der Waage seines Gefühls: jeder wurde zu leicht befunden.

Wieder war es der Schlüssel des "Wachseins", der das verborgene Schloß aufsperren half.

Nur mußte diesmal – erriet er instinktiv – sein Körper und nicht das Bewußtsein allein zu höherer Lebendigkeit erregt werden; im Körper lagen die magischen Kräfte schlafend, sie mußte er erwecken, wenn er auf die stoffliche Welt einwirken wollte.

Wie ein belehrendes Beispiel fiel ihm ein, daß die Wirbeltänze der arabischen Derwische im Grunde wohl auch nichts anderes bezweckten, als den Körper zu einem höheren "Wachsein" aufzupeitschen.

Er legte – wie unter einer Eingebung – die Hände auf die Knie und setzte sich aufrecht hin in der Stellung der ägyptischen Götterstatuen, die mit dem unbeweglichen Ausdruck ihrer Gesichter ihm plötzlich als die Sinnbilder magischer Gewalt erschienen, – zwang seinen Körper zu totenhafter Ruhe und schickte zugleich einen erregenden Feuerstrom von Willenskraft durch jede Faser des Leibes.

Schon nach wenigen Minuten durchtobte ihn ein Sturm von beispielloser Wut.

Wahnwitziges Durcheinanderschreien von menschen- und tierähnlichen Stimmen, wütendes Gebell von Hunden und das schrille Krähen zahlloser Hähne gellte durch sein Hirn; im Zimmer brach ein Tumult los, als berste das Haus; – metallenes Dröhnen von Gongschlägen, als läute die Hölle den jüngsten Tag eine, vibrierte durch seine Knochen, daß er glaubte, er müsse in Staub zerfallen, die Haut brannte ihn wie ein Nessosgewand, – aber er biß die Zähne zusammen und gestattete seinem Körper nicht die geringste Bewegung.

Unablässig, mit jedem Herzschlag, rief er dabei nach Eva.

Eine Stimme, leise, kaum geflüstert und doch den Lärm durchdringend wie eine spitzige Nadel, warnte ihn, nicht mit Kräften zu spielen, deren Gewalt er nicht kenne – die zu beherrschen er noch nicht reif sei – die ihn jeden Augenblick in unheilbares Irresein stürzen könnten, – er hörte nicht darauf.

Immer lauter und lauter wurde die Stimme, so laut, daß es schien, als sei ringsum ein Getöse in weite Ferne gerückt, – sie schrie ihn an, er solle umkehren, – wohl müsse Eva kommen, wenn er nicht aufhöre, mit den entfesselten lichtlosen Kräften der Unterwelt nach ihr zu rufen, aber daß ihr Leben, wenn sie käme, ehe die Zeit ihrer geistigen Entwicklung um sei, noch in derselben Stunde verlöschen werde wie das Licht einer Kerze, und er selbst sich damit eine Bürde des Schmerzes auflüde, die er nicht werde tragen können, – – er biß die Zähne zusammen und hörte nicht hin. – Die Stimme suchte ihn mit Vernunftgründen zu überzeugen, daß Eva doch längst zu ihm gekommen wäre oder ihm eine Nachricht geschickt hätte, wo sie sei, wenn es hätte sein dürfen, – er habe doch den Beweis, daß sie lebe und ihm stündlich Gedanken voll heißer Liebe sende, aus dem untrüglichen Gefühl ihrer Nähe, das er Tag für Tag empfinde, – – er hörte nicht darauf und rief und rief.

Die verzehrende Sehnsucht, Eva in seine Arme zu schließen, und wäre es nur für einen kurzen Augenblick, hatte ihm jede Besinnung geraubt.

Plötzlich verstummte der Tumult, und er sah, daß das Zimmer taghell erleuchtet war.

Mitten drin, wie aus den Dielen gewachsen, ragte – fast bist zur Decke empor und einen Querbalken am oberen Ende – aus dem Boden ein modriger hölzerner Pfosten wie ein enthauptetes Kreuz.

Mit dem Kopf von dem Querbalken herabhängend, war eine armdicke, hellgrün schillernde Schlange herumgewunden und blickte ihn mit lidlosen Augen an.

Ihr Gesicht – die Stirn mit einem schwarzen Fetzen umwickelt – glich dem einer menschlichen Mumie; die Haut der Lippen, eingetrocknet und dünn wie Pergament, war straff über die morschen gelblichen Zähne gespannt.

Trotz der leichenhaften Verzerrung der Züge erkannte Hauberrisser in ihnen eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Antlitz Chidher Grüns, wie es einst in dem Laden der Jodenbreestrat vor ihm gestanden hatte.

Das Haar vor Entsetzen gesträubt und mit stockendem Puls horchte er auf die Worte, die langsam und silbenweise in pfeifenden, halblauten, seltsam halbierten Tönen aus dem verwesten Munde hervorbröckelten:

"W–was will–st du von mir?"

Einen Augenblick lähmte ihn ein furchtbares Grauen, – er fühlte das Lauern des Todes hinter sich – glaubte, eine schwarze, scheußliche Spinne über den Glanz der Tischplatte huschen zu sehen, – – dann schrie sein Herz den Namen Eva.

Im Nu lag das Zimmer wieder in Finsternis und, als er sich schweißgebadet zur Tür tastete und das elektrische Licht aufdrehte, war das geköpfte Holzkreuz mit der Schlange daran verschwunden.

Er hatte das Gefühl, als sei die Luft vergiftet, – er konnte kaum mehr atmen – die Gegenstände drehten sich vor seinen Augen. – –

"Es muß, es muß eine Fiebervision gewesen sein!" suchte er sich vergebens zu beruhigen, aber die drosselnde Angst: alles, was er soeben gesehen, habe sich buchstäblich und greifbar hier im Zimmer abgespielt, ließ ihn nicht los.

Eisige Schauer liefen ihm über den Rücken, wenn er sich an die warnende Stimme erinnerte; – schon der bloße Gedanke an die Möglichkeit, sie könne wieder aufwachen und ihm zuschreien, er hätte durch seine wahnwitzigen magischen Experimente Eva wirklich gerufen und damit in Lebensgefahr gestürzt, verbrannte ihm das Gehirn.

Er glaubte ersticken zu müssen, biß sich in die Hand, hielt sich die Ohren zu, rüttelte an den Sesseln, um wieder zu sich zu kommen, riß das Fenster auf und sog die kalte Nachtluft ein – – es half nichts: die innere Gewißheit, in der geistigen Welt der Ursachen etwas angerichtet zu haben, was sich nicht mehr gutmachen ließ, blieb bestehen.

Wie toll gewordene Bestien fielen die Gedanken, deren er für immer Herr geworden zu sein hochmütig geglaubt hatte, über ihn her, – da nützte kein "Stillsitzenwollen" mehr.

Auch die Methode des "Erwachens" versagte.

"Es ist Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn", wiederholte er krampfhaft vor sich hin mit zusammengebissenen Zähnen und raste dabei im Zimmer auf und ab: "Nichts ist geschehen! Es war eine Vision! – nichts weiter! Ich bin ja verrückt! Einbildung! Einbildung! Die Stimme hat mich belogen, und auch die Erscheinung war nicht wirklich! Wo hätte denn das Holz mit der Schlange herkommen sollen, – und – und die Spinne?" –

Er zwang sich – mit verzerrtem Mund laut aufzulachen. – – – "Die Spinne!! – Warum ist sie denn jetzt nicht mehr da?" versuchte er sich selbst zu verhöhnen; er zündete ein Streichholz an, um unter den Tisch zu leuchten, fand in der unbestimmten Furcht, die Spinne könnte als Überbleibsel des spukhaften Erlebnisses wirklich noch vorhanden sein, den Mut nicht, hinzusehen. – – – – –

Wie befreit atmete er auf, als er von den Türmen drei Uhr schlagen hörte, – – "Gott sei Dank, die Nacht geht vorüber."

Er trat ans Fenster, beugte sich hinaus und blickte lange in die neblige Finsternis, um, wie er glaubte, nach den ersten Zeichen des nahenden Morgens zu spähen, – – dann wurde im plötzlich der wahre Grund klar, weshalb er es tat: er hatte sich dabei ertappt, da er mit angespannten Sinnen lauschte, ob Eva denn noch immer nicht käme!

"Meine Sehnsucht nach ihr ist so übermächtig geworden, daß mir die Phantasie bei wachem Bewußtsein die Truggestalten eines Alptraumes vorgegaukelt hat", suchte er sich zu beschwichtigen, als er wieder im Zimmer auf- und niederschritt und sich abermals die Hand der Qual nach ihm ausstrecken wollte, – da blieb sein Blick auf einem dunklen Fleck im Fußboden haften, den er sich nicht entsinnen konnte, jemals früher bemerkt zu haben.

Er bückte sich und sah, daß an der Stelle, wo seiner Erinnerung nach das enthauptete Kreuz mit der Schlange gestanden hatte, das Holz der Dielen verfault war.

Sein Atem stockte. Undenkbar, daß der Fleck immer schon hier gewesen sein sollte! – – –

Ein lauter Schlag, wie einmaliges Klopfen, riß ihn aus seiner Betäubung.

Eva?

Da! Wieder!

Nein, unmöglich konnte es Eva sein: eine wuchtige Faust hämmerte ungestüm gegen die Haustür.

Er lief zum Fenster und rief in die Dunkelheit hinab, wer da sei.

Keine Antwort.

Dann wieder, nach einer Weile, dasselbe hastige, ungeduldige Klopfen.

Er griff nach der rotsamtnen Quaste des Strickes, der durch die Zimmerwand hindurch über die steile Treppe hinunter zum Türdrücker führte, und zog daran.

Die Riegel knallten.

Dann Totenstille.

Er lauschte. – – Niemand.

Nicht das leiseste Geräusch im Stiegenhaus.

Endlich: knisterndes, kaum hörbares Rascheln, als taste draußen eine Hand nach der Klinke.

Gleich darauf öffnete sich die Stubentür, und der Neger Usibepu, barfuß und das schüsselförmig in die Höhe gebürstete Haar feucht von der Nässe des Nebels, kam schweigend herein.

Unwillkürlich suchte Hauberrisser nach einer Waffe, aber der Zulu nahm nicht die geringste Notiz von ihm – schien ihn nicht einmal zu sehen – ging mit leisen zögernden Schritten, den Blick starr auf den Boden geheftet, die Nüstern weit offen und in steter zitternder Bewegung, wie ein schnuppernder Hund um den Tisch herum. –

"Was wollen Sie hier?" schrie ihn Hauberrisser an – er gab keine Antwort – wandte kaum den Kopf.

Seine tiefen röchelnden Atemzüge verrieten, daß er wie ein Nachtwandler vollkommen bewußtlos war.

Plötzlich schien er gefunden zu haben, was er suchte, denn er änderte seine Richtung, – ging, das Gesicht tief herabgeneigt, auf die verfaulte Stelle zu und blieb vor ihr stehen.

Dann wanderte sein Blick wie an einer unsichtbaren Linie langsam nach oben und blieb in der Luft hängen. – Die Geste war so lebendig und überzeugend gewesen, daß auch Hauberrisser einen Moment lang glaubte, das enthauptete Kreuz wieder aus dem Boden wachsen zu sehen.

Er konnte nicht länger daran zweifeln, daß es die Schlange war, die der Neger wahrnahm, denn seine Augen blieben emporgerichtet, fest auf einen Punkt gebannt, und die wulstigen Lippen bewegten sich murmelnd, als rede er mit ihr. Der Ausdruck seiner Miene wechselte ununterbrochen von brennender Begierde zu leichenhafter Erschöpfung, von wilder Freude zu lodernder Eifersucht und unbezähmbarer Wut.

Das unhörbare Gespräch schien zu Ende zu sein: er wandte den Kopf der Tür zu und kauerte sich auf den Boden nieder. –

Hauberrisser sah, daß er, wie von einem Krampf ergriffen, den Mund aufriß, die Zunge weit hervorstieß, sie mit einem Ruck wieder zurückzog und mit einem gurgelnden Laut – nach dem Würgen der Kehlmuskeln zu schließen, verschluckte. –

Seine Augäpfel drehten sich zitternd allmählich aufwärts unter die geöffneten Lider, und aschgraue Totenfarbe überzog sein Gesicht.

Hauberrisser wollte auf ihn zueilen und ihn wachrütteln, aber eine bleierne, unerklärliche Müdigkeit hielt ihn gelähmt im Sessel fest; er konnte kaum den Arm heben. – Die Starrsucht des Negers hatte ihn angesteckt.

Wie ein quälendes Traumbild, das aus der Zeit herausgefallen ist und unverrückbar bestehenbleibt, lag das Zimmer mit der regungslosen dunklen Gestalt darin vor seinem Blick; das eintönige Pendel seines Herzens war das einzige, das er noch als Leben empfand – selbst die Angst um Eva war verschwunden.

Wiederholt hörte er die Uhren von den Türmen dröhnen, aber er war nicht imstande, die einzelnen Schläge zu zählen: – der betäubende Halbschlaf schob jedesmal die Dauer einer Ewigkeit zwischen sie.

Stunden mochten vergangen sein, da begann sich der Zulu endlich zu regen.

Hauberrisser sah wie durch einen Schleier hindurch, daß er aufstand und, noch immer in tiefer Trance, das Zimmer verließ; – mit Aufgebot aller seiner Kräfte sprengte er den lethargischen Zustand und lief ihm nach die Treppe hinunter. Aber der Neger war bereits verschwunden – das Haustor stand weit offen – der dichte, undurchdringliche Nebel hatte jede Spur von ihm eingeschluckt. –

Schon wollte er wieder umkehren, da hörte er plötzlich einen leichten Schritt, und im nächsten Augenblick – – trat Eva aus dem weißlichen Dunst auf ihn zu.

Mit einem Aufschrei des Entzückens schloß er sie in die Arme, aber sie schien völlig erschöpft zu sein und kam erst wieder zu sich, nachdem er sie ins Haus getragen und behutsam in einen Sessel gebettet hatte. – – – –

Dann hielten sie sich lange, lange mit klopfenden Herzen umschlungen, – unfähig, das Übermaß ihres Glückes zu fassen.

Er lag vor ihr auf den Knien, stumm, keines Wortes mächtig, und sie hielt sein Gesicht in heißer Zärtlichkeit zwischen ihren Händen und bedeckte es wieder und wieder mit glühenden Küssen.

Die Vergangenheit war ihm ein vergessener Traum; jede Frage, wo sie die ganze lange Zeit über gewesen und wie alles gekommen sei, erschien ihm als Raub an der Gegenwart.

Ein Strom von Tönen flutete ins Zimmer: die Glockenspiele der Kirchen waren erwacht – sie hörten es nicht; das fahle Zwielicht des Herbstmorgens stahl sich durch die Scheiben – sie sahen es nicht – sahen nur sich. Er streichelte ihre Wangen, küßte ihr die Hände, die Augen, den Mund, atmete den Duft ihres Haares – wollte noch immer nicht glauben, daß es Wirklichkeit war und er ihr Herz an seinem schlagen fühlte. – – –

"Eva! Eva! Geh nie wieder von mir!" – seine Worte erstickten in einer Flut von Küssen.

"Sag, daß du nie wieder von mir gehen willst, Eva!"

Sie legte die Arme um seinen Hals, schmiegte ihre Wange an seine – –: "Nein, nein, ich bleibe für immer bei dir. Auch im Tod. – Ich bin so glücklich, so unsagbar glücklich, daß ich zu dir gehen durfte."

"Eva, Eva, sprich nicht vom Tod!" schrie er auf – ihre Hände waren plötzlich kalt geworden.

"Eva!"

"Fürchte dich nicht, – ich kann nicht mehr von dir gehen, Liebster. – Die Liebe ist stärker als der Tod – Er hat es gesagt – Er lügt nicht! – Ich bin tot gelegen, und Er hat mich lebendig gemacht. – Er wird mich immer wieder lebendig machen, auch wenn ich sterben sollte" – sie redete wie im Fieber, er hob sie auf, trug sie auf sein Bett. – "Er hat mich gepflegt, als ich krank lag; wochenlang war ich wahnsinnig und hab' mit den Händen an den roten Riemen, den der Tod um den Hals trägt, in der Luft zwischen Himmel und Erde gehangen; – Er hat ihm das Halsband zerrissen! – Seitdem bin ich frei. – Hast du nicht gefühlt, daß ich stündlich bei dir war? – – Warum, warum – rasen die Stunden so?" – Die Stimme versagte ihr – – – "Laß mich – laß mich dein Weib werden! – Ich will Mutter sein, wenn ich wieder zu dir komme." – – –

Sie umschlangen sich in wilder, grenzenloser Liebe – versanken mit schwindenden Sinnen in einem Meer von Glück.


"Eva!"

"Eva!"

Kein Laut.

"Eva! Hörst du mich nicht?" – Er riß die Vorhänge des Bettes auseinander, – – – "Eva! – – – Eva!" – – faßte ihre Hand: sie fiel leblos zurück. Er fühlte nach ihrem Herzen: es schlug nicht mehr. Ihre Augen waren gebrochen.

"Eva, Eva, Eva!" – Mit einem gräßlichen Schrei fuhr er empor, taumelte zum Tisch – "Wasser! – Wasser holen!" – stürzte zusammen wie von einer Faust vor die Stirn getroffen, – "Eva!" – das Glas zerbrach, zerschnitt ihm die Finger, er sprang wieder auf, raufte sich das Haar, lief zum Bett, – "Eva!" – wollte sie an sich reißen, sah das Lächeln des Todes in ihrem erstarrten Gesicht und sank wimmernd mit dem Kopf auf ihre Schulter nieder. – – – –

"Unten auf der Straße klappert jemand mit blechernen Eimern. – Die Milchfrau! – Ja, ja, natürlich. – Klappert. Die Milchfrau. – Klappert" – er fühlte, daß plötzlich sein Denken erloschen war, – hörte ein Herz klopfen dicht in seiner Nähe – zählte die ruhigen, regelmäßigen Schläge – wußte nicht, daß es sein eigenes war. – Mechanisch liebkoste er die langen, blonden, seidenen Strähnen, die vor seinen Augen auf den weißen Kissen lagen. – – "Wie schön sie sind!" – "Warum tickt eigentlich die Uhr nicht?" – Er hob den Blick. – "Die Zeit steht still." – Natürlich. Es ist ja noch nicht Tag." – "Und da drüben auf dem Schreibtisch liegt eine Schere – und – und die zwei Leuchter daneben brennen." – "Warum habe ich sie denn angezündet?" – "Ich hab' vergessen, sie auszulöschen, als der Neger fortging." – "Freilich." – "Und dann war keine Zeit mehr dazu, – weil Eva – kam" – "Eva??" – – "Sie ist – sie ist doch tot! Tot!" winselte es in seiner Brust auf. – Die Flammen fürchterlichsten, unerträglichen Schmerzes schlugen über ihm zusammen. –

"Ein Ende machen! Ein – Ende – machen! – Eva!" – "Ich muß ihr nach." – "Eva! Eva! Warte auf mich!" – "Eva, ich muß dir nach!" – keuchend stürzte er auf den Schreibtisch los, packte die Schere, wollte sie sich ins Herz stoßen – hielt inne: – "Nein, der Tod ist zuwenig! Blind will ich aus dieser verfluchten Welt gehen!" er spreizte die Spitzen auseinander, um sie sich, wahnsinnig vor Verzweiflung, in die Augen zu rennen, da schlug eine Hand so heftig auf seinen Arm, daß die Schere klirrend zu Boden fiel.

"Willst du ins Reich der Toten gehen, um die Lebendigen zu suchen?" – Chidher Grün stand vor ihm, wie einst im Laden in der Jodenbuurt: mit schwarzem Talar und weißen Schläfenlocken. – "Glaubst du, 'drüben' ist die Wirklichkeit? Es ist nur das Land vergänglicher Wonnen für blinde Gespenster, so wie die Erde das Land vergänglicher Schmerzen für die blinden Träumer ist! Wer nicht auf der Erde das 'Sehen' lernt, drüben lernt er's gewiß nicht. – Meinst du, weil ihr Körper wie tot liegt", – er deutete auf Eva, – "könne sie nicht mehr auferstehen? Sie ist lebendig, nur du bist noch tot. Wer einmal lebendig geworden ist wie sie, kann nicht mehr sterben, – wohl aber kann einer, der tot ist wie du, lebendig werden." – Er griff nach den beiden Lichtern und stellte sie um: das linke nach rechts und das rechte nach links, und Hauberrisser fühlte sein Herz nicht mehr schlagen, als sei es plötzlich aus der Brust verschwunden. – "So wirklich, wie du jetzt deine Hand in meine Seite legen kannst, so wirklich wirst du mit Eva vereint sein, wenn du erst das neue geistige Leben hast. – Daß die Menschen glauben werden, sie sei gestorben, – was braucht's dich zu kümmern? – Man kann von den Schlafenden nicht verlangen, daß sie die Erwachten sehen.

Du hast nach der vergänglichen Liebe gerufen" – er wies nach der Stelle, wo das enthauptete Kreuz gestanden hatte, fuhr mit dem Fuß über den vermoderten Fleck im Boden, und der Fleck verschwand, – "ich habe dir die vergängliche Liebe gebracht, denn ich bin nicht auf der Erde geblieben, um zu nehmen: ich bin geblieben, um zu geben – jedem das, wonach er sich sehnt. Nur wissen die Menschen nicht, wonach ihre Seele sich sehnt; wüßten sie's, so wären sie sehend.

Du hast im Zauberladen der Welt nach neuen Augen begehrt, um die Dinge der Erde in einem neuen Licht zu sehen – erinnere dich: ich habe dir nicht gesagt, du müßtest dir erst die alten Augen aus dem Kopfe weinen, ehe du neue bekommen könntest?

Du hast nach Wissen begehrt: ich habe dir das Tagebuch eines der Meinigen gegeben, der hier in diesem Hause gelebt hat, als sein Körper noch verweslich war.

Eva hat sich nach unvergänglicher Liebe gesehnt: ich habe sie ihr gegeben – und werde sie um ihretwillen auch dir geben. Die vergängliche Liebe ist eine gespenstische Liebe.

Wo ich auf Erden eine Liebe keimen sehe, die über die Liebe zwischen Gespenstern hinauswächst, da halte ich meine Hände wie schirmende Äste über sie zum Schutz gegen den früchtepflückenden Tod, denn ich bin nicht nur das Phantom mit dem grünen Gesicht – ich bin auch Chidher, der Ewig Grünende Baum."


Als die Haushälterin, Frau Ohms, am Morgen mit dem Frühstück das Zimmer betrat, sah sie zu ihrem Schrecken die Leiche eines schönen jungen Mädchens im Bette liegen und Hauberrisser kniend davor, die Hand der Toten an sein Gesicht gedrückt.

Sie schickte einen Boten zu seinen Freunden, und als Pfeill und Sephardi kamen und ihn, im Glauben, er sei bewußtlos, aufheben wollten, fuhren sie entsetzt zurück vor dem lächelnden Ausdruck seines Gesichts und dem Glanz in seinen Augen.


 << zurück weiter >>