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Sechstes Buch

Tagebuch des Giovanni Beltraffio

Ich trat am 25. März 1494 zum Florentiner Meister Leonardo da Vinci in die Lehre ein.

Hier mein Studienplan: Perspektive, Maße und Proportionen des menschlichen Körpers, Zeichnen nach Vorlagen guter Meister, Zeichnen nach der Natur. Mein Mitschüler Marco d'Oggione gab mir heute ein Buch von der Perspektive, das er selbst nach den Worten des Meisters niedergeschrieben hat. Es beginnt also:

»Die größte Freude für den Körper ist das Licht der Sonne; die größte Freude für den Geist sind die klaren mathematischen Wahrheiten. In der Perspektive gesellt sich zu der Betrachtung der strahlenden Linie, der größten Freude für die Augen, auch die größte Freude des Geistes – die mathematische Klarheit; aus diesem Grunde muß die Perspektive allen andern menschlichen Forschungen und Wissenschaften vorgezogen werden. So erleuchte mich derjenige, der von sich selbst sagte: »Ich bin das wahre Licht!« und er helfe mir die Wissenschaft der Perspektive – die Wissenschaft vom Licht zusammenzufassen. Ich teile dieses Buch in drei Abteilungen: die erste handelt von der Verminderung des Körperumfanges in der Ferne, die zweite – von der Verminderung der Klarheit seiner Farben und die dritte von der Verminderung der Klarheit der Umrisse.«

 

Der Meister sorgt für mich wie für einen Sohn; als er von meiner Armut erfuhr, wollte er von mir das ausbedungene Lehrgeld nicht mehr annehmen.

 

Der Meister sagte:

»Wenn du die Perspektive erfaßt hast und die Proportionen des menschlichen Körpers auswendig kennst, so beobachte bei deinen Spaziergängen aufmerksam die Bewegungen der Menschen; merke dir genau, wie sie stehen, gehen, reden und streiten, wie sie lachen und miteinander raufen, und welchen Gesichtsausdruck sie und die Zuschauer, die sich in den Streit einmischen, sowie auch solche, die stumm beobachten, haben; merke dir dies alles und zeichne es so rasch wie möglich in ein kleines Buch aus farbigem Papier, das du immer bei dir tragen sollst; wenn ein Buch voll ist, so nimm ein neues; das alte hebe aber auf. Gewöhne dich daran, alle deine Zeichnungen zu verwahren und sie nie zu vernichten oder auszuwischen, denn die Bewegungen der Körper in der Natur sind so mannigfaltig, daß sie kein menschliches Erinnerungsvermögen, wie stark es auch sei, behalten kann. Du mußt daher diese Zeichnungen als deine besten Lehrer und Meister achten.«

Ich habe mir ein solches Buch angelegt und schreibe mir darin allabendlich alle bemerkenswerten Äußerungen des Meisters auf, die er im Laufe des Tages getan hat.

 

Heute begegnete ich in der Gasse der Trödlerinnen in der Nähe des Domes meinem Onkel, dem Glasmaler Oswald Ingrimm. Er sagte mir, daß er sich von mir lossage, denn ich hätte mein Seelenheil verloren, weil ich im Hause des Atheisten und Ketzers Leonardo wohne. Jetzt stehe ich ganz allein in der Welt: ich habe niemand, weder Verwandte, noch Freunde, außer meinem Meister. Ich spreche oft das herrliche Gebet Leonardos: »Es erleuchte mich der Herr, das Licht der Welt, und er helfe mir die Perspektive – die Lehre von seinem Licht, zu erfassen.« Spricht denn so ein Gottloser?!

 

Wie schwer es mir auch manchmal zu Mute ist, so brauche ich nur ihn anzusehen, um große Erleichterung und Freude im Herzen zu spüren. Was für Augen er hat! Sie sind klar, hellblau und kalt, wie Eis! Und seine sanfte, angenehme Stimme und sein Lächeln! Selbst die eigensinnigsten und boshaftesten Menschen können unmöglich seinen einschmeichelnden Worten widerstehen, wenn er sie von einem Ja oder Nein überzeugen will. Ich betrachte ihn oft und lange, wenn er in Gedanken versunken an seinem Arbeitstische sitzt und mechanisch und langsam mit den feinen Fingern durch seinen langen, lockigen, goldblonden Bart, der so weich ist wie die Seide des Mädchenhaares, fährt, wenn er mit jemand spricht, so pflegt er ein Auge ironisch, doch gutmütig zusammenzukneifen; der Blick seiner von dichten Brauen beschatteten Augen scheint dann in die Tiefe der Seele zu dringen.

 

Er kleidet sich sehr einfach; er liebt weder bunte Kleider, noch neue Moden. Er liebt auch keine Wohlgerüche. Dafür trägt er Wäsche aus feiner Rennes-Leinwand, und sie ist immer schneeweiß. Auf seinem schwarzen Samtbarett hat er keinerlei Verzierungen, weder Schaumünzen, noch Federn. Über seinem schwarzen Kamisol trägt er einen bis an die Knie reichenden dunkelroten Mantel mit gerade fallenden Falten, von alt-florentiner Schnitt. Seine Bewegungen sind ruhig und gemessen. Trotz seiner einfachen Kleidung kann man ihn nirgends – weder unter Hofleuten, noch in einer Volksmenge übersehen, denn er gleicht niemandem.

 

Er kann und weiß alles: er ist ausgezeichneter Bogen- und Armbrustschütze, Reiter, Schwimmer und Fechtmeister. Einmal sah ich ihn im Wettkampfe mit den ersten Athleten aus dem Volke: es galt in der Kirche eine kleine Münze bis in die Mitte der Kuppel emporzuschleudern. Messer Leonardo zeigte darin die größte Geschicklichkeit und Kraft.

Er ist linkshändig. Mit seiner linken Hand, die so zart und fein wie eine Mädchenhand ist, biegt er Hufeisen und dreht eherne Glockenklöppel zusammen; mit der gleichen Hand legt er auf Bildnissen schöner Mädchen zarte und durchsichtige Schatten an, wobei er das Papier mit Bleistift oder Kohle so leise, wie ein Schmetterling mit seinen Flügeln, berührt.

 

Heute nachmittag sah ich ihn eine Zeichnung vollenden, die den gesenkten Kopf der Maria, wie sie der Verkündigung lauscht, darstellte. Unter der mit Perlen und zwei Taubenflügeln geschmückten Kopfbinde quollen Strähnen ihres Haares hervor, das keusch im Hauche der Engelsflügel spielte und flatterte; es war wie bei den Florentiner Mädchen anscheinend nachlässig aufgesteckt, in der Tat aber sorgfältig und kunstvoll geordnet. Die Schönheit dieser Locken berauschte wie fremdartige Musik. Das Rätsel ihrer durch die gesenkten, dunkelumrandeten Lider gleichsam durchscheinenden Augen war wie das Rätsel der durch die klare Flut durchschimmernden, aber unerreichbaren, unter Wasser blühenden Blumen.

Plötzlich kam in die Werkstatt sein kleiner Diener Jacopo hereingestürzt. Er klatschte in die Hände und schrie:

»Ungeheuer! Ungeheuer! Messer Leonardo, kommt schnell in die Küche! Da habe ich Euch zwei schöne Exemplare mitgebracht, Ihr werdet zufrieden sein!«

»Woher?« fragte der Meister.

»Ich habe sie vor dem Portal von St. Ambrogio aufgegabelt. Es sind Bettler aus Bergamo. Ich sagte ihnen, daß sie von Euch ein Nachtmahl bekommen, wenn sie Euch Modell stehen.«

»Sie sollen warten, bis ich mit dieser Zeichnung fertig bin.«

»Nein, Meister: sie können nicht warten, denn sie wollen noch vor Anbruch der Nacht nach Bergamo heimkehren, schaut sie Euch nur an! Ihr werdet es nicht bereuen. Es ist wirklich der Mühe wert! Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, was es für Ungeheuer sind!«

Der Meister legte die unvollendete Zeichnung der heiligen Jungfrau fort und begab sich in die Küche. Ich folgte ihm.

Wir sahen zwei Greise in würdiger Haltung auf der Küchenbank sitzen. Es waren Brüder. Beide waren dick, gleichsam von Wassersucht aufgedunsen und hatten häßliche hängende riesengroße Kröpfe, wie sie unter den Bergbewohnern um Bergamo oft vorkommen; der eine hatte seine Frau – eine zusammengeschrumpfte dürre Alte – mitgebracht, die den zu ihr vorzüglich passenden Spitznamen »Spinne« trug.

Jacopo strahlte vor Stolz und flüsterte:

»Seht Ihr! Ich sagte ja, daß die Euch gefallen werden! Ich weiß ganz genau, was Ihr braucht ...«

Leonardo setzte sich zu den Ungeheuern, ließ Wein auftischen, bewirtete sie und begann sie auszufragen; er unterhielt sie auch mit dummen Späßen. Anfangs waren sie scheu, sahen ihn mißtrauisch an und konnten wohl unmöglich verstehen, warum man sie hergebracht hatte. Da erzählte er ihnen die weitverbreitete Novelle vom toten Juden, der von seinen Glaubensgenossen, in Anbetracht des Gesetzes, das die Beerdigung von Juden in Bologna untersagte, in kleine Stücke geschnitten und in einem Faß, mit Honig und Gewürzen eingemacht, auf einem Schiff mit anderen Waren nach Venedig geschickt, unterwegs aber von einem reisenden christlichen Florentiner gegessen wurde; diese Geschichte gefiel der Spinne dermaßen, daß sie in Gelächter ausbrach. Bald lachten alle drei Bettler, vom Wein berauscht, mit abstoßenden Grimassen. Ich schlug verlegen die Augen nieder und wandte mich ab, um sie nicht zu sehen. Leonardo aber blickte sie mit der tiefen, gierigen Neugier eines Gelehrten an, der ein Experiment verfolgt. Als sie in ihrer Trunkenheit den höchsten Grad von Häßlichkeit erreicht hatten, nahm er Papier und Stift zur Hand und zeichnete diese ekelhaften Fratzen mit dem gleichen Bleistift und mit der gleichen Liebe, mit der er vorhin das göttliche Lächeln der heiligen Jungfrau gezeichnet hatte.

Abends zeigte er mir viele Karikaturen nicht nur von Menschen, sondern auch von Tieren; es waren ganz schreckliche Gesichter, wie sie die Kranken im Fieber verfolgen. Im Menschlichen steckte etwas Tierisches und im Tierischen – etwas Menschliches, das eine ging leicht und natürlich in das andere über und gerade dieser unmerkliche Übergang machte sie so schrecklich. Ich denke noch an den Kopf eines Stachelschweins mit spitzen, sich sträubenden Nadeln, mit einer hängenden, weichen lappenähnlichen Unterlippe, das in einem abstoßenden menschlichen Lächeln die länglichen, mandelförmigen weißen Zähne zeigte. Ich werde auch nie den Kopf einer Alten vergessen, mit dem zu einer wahnsinnigen hohen Frisur gekämmten Haar, mit einem dünnen Zöpfchen im Nacken, einer großen kahlen Stirne, mit einer plattgedrückten Nase, die so klein wie eine Warze war, und ungeheuerlich dicken Lippen, die mich an morsche, feuchte Schwämme gemahnten, welche an faulen Baumstümpfen wachsen. Das Schrecklichste dabei ist, daß einem alle diese Ungeheuer wie alte Bekannte erscheinen, als ob man ihnen schon irgendwo begegnet wäre, und daß sie auch etwas Verführerisches an sich haben, das wie ein Abgrund lockt und zugleich abstößt. Man schaut sie mit Entsetzen an und doch kann man sich von ihnen ebenso schwer losreißen, wie von dem göttlichen Lächeln der heiligen Jungfrau.

Hier wie dort ist man erstaunt, wie vor einem Wunder.

 

Cesare da Sesto erzählte mir, daß, wenn Leonardo irgendwo in der Volksmenge einem irgendwie auffallend häßlichen Menschen begegne, er imstande sei, ihm einen ganzen Tag lang zu folgen, um sich seine Gesichtszüge einzuprägen. Große Häßlichkeit sei bei Menschen ebenso selten und ungewöhnlich, sagte der Meister, wie große Schönheit; nur das Mittelmäßige sei gewöhnlich.

 

Er hat eine merkwürdige Methode erfunden, um sich menschliche Gesichter leichter einzuprägen. Er teilt die menschlichen Nasen in drei Klassen ein: in gerade, gebogene und in solche mit einer Ausbuchtung.

Die geraden können kurz und lang sein, spitz und stumpf. Die Krümmung kann sich oben an der Nase befinden, oder unten, oder in der Mitte. Und so behandelt er auch alle anderen Teile des Gesichts. Alle diese Einteilungsklassen und Arten sind mit Nummern bezeichnet und in ein nach besonderem System angelegtes Buch eingetragen. Wenn der Künstler auf einem Spaziergange ein Gesicht sieht, dessen Züge er sich einprägen will, so braucht er nur die Klasse von Nase, Stirne, Augen und Kinn festzustellen und zu notieren, um das ganze Gesicht mit allen seinen Zügen mittels einer Reihe von Zahlen im Gedächtnisse zu fixieren. Nach Hause zurückgekehrt, vereinigt er die notierten Elemente zu einem Bilde.

Er hat auch einen kleinen Löffel erfunden, um bei den allmählichen, von den Augen kaum wahrnehmbaren Abstufungen von Licht zu Schatten und von Schatten zu Licht die Menge der notwendigen Farbe mathematisch genau bemessen zu können, wenn z. B. einem Schatten von bestimmter Kraft zehn Löffel schwarzer Farbe entsprechen, so sind zur Erreichung des nächsten Grades elf Löffel dieser Farbe, dann zwölf, dreizehn u. s. f. erforderlich. Die Löffel werden genau bis an den Rand voll gerechnet und daher wird die Farbe immer mit einem Glaslineal abgestrichen, wie man es auf dem Markte bei Messen von Getreide tut.

 

Marco d'Oggione ist der fleißigste und gewissenhafteste von allen seinen Schülern. Er arbeitet wie ein Ochs und befolgt mit peinlicher Genauigkeit alle Regeln des Meisters; je größere Mühe er sich aber gibt, um so weniger bringt er zustande. Marco ist eigensinnig: wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, so kann ihn niemand mehr davon abbringen. Er glaubt an die Unfehlbarkeit des Satzes: »Mit Geduld und Spucke, fängt man manche Mucke« und gibt die Hoffnung, ein großer Künstler zu werden, nie auf. Er hat mehr als wir alle Freude an jenen Erfindungen des Meisters, welche die Kunst in Mechanik umsetzen. Neulich nahm er das Buch mit den Tabellen, in denen die Gesichter in Klassen eingeteilt sind, lief damit auf den Broletto-Platz und notierte sich nach Leonardos Zahlensystem einige Gesichter aus dem Volke. Als er aber zu Hause diese Elemente zu einem lebendigen Gesicht vereinigen wollte, da konnte er es unmöglich fertig bringen. Den gleichen Mißerfolg hatte er mit dem Meßlöffel: obwohl er bei seiner Arbeit mit mathematischer Genauigkeit verfährt, werden die Schatten undurchsichtig und unnatürlich, und die Gesichter hölzern und reizlos. Marco erklärt es damit, daß er noch nicht genau genug die Regeln des Meisters befolgte, und er verdoppelt daher seinen Eifer. Cesare da Sesto sagt dazu schadenfroh:

»Der gute Marco ist ein wahrer Märtyrer der Kunst! Sein Fall beweist, daß alle die berühmten Regeln, Löffel und Nasentabellen für die Katze sind. Es genügt nicht zu wissen, wie ein Kind geboren wird, um auch wirklich ein Kind zur Welt bringen zu können. Leonardo betrügt sich selbst und die andern: er selbst handelt nie nach den Grundsätzen, die er predigt. Wenn er malt, so denkt er an gar keine Regeln und folgt nur seiner Inspiration. Er begnügt sich aber nicht damit, daß er großer Künstler ist, er will auch großer Gelehrter sein. Er will Kunst mit Wissenschaft und Inspiration mit Mathematik in Einklang bringen. Ich fürchte nur: wenn einer zwei Hasen jagt, so fängt er keinen von beiden.«

Vielleicht ist an diesen Worten auch etwas Wahres. Warum haßt aber Cesare so den Meister? Leonardo vergibt ihm alles, hört geduldig seine bösen und spöttischen Bemerkungen an, schätzt seinen Verstand und ist ihm nie böse.

 

Ich beobachte, wie er am Heiligen Abendmahl arbeitet. Er verläßt das Haus früh morgens, beim Sonnenaufgang und begibt sich in das Refektorium, wo er dann den ganzen Tag bis zum Anbruch der Dunkelheit ohne Unterbrechung und ohne an Speise und Trank zu denken, malt. Dann gehen wieder Wochen dahin, in denen er keinen Pinsel anrührt. Aber auch dann verbringt er täglich zwei oder drei Stunden auf dem Gerüste vor dem Bilde und betrachtet und überlegt sich alles, was er gemacht hat. Manchmal läßt er plötzlich irgendeine angefangene Arbeit liegen und rennt am heißesten Mittag, ohne die Schattenseite zu benutzen, durch die menschenleeren Gassen, wie von einer unsichtbaren Macht getrieben, ins Kloster, besteigt das Gerüst, macht zwei oder drei Pinselstriche und geht dann wieder nach Hause.

 

Alle diese Tage arbeitete er am Kopfe des heiligen Johannes, heute sollte er ihn vollenden. Zu meinem großen Erstaunen blieb er aber zu Hause und verbrachte den ganzen Tag damit, daß er mit dem kleinen Jacopo den Flug von Hummeln, Wespen und Fliegen beobachtete. Er studiert den Bau ihrer Körper und Flügel mit solchem Eifer, als ob davon das Schicksal der Welt abhinge. Als er gewahrte, daß die Fliegen die hinteren Beine als Steuer gebrauchen, freute er sich darüber so sehr, als hätte er ein Gott weiß wie großes Glück erfahren. Der Meister glaubt, daß dies für die Erfindung der Flugmaschine von höchster Bedeutung sei. Möglich! Es ist aber doch ärgerlich, daß der Kopf des Apostels Johannes wegen des Studiums von Fliegenbeinen unvollendet bleibt.

 

Heute haben wir einen neuen Kummer. Die Fliegen und das heilige Abendmahl sind vergessen. Er entwirft ein kompliziertes und reich ornamentiertes Wappen für die vom Herzoge geplante nach nicht existierende Mailänder Akademie der Malerei; es ist ein Viereck aus unendlichen verschlungenen, verknüpften und verknoteten Schnüren, die eine lateinische Inschrift einrahmen: »Leonardi Vinci Accademia.« Er ist so sehr in die Arbeit vertieft, als gäbe es für ihn in der ganzen Welt nichts außer dieser schwierigen und zwecklosen Spielerei. Ich glaube, keine Macht könnte ihn davon abbringen. Ich hielt es nicht länger aus und wagte ihn an den unvollendeten Johanneskopf zu erinnern. Er zuckte die Achseln und murmelte zwischen den Zähnen, ohne von seinen Schnüren und Knoten aufzublicken:

»Die Arbeit läuft mir nicht weg. Ich finde noch Zeit!«

Zuweilen erscheint mir Cesares Gehässigkeit begreiflich.

 

Herzog Moro betraute ihn mit der Einrichtung des sogenannten »Ohres des Dionys« – eines in der Mauer verborgenen Hörrohres, das dem Herzog gestattet, von einem Zimmer aus alle in den anderen Räumen geführten Gespräche zu belauschen. Der Meister ging mit großem Eifer an diese Arbeit. Bald verlor er aber für sie, wie gewöhnlich, jedes Interesse und schiebt sie nun immer unter verschiedenen Vorwänden hinaus. Der Herzog treibt ihn an und zürnt, heute früh wurde aus dem Schlosse einige Mal nach ihm geschickt. Der Meister ist aber mit einer neuen Arbeit beschäftigt, die ihm wichtiger erscheint, als das »Ohr des Dionys«, nämlich mit Versuchen an Pflanzen: er hatte bei einem Kürbisse alle Wurzeln bis auf eine ganz kleine abgeschnitten und begoß diese fleißig mit Wasser. Zu seiner großen Freude ist die Pflanze nicht verdorrt und die Mutter – so nennt er sie – hat glücklich alle ihre Kinder – an die sechzig längliche Kürbisse – großgezogen. Mit welcher Geduld und mit welcher Liebe verfolgt er das Leben dieser Pflanze! Heute saß er die ganze Nacht am Gemüsebeet und beobachtete, wie die breiten Blätter den nächtlichen Tau trinken. Er sagt: »Die Erde tränkt die Pflanzen mit Feuchtigkeit, der Himmel mit Tau, die Sonne gibt ihnen aber die Seele.« Er glaubt nämlich, daß nicht nur die Menschen, sondern auch Tiere und selbst Pflanzen eine Seele besitzen, welche Meinung Fra Benedetto für höchst ketzerisch hält.

 

Er liebt alle Tiere. Manchmal verbringt er ganze Tage mit dem Beobachten und Zeichnen von Katzen, mit dem Studium ihrer Gewohnheiten und Eigenschaften. Er beobachtet, wie sie spielen, kämpfen, schlafen, sich mit den Pfoten waschen, Mäuse fangen, Buckel machen und wie sie vor den Hunden fauchen. Mit dem gleichen Interesse beobachtet er durch die Wände eines großen Glasgefäßes Fische, Schnecken, Haarwürmer, Tintenfische und andere Wassertiere. Wenn sie miteinander kämpfen und einander verzehren, nimmt sein Gesicht den Ausdruck einer tiefen, stillen Befriedigung an.

Er ist gleichzeitig mit tausend Dingen beschäftigt. Ohne eine Arbeit zu Ende zu führen, nimmt er eine neue in Angriff. Jede Arbeit sieht bei ihm übrigens wie ein Spiel und jedes Spiel wie eine Arbeit aus. Er ist vielseitig und unbeständig. Cesare sagt, daß eher alle Flüsse ihren Lauf umkehren werden, als daß Leonardo bei einer Idee stehen bleibt und sie zu Ende führt. Er nennt den Meister den größten aller Taugenichtse und behauptet, daß aus allen seinen zahllosen Arbeiten nichts Vernünftiges herauskommen werde. Leonardo soll hundertzwanzig Bücher »Von der Natur – Delle Cose Naturali« geschrieben haben. Es sind aber lauter zufällige Fragmente, gelegentliche Notizen und lose Papierfetzen. Es sind über fünftausend Zettel, die in einer derartigen Unordnung liegen, daß der Meister sich selbst nicht mehr auskennt und nie eine ihm gerade notwendige Notiz herausfinden kann.

 

Wie unersättlich seine Neugier ist! Was für ein gütiges und tiefblickendes Auge er für die Natur hat! wie groß ist seine Fähigkeit, das Unscheinbarste zu erspähen! Sein Erstaunen ist immer freudig und gierig, wie bei Kindern, wie bei den ersten Menschen im Paradiese.

Manchmal macht er über den alltäglichsten Gegenstand eine so erstaunliche Bemerkung, daß man sie, wenn man auch hundert Jahre leben würde, nie wieder vergessen könnte; sie prägt sich so tief ins Gedächtnis ein, daß man sie unmöglich wieder los werden kann.

So sagte der Meister, als er neulich meine Klause betrat: »Hast du es schon bemerkt, Giovanni, daß kleine Zimmer unseren Geist konzentrieren und daß die großen ihn zur Tätigkeit anregen?«

Oder: »Während des Regens erscheinen die Umrisse der Gegenstände im Schatten schärfer als in der Sonne.«

Hier ist eine Bemerkung, die er gestern machte, als er mit dem Erzgießer über die vom Herzog bestellten Feldgeschütze sprach: »Das zwischen dem Laden der Bombarde und der Kugel eingeschlossene Pulver wirkt bei seiner Explosion wie ein Mensch, der sich mit dem Rücken gegen eine Wand stützend, eine Last mit aller Kraft vorwärts stemmt.«

In einem Gespräch über abstrakte Mechanik sagte er: »Die Kraft ist stets bestrebt, ihre Ursache zu überwinden, um nach dem Siege zu sterben. Der Stoß ist der Lohn der Bewegung und der Enkel der Kraft; ihr gemeinsamer Ahne aber ist die Schwere.«

Bei einem Streite mit einem Baumeister rief er ungeduldig aus: »wie, versteht Ihr es nicht, Messere? Es ist sonnenklar: Was ist denn ein Schwibbogen? Ein Schwibbogen ist nichts anderes als eine Kraft, die von zwei sich treffenden und einander entgegengesetzten Schwachen erzeugt wird.« Der Baumeister riß vor Erstaunen den Mund auf. Für mich wurden aber die Dinge, von denen sie sprachen, so klar, als ob man plötzlich in ein finsteres Zimmer ein Licht hereingebracht hätte.

 

Nun hat er wieder zwei Tage am Johanneskopf gearbeitet. Doch wie! Die fortwährende Beschäftigung mit den Fliegenflügeln, Katzen, Kürbissen, dem Dionysohr, dem Rahmen aus verknüpften Schnüren und ähnlichen wichtigen Dingen war dem Werke wenig förderlich. Er wurde mit dem Kopf wieder nicht fertig und ließ die Arbeit liegen, um sich ganz in seine Geometrie zu verkriechen, wie sich die Schnecke, um mit Cesare zu reden, in ihr Haus verkriecht. Er sagt, daß selbst der Geruch von Farben und der Anblick von Leinwand und Pinseln ihn anekeln.

So leben wir von tausend Zufälligkeiten abhängig und auf Gott bauend in den Tag hinein, wir sitzen am Meer und warten auf den günstigen Wind. Es ist ein Glück, daß er noch nicht bei der Flugmaschine angelangt ist, sonst, wären wir ganz verloren: wenn er sich in seine Mechanik vergräbt, bekommen wir ihn überhaupt nicht zu sehen!

 

Ich habe folgendes bemerkt: so oft er nach vielen Ausreden und langem Zweifeln und Schwanken schließlich doch den Pinsel ergreift und ans Werk geht, so überfällt ihn ein der Angst ähnliches Gefühl. Er ist nie mit seiner Arbeit zufrieden. In Werken, die den andern als Gipfel der Vollkommenheit erscheinen, findet er stets Fehler. Er strebt nach dem höchsten, nach dem Unerreichbaren, nach dem, was die menschliche Hand, wie unendlich hoch auch ihre Kunst sei, nie auszudrücken vermag. Dies ist der Grund, warum er seine Werke nie vollendet.

 

Heute kam zu uns ein jüdischer Pferdehändler. Der Meister wollte ihm einen braunen Hengst abkaufen. Der Jude bemühte sich ihn zu überreden, mit dem Hengst auch eine Stute zu kaufen; er flehte, schwatzte und mühte sich so lange, bis der Meister, der Pferdeliebhaber und Kenner ist, lachend nachgab und sich mit der Stute betrügen ließ, nur um den Juden los zu werden. Ich sah und hörte zu und staunte.

»Warum staunst du so?« fragte mich später Cesare. »Er ist immer so: er läßt sich stets vom ersten Besten ausbeuten. In keiner Sache ist auf ihn Verlaß. Er kann nie einen festen Entschluß fassen. Alles ist bei ihm zweideutig: ja, oder nein, wie man es eben auslegen will. Wie der Wind gerade weht. Nichts Festes ist an ihm und nichts Männliches. Er ist immer weich, schwankend und umstimmbar, als ob er kein Rückgrat hätte und erscheint, trotz seiner Kraft, schwächlich. Im Spiele biegt er Hufeisen zusammen und erfindet Hebel, um das Taufbecken in San-Giovanni wie ein Spatzennest in die Luft zu heben; wenn es sich aber um eine wirkliche Tat handelt, die Willensstärke erfordert, so kann er sich nicht entschließen, einen Strohhalm aufzuheben oder einem Marienkäfer Leid anzutun! ...«

Cesare schimpfte noch lange, wobei er offenbar übertrieb und sogar verleumdete. Ich fühlte aber, daß seine Worte neben vielen Lügen auch manches Wahre enthielten.

 

Andrea Salaina ist erkrankt. Der Meister pflegt ihn und verbringt ganze Nächte wachend an seinem Bette, von Arzneien will er nichts hören. Marco d'Oggione brachte dem Kranken Pillen. Als Leonardo sie entdeckte, warf er sie zum Fenster hinaus.

Als Andrea selbst schüchtern die Meinung äußerte, daß ein Aderlaß wohl von Nutzen wäre, – er kenne auch einen Barbier, der sich gut darauf verstehe, – wurde Leonardo ernstlich böse. Er schimpfte arg auf alle Ärzte und sagte u. a.:

»Denke nicht daran, wie du deine Krankheiten heilen sollst, sondern daran, wie du dir deine Gesundheit erhalten kannst. Das Letztere erreichst du am besten, wenn du den Ärzten aus dem Wege gehst; denn ihre Arzneien gleichen den unsinnigen Mixturen der Alchimisten.«

Mit einem gutmütigen verschmitzten Lächeln fügte er hinzu:

»Wie sollten diese Betrüger nicht reich werden, wenn jeder Mensch nur zu dem einzigen Zweck Reichtümer ansammelt, um sein Geld später den Ärzten – diesen Zerstörern des menschlichen Lebens, weggeben zu können!«

 

Der Meister unterhält den Kranken mit komischen Erzählungen, Parabeln und Rätseln, die Salaino besonders liebt. Ich sehe und höre zu und komme nicht aus dem Staunen über den Meister: wie lustig er doch ist!

Hier sind einige von seinen Rätseln:

»Die Menschen verprügeln das, dem sie ihr Dasein verdanken.«

– Das Dreschen des Getreides.

»Die Wälder zeugen Kinder, die ihre eigenen Eltern vernichten.«

– Holzgriffe der Äxte.

»Tierfelle zwingen die Menschen, das Schweigen zu brechen, zu fluchen und zu schreien.« – Das Spiel mit Lederbällen.

Nach den langen Stunden, die er im Entwerfen von Feldgeschützen, in mathematischen Rechnungen und in der Arbeit am Heiligen Abendmahl verbringt, vergnügt er sich wie ein Kind mit diesen Rätseln. Er notiert sie sich in seinen Arbeitsheften neben den Skizzen zu großen zukünftigen Werken und neben den von ihm entdeckten Naturgesetzen.

 

Er erfand und zeichnete mit vieler Mühe eine sonderbare, komplizierte Allegorie zur Verherrlichung der Freigebigkeit des Herzogs: Moro, in Gestalt einer Fortuna, nimmt einen Jüngling in seinen Schutz, der von einer schrecklichen Parze, welche die Züge der »Spinne« trägt, entflieht; er bedeckt ihn mit seinem Mantel und droht der schrecklichen Göttin mit seinem goldenen Szepter. Der Herzog ist mit der Zeichnung sehr zufrieden und will sie von Leonardo in Farben, als Wandgemälde für einen Saal im Schlosse wiederholen lassen. Diese Allegorien sind jetzt bei Hofe Mode. Ich glaube, sie haben da größeren Erfolg, als alle anderen Werke des Meisters. Damen, Ritter und Würdenträger bestürmen ihn mit ihren Bitten um ähnliche tiefsinnige allegorische Bildchen.

Für die Gräfin Cecilia Bergamini, eine der beiden Haupt-Maitressen des Herzogs, zeichnete er eine Allegorie des Neids: eine gebrechliche Alte mit hängenden Brüsten, mit einem Leopardenfell als Mantel und einem mit vergifteten Zungen gefüllten Köcher hinter den Schultern reitet auf einem menschlichen Gerippe, und trägt einen mit Schlangen gefüllten Becher in der Hand.

Er mußte dann auch eine Allegorie über das gleiche Thema für die andere Maitresse des Herzogs – Lucrezia Crivelli, zeichnen, damit diese sich nicht benachteiligt fühle: der Ast eines Nußbaumes wird mit Stöcken geschlagen und geschüttelt gerade zu jener Zeit, als seine Früchte vollkommen reif werden. Eine neben der Zeichnung angebrachte Inschrift lautet: »Für Wohltaten.«

Schließlich mußte er auch für die Gattin des Herzogs, die durchlauchtigste Madonna Beatrice, eine Allegorie des Undankes erfinden: ein Mensch bläst bei Sonnenaufgang die Kerze aus, die ihm in der Nacht diente.

Jetzt hat der arme Meister bei Tag und Nacht keine Ruhe: jeden Augenblick kommen Briefchen von Damen, Aufträge und Bitten. Er weiß nicht mehr, wie er sie los werden soll.

Cesare sagt gehässig: »Alle diese dummen Rittersprüche und süßlichen Allegorien geziemen wohl einem höfischen Speichellecker, aber nicht einem Künstler wie Leonardo. Es ist eine Schande!« Ich glaube, er ist im Unrecht. Der Meister denkt gar nicht daran, irgendwelche Ehren zu erlangen. Die Allegorien sind für ihn nur Zeitvertreib, wie seine Rätselspiele und mathematischen Sätze, wie das göttliche Lächeln der heiligen Jungfrau und das Ornament aus verknüpften Schnüren.

 

Er hat seit langer Zeit ein Buch von der Malerei«, »Trattato della Pittura«begonnen; er hat es aber, wie es seine Gewohnheit ist, nicht vollendet und Gott allein weiß, ob er es je vollenden wird. In der letzten Zeit beschäftigte er sich viel damit, mir die Luft- und Linearperspektive und die Gesetze von Licht und Schatten beizubringen; er zitierte dabei verschiedene Stellen aus seinem Buche und einzelne Gedanken über Kunst. Ich zeichne hier alles auf, was ich mir davon gemerkt habe.

Der Herr vergelte dem Meister die Liebe und Weisheit, mit der er mich auf den hehren Pfaden dieser edelsten Wissenschaft leitet! Derjenige, dem diese Blätter einmal in die Hände kommen, möge in sein Gebet das Seelenheil des demütigen Knechtes Gottes und unwürdigen Schülers Giovanni Beltraffio und das Seelenheil des großen Florentiner Meisters Leonardo da Vinci einschließen!

 

Der Meister sagte: »Das Schöne im Menschen vergeht, das Schöne in der Kunst aber nie.«

 

»Wer die Malerei verachtet, der verachtet die philosophisch vertiefte Betrachtung der Welt, denn die Malerei ist ein legitimes Kind, oder richtiger – Enkelkind der Natur. Alles was ist, wurde von der Natur gezeugt, und hat seinerseits die Kunst der Malerei geboren. Darum sage ich: Die Malerei ist ein Enkelkind der Natur und mit Gott verwandt. Wer die Malerei beschimpft, der beschimpft auch die Natur.«

 

»Der Maler soll allumfassend sein. Maler, deine Vielseitigkeit sei ebenso unendlich, wie die Mannigfaltigkeit der Naturerscheinungen! Indem du das von Gott begonnene Werk fortführst, sei bestrebt, die ewigen Schöpfungen Gottes, und nicht die Werte von Menschenhand zu vermehren. Ahme nie und niemandem nach. Jedes deiner Werke sei wie eine neue Naturerscheinung.«

 

»Wer die grundlegenden allgemeinen Gesetze der Naturerscheinungen kennt und wissend ist, der kann leicht allumfassend sein, denn alle Körper, – die menschlichen wie die tierischen – sehen sich in ihrem Baue ähnlich.«

 

»Sei auf der Hut, daß Geldgier nicht deine Liebe zur Kunst ersticke. Denke daran, daß der Erwerb von Ruhm größer ist, als der Ruhm des Erwerbes. Der Ruhm der Reichen stirbt mit ihnen zugleich, der Ruhm der Weisen vergeht aber nie, denn Weisheit und Wissenschaft sind eheliche Kinder ihrer Eltern, das Geld aber ist ein Bastard. Liebe den Ruhm und fürchte dich nicht vor Armut. Bedenke, daß viele Philosophen, die in Reichtum geboren waren, in freiwilliger Armut lebten, um ihre Seelen nicht durch Geld zu beschmutzen.«

 

»Die Wissenschaft verjüngt die Seele und versüßt die Bitterkeit des Alters. Sammle Weisheit, sammle süße Speise für dein Alter!«

 

»Ich kenne Maler, die ihre Bilder schamlos, zum Ergötzen des Pöbels mit Gold und Lazurblau anmalen und frech behaupten, daß sie wie die größten Meister malen könnten, wenn man ihnen höhere Preise zahlte.

O diese Narren! Wer hindert sie daran, ein herrliches Werk zu schaffen und dann zu erklären: dieses Bild da kostet so und soviel; dieses ist billiger und jenes ist Marktware; nur so wäre der Beweis erbracht, daß sie für jeden Preis arbeiten können.«

 

»Oft erniedrigt die Geldgier auch gute Meister zum Handwerk. So hat mein Landsmann und Kollege, der Florentiner Perugino, eine solche Fertigkeit in rascher Erledigung von Aufträgen erreicht, daß er einmal seiner Frau, die ihn zum Mittagessen holte, von seinem Malgerüst herunterrufen konnte: »Trage die Suppe auf, ich werde inzwischen noch einen Heiligen malen.«

 

»Ein Künstler, der nie zweifelt, kann nur Geringes erreichen. Wohl dir, wenn dein Werk besser ist, als du es einschätzest; schlimm, wenn es deiner Schätzung entspricht; doch wehe dir, wenn es schlechter als diese ist; letzteres ist bei allen denen der Fall, die sich wundern, daß Gott ihnen zu einer solchen Vollkommenheit verhalf.«

 

»Höre alle Meinungen, die über dein Bild geäußert werden, geduldig an und erwäge, ob diejenigen, die dir Vorwürfe machen oder Fehler finden, im Rechte sind; wenn sie Recht haben – beseitige die Fehler, wenn nicht, – so stelle dich so, als ob du nichts gehört hattest; suche nur solchen Leuten, die Beachtung verdienen, zu beweisen, daß sie sich irren.«

»Das Urteil des Feindes ist oft richtiger und nützlicher, als das des Freundes. Der Haß ist in den Menschen viel tiefer als die Liebe. Der Blick des Hassenden geht tiefer, als der Blick des Liebenden. Der echte Freund ist wie du selbst. Aber der Feind ist von dir verschieden und darin liegt seine Stärke. Der Haß beleuchtet vieles, was der Liebe verborgen ist. Denke daran und mißachte nie den Tadel der Feinde.«

 

»Grelle Farben bestechen den Pöbel. Der wahre Künstler wendet sich nicht an den Pöbel, sondern an die Auserwählten. Er suche sein Ziel und seinen Stolz nicht in der Leuchtkraft der Farben, sondern darin, daß in seinem Bilde gleichsam ein Wunder geschehe: durch Schatten und Licht wird das Flache erhaben, wer die Schatten gering schätzt und sie den Farben opfert, gleicht einem Schwätzer, der seinen leeren und hochtrabenden Worten den Sinn der Rede opfert.«

 

»Vermeide vor allem rohe Umrisse. Die Schatten an einem jungen und zarten Körper sollen nicht tot und starr umrissen werden, sondern leicht, kaum sichtbar und durchsichtig wie die Luft. Denn der menschliche Körper ist durchsichtig, wovon du dich überzeugen kannst, wenn du deine Finger gegen die Sonne hältst. Ein zu grelles Licht gibt keine schönen Schatten, vermeide das grelle Licht. Merke dir, wie schön und zart die Gesichter von Männern und Frauen erscheinen, die in der Dämmerung oder an trüben Tagen, wenn die Sonne sich hinter Wolken verbirgt, in schattigen Straßen, zwischen dunklen Hausmauern vorbeigehen. Dies ist das vollkommenste Licht. Du mußt die Schatten so malen, daß sie sich ganz allmählich im Lichte verlieren, wie Rauch verschwinden, wie Töne einer leisen Musik verklingen. Merke dir: zwischen Licht und Schatten gibt es noch eine Mitte, etwas Zwiespältiges, das beiden eigen ist, gleichsam ein lichter Schatten oder ein dunkles Licht, suche gerade dieses Dazwischenliegende, denn in ihm liegt das Geheimnis der vollkommensten Schönheit!«

So sprach er, und wiederholte mit erhobener Hand und mit einem unbeschreiblichen Ausdruck die Worte, die er wohl unverwischbar unserm Gedächtnisse einprägen wollte:

»Vermeidet alles Rohe und Grelle! Eure Schatten sollen schmelzen, wie Rauch, wie Töne einer fernen Musik!«

Cesare, der aufmerksam zugehört hatte, lächelte, blickte Leonardo an und wollte etwas einwenden, zog aber vor, zu schweigen.

 

Eine Weile später machte der Meister in einem Gespräch über ein anderes Thema die Bemerkung:

»Die Lüge ist so verächtlich, daß sie selbst den Herrn beleidigt, wenn sie ihn verherrlicht. Die Wahrheit ist so schön, daß ihr Lob selbst die geringsten Dinge veredelt. Zwischen Wahrheit und Lüge ist der gleiche Unterschied, wie zwischen Licht und Schatten.«

Cesare ging etwas durch den Kopf. Er blickte den Meister forschend an und sagte:

»Der gleiche Unterschied, wie zwischen Licht und Schatten? Ihr habt doch, Meister, selbst soeben behauptet, daß es zwischen Licht und Schatten noch eine Mitte gäbe, etwas Zwiefältiges, was beiden eigen ist, wie ein lichter Schatten oder ein dunkles Licht! Folglich auch zwischen Wahrheit und Lüge ... Aber nein! Es kann ja nicht sein ... Meister, Euer Vergleich gereicht meinem Geiste zu einem Ärgernis: denn ein Künstler, der in der Verschmelzung von Licht und Schatten die vollendete Schönheit sucht, wäre imstande zu fragen, ob nicht auch Wahrheit und Lüge ebenso ineinandergehen, wie Licht und Schatten ...«

Leonardo machte zuerst ein finsteres Gesicht, als hätten ihn die Worte des Schülers in Erstaunen gesetzt, oder sogar erzürnt. Dann lachte er aber und sagte:

»Versuche mich nicht! Heb dich weg von mir, Satan!«

Ich hatte eine andere Antwort erwartet und glaube, daß die Worte Cesares wohl eine ernsthaftere Antwort verdienten als einen leichtsinnigen Scherz. Mich haben sie wenigstens zu vielen qualvollen Gedanken angeregt.

 

Heute abend sah ich ihn in strömendem Regen in einer schmalen, schmutzigen und stinkenden Gasse stehen und eine anscheinend ganz uninteressante, fleckige, verschimmelte Mauer betrachten. Er stand lange Zeit so. Die Gassenjungen zeigten auf ihn mit den Fingern und lachten. Ich fragte, was er an dieser Wand gefunden hätte.

»Sieh nur her, Giovanni, was für ein herrliches Ungeheuer – eine Chimäre mit offenem Rachen! Und daneben – ein Engel mit zartem Antlitz und wehenden Locken, der vor dem Ungeheuer flieht! Die Laune des Zufalls schuf hier Gestalten, die eines großen Meisters würdig sind.«

Er bezeichnete mit dem Finger die Umrisse der Flecken, da sah ich, zu meinem großen Erstaunen, jene Dinge, von denen er sprach.

»Mancher wird vielleicht solche Wahrnehmungen albern finden,« fuhr der Meister fort, »aber ich weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr sie den Geist zu Entdeckungen und Erfindungen anregen, Auf Mauern, in Zusammensetzungen verschiedener Steine, in Mauersprüngen, in den Mustern des Schimmels auf stehendem Wasser, in sich mit Asche überziehenden, verglimmenden Kohlen und in den Umrissen von Wolken habe ich schon oft herrliche Landschaften mit Bergen, Felsen, Flüssen, Tälern und Bäumen, auch fabelhafte Schlachten, merkwürdige Gesichter von unbeschreiblicher Schönheit, interessante Teufel und Ungeheuer und noch viele andere wunderbare Bilder gesehen. Ich wählte mir die nötigen Umrisse und vollendete sie zu Bildern. So kannst du aus einem fernen Glockengeläute jedes beliebige Wort, das dir gerade einfällt, heraushören.«

 

Er vergleicht die Runzeln, die von den Gesichtsmuskeln bei Lachen und Weinen erzeugt werden. An den Augen, Wangen und am Munde ist ein Unterschied nicht wahrzunehmen. Der Weinende hebt und vereinigt die Augenbrauen, runzelt die Stirne und senkt die Mundwinkel, während der Lachende die Augenbrauen weit auseinander zieht und die Mundwinkel hebt.

Er schloß diese Feststellung mit den Worten:

»Sei bestrebt, stumm und ruhig zuzuschauen, wie Menschen lachen und weinen, hassen und lieben, vor Schreck erblassen und vor Schmerz schreien; betrachte, lerne, forsche und beobachte, um die verschiedenen Gesichtsausdrücke bei allen menschlichen Gemütsbewegungen kennen zu lernen.«

Cesare erzählte mir, daß der Meister gerne die zum Tode Verurteilten auf ihrem letzten Gang begleite, um an ihren Gesichtern alle Abstufungen von Qual und Angst zu studieren; selbst die Henker wundern sich über die Neugier, mit der er die letzten Muskelzuckungen der Hingerichteten verfolgt.

»Du kannst dir gar keinen Begriff davon machen, Giovanni, was er für ein Mensch ist!« schloß Cesare mit einem bittern Lächeln seine Erzählung. »Er hebt einen Wurm vom Wege auf und setzt ihn auf ein Blatt, um ihn nicht zu zertreten. Wenn er aber in der Stimmung ist, kann er ruhig zusehen, wie ein Mensch, und wenn es auch seine Mutter wäre, weint und beobachten, wie sich die Brauen zusammenziehen, wie die Stirne Falten bildet und wie sich die Mundwinkel senken.«

 

Der Meister sagte: »Lerne von den Taubstummen ausdrucksvolle Bewegungen.«

 

»Wenn du Menschen beobachtest, so tu es so, daß sie es nicht merken: dann sind ihre Bewegungen, ihr Lachen und Weinen viel natürlicher.«

 

»Die Mannigfaltigkeit der menschlichen Bewegungen ist ebenso unendlich, wie die Mannigfaltigkeit der menschlichen Gefühle. Das höchste Ziel der Malerei ist, in den Gesichtsausdrücken und Körperbewegungen die seelischen Leidenschaften zum Ausdruck zu bringen.«

»Merke dir: die von dir dargestellten Gesichter müssen so viel Gefühl ausdrücken, daß die Betrachter die Überzeugung gewinnen, dein Bild könnte selbst Tote zum Weinen oder Lachen bringen.«

»Wenn der Maler etwas Schreckliches, Trauriges oder Komisches darstellt, so muß das Gefühl, welches das Bild beim Betrachter auslöst, ihn zu entsprechenden Bewegungen zwingen, als ob er selbst an der dargestellten Handlung beteiligt sei. Wenn du dies nicht erreicht hast, so wisse, Künstler, daß alle deine Anstrengungen umsonst waren.«

»Ein Meister mit knochigen, knotigen Händen zeichnet mit Vorliebe Menschen mit knochigen, knotigen Händen; dasselbe gilt auch für alle anderen Körperteile, denn jeder Mensch bevorzugt solche Gesichter und Körper, die seinem eigenen Gesicht und Körper gleichen. Daher wählt ein Maler, der häßlich ist, für seine Darstellungen häßliche Gestalten und umgekehrt. Sei darauf bedacht daß die von dir dargestellten Männer und Frauen weder in ihrer Schönheit, noch in ihrer Häßlichkeit als Zwillingsbrüder und Schwestern erscheinen; dieser Fehler ist vielen italienischen Malern eigen. Denn der gefährlichste und verräterischste Fehler in der Malerei ist die Nachahmung des eigenen Körpers. Ich erkläre es mir damit, daß die Seele die Bildnerin ihres Körpers ist; sie hat ihn vor Zeiten nach ihrem eigenen Ebenbilde geschaffen und gebaut, und wenn sie jetzt mittels Pinsel und Farben einen neuen Körper schaffen soll, so wiederholt sie mit Vorliebe jene Gestalt, die sie einst selbst angenommen hat.«

 

»Strebe danach, daß dein Werk den Betrachter nicht abstößt wie kalte Winterluft einen eben vom Bette Aufgestandenen, sondern daß es ihn anzieht, wie die angenehme Frische eines Sommermorgens, die den Schlafenden aus seinem Bette lockt.«

 

Hier ist die Geschichte der Malerei, wie sie der Meister in wenigen Worten erzählte:

»Nach dem römischen Zeitalter begannen die Künstler einander nachzuahmen und die Kunst geriet für viele Jahrhunderte in Verfall. Da kam aber der Florentiner Giotto, der sich nicht damit begnügen wollte, seinen Lehrer Cimabue nachzuahmen. Er war zwischen Bergen und Steppen, in denen nur Ziegen und ähnliche Tiere wohnen, aufgewachsen und da ihn die Natur selbst auf die Malerei gebracht hatte, zeichnete er auf Steinen die Bewegungen der Ziegen, die er hütete, und aller Tiere, die in seinem Lande wohnten; endlich, nach langen Studien kam es so weit, daß er nicht nur alle Meister seiner Zeit, sondern auch die vergangener Zeiten übertraf. Nach Giotto kam die Kunst der Malerei wieder in Verfall, denn jeder malte wieder nach fertigen Vorlagen. Dies dauerte Jahrhunderte, bis der Florentiner Tommaso, genannt Masaccio, mit seinen vollendeten Werken zeigte, wieviel Kraft jene Künstler vergeuden, die andere Vorlagen als die Natur, die Lehrmeisterin aller Meister, zum Vorbild nehmen.«

»Das erste Kunstwerk war die Linie, die jemand um den von der Sonne auf eine Wand geworfenen Schatten eines Menschen gezogen hatte.«

 

Er sprach davon, wie der Künstler die Kompositionen zu seinen Bildern entwerfen soll, und führte uns als Beispiel die von ihm geplante Darstellung der Sintflut an:

»Von Blitzen erleuchtete Wirbel und Wasserstrudel. Von einer Wasserhose fortgerissene Äste riesengroßer Eichen, an die sich Menschen festklammern. Schwimmende Trümmer von Hausgeräten, auf denen sich Menschen zu retten suchen. Herden von Vierfüßlern auf Hochebenen, von allen Seiten von Wasser bedroht; die Tiere steigen aufeinander, erdrücken und zerstampfen einander. Ein Haufen von Menschen, die den letzten Flecken Erde mit Waffen gegen Raubtiere verteidigen; die einen ringen die Hände und beißen sie so, daß Blut fließt, andere halten sich die Ohren zu, um das Gedröhne der Donner nicht zu hören, während andere die Augen schließen und noch obendrein beide Hände übereinanderlegen und sie so gegen die Augenlider pressen, um den nahenden Tod nicht zu sehen. Andere begehen Selbstmord: sie erdrosseln sich, erstechen sich mit den Schwertern, oder springen von den Klippen in die Flut. Mütter ergreifen, Gott verfluchend, ihre Kinder, und zerschellen ihre Köpfe an den Felsen. Verwesende Leichen schwimmen auf der Oberfläche; sie stoßen zusammen und prallen voneinander ab, wie mit Luft gefüllte Bälle. Vögel lassen sich auf den Leichen nieder, oder fallen erschöpft auf die noch lebenden Menschen und Tiere herab, da sie keinen andern Platz zum Ausruhen finden können.«

Von Salaino und Marco hörte ich, daß Leonardo im Laufe vieler Jahre Reisende und alle anderen Leute, die Wasserhosen, Überschwemmungen, Orkane, Felsstürze und Erdbeben gesehen hatten, ausgefragt und sich so eine genaue Vorstellung von allen Einzelheiten verschafft hätte. Er sammelte sie wie ein Gelehrter Strich auf Strich, Beobachtung auf Beobachtung zur Komposition des Bildes, das er wohl nie ausführen wird. Ich weiß noch, daß mich, als ich seiner Beschreibung der Sintflut lauschte, das gleiche Gefühl gefangen nahm, wie beim Anblicke seiner Teufelsfratzen und Ungeheuer: nämlich ein Grauen, das mich anzog.

Worüber ich noch besonders staunte: Der Meister schien, während er seinen schrecklichen Entwurf beschrieb, ruhig und leidenschaftslos.

Als er von den sich im Wasser spiegelnden Blitzen sprach, sagte er: »In den vom Zuschauer entfernteren Wellen müssen mehr Spiegelungen der Blitze sein, als in den näheren; denn so erheischt es das Gesetz von der Spiegelung des Lichts in glatten Flächen.«

Als er von den Leichen, die im Wasserstrudel gegeneinander prallen, sprach, bemerkte er: »Wenn du solche Zusammenstöße darstellst, so vergiß nicht das Gesetz der Mechanik, wonach der Winkel des Anpralles dem Winkel des Abpralles gleich ist.«

Ich mußte unwillkürlich lächeln und dachte: »In dieser Ermahnung steckt der ganze Leonardo!«

 

Der Meister sagte:

»Nicht die Erfahrung, die Mutter aller Wissenschaften und Künste, betrügt die Menschen, sondern die Einbildung, die das verspricht, was die Erfahrung nie zu geben vermag. Die Erfahrung ist unschuldig, aber unsere unsinnigen, eiteln Wünsche sind verbrecherisch. Indem die Erfahrung Lüge von Wahrheit scheidet, lehrt sie uns, nur nach dem Erreichbaren zu streben und nicht, aus Unwissenheit, Unerreichbares zu wollen; so bewahrt sie uns vor Verzweiflung, die betrogenen Hoffnungen folgt.«

Cesare erinnerte mich später, als wir beide allein waren, an diese Worte und bemerkte, gleichsam angeekelt:

»Wieder Lüge und Verstellung!«

»Wo siehst du denn hier Lüge, Cesare?« fragte ich erstaunt. »Ich glaube, daß der Meister ...«

»Nicht nach dem Unmöglichen streben, auf das Unerreichbare verzichten!« fuhr Cesare fort, ohne auf mich zu hören. – »Vielleicht wird sich jemand finden, der es ihm glaubt. Ich bin aber nicht so dumm, mir soll er nicht mit solchen Dingen kommen! Ich durchschaue ihn ja ...«

»Was siehst du denn an ihm, Cesare?«

»Daß er sein ganzes Leben lang nach Unmöglichem strebte und Unerreichbares wollte. Du wirst es doch selbst einsehen: Wenn einer Maschinen erfindet, um wie ein Vogel durch die Luft zu fliegen oder wie ein Fisch im Wasser zu schwimmen, strebt der nicht nach Unmöglichem? Und das Grauen der Sintflut, die märchenhaften Ungeheuer auf einer verschimmelten Wand und die märchenhafte Schönheit seiner göttlichen, engelsgleichen Gestalten, hat er sie denn aus seiner Erfahrung geschöpft, aus seinen mathematischen Nasentabellen, oder aus dem Farben-Meßlöffel? ... Warum betrügt er dann sich und die andern, warum lügt er? Er braucht die Mechanik zu einem Wunder: um auf Flügeln in den Himmel zu fliegen, um die natürlichen Kräfte gegen die menschliche Natur und gegen die Naturgesetze anzuwenden und sie zu überwinden, ganz gleich wohin das führen sollte, zu Gott oder zum Teufel, jedenfalls aber zum Unbekannten und Unmöglichen! Einen richtigen Glauben hat er wohl nicht, aber eine unersättliche Neugier; je weniger er glaubt, um so neugieriger ist er: seine Neugier ist wie eine unstillbare Wolllust, wie Kohlenglut, die man durch nichts löschen kann, weder mit Wissen, noch mit Erfahrung!«

Cesares Worte erfüllten meine Seele mit Angst und Unruhe. Ich muß immer an sie denken und will und kann sie nicht vergessen.

Heute sagte mir der Meister, als ob er meine Zweifel errate:

»Geringes Wissen macht die Menschen hochmütig, großes Wissen macht sie demütig. So heben die leeren Ähren ihre Köpfe stolz zum Himmel, die vollen beugen sie aber zur Erde, die ihre Mutter ist.«

»Meister, warum heißt es dann,« fragte Cesare mit seinem gewöhnlichen prüfenden und beißenden Lächeln, – »warum heißt es dann, daß das große Wissen, welches der leuchtendste der Cherubim – Lucifer besaß, ihn nicht demütig, sondern hochmütig machte, wofür er auch in die Hölle gestürzt wurde?«

Leonardo gab darauf keine Antwort, aber nach einer Weile erzählte er uns die Parabel:

»Ein Wassertropfen wollte einst in den Himmel steigen. Mit Hilfe des Feuers flog er als feiner Dampf auf. In der Höhe begegnete er aber dünner und kalter Luft; da verdichtete er sich und wurde schwer, sein Hochmut verwandelte sich in Schrecken. Der Tropfen fiel als Regen nieder. Die trockene Erde sog ihn ein. Und lange Zeit mußte das Wasser im unterirdischen Kerker seine Sünde büßen.«

 

Ich glaube, daß man ihn um so weniger kennt, je länger man mit ihm lebt. Heute vergnügte er sich wieder wie ein Kind. Und was für Scherze ihm immer einfallen! Ich saß abends oben in meiner Klause und las mein Lieblingsbuch: »Der Blütenkranz des heiligen Franziscus«. Plötzlich hörte ich unsere Köchin Maturina durch das ganze Haus schreien:

»Es brennt! Es brennt! Zu Hilfe! Feuer!«

Ich lief hinunter und erschrak, denn die Werkstatt war in dichten Rauch gehüllt. Der Meister stand von einer blauen Flamme wie von einem Blitz beleuchtet und in Rauchwolken gehüllt, wie ein alter Magier da und blickte lustig lachend auf Maturina, die vor Schreck ganz blaß war und mit den Armen fuchtelte, und auf Marco, der mit zwei Wassereimern herbeigestürzt kam; er hätte das Wasser wohl über den Tisch gegossen, ohne die herumliegenden Zeichnungen und Handschriften zu schonen, wenn der Meister ihm nicht zugerufen hätte, daß alles nur Scherz sei. Da gewahrten wir erst, daß der Rauch und die Flamme von einer glühenden Kupferpfanne kamen, die ein weißes Pulver – ein Gemenge aus Weihrauch und Kolophonium – enthielt; diese Mischung hatte er zur Veranstaltung von Scheinfeuerbrünsten zu Vergnügungszwecken erfunden. Ich weiß nicht, wer größere Freude an diesem Streiche gehabt hat: sein treuer Spielkamerad, der kleine Schelm Jacopo, oder Leonardo selbst. Wie herzlich hat er über Maturinas Angst und über Marcos Löscheimer gelacht! Bei Gott! Wer so lacht, der kann unmöglich ein schlechter Mensch sein!

Doch hat er sich bei all dem Gelächter und der Heiterkeit nicht die Gelegenheit entgehen lassen, die Runzeln und Hautfalten, welche die Angst auf Maturinas Gesicht hervorgerufen hatte, zu beobachten.

 

Er spricht fast nie von Frauen. Nur einmal ließ er die Bemerkung fallen, daß die Menschen sie ebenso grausam behandeln wie die Tiere. Die jetzt in Mode gekommene platonische Liebe verlacht er. Einem verliebten Jüngling, der ein weinerliches Sonett in der Art Petrarcas rezitierte, antwortete er mit drei Versen, wohl den einzigen, die er in seinem Leben gemacht hat:

S'el Petrarca amò forte il lauro, –
E perchè gli è bon fralla salsiccia e tordo.
I'non posso di lor ciancie far tesauro.

»Wenn Petrarca den Lorbeer (=Laura) so sehr liebte, so kam es wohl daher, daß Lorbeerblätter einen guten Zusatz zu Würsten und Krametsvögeln geben. Ich kann mich für solche Dummheiten nicht begeistern.«

Cesare behauptet, Leonardo habe sich in seinem Leben so viel mit Mechanik und Geometrie abgegeben, daß ihm für die Liebe keine Zeit übrig blieb; doch sei er wohl kaum jungfräulich, denn wenigstens einmal müsse er sich mit einem Weibe vereinigt haben, wenn auch nicht zum Genuß, wie die gewöhnlichen Sterblichen, so doch wenigstens zu wissenschaftlichen und anatomischen Forschungen; an das Mysterium der Liebe sei er wohl mit der gleichen mathematischen Genauigkeit und ebenso leidenschaftslos herangetreten, wie an alle anderen Naturerscheinungen.

 

Zuweilen glaube ich, daß ich mit Cesare eigentlich nie über ihn sprechen sollte. Wir belauschen und beobachten ihn wie Spione. Cesare empfindet eine boshafte Freude, so oft es ihm gelingt, einen neuen Schatten auf den Meister zu werfen, was will er doch von mir, warum vergiftet er meine Seele? Wir besuchen jetzt öfters eine kleine elende Kneipe neben dem Catarana-Zollhause, hinter dem Vercellina-Tore. Wir sitzen da bei einer halben Brenta billigen sauren Weines, unter fluchenden Bootsleuten, die mit schmierigen Karten spielen, und tuscheln wie Verräter.

Heute fragte mich Cesare, ob es mir bekannt sei, daß gegen Leonardo in Florenz die Anklage wegen Sodomie erhoben worden sei. Ich traute meinen Ohren nicht und glaubte, daß Cesare betrunken sei oder phantasiere. Aber er erklärte mir die Sache ausführlich und genau.

Im Jahre 1476 – Leonardo war damals 24 Jahre alt und sein Lehrer, der berühmte Florentiner Meister Andrea Verrocchio 40 Jahre – wurde in eine jener Holztrommeln – » tamburi«, – die an den Säulen der Florentiner Kirchen, hauptsächlich am Dome Maria del Fiore hängen, eine anonyme Anzeige gegen Leonardo und Verrocchio wegen Päderastie geworfen. Am 9. April des gleichen Jahres wurde die Sache von den Nacht- und Klosteraufsehern – Ufficiali di notte e monasteri– untersucht; beide Angeklagte wurden freigesprochen und zwar mit der Bedingung, daß bei einer neuen Anzeige die Sache wieder verhandelt werde – assoluti cum conditione, ut retamburentur; nach einer neuen Anzeige wurden sie am 9. Juni endgiltig freigesprochen. Dies ist alles, was man von der Sache weiß. Leonardo verließ bald darauf die Werkstatt Verrocchios und zog aus Florenz nach Mailand.

»Alles ist natürlich schändliche Verleumdung!« schloß Cesare mit einem ironischen Ausdruck in den Augen seine Rede. »Du weißt zwar noch nicht, Giovanni, wieviel Widersprüche in seinem Herzen wohnen. Es ist ein Labyrinth, in dem der Teufel selbst nicht Bescheid weiß. Da wimmelt es von Rätseln und Geheimnissen! Einerseits ist er vielleicht wirklich jungfräulich, aber andererseits ...«

Ich fühlte plötzlich all mein Blut zum Herzen strömen ... ich sprang auf und schrie:

»Wie unterstehst du dich, Schurke!«

»Was hast du denn? Ich bitte dich ... Gut, ich werde nie wieder davon sprechen. Beruhige dich. Ich hatte wirklich nicht erwartet, daß du es so ernst nehmen würdest ...«

»Was nehme ich ernst? Was? Sag mir alles, aber ehrlich und offen!«

»Unsinn! Wozu die Aufregung? Es hat ja keinen Sinn, wenn solche Freunde wie wir wegen einer Dummheit in Streit geraten. Auf dein Wohl! In vino veritas ...«

Wir tranken und sprachen weiter.

Nein, nein, genug! Nicht mehr daran denken! Dies war das letzte Mal, ich will nie wieder mit ihm über den Meister sprechen. Er ist nicht nur sein Feind, sondern auch mein Feind. Er ist ein schlechter Mensch.

Es ekelt mich, ich weiß nicht, ob es vom Weine kommt, den wir in der verfluchten Kneipe getrunken haben, oder von unsern Gesprächen. Es ist eine Schande, welche gemeine Freude manche Menschen daran haben, einen Großen zu erniedrigen.

 

Der Meister sagte:

»Künstler, deine Kraft ist in der Einsamkeit. Bist du allein, so gehörst du nur dir; bist du aber mit einem Freund zusammen, so gehörst du dir nur halb, oder noch weniger, je nach der Unbescheidenheit deines Freundes. Hast du aber mehrere Freunde, so ist das Unglück noch größer. Wenn du sagst, ich will mich von euch abwenden und allein sein, um mich mit größerer Freiheit der Betrachtung der Natur widmen zu können, so sage ich dir: es wird dir kaum gelingen, denn du wirst nicht die Kraft haben, um auf ihr Geschwätz nicht zu hören und auf Zerstreuung zu verzichten. Du wirst ein schlechter Freund und ein noch schlechterer Arbeiter sein, denn niemand kann zweien Herren dienen. Und wenn du einwendest: ich will so weit fortgehen, daß mich ihre Worte nicht erreichen, so sage ich dir: sie werden dich für verrückt halten und dann bleibst du allein. Wenn du aber durchaus Freunde haben willst, so wähle sie unter den Malern und den Schülern deiner Werkstatt. Jede andere Freundschaft ist gefährlich. Merke dir, Künstler: deine Kraft ist in der Einsamkeit.«

 

Jetzt verstehe ich, warum Leonardo den Frauen aus dem Wege geht: zur großen Beschaulichkeit braucht er große Freiheit.

 

Andrea Salaino klagt manchmal sehr bitter über die Langeweile unseres eintönigen einsamen Lebens und behauptet, daß bei anderen Meistern die Schüler viel lustiger leben. Er liebt Putz wie ein junges Mädchen und ist unglücklich, wenn er seine neuen Sachen niemandem zeigen kann. Er liebt Feste, Lärm, Glanz, Trubel und verliebte Blicke.

Der Meister hörte heute die Klagen und Vorwürfe seines Lieblings an. Er fuhr ihm mit seiner gewohnten Gebärde über die langen, weichen Locken und sagte mit gutmütigem Lächeln:

»Tröste dich, Kind: ich verspreche dir, daß ich dich zum nächsten Hoffest ins Schloß mitnehmen werde. – Soll ich dir jetzt eine kleine Parabel erzählen?«

»Ja, Meister!« rief Andrea freudig und setzte sich zu Leonardos Füßen.

»Auf einem Hügel über der Landstraße lag an einer Gartenmauer zwischen Bäumen, Moos, Blumen und Gräsern ein Stein. Einmal sah er unten auf der Landstraße andere Steine liegen; er bekam Lust, zu ihnen hinabzusteigen und sagte zu sich selbst: ›Was für Freude habe ich an diesen verzärtelten und vergänglichen Blumen und Gräsern? Ich ziehe es vor, unter meinen Nächsten und Brüdern, unter Steinen, die meinesgleichen sind, zu wohnen. Da rollte er auf die Landstraße hinunter, zu denjenigen, die er seine Nächsten und Brüder nannte. Hier drückten ihn aber die Räder schwer beladener Wagen und traten ihn die Hufe der Esel und Maultiere und die nagelbeschlagenen Stiefel der Fußgänger. Wenn es ihm aber manchmal gelang, sich etwas zu erheben und er wieder freier aufatmen wollte, da bedeckte ihn sofort klebriger Kot und Unrat der Tiere. Da blickte er traurig zu seinem früheren Platz, zu der einsamen Stätte an der Gartenmauer hinauf und sie erschien ihm wie ein Paradies. – So geschieht es denen, Andrea, die ihre stille Beschaulichkeit aufgeben und sich in die ewig bösen Leidenschaften der Menge stürzen.«

 

Der Meister leidet nicht, daß man Tieren und selbst Pflanzen ein Leid antut. Der Mechaniker Zoroastro da Peretola erzählte mir, daß Leonardo von seiner frühesten Jugend an kein Fleisch genieße und behaupte, daß einst alle Menschen, gleich ihm sich mit Pflanzenkost begnügen und zu der Ansicht gelangen würden, daß das Morden von Tieren ebenso verbrecherisch sei, wie Menschenmord.

Als wir einst an einem Metzgerladen am Mercato Nuovo vorbeigingen, wies er mit Abscheu auf die auf Holzgestellen hängenden Kälber, Lämmer, Ochsen und Schweine und sprach:

»Der Mensch ist wahrlich König der Schöpfung, oder richtiger – König der Tiere, denn an tierischer Roheit übertrifft er sie alle.«

Nach einer Pause fügte er mit stiller Trauer hinzu:

»Wir bauen unser Leben aus fremden Toten auf! Menschen und Tiere sind ewige Totenstätten, die einen sind die Gräber der andern, und umgekehrt ...«

»So will es das Gesetz der Natur, deren Güte und Weisheit Ihr selbst verherrlicht, Meister!« wandte Cesare ein. »Ich kann nicht begreifen, warum Ihr durch Eure Enthaltung von Fleisch das Naturgesetz verletzt, das allen Geschöpfen befiehlt, sich gegenseitig zu verzehren.«

Leonardo blickte ihn an und erwiderte ruhig:

»Die Natur hat unendliche Freude an der Erfindung neuer Formen und an der Erschaffung neuen Lebens und sie bringt sie mit größerer Schnelligkeit hervor, als sie die Zeit zu vernichten vermag; sie hat es so eingerichtet, daß die Geschöpfe einander verzehren und so für kommende Generationen Platz schaffen. Daher schickt sie auch ansteckende Krankheiten und Epidemien dorthin, wo sich die Geschöpfe zu stark vermehrt haben, vorwiegend aber zu Menschen, bei denen die Zahl der Geburten von der Zahl der Todesfälle nicht aufgewogen wird, denn sie fallen fast nie andern Tieren zum Opfer.«

So erklärt Leonardo mit einer großen Ruhe des Geistes, ohne Klage und Empörung die Naturgesetze; und doch enthält er sich jeder Nahrung, die von Lebewesen stammt und folgt also einem andern Gesetze.

 

Gestern nacht las ich wieder lange im Buche, von dem ich mich nie trenne – in dem »Blütenkranz des heiligen Franziscus«. Franziscus liebte die Tiere wie Leonardo. Zuweilen brachte er ganze Stunden statt im Gebet, in seinem Bienengarten, in Betrachtung der Bienen, die ihre Wachszellen bauten und sie mit Honig füllten, zu; so pries er die Weisheit Gottes. Einmal predigte er auf einem öden Berge das Wort Gottes den Vögeln; sie saßen in Reihen zu seinen Füßen und hörten zu; als er zu Ende war, rührten sie ihre Flügel, begannen zu zwitschern und schmiegten sich mit offenen Schnäbeln an das Kleid des Heiligen, als ob sie ihm sagen wollten, daß sie seine Predigt verstanden hätten; er segnete sie und sie flogen mit fröhlichem Schreien davon.

Lange las ich in diesem Buch. Dann schlief ich ein; durch meinen Schlaf zog ein zartes Wehen, gleichwie von vielen Taubenflügeln.

Ich erwachte früh. Die Sonne war soeben aufgegangen. Alles schlief noch. Ich ging in den Hof, um mich mit dem kalten Wasser des Brunnens zu waschen. Alles war still. Fernes Glockengeläute ließ sich wie Summen von Bienen vernehmen. Die Luft war kühl und etwas dunstig. Plötzlich hörte ich das Rauschen unzähliger Flügel, wie in meinem Traume. Ich blickte auf und gewahrte Messer Leonardo auf der Leiter eines hohen Taubenschlags.

Sein von den Sonnenstrahlen durchleuchtetes Haar umgab seinen Kopf wie mit einem Heiligenscheine und so stand er freudevoll und einsam unter dem Himmel. Ein Schwarm weißer Tauben drängte sich girrend zu seinen Füßen, sie umflatterten ihn und setzten sich zutraulich auf seinen Kopf, auf seine Schultern und Hände. Er liebkoste sie und fütterte sie aus seinem Munde. Dann hob er gleichsam segnend die Arme, – und die Tauben flatterten auf, das Schlagen ihrer Flügel klang wie das Rauschen von Seide; sie flogen einem Schneegestöber gleich dahin und verloren sich im Blau. Leonardo begleitete sie mit zärtlichem Lächeln.

Und ich sagte mir, daß Leonardo dem heiligen Franziscus gleiche, der allen Lebewesen Freund war, den Wind seinen Bruder, das Wasser seine Schwester und die Erde seine Mutter nannte.

 

Gott verzeihe mir! Ich hielt es nicht aus und ging wieder mit Cesare in die verdammte Kneipe. Ich brachte die Sprache auf Leonardos Barmherzigkeit.

»Du denkst wohl daran, Giovanni, daß Messer Leonardo kein Fleisch ißt und von den Gräsern des Feldes lebt?«

»Und wenn es auch nur dies Eine wäre, Cesare? Ich weiß, daß er ...«

»Nichts weißt du! Messer Leonardo tut es gar nicht aus Barmherzigkeit, sondern es ist bei ihm die gleiche Spielerei wie alles andere. Er will nur den Sonderling spielen ...«

»Einen Sonderling spielen? Was sagst du da? ...«

Er lächelte mit erkünstelter Heiterkeit und sagte:

»Laß es gut sein! Ich will nicht mit dir streiten. Zu Hause will ich dir aber einige interessante Zeichnungen unseres Meisters zeigen.«

Nach Hause zurückgekehrt, schlichen wir unhörbar wie Diebe in die Werkstatt des Meisters. Er war nicht da. Cesare suchte herum, zog aus einem Haufen von Büchern ein Heft hervor und zeigte mir die Zeichnungen. Ich wußte, daß ich Unrecht tat, doch konnte ich die Neugier nicht bezwingen und vertiefte mich in diese Blätter.

Es waren Darstellungen riesengroßer Bombarden, Sprengbomben, vielläufiger Kanonen und anderer Kriegsmaschinen, mit der gleichen luftigen Zartheit der Lichter und Schatten ausgeführt, wie die schönsten seiner Madonnengestalten. Da fiel mir eine Bombe auf, genannt die »Fragilica«. Cesare erklärte mir ihre Einrichtung: sie ist eine halbe Elle groß, aus Bronze gegossen und mit Werg, Gips, Fischbein, Wollfetzen, Pech und Schwefel gefüllt; in dieser Füllung liegt aber ein ganzes Labyrinth von verschlungenen Kupferröhren, die mit den stärksten Ochsensehnen umwickelt sind und Pulver und Kugeln enthalten. Die Mündungen der Röhren liegen in einer Schraubenlinie auf der Oberfläche der Bombe. Bei der Explosion kommt aus diesen Mündungen Feuer und die Fragilica dreht sich dann, Feuergarben speiend, mit rasender Geschwindigkeit wie ein Riesenkreisel. Auf dem Rande der Zeichnung stand eine Bemerkung von Leonardos Hand: »Dies ist eine Bombe von der besten und nützlichsten Konstruktion. Zwischen dem Kanonenschuß und ihrer Explosion vergeht so viel Zeit, als man braucht, um ein Ave Maria zu lesen.«

»Ave Maria!« sagte Cesare. »Wie gefällt es dir, mein Freund? Diese unerwartete Anwendung des christlichen Gebets! Was dem Messer Leonardo nicht alles einfällt! Neben diesem Ungeheuer – ein Ave Maria! ... Weißt du, übrigens, wie er den Krieg nennt?«

»Wie?«

» Pazzia bestialissima – Die tierischste Dummheit. Das Wort nimmt sich im Munde des Erfinders solcher Maschinen doch nicht schlecht aus?«

Er wendete das Blatt und zeigte mir die Darstellung eines Streitwagens mit riesengroßen eisernen Sensen. Er schneidet sich mit seiner vollen Geschwindigkeit in das feindliche Heer hinein. Riesengroße sichelförmige rasiermesserscharfe Stahlschneiden, die wie Füße einer Riesenspinne aussehen, drehen sich, wohl mit schrillem Pfeifen, Rasseln und Knarren der Zahnräder, in der Luft, und schneiden, Fetzen von Fleisch und Ströme von Blut um sich werfend, die Menschen entzwei. Ringsumher liegen abgeschnittene Beine, Arme, Köpfe und verstümmelte Körper.

Ich besinne mich noch auf eine andere Zeichnung: im Hofe eines Arsenals heben unzählige nackte Arbeiter, die Dämonen gleichen, eine Riesenkanone mit einem drohenden Schlund in die Höhe. Sie spannen in ungeheurer Anstrengung ihre gewaltigen Muskeln an, klammern sich fest und stemmen mit Füßen und Händen gegen die Hebel einer riesenhaften, durch Seile mit einem Hebewerk verbundenen Winde. Andere Arbeiter rollen die auf zwei Rädern laufende Achse heran. Diese nackten, in der Luft hängenden Leiber erfüllten mich mit Schrecken. Es sah wie ein Arsenal des Teufels, wie eine Höllenschmiede aus.

»Nun? Hatte ich nicht recht, Giovanni?« sagte Cesare. »Sind diese Bildchen nicht höchst interessant? Hier hast du den heiligen Mann, der die Tiere liebt, kein Fleisch ißt und einen Wurm vom Wege hebt, damit ihn niemand zertrete! Er ist beides zugleich: heute Teufel, morgen Heiliger. Er ist ein Janus mit zwei Gesichtern: das eine schaut auf Christus, das andere auf den Antichrist, versuche nun zu ergründen, welches das wahre und welches das falsche Gesicht ist. Oder sind beide wahr? ... Und das alles geschieht mit leichtem Herzen, mit unergründlicher bezaubernder Schönheit, gleichsam scherzend und spielend!«

Ich hörte schweigend zu; eine Kälte, wie ein Hauch des Todes, durchschauerte mich.

»Was hast du, Giovanni?« – bemerkte Cesare. – »Du bist ja totenblaß, du Armer! Du nimmst dir dies Alles zu sehr zu Herzen, Freund! ... Warte ein wenig, Geduld bringt Huld! Hast du dich erst daran gewöhnt, wirst du dich über nichts mehr wundern, so wie ich. – Jetzt wollen wir aber in die Goldene Schildkröte gehen und noch etwas trinken.

Dum vinum potamus
Bacchus, höre unser Lied:
Te Deum laudamus!«

Ich gab ihm keine Antwort, bedeckte das Gesicht mit den Händen und lief davon.

 

Wie? Soll es der gleiche Mensch sein? Jener, der wie der heilige Franziscus mit einem unschuldigen Lächeln die Tauben segnet, und jener, der in der Höllenschmiede ein eisernes Ungeheuer mit bluttriefenden Spinnenbeinen erfindet – der gleiche Mensch? Nein, dies kann nicht sein, so kann ich es nicht ertragen! Lieber alles andere als das! Lieber gottlos, als Knecht Gottes und des Teufels, als das Antlitz Christi und das des Räubers Sforza zugleich tragen.

 

Marco d'Oggione sagte ihm heute:

»Messer Leonardo, viele werfen dir und uns, deinen Schülern, vor, daß wir nur sehr selten die Kirche besuchen und an Feiertagen wie an Werktagen arbeiten.«

»Die Scheinheiligen mögen sagen, was sie wollen!« erwiderte Leonardo. »Euer Herz soll sich dadurch nicht verwirren lassen, meine Freunde! Das Studium von Naturerscheinungen ist eine Arbeit, die Gott wohlgefällt. Es ist dasselbe, wie Beten. Indem wir in die Naturgesetze eindringen, ehren wir den ersten Erfinder, den Künstler des Weltalls und lernen ihn lieben, denn die große Liebe zu Gott kommt nur von vielem Wissen. Wer wenig weiß, der liebt auch wenig. Wenn du aber den Schöpfer nur für die zeitlichen Gnaden, die du von ihm erhoffst, und nicht für seine ewige Güte und Stärke liebst, so bist du wie ein Hund, der in Erwartung eines guten Bissens mit dem Schweife wedelt und die Hand seines Herrn beleckt. Stelle dir vor, wie sehr der Hund seinen Herrn lieben müßte, wenn er auch seine Seele und seinen Geist verstehen würde. Merkt es euch, meine Kinder: die Liebe ist die Tochter der Erkenntnis und sie ist um so heißer, je tiefer die Erkenntnis ist. Im Evangelium heißt es: Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.«

»Kann man denn die Klugheit der Schlange mit der Unschuld der Taube vereinigen?« fragte Cesare. »Mir scheint, man müsse sich für eines von den beiden entscheiden ...«

»Nein, beides zugleich!« erwiderte Leonardo. »Beides zugleich denn das eine ist ohne das andere unmöglich: vollkommene Erkenntnis und vollkommene Liebe ist ein und dasselbe.«

 

Ich las heute im Apostel Paulus und fand im achten Kapitel des ersten Briefes an die Korinther folgende Worte: »Das Wissen bläset auf, aber die Liebe bessert. So aber sich jemand dünken läßt, er wisse etwas, der weiß noch nichts, wie er wissen soll. So aber jemand Gott liebet, derselbige ist von ihm erkannt.«

Der Apostel sagt, die Erkenntnis käme von der Liebe, und Leonardo sagt, die Liebe käme von der Erkenntnis. Wer hat nun recht? Ich kann es nicht entscheiden und ich kann nicht leben, ohne es entschieden zu haben.

 

Mir ist es, als hatte ich mich in den Irrgängen eines schrecklichen Labyrinthes verloren. Ich rufe und schreie und höre keine Antwort. Je weiter ich gehe, um so mehr verirre ich mich, wo bin ich? Was wird aus mir, wenn du mich verlässest, o Herr?

 

O Fra Benedetto! wie sehne ich mich in deine stille Zelle zurück, um mein Haupt an deine Brust zu schmiegen und dir all mein Leid zu erzählen, damit du dich meiner erbarmtest und diese Last von meiner Seele nähmest! Du mein geliebter Vater, mein frommes Lamm, der du das Gebot Christi erfüllt hast: »Selig sind, die da geistlich arm sind!«

Heute gab es neuen Kummer.

Der Hof-Historiograph Messer Giorgio Merula und sein alter Freund, der Dichter Bernardo Bellincioni unterhielten sich unter vier Augen in einem der leeren Schloßsäle. Es war nach der Abendtafel und Merula war daher etwas angeheitert. Er spielte, wie er es oft tut, den Freidenker und erging sich in verächtlichen Äußerungen über die unbedeutenden Fürsten unserer Zeit und namentlich über den Herzog Moro; er brachte die Sprache auf ein Sonett Bellincionis, das den Herzog als Wohltäter Gian-Galeazzos preist, und nannte Moro einen Mörder, der den rechtmäßigen Herzog vergiftet habe. Der Herzog belauschte aber dieses Gespräch durch das kunstvolle »Ohr des Dionys« aus einem andern Raume des Schlosses und befahl, Merula zu verhaften und in ein Verließ unter dem Hauptfestungsgraben Redifono, der das ganze Schloß umgibt, zu werfen.

Was mag sich wohl dabei Leonardo denken, der dieses Dionys-Ohr eingerichtet hat, ohne an Gut und Böse zu denken, nur um an dieser Einrichtung gewisse ihn interessierende Naturgesetze studieren zu können? Für den es nur, wie sich Cesare ausdrückt, Scherz und Spiel war, wie alles, was er tut, wie auch die ungeheuerlichen Kriegsmaschinen, Platzbomben und eisernen Spinnen, die mit einem Schlage ihrer Riesenbeine an die fünfzig Menschen entzweihauen.

 

Der Apostel sagt: »Und wird also über deiner Erkenntnis der schwache Bruder umkommen, um welches Willen doch Christus gestorben ist.«

Ist denn das die Erkenntnis, aus der die Liebe kommt? Und ist vielleicht Liebe und Erkenntnis doch nicht ein und dasselbe?

 

Das Gesicht des Meisters ist zuweilen so heiter, unschuldig und so engelsrein, daß ich bereit bin, ihm alles zu vergeben, ihm alles zu glauben und ihm wieder meine Seele zu schenken. Da zuckt es aber plötzlich in den unergründlichen Linien seiner dünnen Lippen, und mich überfällt ein unsagbares Grauen, als hätte ich durch eine klare Flut in tiefe Abgründe geblickt. Dann glaube ich wieder, daß in seiner Seele ein Geheimnis wohnt, und ich muß dann an eines seiner Rätsel denken:

»Die größten Flüsse fließen unter der Erde.«

 

Der Herzog Gian-Galeazzo ist gestorben.

Man sagt – Gott sei mein Zeuge, daß es mir schwer fällt, es niederzuschreiben und daß ich daran nicht glaube! – man sagt, Leonardo sei sein Mörder; er habe den Herzog mit den Früchten seines vergifteten Baumes getötet.

Ich besinne mich, wie der Mechaniker Zoroastro da Peretola diesen verfluchten Baum Kassandra zeigte, hätte ich ihn doch nie gesehen! Jetzt verfolgt er mich und ich sehe ihn wieder vor mir, wie er in jener Nacht vor mir stand: im grünlichen monddurchtränkten Nebel, mit seinen still reifenden Früchten, vom Grauen des Todes umgeben. Und wieder denke ich an die Worte der Schrift: »Aber vom Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben.«

O wehe, wehe mir Verdammten! In der trauten Zelle meines Vaters Benedetto war ich in meiner unschuldigen Einfalt wie der erste Mensch im Paradiese. Nun habe ich gesündigt, habe meine Seele den Versuchungen der weisen Schlange zugewendet und vom Baume der Erkenntnis gegessen: da wurden meine Augen aufgetan und ich sah Gutes und Böses, Licht und Schatten, Gott und Teufel. Und ich wurde auch gewahr, daß ich nackt bin, und einsam und arm und meine Seele muß nun des Todes sterben.

 

Aus der Hölle rufe ich zu dir, Herr, neige dein Ohr der Stimme meines Flehens, erhöre mich und sei mir gnädig! Wie der Schächer am Kreuze, bekenne ich deinen Namen: Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!

 

Leonardo malt wieder am Gesicht Christi.

 

Der Herzog betraute ihn mit dem Baue der Maschine, die den heiligsten Nagel hochheben soll.

Er wird mit mathematischer Genauigkeit das Werkzeug der Leiden Christi auf seiner Wage wägen, als ob es ein Stück altes Eisen wäre. Er wird die Zahl der Unzen und Grade feststellen und das Heiligtum wird für ihn nur eine Ziffer unter Ziffern, nur ein Teil unter anderen Teilen seiner Aufzugsmaschine sein, unter den Schnüren, Rädern, Hebeln und Rollen!

 

Der Apostel sagt: »Kinder, es ist die letzte Stunde; und wie ihr gehöret habt, daß der Antichrist kommt, so sind nun viele Antichristen worden; daher erkennen wir, daß die letzte Stunde ist.«

 

Nachts wurde unser Haus von einem Volkshaufen umzingelt, sie forderten den heiligsten Nagel und schrieen: »Hexenmeister! Gottloser! Mörder des Herzogs! Antichrist!«

Leonardo hörte das Geschrei des Pöbels ohne Zorn. Als Marco mit der Arkebuse schießen wollte, verwehrte er ihm das. Das Gesicht des Meisters blieb ruhig und undurchdringlich wie immer.

Ich fiel ihm zu Füßen und flehte ihn um ein Wort, das meine Zweifel zerstören könnte. Ich schwöre beim lebendigen Gotte, ich hätte ihm alles geglaubt! Aber er wollte oder konnte mir nichts sagen.

Der kleine Jacopo sprang hinaus, lief um die Menge herum und begegnete einige Straßen weiter den Reitern des Kapitäns der Giustizia, die gerade ihre Runde machten. Er brachte sie uns zur Hilfe und gerade in dem Augenblick, als die Türe eingeschlagen wurde und der Pöbel ins Haus stürzte, überfielen die Soldaten die Leute im Rücken. Die Aufwiegler liefen davon. Jacopo wurde mit einem Steine am Kopfe verwundet; es kann ihm sein Leben kosten.

 

Heute war ich im Dome bei dem Feste des heiligsten Nagels.

Er wurde genau in dem von den Astrologen vorbestimmten Augenblick hoch gehoben. Leonardos Maschine arbeitete vorzüglich. Man sah weder die Schnüre, noch die Rollen. Der runde Glasschrein mit den goldenen Strahlen, der den Nagel einschließt, schien ganz von selbst, wie die aufgehende Sonne, in Weihrauchwolken gehüllt in die Höhe zu schweben. Es war ein Wunder der Mechanik, plötzlich erklang der Kirchenchor:

Confixa clavis viscera
Tendens manus vestigia
Redemptionis gratia
Hic immolata est Hostia

In diesem Augenblick blieb der Schrein in der dunklen Wölbung über dem Hauptaltar, zwischen fünf ewigen Lampen stehen.

Der Erzbischof verkündete:

» O crux benedicta, quae sola, fuisti digna portare Regem
coelorum et Dominum. Alleluja

Das Volk sank in die Knie und rief mit ihm: »Alleluja!«

Und der Räuber des Throns, der Mörder Moro, hob seine Hände weinend zum heiligsten Nagel.

Das Volk wurde später mit Wein, ganzen gebratenen Ochsen, fünftausend Maß Erbsen und vierhundert Zentnern Speck traktiert: Der Pöbel vergaß den ermordeten Herzog, überaß und betrank sich und schrie: »Es lebe Moro! Es lebe der Nagel!«

Bellincioni verfaßte ein Gedicht in Hexametern, in dem es hieß, daß unter der milden Herrschaft des Augustus, des Lieblings der Götter Moro aus dem alten eisernen Nagel ein neues goldenes Zeitalter erstrahlen würde.

Nach Verlassen des Domes ging der Herzog auf Leonardo zu, umarmte und küßte ihn, nannte ihn seinen Archimedes, dankte ihm für die wunderbare Aufzugsmaschine und versprach ihm eine vollblütige berberische Stute aus seinem eigenen Gestüte in der Villa Sforzesca, nebst zweitausend Reichsdukaten zum Geschenk; dann klopfte er ihm gnädig auf die Schulter und sagte ihm, er könne jetzt in Ruhe das Antlitz Christi auf dem heiligen Abendmahl vollenden.

 

Jetzt verstehe ich das Wort der Schrift: »Ein Zweifler ist unbeständig in allen seinen Wegen.«

Ich halte es nicht länger aus! Ich gehe zugrunde! Diese Zweifel, dieses Antlitz des Antichrist, das aus dem Antlitze Christi hervorlugt, bringen mich um meinen Verstand. Mein Gott, warum hast du mich verlassen?

 

Ich muß fliehen, so lange es nicht zu spät ist.

 

Ich stand nachts auf, packte meine Kleider, Wäsche und Bücher zu einem Bündel, nahm meinen Wanderstab, ging im Finstern tastend in die Werkstatt hinunter, legte auf den Tisch dreißig Florins, das Lehrgeld für die letzten sechs Monate (ich hatte meinen Smaragdring, ein Geschenk meiner Mutter, verkauft), und verließ, ohne von jemand Abschied zu nehmen, – alles schlief noch – für immer das Haus Leonardos.

 

Fra Benedetto sagte mir, daß er, seitdem ich ihn verlassen, allnächtlich für mich gebetet hätte und daß ihm im Traume eröffnet worden wäre, daß Gott mich auf den Weg des Heils zurückbringen würde.

Fra Benedetto geht nach Florenz, um seinen kranken Bruder, der Mönch im Dominikanerkloster San Marco ist, zu besuchen. Der Abt dieses Klosters ist Girolamo Savonarola.

 

Preis und Dank dir, Herr! Du hast mich aus der Finsternis des Todes, aus dem Rachen der Hölle errettet!

Jetzt sage ich mich los von der Weisheit dieser Zeit, die mit dem Siegel der siebenköpfigen Schlange versiegelt ist, mit dem Siegel des Tieres, das da in der Finsternis nahet und dessen Namen Antichrist ist.

Ich sage mich los von den giftigen Früchten des Baumes der Erkenntnis, von dem Hochmut des weltlichen Verstandes, von der gottlosen Wissenschaft, deren Vater der Teufel ist.

Ich sage mich los von jedem Ärgernis des heidnischen Zaubers.

Ich sage mich los von allem, was nicht dein Wille, nicht dein Ruhm, nicht deine Weisheit ist, Christus mein Gott!

Erleuchte meine Seele mit deinem einzigen Licht, errette mich von den verdammten Zweifeln, befestige meine Schritte auf deinen Wegen, damit meine Füße nicht wanken, und beschirme mich mit dem Schatten deiner Fittiche!

Meine Seele preise den Herrn! Ich will den Herrn loben, solange ich lebe, meinem Gott lobsingen, solange ich bin!

 

In zwei Tagen gehe ich mit Fra Benedetto nach Florenz. Mit dem Segen und der Einwilligung meines geistlichen Vaters will ich Novize beim großen Auserwählten des Herrn Fra Girolamo Savonarola im Kloster San Marco werden. – Gott hat mich gerettet!

 

Hier schließt das Tagebuch des Giovanni Beltraffio.


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