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Eilfter Brief.

E Es ist eine allgemein in der protestantischen Welt verbreitete und darum auch allgemein geglaubte Lüge, daß die Kirchenversammlungen (Concilien) sich oft in den wichtigsten Lehren widersprochen hätten. Dies mag in Disciplinar- und andern unwesentlichen Dingen, je nach dem veränderten Bedürfniß der christlichen Völker geschehen sein, niemals dagegen in Sachen des Glaubens. Ein wirkliches Dogma ist nie, weder von ihnen noch von dem Pabst erfunden, wofür das der kürzeste, einleuchtendste und unzweifelhafteste Beweis ist: daß zu keiner Zeit ein Ketzer aufgetreten, welcher gesagt hätte: » he da, hier habt ihr ein Neues auf die Bahn gebracht!!« sondern sämmtliche Ketzer von der apostolischen Zeit bis diesen Tag, haben immer nur alten Mißbräuchen steuern und wehren wollen, ohne nachweisen zu können, wann und wo diese angeblichen Mißbräuche entstanden wären. Eine sogenannte Dogmengeschichte, wie wir Protestanten sie seit 60, 70 Jahren geschmiedet, und so zu dem Wahne Veranlassung gegeben haben, als wären die katholischen Glaubenssätze größtentheils ein pfäffisches Machwerk, und in den dunklen Jahrhunderten wie Pilze aus der Erde geschossen, giebt es daher nicht, sondern nur eine Entwickelung der ursprünglichen, aus Schrift und Tradition gegründeten Dogmen.

Jedermann, der wie ich, die apostolischen Väter (die unmittelbaren Schüler der Apostel) und die ersten Kirchenväter mit Aufmerksamkeit gelesen, wird mir dies einräumen. Das Senfkörnlein, womit Christus seine Kirche vergleicht (Marc. 4, 31.), und das er selbst gesäet, hat und konnte nichts Neues in seinen Organismus aufnehmen, sondern sich einzig weiter entfalten und so allmälig zu dem großen Gewächse entwickeln, unter dessen Schatten die Vögel des Himmels wohnen. Und diese Entwickelung fand eben größtentheils durch die allgemeinen Kirchenversammlungen statt, deren Vorbild wir schon Apostelgeschichte 15. lesen.

Und wie dort nicht Schuster, Schneider, abgedankte Offiziere und Kattunfabrikanten bei den ausgebrochenen Streitigkeiten über die Beschneidung eine entscheidende Stimme hatten, sondern, wie ausdrücklich V. 6. angegeben ist, nur die Apostel und Presbyteren, also die Priester, so hat durch alle Jahrhunderte die katholische Kirche die ausgebrochenen Streitigkeiten nur der Entscheidung des Klerus und insonderheit, der Bischöfe überlassen, welche an die Stelle der Apostel getreten sind. Wenn die byzantinischen Kaiser auf den Concilien einige Male despotische Bestimmungen getroffen haben, so sind diese doch jederzeit von dem Oberhaupte der Kirche, dem Pabst, verworfen worden.

Sind diese aus allen Theilen der gesammten Christenheit auf Erden versammelt (ökumenisches Concil), so vermögen sie auch über derlei Streitigkeiten mit apostolischer Vollmacht zu entscheiden, und gleich jenen bis diesen Tag zu sagen: es gefällt dem heiligen Geiste und uns zu bestimmen; dagegen können weder sie, noch selbst der erste unter ihnen, der Nachfolger des Apostelfürsten Petrus, der Pabst, zu keiner Zeit und unter keinen Umständen neue Dogmen geben, noch alte Dogmen abstellen. Alle wirklichen Dogmen sind und bleiben stabil, und dieser Vorwurf, den wir Protestanten der katholischen Kirche machen, ist eben ihre größte Ehre und ihr größter Ruhm.

Denn war Christus Gottes Sohn, wie wir es doch auch annehmen, so ist es vermessene Thorheit, an dem ändern zu wollen, was er selbst angeordnet, und was sich nun fast zwei Jahrtausende so herrlich bewährt hat. Es giebt hier schlechterdings keinen Fortschritt, wie die Thoren wähnen; denn gerade wie es uns unmöglich ist, den Typus der menschlichen Gestalt zu verschönern, und Gottes Schönheitssinn an uns selbst zu corrigiren, so ist es unmöglich, Gottes Wahrheitssinn zu corrigiren, was uns überdieß auch ausdrücklich (Matth. 5, 18. 19.) untersagt ist. Die Wilden huldigen allerdings jenem Fortschritt. Ihnen genügt nicht die menschliche Gestalt, wie sie von Gott erschaffen. Diese tätowiren sich den einen Theil ihres Leibes, und jene den andern; diese durchstechen sich gar Nasen und Ohren, um sich schöner zu machen; aber wir alle betrachten diese barbarischen Versuche der Verschönerung der menschlichen Gestalt mit gerechtem Widerwillen.

Und gerade so sollten wirs in religiösen Dingen auch machen, was aber leider nicht geschieht.

Wie nun der Pabst und Concilien sich nie unterfangen haben, neue Dogmen zu geben, so haben sie sich natürlich auch nie unterstanden, alte Dogmen abzuschaffen. Denn thäten sie es, so würden sie, um in dem obigen Bilde fortzufahren, abermals den Wilden gleichen, welche die göttliche Schöpfung der Menschengestalt dadurch zu verschönern wähnten, daß sie sich einzelne Glieder, wie Nase und Ohren nicht bloß verunstalteten, sondern geradehin abschnitten.

Daß bei uns Protestanten schon seit 300 Jahren die unermüdlichsten Versuche nicht blos von Luther und seinen Nachfolgern, sondern auch von seichten Landpredigern, ja von Schustern und Schneidern gemacht sind, das Evangelium Gottes zu tätowiren oder zu beschneiden, ist weltbekannt. Ja, kaum waren wir seit etwa 30 Jahren zu Christo, dem Sohn Gottes reumüthig über derlei barbarische Versuche der stupiden Einfalt zurückgekehrt, als man auf der ersten Landessynode in Berlin schon wieder versuchte, zwei, für das ganze System der christlichen Lehre ungemein wichtige Dogmen aus dem apostolischen Glaubensbekenntniß auszuschneiden, nämlich die Höllenfahrt Christi und die Auferstehung des Fleisches. Wenn nun Reuß-Greiz-Schleiz nächstens auch eine Landessynode hält, Und abermalen ein oder zwei Dogmen fortschneidet, Lippe-Detmold desgleichen, so sind wir binnen wenigen Jahren wieder auf demselben Punkt angelangt, auf welchem wir vor 30 Jahren standen, wo fast kein einziger protestantischer Geistlicher mehr an die Gottheit Christi glaubte, und die Antwort, welche neulich ein Kerl vor einem pommerschen Schwurgerichte auf die Frage gab, welche Religion er habe? ich habe die » meklenburgische«, muß bald wieder als bittere Ironie auf unsere religiösen Zustände erscheinen. Mit welcher Ehrfurcht muß uns darum eine Versammlung erfüllen, welche unter göttlicher Autorität und Vollmacht aus allen Theilen der Christenheit zusammenkömmt, um über das zu entscheiden, was zu allen Zeiten und an allen Orten, so weit der Himmei blau und die Erde schwarz ist, unter allen Völkern einmüthig gelehrt, geglaubt und gehalten ist, gegen das diatribische Spiegelgefechte und das subjektive Sondermeinen unserer protestantischen Theologen, oder gar gegen die brausende Bierkneipen-Weisheit unserer fortschrittseligen Freigemeindler und Consorten!

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Das heilige ökumenische Concil zu Trident.

So ritt ich nu des anderen Tages abe, und kam ohne sonderliche Ebenteuer mit meinem Claus gen Botzen, einem Städtlein, so schon dem Bischöfen von Trent gehöret. Allhie sah ich zuerst Ochsen, so wie die Pferde beschlagen waren, und worauf Männer und Weiber in die Stadt geritten und gefahren kamen. Item ein gar gräulich Affenwerk von zween Bettlern, Mann und Frau, so ich allhie notiren will, damit man sehe, wie böse aller Orten der Pöfel worden.

Selbige traf ich vor der Pfarrkirchen, als es zur Messe läutete, und hinge der Kerl uf Krücken, hergegen ihme das Weib am Rockzipf hielt, aber bald zur Erden purzelte, die Glieder verdrehete, mit dem Haupt hin und herwackelte, und weißen Schaum aus ihrem Maul stieß. Darumb bat der Kerl das Volk umb aller Heiligen willen, ihnen etwas abzutheilen. Er selbsten wär ein Krüppel, wie Männiglich sähe, und sein Weib hätte die fallenden Siechtage, anerwogen ihr Vater zum Lutherschen Glauben wäre verführet worden, und als ein böser Ketzer flugs des Todes verfahren. Davor hätt der Jammer ihr also das Herze abgestoßen, daß sie von Stund an die fallende Sucht überkommen, und hätt er St. Antonio 6 Pfund Wachs, ein Altartuch und ein silbern Opfer gelobet, ob es mit des Heiligen Fürbitt besser mit ihr werden wölle, und ginge nunmehro auf Krücken im Lande umher, um solches Gelübd zu sammeln mit frommer Leut Steuer und Hülf; worauf das Weib letzlich auch wieder aufstund und ächzende anhub: ach liebe Christen, ich bitt euch, daß ihr mir wöllet steuern ein Heller, ein Knocken Flachs oder Garns auf dem Altar, daß euch und eure Kinder Gott und der lieb Heilige wölle behüthen vor solcher Plag und Siechtagen, als ihr denn von mir sehet!

Hiemit streckete sie zitternde die Hand für, und da viel Volk zur Messen ging, gewann sie was Rechtes, also daß sie wohl 4 oder 5 mal die volle Hand in ihr Taschen ausschüttete.

Aber was geschah? Als wir aus der Messe kamen, wurde der böse Handel offenbar. Denn dieweilen der Kerl hierzwischen etzliche Plapparts von ihr begehret, um sie zu versaufen, das Weib sie ihme aber gewegert, schriee mein Weib uns entgegen: der Kerl ist nicht lahm, wie er sich stellet, besondern gut auf seinen Beinen; er ist nur ein Saufaus, so mich mit der Krücken auf das Haupt geschlagen, weil ich ihme kein Geld geben wollen, der liederliche Schelm!

Solches ärgerte wieder den Kerl, und schriee darum ebenmäßig: das Weib hat nit die fallenden Siechtage, besondern ist eine faule Vettel; greifet ihr nur ins Maul, da werdet ihr ein Stück weißer Seifen finden, so sie ausschäumet, und dabei die Augen verkehret.

Ueber solche Sag traten gleich die Stadtdiener hinzu und schlugen den Kerl mit ihrem Stab uf die Hosen, daß er auch gleich von der Krücken sprang, und auf gesunden Füßen um den Kirchenpfeiler laufen wollte. Aber sie griffen ihne wie sein Weib, so inzwischen von sich selbsten das Stück Seifen ausgespieen, womit sie das Volk genärret, und wurde ihr unter gemeinem Geschrei und Verwünschungen die Tasche abgerissen, worauf sich ein Jeder sein Geld wieder herfürsuchte.

Doch dieweil ich und etliche Andere von Adel ihr Geld nicht wiedernahmen, hat sie noch genug behalten, wie ich achte, um sich in der Büttelei, wohin man Beede schleppete, ein Paar Bündel guter Ruthen kaufen zu lassen.

So kam ich letzlich an eim Abende, als es schier tunkel war gen Trident, wo aber, noch ein also bunt Gedränge von wegen der großen Menschheit war, daß ich alle Augenblick das Roß anhalten mußte, und die vielen Laternen, so rechtes und linkes, wie die Irrlichter an mir vorbeihuscheten, mir fast die Augen verblendeten. Konnte auch nirgend eine Heerberge mehr finden, woher ich beschloß, alsofort zum kaiserlichen Gesandten zu reuten, den ich aber auch wohl bis zum hellen Morgen vergeblich gesuchet, wenn ich nicht ungefährlich einem Reitknecht begegnet wäre, so ihme gehörete.

Als nu seine Excellenze, Herr Sigmund von Aon, so ein langer, hagerer Mann mit eim graugemengelirten Trutzbärtel war, das kaiserliche Schreiben geküsset und darnach kaum hineingesehen, rief er verwundert aus: also ist er wirklich todt! (verstehe den Lutherum) wir habens allhie noch nicht gläuben wollen, gestalt es schon oftermalen so geheißen. Und als ich solches bestättigte, auch erzählete, was ich von seinem Tod in Erfahrung gezogen, sprach er: das ist mir angenehme, kummet wieder zu mir, Junker zum Abendmahl; der andere kaiserliche Gesandte, Herr Anton de Muglitio, Erzbischof zu Prag, item der Suffraganeus des Bischofen von Basel, Herr Georg Höhenwarter benebst dem Procuratore des Bischofen von Regensburg, Johannes Gotthardt und etliche vom Adel werden auch hier sein, und sonder Zweifel viel Kurzweil an Eurer Erzählung haben.

So entschüldigte ich mich, und daß ich erstlich für mich eine Heerberge suchen müßte, worauf er sprach: das wird Euch schwer, fast unmüglich werden, so viel Volks aus der ganzen Christenheit ist allhie versammelt; aber wollet Ihr mit eim Dachstüblein fürlieb nehmen, möget Ihr in meiner Heerbergen verbleiben.

Solches war mir angenehme, bedankete mich zum Höflichsten, aber wies mit meinem Klepper werden sölle, item mein Knecht hätt auch einen Klepper? darüber zuckete er mit den Achseln; es stünden allhie über 10,000 Pferde, so Hafer fräßen. Dieweilen er aber heute ein Fuhrwerk gen Wien geschicket, müge ich die Klepper auch nur so lange in seinen Stall ziehen; nachgehends würde auch Rath werden. Dabei war ich nu nit faul, und als ich bald darauf zum Abendmahl kam, nahm mich der hochwürdigste Erzbischof gleich für, und fragte mich auf deutsch, so er gar fertig und schicklich redete, wie Lutheri Tod geschaffen, auch von meiner Reis zu ihme, und was wir dorten gesehen und gehöret. Darüber verwunderte sich Männiglich, und sprach einer von Adel, ein Graf von Thun: warum wohl Gott einem so bösen und blöden Ketzer so viel Macht gelassen, daß er die halbe Christenheit verführet? Hierauf fiel nu eine gar unterschiedliche Antwort, bis der würdige Erzbischof sprach: Ohne Zweifel hat ers gethan, um unsere Sünden zu strafen, und uns Priester zu sichten wie den Waizen. Denn die Pfaffheit war überall, und insonderheit in den fetten teutschen Landen mehr verderbet, als das Volk, wie solches auch das heilige Concilium öffentlich bekennet. Geiz, Hochmuth und Unzucht war das Kleeblatt, so eine große Pfaffheit für die heilige Dreieinigkeit anbetete, wobei er gar schwere Klagen über die großen deutschen Hansen führete, so oft schon die bischöflichen Stühle überkommen hätten, ehender sie Haar ums Maul gekriegt, und von der Theologia so viel gewußt, wie der Esel vom Lautenschlagen.

Er wölle uns nur eine Historia erzählen, wies in Teutschland ausgesehen, aber Niemand nennen.

Als er eins Tags mit geringer adlicher Begleitung in eim teutschen Bißthum gereiset, wär es ihm Abend worden, ehe er die Haupt-Stadt erreichet. Und dieweilen er gar heftigen Hunger verspüret und in eim Dorf die Kirchmeßfahnen ausgesteckt gesehen, hätt er beschlossen in der Pfarren anzukehren, und um ein Hühnlein vor sich und seine Leute zu bitten. Darauf wären sie alle stracks auf den Pfarrhof geritten, allwo sie bald aber inwendig des Hauses ein groß Rennen, Rufen und Thürenschlagen verspüret. Auch hätte der Pfarrer gar verstört gethan. Ursach hätte einer seiner Diener gar bald erkundet. Denn als er auf den Hof gangen und ein Flüstern im Stall vernommen, hätt er hinein wöllen, worauf aber des Pfarrers Köchin ihme laut zugerufen: gehet nit hinein, Junker, es sind böse Hunde drinnen.

Aber er hätte sich mit nichten abhalten lassen, und als er die Thüre geöffnet, daselbsten 10 Pfaffen mit ihren Köchinnen getroffen, eitel, junge, stramme, dreiste, lachende Metzlein, alle gar säuberlich mit Gold und Perlen geschmücket, so sich allhie aus Furcht vor der Bischofsmützen, die auf den Hof geritten, verkrochen.

Als ich nu, sprach er weiter, des andern Tages ihrem Bischofen diesen bösen Handel erzählete, was gab er zur Antwort? Meinet Ihr etwan, daß er zornig worden oder gedräuet das unartige Volk in ein Pfaffenthurm zu sperren? o nein Ihr Herren; ihne verdroß alleine, daß die Magd seine Priester Hunde getituliret und sprach: Herre Gott, das sagete die böse Köchin? Vergebe es Gott dem Weibe, daß sie die Gesalbten des Herrn Hunde geheißen hat. Diese Anekdote wird von vielen Schriftstellern damaliger Zeit erzählt. Man sehe auch Scheible das Schaltjahr II. S. 95.

Da sehet Ihr recht, liebe Herren, wie das Haupt, so die Glieder! Darumb mag man Lutherum in Wahrheit einen Herculem nennen, so bestimmt gewesen, den Augiasstall der Kirchen auszudüngen. Ja, alle Ketzer seind es ohne ihr Wissen von Anbeginn gewesen. Denn wären je und je keine Ketzereien aufgekommen, so ist unsere schwache menschliche Natur also verderbet, daß wir das »Wachet« so uns der Herre zurufet, längstens vergessen, und aller Orten und Enden an Leib und Seele entschlafen wären. Wenn wir nu aber einnicken, und ein solcher Dieb will uns in das Haus der Kirchen brechen, eia, dann werden wir flugs wieder wacker und schütteln alsbald den Schlaf von unsern Augen!

Solches geschieht ohn Zweifel auch durch Lutherum, dessen böse Lahr von der Rechtfertigung des Sünders das heilige Concil in diesen Tagen einstimmig in seiner sechsten Session verdammen wird.

So wäre ich nu gerne dabei gewest, aber er sprach, es wäre fast unmöglich von wegen der großen Menschheit; doch wolle er sich besinnen, wie das Ding anzugreifen.

Hierzwischen wurden Bieberschwänze mit Senf auf die Tafel gehoben, und da es ein Freitag war, wollten die Prälaten von Basel und Regensburg nicht essen, sprechende: es wäre Fleisch, was aber der Wirth verredete, und daß es eitel Fett wie anderer Schmeer wär. Und war man noch hierüber strittig, als ein Feuerlärm entstünde, und alle ungegessen vom Tisch aufsprangen, und auf die Straßen fuhren; doch wars ein blinder Lärm, anerwogen etliche von Adel ein groß Feuerwerk auf dem Gebirge angestiftet, wodurch die ganze Stadt, Kirchen, Thürme, Häuser, Menschen und Vieh ganz grüngelb wie vom höllischen Feuer überglänzet wurden, auch die Etsch wie ein glühender Höllenstrom in der Fernen wallete, bis wieder ein weiß, himmlisch Licht kam, klar wie die liebe Sonne, und das Herz erfreuete.

Aber war ich schon am Abend verwundert über Alles, was ich sah und hörete, so war ichs noch mehr am andern Morgen, so dicke drängete sich der Jahrmarkt von allen Völkern und Zungen in allen Straßen der guten Stadt, wo man auf eim Ende noch teutsch, auf dem andern hergegen schon italisch spricht; fast kein Haus war zu kennen, daß es mit Kalk geweißet oder mit Farben bemalet gewest, also waren sie alle mit den Wappen der geistlichen oder weltlichen Fürsten, Grafen, Freiherrn und Adlichen verzieret und überdecket in allen Helmen, Schilden und Farben, daß es eine Lust zu sehen war, wenn die liebe Sonne auf diese bunten Bilder schien. Christen, Juden, Türken, Perser, Bürger, Bauern, Männer, Weiber, Kinder, Alles schriee, ein Jeglicher in seiner Sprach, durcheinander und kaufete oder verkäufete, oder ging müßig mit dem großen Strom einher. An einer Ecken stund ein fremder Apotheker (deren man bei 15 zählete) und priese seine Waar, an der andern ein Goldschmied (deren nicht minder als 56 fürhanden,) hier stund ein Bäck auf freier Straße, hatte seinen rauchenden Ofen uf einer Tragbahren, rührete und schriee immer: wer läuft Torten und Pretzel, kommet und schmecket, sie seind gleich gahr! Dorten stunden wieder Posauner, Pfeifer und Flöter, allhie Kretschmers, so die einen teutschen, die andern wälischen oder griechischen Wein ausboten, und so wars überall. Da gab es nu auch mancherlei Kurzweil. Ich sprich nit von dem Kiff derer Weiber, wenn ihnen ein Ellenbogen die Milch ausgestoßen, oder den Eiersack zubrochen, wohl aber gedenk ich eines anderen Fürfalles gar seltsamlich und lachenswerth.

Wissend: es war an diesem Morgen der ökumenische Patriarch von Assyrien, Abad Isu mit 6 Elephanten und 15 Kamelen vor der Stadt angekommen, und ein groß Hauf Menschen lief ihme entgegen, als auf der Thumkirchen von St. Vigilio das apostolische Banner ausgehängt, und der Christenheit seine Ankunft mit allen Glocken und dem Geschütz verkündet worden. Der hochwürdigste in Gott dem Vater, Johannes Maria, der heiligen Römischen Kirchen Cardinal und Bischof von Präneste, erster apostolischer Legat und oberster Präsident des heiligen ökumenischen Concils, ritte ihme mit dem Patriarchen von Jerusalem, Antonio Helvio, so bereits angekommen, item mit 24 Bischöfen, 10 Fürsten und Vielen von Adel, in Summa mit 248 Pferden entgegen, was ein gar großer und stattlicher Pracht war an Pferden, Federbüschen, Farben, Gold, Silber und Edelstein. Hatten einen assyrischen Dollmetsch bei sich, und gläubeten, der Patriarch, so ein gar schöner, langer Mann mit eim pechschwarzen, krausen Bart war, könne kein Lateinisch. Aber es ginge ihm von den Lippen wie Wasser, und ist er nachgehends, wie man weiß, noch einer der hauptsächlichsten Oratoren in Trident geworden. Labbe in. conciliis p. 1247, wo auch seine Approbation des Concils steht.

In währendem nu die hohen Prälaten von den Pferden, und Abad Isu von seinem Elephanten stiegen und sich begrüßeten, eräugnete sich schon ein lächerlicher Fürfall. Denn ein Italiäner stund in seim Strohhut und schauete also verwundert einen Elephanten an, daß er weit das Maul aufsperrete, und nicht sah noch hörete, weder fühlete, was um ihn fürging; darum als es sich traf, daß ein hungriges Kameel anhub ihme seinen Hut vom Kopfe zu fressen, wurd er es nicht entwahr, und als er letzlich den Kopf umwandte, käuete mein Kameel nur noch ein klein Stück davon, wie eine Hand groß im Maule. Bald aber sollte das gemeine Gelächter noch größer werden; denn dieweilen es die Nacht geschnieen, griff ein assyrischer Knecht eine Hand voll Schnee vom Boden, und fragete auf seine Sprach: was das wär? So gab nu der Dollmetsch, so wohl ein lustiger Vogel war, als ich erachte, ihm zur Antwort: wenn du das sammlest und im Feuer trucknest, hast du den schönsten weißen Zucker. Hei, wie rasch hatte nu mein Knecht seinen Hafersack vom Kameel, den er mit Schnee anzufüllen begunnte, zum großen, gemeinen Gelächter alles Volkes, deme der Dollmetsch diesen Schwank erklärete, also daß selbst die Prälaten anhuben zu lachen, als sie in Erfahrung gezogen, was fürgefallen.

Nur alleine die sieben Eremiten lachten nicht, so der Patriarch aus der großen Wüsten mitgebracht. Saßen alle 7 in grauen Röcken auf den Kameelen in der Weis wie die Türken pflegen, und war fast von den ganzen Kerlen nichtes zu sehen, denn der lange Bart und die brennenden Augen. Selbige hatten sie aber steif und fest auf das rothe Kreuz in dem apostolischen Banner gerichtet, das aus der obersten Luken des Thurmes von St. Vigilio wie ein ungeheures Schiffssegel bis auf die untersten Häuser der Stadt gar majestätisch wehete und wallete und woogete; denn sie bekreuzeten sich ohne Unterlaß, und rühreten die Lippen, als beteten sie inbrünsitg das Panier der Erlösung an. Darum acht ich, haben sie auch wohl so wenig gesehen und gehöret, was um sie fürging, als der Kerl mit dem Strohhut.

In Summa: ich hatte alle Tag und Augenblick neue Kurzweil, nahm aber kein Antheil an den großen Lustbarkeiten, als Ringelrennen, Schlittenfahren, Ballspielen, Wettreuten, Glückstöpfen, eine Art Lotterie. Mummenschänzen u. s. w., so der Adel alle Tage veranstaltete. Denn dieweil hier die schönsten Weiber aus allen Königreichen und Landen mit ihren Aeltern, Vormündern, Muhmen und Basen zusammengekommen, umb sich Männer zu suchen, etliche aber auch wohl aus anderer Ursach, befürchtete ich, daß ich etwan an einem Metzlein möchte bekleiden bleiben, und meiner Julia wie meines Gelübdes vergessen. So waren hier ebenmäßig auch die fürnehmsten, schönsten und reichsten Junggesellen von Adel zusammengeflossen, um sich Weiber zu suchen. Denn man vermeinte, daß eine Hochzeit, so unter den Flügeln und dem Schirm des heiligen Geistes allhie geschlossen würd, von absonderlichem Segen wär. Daraus mag man nu greifen, welcher Pracht und Schönheit zu Tage kam.

Und hatte das junge Volk einen eigenen Festkönig gewählet, so ein junger Grafe Solms war, dieweil er fast alle Sprachen redete, und immer neue Lustbarkeiten aussann, auch dem einen eine schöne Braut, der anderen hergegen einen schönen Bräutigam zuführete, so daß oft hurdi, purdi des Tages 7, 8 Hochzeiten fielen. Denn das Concil zu Trident beschloß erst später die freilich schon früher angeregte, aber wieder in Vergessenheit gekommene Nothwendigkeit des Aufgebots. Schon das Concil zu Constanz (1414) wurde auf diese Weise von den Heirathslustigen aller Länder ausgebeutet. Auch hatt er angeordnet, daß Männer und Weiber nur in den kirchlichen Farben gehen durften, als schwarz, weiß, roth, violett, wo man denn oftermalen, wenn sie in die Meß ritten, etliche hundert adliche Junggesellen in rothem Sammet mit güldenen Ketten, und ebensoviele adliche Jungfern in rothen sammtenen Kleidern mit güldenen Kleinodien und auf weißen Zeltern gar herrlichen einherziehen sahe.

Aber an eim Montage, als man am Sonntage in der Epistel adjuvantes autem exhortamur 2. Cor. VI. 1. d. i. am Sonntage Inocavit. gesungen, und der Priester schwarz ans Altar gekommen, hatte dies junge fürstliche und adliche Gesinde den allerstattlichsten Aufzug, desgleichen wohl nimmer auf Erden gewest ist, noch sein wird; denn was die ganze Welt Schönes und was die ganze Welt Unschönes an Weiberfleisch erboren, kam allhie auf eine gar lächerliche Weis zu Hauf. Und war das Ding so geschaffen:

Der größeste Theil aller italischen Prälaten lag in dem bischöflichen Palast des Cardinals von Trident, Christoph Madrutius, zur Heerbergen. Selbiger Palast ist aber ein gut Eck von der Stadt belegen, dorten gar säuberlich von Bernhard Olesius erbauet, und rings mit Wällen und Bollwerken wie ein groß Castell versehen.

Alldieweilen nu ein jeglicher Prälat eine oder mehrere alte Weiber bei sich hatte, so ihme die Kleider nähen, waschen, Betten machen und sonsten Handreichunge thun mußten, selbige aber nicht mehr von wegen der andern großen Dienerschaft und der Zahl der Rosse auf dem bischöflichen Platz Raum hatten, sondern zur Nacht in der Stadt, ich sprich nit in welchem Nonnenkloster in den Kreuzgängen umherlagen, begab es sich, daß des Morgens, wenn die Prälaten nach St. Maria maggiore zur Berathung gefahren, besagte alte Weiber in ganzen hellen Haufen aus dem Kloster rücketen, um ihr Handwerk hierzwischen auf der bischöflichen Burg wahrzunehmen.

Solches hatte mein Graf Solms ausgekundschaftet, reitet darum mit seinem stattlichen Gesindlein vor die Stadt, und stellen sich rechtes am Wege die Junggesellen, und linkes die Jungfern hoch zu Roß auf, also daß die alten Vetteln, wenn sie widder einher trolliret kämen, hindurch mußten. Und ging nu alles junge fürstliche und adliche Blut, wie der Priester des Tags zuvore, nämlich in schwarzem Sammit, nur das Mannsvolk in kurzem spanischen Mantel, mit güldenen Ketten und Medaglien verzieret, auf dem Haupt ein schwarz Birett mit weißen Straußensfedern, und an der Satteldecken, so ebenmäßig von schwarzem Sammit war und in allen Ecken eines Jeglichen Wappen mit allen Helmen, Farben und Schilden trug, hinge das Schwert bis zu den Sporen gar niedlich herab. Just so das Frauenzimmer auch in schwarzem Sammit, mit weißen Straußensfedern auf den schwarzen Kappen, einem zierlichen Zobelhäublein um den Hals, item mit güldenen Spangen und Ketten Hände und Brust verzieret, und an den Satteldecken ebenmäßig ihre buntgestickten Wappenschilder. – Und vor das Schwert trug eine Jegliche an langen, güldenen Schnürbändern ein roth Körblein mit güldenen Reifen in Gestalt einer umgekehrten Königskrone, welches mit dem Nasentüchlein, Riechwasser, Liebesäpfeln vor die jungen Herrn etc. angefüllet war, und ihnen auch, wie dem Mannsvolk das Schwert, bis auf den Steigbügel und den niedlichen Absatz gar zierlich niederschwebete.

Als nu die alten Weiber antrottiret kamen, etwan 120 an der Zahl, alles zitrongelbe, bärtige, garstige Vetteln, wohl keine unter 50 Jahr, und mein Solms sprach: »Junkern, jetzo lasset uns ein hübsche Braut aussuchen!« entstund schon ein groß Gelächter unter dem Adel und allem Volk, das dem Trott nachgelaufen war. Als sie aber näher rücketen und in die schöne Gasse traten, hätte der Teufel wohl selbst schwören söllen, daß das Fleisch droben und das Fleisch drunten nimmer einerlei Fleisch wär. Denn was Unschönes die Welt erboren, gläubete man allhie auf einem Hauf zu sehen, anerwogen die Prälaten sie sich wohl mit Fleiß ausgesuchet, wie ich erachte, um dem bösen Leumund zu wehren.

Als nu mein Solms gleich anhube sie zu närren, und zu einer sprach: »Mütterlein, ihr dienet wohl bei eim Cardinal, Euch seind ja selbst die Augen im Kopfe roth,« hob der Hauf schon an zu grunzen, aber sagete noch Nichtes; doch als ein lustiger Landsknecht einer lahmen Vettel zurief: Heda Mütterlein, Ihr seid wohl sehr weit her, Ihr habet ja einen ganz andern Gang als andere Leut, stund der Hauf schon still, und etliche hoben einen Kyff an, als er aber gleich daraus weiters auf eine Vettel wiese, so einen großen Kropf auf der Brust trug, und sprach: sehet, die ist gewiß gut kaiserlich, denn sie träget ja gar den Reichsapfel unter der Kehlen, brach das Hummelnest von allen Seiten aus. Kreischeten, flucheten und dräueten mit hohen Fäusten, worauf unter allem Volk fürnehm und Geringe ein also großes Gelächter entstunde, daß es nicht zu sagen ist.

Aber so ergehet es den armen Priestern; nehmen sie junge, stramme Metzlein in Dienst, wie die Herren auf der Kirmeß, werden sie verspottet; nehmen sie alte, leidige Vetteln, werden sie auch verspottet; darumb sie nehmen, welche sie wöllen, verspottet werden sie immer.

Doch meine Weiber wieder anlangende, so kunnte Niemand verstehen, was sie sageten, obschon ihnen die Mäuler nit minder schäumeten, wie den Pferden über ihrem Kopf, und sie allzumalen durcheinander wieherten, so laut sie kunnten.

Man sollts aber bald erfahren. Denn sie macheten wieder links um, und rücketen alle vor St. Maria maggiore, um den Prälaten gleich ihr Leid zu klagen, wann sie aus der Kirchen kämen.

Und ließ auch in Wahrheit etliche Stunden darauf der bischöflich trentische Marschall und Oberster der Leibwache, Johannes Freiherr von Firmian, bei Trummetenschall und Trommelwirbel ausrufen: wer die Weiber des hochwürdigen Clerus äffete und närrete, fülle ohn Ansehn der Person ufgegriffen, und drei Tage bei Wasser und Brod in den Thurm gesperret werden.

So kam nu letzlich der Tag, an welchem die sechste Session fiel historisch einige Monate später. Das Concil, auf welchem 25 Sessionen vorkamen, währte bekanntlich mit einiger Unterbrechung 18 Jahre. des heiligen Concils in der Thumkirche gehalten werden sollte. Denn alsdann pflegeten alle Väter, so bis dahin einzeln zusammengekommen und berathen, in pleno in die Thumkirche zu ziehen, und alldort der Christenheit unter großen Cäremonien ihre Canones und Decreta, das ist ihre Satzungen und Beschlüsse im Namen des heiligen Geistes allererst zu verkündigen und zu beschwören. Auch hatten die protestirenden teutschen Stände ihre Gesandten anher geschicket, dieweil sie aber merketen, daß die Väter ihr alt Liebel von der Gerechtigkeit aus dem Glauben ohne die Werke nicht mitpfeifen, sondern in der nächsten Session just das Widerspiel als christliche Lahr verkündigen würden, waren sie alle wieder ihrer Straßen gezogen.

Nu aber hab ich schon gesagt: welche große Menschheit in Trent zusammengekommen, um die 6. Session zu sehen, in der Lutheri Lahr verflucht werden sollte. Darum hatten die Väter lange berathen, wie sothane Menschheit von der Thumkirchen abzuhalten, daß sich nicht ein groß Hauf todt drückete, und letzlich beschlossen, ein blechern Scherflein mit dem Wappen des Cardinals von Trent auszugeben, so daß alle, welche das Scherflein fürwiesen, freien Eintritt hätten, die andern aber nicht. So gewann ich denn auch ein solch Scherflein durch den vorgenannten Erzbischof von Prag, und stellete mich zu guter Zeit vor St. Maria maggiore ein, von wannen der große Zug in die Thumkirche gehen sollte. Auch standen allhie bereits 2 tausend kaiserliche Hakenschützen, welche bis dato zum Schirm der hochwürdigen Väter und eines gemeinen christlichen Concils auf den Dörfern um die Stadt gelegen, in einer langen Gassen bis zur Hauptporten der alten Basilica des heiligen Vigilius. Und ging nunmehro der stattliche Zug unter Fürtragung des Kreuzes und dem Geläute aller Glocken in jetzt folgender Ordnung für sich:

1) der oberste und erste Präsident des heiligen Concils, Johannes von Präneste, hatte die päbstliche Tiara auf Wenigstens ist er so abgebildet auf dem Titelkupfer von Paul Sarpis Geschichte des tridentinischen Concils. und vier Fürsten des heiligen römischen Reichs in voller Rüstung und alle auf 4 schloweißen Rossen, trugen den Baldach über seinem Haupt, so eins theils gelb, eins theils roth war, und auf der Spitze einen güldenen Engel zu sitzende hatte. Die Schleppe seines rothen Mantels wurde ebenmäßig von vier schloweiß gekleideten Acoluthis getragen.

2) Just so die anderen Cardinäle und legati apostolici, sechs an der Zahl, nur daß sie unter keinem Baldach gingen, wie auch die zwo Cardinales non legati, welche folgeren, als der Herzog Carl von Lothringen, Erzbischof von Rheims und der Cardinal von Trent, in Summa 8 Cardinale, so alle von Purpur, Gold und Edelsteinen blitzeten.

3) Die geistlichen Redner des heiligen Concils, ihrer Zahl nach 5.

4) Die weltlichen Redner ihrer Zahl nach 10, aus allen Königreichen und Landen.

5) Die Gesandten des Kaisers und der christlichen Könige, an der Zahl 16.

6) Die 4 Patriarchen von Jerusalem, Assyrien, Aquileja und Venedig.

7) Die Erz- und Bischöfe aus allen Königreichen und Landen, alle in pontificalibus, so ebenmäßig von Gold und Edelsteinen blitzeten, und mit dem Krummstab in Händen, ihrer Zahl nach 257.

8) Die Procuratores der abwesenden Bischöfe, an der Zahl 11.

9) Die infulirten und nicht infulirten Aebte, ihrer Zahl nach 8.

10) Die acht Ordens-Generale der Dominicaner, Minoriten, Augustiner, Servilen, Carmeliter, Jesuiter und Capuziner.

11) Die beeden Procuratores des Ordens der Clumiacenser und Cistertienser.

12) Die Doctores Theologiae aus allen Königreichen und Landen, bei 50 an der Zahl.

13) Die Doctores des canonischen und weltlichen Rechtes aus allen Königreichen und Landen, der Zahl nach 21.

14) Ein groß Hauf Theologie aller Art, wohl bei 100 stark aus den unterschiedlichen Mönchsorden, worunter auch die Eremiten aus der großen Wüste und zu meiner steifen Verwunderunge, mein alter Vater Julius von Althan;

15) Die vier Officiales und Ceremonien-Meister des heiligen Concils;

16) Die Cantores und Spielmeister ihrer Zahl nach 9, worunter der König der edlen Musica Giovani da Palestrina, dessen wunderbarliche Messe heut allererst sollte gesungen werden.

17) Die 3 Notarien, und zuletzt die Boten.

Nunmehro kam die weite, wachsende, wimmelnde Menschheit nachgestürzet in so dicken Haufen, daß es nicht zu sagen ist, und ich mir am Abend beede Ellenbogen blau gestoßen. Und da die meisten kein Scherflein aufzuweisen und die Hakenschützen sie von der Kirchen zurückscheucheten, brachten sie lange Leitern herbeigeschleppet, hoben alle Kirchenfenster aus, und hingen an den Kirchenwänden in langen Trauben zur Erde hinab wie die Immen zur Schwarmzeit.

Ebenmäßig wimmelte es drinnen. Oben und unten auf allen Emporkirchen, Grabmälern, Heiligenbildern etc. nichtes, denn Kopf an Kopf. Ich ward aber ein gut Eck hineingedränget, so daß ich Alles sehen kunnte.

Und betrat hier zuerst vorgenannter oberster Präses den päbstlichen Stuhl, zu deme 3 mit Purpur bedeckte Stufen führeten, und der gar herrlich auf der rechten Seiten des Altares errichtet war, worauf sich die anderen Legaten nebst den geistlichen Rednern zur Rechten des Thrones satzeten.

Darauf die weltlichen Gesandten mit den weltlichen Rednern zur Linken, und nu alle Andern nach Rang und Würden, worauf auch die heilige Geist-Messe, von Palestrina begunnte, so gewaltig, groß und wundersam, daß alsbald alle Menschheit zu schlucken begunnte, selbst der celebrirende Priester im Altar, Petrus Landus, Erzbischof von Creta unter dem Offertorium für Rührung oft nicht weiter kunnte, deme Cardinal-Präses auf dem Throne immer die hellen Thränen in Strömen aus den Augen liefen, und alle Väter ebenmäßig schlucketen, oder die Arme gen Himmel huben, um Gott zu danken vor diese Musik der Engel, so er zur Verherrlichung seines allerheiligsten Namens einem armen Menschen eingegeben. O Messe der Messen! darum sagte auch mit Recht unser heiliger Vater Pabst, als er sie nachgehends zuerst gehöret und den Meister an sein Herze gezogen: mein Johannes, diese Musik ist zu schön für menschliche Ohren, das ist die Musik der Engel und Heiligen im Paradiese!

In Summa: als die Meß zu Ende, und alles Volk, Priester und Lai, in Wahrheit wie voll des heiligen Geistes war, stund der hochwürdigste Cardinal-Präses auf, und sprach mit lauter Stimmen also:

Im Namen der heiligen und untheilbaren Dreieinigkeit, zum Lobe und Ruhm des allmächtigen Gottes, zur Beruhigunge der Kirchen und zum Heil aller Seelen, Amen. Alldieweilen in dieser Zeit nicht ohne den Verlust vieler Seelen und den Abgang der kirchischen Einigkeit eine gar irrige Lehre über die Rechtfertigung ausgebreitet worden, so beschleußt dies hochheilige, öcumenische und generale Concil, auf welchem im Namen und auf Befehlig des allerheiligsten, allerhochwürdigsten und allerdurchlauchtigsten Vaters in Christo, Paulus des dritten, Wir Johannes Maria, Bischof von Präneste, der heiligen römischen Kirchen Cardinal, die apostolische Presidenza des heiligen Petrus führen, allen Gläubigen in Christo die wahre und gesunde Lehre von der Rechtfertigung fürzustellen, welche die Sonne der Gerechtigkeit, Jesus Christus, der Vollender und Urheber unsers Glaubens, gelehret, die Apostel überliefert und die katholische Kirche unter Beistand des heiligen Geistes je und je festgehalten, und befiehlt dieses hochheilige, ökumenische und generale Concil der gesammten Christenheit auf Erden, daß Niemand sich unterfangen soll anders zu gläuben, zu predigen und zu lehren, als allhie geprediget und gelehret wird. Größtentheils wörtlich. Man sehe Conc. Trident ed. colon. p. 39. 40.

Als er dieses gesaget, trat ein Bischöfe, so ich aber nicht kennete, an einen Nebenalter zu dem wunderbaren Crucifix, um die articulos synodales de justificatione zu verlesen. Dieses Crucifixe wird für allen das heilige genennet, und meinet man, daß es St. Vigilius Vigilius, Bischof von Trident, als ein frommer, gelehrter und wunderthätiger Mann gerühmt, soll im Jahr 400 oder 405 den Martyrertod erlitten haben. Sein Gedächtnißtag wird den 26. Juni gefeiert., als er hierselbsten den Thum gegründet, auf wunderbarliche Weise empfangen. Und in Wahrheit weiß Niemand, aus welcher Materia es gefertiget, wie ich mir denn selbsten die Augen nachgehends fast darumb abgesehen. Was aber das Mirakel anlanget, so sich damit in währender Session zutrug; so hab ich es mit vielen Anderen mit nichten gesehen, weil ich die Augen wohl anders wo gehabt.

In Summa: an dieses Crucifixe, so die Höhe eines natürlichen Menschen hat, trat vorgenannter Bischof, und las nu 16 Capita von der Justification für, als daß wir nicht allein durch den Glauben gerechtfertiget würden, sondern wie und warumb auch die Werke hinzukommen müßten, wenn wir wollten selig werden, welches Alles ich hier des Ausführlichen übergehe, inmaßen diese Decreta hierzwischen der ganzen Christenheit bekannt geworden. Aber als er zum Schluß die Worte der Schrift, Römer am zweiten sprach: dann wird einem Jeden von Gott Lob wiederfahren, welcher einem Jeglichen geben wird nach seinen Werken, entstunde plötzlich ein so großer und ungeheurer Schrei der ganzen Menschheit, als wenn das ganze Gewölbe der Kirche eingestürzet, oder der jüngste Tag gekommen wär.

So stund nu gleich der Cardinal-Präses von seinem Thron auf, bedräuete das Volk und fragte: was sie hätten? worauf die Meisten schrieen, auch viele von denen, so an den Fenstern und Heiligenbildern kleideten, ebenmäßig schrieen: das heilige Crucifix hätte dreimal gar merklich zum Schluß das Haupt geneiget, Berkmayers Antiquit. Thl. I p. 506. ff. Rogishard delices de l'Italie p. 31. in währendem schon aller Orten, Bischöfe, Priester und Laien sich auf die Kniee wurfen und so nahe hinankrochen, als sie kunnten, um es anzubeten. Hergegen riefen wieder Andere, worunter ich selbsten, daß sie Nichtes gesehen, und ward so die ganze Kirche strittig.

Da bedräuete der hochwürdigste Präses abereins das Volk und sprach: Wir haben hier jetzunder nicht zu untersuchen, ob das heilige Crucifixe das Haupt geneiget oder nicht; denn wir wissen dennoch, daß der Herr mitten unter uns ist, wie er gesaget: ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Darum befehle ich Euch vor dem Angesicht des allgegenwärtigen Gottes Ruhe und Stillschweigen, und frage nunmehro im Namen unsers Allerheiligsten Vaters in Christo, Pauli des dritten, alle Väter dieses heiligen ökumenischen und generalen Concils:

Ist dies der Glaube der heiligen Apostel Petrus und Paulus, so wir gehöret; ist dieß der Glaube unserer Väter und der Glaube aller Rechtgläubigen der Welt?

Da erhoben sich alle Väter von ihren Sitzen und riefen aus einem Munde: er ist es, er ist es!

Fragte selbiger weiters:

Gläuben wir Alle so, fühlen wir Alle so, bekennen wir Alle so?

Sprachen wiederum die Väter: so glauben wir Alle, so fühlen wir Alle, so bekennen wir Alle!

Fragte selbiger zuletzt:

Wollet ihr auch Alle als die Herolde der Wahrheit diesen Glauben verkünden, behalten und bewahren, so wahr euch Gott helf, hier zeitlich und dort ewiglich?

Riefen sie alle wieder: wir wollen ihn verkünden, behalten und bewahren, hier zeitlich und dort ewiglich, Gott helfe, Amen, Amen, Amen! Größtentheils wörtlich loc. cit. p. 346.

Da nunmehro die Vermaledeiung der lutherischen und anderer Ketzereien in der Lehre von der Rechtfertigung für sich gehen sollte, hube das Orgel an mit jämmerlichen Tremulanten das dies irae, dies illa zu spielen, in währendem alle Lichter auf dem Hochaltar und den anderen Altären ausgelöschet, das Sakrament und das heilige Crucifixe mit schwarzem Flor verhüllet wurden, und alle Väter ihre Hirtenstäbe umkehreten.

Darauf trat vorgenannter Bischof abermalen an das verhüllte Crucifix und las 33 Canones gegen die ketzerischen Lehren für, doch also, daß er keinen Ketzer mit Namen nenntete, weder Lutherum noch einen andern. Aber ich kunnte gar leichtlich spüren, wo es auf Lutherum zielete, und Alles, was wir Junkern aus einfältigem Herzen an ihme verdammet, wurd hier auch verdammet, als insonderheit

Canon IV.

Verflucht sei, wer da saget, daß der Mensch bei seiner Bekehrunge wie ein unlebendig Ding sei, und nichts könne, als sich passive verhalten.

Canon IX.

Verflucht sei, wer da saget: daß der Sünder durch den Glauben allein gerechtfertigt werde.

Canon XXV.

Verflucht sei, wer da saget: daß auch jegliches gute Werk, so der Gerechte thut, für Gott Sünde ist, auch die ewige Verdammniß verdienet und er nur darumb nit verdammet werde, dieweil ihme Gott diese Werk nicht zur Verdammung anrechnet.

Canon XXVII.

Verflucht sei, wer da saget, daß keine andere Sünde in der Welt sei, denn der Unglaube.

Darauf, als so alle Canones fürgelesen, erhob sich wiederum der hochwürdigste Präses und sprach:

Alldieweilen der Sohn des lebendigen Gottes zu seinen Jüngern gesprochen: » Wer Euch höret, der höret mich, und wie mich mein Vater sendet, so sende ich EuchLucas X, 16, vergl. Joh XX, 21. so frage ich Euch Hochwürdigste Väter in Christo, die ihr die Vollmacht dieser Jünger durch die apostolische Nachfolge aller Zeiten und Jahrhunderte überkommen und aus diesem hochheiligen ökumenischen Concil, wie die Apostel zu Jerusalem im heiligen Geiste versammelt seid, ich frag Euch: ob alle diejenigen, so diese Lehren ausgesonnen und verbreitet, auch von Christo als seine Jünger gesendet und die apostolische Nachfolge durch alle Zeiten und Jahrhunderte wie Ihr empfangen haben, und nachzuweisen vermügen?

Hierauf stunden alle Väter auf und riefen: nein, nein, nimmer, nimmer!

Und abermalen frage ich Euch: ob diese Lehren, so ihr gehöret, die Lehren der heiligen Apostel Petrus und Paulus, die Lehren unserer Väter und aller Rechtgläubigen der Welt sind und je gewesen seind? worauf sie wieder riefen: nein, nein, nimmer, nimmer!

Und zum drittenmale frage ich Euch: ob Ihr dahero mit St. Paulo, Galater am ersten, diejenigen verfluchet und vermaledeyet, und wären es Engel vom Himmel, so der Christenheit ein anderes Evangelium predigen, als wir durch alle Zeiten und Jahrhunderte an allen Orten und an allen Enden der Welt ihr geprediget haben?

Worauf sie alle wieder riefen: wir verfluchen und vermaledeien sie, Amen, Amen, Amen!

Nu wurd die ganze Kirche ein Weil stille, so daß man draußen das Ticken des Uhrwerks hören kunnte, bis allgemach die Lichter wieder angezündet, die Flortücher von dem Sakrament und dem heiligen Crucifix genommen wurden, auch die Väter ihre Hirtenstäbe wieder umkehreten, und der Erzbischof von Creta nunmehro zum Schluß den ambrosianischen Lobgesang anstimmete.

Aber wo nu unter diesem Immenschwarm meinen lieben Vater finden? Alles Suchen war vergeblich und ging mir letzlich bei, den Erzbischofen von Praga nach ihme zu fragen. Denn da er zu desselbigen Sprengel gehörete, kunnte ich vor mir selbsten wohl abnehmen, daß er nimmer seine Wälder und das stille Hüttlein drinnen verlassen und sich in diesen Rumor begeben, wenn er nicht gar strengen Befehl gehabt.

Und erfuhr ich in Wahrheit daselbsten, daß der Klausner im Capuziner-Kloster wär, aber schon inwendig zween Stunden mit seinem Erzbischöfen wieder nach Böheimb abreisen würde. Eia, wie freuete ich mich nu, als ich ihn letzlich gefunden, küssete ihm Hände und Füße und: ob er in Altensteig gewest und meine liebe Julia gesehen, und was sie mache?

Da gab er mit schwerem Seufzen zur Antwort: ich bin dorten gewest, lieber Sohn. Sie hat Dir durch ihr thöricht Gelübd eine schwere Last aufgelegt, und sich vielleicht noch eine größere. Doch hoff ich, ist das Kindlein, so sie unter ihrem Herzen träget, erst zur Welt geboren, daß selbiges sie schützen wird für den Thorheiten ihres Geschlechts.

Ego. Ach mir fällt alle Tage ein, was Ihr gesaget, nämlich: Wenn Adam nicht liederlich im Garten herumgeloffen wär und Evam alleine gelassen, hätte die Schlange ihme nicht sein Weib verführen können. Aber ich mußte ja laufen und sie alleine lassen, mein Vater! nicht wahr? sprechet hab ich Recht gethan oder nicht?

Ille. Du hast ganz recht gethan, mein Sohn, und hab ich darumb auch deinen alten betrübten Vatern so gut ich kunnte, getröstet, wie dein arm, weinend Weib. Aber ein hart Ding ists vor einen jungen Kerl, der die Scylla vermeiden will, daß er nicht in die Charybdis fället. Ich weiß, welche Arbeit es mir gekostet, daß ich den Sieg errungen!

Ego. Ach herzer Vater, saget mir, was ich thun soll, daß ich auch meine und ihre arme Seele rette!

Ille. Das sag ich dir zum Besten durch eine Gleichniß. Darum höre! Du mußt, wenn du die Seele retten willt, zuerst den Junker Fleisch bezwingen, dieweil er oftermalen mächtiger ist, denn der Teufel selber. Geht immer gleich zu einer jungen, flinken und lachenden Metze, die Phantasei genannt, und bittet sie um Hülf wider die Seel. Selbige ist auch nit faul, springt dem Junker gleich bei und klopfen sie darauf bei einer schnippischen, altklugen, leidigen Vettel, Jungfer Vernunft an. Solche thut nu zwar anfänglich gar keusch und schnöde, schwätzet, wie die alten Jungfern pflegen, von Ehre, Pflicht und Gewissen, schwöret auch wohl, die arme Seel nimmer zu verlassen. Aber Jungfer Phantasei kennet die alte schnöde Vettel besser. Langet gleich ein schön, blank Bilderbuch herfür, und spricht: ei liebe Schwester, wenn du so böse bist, wollen wir das Ding anstehen lassen, und lieber erstlich Bilder besehen. Da gehts denn bald Jungfer Vernunft, wie allen alten Jungfern; die Bilder bezäubern ihr also die Augen, daß sie letzlich nichts mehr höret und siehet, und just das Widerspiel von deme spricht, was sie früher gesprochen. Inzwischen aber schreiet dann die arme Seele um Hilfe. Hat nur noch einen Beistand, der mit dem Junker Fleisch in die Schranken reuten kann, und das ist Junker » Wille.« Aber nimmt mein Wille nicht drei Nonnen zu sich, wird er nimmermehr den Kampf bestehen. Und ist die erste Nonn Frau Oratio, das Gebet. wie denn der heilige Chrysostomus in Wahrheit sagt: nichts ist stärker, denn ein betender Mensch. Aber Junker Fleisch achtet diese einzelne Nonn allein wenig. Kützelt den Junker »Willen« aller Orten, und die Vetteln kommen ebenmäßig herzugesprungen und halten ihme das Bilderbuch für, also daß er bald aus dem Text geräth. Muß dahero die zwote Nonn rufen, die heißt: Frau Abstinentia; das Fasten. die mag mein Junker Fleisch nicht für seinen Augen sehen, und lässet darum oftermalen schon die Lanze fahren, wenn sie angeschlichen kommt. Thuet ers aber nicht, so muß die dritte Nonn zu Hilfe gerufen werden, heißt Frau Castigatio, die Kasteiung. kommt mit Blut und Striemen, und stehen sie nu alle drei Mann für Mann dem Junker Willen zur Seite, springet unser Herr Gott selbst hinzu, der herrliche Sieg ist gewonnen; der tapfere Wille wandelt sich durch die Erbarmunge dessen, der mit Israel gerungen, in einen Engel, und nimmt die freudige Seel in seine Arme und führet dann mit ihr jauchzende zum Himmel.

Hätte das Lutherus bedacht und die drei Nonnen zu Hülfe gerufen, anstatt sie zu verhöhnen und zu verspottende, Junker Fleisch hätte ihn wohl laufen lassen söllen. Aber nu kriegte Junker Fleisch ihn unter, und als er auf dem Rücken lag, schriee er in Wuth und Verzweiflung durch die ganze Christenheit: »daß es mit dem freien Willen nichtes sei!« seine bekannte, schon citirte Schrift gegen Erasmus, de servo arbitrio.

Aber wie mir diese 3 einsamlichen Nonnen nächst Gott geholfen und Tausenden geholfen, so werden sie Dir auch helfen lieber Siegmund, wenn du sie anschreiest in deiner Seelennoth!

Als er soweit gekommen, trat ein Diener in's Zimmer, der sprach: nu wärs Zeit, der Vater müge eilend kommen; Seine Gnaden wölle fahren, worauf ich weinend zur Erden knieete und meinen Vatern zum Abschied um seinen Segen und sein Gebet vor mich und mein liebes Weib bat, daß wir den herrlichen Sieg gewönnen. Möchte auch, wo müglich wieder in Altensteig ansprechen, und etwan auf der Burg die Nachtheerberge nehmen, item meiner Julia alles erzählen, was fürgefallen, sammt der schönen Gleichnißrede, daß sie auch daran dächte die drei Jahre über, wie ich dran denken würd, was er auch, wo müglich zu thun versprach. Und als er nun fürbaß ging, lief ich noch ein groß Eck mit ihme bis an die bischöfliche Heerberge und fragete: wie es doch kommen, daß er auch aufs Concil gezogen, worauf er zur Antwort gab, wie ich vermuthet, als nämlich: daß der Bischof es ihme bei seim Gehorsam anbefohlen, anerwogen er wie die andern Klausner aus Teutschland, Italia, der Schweiz, Frankreich und andern Landen, so das Concil besuchet, hätten Auskunft geben müssen: welche Früchte die lutherische Lahr von der Gerechtigkeit aus dem Glauben im Volk getragen, woraus sie alle einmüthiglich gerufen: es wären gar arge und faule Frücht! Schließlich sprach er auch noch, daß er gerne zu Fuß wieder heimgewandert wär, aber er müsse gehorchen und mit fahren, dieweilen Sr. Erzbischöflichen Gnaden es ebenmäßig befohlen.

Da schieden wir Beede mit Thränen, und saß ich noch ein Tag traurig auf meinem Dachkämmerlein, als Herr Sigmund von Aon und andere Herren mir meine Briefe an die Römisch-kaiserliche Majestät sendeten, und ich des dritten Tages wieder meiner Straßen ritte.

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