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VIII.
Tausend Spuren – wo ist die rechte?

Dienstag, den 31. März.

Grau, schwer – traurig. Wie gestern, nur etwas kühler noch. Ich erwachte erst sehr spät nach einem bleischweren Schlaf in den ersten Morgenstunden und ich blieb noch ein wenig liegen, um die ganzen Ereignisse vor meinem Auge vorüberziehen zu lassen. Aber der schwere Schlaf hatte das seine getan, mein Hirn war schlaff, wenig geschmeidig und unzuverlässig. Ich war unaufgelegt, müde und hatte Lust, den ganzen Tag liegen zu bleiben.

Und doch war in dieser Nacht etwas geschehen, das mir eigentlich die größte Spannkraft geben sollte.

Als ich in der Nacht zu Bett ging, vermochte ich nicht zu schlafen. Ein Bild jagte das andere und ich warf mich hin und her. Ich fühlte mich heiß werden, obgleich das Fenster weit geöffnet war. Meine Nerven waren aufs äußerste gespannt und bebten. Ich konnte mich nicht beruhigen, mich nicht in Einklang bringen mit der Ruhe der Nacht.

Plötzlich hörte ich einen Laut.

Als ob eine Tür geöffnet würde.

Blitzschnell war ich aus dem Bett, warf mir den Mantel über und schlich hinaus. Wieder knarrte die verdammte Tür. Ich kam aber doch einigermaßen leise bis auf den Korridor. Da hörte ich jemand unten in der ersten Etage vorsichtig auf Zehenspitzen gehen. Es waren leichte, kurze und beinahe lautlose Schritte, die Schritte einer Frau.

Sie näherten sich, kamen auf mich zu.

Ich schaute mich nach einem Versteck um und glitt eilig hinter die halboffene Tür vom Flur zur Treppe. Hier stehe ich nun, so dachte ich, an derselben Stelle, wo vor nicht einmal ganz zwölf Stunden auch der Mörder gestanden hat. Mein Herz hämmerte vor lauter Spannung. Ich fürchtete mich buchstäblich vor dem Augenblick, wo ich den Schleichenden erblicken sollte.

Durch die Türspalte hatte ich eine gute Übersicht. Es war nicht ganz dunkel. Ich konnte die Umrisse des Treppengeländers sehr gut sehen.

Außerdem mußte sich die Kommende scharf gegen das hellere Fenster abzeichnen. Ihren Umriß würde ich sehen können und vielleicht konnte ich sogar erkennen, wer es war.

Sie ging mit der größten Vorsicht und kam langsam Stufe für Stufe aufwärts.

Als sie am Fenster vorbeihuschte, erkannte ich sie sofort an der Figur. Sie schlich schnell und lautlos vorbei, kam mir so nahe, daß ich sie hätte greifen können. Dann ging sie die nächste Treppe hinauf.

Es war das Mädchen Maja.

Noch eine kurze Zeit blieb ich stehen. Dann schlich ich leise nach unten und zur Haustür. Alles war ruhig. Kein Laut zu hören. Draußen begann es bereits heller zu werden. Ich schloß die Tür auf und ging langsam und behutsam durch den engen Kreuzgang bis zu der Stelle, wo ich den Schnee gestreut hatte.

Das Licht meiner Taschenlampe blitzte auf.

Auf der dünnen Schneedecke zeichneten sich deutlich die Spuren eines Damenschuhes ab. Die Spur führte in der Richtung des neuen Hauses und wieder zurück.

Einige Minuten blieb ich stehen.

Dann ging ich wieder in mein Zimmer und legte mich.

*

Gleich nach dem Frühstück begann das Verhör. Ich vernahm, der Kommissar und Fink-Martens hörten aufmerksam zu, während der Polizist schrieb, daß die Tinte spritzte. Ich will das zu sehr ins einzelne gehende Protokoll nicht wiederholen. Es liegt sowieso den Berichten bei. Nur einiges will ich hervorheben.

Frau Mohn war die erste Zeugin. Sie hatte sich in den bewußten Minuten der Tat in der Nähe der Küche aufgehalten, jedoch nichts gehört oder gesehen.

»Sie haben zwei Mädchen?« fragte ich.

»Ja, Signe und Maja und dann die Köchin.«

»Kennen Sie die Mädchen näher?«

»Signe ist die Tochter eines Bauern unten aus dem Dorf. Sie ist seit fünf Jahren bei mir. Die Köchin ist vier Jahre hier oben. Für beide kann ich einstehen.«

»Und Maja?«

Frau Mohn zögerte ein wenig und wollte nicht so recht mit der Sprache heraus.

»Kennen Sie sie?«

»Nein eigentlich nicht. Sie kam erst vor drei Wochen durch ein Stellenvermittlungsbüro in Oslo zu mir.«

»Sind Sie zufrieden mit ihr?«

Frau Mohn dachte nach.

»Ich werde sie nicht länger behalten, höchstens noch die Ostertage über.«

»Warum nicht?«

»Ich mag sie nicht. Sie ist langsam und unzuverlässig.«

»Und dann kann sie keine Lampen putzen und sich den Zimmern der Gäste fernhalten«, flocht ich mit einem Lächeln ein.

»Haben Sie das auch bemerkt«, fragte sie treuherzig und überrascht, und sie schien bereit, das Thema noch weiter auszubauen. Aber ich unterbrach sie rechtzeitig.

»Wo waren die Mädchen zur Zeit des Mordes?«

»Die Köchin und Signe wuschen das Geschirr ab. Truuls war auf seiner Kammer, wie er sagt. Aber wo Maja war, weiß ich nicht. Ich werde sie fragen.«

»Das werden Sie nicht«, sagte ich bestimmt. »Warten Sie noch ein wenig.«

Die nächste Zeugin war Maja Thorsen. Sie machte einen nervösen, zerfahrenen Eindruck, war aber sonst sehr sicher und bestimmt in ihren Aussagen. Sie wäre auf ihr Zimmer gegangen und dort gewesen, als der Mord begangen wurde.

Was sie dort getan hatte?

Sie wäre hinaufgegangen, um Schnee, der in der letzten Nacht durch die offene Dachluke gefallen war, wegzufegen.

»Ich gab Ihnen keine Anweisung dazu«, sagte Frau Mohn.

»Nein«, gab Maja zu, »aber wenn ich es nicht getan hätte und das Schneewasser durch die Decke gesickert wäre, dann hätten Sie mich auch gescholten.«

Frau Mohn schwieg erzürnt und betroffen.

»Sahen Sie niemanden, als sie nach oben gingen?«

»Niemand anders als Sie selbst, und Sie fragten mich, ob der Holländer wohl unten wäre oder auf seinem Zimmer.«

»Und was gaben Sie zur Antwort?«

»Daß ich glaubte, er wäre unten.«

»Aber es stimmte ja nicht?«

»Nein, aber ich glaubte es.«

»Wieso nahmen Sie es an? Haben Sie ihn etwa gesehen?«

»Nein, ich glaubte es nur«, wiederholte sie hartnäckig.

»Sie sind sicher, daß Sie niemanden auf der Treppe trafen oder auch nur gesehen haben?«

»Ja.«

»Wissen Sie, ob jemand hinter der Tür versteckt stand?«

Bei dieser Frage wechselte sie die Farbe. Es ist möglich, daß es nur meine Einbildung war – Fink-Martens hatte nichts davon bemerkt – aber mir schien es so.

»Nein«, sagte sie.

»Wissen Sie bestimmt, daß niemand dahinterstand? Schauten Sie vielleicht nach?«

»Nein«, antwortete sie wieder.

»Wann gingen Sie aus Ihrem Zimmer wieder hinunter?«

»Erst, als mich Frau Mohn rief.«

Wegen des nächtlichen Spazierganges fragte ich sie nicht. Ich hatte meine Gründe, damit noch etwas zu warten.

*

Nun kam der schweigsame Mr. Davis, der Baumwollkaufmann aus Leeds an die Reihe. Das Verhör gestaltete sich weitaus schwieriger. Zunächst sprach er ein unverständliches, weil zu sehr gekautes Englisch, und dann antwortete er nur sehr knapp auf meine Fragen. Seine Erklärungen bleiben also negativ.

»Waren Sie auf Ihrem Zimmer, als der Mord begangen wurde?«

»Nein.«

»Dann waren Sie unten in der Stube?«

»Nein.«

»Wo waren Sie denn?«

»Spaziergang.«

»Allein?«

»Ja.«

»Trafen Sie jemand?«

»Nein.«

In diesem Stil ging es weiter. Es ging daraus nur hervor, daß er gleich nach dem Essen spazierengegangen war, um zu verdauen. Eine Viertelstunde ungefähr, dann war er ins Haus gegangen, hatte seine Hände gewaschen und sich dann in sein Zimmer begeben. Er hatte nichts gesehen, nichts gehört.

Dann kam Professor Martier, eine nette Abwechslung gegen den verstockten Engländer, an die Reihe.

Der kleine Franzose trat höflich lächelnd, leicht sprechend und sehr liebenswürdig auf.

»Oh, man schlafen hier gutt. Wie Stein schlafen man. Moi haben geschlafen – haben geschlafen, trotz das Entsetzen bis in Abend. So, ich weissen nix.«

Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß er ruhig in seiner Sprache reden könne und er schien erleichtert. Aber dennoch ging aus seinen Erklärungen auch nichts weiter hervor, als daß er nach dem Essen sofort auf sein Zimmer gegangen war, während seine Frau unten blieb.

Auch von Mansfeld hatte die bewußten Minuten auf seinem Zimmer verbracht. Leider könnte er es nicht beweisen, fügte er spöttisch lächelnd hinzu. Auch er hatte nichts vernommen.

Frau Martiers Bericht war schon aufregender.

Unterhalb der Treppe in der Halle gab es einen kleinen Winkel, Dort stand ein kleiner runder Tisch und ein Lehnstuhl. Auf dem Tisch war ein Aschenbecher. In diesem Winkel hatte sie sich mit ihrer Tasse Kaffee, einer Zigarette und einer Zeitung niedergelassen, erzählte sie. Aber sie hatte niemand vorbeigehen sehen. Es konnte gut die Möglichkeit bestehen, daß sie in ihre Zeitung zu sehr vertieft gewesen war.

»Denken Sie genau nach«, sagte ich noch einmal eindringlich. »Es ist sehr wichtig. Sie hörten also auch nichts?«

»Wo Sie mich fragen«, sagte sie leicht zögernd, »so kann ich mich entsinnen, daß ich einmal zusammenfuhr und erschrak, weil ich einen Fall hörte, aber ich nahm an, es wäre Schnee gewesen, der vom Dach herunterkam. Es ist gut möglich – daß es Herr Blankenstein war«, sagte sie schaudernd.

»Wann war das?« fragte ich gespannt.

Aber darüber vermochte sie keine Auskunft zu geben. Dagegen versicherte sie aufs neue, daß sie niemanden habe vorbeigehen sehen und auch nicht gesehen hätte, ob jemand die Treppe herunterkam.

»Bemerkten Sie auch nicht, daß ich herunterkam?«

»Ich war so vertieft in mein Buch«, entgegnete sie ausweichend. »Ich sah Sie gleichsam nur aus den Augenwinkeln und sehr undeutlich.«

»Eben haben Sie doch erklärt, daß Sie eine Zeitung lasen?«

»Ich hatte ein Buch und eine Zeitung.«

»Bemerkten Sie auch Mr. Davis, als er an Ihnen vorbeiging?«

Es war eine Falle.

Mr. Davis Zimmer lag am anderen Ende des Korridors, und er hatte den hinteren Aufgang benutzt. Aber meine Frage war nutzlos. Sie habe Mr. Davis nicht gesehen, erklärte sie.

Frau Fink-Martens hatte sich gemeinsam mit ihrem Mann im Zimmer befunden. Sie hatte nichts zu erzählen und konnte sofort wieder gehen. In der Tür wandte sie sich noch einmal um und sagte:

»Ich soll Sie von Nina Newa grüßen und fragen, ob sie heute Nachmittag abreisen könnte?«

»Ich befürchte, es wird niemand fahren können«, antwortete ich, »aber vielleicht morgen –.«

Aufgebracht schlug sie die Tür hinter sich zu. Ich konnte es nicht ändern. Fink-Martens entschuldigte das Benehmen seiner Frau mit den freundschaftlichen Gefühlen, die sie für Nina hege.

*

Jetzt stand nur noch das Verhör Nina Newas aus.

Ich ging zunächst ins Privatkontor Frau Mohns und bestellte ein Ferngespräch mit der Kriminalpolizei Oslo.

Es ärgerte mich indessen, daß Harrington und von Mansfeld draußen im Gang standen und jedes Wort zu hören vermochten. Ich bekam die Verbindungen und erkundigte mich nach den Berichten über Harrington, die ich angefordert hatte. Den Namen nannte ich natürlich nicht. Aber meine Fragestellung genügte.

Man gab mir die Auskunft, daß telegrafiert worden wäre, aber man hätte aus Amerika noch keine Antwort.

»Noch ein Telegramm senden«, schrie ich wütend.

Dann erbat ich ausführlichen Bericht über Maja Thorsen.

Als ich den Raum verließ, waren meine beiden Zuhörer verschwunden. Nur Frau Fink-Martens begegnete ich, die mit laut raschelnden Röcken die Treppen herunterkam und laut nach Truuls rief, der Nina Newas Koffer wieder hinaufbringen sollte. Dabei schaute sie mich strafend an.

Ich tat, als bemerkte ich ihre Unhöflichkeit nicht und fragte sie, ob es ›Ihrer Hoheit‹, ich sagte wohl mit besonderer Betonung Hoheit, recht sei, mir eine Audienz zu bewilligen, damit ich sie verhören könne wie die übrigen auch?

Frau Fink-Martens zuckte mit der Schulter.

»Nina Newa ist wütend auf Sie«, sagte sie, »aber Sie können es ja versuchen. Eine gemütliche halbe Stunde werden Sie aber nicht erleben. Sie hat ein teuflisches Temperament, aber Sie sind in Ihrer Eigenschaft als Polizist wohl dickfellig genug.«

»Sie scheinen es jedenfalls vorauszusetzen«, gab ich ihr trocken zur Antwort.

Bei den anderen drei Musketieren scheine ich nicht länger in gutem Geruch zu stehen. Selbst Fink-Martens zeigte sich reserviert.

*

Ich ging auf und ab, während ich über alles nachdachte und darauf wartete, daß ›Ihre Hoheit‹ Nina mich empfangen würde. Es berührte mich seltsam, daß ich Nina jetzt wiedersehen sollte. Selbstverständlich aber nur, weil ich über ihre Launen und Geheimniskrämerei aufgebracht war.

Ich zwang mich dazu, an etwas anderes zu denken.

Das Resultat des ganzen Verhörs war wenig ermunternd. Auf der Seite der Tür, auf der ich mich während des Mordes befand, hatten sich auch Fink-Martens und Frau, Nina Newa, Mrs. Harrington, Iversen, von Mansfeld und Martier aufgehalten. Von diesen waren es nur Fink-Martens und Frau, die ein einigermaßen anständiges Alibi hatten, weil sie zusammen gewesen waren und ihre Erklärungen sich gegenseitig deckten. Auf der anderen Seite der Tür, also in der verdächtigen Zone hatte sich das Mädchen Maja in ihrem Zimmer aufgehalten. Mr. Davis ging ohne Zeugen spazieren und wusch nachher seine Hände, Harrington spielte allein in einem Raum Schach. Frau Mohn, Signe und die Köchin konnten ihr Alibi nachweisen, während Truuls wiederum allein in seiner Kammer gewesen war.

Fink-Martens unterbrach meine Gedanken. Er bat mich, in die Stube zu kommen. Er wollte mir nur berichten, daß sowohl er wie der Kommissar der Meinung wären, Harrington wäre der Mörder und kein anderer. Es gab eine ganze Reihe von Tatsachen, die gegen ihn sprachen.

Ich gab ihnen trocken zur Antwort, daß auch ein Dutzend Tatsachen für ihn sprechen.

»Die Tür wurde hinter meinem Rücken abgeschlossen. Ich war nur vier bis fünf Minuten im Mordzimmer. In der Zeit mußte auch Mr. Davis über den ganzen Korridor gehen. Auch das hat ungefähr zwei Minuten in Anspruch genommen und hätte Harrington höchstens drei Minuten Zeit zum Verschwinden gegeben. Er könnte gerade – wenn er sich beeilte – die Tür hinter mir abgeschlossen haben, mußte dabei aber bedenken, daß ich jeden Augenblick wieder zum Vorschein kommen konnte. Welchen Vorteil sollte er durch dieses sinnlose Manöver haben? Trauen Sie den amerikanischen Revolverbanditen wirklich die Dummheit zu, daß sie ein Ehepaar mit dem ausgeprägtesten amerikanischen Akzent, Hornbrillen und Patentlächeln – sie ist obendrein noch bis zur Nasenspitze eingehüllt –, herschicken, um zu sagen: ›Hier sind die Banditen; wir wollen den Schatz rauben?‹ Glauben Sie, daß sie sich extra mit auffälligen, weißen Handschuhen versorgen und den einen im Mordzimmer säuberlich liegen lassen und den anderen mit Blutflecken dabei im Ulster verstecken?«

Sie wurden unsicher. Ich sah es an ihrem Mienenspiel. Ich verfolgte meinen Sieg und gab ihnen noch eine Nuß auf.

»Nein meine Herren, ein Mörder sorgt zunächst dafür, daß er so wenig wie möglich Aufmerksamkeit erweckt. Der am wenigsten unter uns auffallende ist infolgedessen der Mörder. Er maskiert sich als unauffälliger, wenig sichtbarer Mensch, der sein Auftreten so einrichtet, daß man bei ihm am wenigsten ein Verbrechen mutmaßt. Ich spreche natürlich nur vom intelligenten Verbrecher, der nach einem wohlüberlegten Plan handelt.«

»Nehmen wir zum Beispiel Mr. Davis«, fuhr ich fort. »Von und über ihn wissen wir so gut wie nichts, er führt sich unauffällig auf, was nach meiner Theorie schon Verdachtsmoment ergeben könnte. Wir wissen nicht, wo er sich in den fraglichen Minuten aufgehalten hat. Das einzige, was wir wissen, ist, daß er einige Minuten nach dem Mord auf dem Gang stand und sich die Hände wusch.

Wer kann die Möglichkeit wegleugnen, daß Davis nach dem Essen, und nachdem alle Gäste verschwunden waren, sich der Handschuhe Harringtons bemächtigen konnte, worauf er die Tat beging, die Kassette versteckte und dann ruhig zurückkehrte. Danach konnte er den einen Handschuh wieder in den Ulster stecken und seine Hände waschen.«

»Aber das Motiv?« rief Fink-Martens. »Aus welchem Grunde sollte er es tun? Nein, das kann ich nicht glauben!«

»Wissen Sie etwas über seine wirtschaftlichen Verhältnisse?« fragte ich dagegen, aber Fink-Martens gab keine Antwort. An seiner Stelle ergriff der Kommissar das Wort:

»Was meinen Sie, Inspektor, wollen Sie mit Ihrer Ausführung Mr. Davis verdächtigen?«

Ich antwortete etwas ausweichend:

»Verdächtigen können wir alle und keinen. Es wird bei einer Untersuchung oft ein Labyrinth von Spuren geben, aber nur eine kann die rechte sein. Es gilt daher, den rechten Faden zu ergreifen und ihn nicht mehr fallen zu lassen.«

»Und der rechte Faden wäre?«

»Das Mädchen Maja. Sie ist der Faden, der uns durchs Labyrinth zum Mörder und zu den Juwelen führt. Von jetzt ab müssen wir sie verfolgen wie ihr eigener Schatten.«

*

Nina Newa lag im Bett. Sie war bekleidet mit einem hellblauen Seidenpyjama mit breiten roten Borten – wie in einem Rausch der Farben der französischen Trikolore. Das helle Haar lag über das Kissen gebreitet. Ihre Augen waren dunkel und untersuchend.

Mit einer Handbewegung bat sie mich, Platz zu nehmen.

›Primadonna‹, dachte ich bitter und feindlich gestimmt.

»Bitte beginnen Sie«, sagte sie spöttisch und bot mir eine ihrer langen russischen Zigaretten an.

»Dann möchte ich Sie zunächst um Ihren Namen bitten«, antwortete ich und nahm die Zigarette.

»Meinen richtigen Namen?«

»Ja, denn Ihren Künstlernamen kennen wir wohl alle, er ist ja weltbekannt«, sagte ich mit übertriebener Galanterie.

Sie biß sich auf die Lippen.

»Ich glaube, Sie werden sehr überrascht sein«, sagte sie zögernd.

Ich wartete, ohne auf ihre Frage einzugehen.

»Hier in West-Europa würde ich Catharina Oginsky heißen.«

Wenn sie erwartet hatte, daß ihre Worte auf mich wie ein Blitz wirkten, dann hatte sie sich nicht getäuscht. Diese Auskunft hatte ich nicht erwartet.

Sie lähmte mich, machte mich fassungslos.

Das Blut flutete gewaltsam zum Herzen.

Ich atmete langsam und schwer.

Das also war die Erklärung! Sie war Oginskys Frau!

»Ich habe mir vielleicht ähnliches gedacht«, murmelte ich leise und undeutlich. Ich dachte bereits am ersten Abend daran, als Sie in die Halle kamen und ihn sahen. Ich dachte mir, daß Sie ihn kennen müßten, aber daß es so nahe war …«

Ich sprach meine Gedanken nicht aus, auch ihre nächste Antwort oder Worte hörte ich nicht. Ich starrte nur durchs Fenster in den bleigrauen Himmel hinein.

Dann aber riß ich mich gewaltsam zusammen.

»Ihre Personalien, Madame.«

»Sie ist 28 Jahre alt.«

»… also Catharina Oginsky«, notierte ich, »denn Nina Newa hat kein Alter.«

»Wollen Sie noch mehr wissen?« fragte sie herausfordernd und zog die Jacke des Pyjamas über der Schulter zusammen, als ob sie fröre.

»Ich muß Sie leider noch etwas plagen. Warum taten Sie so, als wäre Ihnen Ihr Mann fremd, als Sie ihn das erstemal unten in der Halle sahen?«

Sie brach in ein langes fröhliches Lachen aus – nur klang es mir etwas gemacht. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.

»Herrgott! Soll ich darauf auch noch antworten? Sie stellen große Ansprüche«, sagte sie endlich. »Aber im Grunde genommen sind Sie ein lieber –«

»Ich verstehe nicht, was Sie meinen«, entgegnete ich abweisend. »Jedenfalls finde ich es sehr unpassend, meine Frage auf diese Weise zu beantworten. Es wäre mir lieber, wenn Sie versuchen würden, etwas ernster zu sein. Es kann für Sie eine sehr peinliche Geschichte werden. Also haben Sie die Freundlichkeit, mir auf meine Frage zu antworten.«

Sie unterdrückte ein Lachen.

»Ich hatte keine Lust, ihn wiederzusehen. Genügt Ihnen das? Was vorausgeht, ist eine reine Privatsache.«

Ihre Munterkeit war plötzlich verschwunden und ihr Ton kühl und hochmütig geworden. Nun war sie wieder die unerreichbare Weltdame. Aber ich hatte meine Karten gut in der Hand.

»Gut, wenn Ihnen nichts daran lag, ihn wiederzusehen, warum ließen Sie ihn dann nachts um 11 Uhr in Ihr Zimmer?«

Sie wurde ärgerlich.

»Das ist meine Sache, Herr, Herr Spion. Ich gebe zu, daß ich unvorsichtig gewesen bin, weil ich annahm, hier oben hätte ich es nur mit Gentlemen zu tun, aber ich sehe, daß ich mich darin getäuscht habe. Vielleicht wollen Sie auch noch Ihre Nachforschungen erstrecken über alles, was wir beide miteinander rein privatim gesprochen haben«, fügte sie etwas unlogisch aber nichtsdestoweniger treffend hinzu.

»Gut«, sagte ich kühl und erhob mich. »Es steht Ihnen frei, mir Antwort zu geben oder nicht. Nach dem Gesetz können Sie jede Aussage verweigern. Dann schreibe ich eben, daß Sie die Aussage nicht machen wollen, dann werden Sie sich eben vor Gericht erklären müssen. Aber als Ihr Freund, ich meine, als ein guter Bekannter, gebe ich Ihnen den Rat, sich sofort zu erklären. Es ist der einzige Ausweg für Sie, der immerhin die Möglichkeit in sich birgt, daß Sie so schnell wie möglich abreisen können. Später wird man Sie eine Ewigkeit mit Verhören und Vorladungen aufhalten. Sie können meinem Rat nun folgen oder es sein lassen.«

»Fahren Sie fort«, sagte sie kurz und trommelte mit den Fingern auf der Bettkante.

»Wodurch erfuhren Sie vom Orlow?«

»Oginsky erzählte mir, daß er den Diamanten mithatte.«

»Wann erzählte er es?«

»An jenem Abend, als er bei mir war.«

»Warum erzählte er es Ihnen überhaupt? Es sollte doch ein Geheimnis bleiben?«

Sie zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht, um sich mit der ihm anvertrauten Mission zu brüsten, vielleicht auch, um mir eine Freude zu machen. Was weiß ich? Er zeigte ihn mir, weil ich ihn darum bat. Das geschah, als alle unten beim Frühstück saßen. Ich wünschte, den Stein zu sehen. Er gehörte dem Zaren.« Sie machte das Zeichen des Kreuzes über ihrer Brust. »Der Stein ist prächtig, er ist das Schönste, was ich je gesehen habe.« Ihre Stimme sank zum Flüstern herab.

»Sie sagten bei Tisch, daß Sie ein Unglück kommen sähen. Was meinten Sie damit?«

»Es war wohl mehr ein Vorausahnen. Davon können Sie sich – als Westeuropäer – kaum einen Begriff machen. Wenn ich es auch erklären würde, Sie würden mich nicht verstehen. Sie wissen nicht, was der Orlow bedeutet.«

»Ich halte mich nur an Ihre Worte. Sie deuteten an, daß Sie etwas ahnten, daß Sie förmlich auf einen Mord vorbereitet waren. Zu diesen Worten mußten Sie einen Grund haben.«

Sie schüttelte den Kopf und wiederholte nur, daß es eine Ahnung gewesen sei, nicht mehr.

»Sagte Oginsky Ihnen vielleicht, daß er etwas ähnliches erwartete?«

»Nein.« Ihre Finger trommelten aufgeregt auf der Bettkante. Ich sah es, fuhr aber dennoch fort.

»Aber einen Grund werden Sie für Ihre Worte doch gehabt haben?« wiederholte ich hartnäckig. »Und was meinen Sie damit, daß mit dem Orlow etwas ist, was wir Westeuropäer nicht verstehen können?«

Jetzt aber bekam ich zum ersten Male zu spüren, was Nina Newas Temperament bedeutete. Sie wurde weiß im Gesicht vor Zorn. Die Augen wurden so dunkel, wie ein Windstoß im Herbst ein Gebirgswasser verdunkeln kann. Sie erhob sich mit einem Ruck im Bett und brach in einen Strom von russischen Worten aus, die erst nach und nach in norwegisch-deutsche Vokabeln übergingen und zu zerrissenen Sätzen wurden.

– Sie habe jetzt genug. Sie sei kein Schulmädchen – nichts habe sie mit der Polizei zu tun. Eine derartig tölpelhafte Behandlung sei sie nicht gewohnt – (wieder kamen russische Worte, die ich nicht verstand) – sie sei nicht verpflichtet, irgend jemandem gegenüber Rechenschaft abzulegen. Was sie tue und lasse, ginge niemanden etwas an – – –

Ich hörte stumm diesem Redeschwall zu, unbehaglich und unangenehm berührt und gleichzeitig unglücklich über diesen Auftritt. Ich bemerkte nicht einmal, daß die Tür aufging und Frau Fink-Martens ins Zimmer eilte. Ich entdeckte sie erst, als sie sich über Nina beugte und sie zu beruhigen versuchte. Gleich darauf wandte sie sich an mich:

»Haben Sie kein Taktgefühl, Herr? Verstehen Sie denn nicht, daß Sie unerwünscht sind!« rief sie aufgebracht und eine ringgeschmückte Hand kam in gefährliche Nähe meiner Nase, während die kleine, rundliche Besitzerin dieser Finger aufgeregt vor mir hin- und hertanzte.

Ich schaute zu Nina Newa hinüber und war gleichzeitig auf meinen Rückzug bedacht. Sie half mir nicht. Ihre Augen hatten einen anderen Glanz bekommen und der Mund bebte leicht. Herrgott, begann sie etwa zu weinen? dachte ich entsetzt.

Plötzlich stand sie aufrecht im Bett. Die Decke glitt auf den Fußboden. Hastig ergriff sie das Kopfkissen und warf es mir direkt ins Gesicht, während sie selbst in ihrem blauen Pyjama im weißen Bett ohne Decke stehenblieb.

Ich warf ihr einen bösen Blick zu und unsere Augen trafen sich. Im selben Augenblick ging die Komik dieser Situation uns beiden gleichzeitig auf.

Wir lachten.

Frau Fink-Martens suchte derweilen Decke und Kissen zusammen, wobei sie etwas von großen Kindern murmelte, die sich nicht betragen konnten.

»Er hat genug, Margarethe«, sagte Nina scherzhaft hochmütig, »aber es hat ihm gut getan. Jetzt soll er eine Zigarette haben, ich habe noch eine, damit er sich etwas trösten kann.«

»Ich sagte es Ihnen ja gleich«, triumphierte Frau Fink-Martens, und ich beeilte mich, ihr zu versichern, daß ich ein derartiges Verhör noch nicht erlebt hatte.

Die Zigarette war schnell aufgeraucht. Nina Newa hatte sich wieder ins Bett gelegt und sah gedankenvoll zu mir hinüber. Ihren Ausdruck konnte ich nicht deuten, darum erhob ich mich, um zu gehen.

»Warten Sie einen Augenblick«, sagte sie, »ich habe Ihnen noch etwas zu sagen, bevor Sie gehen. Können Sie erraten, was es ist?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Sie setzten voraus, daß Fedor Oginsky mein Mann sei, nicht wahr? Er gehörte aber nur zu unserer Familie, ist ein Vetter von mir. Aber er ist der einzige, der zu den Bolschewiken, zu den Roten, übergegangen ist. Für uns ist er tot, wir wollen ihn nicht mehr kennen. Er ging allein, während die anderen …« sie machte das Zeichen des Kreuzes. Dann fuhr sie etwas ruhiger fort:

»Er sagte mir, daß er etwas Wichtiges von meiner Familie drüben wüßte. Darum erlaubte ich ihm, mich in meinem Zimmer aufzusuchen.«

Sie sagte dieses »erlaubt« in einem Tonfall, als wäre sie eine russische Großfürstin und Oginsky nur ein armer Muschik.

Als ich die Treppe hinunter ging, pfiff ich laut.

Triumphmarsch aus »Aida.«

*

Später am Tage kam der Leichenbeschauer mit seinem Gehilfen, um die Leichenschau zu halten. Sie erbrachte nichts Neues. Ich war nicht viel mit diesen Männern zusammen, weil ich damit beschäftigt war, meinen Rapport zu schreiben. Sie fuhren auch verhältnismäßig schnell wieder ab. Der Arzt fuhr mit ihnen.

Ich verabschiedete mich von den Dreien, als der Schlitten bereits vorm Hause hielt.

Ein bleicher Mond leuchtete vom Himmel. Es hatte wieder gefroren. Der Weg war eisglatt. Wir gehen ja auch dem April entgegen. Das Wetter ändert sich in dieser Zeit oft sehr schnell. Die Temperatur wechselt und die harte Erde bäumt sich unter dem ersten Ansturm des Frühlings.

Gegen 20 Uhr kam ein Telefongespräch aus Oslo. Es kam von der Fremdenpolizei. Von Amerika hatte man noch nichts gehört, aber über das Mädchen Maja bekam ich nennenswerte Aufklärungen. Sie ist jünger, als sie aussieht – 26 Jahre alt und ist unter den unglücklichsten Verhältnissen aufgewachsen. Vier Jahre hatte man sie in ein Erziehungsheim stecken müssen. Eine Zeitlang trieb sie das Gewerbe eines Straßenmädchens, bekam dann aber eine Stellung an Bord eines Schiffes, das nach Hamburg fuhr – als Stewardesse. Viermal vorbestraft. Wegen ihres früheren Gewerbes, Diebstahls und Beteiligung am Straßenraub. In Wahrheit ein schöner Strauß von Aufklärungen über das Mädchen Maja. – Iversen wird einen Schlag bekommen, wenn ich einmal Gelegenheit haben werde, ihm diese Dinge zu erzählen. Ich bin boshaft genug, um mich jetzt schon über sein Gesicht zu freuen.

Vorläufig teilte ich es nur Fink-Martens, dem Kommissar und seinem Polizisten mit. Um alle Eventualitäten zu vermeiden, konnte ich diese Aufklärungen nicht für mich allein behalten. Man wußte nie, was noch geschehen konnte.

Ich berief also den Kriegsrat.

Alle Herren waren sich einig, daß man nun wohl die richtige Spur angeschnitten hätte.

Ich berichtete auch von Majas nächtlicher Expedition und von der Ölkanne, die sie an einem Abend bei sich hatte, um angeblich die Tür zu Harringtons Zimmer zu schmieren.

»Wissen Sie, was ich glaube«, meinte Fink-Martens, »ich glaube, daß Maja die Tür damals hinter Ihnen abschloß. Wenn sie die Tür geschlossen hat, dann hatte der Mörder drei Wege, unter denen er wählen konnte: entweder konnte er ganz ruhig in sein Zimmer der zweiten Etage hineinspazieren, um auszuruhen und nachher mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt wieder aufstehen, oder er konnte die Treppe hinuntergehen und sich ruhig vor sein Schachbrett setzen, oder, als dritte Möglichkeit, er konnte ins dritte Stockwerk in das Zimmer des Mädchens gehen und das alles, während seine Mitschuldige – das Mädchen Maja – die Tür verschloß.«

»Ich habe auch hierüber bereits nachgedacht«, gab ich zur Antwort, »aber welches Motiv hat Maja veranlaßt, diese eigentlich doch nicht notwendigen Dinge zu tun?«

»Um die Untersuchung auf eine falsche Spur zu bringen.«

»Ist diese Theorie nicht etwas verwickelt, mein lieber Fink-Martens?« meinte ich. »Der Mörder konnte schlecht im voraus wissen, was wir jetzt wissen. Er konnte nicht damit rechnen, daß die Gäste sich wirklich dort befanden, wo sie sich nach unseren Ermittlungen befunden haben. Selbst der kaltblütigste Verbrecher wird gezwungen sein, vieles dem Zufall zu überlassen. Der Unterschied zwischen dem gerissenen und dem weniger gerissenen Verbrecher besteht nur darin, daß ersterer versuchen wird, das Zerstören seines Planes durch einen blinden Zufall herabzumindern.«

»Wollen Sie jetzt die Maja vernehmen?« fragte der Kommissar.

»Nein – von dieser Art Frauen erfährt man nicht viel durch eine einfache Vernehmung. Sie ist für uns im übrigen zu wertvoll, als daß wir sie durch eine besondere Vernehmung warnen könnten. Sie ist der einzige Faden durchs Dunkel. Wir müssen sie nur sorgfältig überwachen – sie allein wird uns zum Ziel führen. Vernehmen wir sie jetzt, dann werden wir nach langer Mühe vielleicht etwas erfahren, was uns dem Ziele nur wenig entgegenbringt, aber wahrscheinlich werden wir nicht das geringste darüber erfahren, wo sich die Juwelen befinden.«

»Warum nicht?« rief Fink-Martens.

»Ganz einfach, weil Maja selbst nicht wissen wird, wo sie sind, nur darum.«

Wir beschlossen, daß der Kommissar die Wache von 22 Uhr bis Mitternacht übernehmen sollte, der Polizist von Mitternacht bis 2 Uhr, während ich die restlichen Stunden übernehmen wollte.

Wir wollten unsere Posten im dunkelsten Winkel des Bodens, in der Nähe der Mädchenzimmer beziehen. Keinesfalls durfte Maja aus den Augen verloren werden. Man sollte auch darauf achten, ob sie Besuch erhielt.

Wir waren auf alles vorbereitet.

Unsere Ausrüstung war in Ordnung: Wir hatten dicke Filzstiefel, eine warme Pelzweste und eine geladene Pistole bei uns. Eine starke Taschenlampe und eine halbe Flasche Branntwein kamen noch dazu.

Bevor ich ins Zimmer ging, erneuerte ich noch einmal den Schneegürtel im Kreuzgang. Ich hatte meine eigenen Gedanken dabei.

Es fror immer noch.


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