Friedo Lampe
Ratten und Schwäne
Friedo Lampe

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Sommer verglüht

Dahlien, Astern, Gladiolen, Georginen,
Mild von der gelben Sonne beschienen,

Drängen prunkend über den Gartenzaun,
Und allüberragend die Sonnenblumen schaun

Mit den großen gelben Gesichtern, den guten,
Während die Rosen sanft verbluten.

Aus der Dorfkirche leises Orgelgebrumme,
Um die prallblauen Trauben Bienengesumme.

Und Nebel steigt auf aus dem feuchten Garten
In Laubkronen, wo die Äpfel verdämmern, die harten.

Und in der Efeulaube auf dem Eisentische
Die bläulich schimmernden, süßduftenden Fische

Und Wein, schwarzrot, und Butter und Brot
Und die Fackel des Monds, die überm Garten loht,

Und Gelächter, Umarmung, Geflüster und Kuß
Und der kühlen Nächte verschwieg'ner Genuß,

Und der braunen Geige dunkler Gesang,
Wie satt das über die Wiesen klang.

Und Jungens, die schwimmen im schwarzen Fluß
Und heben dumpf jauchzend den Arm zum Gruß, 174

Und Kühe, leibschwere, im Wiesendunst
Muhn auf zu dem Mond. O schlürfe die Gunst,

Die letzte, des Sommers voll in dich ein,
Noch einmal dürfen berauscht wir sein.

Wie alles am tiefsten in Farben glüht,
Bevor es sich neigt und von uns zieht,

Wie Leben, kurz vor dem Untergang,
Bricht aus in flammenden Überschwang

Und dunkel flutenden Lobgesang! 175

 


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