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Siebenundzwanzigste Frage. Über die Art, das Urteil über eine zu fällen, die gestanden hat, aber bußfertig ist.

Die achte Art, einen Glaubensprozeß zu beendigen und das Urteil zu fällen ist es, wenn der wegen ketzerischer Verkehrtheit Angezeigte nach sorgfältiger Erörterung der Werte des Prozesses zusammen mit dem guten Rate im Recht Erfahrener als der Ketzerei geständig, aber bußfertig und nicht schon einmal wirklich rückfällig befunden wird; und das ist der Fall, wenn der Angezeigte selbst gerichtlich vor dem Bischof und Inquisitor unter Eid gesteht, es sei wahr, daß er selbst so und so lange Zeit in jener oder einer anderen ketzerischen Verkehrtheit, wegen der er angezeigt ist, gestanden und beharrt und an sie geglaubt und an ihr gehangen hat; aber nach dem will er auf die Unterweisung des Bischofs und anderer hin umkehren und in den Schoß der Kirche zurückkehren, jene und jede andere Ketzerei abschwören und Genugtuung leisten, wie jene es ihm verordnen wollen; und wird nicht befunden, daß er jemals irgend eine andere Ketzerei abgeschworen hat, sondern ist jetzt willigen Herzens bereit, abzuschwören. Bezüglich dieses ist folgende Praktik zu beobachten. Angenommen nämlich, ein solcher habe seit vielen Jahren in der vorgenannten Ketzerei oder auch in jedweden anderen gestanden, an sie geglaubt, sie ausgeübt und viele zu Irrtümern verleitet: wenn er jenen Ketzereien nur mit dem Erfolge zugestimmt hat, abzuschwören und eine entsprechende Genugtuung nach dem Gutdünken des Bischofs und geistlichen Richters zu geben, so ist er nicht dem weltlichen Arme zur Bestrafung mit der letzten Sühne zu übergeben; noch ist er zu degradieren, falls er Kleriker ist, sondern ist nach c. ad abolendam, § praesentis, extra de haer., zur Barmherzigkeit zuzulassen; und nachdem zuerst die ketzerische Verkehrtheit abgeschworen ist, soll er nach c. excommunicamus II, § si quis ins lebenslängliche Gefängnis gestoßen werden, nachdem ihm die Wohltat der Absolution erteilt und ihm auferlegt worden ist, was derartigen gewöhnlich auferlegt wird, nach c. ut officium; wobei man jedoch klug Vorkehrungen treffen muß, daß er nicht in heuchlerischem Vorgeben und betrügerischer Weise umkehren will; (weil man sonst) auch dem weltlichen Arm nicht hindern kann.

Die Art des Abschwörens aber ist so, wie oben berührt worden ist; nur wird hinzugefügt, daß er vor dem Volke, an einem Festtage in der Kirche seine Verbrechen mit eigenem Munde gesteht, in der Weise nämlich, daß während er vom Offizial gefragt wird: »Hast du seit so und so vielen Jahren in solcher Hexenkunst verharrt?« jener antwortet: »Ja«. »Und danach hast du dies und dies getan, wie du gestanden hast?« und jener soll antworten: »Ja«. Und so weiter. Dann wird er nach allem mit gebeugten Knieen abschwören ...; und weil er, der so in ketzerischer Verkehrtheit ertappt worden ist, nach c. excommunicamus I und II de haer. exkommuniziert und durch die Abschwörung in den Schoß der Kirche zurückgekehrt ist, daher ist ihm die Wohltat der Absolution zuteil werden zu lassen, nach c. ut officium, am Anfang, de haer. 1. VI. Daher ist er nach der vorgenannten Abschwörung in der Weise zu absolvieren, wie die Bischöfe die Absolution von der größeren Exkommunikation handhaben, weil sie sich dabei apostolischer Autorität bedienen; und sogleich werde das Urteil in dieser Weise gefällt:

»Wir N. N., Bischof der und der Stadt oder (N. N.), Richter in den der Hoheit des und des Herrn Untertanen Ländern, in Beachtung, daß du N. N. von dem und dem Orte der und der Diözese uns auf den Bericht der Stimme der Öffentlichkeit und auf die Eingebung glaubwürdiger Männer wegen ketzerischer Verkehrtheit angezeigt worden bist, und du von ihr seit vielen Jahren zum großen Schaden für deine Seele angesteckt gewesen warst, welche Anzeige unseren Busen gar scharf verwundet hat, da es uns aus dem übergebenen Amte obliegt, den heiligen katholischen Glauben in den Herzen der Menschen zu pflanzen und die ketzerische Verkehrtheit von ihrem Geiste wegzunehmen; und in dem Wunsche, wie wir gehalten waren und gehalten sind, in und über diesen uns sicherer zu unterrichten und zu sehen, ob das Geschrei, welches zu unseren Ohren gedrungen war, irgendwie von der Wahrheit gestützt werde, damit, wenn die Wahrheit sich so verhielte, wir für ein heilsames, geeignetes Mittel sorgten, sind wir dazu verschritten, zu untersuchen, die Zeugen zu vernehmen, dich zu laden und dich unter Eid in und über den Denunziationen gegen dich, so entsprechend wie wir konnten, zu verhören und alles und jedes zu vollbringen, was wir auf Erfordern der Gerechtigkeit und wie es uns die kanonischen Bestimmungen vorschreiben, zu vollbringen hatten. Freilich, da wir deiner derartigen Sache ein entsprechendes Ziel setzen und klar sehen wollten, was in Erfahrung gebracht war, ob du nämlich in der Finsternis wandelst oder im Lichte und ob du mit der Schandtat der Ketzerei angesteckt seist oder nicht, haben wir nach Verhandlung der Werte des Prozesses angeordnet, daß sich vor uns ein feierlicher Rat von Leuten zusammenscharte, die sowohl in der heiligen theologischen Fakultät als auch im kanonischen und bürgerlichen Recht erfahren sind, da wir wissen, daß nach den kanonischen Bestimmungen ein Urteil vollständig ist, welches von den Ansichten recht vieler bestätigt wird; und nachdem in und über allen und jeden Handlungen und Verhandlungen in gegenwärtiger Sache ein gesunder, reifer und gut verdauter Rat vorgenannter Erfahrener abgehalten, die Werte des Prozesses besehen und sorgfältig betrachtet und alles und jedes in ihm Enthaltene abgewägt ist, haben wir gefunden, daß du nach eigenem Geständnis, nachdem wir vor Gericht deinen Eid entgegengenommen haben, in vielfacher Hexenverkehrtheit ertappt worden bist. (Die Artikel werden ausdrücklich namhaft gemacht). Aber da der barmherzige und erbarmende Herr manchmal einige in Ketzereien und Irrtümer fallen läßt, nicht nur damit die katholischen Männer der Wissenschaft in frommen Lobpreisungen sich üben, sondern auch damit die vom Glauben Abgefallenen in der Folge um so demütiger werden und sich in den Werken der Buße üben, finden wir nach sorgfältiger Erörterung der Werte ebendieses Prozesses, daß du auf unsere häufig wiederholte Belehrung hin und unserem und anderer rechtschaffener Männer gesunderen Rate anhangend zum Schöße der heiligen Mutter Kirche und zu eben ihrer Einheit heilsamerweise zurückgeflogen bist, indem du die vorgenannten Irrtümer und Ketzereien verwünscht und die unzerbrechliche Wahrheit des heiligen katholischen Glaubens anerkennst, die du deinem innersten Gedanken einprägst. Deshalb haben wir, jenes Spuren uns anheftend, der niemand umkommen lassen will, dich zur Sicherheitsstellung mit öffentlichem Schwören und Abschwören zugelassen, indem wir dich gegenwärtig (?) die vorgenannten Ketzereien und jede andere Ketzerei öffentlich abschwören lassen. Nachdem diese (Abschwörung) vollbracht ist, sprechen wir dich von dem Urteil der grösseren Exkommunikation, in die du wegen deines Falles in die Ketzerei verknüpft warst, frei, und indem wir dich mit der heiligen Mutter Kirche versöhnen, geben wir dich den kirchlichen Sakramenten wieder, wenn du nur mit aufrichtigem Herzen und nicht geheucheltem Glauben zur Einheit der Kirche zurückgekehrt bist, was getan zu haben wir von dir glauben und hoffen.

Freilich, da es sehr unwürdig ist, die Beleidigungen weltlicher Herren zu rächen und die Beleidigungen Gottes, des Schöpfers aller Himmel gleichmütig zu ertragen, da es viel schlimmer ist, die ewige Majestät zu verletzen als eine zeitliche, und damit er, der sich der Sünder erbarmt, sich deiner erbarmt und du den übrigen ein Beispiel bist, auch die Verbrechen nicht ungestraft bleiben und du für die Zukunft vorsichtiger gemacht und nicht geneigter, sondern schwieriger gegenüber der Behexung der vorgenannten und jedweder anderer unerlaubter (Taten) werdest, (beschließen) wir vorgenannte, Bischof und Richter in der Glaubenssache, die wir von dem Tribunal nach Art ... (wie oben, daß Delinquent mit einem bleifarbenen Gewande bekleidet werde, etc.). Desgleichen verdammen wir dich rechtskräftig zu lebenslänglichem Kerker, daß du dort immer von dem Brote des Schmerzes und dem Wasser der Angst gepeinigt werdest; indem wir uns auf grund sicheren Wissens und ausdrücklich vorbehalten, daß wir ungehindert den gesprochenen Urteilsspruch oder Pönitenz mildern, verschärfen, abändern und gänzlich oder teilweise aufheben können, wenn und wann und wie und so oft als es uns tunlich erscheinen wird. Gefällt ist dieser Urteilsspruch etc.«.

Wenn er verlesen ist, nehme ihn der Richter Punkt für Punkt an und sage zu dem Verurteilten folgende oder in der Wirkung ähnliche Worte: »Mein Sohn, dein Urteil oder deine Pönitenz besteht darin, daß du nämlich die ganze Zeit deines Lebens Kreuze trägst, daß du mit ihnen auf der Treppe an der Tür der und der Kirchen stehst und in lebenslänglichem Gefängnis bei Brot und Wasser liegst. Aber, mein Sohn, dies sei dir nicht schwer; denn ich versichere dich, daß, wenn du es geduldig erträgst, du bei uns Erbarmen finden wirst. Zweifele nicht, noch verzweifele, sondern hoffe fest!« – Nach diesen Worten werde das Urteil der gebührenden Vollstreckung überwiesen, (dem Delinquenten) sofort das vorgenannte Kleid angezogen und er hoch auf die Treppe gestellt, damit er von den Herausgehenden recht gesehen werde, während ihn die Büttel des weltlichen Gerichtshofes umgeben. Zur Frühstücksstunde aber werde er von den Bütteln in den Kerker geführt, und dann geschehe das weitere, was im Urteil steht. Während er selbst aber angekleidet und an die Kirchtür geführt wird, soll sich der geistliche Richter nicht weiter einmischen, wenn der weltliche Gerichtshof wohl damit verfährt; wenn nicht, so handele er nach Belieben.


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