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Achtzehnte Frage. Von dem endgiltigen Urteilsspruche an sich und wie er zu fällen ist.

In der Folge (kommen wir) zur Behandlung dessen, wobei der weltliche Richter für sich erkennen und das Urteil fällen kann, während die Diözesanen, wenn es beliebt, entlastet bleiben. Gerade dies nämlich setzen wir voraus, daß gerade wir Inquisitoren selbst, unbeschadet des Glaubens und der Gerechtigkeit, von jenen Arten, das Urteil zu fällen, entlastet seien; aber mit derselben Aufrichtigkeit wünschen wir, daß auch die Diözesanen entlastet sein möchten, ohne ihre Befugnis und Gerichtsbarkeit im geringsten zu beschneiden; wollten sie jedoch davon Gebrauch machen, so wäre es nach c. multorum querela, de haeret. bei Clemens nötig, daß auch wir Inquisitoren in gleicher Weise mitwirkten. Sie mögen jedoch beachten, daß, weil dieses Verbrechen der Hexen kein rein geistliches ist, es daher auch den weltlichen Mächten und Herren nicht untersagt ist, zu urteilen und den Spruch zu fällen, wie es im c. ut inquisitionis, § prohibemus, de haeret. 1, VI steht. Bei welchen jedoch die vorgenannte Macht, ohne die Diözesanen zu entscheiden und zu erkennen ...

Aber zuerst muß man bezüglich des Urteilsspruches an sich zusehen, zweitens, wie er zu fällen ist und drittens, auf wie viele Arten.

Zum ersten. Da wir nach Augustinus II, qu. 1, c. 1 gegen wen auch immer kein Urteil fällen können, außer wenn er überführt ist oder freiwillig gestanden hat, und der Urteilsspruch dreifach ist, wie die Glossa summaria am Anfang der Frage sagt, nämlich Zwischenspruch, endgiltig und vorschriftlich – und zwar sagt Raymundus zur Erklärung: »Zwischenspruch heißt derjenige Spruch, welcher nicht bezüglich der Hauptpunkte, sondern bezüglich anderer Fragen vorgebracht wird, die zwischen dem Anfang und Ende der Sache auftauchen; wie z. B. bezüglich der Zurückweisung eines Zeugen, oder bezüglich der Gewährung oder Verweigerung eines Aufschubs und derartigem. Oder vielleicht heißt er Zwischenspruch (interlocutoria), weil er vorgebracht wird, indem zwischen den Parteien gesprochen wird (inter partes loquendo), ohne die Feierlichkeit schriftlicher Aufzeichnung. Endgiltig aber heißt der Spruch, wenn die Hauptfrage damit beendigt wird, ff. de re iud. 1. I.

Vorschriftlich heißt der Spruch, wenn dabei ein Größerer einem Kleineren Vorschriften macht« – so wird folglich unsere Untersuchung auf die ersten beiden sich erstrecken, besonders auf den endgiltigen Urteilsspruch.

Zweitens ist zu bemerken, daß zwar in der vorgenannten Glosse gesagt wird, daß, wenn der endgiltige Urteilsspruch mit Außerachtlassung der Ordnung des Rechtes gefällt worden ist, er auf Grund Rechtens keiner ist, II, qu. 6, Si quando, § diffinitiva; und später gesagt wird: »Wisse, daß die Ordnung des Rechtes doppelt ist: eine, die der notwendigen Substanz der Gerichte entspricht, daß nämlich eine förmliche Einleitung des Streites stattfindet und Zeugen angenommen werden; wird der Spruch gegen diese Ordnung gefällt, so hält er nicht. Die andere Ordnung ist die, welche nicht der Substanz der Gerichte entspricht, daß nämlich der Spruch nicht bedingungsweise gefällt wird und daß er nicht eher bezüglich der Besitzergreifung als bezüglich des Eigentumsrechtes verkündigt wird: wenn das jedoch nicht gewahrt bleibt, hält der Spruch, wie es II, qu. 6, Anteriorum, § biduum heißt« –: in dieser Sache jedoch, die ja eine Sache des Glaubens und ein Verbrechen der Ketzerei ist, wenn auch gemischt, wird summarisch, einfach und ohne Umstände vorgegangen, wie es sich im c. statuta, 1. VI ergibt; und wie diese Worte verstanden werden, findest du oben in der sechsten Frage; und wenn dort hergeleitet wird, daß der Richter nicht notwendig eine Klageschrift fordern, keine feierliche Einleitung des Prozesses verlangen solle etc., so folgt doch, daß er die notwendigen Beweise zulasse, desgleichen Vorladungen, eidliche Verwahrung (gegen den Verdacht) der Verleumdung etc. Daher wird auch die andere Art vorzugehen schon durch das neue Recht erklärt. – Bezüglich des zweiten Punktes aber, wie der Urteilsspruch zu fällen sei, beachte, daß er vom Richter und nicht von einem anderen vorgebracht werden muß; sonst gilt er nicht. Ebenso an einem öffentlichen, und zwar anständigen Orte; auch im Sitzen, wie es III, qu. 3 induciae § spacium heißt; und ebenso am Tage und nicht in der Finsternis; und so bezüglich vieler Punkte, die dort angemerkt sind. Dann auch (beachte), daß, wenn dort steht, der Spruch solle nicht an Festtagen und nicht schriftlich vorgetragen werden: dazu zu bemerken ist, daß, weil hier summarisch, einfach und ohne Umstände vorgegangen wird, wie oben berührt worden ist, und es über die Bedeutung der Worte im c. saepe contingit bei Clemens heißt, daß man zurzeit der Festtage, um der Bedürfnisse der mit Indult versehenen Menschen rechtskräftig vorgehen könne und der Richter Aufschub abschneiden solle, der Richter folglich, wenn es ihm beliebt, jene Punkte beachten kann. Er ist auch nicht gehalten, das Urteil schriftlich vorzutragen, da es nach Johannes Andreä mehrere Fälle gibt, in denen das Urteil ohne schriftliche Abfassung gilt; und zwar zählt er darunter die Gewohnheit des Ortes oder Gerichtshofes, dist. XI, consuetudinis. Ein Bischof kann auch, wenn er Richter ist, durch einen andern das Urteil verlesen lassen, nach dem Muster berühmter Männer.

Desgleichen beachte, daß zwar in Kriminalhandlungen die Vollstreckung des Urteilsspruches nicht aufgeschoben werden soll; diese (Regel) versagt jedoch in bestimmten Fällen, besonders in vier, aber für den vorliegenden Stoff werden (nur) zwei angenommen: erstens, wenn der Spruch über eine schwangere Frau gefällt worden ist, wird er bis zurzeit der Niederkunft aufgeschoben, ff. de re iud. 1. praegnantis. Desgleichen, wenn jemand das Verbrechen gestanden hat und später leugnet; verstehe, wenn das Geständnis vorher nicht wiederum wiederholt worden ist, in der Weise, wie es oben in der fünfzehnten Frage berührt worden ist.

Bezüglich des dritten aber, auf wie viele Weisen nämlich (das Urteil) zu fällen sei, ist jetzt jedoch, weil wir in der Folge bis zum Schluß des Werkes darüber handeln werden, einiges über die Arten vorauszuschicken, auf welche eine angezeigte Person verdächtig wird, darum daß bezüglich der verschiedenen Verdächtigungen auch verschiedene Urteilssprüche zu fällen sind.


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