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Ach, daß ich all den fremden Menschen,
nur dir nicht mehr begegnen soll!
Nie kann ich mehr die Aveglocken hören,
ohn daß ich dein geneigtes Antlitz seh,
als lauschtest du vielsüßen Engelchören
die armen Augen nur so groß und weh.
Als seien deine Leiden schlafen gangen,
beim Sang der Abendglocken still und gut
und hättest flehend nur noch das Verlangen:
Kein neuer Tag mit neuer Schmerzen Glut!
Blühten am Weg die Heckenrosen,
glänzte die Sonne auf Wiesen und Baum?
Schmetterlinge tanzten, die losen – –
ach, es war wie im Traum, wie im Traum.
Zogen die Rosse in banger Eile
deinen kränzegeschmückten Sarg;
Blumen und Sonne die kurze Weile
und dein Leben so hart und so karg.
Senkten sie dich in die tiefe Erde,
den ich geherzt und den ich umschlang –
fühl noch dein Wort, deiner Schmerzen Gebärde –
weinend das Glück, das auf immer verklang.
In ein Kästchen schloß ich ein,
als du warst so schwer gestorben,
deine Uhr, nicht leicht erworben,
wie in einen Totenschrein.
Was du sonst bei dir getragen,
hier dein Messer und dein Ring,
manches dran Gewöhnung hing,
fühl ich an, mit scheuem Zagen …
Doch dein traurigstes Vermächtnis
ist die Glocke aus der Krankheit Zeit,
zog ich über Meere weit,
blieb ihr Hall mir im Gedächtnis.
Laß den Deckel niedergleiten;
könnt ich so mein banges Denken,
meine Tage noch die leidgeweihten
mitversenken.
Die weichen Hänge sind es noch, die du geliebt,
der Blick hinab auf Dächer, Türme, Kuppen,
und auf den sanften Wiesen frohe Gruppen,
die freudig nehmen, was der Sommer gibt –
nur
du nicht mehr.
Das helle Land!
Mit düstren Kleidern angetan,
so muß ich einsam durch das Prangen schreiten
und fühl den Witwenschleier niedergleiten …
die lieben Höhen eile ich hinan
wie einst mit dir.
Nun heimwärts still. Mit dunklen Flören sinkt die Nacht
zum Duft der Erde nieder; engumschlungen
die Liebe wandelt, sehnend aufgeklungen
ist mir das Lied, das alles Leben selig macht –
nur uns nicht mehr!
Noch stehn am Schreibtisch deine Bände,
wie du sie selbst geordnet hast,
als warteten sie deiner Hände,
als weiltest du nur fern zu Gast –
Und wenn mit Briefen kommt geschritten
ins Haus der Bote, ist es mir,
als schriebst du mir, wie du gelitten,
so heimatbange sei es dir!
Und weiß doch, wie so schmerzbeklommen
das Herz mir schlägt, man grub dich ein –
und nie, nie wirst du wiederkommen …
und alles muß zu Ende sein.
Wenn nur die Abende nicht kämen!
die Schatten sinken und ich starr ins Land;
und wieder faßt mich dieses Grämen:
Mir ist, ich sollt dich suchen gehen
den nachtverhangnen Weg entlang,
um dich ein einzigmal zu sehen!
Ich hätt dir vieles abzubitten,
das ich als Härte einst empfand;
o, du warst krank und hast gelitten!
Und manches kann ich nun verstehen,
begreifend, wie du es gemeint,
und darf der Dinge Wurzel sehen –
Du kannst mir nicht entgegenkommen;
nichts mehr, das uns so lang vereint,
als ichs gestünde, reubeklommen …
Wir müssen unser Haus verlassen –
noch einmal will ich deiner Leiden Stätte sehn,
in dich verloren, wieder bange Wege gehn,
noch einmal Glut und Glück erfassen …
Schon hochgetürmt harrt unser Wagen
und schwankt hinaus, bereit dem neuen Heim zu dienen;
die nach uns kommen, warten schon mit frohen Mienen,
bis wir das Letzte fortgetragen …
Und wissen nicht, was schon an Glück verdarb,
wie schwer hier Einer starb!