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20

Schwedenklee hatte sich von dem Dorftischler einen großen Zeichentisch nach eigener Angabe anfertigen lassen. Hingegeben an seine Idee zeichnete er: er hatte nun den großen Berliner Zentralbahnhof weiter in den Tiergarten hinein verlegt. Er brauchte – ja, was er brauchte, das war vor allem Platz! Monumentalität, Raum, Auffahrts- und Abfahrtsalleen! Nicht, daß man nach zehn Jahren sagte: bei aller Genialität, Schwedenklee hat es nicht verstanden, zehn, zwanzig, fünfzig Jahre in die Zukunft zu blicken. Eine Stadt wie Berlin ging wie eine Mine hoch! Also Raum – immer tiefer hinein in den großen Tiergarten –.

Aber schon nach kurzer Zeit beschäftigte ihn eine neue Idee leidenschaftlich.

Das Landhaus war zu klein! Es war nur für ihn, Schwedenklee, berechnet. Er hatte es seinerzeit mit Absicht so klein gehalten: anders würden ihn, hatte er befürchtet, fortwährend Bekannte überlaufen! Von einem kleinen, sehr bescheidenen Gastzimmer abgesehen, das unter dem Dache lag, enthielt es nur drei Zimmer. Schwedenklee hatte sich auf einen Raum beschränkt, Ellen bewohnte das andere Zimmer, dazwischen lag die »Halle«, die als Speiseraum diente. In dem Giebelzimmer hauste Augusta.

Schwedenklee beschloß, das Landhaus in großem Stil auszubauen. In großem Stil? Nein, in allergrößtem Stil, mochte es kosten, was es wollte. Tagelang tat er geheimnisvoll. Als er mit sich im reinen war, rief er Ellen an den Zeichentisch.

Sie kam, den schwarzen Kater auf der Schulter. Strolly sah eifersüchtig zum Fenster herein und winselte flehentlich.

Lieber Himmel, was für ein stattliches Gebäude das Landhaus plötzlich geworden war! Nach beiden Seiten und nach der Höhe baute Schwedenklee aus.

Ellen stimmte allen Plänen zu. So und so – erklärte Schwedenklee. »Und du sollst ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer haben – mit einer kleinen Loggia.«

»Oh, wie fein!« rief sie aus. »Aber ich brauche alles gar nicht. Ich bin so zufrieden mit meinem Zimmer!«

»Und hier, siehst du, werden wir das Badezimmer hinausbauen!«

Schwedenklee schwebte eine Art Glashaus vor: in der Mitte ein versenktes Bassin, ringsum eine Art Gewächshaus mit Palmen, Blattpflanzen, Kakteen. Schwedenklee sprach mit auffallend unsicherer, stotternder Stimme. Ellen war hell begeistert.

Schwedenklee verlor sich in Einzelheiten. Erschrocken und fast mystisch erregt erinnerte er sich, daß er die gleichen Pläne, ganz die gleichen, mit Ellens Mutter, der unglücklichen Ellen, in vielen Stunden durchgesprochen hatte! Sein Atem stockte. Wie viele Jahre ist es her? Und nun steht sie hier, ihre Tochter –! Jetzt aber sollten die Pläne Wirklichkeit werden!

»Und dann,« sagte er, atemlos vor Erregung – denn Ellen schmiegte sich, zärtlich, mädchenhaft, an seine Schulter – »weißt du, wenn alles fertig ist, was ich dann tun werde?«

Ihr schönes reines Auge blendete. »Nein.«

»Dann werde ich Siebenbirken der kleinen Ellen schenken.«

»Ich will es nicht haben!« rief Ellen aus, und ihr Blick verriet Unsicherheit und Argwohn. Sie löste leise die Hände von seiner Schulter und lief verlegen lachend davon.

»Meine Freude!« stammelte Schwedenklee und erhob sich schwankend, indem er ihr mit den Blicken folgte.


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