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6.
Der Namenstag des Nabobs

Johannis Enthauptung nahte heran, ein in der ganzen Umgegend des Szabolcser Komitats berühmter Tag. Es ist der Namenstag Seiner Gnaden, des Herrn Johann von Karpáthi und da er gleich am Tage seiner Geburt getauft wurde, so ist es auch sein Geburtstag und weit und breit wegen seiner großen Festlichkeiten berühmt; denn seit Herr Johann geboren wurde, ward dieser Tag von Jahr zu Jahr mit größerem Pomp begangen, zuerst von seinem Vater und dann von ihm selbst und derjenige mußte schon ein verlassener Mensch sein, der von diesen Festlichkeiten nichts wußte.

Die Seelsorger der umliegenden Dörfer bestellten sich schon einen Monat vorher in Debreczin oder in Nagy-Kun-Madaras die neuen Röcke und befahlen dabei dem Schneider die Taschen recht groß zu machen. Ein Lemberger Künstler bereitete seine Feuerwerke vor, Debrecziner Studenten studierten die Festgesänge ein, der Primgeiger der Zigeunerbande kaufte viel Kolophonium, Wandertruppen schickten sich an, sich zu dem Namensfest einzustellen und die Frauen sahen demselben, das gewöhnlich eine ganze Woche dauerte, mit Besorgnis entgegen, denn ihre Männer kamen davon gewöhnlich betrunken, zerschlagen und ohne das mitgenommene Geld zurück, welches sie dort immer verspielten.

Herr Johann selbst war an die Freuden dieses Tages so sehr gewöhnt, daß er ein Jahr für verloren gehalten hatte, in welchem dieses Fest nicht gefeiert worden wäre; die Bekannten, die sich zu seinem Namensfest nicht einfanden, hielt er für Todfeinde. Für diese Unterlassungssünde war nur der Tod eine Entschuldigung.

Da er in diesen Jahre wegen des Landtags genötigt war, in Preßburg zu bleiben, so zerbrach er sich den Kopf darüber, ob er seinen Namenstag in dieser Stadt feiern und alle seine Zechgenossen, Bekannte, Geistliche, Studenten, Zigeuner, Poeten, Komödianten und Bauerndirnen auf seine Kosten dahin bringen lassen solle. Das war nicht möglich, man kann von niemandem verlangen, daß er wegen seines Namensfestes eine sechstägige Reise mache – und wenn auch schon alle diese anwesend waren, wo bliebe die häusliche Gemächlichkeit, wo wäre der Zufluchtsort der von niemandem bekrittelten Zügellosigkeit? Denn bei dieser festlichen Gelegenheit durfte sich in einem Umkreis von drei Meilen kein nüchterner Mensch zeigen und so war das Schloß Karpáthsalva von einem Kordon umgeben, durch welchen nur schwache Gerüchte von den Kapitalnarrheiten dringen konnten, die dort begangen wurden.

Für solche Unterhaltungen war Preßburg ein sehr ungeeigneter Platz. Wo die Gegenpartei lauerte unter der Wachsamkeit des Oberstallmeisters, Der Träger dieser hohen Würde hatte während des Landtags in Preßburg die polizeiliche Oberaufsicht. vor den Augen des Palatins und des ganzen Landes, in der Stadt der nüchternen deutschen Bürger, in der beschränkten Mietwohnung in Gegenwart so vieler Zeitungsschreiber wagt man es ja kaum, einen Laut von sich zu geben.

Wer Herrn Jancsi kannte, der konnte schon gegen Ende des Monats Juli an ihm jenen Unmut, jene Lust aus der Haut zu fahren bemerken, die er unter diesen drückenden Umständen verspürte und als ihm endlich Seine kaiserliche Hoheit der Palatin die Erlaubnis erteilte, sich auf zwei Wochen von Preßburg zu entfernen, da kam ihm seine gute Laune wieder.

Wen er antraf, Freunde oder Leute, die er nur dem Namen nach kannte, die lud er alle ein, ihn in Karpáthfalva zu besuchen, sodaß bald das Sprichwort entstand: »Gehen wir nicht nach Karpáthfalva zum Namenstag?« Wenn zwei Menschen miteinander im heftigsten Streit waren, so brauchte ein dritter nur dieses Sprichwort hören zu lassen und sie lachten und söhnten sich aus.

Dieses Sprichwort drang auch zu Abellino, der sich damals schon zu erholen anfing und auf einem Ohre ziemlich gut hörte. Nur verzehrte ihn noch der Ärger über seinen Onkel und über die Schmach, die er durch Fanny erlitten. Und er war nicht der Mann, der so leicht zu entsagen vermochte: das erste Mißlingen war nur ein neuer Stachel für ihn und wenn er sich es einmal vorgenommen hatte, jemanden ins Verderben zu stürzen, so gab er es nicht auf und wenn er auch zehnmal zurückgeworfen wurde, so versuchte er dennoch das elfte Mal einen neuen Angriff.

Eines Tages sagten ihm seine Freunde, die ihn zu besuchen kamen, sein Onkel sei nach Hause gereist, um seinen Namenstag zu feiern.

Abellino schien zu lächeln. Zuweilen unterbrach er sein Lächeln durch Ächzen und der Schmerz entstellte sein Gesicht; dann lächelte er wieder.

– Ich werde ihm schon auch gratulieren, murmelte er zwischen den Zähnen, ich werde ihm ein Namenstagspräsent schicken, wie er noch keines erhalten hat.

Und wieder lächelte er bald, bald schrie er auf: er fühle höllische Schmerzen.

 

*

 

Begeben wir uns jetzt nach Karpáthfalva.

Eine der launenhaften Krümmungen der Berettyó bildet eine Halbinsel von einigen tausend Morgen Landes und auf dieser Halbinsel steht das Stammschloß derer von Karpáthi.

Es wäre schwer zu bestimmen, welches von den vielen aneinander gehäuften Gebäuden das eigentliche Stammschloß sei, da jeder der Vorfahren sich durch einen von ihm aufgeführten Bau zu verewigen wünschte. Der eine baute am Ufer, der andere im Walde, ein dritter hatte gern die Aussicht auf die Landstraße und der vierte wollte sich so viel als möglich verbergen. Die Nachkommen benutzten dann die Bauwerke der Ahnen bald zu dem, bald zu jenem Zweck; die Denkmale volkstümlicher Persönlichkeiten wurden hierbei in Ehren gehalten, während die der minder verehrten zu untergeordneten Zwecken verwendet wurden.

So sah man am Ufer des Flusses, im Schatten alter Kastanienbäume, eine vom Alter geschwärzte Ruine, die ursprünglich gar nicht auf dieser Stelle, sondern draußen auf der Ebene erbaut wurde. Dies war einst das aus behauenen Steinen erbaute Adlernest des ältesten der Ahnen, Karpáthi Ubul, das von den Tartaren unter dem König Bela IV. verbrannt wurde. So stand die ehrwürdige Ruine da, bis zur Zeit Wladislaws, als schon von dem ehemals daneben befindlichen Dorf keine Spur mehr vorhanden war; damals erwachte in der Brust des Karpáthi Akos, des Obergespans von Szabolcs, der Ahnenstolz, und gleich nachdem der Bauernanführer Dózsa auf dem glühenden eisernen Thron, die glühende eiserne Krone auf dem Kopf, verbrannt worden war, ließ er von den überwältigten Kuruzen (die empörten Bauern) die ehrwürdigen Überreste des hunnischen Baues Stück für Stück von der Ebene, auf welcher der Bau gestanden, ans Ufer der Berettyó bringen und hier neben seinem Palaste wieder aufrichten.

Ein späterer Nachkomme, Karpáthi Abel, der den reformierten Glauben annahm, ließ dort eine große, mit Glocken und einer Orgel versehene Kirche erbauen und machte eine Stiftung zur Erhaltung des Geistlichen. Sein Eifer ging so weit, daß er ein ungeheures Gebäude aufführen ließ, das ein Kollegium mit vierundzwanzig Lehrstühlen, einem Konvikt für neunhundert Studenten, einer Bibliothek und einem Museum werden sollte. Aber er starb inmitten des riesenhaften Unternehmens und sein Nachfolger, der praktische Karpáthi Bertalan (Berthold), unterließ die Fortsetzung desselben.

Der Sohn des letzteren, Balthasar Karpáthi, war schrecklich geizig und gab niemals, weder für sich, noch für andere, einen Heller aus; er verließ, um nicht Gäste empfangen zu müssen, den unter Leopold I. erbauten großen Palast, ließ die Fenster desselben mit Ziegeln vermauern und sich ein kleines, ebenerdiges Haus bauen, in welchem nur er allein Platz hatte und aus dem er sich nicht herausrührte. Seine Nachfolger, die er durch sein langes Leben sehr ärgerte und auf seinen Tod ungebührlich lange warten ließ, räumten dieses Haus den Hundejungen ein.

Das auf ihn folgende Familienhaupt war ein großer Ökonom, der ein Ökonomiegebäude nach dem andern aufführen ließ. Unter anderem wurde dicht neben dem, nach dem Versailler Muster erbauten Palast eine große Branntweinbrennerei errichtet, sodaß man es wegen des fortwährenden Fuselgeruchs dort nicht aushalten konnte; auch konnte man zu jener Zeit in den englischen Park nicht anders als durch den Stall und den Schafmelkhof gelangen.

Karpáthi Dalia, der in dem glänzenden Zeitalter Maria Theresias lebte, ließ am Ufer der Berettyó ein neues, prächtiges, zeitgemäßes Kastell mit den damals üblichen Rondellen, mit dem vergoldeten Doujon in der Mitte, dem vergoldeten, marmornen Familienwappen über dem Thor, einem noch größeren am Giebel, einem an der Wasserseite befindlichen, auf Karyatiden ruhenden Erker mit vergoldetem Gitter, im Innern mit langen Gängen, gewölbten, ausgemalten, getäfelten und mit Teppichen belegten Sälen, in welchen kostbare Bilder hingen, endlich mit geheimen Thüren und verborgenen Wendeltreppen, ganz nach der damaligen Mode, bauen.

Der Nachfolger, der hierauf unter der Regierung des Kaisers Joseph II. in den Besitz des Kastells kam, lebte in Wien und geriet auf den Einfall, an der Stelle des Dorfes Karpáthfalva eine Stadt zu gründen. Er ließ auch eine ziemliche Reihe von Häusern ausführen und siedelte dort eine Kolonie von Tagedieben an, im Schlosse aber ließ er jeden Saal vermittelst spanischer Wände in drei oder vier Teile abteilen; allein schon, im nächsten Jahre wurde die Kolonie durch die Ruhr und das Fieber zerstört und seine Leute gingen allmählich dahin, woher sie gekommen waren. Er selbst kam auch nach kurzer Zeit in die glücklichere Heimat.

Auf diesen folgte unser Nabob, der bis zu seinem Todestag Jancsi hieß.

Die Spuren seiner Thätigkeit sind an dem Stammsitz am deutlichsten zu sehen. Alles Auffallende, alles Schreiende, das meilenweit die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zieht, ist seine Schöpfung. Der Park ist voll von Hirschen und Damhirschen, für deren Winteraufenthalt hier ebenfalls gesorgt ist; schon aus weiter Ferne sieht man den Karpáthfalver Kirchturm, den Jancsi erhöhen und mit schimmerndem Blech decken ließ.

Das Glashaus ließ er doppelt so groß erbauen, als es unter seinem Ahnherrn, Karpáthi Dalia, gewesen, nicht etwa, weil er darin Palmen großziehen wollte, sondern um den sechshundertjährigen Kastanienbaum gegen die rauhe Luft zu schützen, zwischen dessen Laub sich einer seiner Ahnherrn, Karpáti Kupa, drei Tage und drei Nächte hindurch vor den Nachstellungen der Tartaren verbarg und sich mit den süßen Früchten des gastfreundlichen Baumes das Leben fristete.

Karpáthi Dalia ließ in dem Kastell nur einen runden Saal erbauen, in welchem sich die zuweilen von Wien herabkommenden Sänger und Virtuosen hören ließen; Herr Jancsi ließ anstatt dessen in der Mitte des englischen Gartens nach seinem eigenen Plan ein Theater erbauen und es gab Wandertruppen, die es wagten, da zu spielen. Das Honorar war ziemlich gut, allein um so abschreckender die Kritik; denn wenn ein Schauspieler seine Rolle nicht gut wußte, so ließ ihn der gnädige Herr sogleich in facie loci niederziehen und ihm eine Tracht Prügel geben.

Aber eine solche Kritik war bei Gelegenheit des Namensfestes nicht zu befürchten, denn in diesen Tagen war der gnädige Herr ungewöhnlich gnädig; drei Tage lang konnte sich jeder seiner Gnade erfreuen, aber am vierten Tage machten die Untergeordneten, daß sie fortkamen, denn da ging unter den höheren Gästen das Durcheinander los.

Sobald der Geburtstag herannaht, überkommt den Herrn János eine ungewöhnliche Frömmigkeit; die Hofnarren und die Bauerndirnen werden aus dem Kastell verabschiedet; die Hunde und Bären werden eingesperrt, damit die hinzuströmenden Armen von ihnen nicht belästigt werden; der gnädige Herr geht mit seinem ganzen Gesinde in die Kirche, um das Abendmahl zu nehmen und um hier seine Aussöhnung mit allen seinen Feinden feierlich zu geloben; sobald er aus der Kirche zurückkehrt, führt er dieses Gelöbnis auch treulich aus.

– Schickt mir vor allem den Güterdirektor her.

Diesen ruft er nicht deshalb zuerst, weil er etwa sein größter Feind ist, sondern weil bei diesem die Rechnungen aller Beamten, Gespane, Kästner, Wirte und Pächter niedergelegt sind, die sich in die ungeheuren Einkünfte des Herrn Jancsi teilen; der Nabob weiß gut, daß er, wenn er diese Rechnungen durchschaut und gut heißt, Gelegenheit habe, den größten Teil seiner Feinde zu versöhnen und eben deshalb läßt er sich sie den Tag vor seinem Geburtsfest bringen; denn wenn er in einer bösen Stunde einen Blick in diese Rechnungen wirft, so jagt er gewiß die Hälfte seines Personales davon – und das wäre schade, denn die Armen haben meistens Kinder und bessere Beamte kommen doch nicht nach.

Der erwähnte Güterdirektor, der edle Herr Peter Varga, ist mit Herrn Jancsi von gleichem Alter und der Sohn eines Schweinehirten, der beim Vater des gnädigen Herrn im Dienst war. Herr Varga wurde in seiner Jugend mit dem jungen Herrn zusammen erzogen, damit dieser jemanden um sich habe, den er immer prügeln könne. Die Wissenschaften, welche die Erzieher des jungen Herrn Jancsi diesem aufbürdeten, gingen ihm zu einem Ohr hinein und zum andern hinaus, fanden aber in Petike (Peterchen) eine um so empfänglichere Seele. Dem alten Herrn machte es großen Spaß, daß anstatt seines Sohnes, Petike die Lektionen lernte und später schickte er diesen in das Debrecziner Kollegium; und als der Junge von da mit beträchtlichem Wissen versehen zurückkehrte, setzte er ihn als Güterdirektor ein, welches Amt Varga bis zu dem jetzigen Moment unserer Erzählung treu verwaltete; wenn wir sagen, daß er sich bei der nicht großen Bezahlung, die er bekam, auch jetzt noch in demselben ärmlichen Zustand befand, wie damals, als er sein Amt antrat, so haben wir von seiner Ehrlichkeit einen genügenden Begriff gegeben, denn der Nabob scheute das Zahlen, lieber schenkte er; seine Beamten durften ihn bestehlen, nur um Gehaltserhöhung durften sie nicht einkommen.

Und wenn sich nun ein Narr findet, der nicht nur nicht stehlen will, sondern auch Geschenke, für die er nichts geleistet, nicht gern annimmt, so kann er mitten unter den Schätzen, welche er unter den Händen hat, leicht ein armer Teufel bleiben. Ein anderer an dessen Stelle wäre längst ein Millionär; die untergeordneten Beamten fahren alle in Kutschen, haben silbernes Eßzeug und lassen ihre Töchter in Wien erziehen, er aber brachte es kaum so weit, daß er an seinen Kordovanstiefeln silberne Sporen tragen und in einem alten Kasten mit zwei Pferden, die er aufgezogen hatte, fahren konnte.

Auch jetzt sehen wir ihn vor dem Thor des Kastells von diesem Kasten absteigen; hineinfahren will er nicht, um nicht das schöne Kieselpflaster des Hofes mit den Rädern seines schlechten Fuhrwerks zu verderben.

Der Wagen ist mit Aktenbündeln beladen, welche Herr Peter vor allem einem Heiducken auf die Arme legt, dann trippelt er mit ehrbaren Schritten hinauf zu Herrn Jancsi, der ihn im Familienarchiv erwartet; hier stehen die großen weißlackierten mit vergoldeten Leisten und Gitterthüren versehenen Archivkasten, voll von Familienpapieren und den Mumien abgeschlossener Rechnungen, deren Ruhe kaum von einigen unglücklichen Mäusen gestört wird.

Ehe der würdige Güterdirektor in dieses Zimmer gelangte, mußte er durch viele Thüren gehen, vor denen allen er, ob sie nun offen waren oder nicht, stehen blieb, um anzuklopfen; wenn die Thüre offen war, so klopfte er an den Pfosten, bis ihn endlich der alte Heiduck Pál, der die Akten trug, antrieb, nur gerade fort zu gehen, denn es befinde sich niemand in diesen Zimmern. Endlich kam er ins Archiv. Sobald Herr Jancsi den Ankommenden erblickte, setzte er sich in sein Fauteuil und streckte jenem die Hand entgegen; anstatt aber gerade hin zu gehen, um die dargebotene Hand zu erfassen, ging Herr Peter erst um den langen eichenen Tisch herum, damit er nicht die Grobheit begehe, sich dem gnädigen Herrn von der linken Seite her zu nähern und dann blieb er erst drei Schritte vor ihm stehen und verneigte sich in tiefster Ehrfurcht.

– Na, gehen Sie nur näher hin, schrie der vertraute Heiduck, sehen Sie nicht, daß der gnädige Herr den rechten Fuß ausstreckt?

– O, ich bitte unterthänigst, sprach der würdige Güterdirektor, die Hände hinter dem Rücken verbergend, ich bin nicht würdig, die Hand des gnädigen Herrn zu berühren.

Und nicht um die Welt war er dahin zu bringen, daß er Herrn Jancsi die Hand reichte, auch konnte man ihn nicht bewegen, sich neben dem gnädigen Herrn niederzusetzen; Pál mußte ihn mit Gewalt auf den Sessel niederdrücken, von dem er jedoch wieder aufstand, um vor seinem Grundherrn, wie es sich gebührt, zu stehen.

Der gnädige Herr, der Güterdirektor und der Heiduck waren drei eigentümliche Gestalten; Karpáthis Gesicht war in dieser Stunde ungewöhnlich heiter, seine hohe kahle Stirne glich der Kuppel einer Kirche, die spärlichen Überreste seines ehemaligen Haarwuchses hingen ihm wie dünne silberne Fransen ins Genick und von den Schläfen herab; sein Gesicht war glatt rasiert, der Schnurrbart nach beiden Seiten lang hingeschlichtet, die Röte seiner Augen und die Runzeln des Gesichts schienen verschwunden.

Hingegen ist der würdige Güterdirektor mit seinem gelbbraunem Gesicht, auf dem sich jetzt der tiefste Respekt ausdrückt, ganz der Typus des vorigen Jahrhunderts; sein Schnurrbart ist kurz geschoren, damit er nicht viel damit zu thun habe, um so mehr Sorgfalt verwendet er auf seinen gepuderten Zopf, der mit schwarzen Bändern durchflochten, ihm angesichts der ganzen Welt hinten herabhängt; sein Rock, von dem man nicht entscheiden kann, ob es ein Frack oder ein Attila sei, ist ebenfalls ein Denkmal des vorigen Jahrhunderts, vorn kann man ihn nicht zuknöpfen und hinten steht er weit weg; unter demselben trägt Herr Varga eine lange Weste mit silbernen Knöpfen.

Hinter ihm steht Pál, der alte Heiduck, im beschnürten Dolmány. Er ist ebenso alt, wie die beiden Herren, er ist mit ihnen zusammen aufgewachsen und alt geworden und geht mit dem gnädigen Herrn auch jetzt noch so um, wie damals, als sie zusammen Ball spielten.

Das Haar des alten Burschen ist grau geworden, aber es ist noch vollständig beisammen, lang und dicht ist es nach hinten geschlichtet und da mit einem Kamm zusammengehalten; sein aufgewichster Schnurrbart ist spitziger als ein Schusterpfriemen und seine Gesichtszüge sind so einfach, daß man sie mit drei Strichen abzeichnen könnte, zu malen aber wäre dieses Gesicht wegen seiner eigentümlichen Röte nicht so leicht.

– Euer Gnaden beliebten die Gnade zu haben, sprach Peter, sich zum Tisch stellend, sich zur Durchsicht der Rechnungen in Ihrer geschätzten Person herabzulassen; deshalb war ich so frei, das Ganze unterthänigst in ein System zu fassen, damit Euer Gnaden es leichter durchschauen können.

Hiermit winkte er dem Heiducken, die Schriften niederzulegen.

Dieser warf sie ganz zornig auf den Tisch und konnte sich nicht enthalten zu bemerken: Schade, daß das viele schöne Papier so vollgekritzelt ist.

– Du sprichst ohne Verstand, schrie ihn Herr Jancsi an.

– Es wäre doch ebenso gut, wenn man dem gnädigen Herrn auch nur leeres Papier zeigte, Sie kümmern sich ohnedies nicht viel um die Sachen. Ist es Ihnen nicht genug zu wissen, daß man Sie bestohlen, wollen Sie auch noch erfahren, was man Ihnen gestohlen hat?

– Ei, du schlechter Bursche, so sprichst du mit mir? Jetzt sehe ich just alle Rechnungen durch und du mußt während der ganzen Zeit dableiben und hinter meinem Stuhl stehen.

– Ich will die Rechnungen aufessen, wenn Sie sie durchsehen, murmelte der alte Diener.

– Halt dein Maul! schrie ihn Jancsi an, worauf der Heiduck, den Befehl wörtlich erfüllend, sich den Mund mit der Hand zuhielt und durch die Finger brummte: Ich halte es schon.

Hiermit streckte Herr Jancsi mit musterhafter Entschlossenheit seine Hand nach dem zu oberst gelegenen Aktenbündel aus, welches die Rechnungen des Beamten Johann Schaden enthielt; er begann darin herumzublättern, so lange bis er zu der Überzeugung kam, er wisse nicht, wo er anfangen solle; endlich reichte er es dem Güterdirektor hin, welcher das übersichtliche Verzeichnis schnell auffand.

– Da sind die Ausgaben und Einnahmen des Kakader Gutes.

Wir wollen davon auch etwas hören. Es ist zwar etwas langweilig, aber wir werden dadurch erfahren, wie man auf den Gütern des Nabob wirtschaftete.

Herr Peter las trotz seinem vorgerückten Alter ohne Augengläser.

– Im Jahre 1824/5 hatte die Kakader Herrschaft, wie oben unter dem Strich erwiesen wird, folgende Einkünfte:

Hier unterbrach sich Peter im Lesen.

– Mit Ihrer gnädigen Erlaubnis, war ich so frei auf den Rand einige Bemerkungen über die betreffenden Posten zu machen; wenn Sie es erlauben, so will ich sie vorlesen.

Herr Jancsi gab seine Einwilligung durch einen Wink zu erkennen.

– Also, in diesem Jahre betrug die Fechsung der Kakader Herrschaft zwölftausend Kübel Korn; demzufolge haben wir auf dem besten Boden nicht einmal das Saatkorn zurück erhalten.

– Heuer war ein schlechtes Jahr, entschuldigte Herr Jancsi den Verwalter, das Getreide hat sich umgelegt, im Sommer traf es der Hagel und in den Feimen keimte es wegen des vielen Regens.

– Das sagte auch der Verwalter, entgegnete Peter, aber im Winter hätte man die Schafe auf die Saat treiben, hier und da das Riedgras abmähen sollen, dann hätte sich das Getreide nicht gelegt; gegen den Hagel hätte man in Preßburg assekurieren können; und dort steht die große Scheuer, hätte man das Getreide hineingeschafft, so hätte es nicht gekeimt.

– Es ist gut, Herr Peter, gehen wir weiter. Es wird schon anders werden, überlassen Sie das nur mir.

– Die zwölftausend Kübel sind zu acht Gulden verkauft worden; das hat ein Raaber Kaufmann in Scheinzetteln dafür gegeben, während ich in den Zeitungen gelesen habe, daß gutes Korn in Pest um elf Gulden verkauft wurde und man hätte es leicht dahin verfrachten können, da die Ochsen wegen der Überschwemmung müßig waren.

– Jawohl, aber eben die Überschwemmung hat die Theißbrücke weggerissen und so konnte man nicht hinüberkommen.

– Hätte man den Damm nicht vernachlässigt, so wäre die Brücke noch da.

– Na, überlassen Sie das nur mir, gehen wir weiter.

– Der Raps ist, weil man so lange damit gewartet hat, muffig geworden und so sind dafür nicht mehr als achttausend Gulden eingekommen. Das ist eine Nachlässigkeit, denn, so viel ich weiß, regnete es damals nicht, aber wegen der Taufe des Verwalters erhitzte sich der Raps in den Schobern und wurde dadurch schwarz und sauer.

– Na freilich! Sind Sie ein ehrlicher Christ, daß Sie vom Verwalter verlangen, er soll die Taufe seines Kindes wegen nichtiger, weltlicher Dinge verschieben? Überlassen Sie das nur mir.

– Das Heu ist vom Wasser fortgeschwemmt worden, denn eben als man es einführen sollte, haben Euer Gnaden alle Leute, die nur aufzutreiben waren, zu einer Treibjagd bestellt. Sonst pflegten unter dieser Rubrik schöne Summen angeführt zu werden.

– Na, da bin ich selber schuld; Sie sehen der Arme kann nichts dafür. Überlassen Sie das nur mir.

– Aus demselben Grunde sind die Einnahmen um einen neuen Posten vermehrt worden, nämlich um die Einnahmen für die Felle der Schafe und Rinder, die aus Mangel an Futter umgestanden sind.

– Sehen Sie, so entstand aus dem Schaden ein Nutzen.

– Hingegen fehlt die Einnahme für Wolle, die sonst bedeutend war.

– Die Wolle steht heuer ohnedies schlecht, es ist kaum eine Nachfrage danach.

– Ferner – –

– Lassen wir das sein, Peter; wir sehen, daß er ein ehrlicher Mann ist; was enthält jenes zweite Bündel dort?

– Das ist die Rechnung des Thaddäus Kajaput, des Kastners der Nyilaser Herrschaft.

– Ah, die pflegt interessant zu sein; hat er heuer keine neuen Erfindungen gemacht?

Der erwähnte Mann war ein unternehmender Geist, welcher aus dem ihm anvertrauten Gut eine Musterwirtschaft machte, aber diese kostete weit mehr, als sie einbrachte.

Er errichtete eine Zuckerfabrik, allein er erzeugte nur Sirup und von diesem kam jedes Pfund auf zehn Gulden.

Er hatte auch die Seidenzucht eingeführt, aber ein Band aus der hier gewonnenen Seide kam so hoch zu stehen, daß eine Elle Samt nicht teurer war.

Er hatte einmal etwas vom Waid gehört, sogleich kaufte er eine ganze Menge davon, um daraus die Farbe zu bereiten; aber der ausgepreßte Saft wurde ihm sauer, weil er nicht wußte, wie man ihn zum Krystallisieren bringt.

Er errichtete eine Glashütte und kaufte das Holz dazu um bares Geld, aber mehr als grünes Glas, das niemand kauft, konnte er nicht produzieren.

Auf sandigem Boden und noch dazu im Frühling, pflanzte er einen Tannenwald, im Herbste war von der Pflanzung nichts mehr da.

Er errichtete eine Tuchfabrik und stellte einen bankrotten Weber als Fabriksleiter an und dieser fabrizierte ein blaues Tuch, welches, wenn man einen Rock daraus nur drei Wochen trug, schon in Fetzen ging.

Kurz dieser Verwalter gab mehr aus, als die ganze Wirtschaft einbrachte.

– So geht's, wenn Gelehrte sich auf die Ökonomie werfen, sagte Herr Jancsi, nachdem er über jeden einzelnen Posten herzlich gelacht hatte.

– Ich bitte um Entschuldigung, sagte Herr Peter, so geht es, wenn Halbgelehrte wirtschaften; die Wissenschaft ist ein umgekehrtes Gift, viel davon heilt, wenig aber tötet.

– Na, sehen wir aber die andern an; was ist das für ein dünnes Bündel dort?

Nun suchte er das dünne heraus.

– Das ist der Bericht des Opalgrubenpächters. Für das viertausend Gulden betragende Pachtgeld schickte er Edelsteine, die man bei ihm gewiß für tausend Gulden bekommen hätte. – Was soll aber der Arme thun? Er muß doch auch leben; er hat, wie ich höre, sechs Kinder.

– Aber ein Kaufmann aus Galizien war da, der zwanzigtausend Gulden jährliches Pachtgeld anbot.

– Was? ich soll einem Galizier, einem Fremden, meine Gruben geben? Nicht, wenn er mich mit Sternen zahlt! Bleiben wir beim Alten. Was ist dieses andere Bündel dort?

– Es ist die Rechnung des Talpader Försters.

– Respekt vor diesem Mann! Seit zwölf Jahren sehe ich schon die Rechnungen von dem Talpader Wald. Unlängst war ich mit einigen Freunden auf der Hasenjagd und plötzlich überfiel uns der Regen. Macht nichts, sagte ich, in der Nähe muß sich mein Talpader Wald befinden, reiten wir hin, dort können wir das Aufhören des Platzregens abwarten. Wir reiten eilends hin, aber von einem Wald war nichts zu sehen. Endlich fragte ich einen durchnäßten Feldwächter, wo hier der Talpader Wald sei. Dort! sagte er, auf einen Platz zeigend, wo etwa fünfzig verbogene Birken standen, gerade als ob man Besen hingepflanzt hätte. Man muß dem Menschen sagen, daß er dort noch einige Besenstiele in den Sand stecke, wenn er will, daß ich ihn einen Förster nenne.

– Das ist die Rechnung des Tarcsaer Müllers, der zahlt auch immer nur mit Kleie.

– Lassen Sie das, er hat eine schöne Frau.

– Sie ist schön, aber schlecht.

Herr Jancsi hielt es für gut, auf diese moralische Bemerkung folgende philosophische Antwort zu geben.

– Freund, die schlechten Weiber sind in der Welt notwendig: da es ausschweifende Männer giebt, so muß es auch ausschweifende Weiber geben, denn, wenn diese nicht wären, so würden jene ihre Augen auf die tugendhaften Frauen und Mädchen werfen. Überlassen Sie das nur mir.

– Überlassen Sie die Tarcsaer Müllerin nur dem gnädigen Herrn, sprach der hinten stehende Heiduck drein.

– Sprichst du schon wieder?

– Ich? Ich habe ja nicht gesprochen.

– Der Mensch da schreit mir immer ins Ohr; kann man bei einem solchen Lärm Rechnungen durchsehen? kommen wir schnell zum Ende, Herr Peter. Was ist noch zurück?

– Die frommen Stiftungen.

– Geben wir uns damit keine Mühe; wir wissen, daß sie alle ausgezahlt sind; hat jemand noch etwas von uns zu erwarten?

– Jawohl; das ** Kollegium hat heuer das Stipendium nicht erhalten.

– Es bekommt es auch nicht, denn voriges Jahr hat es mir zu meinem Namenstag keinen Supplikanten geschickt.

– Aber wenn heuer einer kommt, dann zahlen wir's aus?

– Auch das vorjährige.

– Da sind ferner noch einige Bittschriften und Rundschreiben.

– Was bedeuten die letzteren?

– Das hier ist ein Aufruf zur Begründung einer Gelehrtengesellschaft.

– Dazu gebe ich keinen Heller her. Das Land war so lange glücklich, so lange es keine Gelehrten hatte. Man lernt in den Kollegien schon genug.

– Hier ist die Pränumerationseinladung zu einer eben entstehenden Zeitung.

– Zeitung: Lüge! Ich will mir damit meine Laune nicht verderben.

– Hier ist der Aufruf zur Erbauung eines stehenden Theaters in Pest.

– Wer Komödie spielen will, der soll zu mir kommen, hier ist ein Theater, hier bekommt er zu essen und kann dableiben, so lange er lebt.

– Das ist eine Aufforderung zur Vermehrung des Nationalmuseums.

– Ich wette, daß ich eine schönere Sammlung besitze, als das Nationalmuseum, wenn sie im Kuruzenkrieg nicht gelitten hätte, so würde sie selbst die Wiener Sammlungen übertreffen. – – – – – – – – – – – – –

So waren die Jahresrechnungen des ungarischen Magnaten beschaffen.

Seine Einkünfte wurden durch die unzweckmäßige Wirtschaft, durch die treulosen, ihrer Willkür überlassenen Beamten verkürzt; einen großen Teil derselben verschwendete er an hohlen Prunk und geschmacklose Unterhaltungen; öffentlichen Anstalten spendete er nur dort etwas, wo er dafür gerühmt wurde, wo er die Rolle eines Patrons spielen konnte, bei Unternehmungen hingegen, wo er bloß aus Patriotismus, aus Liebe zur Sache hätte opfern sollen, hielt er seine Hand zu und trotz so vieler Verschwendungen und Thorheiten blieben am Ende des Jahres doch noch zweimalhundert und etliche Tausend Gulden in der Kasse, die er nicht auszugeben vermochte.

Die übrigen Rechnungen sah Herr Jancsi gar nicht durch. Wozu? Soll er sich ärgern, wenn er bemerkt, wie er betrogen wird? Hat er nicht so viel Geld, daß er es gar nicht auszugeben vermag? Oder soll er mit denjenigen Prozeß führen, an welche er Forderungen hat? Da möge das Geld lieber bei dem bleiben, der es schon hat. Oder soll er seinen Leuten nachgehen, wie eine sparsame Hausfrau der auf den Markt geschickten Köchin nachgeht, um zu sehen, ob diese die eingekauften Waren nicht teurer einrechnet, als sie sie gekauft hat? Alle diese Mühen waren eines Edelmannes nicht würdig.

– Binden Sie Ihre Akten zusammen, Herr Peter Varga!

Die oberflächlich durchblätterten Akten wurden hinter die Gitterthüren des Archivs gelegt, um nie wieder ein Tintenfaß oder das Tageslicht zu sehen.

Wie viele Nationalinstitute, wie viele menschenfreundliche Anstalten und gemeinnützige Unternehmungen hätten nur durch die Abfälle zustande kommen können, welche von dem reichgedeckten Tisch des Nabobs fielen und welche die spätere Generation mit Ameisenfleiß kaum wieder aufzulesen vermag, um damit alles dasjenige aufzubauen, was die Väter zu bauen versäumt hatten.

– Na, morgen Abend erwarte ich Sie zur Feier meines Namensfestes, sprach Herr Jancsi, der es seit vierzig Jahren noch nie unterlassen hatte, den treuen Beamten zu dem Feste einzuladen, zu welchem nur vornehme Gäste oder Spaßmacher Zutritt hatten.

Der ehrenwerte Beamte sprach auch jetzt, wie seit vierzig Jahren, immer unterthänigst und mit einer tiefen Verbeugung:

– Ich bin dieser hohen Gnade nicht würdig, es ist mir unmöglich, in der Gesellschaft so vieler vornehmen Gäste zu erscheinen, ich werde schon übermorgen, zugleich mit den übrigen Beamten, meine Aufwartung machen.

Hiermit verbeugte er sich, machte seinen Kratzfuß und ging fort, wobei er es nicht unterließ, sich mehrmals umzudrehen und sich nochmals zu verbeugen.

Herr Jancsi lachte, sobald Peter Varga sich entfernt hatte; vielleicht aus Befriedigung über dessen Ehrlichkeit? Nein. Ihm erschien dieser ebenso sehr als ein Narr, wie die übrigen, wie der Zigeuner Vidra, wie der Poet Gyárfás, wie der Theaterdirektor Lokodi, der den Hamlet spielt, wie sein Windhund Mattyi, der den Hasen in die Luft schleudert und wieder auffängt. Alle diese hatten ihre Narrheiten, während der Güterdirektor die besaß, daß er seinen Herrn nicht bestahl, wozu er genug Gelegenheit hatte. – Er ist ein Narr wie die übrigen und nur dazu bestimmt, seinen Herrn zu unterhalten. Und eben deshalb liebt ihn Herr Jancsi, wie seine übrigen Lieblingsnarren: den Zigeuner Vidra, den Poeten Gyárfás, den Direktor Lokodi und den Hund Mattyi und wenn Varga stürbe, so würde er ihn ebenso beweinen, wie jene und ihm ein ebenso glänzendes Denkmal setzen, wie jenen: dem Zigeuner, dem Poeten, dem Komödianten, dem Hund.

– Na, wozu stehst du da und hältst Maulaffen feil? warum gehst du nicht, um den Fiskal herzurufen? schrie Jancsi den hinter ihm stehenden Heiducken an.

– Schon gut; Sie müssen deshalb nicht so schreien, entgegnete der alte Diener. Ich kann doch nicht sogleich fortspringen, wenn mir der Kopf noch von den verdammten Rechnungen voll ist.

– So? Gut, daß du mich daran erinnerst. Wann wirst du über die hundert Gulden Rechnung ablegen, die ich dir gab, als ich dich nach Debrezin schickte? Na, jetzt stelle dich her und prahle noch. Laß sehen, wie du rechnen gelernt hast.

– Das ist leicht, antwortete Pál mit der Bündigkeit eines Husaren, drehte sich den Schnurrbart, zupfte am Mente, steckte sich den Kamm tiefer ins Haar, richtete sich die Halsbinde, zog den Hosenriemen enger zusammen, räusperte sich und sagte: Ich habe von dem gnädigen Herrn hundert Gulden in Banknoten bekommen; davon habe ich noch einen halben Kreuzer in der Tasche, das übrige ist in Essen und Trinken aufgegangen; summa summarum macht hundert Gulden.

Herr Jancsi hielt sich die Seiten vor Lachen.

– Du machst auch Rechnungen wie einmal eine Deputation: »Für Fuhrlohn hundert Gulden, für Essen und Trinken hundert Gulden, macht zusammen dreihundert Gulden.«

– Na und was weiter? sagte der Heiduck.

– Jetzt pack' dich fort und hole den Fiskal; sag' ihm, er soll sich eine gute Feder mitbringen, denn er wird zu schreiben haben und hier findet er kein vernünftiges Schreibzeug.

Nach einer Viertelstunde brachte Pál den Fiskal.

Wir wissen nicht, wo Herr Jancsi diesen Menschen aufgefischt hatte, aber gewiß ist, daß er zu den übrigen paßte.

Das Gesicht dieses Fiskals war nicht größer als das eines Eichhörnchens und infolge seiner Antipathie gegen das Waschen ganz schmutzig. Hiermit in Übereinstimmung hatte er struppiges Haar und alles, was er anhatte, schlotterte nachlässig herab. Sein Rock glänzt, besonders aber am Kragen, von jahrelang liegen gebliebenem Schmutz; seine Weste von zweifelhafter Farbe ist so zugeknöpft, daß unten ein Knopfloch und oben ein Knopf kein dazugehöriges vis-à-vis haben; dieser Umstand wurde aber dazu benutzt, das müßige Knopfloch der Weste mit einem Knopf der Beinkleider in Verbindung zu bringen, wodurch der Hosenträger erspart wurde. Sein Halstuch, das einst weiß gewesen sein mag, ist hinten zusammengeknüpft; seine beiden Taschen sind bis zum Knie hinab vollgestopft, mit dem Taschentuch, Spagat und den Winterhandschuhen; seine Hände aber sind so schwarz, als ob er gar nicht mit Federn zu schreiben, sondern gleich die Finger selbst in die Tinte zu tauchen pflegte.

Auch dieser ist ein Hofnarr des Herrn Jancsi; andere als solche konnte er gar nicht um sich leiden, er sammelt die Narren mit besonderer Sorgfalt, Dieser da ist ein ganz schmutziger Narr, den er nur zuweilen vornimmt, wenn er sich den Spaß machen will, ihm Öl anstatt Zwetschengeist zu trinken zu geben; übrigens wird er nur zu prosaischen Beschäftigungen verwendet, er muß Briefe schreiben, Inventarien aufnehmen und bei Urbarialversammlungen den Bauern Stockschläge aufmessen lassen.

Diesen pflegte der Nabob mit »höre der Herr« anzusprechen, was bei ihm noch etwas geringschätzigeres war, als jemanden mit »Ihr« anzureden.

– Höre der Herr! Na, komme der Herr nur näher. O weh, wie riecht der Herr nach Knoblauch! Halten Sie den Mund zu, wie oft habe ich Ihnen gesagt, Sie sollen nicht mehr Knoblauch essen, sonst jage ich Sie fort. Aber wie kommen Sie zu Knoblauch, da in meiner ganzen Herrschaft keiner gezogen werden darf? – Na, ich habe den Herrn rufen lassen, damit Sie mir ein paar Briefe schreiben, aber passen Sie gut auf, denn zweimal werde ich's nicht sagen. Schreiben Sie allen den Herren, mit welchen ich hier in irgendeinen Konflikt gekommen bin, daß ich mich an meinem Namenstag mit ihnen auszusöhnen wünsche. Schreiben Sie dem Horhi Miska ( intra parenthesim sage ich Ihnen, daß Sie »Mihály« schreiben sollen, denn er heißt nicht für jeden Narren »Miska«), daß ich in unserer Grenzstreitigkeit meinetwegen nachgebe und ihm den Burjánoser Hügel überlasse. Dem Csenkö Laczi schreiben Sie (vergessen Sie nicht auf die Adresse » perillustris ac generosus« zu setzen, aber den Brief selber schreiben Sie nicht lateinisch, er versteht's nicht, denn er ist nicht über die Syntax hinausgekommen), daß er sich den Hengst abholen kann, den er einmal von mir begehrt hat, den ich ihm aber damals nicht gegeben habe. Den Berki Lorenz benachrichtigen Sie, daß ich ihm von nun an alles glauben will; selbst daß er nicht mehr lügen werde, will ich ihm glauben. Dem Kalotai Fritz schreiben Sie, nein, dem schreiben Sie lieber gar nichts, denn er wäre imstande aus meinem Einladungsschreiben einen Wechsel zu machen, er kommt auch so, obwohl ich ihn vor einem halben Jahre habe hinauswerfen lassen. Dem Kutyfalvy Bandi endlich schreiben Sie, er soll es doch endlich einmal vergessen, daß ihm mein Junge Kis Miska in unser aller Namen einmal die Haut durchgegerbt hat; er soll sich mit ihm aussöhnen, ich werde ihm schon jemanden verschaffen, an dem er seine Galle auslassen kann, wenn keinen andern, so verschaffe ich ihm dazu meinen Fiskal. Hat der Herr mich verstanden?

Der Fiskal nickte mit dem Kopfe.

– Ich möchte auch dem Herrn die Hand geben, da ich schon einmal in der Versöhnung drin bin, wenn Ihre Finger nicht so voll Tinte wären. Gehen Sie und waschen Sie sich, dann kommen Sie wieder.

Der Fiskal gehorchte, ließ sich Seife geben und hatte eine halbe Stunde zu thun, bis er den verjährten Schmutz von den Fingern brachte. Als er zurückkehrte, sah der Herr Jancsi, die Hände auf dem Rücken, zum Fenster hinaus.

Der Fiskal stand da und wartete, bis der Herr sich umdrehen werde. Er wartete eine halbe Stunde und dann erst wandte sich der Nabob um, wie einer, der wohl weiß, daß jemand wartet und winkte dem Fiskal.

– Setze der Herr sich nieder zum Schreiben.

In der Stimme des großen Herrn war eine ungewöhnliche Befangenheit wahrzunehmen, die außer dem Fiskal gewiß jeden anderen überrascht hätte.

»Lieber Neffe!« begann der alte Karpáthi zu diktieren.

»Da der Herr Neffe jetzt im Lande wohnt, ich aber nicht will, daß der Name Karpáthi verkleinert werde, so reiche ich an dem heutigen Tage, an welchem ich mich mit allen meinen Feinden aussöhne, auch meinem Herrn Neffen als Verwandten die Hand und in der Hoffnung, daß es nicht zurückgewiesen wird, biete ich meinen Neffen zweimalhunderttausend Gulden an, was Zeit meines Lebens alljährlich wiederholt werden wird. Ich hoffe, daß wir von nun an gute Verwandte bleiben werden.«

Die Augen des Alten wurden beim Diktieren dieser Zeilen feucht und wenn ein ernsthafterer Mensch zugegen gewesen wäre, so hätte er eine rührende Scene herbeiführen können.

– Machen Sie ein Couvert darüber und schreiben Sie »Seiner Hochgeboren, dem Herrn Bela Karpáthi von Karpáth in Preßburg.« Ein berittener Bursche soll ihm den Brief selbst überbringen.

Als wären ihm mit jenen zweimalhunderttausend Gulden ebenso viele Steine vom Herzen gefallen, so erleichtert seufzte er auf. Niemals hatte er sich glücklicher gefühlt, als in diesem Augenblick.

Wir werden bald sehen, womit Abellino diese edle Versöhnlichkeit erwidern wird.

Herr Jancsi konnte den Morgen des Johannis-Enthauptungstages kaum erwarten; er freute sich darauf wie ein Kind, dem man eine Unterhaltung versprochen hat; schon am frühesten Morgen wurde er vom Hundegebell und dem Gerassel der in den Hof hereinfahrenden Wagen geweckt. Die Jäger kamen vom Wald mit frischgeschossenem Wild, an der Seite des langen Wagens hing der Kopf eines Hirsches mit großem Geweihe herunter, zwei Burschen trugen an einer Stange Fasane und auf den Schultern fette Haselhühner; der Koch kam heraus und befühlte mit großer Befriedigung das schöne Wildbret. Herr Jancsi sah zwischen den Vorhängen des Fensters in den Hof hinaus; es dämmerte, der Himmel flammte in allen Abstufungen der roten Farbe, ringsherum war noch alles ruhig, auf den Feldern lag ein silberweißer Nebel, als ob ein Meer hingezaubert wäre.

Er hörte gut, wie die Leute kamen und gingen, wie jeder Vorbereitungen traf, die nur einmal im Jahre vorkamen. Bald werden die Unterthanen und Beamten mit ihren Gratulationen kommen, später die sehnlichst erwarteten Bekannten und endlich vielleicht Bela selbst. An diesen dachte er immer. – Kein verliebter Jüngling wartet mit solcher Zuversicht auf die Geliebte, wie er auf seinen Neffen. Es schien ihm, als ob dieser ihm versöhnt die Hand reichte und obschon es nicht wahrscheinlich war, daß der Neffe den Brief schon erhalten habe, glaubte er doch eine innere Stimme zu hören, die ihm sagte, sein Neffe, sein einziger näherer Verwandter, der Erbe seiner Reichtümer, der einzige Stammhalter der Familie Karpáthi werde heute Abend bei ihm sein. Wie werden sie sich begegnen? wie sich aussöhnen? Was werden sie miteinander sprechen?

Er legte sich noch ein bißchen nieder, um zu schlafen, der Morgenschlaf ist der angenehmste; auch da träumte er, er spreche mit Bela, er sitze neben ihm und trinke mit ihm freundschaftlich ein Glas Wein und die Sonne stand schon ziemlich hoch am Himmel, als Pál ihn aufrüttelte und ihm ins Ohr schrie: Na, stehen Sie auf, hier sind die Stiefel!

Mit jugendlicher Kraft sprang Herr Jancsi aus dem Bette, wie einer, dem plötzlich einfällt, welche Freuden er heute zu erwarten habe.

– Ist schon jemand da? war seine erste Frage an den Diener.

– Gäste, wie Mist, sagte dieser.

– Ist Kis Miska da? fragte Jancsi, indem er sich die Stiefel anzog.

– Er war der erste. Der ist gewiß kein Edelmann, denn er ist schon um zwei Uhr morgens auf den Beinen.

– Wer ist noch da?

– Horhi Miska. Grad im Thor ist ihm eingefallen, daß er in Theresiopel seinen Tabakbeutel vergessen habe; wenn ich ihn nicht mit Gewalt vom Wagen ziehe, so fährt er zurück.

– Der närrische Mensch! Wer ist noch angekommen?

– Die sauberen Vögel vom Adel sind alle da. Auch Kalotai Fritzi ist hier, er ist auf einem eigenen Wagen gekommen. Wo mag er den nur gestohlen haben?

– Du bist verrückt! Ist sonst niemand da?

– Freilich, es sind noch viele andere da; aber wie soll ich mir alle merken können? Sie werden sie schon sehen und satt kriegen.

Inzwischen hatte der vertraute Diener seinen Herrn völlig angekleidet und bemühte sich jetzt jedes Fältchen an dessen Anzug zu glätten.

– Also irgendein ungewöhnlicher Gast ist nicht da, irgendeiner, der mich nicht zu besuchen pflegt?

Pál hielt eine Zeit lang Mund und Augen offen und wußte nicht, was er antworten solle.

– Ja, da ist der Supplikant aus **; der ist noch nicht hier gewesen.

– Ei, Pál, was für ein Simpler bist du.

– Was weiß ich, wen der gnädige Herr erwartet, antwortete Pál trotzig und riß gewaltig am Dolmány seines Herrn.

– Ich will wissen, sagte Karpáthi ernst, ob mein Neffe Bela noch nicht hier sei.

Pál machte ein Gesicht, worin sich Staunen und Ärger ausdrückten und legte die Samtbürste aus der Hand, mit welcher er an den Anzug seines Herrn eben die letzte Feile anlegen wollte.

– Wer? Der Windbeutel –

– Na! was ist das? Wisse, daß man von einem Karpáthi immer mit Respekt sprechen muß.

– Was? sagte Pál, die Hände auf den Rücken schlagend, wollen Sie sich vielleicht mit ihm aussöhnen, mit ihm, der Sie so beleidigt hat?

– Und was geht das dich an?

– O, mich geht es gar nichts an; aber wenn es mich auch ein wenig angeht, so bin ich doch nur ein gemeiner Heiduck, der sich in die Angelegenheiten des großen Herrn nicht einzumischen hat. Söhnen Sie sich mit ihm nur aus! Was geht es mich an! Umarmen Sie sich einander, meinetwegen. Mir hat er nichts gethan, Sie hat er beleidigt und wenn Ihnen das gefällt, nur zu!

– Na, na, sei kein Narr, sagte Herr Jancsi mit scherzhaftem Ton; sage, wer noch da ist.

– Vom Gesinde ist der Pukkaneser Verwalter da; er hat einen ungeheuren Laib Käse mitgebracht; ferner der Dechant von Duda, den ich nicht ausstehen kann.

– Freilich, er giebt sich ja mit dir nicht ab.

– Das soll er auch nicht wagen; genug, daß ich ihn nicht ausstehen kann.

– Und warum kannst du ihn nicht ausstehen, du alter Tölpel?

– Weil er sich immer nach der Gesundheit des gnädigen Herrn erkundigt, so oft ich ihn treffe. Was geht ihn die Gesundheit des gnädigen Herrn an? Er ist ja kein Doktor.

– Du bist heut schlechter Laune, Pál; sind auch die kleinen Heiligen da?

– O, lächelte Pál, die sind da; der ganze Debrecziner Chor samt ihrem Direktor und vier Zigeunerbanden sind gekommen. Auch Bihari Ein Zigeuner, der als Violinist und als Kompositeur sehr berühmt war. ist da, der Rektor hat die Bauernfratzen im Hof aufgestellt, erschrecken Sie nicht, denn sie werden alle zu heulen anfangen, sobald sie Sie erblicken. Auch der Feuerwerker ist da. Er zimmert allerlei zusammen und sagt, er habe eine große Überraschung vor. Er soll nur nicht die Scheuer anzünden, wie voriges Jahr.

– Sind auch Komödianten gekommen?

– Freilich, ich habe auch genug gelacht über sie. Lokodi ist wieder da mit noch vier andern, darunter ist ein magerer Barbiergeselle, der alte Väter und eine alte Vettel, die junge Mädchen spielt. Sie werden bei der Mahlzeit Tableaux darstellen mit griechischem Feuer.

– Warum im Speisesaale und nicht im Theater?

– Es ist ihnen zu klein.

– Sie sind doch nur fünf.

– Jawohl, aber alle Heiducken werden dabei sein als Türken und Ungarn verkleidet, wir haben dazu schon aus der Rüstkammer allerlei Waffen und Kleidungen zusammengeschleppt, die Studenten werden dabei singen. Gyárfás schreibt eben jetzt den Text und der Cantus praeses (Chordirektor der Studenten) komponiert die Melodie dazu. Das wird schön sein.

Der alte Tölpel freute sich auf die Komödie wie ein Kind.

Jetzt fehlte an Herrn Jancsis Toilette nichts mehr.

– Na, jetzt können Sie sich schon vor den Leuten sehen lassen.

– Wo ist meine Pfeife?

– Still! Was Pfeife? Wissen Sie nicht, daß man vorher in die Kirche gehen und beten muß? Vorher schickt es sich nicht zu rauchen.

– Du hast recht. Warum läutet man noch nicht?

– Geduld! Erst muß man dem Geistlichen sagen lassen, daß Sie schon aufgestanden sind.

– Du mußt ihm auch noch sagen lassen: »Eine Wurst muß lang sein, eine Predigt kurz.«

– Das weiß ich, sagte Pál und ging zum Geistlichen, dessen Fehler nicht darin bestand, daß er lange Predigten hielt, sondern daß er den Herrn Jancsi, den er nur einmal im Jahre in der Kirche zu sehen bekam, bei dieser Gelegenheit im Namen Gottes so tapfer abtrumpfte, daß die versammelten Gäste sich damit den ganzen Tag unterhielten. Heute aber wurde Herr Jancsi von der Strafpredigt errettet, denn der Pfarrer war erkrankt und somit gehindert seine Pflicht zu thun.

– Der Dechant ist ja da, sagte Pál, mit dieser Trauernachricht zurückkommend.

– Sage das nicht wieder! schrie Herr Jancsi, wenn der predigt, so wird aus dem Mittagmahl ein Nachtmahl und dann würde er mich im Angesicht Gottes so lobhudeln, daß ich mich schämen müßte. Der Supplikant soll den Gottesdienst verrichten.

Dieser war im fünften Jahre Togat (so heißen die reformierten Studenten der Theologie in den ungarischen Kollegien), der, seit er sich im Kollegium befand, nicht so viele Menschen beisammen gesehen hatte. Man kann sich vorstellen, wie sehr der fromme Jüngling erschrak, als er hörte, daß er binnen einer Viertelstunde zur Erbauung so vieler Gottlosen predigen müsse.

Er wäre gern entflohen, aber man behielt ihn im Auge und als die Leute seine Furcht und Angst sahen, spielten sie ihm allerlei Streiche. Sie nähten ihm das Taschentuch an die Tasche seiner Toga (der lange Rock der Studenten der Theologie), damit er es nicht herausziehen könne, wenn er es benötigen wird; sie redeten ihm ein, der Zigeuner Vidra sei der Kantor, worauf er sich an diesen machte und ihn bat, mit der Orgel einzufallen, wenn er stecken bleiben sollte; endlich vertauschten sie ihm sein Gebetbuch mit einem großen Veterinärbuch.

Der fromme Student besaß nicht die Geistesgegenwart, wie ein ungarischer Prediger, dem ein Schelm ein Kochbuch auf die Kanzel gelegt hatte: als er es gerade dort aufschlug, wo von Essiggurken die Rede war, faßte er sich schnell und sprach: »Da lief einer und füllte einen Schwamm mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr und tränkte ihn und sprach: Halt, laßt sehen, ob Elias komme und ihn herabnehme. Aber Jesus schrie laut auf und verschied«; und auf diesen Text improvisierte er eine Predigt, die jeden erschütterte.

Der arme Supplikant war so verwirrt, als er bemerkte, daß er ein Veterinärbuch in der Hand habe, daß er kaum das »Vaterunser« sprechen konnte und ohne ein Wort hören zu lassen, von der Kanzel wieder herabstieg. Jetzt mußte schon der Herr Dechant den Gottesdienst verrichten, er mußte aber versprechen, daß er nicht predigen, sondern nur beten werde. Aber auch das dauerte anderthalb Stunden. Der würdige Herr flehte auf die Familie Karpáthi, auf alle Sprößlinge derselben in auf- und absteigender Linie, sowohl für diese, als auch für jene Welt so viel Segen herab, daß ihnen, ob sie leben oder tot seien, kein Malheur passieren kann.

Dem Gottesdienst wohnten alle Gäste, die angelangt waren, bei; Herr Jancsi aber sprach mit niemandem, sondern erhob seine Seele zu Gott und auf seinem Gesicht drückten sich jetzt keine alltäglichen Gefühle aus. Als er niedersank, um zu beten, lag wahrhafte Andacht auf allen seinen Zügen, er schlug die Augen nieder, als er seine Verdienste preisen hörte, er verglich das Gute, das er in seinem Leben gethan, mit dem, was er hätte thun sollen und können und achtete es für gering. Nur ein Jahr möge ihm Gott schenken, seufzte er auf und er wird alles nachholen, was er unterlassen hat. Ist ihm ein solches Jahr noch beschieden? Wird er den Mond, ja die Sonne noch einmal aufgehen sehen?

Tief erschüttert verließ er die Kirche und erst die Gratulationen seiner Gäste brachten ihn in seinen gewohnten Gedankenkreis zurück.

Die ungewohnte, feierliche Stimmung des Herrn Jancsi trübte die gute Laune der lustigen Gesellschaft nicht im mindesten. Die Leute scherzten und lachten, während sie sich zu Wagen oder zu Pferde von der Kirche nach dem Kastell verfügten; Kalotai Fritz ließ acht Buben zu sich auf den Wagen setzen und als sie im besten Fahren waren, fielen alle vier Räder aus den Achsen und der Wagen stürzte um, einigen wurden die Füße, andern die Hände zerquetscht. Daran war der Schelm Horhi Miska schuld, der, während die andern in der Kirche saßen, die Radnägel aus dem Wagen zog; Kassay Lorenz, der jetzt sein eigenes Pferd ritt, wurde von diesem abgeworfen, denn der Schelm hatte dem Pferde brennenden Schwamm ins Ohr geworfen und es so scheu gemacht.

Herrn Jancsi unterhielten sonst solche Späße, heute aber schüttelte er den Kopf darüber. Horhi Miska sann allerlei Späße aus, über die man lachen mußte; er hatte das Gebetbuch des Togaten vertauscht und den Stuhl des Kantors mit Pech bestrichen, daß dieser beinahe kleben blieb; in der Küche vertauschte er den Mohn mit Schießpulver und die Pulvertaschen der Heiducken füllte er mit Mohn, sodaß, als sie die anlangende Gesellschaft mit einer Salve begrüßen wollten, kein einziges Gewehr losging und der Backofen von dem vermeintlichen Mohnkuchen in die Luft gesprengt wurde. Der Verwalter, der den ungeheuren Laib Käse mitgebracht, hatte in einer Höhlung desselben ein Paar Tauben verborgen; diese stahl Horhi Miska und that dafür zwei Ratten hinein, die dann mitten unter die Gesellschaft sprangen, als der Verwalter von seinem gutgemeinten Geschenk die Decke hob.

Herr Jancsi konnte über alle diese Späße jetzt nicht mehr lachen, ja er bedeutete dem Spaßvogel sogar, sich vernünftiger zu benehmen. Der Poet mußte vorher sein Gedicht vorzeigen, das er bei Tisch deklamieren wollte, ob es nicht zu frivol sei; dem Zigeuner wurde verboten, wenn er betrunken sein werde, alle Gäste der Reihe nach zu küssen; die Hunde wurden eingesperrt, damit sie diesmal nicht wie sonst in den Saal kommen und den Gästen die Knochen von den Tellern rauben; die Zigeuner, Komödianten und Studenten wurden angewiesen, sich schicklich zu benehmen und dem Volk wurde verboten, zu raufen, wenn man den gebratenen Ochsen und den Wein verteilen wird. Diesmal sei das alles nicht erlaubt.

Einer fragte den andern erstaunt nach der Ursache dieser Erscheinung.

– Fühlt der Alte vielleicht, daß er auf dem letzten Loch pfeift, daß er auf einmal so fromm geworden ist? sagte Horhi.

– Oder vielleicht ist er erst jetzt gescheit geworden; dem Schwaben sagt man, kommt der Verstand mit vierzig Jahren, ihm ist er vielleicht mit siebzig Jahren gekommen.

– Laßt ihn gehen, sagte ein dritter, die menschliche Natur verändert sich alle sieben Jahre; mit Gottes Hilfe hat er jetzt bald zehnmal sieben Jahre zurückgelegt, so ist es denn möglich, daß er sich auch einmal ändere.

– Ich glaube hingegen, daß er, seit er auf dem Landtag mitspricht, einzusehen beginnt, er sei eine wichtige Person; vielleicht hat er gar schon den Kammerherrnschlüssel bekommen und läßt deshalb nicht mehr mit sich spaßen.

So viel ist gewiß, daß man trotz aller Freude, mit welcher Herr Jancsi seine Gäste empfing, an ihm eine gewisse Zurückhaltung bemerkte, die ihm sonst nicht eigen zu sein pflegte.

Diese Veränderung war nur durch einen einzigen Gedanken veranlaßt; er glaubte nämlich immer, sein Neffe Bela werde kommen. Er konnte sich selbst nicht den Grund angeben, weshalb er das glaubte, aber er rechnete darauf und wenn seine Genossen eben irgendeine ausfallende Dummheit ausführten, fiel es ihm ein: wenn das der jüngste Sprosse der Familie Karpáthi sähe, was würde er dazu sagen? Nein, einmal hat dieser schon seinen Onkel bei ungehörigen Späßen überrascht, diesmal soll er ihn bei einer ehrsameren Unterhaltung finden.

Nach den feierlichen Gratulationen verfügten sich die vornehmen Gäste in den Garten hinab, wo die versammelten Bauern ihren Herrn erwarteten.

Sonst mußte man den Herrn Jancsi, wenn er die Treppe hinab- oder hinaufging, führen; heute aber stieß er Páls Hand zurück und schritt leicht über die zweiunddreißig Stufen hinab, die in den Garten führten.

Gewiß hat ihm das vernünftige Leben, das er seit einem halben Jahr in Preßburg führte, die Elasticität seiner Muskeln wiedergegeben.

Unten schrieen die Schulkinder ihr Éljen. Der Schulmeister hatte schon etwas im Kopfe, ein einziges Glas konnte ihn berauscht machen und das hatte er heute bereits getrunken, weshalb er auf den Einfall kam, er vor allem müsse jetzt dem gnädigen Herrn gratulieren und das hätte er auch gethan, wenn nicht Horhi Miska ihn am Arm gefaßt und ihm eingeredet hätte, daß heute nicht der Namenstag des Herrn Jancsi, sondern der Kalotais gefeiert werde. Nun machte sich der würdige Volkserzieher an diesen; Kalotai hätte sich gern losgemacht, aber die dreihundert Bauernbuben wurden auf ihn gehetzt und schrieen ihm ihr Éljen ins Ohr. Er getraute sich nicht um sich zu schlagen, denn unter den Bauernjungen waren einige erwachsene, starke Lümmel.

Inzwischen näherte sich Herr Jancsi der Volksmenge; er wurde mit dreimaligem Tusch begrüßt, zwei altersgraue Bauern gingen, einen großen, fetten Ochsen, den sie für diese Gelegenheit gemästet, an den Hörnern führend, ihm entgegen, der eine von ihnen trat vor, nahm seinen Hut herunter, räusperte sich, schaute auf die Spitzen seiner Stiefel und sprach mit großer Unerschrockenheit ein Gratulationsgedicht, dasselbe, das er seit neun Jahren immer bei dieser Gelegenheit hergesagt hatte. Er wußte es auch gut auswendig und blieb nirgends stecken.

»Gott möge Euer Gnaden lange leben lassen,
Alles soll Gold werden, was Sie erfassen,
Gottes Segen soll mit Haut und Haar auf Sie niedersteigen,
Man findet auf der ganzen Welt nicht Ihresgleichen.

So oft dieser Ochs hat ins Gras gebissen,
Er ist schon im fünften Jahr des Weidens beflissen,
So viele Jahre soll Gott Ihnen zulegen.
Und alle sollen sein voll Glück und Segen.

Wein, Korn und Braten sollen Sie immer genug haben,
Und Appetit dazu, um sich daran zu laben,
Ihr Geld soll nicht wandern ins Apothekerlädchen,
Schenken Sie's lieber dem schönen Käthchen.

Ihr Ruhm soll keine Makel erleiden,
Alle Tage sollen Sie finden neue Freuden,
Gepriesen werde immer Ihre Familie,
Wir wünschen, daß Gott sie niemals vertilge.

Wenn Sie schon aber dennoch sterben,
So mögen Sie im Himmel den schönsten Platz erwerben,
Und wenn auch wir einmal auf dem letzten Loch pfeifen,
So mögen Sie dort oben unsere Partei ergreifen.

– Gott lasse den gnädigen Herrn leben, das wünsche ich vom Herzen! fügte der einfältige Mann hinzu, als ob er es für nötig hielte, den Sinn seiner Verse zu verdolmetschen.

Herr Jancsi hielt wie gewöhnlich zwanzig Dukaten bereit, gab sie den beiden Alten, welche den Ochsen gebracht hatten und befahl, daß man das fette Rind für die versammelten Bauern brate.

Hierauf kam die erwachsenere Jugend, ein Zehneimerfaß voll mit Hegyaljaer vor sich herwälzend und stellte es vor dem Nabob auf; dann stellte sich Marczi, der abgesetzte Pfingstkönig, als bester Redner unter den Burschen, darauf, ließ sich ein Glas füllen, trank es auf die Gesundheit des gnädigen Herrn aus und brachte seinen Spruch vor: »In Gottes Namen wünsche ich Euer Gnaden, da Sie an dem heutigen, mit Gold gepolsterten, mit Samt überzogenen und mit Silber beschlagenen Tag gesund aufgestanden sind, die himmlische Majestät möge nicht erst Ihre Haare zählen, sondern so viel Segen auf Sie herabschütten, als Ihnen Haare ausgefallen sind; von der ganzen himmlischen Dienerschaft soll keiner etwas anderes zu thun haben, als Euer Gnaden die Sorgen aus dem Weg zu kehren, damit Ihre Stiefel mit den goldenen Sporen der Glückseligkeit, nicht im Schmutz der Leiden mit Kot bespritzt werden; die Weinflasche Ihrer guten Laune soll immer mit rotem Erlauer gefüllt sein und so oft Sie daraus trinken, sollen alle Engel, die im Himmel in seidenen Halbstiefeln herumgehen, darauf Prosit rufen und wenn die Gicht, der Schlag, das Fieber oder andere ungern gesehene Gäste sich in der Gegend Ihrer werten Person herumtreiben sollten, so mögen Heiducken aus dem Paradies kommen und sie mit Haselstöcken dahin treiben, woher sie gekommen sind, Sie selbst aber möge Gott so in Glückseligkeit tunken, wie er Pharaos Volk ins rote Meer getunkt hat, wenn aber endlich der unbarmherzige Mäher kommt, der jeden Menschen für Heu ansieht und Sie niedermähen sollte, dann mögen die himmlischen Fuhrleute Sie nicht lange auf Vorspann warten lassen, sondern Euer Gnaden Seele schnell mit den himmlischen Pferden abholen und in das himmlische Wirtshaus führen, wo Abraham, Isaak und alle jüdischen Patriarchen bei der Musik von dreiunddreißigtausend mit schönen roten Hosen bekleideten Zigeunern einen Csárdás tanzen, Gott soll Sie lange leben lassen! Das wünsche ich von ganzem Herzen.«

Herr Jancsi beschenkte den Burschen, der, ohne nur einmal stecken zu bleiben, seine seltsame Gratulationsrede gesprochen hatte; und von jetzt an war er so lustig, wie er es sonst gewesen.

Hierauf näherte sich ein schönes junges Mädchen, die schönste aller Dörfer der Umgegend. Sie brachte ein weißes Lämmchen zum Namenstag und sprach auch etwas dabei, aber so leise, daß niemand es hören konnte.

Am Namenstag des Herrn Jancsi war es Gebrauch, das gratulierende Mädchen zu der Mahlzeit mitzunehmen, wo sie neben dem gnädigen Herrn ihren Platz hatte; außer dieser war kein anderes Frauenzimmer zugegen. Man erzählt sich böse Dinge von dem Ende dieser Mahlzeiten, wo der Wein den Leuten in die Köpfe stieg und der unbekannte Rausch das Gehirn des Mädchens verwirrte; aber die guten Bauern gaben ihre Mädchen doch gern zu der Gratulation her, denn jede solche Gratulantin wurde ausgeheiratet und ihr Vater bekam obendrein sechs Stück Ochsen zum Geschenk.

Das Mädchen war mit der Rede zu Ende, was sich daraus entnehmen ließ, daß sie sich zu dem Lamm bückte und dessen Hals umschlang.

– Schau, wie die beiden Lämmchen zu einander kriechen, sagte ein aufgeweckter Bursche.

– Sie fürchten sich vor der Schlagbrücke, erwiderte darauf zweideutig Horhi Miska.

Herr Jancsi trat mit väterlicher Herablassung zu dem Mädchen hin, streichelte ihr die Wangen und fragte sie: Wie heißt du, mein Kind?

– Susi, sagte sie kaum vernehmbar.

– Hast du schon einen Liebhaber?

– Nein, sagte das Mädchen und schlug die Augen nieder.

– So wähle dir aus diesen Burschen, die für dich passen, einen aus, denn ich werde dich in dieser Stunde ausheiraten.

Herrn Jancsis Verstand beginnt sich zu klären, sagte man hier und da, sonst pflegte er das auf den andern Tag zu verschieben.

– Na, Burschen, wer hat Lust, dieses Mädchen gleich zu heiraten?

Zehn sprangen hinzu, auch Marczi war darunter, zum Spaß mischte sich auch Horhi Miska unter sie, den aber Herr Jancsi mit seinem Stock vertrieb.

– Fort mit der Gaiß von den Lämmern. Für dich habe ich sie nicht bestimmt. Na, Mädchen, wähle dir einen von so vielen wackern Burschen.

– Mein Vater soll wählen, stammelte das Mädchen, ohne aufzublicken.

– Na, wo ist er?

Ein halb ergrauter Mann, den Hut in der Hand, kam heran.

– Na, wählt für Eure Tochter, macht schnell.

Der Bauer wollte sich's überlegen.

– Eins, zwei, drei! überlegt nicht viel!

Endlich fand der Bauer einen, der ihm paßte, einen untersetzten Burschen, dessen Vater vermögend war.

– Na, bist du zufrieden? fragte Jancsi das Mädchen.

Susi wurde rot bis zu den Ohren und antwortete kaum vernehmbar: Dann nehme ich doch lieber den Marczi.

Die ganze Gesellschaft lachte laut auf.

– Wozu hast du deinen Vater hergerufen?

Marczi verlangte keine Bedenkzeit, sondern sprang rasch herbei und faßte das Mädchen bei der Hand; Herr Jancsi gab ihnen seinen Segen und fünfzig Dukaten dazu und trug Marczi auf, für sein Weib gut zu sorgen.

– Na, ich will schon auf sie acht geben! sagte Marczi stolz.

Was hat den alten Herrn betroffen, murmelte die Gesellschaft, daß er auf einmal so tugendhaft wird?

Hierauf erschollen die Trompeten wieder, die Herren gingen in den Palast hinauf und die Bauern machten sich an ihre Unterhaltungen, die Burschen und Mädchen veranstalteten allerlei Spiele, für die Alten war Wein und Branntwein da und die Weiber schwatzten miteinander.

Als er in den Palast hinaufging, erwartete Herrn Jancsi eine neue Freude. Kutyfalvi Bandi, von dem er geglaubt hatte, er werde nicht mehr kommen, sprang eben vom Pferde. Sie umarmten sich herzlich.

– Na, daß du nur auch da bist! sagte der gute Alte, indem er sich eine Thräne aus den Augen wischte.

– Wenig fehlte, so wäre noch jemand mitgekommen, den du am wenigsten erwartest.

– Wer? fragte Jancsi mit vor Freude strahlendem Gesicht.

– Nun, errate es.

– Mein Neffe Bela, rief der Alte schnell.

– Erraten! sagte Kutyfalvi, von der Freude des Nabobs ganz überrascht; er hatte geglaubt, daß er ihn mit dieser Nachricht ärgern werde.

– Wo ist er? wo ist er geblieben? Warum hast du ihn verlassen? fragte Jancsi den immer mehr erstaunenden Bandi mit freudigem Drängen.

– Er ist bei mir im benachbarten Dorf; bloß um dir zu gratulieren, ist er von Preßburg abgereist, aber auf dem Wege erkrankte er und wurde genötigt, bei mir abzusteigen, indes hat er dir zu deinem Namenstag ein Geschenk mitgebracht, das er noch heute Abend herschicken wird, ich hätte es gern selbst mitgebracht, aber dazu gehört ein Wagen und ich bin hergeritten.

Herr Jancsi zitterte vor Freude. Er hatte sich die Ankunft seines Neffen so sehr in den Kopf gesetzt, daß er diese als unausbleiblich betrachtete.

– Schnell, Pál, schnell! man muß ihm einen Wagen entgegenschicken, vier Pferde sollen voraus abgeschickt werden, damit man bei der Rukader Csárda wechseln könne. Geh' du! doch nein, du nicht, ich schicke einen demütigeren Menschen hin, den Fiskal meinetwegen, er soll dem Herrn Bela sagen, daß ich ihn grüße und küsse, er soll ihn mit Gewalt herbringen. Hurtig! laufe!

– Ha, ich soll laufen? brummte Pál, bequem fortschlendernd, ich bin nicht gelaufen seit dem Franzosenkrieg, nur gut, daß er nicht gesagt hat, ich soll fliegen.

Herr Jancsi sprach mit niemandem, bis er nicht gesehen hatte, daß der Fiskal seinem Neffen in der prächtigsten Equipage entgegengefahren sei.

Er begann zu berechnen: Der Weg hin dauert vier Stunden, zurück eben so viel, macht acht Stunden; jetzt ist's zwei Uhr, um zehn Uhr wird er da sein. Es fehlt ihm ganz gewiß nichts, er hat es nur nicht gewagt, sogleich herzukommen, er glaubt, ich sei bös auf ihn und hat den Kutyfalvi vorausgeschickt; es ist doch schön von ihm, daß er mich so ehrt. Jetzt wird er hereilen, sein früheres Aufbrausen wird er bereuen und auch dafür um Vergebung bitten; dann werden wir gut miteinander sein und ich werde ruhig zu Gott eingehen können.

– Seht ihr, meine Freunde, sprach er endlich mit ausbrechender Freude zu den Umstehenden, dieses Fest wird eine doppelte Bedeutung dadurch erhalten, daß die zwei letzten, männlichen Mitglieder der Familie Karpáthi sich an diesem Tage nach langer Zwietracht wieder aussöhnen werden.

– Das wird eine wahrhaft gottgefällige Unterhaltung sein, fügte der Herr Dechant hinzu und die Anwesenden stimmten alle ein; nur Kutyfalvi zeigte eine gewisse Verlegenheit. Inzwischen trugen die Heiducken zehnjährigen Zwetschken- und Pflaumengeist und Kuchenschnitte herum, appetitreizende Mittel, welche anzeigten, daß die Mahlzeit nahe sei.

Nach einer halben Stunde wurde in dreimaligen Absätzen die Glocke geläutet, welche die Gäste zusammenrief und die Heiducken spannten die Flügel der Saalthüre weit auf, welche in den Speisesaal führte.

In dem prächtigen, großen Saal standen lange Tische, auf welchen sich gewöhnlich zweimal so viel Gedecke befanden, als Gäste da waren, damit unvermutet Anlangende sogleich Platz fänden.

Der Tisch bog sich unter der Last der Torten und Backwaren, das schönste Obst, Melonen und Ananasse dufteten in ganzen Bergen auf dem Tisch, Pasteten von erschreckender Größe standen zwischen den sich gegenübersitzenden Gästen und Fische, fast so groß, wie die merkwürdigen Seeungetüme machten die Gäste zweifeln, ob sie dieselben würden überwältigen können. Und zwischen den Gerichten befanden sich Kränze oder Blumenbouquets in Porzellanvasen.

Außerdem befand sich auf dem Tisch eine ganze Schatzkammer an Gold- und Silbergefäßen. Selbst die Chorstudenten hatten silberne Becher vor sich stehen. In der Mitte des Saales stand ein großes, silbernes Becken, aus welchem der beste Tokayer als klarer, topasgelber Strahl emporsprang.

Jeder mußte auf seinen Platz, Herr Jancsi setzte sich oben an nieder. Als er hin kam, sah er, daß sich neben seinem noch ein anderes Gedeck befand; das war zwar auch an seinen früheren Namensfesten der Fall gewesen, denn dort saß immer das Mädchen, das ihm das Lämmchen dargebracht hatte; jetzt aber rief Jancsi skandierend dem hinter ihm stehenden Pál zu: Was ist das? Wozu dieses Gedeck?

– Schreien Sie nicht so! Sehen Sie nicht, daß der Familienbecher dabei steht. Ich habe mir gedacht, wenn jener andere kommt, so soll er dort gleich seinen Platz finden – –

Herrn Jancsis Gesicht glättete sich wieder auf diese Worte, diese Aufmerksamkeit gefiel ihm, er schlug Pál auf die Schulter und sagte dann den Gästen, dieses Gedeck sei für seinen Neffen Bela bestimmt; den Heiducken aber belobte er aufs neue.

– Siehst du, sagte er, daß du doch ein gutes Herz hast?

– Ich habe keines, brummte jener trotzig.

Die Suppe brachte den Schwarm der Gäste zeitweilig zum Schweigen; jeder hatte seinem Nachbar einen guten Appetit gewünscht und beeilte sich jetzt, sich von seinem eigenen Appetit zu befreien. Rechts neben Herrn Jancsi saß der Dechant, am untersten Ende des Tisches Kutyfalvi und neben diesem Kis Miska. Neben Horhi Miska wagte es niemand zu sitzen, denn er pflegte gottlose Streiche zu verüben, unter dem Tisch Feuerfrösche anzuzünden und dem Nachbar, wenn dieser eben wegsah, Essig ins Glas zu schütten. Die Gäste niederen Ranges nahmen einen andern Tisch ein. Im Hintergrunde befand sich die Bühne, auf welcher Lokody zuerst Tableaux und dann eine Komödie »Faust«, von welcher er sagte, er habe sie nach Goethe bearbeitet, aufführen wollte; hierauf sollten die im Hintergrund der Bühne befindlichen, breiten Saalthüren geöffnet werden, damit die Gäste, das Feuerwerk sähen, das im Garten abgebrannt werden sollte. Inzwischen sollte Biharis Bande die gewähltesten Musikstücke spielen.

Dieses Programm war auch zur größten Zufriedenheit der Gäste beinahe ausgeführt, man hatte bereits durch den geöffneten Hintergrund die Feuersäulen der farbigen Sonnen und Raketen aufsteigen sehen, welche in der Höhe ihre roten und grünen Sterne in die dunkelblaue Nacht streuten und ein großer Funkenregen sprühte, als man eben einen Wagen in den Hof kommen hörte.

Der Fiskal war zurückgekehrt – aber allein.

Herr Jancsi setzte sich niedergeschlagen auf seinen Platz zurück, als er erfuhr, daß Abellino nicht kommen könne, weil er krank sei; indes schicke er seinem Onkel ein Namenstagspräsent mit dem Wunsche, es möge ihm die größte Freude machen.

Sechs starke Bursche hatten zu thun, um die lange Kiste herauszubringen, in welcher sich das Präsent befand. Die Kiste wurde auf den zum Teil abgeräumten Tisch gestellt, damit die Gäste ihren Inhalt bequem sehen konnten.

An jeder der vier Ecken war die Kiste mit starken eisernen Spangen zusammengehalten; diese mußten erst mittelst Zangen herabgenommen werden.

Was kann sich in der Kiste befinden? Die Gäste steckten ihre Köpfe zusammen, um zu sehen, was sie enthalte; sie rieten hin und her, doch niemand konnte es erraten.

Endlich waren die Spangen losgemacht, die vier Seiten der Kiste fielen auseinander und auf dem Tische stand – ein verhüllter Sarg.

Von allen Anwesenden wurde ein Ruf des Entsetzens ausgestoßen.

Ein schönes Geschenk zum siebzigsten Geburtstag, ein mit schwarzem Samt überzogener Sarg, auf dem Deckel die Wappen der Karpáthischen Familie und an den Seiten der Name Johannes von Karpáthi mit silbernen Nägeln ausgeschlagen.

Verstummt war alles nach dem ersten Entsetzen, nur einen Schmerzensschrei vernahm man noch, der von einem Sterbenden zu kommen schien. Es war ein Schrei, der sich aus der Brust des alten Karpáthi emporwand. Sobald er den Sarg und daran seinen eigenen Namen erblickt hatte, sprang er auf, streckte die Arme aus, sein Gesicht wurde von einem schauderhaften Lächeln verzogen, dann wurde es blau; an der Bewegung seiner Lippen sah man, daß er sprechen wollte, er brachte aber nichts als ein langes, schmerzvolles Röcheln hervor; dann erhob er seine Hände gen Himmel, schlug sich damit auf die Stirne und sank mit offenen Augen in seinen Armstuhl zurück.

Das Blut erstarrte in den Adern aller, die dieses sahen; einige Sekunden lang konnte sich niemand vom Platz rühren. Plötzlich kam die Gesellschaft in lärmende Bewegung, einige eilten zu dem Alten, um ihn ins Bett bringen zu lassen, andere schrieen nach dem Arzt und mehrere hoben den Sarg vom Tisch; nur zwei saßen stumm auf ihren Plätzen, Kis und Kutyfalvi.

Der ehemalige Pfingstkönig wandte, seit sein Wohlthäter zusammengestürzt war, kein Auge von dem Gesicht seines Nachbars und dieser, als wäre er an seinen Sitz gebannt, vermochte nicht aufzustehen.

Kis hielt wie unwillkürlich den vor ihm stehenden schweren goldenen Becher mit seiner Hand umschlossen und als die Heiducken ihren Herrn forttrugen, sprang er von seinem Sitze auf und schrie Kutyfalvi zu: Sie samt ihrem Helfershelfer sind elende Meuchelmörder!

Und hiermit schüttete er den Wein, der in dem Becher war, dem Angegriffenen ins Gesicht.

Die übrigen fielen von einem Schrecken in den andern, jeder suchte die Thüre, denn sie fürchteten Entsetzliches!

Der beschimpfte Zänker erhob sich nach der Beleidigung langsam vom Stuhle, wischte mit der Serviette den Wein von seinem erbleichten Gesicht und begann zum Staunen aller, anstatt den Schimpf zu erwidern, sich nach dem Ausgang zurückzuziehen. Niemand konnte das begreifen; sonst war schon ein beleidigender Blick genügend, ihn zu blutigem Streit zu reizen. Was ging jetzt mit ihm vor?

Er war ebenfalls erschrocken. Als er mit dem jüngeren Karpáthi ausmachte, daß dem Alten der Sarg als Festgeschenk übersendet werde, glaubte er, das Ganze werde nur ein schlechter Spaß sein, der höchstens zu einer Prügelei ausarten werde; zu dem Ende hatte er seinem Stallmeister den Auftrag gegeben, das Pferd bereit zu halten, damit er leicht entfliehen könnte; aber er hatte nicht gedacht, daß der Spaß so traurig enden werde und als Kis ihn einen Meuchelmörder nannte, da erstarrten ihm alle Glieder, er fühlte den Schimpf nicht, nur das Entsetzen, welches dieses Wort in seinem Herzen erweckte, er dachte an nichts weiter, als so schnell als möglich von da fortzukommen und begann sich der Thüre zu nähern.

– Wir gehen nicht fort, mein Herr! brüllte Kis und wie ein erbostes Wild sprang er über den Tisch, stürzte auf den Entfliehenden und faßte ihn an der Brust. – Wir gehen nicht fort von da, erst müssen Sie Ihren Lohn haben.

Kutyfalvis Augen waren von Blut unterlaufen, er bestrebte sich, die Hand des Angreifers von seiner Brust zu entfernen und bemühte sich zugleich, zur Thüre zu kommen, aber jener stellte sich ihm in den Weg und hielt ihn mit eiserner Faust zurück. Niemand wagte es, sich drein zu mengen und die Streitenden zu trennen, obwohl es den Anschein hatte, daß keiner den andern lebend loslassen werde. Eine Waffe hatte keiner zur Hand, um so schrecklicher wurde der Kampf; nichts ist fürchterlicher als ein Kampf mit bloßen Fäusten. Kutyfalvi trug am kleinen Finger einen Ring mit einem großen Stein und man sah, wie er sich bemühte, die so bewaffnete Hand frei zu machen; Kis hielt noch den goldenen Becher in der Hand.

Im Ringen gelangten sie bis zur Thüre; hier wurde Kutyfalvis Faust frei und er führte mit dem Ring einen fürchterlichen Schlag nach der Schläfe des Gegners. Dieser aber bewegte seinen Kopf schnell auf die Seite und im nächsten Augenblick lag Kutyfalvi mit zerschmetterter Stirne auf der Schwelle.

Die Gäste flohen entsetzt nach allen Seiten, nach allen Richtungen rasselten die Kutschen in der Nacht fort, Angst und Entsetzen blieben in Karpáthis Kastell zu Gaste, nur der Feuerwerker machte sein letztes Kunststück und der Name »Karpáthi« erschien mit Flammen in die Nacht geschrieben.

*

Kutyfalvy Bandi wurde mit Blut bedeckt von seinen Dienern nach seinem vier Stunden entfernten Wohnort gebracht.

Was war natürlicher, als daß die aus Karpáthis Kastell Fliehenden nach dem nächsten Ort eilten, um sich sogleich an Ort und Stelle nach dem Befinden der Herrschaft mit dem eingeschlagenen Schädel zu erkundigen? Und wenn man schon einmal da war, konnte man es unterlassen, den anwesenden Abellino, dem Präsumtiverben der Karpáthischen Reichtümer seine Huldigung darzubringen?

Alle hatten den alten Karpáthi, vom Schlag gerührt, in den Armstuhl zurücksinken sehen und wenn er etwa noch nicht gestorben ist, so kann er doch nicht lange mehr leben; mehrere eiferten, von freundschaftlicher Teilnahme getrieben, Abellino sogar an, noch in der Nacht nach Karpáthfalva zu reisen, um Verschleppungen zu verhüten. Indes hielt der Junker, der sich schon einmal bei einer falschen Nachricht vom Tode seines Onkels übereilt hatte, für gut, das Begräbnis desselben abzuwarten. Am andern Morgen kam der Herr Dechant an, der so lange in Karpáthfalva geblieben war, um zu erfahren, ob Herr Jancsi das Codicill für das ** Kollegium unterschrieben habe; er brachte die traurige Nachricht mit, daß der alte Herr, obwohl er noch nicht gestorben, doch im letzten Todeskampfe liege, sodaß man mit ihm kein vernünftiges Wort sprechen könne. Darunter verstand er, daß man ihn nicht bewegen könne, das Codicill zu unterschreiben.

Dem Herrn Dechanten folgten an demselben Tage noch mehrere höhere Herrschaftsbeamte, die sich beeilten, sich Seiner Excellenz, dem Herrn Erben, ihrem künftigen Herrn vorzustellen. Diese brachten weitere Nachrichten über den Zustand des Sterbenden. Ein Dorfbarbier habe ihm zur Ader gelassen, worauf er sich ein bißchen erholt habe; dann wollte man nach einem Doktor schicken, aber er drohte, den zu erschießen, der ihm einen Doktor bringe, man möge ihm nur den Barbier lassen, zu diesem habe er mehr Vertrauen, weil er es nicht wagen werde, ihn umzubringen; er wolle keine Medizin nehmen und niemanden sehen, nur Kis Miska dürfe zu ihm, übrigens werde er höchstens noch bis Morgen früh leben können.

Abellino nahm das Erscheinen der Beamten für ein gutes Vorzeichen, das bewies ihm, daß sie ihn als ihren künftigen Herrn betrachteten. Den folgenden Tag kamen wieder viele größere und kleinere Wirtschaftsbeamte nach Kutyfalvis Wohnort und empfahlen sich der Gnade Abellinos. Gewiß, die Augenblicke ihres bisherigen Herrn waren gezählt; niemand wagte es, ihm noch einen Tag zuzugestehen.

Am dritten Tag gingen auch die Heiducken und Beschließer zu Abellino über; jetzt fing diesen das langweilige Sterben seines Onkels zu ärgern an. Mit den zuletzt Angekommenen sprach er ganz kurz und als er von ihnen erfuhr, der Alte liege schon in den letzten Zügen, kündigte er an, daß er unter allen seinen Beamten und Dienern große Reformen vornehmen werde, unter welchen die erste die sei, daß sich jeder den Schnurrbart abrasieren müsse. Die Beamten und Kästner gehorchten sogleich, die Heiducken aber thaten es nur mit Widerstreben und erst, nachdem jedem von ihnen vier kaiserliche Dukaten versprochen wurden.

Am vierten Tag war bei dem alten Karpáthi von so vielen guten Freunden, Beamten, Dienern und Spaßmachern schon niemand mehr zurückgeblieben als Kis Miska, der einstige Pfingstkönig, Herr Varga, der Güterdirektor, Pál, der alte Heiduck und Vidra, der Zigeuner. Auch der Poet war unter den Überläufern. Er brauchte in seinen Gedichten nur »Bela« anstatt »Johann« zu setzen, um sie dem neuen Patron vordeklamieren zu können.

Alle die Gäste, guten Freunde, Unterthanen, die am Johannis-Enthauptungstage zusammen in der Kirche gebetet und an Herrn Jancsis Tisch zusammen gegessen und getrunken hatten, unterhielten sich jetzt mit Abellino und waren unerschöpflich im Erzählen närrischer und lächerlicher Streiche, die sie von dem Alten wußten. Alles schimpfte jetzt über ihn und keinem einzigen fiel es ein, für ihn zu beten, falls er gestorben sein sollte.

Am fünften Tag kam bereits niemand herüber, um über Karpáthi eine Nachricht zu bringen. Vielleicht war der Unglückliche schon begraben.

Am sechsten sprengte ein Reiter in den Hof, es war Marczi.

– Na, bist du auch gekommen, Marczi? rief ihm einer der Beamten zu, sobald jener vom Pferd gestiegen war; du kannst dir auch Glück wünschen, daß deine Hochzeit nicht erst um eine Woche später vor sich ging; der neue Grundherr hätte vielleicht das jus primae noctis wieder eingeführt. Na, was giebt's Neues in Karpáthfalva? Du kommst gewiß, um uns zum Begräbnis einzuladen?

– Ich habe Ihnen einen Brief überbracht, sagte Marczi ruhig und berührte zum Schrecken des Beamten seinen Hut nicht, während doch Abellino auf dem Erker stand.

– Kannst du nicht deinen Hut abnehmen, Lümmel! Wer schickt den Brief?

Auf die erste Frage zuckte Marczi die Achsel, auf die zweite antwortete er, der Güterdirektor habe ihm den Brief übergeben.

Der Beamte erbrach das Schreiben und Funken flogen ihm vor den Augen, als er hineinblickte.

Es war die eigene Handschrift des alten Karpáthi, welcher seine, in Kutyfalvis Kastell versammelten Beamten, Heiducken und Diener in Kenntnis setzte, er habe sich so viel erholt, daß er aufstehen und ihnen schreiben könne; er freue sich, daß sie einen bessern Herrn, als er sei, gefunden hätten, sie möchten bei diesem bleiben und sich vor ihm nicht mehr zeigen.

Der Beamte machte ein Gesicht, wie einer, der in eine saure Birne gebissen hat und damit er die gute Nachricht nicht allein wisse, übergab er den Brief allen seinen Kollegen, und zuletzt machte das gefahrbringende Schreiben auch unter den Heiducken die Runde. Dem Ungar thut es in solchen Fällen wohl, sich den Schnurrbart zu drehen und jetzt hatten alle diese Leute weder ein Amt, noch den Schnurrbart mehr. Der eine kratzte sich den Kopf, der andere schrie laut vor Verzweiflung, ein dritter fluchte; sie wußten nicht, über wen sie sich zuerst beklagen sollten, über Abellino, weil er die Erbschaft nicht wirklich antrat, oder über Jancsi, weil er nicht sterben wollte.

Abellino war der letzte, dem die freudige Nachricht mit traurigem Gesicht überbracht wurde. Er schlürfte seinen Thee mit philosophischer Ruhe weiter und sagte: Enfin! wird er doch nicht ewig leben.


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