Jean Paul
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§ 5
Gegen die neuere Rätsellösung durch das Nervenknoten-System; samt Aufstellung mehrer Rätsel

Bekanntlich sonderten Hufeland zuerst und Reil noch bestimmter das Nervensystem in zwei Systeme ab, in das der Nerven aus dem Gehirne (Cerebralsystem) und in das der Nervenknoten (Gangliensystem). Das letzte, nur ein Nachbar, nicht ein Kind des Gehirnes, schließt das Rückgrat in einen Langkreis (Ellipse) von Knoten ein, deren Nerven ungeregelt sich zerstreuen und sich verknüpfen und verknoten, indes die Gehirnnerven paarweise und gesellig-geregelt laufen. Die Nerven des Rückenmarks entziehen sich desto mehr dem Gehirne, also dem Empfinden und dem Willen, durch je mehre Knoten, gleichsam kleinere Föderativ-Gehirne, sie ziehen. Sie fröhnen und liefern – wenn die Gehirnnerven dem geistigen Leben zum Empfinden und Bewegen gehorchen – nur dem Wachs- oder Pflanzenleben der Eingeweide und Gefäße. Am stärksten beherrscht ein Rosenkranz von Nervenknoten (unter dem Namen Sonnengeflecht oder plexus solaris in der Gegend der Herzgrube) gleichsam als ein Sonnensystem das ganze Gedränge der ihm entsprießenden Nerven des Halses, Schlundes, Herzens, Zwerchfells, Gekröses, der Gedärme. Zwischen diesem Untergehirn (cerebrum abdominale) und zwischen dem Hauptgehirn ist der sympathetische Nerve die Brücke, oder vielmehr die Ziehbrücke, indem er, als ein Halbleiter, zuweilen ein Nichtleiter, zuweilen ein Leiter entweder des übermächtigen Pflanzenlebens (wie im Schlafe) wird, oder des übermächtigen geistigen Lebens, wie in Krankheiten, die der Gedanke entweder gibt oder wegnimmt.

Der organische Magnetismus soll nun in einer hergestellten Gütergemeinschaft zwischen dem Haupt- und dem Untergehirn, oder dem Gehirnnerven- und dem Nervenknoten-System bestehen.

Gegen dies sind zwar nicht anatomische, aber doch physiologische Einwürfe zu machen. Die Zwickmühle des Überschlagens bald des einen, bald des andern Systems gibt der Erklärung zuviel Spielraum der Willkür. Wie wir nicht willkürlich Nase und Ohren bewegen können, aber nur aus Mangel an Übung (denn manche vermögen es doch), so können wir auch aus derselben Ursache nicht das Herz regieren, dessen Schlag doch einige in der Gewalt hatten. Wenn der Schlund und das Gedärme dem Gehirne keine Empfindungen der durchgehenden Speisen (ausgenommen an beiden Pforten) zubringen: so zeigt uns gleicher Weise z. B. das zarte Auge den Hauch der Luft nicht an, so sehr denselben doch eine nackte Wunde spürt; aber kann dies von etwas anderm als von der Reiz-abstumpfenden Gewohnheit herkommen, da der Schlund ja brennendes Getränke, das Gedärme Gifte empfindet, und da in diesem eingebildete Abführmittel zuweilen wie wahre anregten?

– Ich will als eine Vermutung für engere Ineinandergreifung beider Systeme nur zweifelnd den Umstand anführen, daß das Gehirn, welches (schon im Kinde nach dem dritten Jahre so groß wie im Erwachsenen) als die Mutterzwiebel erst Stamm und Sprößlinge des Rückenmarks treibt und zugleich Ernährer und Kostgänger desselben wird, schwerlich ohne dynamischen Bund damit gedenklich sei; mehr aber entscheidet die Beobachtung der Gegner gegen sie selber, daß in den tiefern Tiergattungen das Nervenknoten-System das versagte Gehirn vertrete; denn da dem dürftigen Hausgeist und Schattengeiste des Gewürms der Nervenknote so gut wie ein Gehirn Empfindungen zuführt: so sind beide schon ohne Magnetismus wirk-verwandter, als man annimmt. –

Wer das stärkende Vorheben des Untergehirns (der Herzgrube) über das Hauptgehirn oder das freiere Einfließen der Nervenknoten auf die Gehirnnerven zum Kennzeichen des Magnetismus macht, hat die Frage zu beantworten, warum dieser bloß die höhern Sinnen am meisten steigert. Die Magnetisierten umschwebt geträumtes Licht, aber keine geträumten Gestalten; Traumtöne kommen nicht zu ihnen, aber die leisesten wirklichen; Geruch, Geschmack, Gefühl hingegen erfahren keine verhältnismäßige Erweiterung,In ähnlichem Verhältnis kann außerhalb des Magnetismus der Geist durch Anstrengung von innen heraus die höhern Sinnen spielen; z. B. Cardanus konnte im Dunkeln eingebildete Gestalten nach Belieben vor sich sehen; aber vom beliebigen Ein- und Vorbilden abwesender Gerüche und Geschmäcke gibt es kein Beispiel. – Schon Tissot (über die Nerven) bemerkte, daß das Auge unter allen Sinnen am stärksten ins Gehirn eingreife, daß dessen Anstrengung Schwindel, Zuckungen, Brustbeklemmung errege; und daß bloß die Mitleidenschaft des Gehirns das andere Auge starblind mache, wenn das eine es geworden. In ähnlicher Nähe zum Gehirn steht nach Tissot und Baglivi das Ohr, dessen Schmerz in 24 Stunden töten kann. so wie auch der Traum uns lebhaft unsere höhern Sinne und schwach die tiefern vorspielt. Noch seltsamer ist es, daß auf dem Gebiete der Geschlechtnerven, an welches doch das Nervenknotenreich nahe anstößt – und bei dem weiblichen Geschlechte so sehr, daß man neben dem cerebrum abdominale noch ein cerebrum uterinum annehmen könnte –,Wirklich setzte Zechim die weibliche Seele in den Uterus. keine Veränderungen, wenigstens keine Verstärkungen vorfallen. Denn das wiegende Wonnegefühl, in welchem Magnetisierte zu schwimmen glauben, stößt so weit jede rohe engere Sinnenlust von sich weg, daß nicht nur die Liebe der Hellseherin ein höheres allgemeines, gleichsam Engel und Schwestern zugleich umfliegendes Lieben wird, sondern daß die Gegenwart eines Unkeuschen weit mehr als die jedes andern, sogar größern Sünders peinlich stört und bis zu Krämpfen zerfoltert; noch mehr vergiftet der Magnetarzt selber durch jeden unreinen, ja nur freien Gedanken die Kur; und Kluge erzählt, daß ein Arzt durch den bloßen Versuch eines unschuldigen, sonst im Wachen unverbotenen Kusses die Kranke in Marterzuckungen und in eine endlich tödliche Unheibarkeit zurückgestürzt. In dieser Nähe wird der andere Seelen- und Körperschmerz desto moralisch-schöner, welchen die Hellseherinnen über das kleinste Zürnen und Weniger-Lieben des Arztes empfinden ... Hier könnte man sich wohl besinnen, um der magnetischen Heilkraft eine höhere Sphäre einzuräumen, als die irdische der gemeinen Erreg-Potenzen ist, welche, z. B. die Arzneien, Weine und dergleichen, zugleich mit den geistigen Kräften zwar die körperlichen herstellen und verdoppeln, aber nicht immer die sittlichen, sondern jene zuweilen auf Kosten der letzten.

Wenn nach allen bisherigen Erfahrungen die Herzgrube (als Sonnengeflecht und Mittelpunkt der Nervenknoten) gleichsam die Fundgrube und delphische Höhle der meisten magnetischen Sinnenwunder ist, so daß das bloße Ausstrecken beider Daumen gegen die Herzgrube das ganze Nervensystem durchgreift und umwälzet; wenn sie bei den nur ihr nahe gebrachten Farben und Tönen etc. die Stelle des Auges und des Ohrs etc. vertritt: so will ihr KlugeKlugens Darstellung etc. S. 340. gleichwohl nur ein Gemeingefühl zuschreiben, welches von Tönen, Gestalten, Gerüchen etc. nicht sowohl Anschauungen bekomme – zu welchen die bestimmten Sinnenwerkzeuge unentbehrlich seien – als bloße »Notizen« oder Erinnerungen von den schon aus frühern Anschauungen gekannten Gegenständen; nur daß der Magnetisierte dieses »Notiz bekommen« durch das Gemeingefühl, getäuscht von der Erinnerung, für Empfindungen bestimmter Sinnen ansehe und also das erinnernde Fühlen für gegenwärtiges Sehen, Hören u.s.w. nehme. Dagegen aber streitet die Tatsache, daß das sogenannte Gemeingefühl im Magnetismus ja von jeder gegebenen Gegenwart bestimmt und individuell umrißne Gestalten, Worte, Farben gewährt und also nicht vorige aufweckt, sondern neue darbeut. – Und ist denn das helle Einschauen einer Hellseherin in das verwickelte körperliche Geflecht und Gebäu kein jetziges Anschauen, sondern nur eine Notiz von frühern Anschauungen, wenn gleichwohl – wie Kluge selber die Beispiele anführt – der Hellseherin sowohl frühere anatomische Anschauungen als Kenntnisse von allen den Nervengewinden und Farben mangelten, die sie doch in der Krise richtig zu bezeichnen weiß? –

Nach allem diesen scheint es, daß man (wie ich oben) einen ganz andern, höhern Sinnenkörper als den gemeinen, mit dem mechanischen Nervenknoten- und Sinnen-Besteck versehenen vorauszusetzen habe. Übrigens ist die Erklärung, welche den Magnetismus für ein neues Verteilen und Überleiten des Nervengeistes an das Nervenknoten- und das Gehirn-System ansieht, von einer unrichtigen rohen Ähnlichkeit mit dem mechanischen Streichen der Elektrizität und des Magnetes geblendet. Welche Ähnlichkeit hat mit dem scharf polarisch bestimmten Streichen des Magnets die Hand- und Fingerhabung des Magnetismus (Manipulation), welcher durch Kleider, Bettdecke, Luft und Ferne hindurch Kräfte mitteilt? Wie kann eine nicht berührende Bewegung einwirken, oder gar verfliegenden Nervengeist treffend von weitem bestimmten Zielen zutreiben? Die vorgebliche Einwirkung der den Lauf der Nerven verfolgenden Berührung fällt bei einem Magnetisieren aus der Ferne von selber weg, so wie bei dem Gebrauche der magnetischen Wasser, der magnetischen Platten u. s. w., am meisten aber dann, wenn schon Blicken und Wollen (mit welchem die Schule der SpiritualistenDie Schule des Ritters Barbarin in Lyon, welche das Motto hatte: veuillés le bien, allés, et guérisés! allein ihre Wunder tat) bloß durch Augen und Seele Heilkräfte eingießen. – Allein wozu denn überhaupt körperliches Außenwerk (Manipulieren), wenn bloßes Denken und Wollen zur magnetischen Verklärung ausreicht? kann man fragen. Aber wie, wenn überhaupt die körperliche Bewegung die geistige Heilkraft des Willens durch ihr Begleiten nur mehr auf eine Linie fester hinhalten und erhöhen sollte? Denn die Bewegung allein, ohne Glauben und Vorsatz, oder gar mit Zweifel, wirkt (wie Kluge sich selber als Beispiel anführt) durch den besten magnetischen Arzt nichts. Die halbe Ähnlichkeit des elektrischen und magnetischen Ladens und Entladens, nach welcher die obige Erklärung das magnetische Heilen in eine gesunde Gleichteilung des Überflusses und des Mangels an Nervengeist bestehen läßt, hat ja die große Unähnlichkeit gegen sich, daß hier nicht, wie in der Elektrizität, ein Nichtleiter den Nichtleiter streicht, sondern zwei Leiter einander, und daß nicht, wie bei dem Magnet, ein Magnet das unmagnetische Eisen, sondern zwei Magnete einander. Will man lieber zwischen Arzt und Kranken Ähnlichkeit mit dem Verhältnis zwischen positiver und negativer Elektrizität oder nördlicher und südlicher Polarität annehmen: so käme ja durch deren ausgleichende Mitteilung keine Verstärkung, sondern nur Indifferenz zustande.

Da wir einmal im Gebiete der Fragen mehr als der Antworten sind: so wollen wir noch einige und auch solche aufwerfen, welche sich nicht auf die Widerlegung der obigen Erklärweise beziehen. Warum gibt dem magnetischen Arzte der aufhebende Gegenstrich nicht die Kräfte zurück, die er durch Striche weggab? – Wie verträgt sich das gegenseitige Mitteilen von Krankheiten und Arzneiwirkungen zwischen Arzt und Kranken mit der Annahme einer Über- und Ableitung des reichlichern Nervengeistes? – Wie kann der übergeleitete Nervengeist im Kranken größere geistige Wunder tun als vorher im Arzte? Und wie kann ein Gegenstrich sie vernichten? Oder wie kann wieder umgekehrt die Schlaftrunkenheit des magnetischen Zaubertranks zuweilen mehre Tage anhaltenWienholt erzählt von mehren Hellseherinnen, welche schlafend ihre Taggeschäfte verrichteten, über die Straße gingen u. s. w. und sich nicht durch Erwachen, sondern nur durch gemeines Einschlafen unterbrechen? – Wie kann eine Hellseherin in ihrem Schlafe eine andere Hellseherin im ihrigen noch kräftiger magnetisierenNach Wienholt und Kluge. als der Arzt selber, von welchem sie doch nur die Kraft-Trägerin ist? –

Gmelin glaubte sich magnetisch verstärkt, wenn er sich auf einem Pechkuchen elektrisch isolierte; aber könnt' er hier nicht Mesmers Täuschung wiederholt haben, der eine Zeitlang den Eisenstäben die Wirkkräfte zuschrieb, welche bloß seinen Händen angehörten? Denn wie könnte sonst Siegellack und Schwefel – also die Gleichkörper des Pechs – die Hellseherinnen stören und schmerzen? –

Am meisten zerschnitten liegt der Ariadnens-Faden umher, wenn man durch die Dunkelheiten des Selbermagnetisierens und des Selberweckens hindurchkommen will. Nur der Gedanke knüpft den Faden wieder zusammen, daß der Wille, also der Geist, der wahre Archäus, die natura naturans des Magnetismus sei, und daß folglich, wenn dieser fremde Geist aus dem Arzte mächtig in die Hellseherin einwirkt, ihr eigner ja auch in sie selber oder ihren Ätherkörper unmittelbar eingreife. – Lange Zeit tröstete sich der Verf. dies mit der Hoffnung, daß vielleicht irgendein Philosoph durch einen besonderen glücklichen Zufall für die Wissenschaften nervenschwach und kränklich genug werden würde, daß ihm nicht anders zuhelfen wäre als durch einen magnetischen Arzt; eine solche Weltweise würde, dacht' ich, wenn zu seinem philosophischen Hellsehen noch das magnetische käme, uns alle Fragen, sobald man sie ihm in seinen Krisen vorlegen wollte, leichtlich lösen und eben den Zustand am besten erklären und ableiten, worin er selber wäre, da sogar schon Hellseherinnen ohne Philosophie und Anatomie beide letzte bereichern.

Mit dem Vergnügen einer wissenschaftlichen Hoffnung las ich daher unlängst, daß ein vieldenkender Kopf in B. sich der magnetischen Heilung unterworfen. Aber später hört' ich, daß er nicht nur im Wachen den Vorsatz gefaßt, keine andern Fragen als die über seine Heilmittel im Schlafe zu beantworten, sondern ihn auch im letzten gehalten. – Indes führt selber wieder dieses Beispiel auf die Gewalt des Willens zurück, welchen wir oben für den eigentlichen Leben- und Nervengeist des Magnetismus anerkannten.

Das Setzen in »Rapport« ist ein Rätsel, das vielleicht Rätsel löset. Die magnetische Einkindschaft erfolgt bekanntlich bloß durch mehre Striche von der Stirne bis zu den beiden Daumen, nicht etwan aber (wie man nach der vorigen Nervenknoten-Erklärung vermuthen sollte) bis zum Sonnengeflecht herab. Seltsam genug! Der Hellseherin ist sonst jeder Zwischenmensch zwischen ihr und Arzt widerwärtig, erkältend, entkräftend, aufhebend. Alles dies wird durch einige Striche in bleibendes Gegenteil umgewandelt. Ist es nicht, als würden die Menschen aus einem unmagnetischen Medium in ein neues luftweiches magnetisches hineingezogen? Wie es einen länderbreiten Pestdunstkreis gibt, welcher alles sich ähnlich, nämlich zu Leichen macht: so steht hier ein Ätherkreis entgegen, der alles beseelt und wärmt und zu einem Leben verschmelzt, so daß hier, so wie dort ein berührter Mensch, ja Brief und Wollenzeug ansteckt, hier gemeine Sachen, welche der Arzt nur berührt hatte, magnetisch einschläfernd auf die Hellseherin wirken.Heineken berichtet, daß erwachte Hellseherinnen oft wieder in Schlummer fallen, wenn sie etwas anrühren, das ihr Arzt vorher angerührt; dahin gehört, daß Wolfarts Kranke leblose Gegenstände nur sehen konnte, wenn er diese berührte. Ich erinnere nur flüchtig noch an die Kraft, menschlicher Berührung, welche sich am Gelde zeigt, das der Hund seinem Herrn aus dem Wasser holt, ferner an dem Auswittern von dessen Fußspuren unter tausend andern auf meilenlangen Wegen – ferner an Eiern und Vogeljungen, welche nach einer menschlichen Berührung von den Alten verlassen werden – an vielem Lagerobst, welches verdirbt, von nackten Händen gepflückt.

Noch gehört der bestätigende Umstand her, daß der magnetische Arzt, der durch Berühren lädt, selber durch Anfassen mehr zum Laden geladen wird. Warum machte man aber nicht den Versuch, durch recht viele anfassende Verstärkmenschen den Arzt gleichsam zu einer magnetischen Leidner Batterie zu laden?

Noch einmal ziehe uns die große magnetische Erscheinung mit ihrem vollen Lichte vorüber, daß aus keinem gemeinen Körperlichen sich das Geistige erkläre, welches im Magnetismus vorherrscht; nicht die sittliche Läuterung und Reinheit, die schärfere Reizbarkeit für alles Moralische und die Liebe alles Edeln; und nicht das wunderbare Einschauen des Kranken in des Arztes Herz und Kopf.Gmelin ließ in Karlsruhe sich mit einer Hellseherin bloß in Verbindung (Rapport) setzen, welche seine Vorstellungen, die eine ferne, von ihm magnetisierte Kranke und den Verlauf ihrer Krankheit betrafen, nachempfand und sie ihm vorerzählte. Gmelins neue Untersuchungen, Seite 274, 434. Mehr auffallend als das bis zu lebensgefährlichen Krämpfen gesteigerte Erfühlen unsittlicher Menschen und Neigungen ist das des Arztes Denken begleitende Mitdenken; wodurch wirklich die Annahme zweier Seelen in einem verschmolzenen Ätherleib fast erzwungen wird. Auch die Beobachtung Wienholts, daß stumpfe, dumme Seelen des Magnetismus nicht empfänglich sind, hilft hier bestätigen.

 
§ 6
Über das Eisen

Ewige Nacht liegt nach der magnetischen Ansicht noch auf den Metallen, besonders auf dem Eisen. Gold und (im geringern Grade) Silber fließen nach Gmelin erfreuend auf die Kranken ein, nach Kluge und Wolfart unerfreulich, und dieser muß sogar den Goldring abziehen; unedle Metalle hingegen peinigen; nur aber wieder über das Eisen ist Widerspruch. Eisen, obwohl sonst elektrischer Leiter, ist doch magnetischer Nichtleiter, wie Glas. Wolfarts Hellseherin rief bei dessen Nähe: »Welche häßliche Empfindung!« Gleichwohl ließ die Mesmerische Schule bekanntlich gerade auf Eisenstäben, durch ihr Richten und durch Berühren, den Magnetismus in die Kranken ziehen; ja Stahl und Eisen erfreuen nach Gmelin und Heineken wie Gold; und die Kranken Tardi's sahen das aus dem Arzte sprühende Magnetfeuer nicht durch Siegellack und Kupfer (Nichtleiter und Leiter), wenig durch Silber und glänzend durch Gold und Eisen gehen. Im Eisen durchschneiden sich, wie in einem Mittelpunkte, so viele Kräfte und Erscheinungen, daß erst vielartige Versuche es in reiner Wirkung aufdecken können; hält doch Schelling alle Materien nur für Umgestaltungen des Eisens. Es bildet im Galvanismus den entgegengesetzten Pol – am Zitterfisch ist es, wie gedacht, Leiter, am Magnetisierten Nichtleiter – die vom Veits-Tanze geschwollnen Muskeln erschlafft sogleich dessen BerührenAutenrieths Physiol. I. §. 200. – den ganzen Aal entmannt ein Eisen, auf den Kopf gelegt. – Dazu kommt noch das Eisen im Menschenblute selber, das nach Menghini 2 Unzen, 7 Drachmen, 1 Skrupel ausmacht,Reils Archiv der Physiol. I. 2. S. 135. Ja, der Cruor des Bluts geht durch glühendes Feuer in eine Schlackenmasse über, die der Magnet zieht. und welches, was noch wichtiger ist, von ihm nicht erst aufgenommen, sondern selber erschaffen wird; denn bloß eingenommenes Eisen geht unvermindert wieder ab, und sogar in den Nährmitteln kommt es nur selten und zufällig in uns; auch warum sollt' es unserem Bau schwerer zu schaffen fallen als Soda, Schwefel und Ammonium?Walthers Physiologie B. I. – Aber warten wir nur den Reichtum der Zeit und des Zufalls ab! Wir werden schon den Kiesel finden, aus welchem das Eisen das Licht für uns schlägt.


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