Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Wissenschaft der Logik
Georg Wilhelm Friedrich Hegel

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A. Das Urtheil des Daseyns.

Im subjektiven Urtheil will man einen und denselben Gegenstand doppelt sehen, das eine Mal in seiner einzelnen Wirklichkeit, das andere Mal in seiner wesentlichen Identität oder in seinem Begriffe; das Einzelne in seine Allgemeinheit erhoben, oder, was dasselbe ist, das Allgemeine in seine Wirklichkeit vereinzelt. Das Urtheil ist in dieser Weise Wahrheit; denn es ist die Uebereinstimmung des Begriffs und der Realität. So aber ist zuerst das Urtheil nicht beschaffen; denn zuerst ist es unmittelbar, indem sich an ihm noch keine Reflexion und Bewegung der Bestimmungen ergeben hat. Diese Unmittelbarkeit macht das erste Urtheil zu einem Urtheile des Daseyns, das auch das qualitative genannt werden kann, jedoch nur insofern, als die Qualität nicht nur der Bestimmtheit des Seyns zukommt, sondern auch die abstrakte Allgemeinheit darin begriffen ist, die um ihrer Einfachheit willen gleichfalls die Form der Unmittelbarkeit hat.

Das Urtheil des Daseyns ist auch das Urtheil der Inhärenz; weil die Unmittelbarkeit seine Bestimmung, im Unterschiede des Subjekts und Prädikats aber jenes das Unmittelbare, hierdurch das Erste und Wesentliche in diesem Urtheile ist, so hat das Prädikat die Form eines Unselbstständigen, das am Subjekte seine Grundlage hat.

a. Das positive Urtheil.

1. Das Subjekt und Prädikat sind, wie erinnert worden, zunächst Namen, deren wirkliche Bestimmung erst durch den Verlauf des Urtheils erhalten wird. Als Seiten des Urtheil aber, welches der gesetzte bestimmte Begriff ist, haben sie die Bestimmung der Momente desselben, aber um der Unmittelbarkeit willen, die noch ganz einfache, Theils nicht durch Vermittelung bereicherte, Theils zunächst nach dem abstrakten Gegensatze, als abstrakte Einzelnheit und Allgemeinheit. – Das Prädikat, um von diesem zuerst zu sprechen, ist das abstrakte Allgemeine; da das Abstrakte aber durch die Vermittelung des Aufhebens des Einzelnen oder Besondern bedingt ist, so ist sie insofern nur eine Voraussetzung. In der Sphäre des Begriffs kann es keine andere Unmittelbarkeit geben, als eine solche, die an und für sich die Vermittelung enthält, und nur durch deren Aufheben entstanden ist, d. i. die allgemeine. So ist auch das qualitative Seyn selbst in seinem Begriffe ein Allgemeines; als Seyn aber ist die Unmittelbarkeit noch nicht so gesetzt; erst als Allgemeinheit ist sie die Begriffsbestimmung, an welcher gesetzt ist, daß ihr die Negativität wesentlich angehört. Diese Beziehung ist im Urtheil vorhanden, worin sie Prädikat eines Subjekts ist. – Ebenso ist das Subjekt ein abstrakt Einzelnes; oder das Unmittelbare, das als solches seyn soll; es soll daher das Einzelne als ein Etwas überhaupt seyn. Das Subjekt macht insofern die abstrakte Seite am Urtheil aus, nach welcher in ihm der Begriff in die Aeußerlichkeit übergegangen ist. – Wie die beiden Begriffsbestimmungen bestimmt sind, so ist es auch ihre Beziehung, das: ist, Kopula; sie kann ebenso nur die Bedeutung eines unmittelbaren, abstrakten Seyns haben. Von der Beziehung, welche noch keine Vermittelung oder Negation enthält, wird dieß Urtheil das Positive genannt.

2. Der nächste reine Ausdruck des positiven Urtheils ist daher der Satz:

Das Einzelne ist allgemein.

Dieser Ausdruck muß nicht gefaßt werden: A ist B; denn A und B sind gänzlich formlose und daher bedeutungslose Namen; das Urtheil überhaupt aber, und daher selbst schon das Urtheil des Daseyns, hat Begriffsbestimmungen zu seinen Extremen. A ist B, kann ebenso gut jeden bloßen Satz vorstellen, als ein Urtheil. In jedem auch dem in seiner Form reicher Bestimmten Urtheile aber wird der Satz von diesem bestimmten Inhalt behauptet: das Einzelne ist allgemein; insofern nämlich jedes Urtheil auch abstraktes Urtheil überhaupt ist. Von dem negativen Urtheil, inwiefern es unter diesen Ausdruck gleichfalls gehöre, wird sogleich die Rede seyn. – Wenn sonst eben nicht daran gedacht wird, daß mit jedem zunächst wenigstens positiven Urtheile die Behauptung gemacht werde, daß das Einzelne ein Allgemeines sey, so geschieht dieß, weil Theils die bestimmte Form, wodurch sich Subjekt und Prädikat unterscheiden, übersehen wird, – indem das Urtheil nichts als die Beziehung zweier Begriffe seyn soll, – Theils etwa auch, weil der sonstige Inhalt des Urtheils: Cajus ist gelehrt, oder die Rose ist roth, dem Bewußtseyn vorschwebt, das mit der Vorstellung des Cajus u. s. f. beschäftigt, auf die Form nicht reflektirt, – obgleich wenigstens solcher Inhalt, wie der logische Cajus, der gewöhnlich zum Beispiel herhalten muß, ein sehr wenig interessanter Inhalt ist, und vielmehr gerade so uninteressant gewählt wird, um nicht die Aufmerksamkeit von der Form ab, auf sich zu ziehen.

Nach der objektiven Bedeutung bezeichnet der Satz: daß das Einzelne allgemein ist, wie vorhin gelegentlich erinnert, Theils die Vergänglichkeit der einzelnen Dinge, Theils ihr positives Bestehen in dem Begriffe überhaupt. Der Begriff selbst ist unsterblich, aber das in seiner Theilung aus ihm Heraustretende ist der Veränderung und dem Rückgange in seine allgemeine Natur unterworfen. Aber umgekehrt giebt sich das Allgemeine ein Daseyn. Wie das Wesen zum Schein in seinen Bestimmungen, der Grund in die Erscheinung der Existenz, die Substanz in die Offenbarung, in ihre Accidenzen herausgeht, so entschließt sich das Allgemeine zum Einzelnen; das Urtheil ist dieser sein Aufschluß, die Entwickelung der Negativität, die es an sich schon ist. – Das Letzere drückt der umgekehrte Satz aus: das Allgemeine ist einzeln, der ebenso wohl im positiven Urtheile ausgesprochen ist. Das Subjekt, zunächst das unmittelbar Einzelne, ist im Urtheile selbst auf sein Anderes, nämlich das Allgemeine, bezogen; es ist somit als das Konkrete gesetzt; nach dem Seyn als ein Etwas von vielen Qualitäten; – oder als das Konkrete der Reflexion, ein Ding von mannigfaltigen Eigenschaften, ein Wirkliches von mannigfaltigen Möglichkeiten, eine Substanz von eben solchen Accidenzen. Weil diese Mannigfaltigen hier dem Subjekte des Urtheils angehören, so ist das Etwas oder das Ding u. s. f. in seinen Qualitäten, Eigenschaften oder Accidenzen in sich reflektirt, oder sich durch dieselben hindurch kontinuirend; sich in ihnen, und sie ebenso in sich erhaltend. Das Gesetztseyn oder die Bestimmtheit gehört zum An- und Fürsichseyn. Das Subjekt ist daher an ihm selbst das Allgemeine. – Das Prädikat dagegen, als diese nicht reale oder konkrete, sondern abstrakte Allgemeinheit, ist gegen jenes die Bestimmtheit, und enthält nur Ein Moment der Totalität desselben, mit Ausschluß der andern. Um dieser Negativität willen, welche zugleich als Extrem des Urtheils sich auf sich bezieht, ist das Prädikat ein abstrakt-Einzelnes. – Es drückt z. B. in dem Satze: die Rose ist wohlriechend, nur Eine der vielen Eigenschaften der Rose aus; es vereinzelt sie, die im Subjekte mit den andern zusammengewachsen ist, wie in der Auflösung des Dings die mannigfaltigen Eigenschaften, die ihm inhäriren, indem sie sich zu Materien verselbstständigen, vereinzelt werden. Der Satz des Urtheils lautet daher nach dieser Seite so: das Allgemeine ist einzeln.

Indem wir diese Wechselbestimmung des Subjekts und Prädikats im Urtheile zusammenstellen, so ergiebt sich also das Gedoppelte: 1) daß das Subjekt zwar unmittelbar als das Seyende oder Einzelne, das Prädikat aber das Allgemeine ist. Weil aber das Urtheil die Beziehung beider, und das Subjekt durch das Prädikat als Allgemeines bestimmt ist, so ist das Subjekt das Allgemeine; 2) ist das Prädikat im Subjekte bestimmt; denn es ist nicht eine Bestimmung überhaupt, sondern des Subjekts; die Rose ist wohlriechend; dieser Wohlgeruch ist nicht irgend ein unbestimmter Wohlgeruch, sondern der der Rose; das Prädikat ist also ein Einzelnes. – Weil nun Subjekt und Prädikat im Verhältnisse des Urtheils stehen, sollen sie nach den Begriffsbestimmungen entgegengesetzt bleiben; wie in der Wechselwirkung der Kausalität, ehe sie ihre Wahrheit erreicht, die beiden Seiten gegen die Gleichheit ihrer Bestimmung noch selbstständige und entgegengesetzte bleiben sollen. Wenn daher das Subjekt als Allgemeines bestimmt ist, so ist vom Prädikate nicht auch seine Bestimmung der Allgemeinheit aufzunehmen, sonst wäre kein Urtheil vorhanden; sondern nur seine Bestimmung der Einzelnheit; so wie insofern das Subjekt als Einzelnes bestimmt ist, das Prädikat als Allgemeines zu nehmen ist. – Wenn auf jene bloße Identität reflektirt wird, so stellen sich die zwei identischen Sätze dar:

Das Einzelne ist Einzelnes,

Das Allgemeine ist Allgemeines, worin die Urtheilsbestimmungen ganz auseinander gefallen, nur ihre Beziehung auf sich ausgedrückt, die Beziehung derselben auf einander aber aufgelöst, und das Urtheil somit aufgehoben wäre. – Von jenen beiden Sätzen drückt der eine: das Allgemeine ist einzeln, das Urtheil seinem Inhalte nach aus, der im Prädikate eine vereinzelnte Bestimmung, im Subjekte aber die Totalität derselben ist; der andere: das Einzelne ist allgemein, die Form, die durch ihn selbst unmittelbar angegeben ist. – Im unmittelbaren positiven Urtheile sind die Extreme noch einfach: Form und Inhalt sind daher noch vereinigt. Oder es besteht nicht aus zwei Sätzen; die gedoppelte Beziehung, welche sich in ihm ergab, macht unmittelbar das eine positive Urtheil aus. Denn seine Extreme sind a) als die selbstständigen, abstrakten Urtheilsbestimmungen, b) ist jede Seite durch die andere bestimmt, vermöge der sie beziehenden Kopula. An sich aber ist deswegen der Form- und Inhaltsunterschied in ihm vorhanden, wie sich ergeben hat; und zwar gehört das, was der erste Satz: das Einzelne ist allgemein, enthält, zur Form, weil er die unmittelbare Bestimmtheit des Urtheils ausdrückt. Das Verhältniß dagegen, das der andere Satz ausdrückt: das Allgemeine ist einzeln, oder daß das Subjekt als Allgemeines, das Prädikat dagegen als Besonderes oder Einzelnes bestimmt, betrifft den Inhalt, weil sich seine Bestimmungen erst durch die Reflexion-in-sich erheben, wodurch die unmittelbaren Bestimmtheiten aufgehoben werden, und hiermit die Form sich zu einer in sich gegangen Identität, die gegen den Formunterschied besteht, zum Inhalte macht.

3. Wenn nun die beiden Sätze der Form und des Inhalts:

(Subjekt) (Prädikat)

Das Einzelne ist allgemein

Das Allgemeine ist einzeln

darum, weil sie in dem einen positiven Urtheile enthalten sind, vereinigt würden, so daß somit beide, sowohl das Subjekt als Prädikat, als Einheit der Einzelnheit und Allgemeinheit bestimmt wären, so wären beide das Besondere; was an sich als ihr innere Bestimmung anzuerkennen ist. Allein Theils wäre diese Verbindung nur durch eine äußere Reflexion zu Stande gekommen, Theils wäre der Satz: das Besondere ist das Besondere, der daraus resultirte, kein Urtheil mehr, sondern ein leerer identischer Satz, wie die bereits darin gefundenen Sätze: das Einzelne ist einzeln, und das Allgemeine ist allgemein, waren. – Einzelnheit und Allgemeinheit können noch nicht in die Besonderheit vereinigt werden, weil sie im positiven Urtheile noch als unmittelbare gesetzt sind. – Oder es muß das Urtheil seiner Form und seinem Inhalte nach noch unterschieden werden, weil eben Subjekt und Prädikat noch als Unmittelbarkeit und Vermitteltes unterschieden sind, oder weil das Urtheil nach seiner Beziehung beides ist; Selbstständigkeit der Bezogenen, und ihre Wechselbestimmung, oder Vermittelung.

Das Urtheil also erstens noch seiner Form betrachtet, heißt es:

Das Einzelne ist allgemein. Vielmehr aber ist ein solches unmittelbares Einzelnes nicht allgemein; sein Prädikat ist von weitrem Umfang, es entspricht ihm also nicht. Das Subjekt ist ein unmittelbar für sich seyendes, und daher das Gegentheil jener Abstraktion, der durch Vermittelung gesetzten Allgemeinheit, die von ihm ausgesagt werden sollte.

Zweitens das Urtheil nach seinem Inhalt betrachtet oder als der Satz: Das Allgemeine ist einzeln, so ist das Subjekt ein Allgemeines von Qualitäten, ein Konkretes, das unendlich bestimmt ist, und indem seine Bestimmtheiten nur erst Qualitäten, Eigenschaften oder Accidenzen sind, so ist seine Totalität die schlecht unendliche Vielheit derselben. Ein solches Subjekt ist daher vielmehr nicht eine einzelne solche Eigenschaft, als sein Prädikat aussagt. Beide Sätze müssen daher verneint werden, und das positive Urtheil vielmehr als negatives gesetzt werden.

b. Negatives Urtheil.

1. Es ist schon oben von der gewöhnlichen Vorstellung die Rede gewesen, daß es nur vom Inhalte des Urtheils abhänge, ob es wahr sey oder nicht, indem die logische Wahrheit nichts als die Form betreffe und nichts fordere, als daß jener Inhalt sich nicht widerspreche. Zur Form des Urtheils selbst wird nichts gerechnet, als daß es die Beziehung zweier Begriffe sey. Es hat sich aber ergeben, daß diese beiden Begriffe nicht bloß die verhältnißlose Bestimmung einer Anzahl haben, sondern als Einzelnes und Allgemeines sich verhalten. Diese Bestimmungen machen den wahrhaft logischen Inhalt, und zwar in dieser Abstraktion den Inhalt des positiven Urtheils aus; was für anderer Inhalt (die Sonne ist rund, Cicero war ein großer Redner in Rom, jetzt ist's Tag u. s.f.) in einem Urtheil vorkommt, geht das Urtheil als solches nichts an; es spricht nur dieß aus: Das Subjekt ist Prädikat, oder, da dieß nur Namen sind, bestimmter: das Einzelne ist allgemein und umgekehrt. – um dieses rein logischen Inhalts willen ist das positive Urtheil nicht wahr, sondern hat seine Wahrheit im negativen Urtheil. – Der Inhalt, fordert man, soll sich im Urtheile nur nicht widersprechen; er widerspricht sich aber in jenem Urtheile, wie sich gezeigt hat. – Es ist jedoch völlig gleichgültig, jenen logischen Inhalt auch Form zu nennen, und unter Inhalt nur die sonstige empirische Erfüllung zu verstehen, so enthält die Form nicht bloß die leere Identität, außer welcher die Inhaltsbestimmung läge. Das positive Urtheil hat alsdann durch seine Form als positives Urtheil keine Wahrheit; wer die Richtigkeit einer Anschauung oder Wahrnehmung, die Uebereinstimmung der Vorstellung mit dem Gegenstand Wahrheit nennte, hat wenigstens keinen Ausdruck mehr für für dasjenige, was Gegenstand und Zweck der Philosophie ist. Man müßte den letztern wenigstens Vernunftwahrheit nennen, und man wird wohl zugeben, daß solche Urtheile, daß Cicero ein großer Redner gewesen, daß es jetzt Tag ist u. s. f. keine Vernunftwahrheiten sind. Aber sie sind dieß nicht, nicht weil sie gleichsam zufällig einen empirischen Inhalt haben, sondern weil sie nur positive Urtheile sind, die keinen andern Inhalt als ein unmittelbar Einzelnes und eine abstrakte Bestimmtheit zum Inhalte haben können und sollen.

Das positive Urtheil hat seine Wahrheit zunächst in dem negativen: Das Einzelne ist nicht abstrakt allgemeinsondern das Prädikat des Einzelnen ist darum, weil es solches Prädikat oder für sich ohne die Beziehung auf das Subjekt betrachtet, weil es abstrakt–Allgemeines ist, selbst ein Bestimmtes; das Einzelne ist daher zunächst ein Besonderes. Ferner nach dem andern Satze, der im positiven Urtheile enthalten ist, heißt das negative Urtheil, das Allgemeine ist nicht abstrakt einzeln, sondern dieß Prädikat, schon weil es Prädikat ist, oder weil es in Beziehung auf ein allgemeines Subjekt steht, ist ein Weiteres als bloße Einzelnheit, und das Allgemeine ist daher gleichfalls zunächst ein Besonderes. – Indem dieß Allgemeine, als Subjekt, selbst in der Urtheilsbestimmung der Einzelnheit ist, so reduciren sich beide Sätze auf den einen: Das Einzelne ist ein Besonderes.

Es kann bemerkt werden, a) daß sich hier die Besonderheit für das Prädikat ergiebt, von der vorhin schon die Rede war; allein hier ist sie nicht durch äußerliche Reflexion gesetzt, sondern vermittelst der am Urtheil aufgezeigten negativen Beziehung entstanden. b) Diese Bestimmung ergiebt sich hier nur für das Prädikat. Im unmittelbaren Urtheile, dem Urtheile des Daseyns, ist das Subjekt das zum Grunde Liegende; die Bestimmung schient sich daher zunächst am Prädikate zu verlaufen. In der That aber kann diese erste Negation noch keine Bestimmung, oder eigentlich noch kein Setzen des Einzelnen seyn, da es erst das Zweite, das Negative des Negativen ist.

Das Einzelne ist ein Besonderes, ist der positive Ausdruck des negativen Urtheils. Dieser Ausdruck ist insofern nicht positives Urtheil selbst, als diese um seiner Unmittelbarkeit willen nur das abstrakte zu seinen Extremen hat, das Besondere aber eben durch das Setzen der Beziehung des Urtheils sich als die erste vermittelte Bestimmung ergiebt. – Diese Bestimmung ist aber nicht nur als Moment des Extrems zu nehmen, sondern auch, wie sie eigentlich zunächst ist, als Bestimmung der Beziehung; oder das Urtheil ist auch als negatives zu betrachten. Dieser Uebergang gründet sich auf das Verhältniß der Extreme und ihrer Beziehung im Urtheile überhaupt. Das positive Urtheil ist die Beziehung des unmittelbar Einzelnen und Allgemeinen, also solcher, deren das eine zugleich nicht ist, was das andere; die Beziehung ist daher ebenso wesentlich Trennung oder negativ; daher das positive Urtheil als negatives zu setzen war. Es war daher von Logikern kein solches Aufheben darüber zu machen, daß das nicht des negativen Urtheil zur Kopula gezogen worden sey. Was im Urtheile Bestimmung des Extrems ist, ist ebenso sehr bestimmte Beziehung. Die Urtheilsbestimmung oder das Extrem ist nicht die rein qualitative des unmittelbaren Seyns, welche nur einem Andern außer ihm entgegenstehen soll. Noch ist sie Bestimmung der Reflexion, die sich nach ihrer allgemeinen Form als positiv und negativ verhält, deren jedes als ausschließend gesetzt, und nur an sich identisch mit der andern ist. Die Urtheils- als Begriffsbestimmung ist an ihr selbst ein Allgemeines, gesetzt als sich in ihre andere Kontinuirendes. Umgekehrt ist die Beziehung des Urtheils dieselbe Bestimmung, als die Extreme haben; denn sie ist eben diese Allgemeinheit und Kontinuation derselben in einander; insofern diese unterschieden sind, hat sie auch die Negativität an ihr.

Der oben angegebene Uebergang von der Form der Beziehung zur Form der Bestimmung macht die unmittelbare Konsequenz aus, daß das nicht der Kopula ebenso sehr zum Prädikate geschlagen, und dasselbe als das Nicht-allgemeine bestimmt werden muß. Das Nichtallgemeine aber ist durch eine ebenso unmittelbare Konsequenz das Besondere. – Wird das Negative nach der ganz abstrakten Bestimmung des unmittelbaren Nichtseyns festgehalten, so ist das Prädikat nur das ganz unbestimmte Nichtallgemeine. Von dieser Bestimmung wird sonst in der Logik bei den kontradiktorischen Begriffen gehandelt, und als etwas Wichtiges eingeschärft, daß beim Negativen eines Begriffs nur am Negativen festgehalten, und es als der bloß unbestimmte Umfang des Andern des positiven Begriffs genommen werden soll. So wäre das bloße Nicht-weiße ebenso wohl das Rothe, Gelbe, Blaue u. als das Schwarze. Das Weiße aber als solches ist die begrifflose Bestimmung der Anschauung; das Nicht des Weißen ist dann das ebenso begrifflose Nichtseyn, welche Abstraktion ganz zu Anfang der Logik betrachtet, und als deren nächste Wahrheit das Werden erkannt worden ist. Wenn bei Betrachtung der Urtheilsbestimmungen solcher begrifflose Inhalt aus der Anschauung und Vorstellung als Beispiel gebraucht, und die Bestimmungen des Seyns und die der Reflexion für Urtheilsbestimmungen genommen werden, so ist dieß dasselbe unkritische Verfahren, als wenn nach Kant die Verstandesbegriffe auf die unendliche Vernunftidee oder das sogenannte Ding-an-sich angewendet werden; der Begriff, wozu auch das von ihm ausgehende Urtheil gehört, ist das wahrhafte Ding-an-sich oder das Vernünftige, jene Bestimmungen aber gehören dem Seyn oder Wesen an, und sind noch nicht zu der Art und Weise fortgebildete Formen, wie sie in ihrer Wahrheit, im Begriffe sind. – Wenn bei dem Weißen, Rothen, als sinnlichen Vorstellungen, stehen geblieben wird, so wird, wie gewöhnlich, etwas Begriff genannt, was nur Vorstellungsbestimmung ist, und dann ist freilich das Nicht-weiße, Nicht-rothe kein Positives, so wie vollends das nicht Dreieckigte ein ganz Unbestimmtes ist, denn die auf der Zahl und dem Quantum überhaupt beruhende Bestimmung ist die wesentlich gleichgültige, begrifflose. Aber wie das Nichtseyn selbst, so soll auch solcher sinnlicher Inhalt begriffen werden, und jene Gleichgültigkeit und abstrakte Unmittelbarkeit verlieren, die er in der blinden bewegungslosen Vorstellung hat. Schon im Daseyn wird das gedankenlose Nichts zur Grenze, wodurch Etwas sich doch auf ein Anderes außer ihm bezieht. In der Reflexion aber ist es das Negative, das sich wesentlich auf ein Positives bezieht, und somit bestimmt ist; ein Negatives ist schon nicht mehr jenes unbestimmte Nichtseyn, es ist gesetzt, nur zu seyn, indem ihm das Positive entgegen steht, das Dritte ist ihr Grund; das Negative ist somit in einer umschlossenen Sphäre gehalten, worin das, was das eine nicht ist, etwas Bestimmtes ist. – Noch mehr aber ist in der absolut flüssigen Kontinuität des Begriffs und seiner Bestimmungen das Nicht unmittelbar ein Positives, und die Negation nicht nur Bestimmtheit, sondern in die Allgemeinheit aufgenommen und mit ihr identisch gesetzt. Das Nichtallgemeine ist daher sogleich das Besondere.

2. Indem die Negation die Beziehung des Urtheils angeht, und das negative Urtheil noch als solches betrachtet wird, so ist es vor's Erste noch ein Urtheil; es ist somit das Verhältniß von Subjekt und Prädikat, oder von Einzelnheit und Allgemeinheit vorhanden, und die Beziehung derselben; die Form des Urtheils. Das Subjekt als das zu Grunde liegende Unmittelbare bleibt unberührt von der Negation, es behält also seine Bestimmung, ein Prädikat zu haben, oder seine Beziehung auf die Allgemeinheit. Was daher negirt wird, ist nicht die Allgemeinheit überhaupt im Prädikate, sondern die Abstraktion oder die Bestimmtheit desselben, welche gegen jene Allgemeinheit als Inhalt erschien. – Das negative Urtheil ist also nicht die totale Negation; die allgemeine Sphäre, welche das Prädikat enthält, bleibt noch bestehen; die Beziehung des Subjekts auf das Prädikat ist daher wesentlich noch positiv; die noch gebliebene Bestimmung des Prädikats ist ebenso sehr Beziehung. – Wenn z. B. gesagt wird, die Rose ist nicht roth, so wird damit nur die Bestimmtheit des Prädikats negirt, und von der Allgemeinheit, die ihm gleichfalls zukommt, abgetrennt; die allgemeine Sphäre, die Farbe, ist erhalten; wenn die Rose nicht roth ist, so wird dabei angenommen, daß sie eine Farbe und eine andere Farbe habe; nach dieser allgemeinen Sphäre ist das Urtheil noch positiv.

Das Einzelne ist ein Besonderes, – diese positive Form des negativen Urtheils drückt dieß unmittelbar aus; das Besondere enthält die Allgemeinheit. Es drückt überdem auch aus, daß das Prädikat nicht nur ein Allgemeines sey, sondern auch noch ein Bestimmtes. Die negative Form enthält dasselbe; denn indem z. B. die Rose zwar nicht roth ist, so soll sie nicht nur die allgemeine Sphäre der Farbe zum Prädikate behalten, sondern auch irgend eine andere bestimmte Farbe haben; die einzelne Bestimmtheit des Rothen ist also nur aufgehoben, und es ist nicht nur die allgemeine Sphäre gelassen, sondern auch die Bestimmtheit erhalten, aber zu einer unbestimmten, zu einer allgemeinen Bestimmtheit gemacht; somit zur Besonderheit.

3. Die Besonderheit, welche sich als die positive Bestimmung des negativen Urtheils ergeben, ist das Vermittelnde zwischen der Einzelnheit und Allgemeinheit; so ist das negative Urtheil nun überhaupt das Vermittelnde, zum dritten Schritte, der Reflexion des Urtheils des Daseyns in sich selbst. Es ist nach seiner objektiven Bedeutung nur das Moment der Veränderung der Accidenzen, oder im Daseyn der vereinzelnten Eigenschaften des Konkreten. Durch diese Veränderung tritt die vollständige Bestimmtheit des Prädikats oder das Konkrete als gesetzt hervor.

Das Einzelne ist Besonderes, nach dem positiven Ausdrucke des negativen Urtheils. Aber das Einzelne ist auch nicht Besonderes; denn die Besonderheit ist von weiterm Umfange als die Einzelnheit; sie ist also ein Prädikat, das dem Subjekt nicht entspricht, in dem es also seine Wahrheit noch nicht hat. Das Einzelne ist nur Einzelnes, die sich nicht auf Anderes, sey es positiv oder negativ, sondern nur sich auf sich selbst beziehende Negativität. – Die Rose ist nicht irgend ein Farbiges, sondern sie hat nur die bestimmte Farbe, welche Rosenfarbe ist. Das Einzelne ist nicht ein unbestimmt Bestimmtes, sondern das bestimmte Bestimmte.

Von dieser positiven Form des negativen Urtheils ausgegangen, erscheint diese Negation desselben nur wieder als eine erste Negation. Aber sie ist dieß nicht. Vielmehr ist schon das negative Urtheil an und für sich die zweite, oder Negation der Negation, und dieß, was es an und für sich ist, ist zu setzen. Nämlich es negirt die Bestimmtheit des Prädikats des positiven Urtheils, dessen abstrakte Allgemeinheit, oder als Inhalt betrachtet die einzelne Qualität, die es vom Subjekt enthält. Die Negation der Bestimmtheit ist aber schon die zweite, also die unendliche Rückkehr der Einzelnheit in sich selbst. Hiermit ist also die Herstellung der konkreten Totalität des Subjekts geschehen, oder vielmehr ist es jetzt erst als Einzelnes gesetzt, indem es durch die Negation und das Aufheben derselben mit sich vermittelt worden. Das Prädikat seiner Seits ist damit aus der ersten Allgemeinheit zur absoluten Bestimmtheit übergegangen, und hat sich mit dem Subjekte ansgeglichen. Das Urtheil heißt insofern: Das Einzelne ist einzeln. – Von der andern Seite, indem das Subjekt ebenso sehr als allgemeines anzunehmen war, und insofern im negativen Urtheile sich das Einzelne ist, zur Besonderheit erweiterte, und indem nun ferner die Negation dieser Bestimmtheit ebenso sehr die Reinigung der Allgemeinheit ist, welche es enthält, so lautet dieß Urtheil auch so: Das Allgemeine ist das Allgemeine.

In diesen beiden Urtheilen, die sich vorhin durch äußere Reflexion ergeben hatten, ist das Prädikat schon in seiner Positivität ausgedrückt. Zunächst muß aber die Negation des negativen Urtheils selbst in Form eines negativen Urtheils erscheinen. Es hatte sich gezeigt, daß in ihm noch eine positive Beziehung des Subjekts auf das Prädikat, und die allgemeine Sphäre des letztern geblieben war. Es enthielt somit von dieser Seite eine von der Beschränktheit gereinigtere Allgemeinheit, als das positive Urtheil, und ist daher um so mehr von dem Subjekt als Einzelnem zu negiren. Auf diese Weise ist der ganze Umfang des Prädikats negirt, und keine positive Beziehung mehr zwischen ihm und dem Subjekte. Dieß ist das unendliche Urtheil.

c. Unendliches Urtheil.

Das negative Urtheil ist so wenig ein wahres Urtheil, als das positive. Das unendliche Urtheil aber, das seine Wahrheit seyn soll, ist nach seinem negativen Ausdrucke das Negativ-Unendliche; ein Urtheil, worin auch die Form des Urtheils aufgehoben ist. – Dieß aber ist ein widersinniges Urtheil. Es soll ein Urtheil seyn, somit eine Beziehung von Subjekt und Prädikat enthalten; aber eine solche soll zugleich nicht darin seyn. – Der Name des unendlichen Urtheils pflegt in den gewöhnlichen Logiken zwar aufgeführt zu werden, aber ohne daß es eben deutlich würde, was es mit demselben für eine Bewandtniß habe. – Beispiele von negativ-unendlichen Urtheilen sind leicht zu haben, indem Bestimmungen zu Subjekt und Prädikat negativ verbunden werden, deren eine nicht nur die Bestimmtheit der andern nicht, sondern auch ihre allgemeine Sphäre nicht enthält; also z. B. der Geist nicht roth, gelb u. s. f., nicht sauer, nicht kalisch u. s. f., die Rose ist keine Elephant, der Verstand ist kein Tisch und dergleichen. – Diese Urtheile sind richtig oder wahr, wie man es nennt, aber einer solchen Wahrheit ungeachtet widersinnig und abgeschmackt. – Oder vielmehr sie sind keine Urtheile. – Ein reelleres Beispiel des unendlichen Urtheils ist die böse Handlung. Im bürgerlichen Rechtsstreit wird Etwas nur als das Eigenthum der andern Parthei negirt; so daß aber eingeräumt wird, es sollte das Ihrige seyn, wenn sie das Recht dazu hätte, und es wird nur unter dem Titel des Rechtes in Anspruch genommen; die allgemeine Sphäre, das Recht, wird also in jenem negativen Urtheile anerkannt und erhalten. Das Verbrechen aber ist das unendliche Urtheil, welches nicht nur das besondere Recht sondern die allgemeine Sphäre zugleich negirt, das Recht als Recht negirt. Es hat zwar die Richtigkeit damit, daß es eine wirkliche Handlung ist, aber weil sie sich auf die Sittlichkeit, welche ihre allgemeine Sphäre ausmacht, durchaus negativ bezieht, ist sie widersinnig.

Das Positive des unendlichen Urtheils, der Negation der Negation, ist die Reflexion der Einzelnheit in sich selbst, wodurch sie erst als die bestimmte Bestimmtheit gesetzt ist. Das Einzelne ist einzeln, war der Ausdruck desselben nach jener Reflexion. Das Subjekt ist im Urtheile des Daseyns als unmittelbares Einzelnes, insofern mehr nur als Etwas überhaupt. Durch die Vermittelung des negativen und unendlichen Urtheils ist es erst als Einzelnes gesetzt.

Das Einzelne ist hiermit gesetzt als sich, in sein Prädikat, das mit ihm identisch ist, kontinuirend; somit ist auch die Allgemeinheit ebenso sehr nicht mehr als die unmittelbare, sondern als ein Zusammenfassen von Unterschiedenen. Das positiv-unendliche Urtheil lautet ebenso wohl: Das Allgemeine ist allgemein, so ist es ebenso wohl als die Rückkehr in sich selbst gesetzt.

Durch diese Reflexion der Urtheilsbestimmungen in sich hat nun sich das Urtheil aufgehoben; im negativ-unendlichen Urtheil ist der Unterschied, so zu sagen, zu groß als daß es noch ein Urtheil bliebe; Subjekt und Prädikat haben gar keine positive Beziehung auf einander; im Gegentheil ist im Positiv-Unendlichen nur die Identität vorhanden, und es ist wegen des ganz ermangelnden Unterschiedes kein Urtheil mehr.

Näher ist es das Urtheil des Daseyns; welches sich aufgehoben hat; es ist damit das gesetzt, was die Kopula des Urtheils enthält, daß die qualitativen Extreme in dieser ihrer Identität aufgehoben sind. Indem aber diese Einheit der Begriff ist, so ist sie unmittelbar ebenso wieder in ihre Extreme dirimirt, und ist als Urtheil, dessen Bestimmungen aber nicht mehr unmittelbare, sondern in sich reflektirte sind. Das Urtheil des Daseyns ist in das Urtheil der Reflexion übergegangen.


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