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Ein Diener.
Der Hauptmann Titus bittet um Gehör!
Joseph.
Sogleich! (Will gehen.)
Alexandra. Warum nicht hier?
Der Diener. Da ist er schon!
Titus (tritt ein; zu Joseph, heimlich).
Was du befürchtetest, geschieht, das Volk
Empört sich!
Joseph. Tu denn rasch, was ich befahl,
Stell die Kohorte auf und rücke aus!
Titus.
Das tat ich schon. Nun komm ich, dich zu fragen,
Ob du Gefangne oder Tote willst?
Mein Adler packt so gut, als er zerfleischt,
Und du mußt wissen, was dir besser frommt.
Joseph.
Blut darf nicht fließen!
Titus. Gut! So hau ich ein,
Eh' sie die Steinigung begonnen haben,
Sonst tät' ich's später!
Joseph. Sahst du Sameas?
Titus.
Den Pharisäer, der sich einst die Stirn
An meinem Schild fast einstieß, weil er stets
Die Augen schließt, sobald er mich erblickt?
Den sah ich allerdings!
Joseph. Und wie? Sprich laut!
Titus.
Auf offnem Markt, von Tausenden umringt,
Herodes laut verfluchend!
Joseph (zu Alexandra). Sameas
Ging erst vor einer Stunde fort von dir!
Alexandra.
Sahst du's?
Titus. (zu Joseph). Erscheinst du selbst?
Joseph. Sobald ich kann!
Einstweilen –
Titus. Wohl! Ich geh! (Will gehen.)
Alexandra (ruft ihn um). Ein Wort noch, Hauptmann
Warum entzogst du uns die Wache?
Mariamne. Fehlt sie?
Alexandra.
Seit gestern abend. Ja!
Joseph. Weil ich's gebot!
Titus.
Und weil der König, als er ging, mir sagte:
Dies ist der Mann, der meinen Willen weiß,
Was er gebietet, das gebiet ich selbst! (Ab.)
Alexandra (zu Joseph).
Und du?
Joseph. Ich dachte, Judas Makkabäus
Wär' Schutz genug für dich und deine Tochter.
Im übrigen, du hörst, wie's draußen steht:
Ich brauche die Soldaten! (Für sich.) Wenn die Römer
So nahe wären, könnt' es mir mißglücken!
Heut schickt' ich Galiläer!
Alexandra (zu Mariamne). Meinst du noch,
Mein Argwohn habe keinen Grund?
Mariamne. Ich weiß nicht,
Doch jetzt steckt er mich an. Dies find ich seltsam!
Obgleich – Wenn aus der Wand ein Wurfspieß führe,
Es käme mir nicht unerwarteter!
Alexandra.
Zwei Stöße, und der Weg zum Thron ist frei;
Denn, gibt es keine Makkabäer mehr,
So kommen die Herodianer dran.
Mariamne.
Ich würde dich noch, jetzt verlachen, wäre
Nicht Salome sein Weib! – Bei meinem Bruder,
Ihr Kopf ist mein! Ich spreche zu Herodes:
Wie du mich rächst an ihr, so liebst du mich!
Denn sie, nur sie ist's! Der da nimmermehr!
Alexandra.
Du triumphierst zu früh! Erst gilt's zu handeln,
Und diesen Aufstand, dächt' ich, nutzten wir!
Mariamne.
Mit diesem Aufstand hab ich nichts zu schaffen,
Denn wenn Herodes wiederkehrt, so bleibt
Mir nichts zu fürchten, und wenn nicht, so kommt
Der Tod in jeglicher Gestalt mir recht!
Alexandra.
Ich geh! (Will ab.)
Joseph (vertritt ihr den Weg). Wohin?
Alexandra. Fürs erste auf die Zinne
Und dann, wohin es mir gefallen wird!
Joseph.
Zur Zinne steht der Weg dir frei! Die Burg
Ist abgesperrt!
Alexandra. So wären wir Gefangne?
Joseph.
Solange, bis die Ruhe hergestellt ist,
Muß ich dich bitten –
Alexandra. Was erkühnst du dich?
Joseph.
Ein Stein ist blind, ein röm'scher Wurfspieß auch,
Sie treffen beide oft, was sie nicht sollen,
Drum muß man ihnen aus dem Wege gehn!
Alexandra (zu Mariamne).
Ich steig hinauf und suche meinen Freunden
Durch Zeichen kundzutun, wie's mit uns steht.
Mariamne.
Durch Zeichen – deinen Freunden – Mutter, Mutter!
So bist du's wirklich selbst und nicht das Volk?
Wenn du dir selbst nur nicht die Grube gräbst!
(Alexandra will gehen.)
Joseph.
Du wirst gestatten, daß dich mein Trabant
Begleitet. Philo!
Alexandra. Also offner Krieg?
(Philo tritt ein.)
Joseph (redet mit ihm, anfangs leise, dann laut).
Du hast verstanden?
Philo. Ja!
Joseph. Im schlimmsten Fall!
Philo.
Den wart ich ab, dann –
Joseph. Und mir bürgt dein Kopf!
(Für sich.) Mir däucht, Herodes' Geist ist über mir!
Alexandra (für sich).
Ich gehe doch! Vielleicht ist der Soldat,
Obgleich ein Galiläer, zu gewinnen!
Versuchen will ich es! (Ab.)
(Philo folgt ihr.)
Joseph (für sich). Ich kann nicht anders,
Wie sehr es mich verdächt'gen mag, der Aufruhr
Zwingt mich zu diesem Schritt, ich darf sie jetzt
Nicht aus den Augen lassen, wenn ich mir
Die Tat nicht selbst unmöglich machen will,
Denn jede Stunde kann sein Bote kommen!
Ihn selbst erwarte ich schon längst nicht mehr.
Mariamne.
Wann starb Herodes?
Joseph. Wann er starb?
Mariamne. Und wie?
Du mußt es wissen, da du so viel wagst!
Joseph.
Was wag ich denn? Du gibst mir Rätsel auf!
Mariamne.
Nichts, wenn du glaubst, ich finde keinen Schutz,
Sobald die Römer hören, daß mein Leben
Bedroht ist, alles, wenn du darin irrst.
Joseph.
Und wer bedroht dein Leben?
Mariamne. Fragst du noch?
Du!
Joseph. Ich?
Mariamne. Kannst du das Gegenteil mir schwören?
Kannst du's bei deines Kindes Haupt? – Du schweigst!
Joseph.
Du hast mir keine Schwüre abzufodern.
Mariamne.
Wer so verklagt wird, leistet sie von selbst.
Doch weh dir, wenn Herodes wiederkehrt!
Ich sag ihm zweierlei vorm ersten Kuß,
Ich sag ihm, daß du sannst auf meinen Mord,
Ich sag ihm, was ich schwur: ermiß nun selbst,
Welch Schicksal dich erwartet, wenn er kommt!
Joseph.
Und was – was schwurst du? Wenn's mich schrecken soll,
So muß ich's wissen.
Mariamne. Hör's zu deinem Fluch!
Daß ich mit eigner Hand mich töten will,
Wenn er – Oh, hätt' ich das geahnt! Nicht wahr? –
Dann hätte ich an einen kalten Gruß
Mich nie gekehrt, ich hätte fortgefahren,
Wie ich begann, und alles stünde wohl!
Denn anfangs warst du ein ganz andrer Mann!
Joseph.
Ich habe nichts zu fürchten!
Mariamne. Weil du meinst,
Es sei unmöglich, daß er wiederkehrt!
Wer weiß! Und wenn! Ich halte meinen Schwur,
Doch eher nicht, bis ich an dir mich rächte,
Bis ich an dir, erzittre, so mich rächte,
Wie er mich rächen würde! Zieh doch jetzt
Sogleich dein Schwert! Du wagst es nicht? Ich glaub's!
Und wie du mich auch hüten magst, ich finde
Zum Hauptmann Titus sicher einen Weg!
Verloren ist dein Spiel, seit ich's durchschaut.
Joseph (für sich).
Wahr, wahr! (Zu Mariamne.) Ich halte dich beim Wort! Du rächst
Dich so, ganz so, wie er dich rächen würde!
Das hast du mir gelobt! Vergiß es nicht!
Mariamne.
So spricht der Wahnwitz! Daß Herodes mich
Mehr liebt, wie ich mich selber lieben kann,
Wird keiner, wird nicht einmal Salome,
Dein tück'sches Weib, bezweifeln, wenn sie mich
Auch eben darum doppelt hassen, wenn sie
Auch eben darum dir den Mordgedanken
Rachsüchtig eingegeben haben mag!
Daß er von ihr kommt, weiß ich, und ich will
Sie treffen, daß sie's fühlt, ihr Schmerz um dich
Soll meine letzte Lust auf Erden sein!
Joseph.
Du irrst dich! Doch gleichviel! Ich hab dein Wort!
Mariamne.
Du wiederholst es noch einmal? Verruchter,
Welch einen Aufruhr nächtlicher Gedanken
Weckst du mir in der Brust und welchen Argwohn!
Du sprichst, als ob Herodes selber mich
Zum Opfertier und dich zum Opferpriester
Erkoren hätte. Ist es so? Beim Abschied
Entfiel ihm, mit Entsetzen denk ich dran,
Ein dunkles Wort. Gib Antwort!
Joseph. Diese geb ich
Sobald es nötig ist, sobald ich weiß,
Daß er –
Mariamne. Dich nicht mehr Lügen strafen kann,
Wenn du ihn feig und schlecht des Schrecklichsten,
Des Maßlos-Ungeheuersten verklagtest,
Bloß um dich selbst vor mir zu reinigen?
Ich sage dir, ich höre dich nur jetzt,
Wo er vielleicht, eh' du noch endigtest,
Schon in die Tür tritt und dich niederstößt!
Schweig denn auf ewig, oder sprich sogleich!
Joseph.
Und wenn es wär'? Ich sag nicht, daß es ist!
Doch wenn es wär'? Was würd' es anders sein,
Als die Bestät'gung dessen, was du fühlst,
Als ein Beweis, daß er dich liebt, wie nie
Ein Mann sein Weib noch liebte?
Mariamne. Was ist das?
Mir deucht, schon einmal hab ich das gehört!
Joseph.
Ich dächte doch, es könnte dir nur schmeicheln,
Wenn ihm der Tod nicht halb so bitter wär',
Als der Gedanke, dich –
Mariamne. Was gilt die Wette,
Ich selber bring es jetzt für dich zu Ende!
Als der Gedanke, mich zurückzulassen
In einer Welt, wo ein Antonius lebt!
Joseph.
Nun ja! Ich sag nicht, daß er das gesagt –
Mariamne.
Er hat's gesagt! Er hat – Was hat er nicht!
Oh, daß er endlich käme!
Joseph. Mariamne! – (Für sich.)
Wie hab ich mich verstrickt! Zwar tat ich nichts,
Als was ich mußte! Doch mich packt ein Grauen,
Daß er – ich seh den Aristobolus.
Verflucht die Tat, die einen Schatten wirft,
Eh' sie ins Leben tritt!
Mariamne. So war das mehr,
Als eine tolle Blase des Gehirns,
Wie sie zuweilen aufsteigt und zerplatzt,
So war's – Von jetzt erst fängt mein Leben an,
Bis heute träumt' ich!
Ein Diener tritt ein; ihm folgt Salome.
Salome (zum Diener). Ward's dir untersagt,
Hier ungemeldet jemand einzulassen?
Ich nehm's auf mich!
Joseph. Du, Salome?
Salome. Wer sonst?
Kein böser Geist! Dein Weib! Dein armes Weib,
Um das du warbst, wie Jakob warb um Rahel,
Und das du nun – (Zu Mariamne.) Verfluchte, war es dir
Noch nicht genug, daß du das Herz des Bruders
Mir abgewendet hast? Mußt du mir jetzt
Auch den Gemahl noch rauben? Tag und Nacht
Denkt er an dich, als wärest du schon Witwe,
Und ich noch weniger, als das! Bei Tage
Folgt er auf Schritt und Tritt dir nach! Bei Nacht
Träumt er von dir, nennt ängstlich deinen Namen,
Fährt aus dem Schlummer auf – (Zu Joseph.) Hielt ich's dir nicht
Noch diesen Morgen vor? Und heut sogar,
Wo ganz Jerusalem in Aufruhr ist,
Heut ist er nicht bei mir, nicht auf dem Markt,
Wo ich, weil er nicht kam, ihn suchen ließ,
Er ist bei dir, und ihr – ihr seid allein!
Mariamne.
Die ist es sicher nicht! So ist er's selbst!
Wenn noch ein Zweifel übrigblieb, so hat
Die blöde Eifersucht ihn jetzt erstickt! –
Ich war ihm nur ein Ding und weiter nichts!
Joseph (zu Salome).
Ich schwör dir –
Salome. Daß ich blind bin? Nein! Ich sehe!
Mariamne.
Der Sterbende, der seinen Feigenbaum
Abhauen ließe, weil er seine Früchte
Nach seinem Tode keinem andern gönnte,
Der Sterbende wär' ruchlos, und er hätte
Den Baum vielleicht doch selbst gepflanzt und wüßte,
Daß er den Dieb, daß er sogar den Mörder
Erquicken müßte, der ihn schüttelte.
Bei mir fällt beides weg! Und doch! Und doch!
Das ist ein Frevel, wie's noch keinen gab.
Salome (zu Joseph).
Du sprichst umsonst! Ein Auftrag! Welch ein Auftrag?
Mariamne.
Ein Auftrag! Dies das Siegel! – Wär' es möglich,
Jetzt müßt' es doch am ersten möglich sein!
Allein es ist nicht möglich! Keine Regung
Unedler Art befleckt mein Innerstes,
Wie es auch stürmt in meiner Brust! Ich würde
Antonius in diesem Augenblick
Dieselbe Antwort geben, die ich ihm
An unsrem Hochzeitstag gegeben hätte,
Das fühl ich, darum trifft's mich, wie's mich trifft,
Sonst müßte ich's ertragen, ja verzeihn!
Salome (zu Mariamne).
Ich bin für dich nicht da, wie's scheint?
Mariamne. Doch! Doch!
Du hast sogar die größte Wohltat mir
Erzeigt, ich, die ich blind war, sehe jetzt,
Ich sehe hell und das allein durch dich!
Salome.
Verhöhnst du mich? Auch das sollst du mir büßen,
Wenn nur mein Bruder wiederkehrt! Ich werde
Ihm alles sagen –
Mariamne. Was? Ja so! Das tu!
Und hört er drauf – – Warum denn nicht? Was lach ich?
Ist das denn noch unmöglich? – – Hört er drauf,
So nimm mein Wort: ich widersprech dir nicht!
Ich liebe mich nicht mehr genug dazu!
Alexandra (stürzt herein).
Der König!
Joseph. In der Stadt?
Alexandra. Schon in der Burg!