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Die prophetischen Bilder

»Nein, dieser Maler!« rief Walter Ludlow lebhaft. »Nicht nur in seiner eigenen Kunst ist er hervorragend, auch auf allen andern Gebieten der Wissenschaft und Gelehrsamkeit ist er ungeheuer beschlagen. Er spricht Hebräisch mit Dr. Mather, und Dr. Boylston kann noch Anatomie von ihm lernen. Kurzum, er kann den wohlunterrichtetsten Mann unter uns mit seinen eigenen Waffen schlagen. Dazu ist er ein vollkommener Gentleman, ein Weltbürger, geradezu ein Kosmopolit. Er kann von jedem Lande aller Zonen erzählen wie ein Eingeborener, nur nicht von unsern eigenen Wäldern, wohin er jetzt zu reisen gedenkt. Und dies alles ist nicht einmal das, was ich am meisten an ihm bewundere!«

»Nicht möglich!« rief Elinor, die mit weiblicher Aufmerksamkeit der Beschreibung eines solchen Mannes gelauscht hatte. »Das ist doch schon bewundernswert genug.«

»Ganz gewiß,« erwiderte ihr Freund, »aber lange nicht so sehr wie seine natürliche Gabe, sich jedem Charakter so stark anpassen zu können, daß jeder Mann – selbst jede Frau, Elinor – das eigene Spiegelbild in diesem ungewöhnlichen Maler findet. Doch das größte Wunder bleibt noch immer zu erzählen.«

»Wenn er aber noch mehr übernatürliche Eigenschaften hat,« sagte Elinor und lachte, »dann ist Boston ein gefährlicher Aufenthalt für den armen Mann. Sprichst du von einem Maler oder von einem Hexenmeister?«

»Wahrhaftig,« antwortete er, »diese Frage könnte man viel ernster stellen, als du meinst. Man sagt, daß er nicht nur die Züge eines Menschen malt, sondern auch sein Herz und Hirn. Die geheimsten Gefühle und Leidenschaften fängt er ein und bannt sie auf die Leinwand wie Sonnenschein – oder auch wie das Glühen höllischen Feuers in Bildern von Leuten mit finsterer Seele. Es ist eine furchtbare Gabe,« fügte Walter noch hinzu, und seine begeisterte Stimme verflüsterte sich. »Ich habe fast Angst davor, ihm zu sitzen.«

»Walter! Ist das dein Ernst?« rief Elinor.

»Um Gottes willen, liebste Elinor, laß ihn dich nicht so malen, wie du jetzt aussiehst,« sagte ihr Geliebter lachend, aber doch betroffen. »Da – nun geht es vorüber. Aber als du sprachst, war dein Blick zu Tode erschrocken und so furchtbar traurig. Woran dachtest du?«

»Nichts, nichts,« erwiderte Elinor hastig, »es ist deine eigene Phantasie, die mein Gesicht verändert. Hole mich morgen ab, und wir wollen den wundersamen Künstler besuchen.«

Aber als der junge Mann gegangen war, ward unleugbar wieder ein sonderbarer Ausdruck auf dem schönen, jugendlichen Antlitz seiner Geliebten sichtbar. Traurig und voll Angst war es und paßte wenig zu den Gefühlen eines Mädchens kurz vor der Hochzeit, wo doch Walter Ludlow der Erwählte ihres Herzens war. ›Mein Blick,‹ sagte Elinor zu sich selbst, ›kein Wunder, daß er ihn erschreckte, wenn er das ausdrückte, was ich manchmal fühle. Ich weiß es aus Erfahrung, wie furchtbar ein Blick sein kann. Aber es war alles nur Einbildung. Ich dachte gar nicht daran in diesem Augenblick – ich sah nichts wieder davon seitdem ... ich habe es ja nur geträumt.‹

Und sie stickte fleißig weiter an einer Halskrause, in der sie sich malen lassen wollte.

Der Maler, von dem sie gesprochen hatten, war keiner jener einheimischen Künstler, die in späterer Zeit den Indianern ihre Farben entliehen und ihre Pinsel aus den Haaren wilder Tiere fertigten. Hätte er sein Leben zurückrufen und sein Schicksal vorausbestimmen können, so hätte er vielleicht gewünscht, zu dieser Schule ohne Lehrer zu gehören, in der Hoffnung, so wenigstens originell zu sein; denn da gab es keine Kunstwerke nachzuahmen, keine Regeln zu befolgen. Aber er war in Europa geboren und erzogen. Man erzählte, er habe die Größe und Schönheit der Auffassung und jeden Strich der Meister studiert an allen berühmten Bildern in Kunstausstellungen und an Kirchenwänden, bis nichts mehr da war, woran sein starker Geist sich lehnen konnte. Die Kunst vermochte ihn nichts Neues mehr zu lehren. Nur die Natur konnte es noch. Er suchte daher eine Welt auf, in der noch keiner seiner Berufsgenossen vor ihm gewesen war, um seine Augen an edlen und malerischen Bildern zu ergötzen, die noch keiner auf die Leinwand gebracht hatte. Amerika war zu arm, um einem bedeutenden Künstler andere Versuchungen zu bieten. Zwar hatten bei der Ankunft des Malers viele reiche Kolonisten den Wunsch ausgedrückt, ihre Züge vermittelst seiner Geschicklichkeit der Nachwelt zu erhalten. So oft ihm solche Vorschläge gemacht wurden, heftete er sein durchdringendes Auge auf den Bewerber und schien ihm bis auf den Grund der Seele zu blicken. Sah er nur ein glattes, behagliches Gesicht, wenn auch ein goldbetreßter Rock dazu gehörte, das Bild zu schmücken, und geprägtes Gold dafür bezahlen wollte, so wies er höflich Lohn und Auftrag ab. Doch sprach das Gesicht von Ungewöhnlichem, Gefühl, Gedanken oder Erfahrung, oder traf er einen Bettler auf der Straße mit weißem Bart und runzelreicher Stirn, oder wenn zuweilen unversehens ein Kind aufsah und lächelte, so goß er über sie alle Kunst aus, die er dem Reichtum weigerte.

Geschicklichkeit im Malen war sehr selten in den Kolonien; daher wurde der Maler bald Gegenstand allgemeiner Neugierde. Fast niemand wußte die technische Vollkommenheit seiner Werke zu würdigen; aber es gab Einzelheiten, bei denen die Meinung der Menge ebenso wertvoll war, wie das gewählte Urteil eines Kenners. Er beobachtete die Wirkung jedes Bildes auf die ungeschulten Beschauer und zog Vorteil aus ihren Bemerkungen. Sie aber dachten ebensowenig daran, ihn zu belehren, wie sie die Natur selber belehren wollten, mit der er zu wetteifern schien. Freilich war ihre Bewunderung gefärbt mit den Vorurteilen der Zeit und des Landes. Manche hielten es für eine Sünde gegen die zehn Gebote oder gar für eine vermessene Verhöhnung Gottes, so lebensvolle Bilder seiner Geschöpfe hervorzubringen. Andere hatten Angst vor der Kunst, die Geister ins Dasein rufen und die Gestalt der Toten unter den Lebenden festhalten konnte. Sie waren geneigt, den Maler für einen Zauberer anzusehen, oder gar für den schwarzen Mann aus alter Hexenzeit, der neues Unheil spann in anderer Gestalt. Diesem törichten Aberglauben gab das Volk zum größten Teil Raum. Selbst in höheren Kreisen war seine Person von geheimer Scheu umgeben, die zum Teil wie Rauchringel aus dem Aberglauben des Volkes aufstieg, hauptsächlich aber von den verschiedenartigen Kenntnissen und Talenten herrührte, die er in den Dienst seiner Kunst stellte.

Da Walter Ludlow und Elinor vor der Hochzeit standen, wollten sie gern ihre Bilder haben, als die ersten einer langen Reihe von Familienbildern, wie sie zweifellos hofften. Einen Tag nach der erwähnten Unterhaltung suchten sie die Wohnung des Malers auf. Ein Dienstbote wies sie in ein Zimmer. Der Künstler war nicht zu sehen; aber andere Persönlichkeiten waren da, und sie konnten sich kaum enthalten, sie ehrerbietig zu begrüßen. Obwohl sie wußten, daß die ganze Versammlung nur gemalt war, fanden sie es doch unmöglich, die Vorstellung von Leben und Verstand von diesen überraschenden Gemälden zu trennen. Einige der Bilder waren ihnen bekannt als bedeutende Persönlichkeiten der Zeit oder eigene Bekannte. Da war der Gouverneur Burnett, der aussah, als ob er gerade eine aufsässige Mitteilung vom Repräsentantenhaus erhalten hätte und nun eine scharfe Antwort abfaßte. Mr. Cooke hing neben dem Herrscher, dem er feindlich war, kraftvoll und leicht puritanisch, wie sich das ziemt für einen Volksführer. Die Gemahlin des Sir William Phipps sah von der Wand auf sie herab, in Halskrause und Reifrock, eine gebieterische alte Dame, von deren Zauberkraft man munkelte. John Winslow, damals noch ein ganz junger Mann, hatte schon den Ausdruck kriegerischer Unternehmungslust, die ihn viel später zum berühmten Feldherrn machte. Ihre persönlichen Freunde erkannten sie auf den ersten Blick. Auf den meisten Bildern traten Verstand und Veranlagung im Gesicht hervor und waren in einen einzigen Ausdruck vereinigt; man hätte paradox sagen können: die Menschen sahen sich selbst nicht so überraschend ähnlich wie ihre Bilder.

Zwischen diesen ehrwürdigen Bürgern der Zeit hingen zwei alte bärtige Heilige, die fast wieder unsichtbar geworden waren in der gedunkelten Leinwand. Auch eine bleiche, aber unverblaßte Madonna hing da, die man vielleicht früher in Rom verehrt hatte. Nun sah sie mit so mildem heiligen Blick auf die Liebenden, daß auch sie es verlangte, zu ihr zu beten.

»Wie sonderbar der Gedanke ist,« bemerkte Walter Ludlow, »daß dies schöne Gesicht schon mehr als zwei Jahrhunderte lang so schön ist! Ach, wenn doch alle Schönheit so erhalten bliebe! Beneidest du sie nicht, Elinor?«

»Wenn die Erde der Himmel wäre, könnte ich es,« erwiderte sie. »Aber wo alles welkt, wie schrecklich wäre es, die einzige zu sein, die nicht verwelken könnte!«

»Dieser dunkle alte heilige Petrus sieht häßlich wild und finster aus, wenn er auch heilig ist,« fuhr Walter fort. »Er verwirrt mich. Aber die Jungfrau sieht uns freundlich an.«

»Ja, aber sehr besorgt, will mich bedünken,« sagte Elinor.

Unter diesen drei alten Gemälden stand die Staffelei, und auf ihr ein Bild, das erst kürzlich angefangen war. Sie besahen es eine Weile und begannen, die Züge ihres eigenen Geistlichen zu erkennen, des Rev. Dr. Cobmann, der wie aus einer Wolke heraus Leben und Gestalt gewann.

»Der gütige alte Mann!« rief Elinor. »Er schaut mich an, als wollte er mir gerade einen väterlichen Rat erteilen.«

»Und mich,« sagte Walter, »als ob er den Kopf schütteln und mir einen Verweis erteilen wollte für irgendeine Missetat. So macht er es auch in Wirklichkeit. Nicht eher werde ich mich unter seinem Blick ganz wohl fühlen, als bis wir zur Trauung vor ihm stehen.« Jetzt hörten sie einen Schritt, und als sie sich umschauten, sahen sie den Maler, der schon seit ein paar Augenblicken im Zimmer war und einige ihrer Bemerkungen mit angehört hatte. Er war ein Mann in mittleren Jahren, mit einem Gesicht, das seines eigenen Pinsels wohl würdig gewesen wäre. Durch die malerische, etwas nachlässige Kleidung und vielleicht auch, weil seine Seele immer unter gemalten Gestalten weilte, glich er selber etwas einem Gemälde. Seine Besucher empfanden eine Verwandtschaft zwischen dem Künstler und seinem Werk. Es war ihnen, als sei eines der Bilder aus der Leinwand hervorgetreten, sie zu begrüßen.

Walter Ludlow, der mit dem Maler oberflächlich bekannt war, erklärte ihm den Grund ihres Besuches. Während er sprach, fiel ein Sonnenstrahl über ihre beiden Gestalten, so schön und wirkungsvoll, daß sie dastanden wie lebendige Bilder von Jugend und Schönheit, froh in strahlendem Glück.

Der Künstler war sichtlich betroffen. »Meine Staffelei ist mehrere Tage lang besetzt, und ich kann nur kurz in Boston bleiben,« sagte er nachdenklich; dann, nach einem prüfenden Blick, fügte er hinzu: »Aber Ihre Wünsche sollen erfüllt werden, wenn ich auch den Oberrichter und Frau Oliver enttäuschen muß. Ich darf mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, um ein paar Ellen Tuch und Brokat zu malen.« Der Künstler sprach den Wunsch aus, sie beide auf ein Bild zu bringen und durch entsprechende Stellung als verlobt zu kennzeichnen. Dieser Plan hätte den Liebenden wohl gefallen; man mußte aber davon abstehen, weil eine so große Leinwand nicht geeignet gewesen wäre für den Raum, den das Bild schmücken sollte. Man einigte sich daher auf zwei Bilder in Halbfigur.

Nachdem sie sich verabschiedet hatten, fragte Walter Ludlow Elinor mit einem Lächeln, ob sie sich klar darüber sei, welchen Einfluß auf ihr Schicksal der Maler zu gewinnen im Begriff sei. »Die alten Weiber in Boston behaupten,« fuhr er fort, »wenn er einmal Gewalt bekommen hat über eines Menschen Gesicht und Gestalt, so kann er ihn bei jeder beliebigen Handlung und in jeder Lage malen, – immer ist das Bild prophetisch. Glaubst du das?«

»Nicht ganz,« sagte Elinor lächelnd. »Und selbst wenn es solche Zauberkraft besäße, – es ist etwas so Edles in seiner Art, daß ich überzeugt bin, er wird sie nur zum Guten brauchen.«

Der Künstler wollte beide Bilder gleichzeitig malen. Als Grund gab er in der mystischen Ausdrucksweise, deren er sich manchmal bediente, an, daß die beiden Gesichter voneinander Licht empfingen. So erhielten bald Walter, bald Elinor einen Pinselstrich, und die Züge der beiden begannen so lebhaft zu werden, daß es schien, als wolle seine sieghafte Kunst sie tatsächlich aus der Leinwand hervortreten lassen. In reichem Licht und tiefem Schatten blickte ein geheimnisvolles zweites Ich sie an. Aber obwohl die Ähnlichkeit vollkommen zu werden versprach, waren sie doch mit dem Ausdruck nicht ganz zufrieden. Er schien unbestimmter als auf den meisten Bildern des Malers. Der Künstler jedoch war zufrieden mit dem voraussichtlichen Erfolg, und da ihn das Brautpaar sehr interessierte, benützte er die freien Augenblicke dazu, unbemerkt eine Bleistiftskizze von ihnen zu machen. Während der Sitzungen unterhielt er sich mit ihnen und lockte charakteristische Züge auf ihren Gesichtern hervor, die er, trotzdem sie ständig wechselten, vereinigen und festhalten wollte. Schließlich kündigte er an, daß bei ihrem nächsten Besuche beide Bilder zur Ablieferung bereit sein sollten.

»Wenn mein Pinsel meiner Vorstellung folgt in den paar letzten Strichen, die ich noch vorhabe,« bemerkte er, »so werden diese beiden Gemälde meine allerbesten Werke sein. Freilich hat ein Künstler auch nicht häufig solche Vorbilder.«

Während er sprach, hielt er noch immer seine durchdringenden Augen auf sie geheftet und wandte sie erst weg, als sie die letzte Treppenstufe erreicht hatten.

Nichts im ganzen Reigen menschlicher Eitelkeiten fesselt die Einbildungskraft stärker, als wenn man sein Bildnis malen läßt. Warum nur? Der Spiegel, das glatte Wasser, jede reflektierende Oberfläche schenkt uns dauernd Bilder oder besser Gespenster unseres Selbst, die wir anschauen und sofort wieder vergessen. Aber wir vergessen sie nur, weil sie wieder verschwinden. Es ist die Vorstellung der Dauer – irdischer Unsterblichkeit –, die so geheimnisvollen Anteil in uns weckt an unsern Bildnissen. Auch Walter und Elinor waren nicht frei von diesem Empfinden und eilten pünktlich zur vereinbarten Stunde in des Malers Zimmer, um den gemalten Gestalten gegenüberzustehen, die sie bei der Nachwelt vertreten sollten. Hinter ihnen flutete das Sonnenlicht in den Raum; doch etwas düster blieb er, als sie die Tür geschlossen hatten.

Sofort wurden ihre Augen zu den Bildern hingezogen, die an der fernsten Wand des Zimmers lehnten. Beim ersten Anblick im schwachen Licht und aus der Entfernung stießen sie gleichzeitig einen Freudenruf aus, als sie sich in ganz natürlicher Haltung sahen, genau so, wie sie sich so gut kannten.

»Da stehen wir,« rief Walter begeistert, »für immer im Sonnenschein festgehalten! Keine finsteren Leidenschaften können je unsere Züge überschatten!«

»Nein,« entgegnete Elinor ruhiger, »kein düsterer Wechsel kann uns mehr betrüben.«

Das sagten sie, während sie näher kamen und die Bilder noch nicht deutlich gesehen hatten. Der Maler hatte sie begrüßt und beschäftigte sich nun an einem Tisch mit der Vollendung einer Bleistiftskizze und überließ es seinen Besuchern, sich ihr Urteil über die fertigen Arbeiten zu bilden. Ab und zu stand sein Bleistift still über der Skizze und ein Blick aus seinen tiefen Augen ging hinüber und beobachtete ihre Gesichter von der Seite. Nun hatten sie ein paar Augenblicke dagestanden, jeder vor dem Bilde des andern, ganz versunken in aufmerksame Betrachtung, aber ohne ein Wort zu sprechen. Schließlich trat Walter einen Schritt vor, dann wieder zurück und betrachtete Elinors Bild in verschiedener Beleuchtung. »Hat sich da nicht etwas geändert?« sagte er endlich zweifelnd und nachdenklich. »Ja, ich bemerke es immer deutlicher, je länger ich hinsehe. Es ist sicherlich dasselbe Bild, das ich gestern sah. Das Kleid – die Züge – das alles ist das gleiche, und doch ist etwas anders geworden.«

»Ist denn das Bild nicht mehr so gut wie es gestern war?« fragte der Maler, der sich nun näherte und seine Anteilnahme nicht mehr zurückhalten konnte.

»Die Gesichtszüge sind ganz und gar Elinor,« antwortete Walter; »und auf den ersten Blick schien es auch ihr Ausdruck zu sein. Aber ich könnte mir einbilden, das Bild hätte den Ausdruck gewechselt, während ich es ansah. Die Augen schauen mich so seltsam traurig und angstvoll an. Nein, Kummer ist es sogar und Schrecken! Ist das Elinor?«

»Vergleichen Sie das lebende Gesicht mit dem gemalten,« sagte der Maler.

Walter sah seine Geliebte von der Seite an und erschrak. Unbewegt und versunken, gebannt fast in der Betrachtung von Walters Bild, hatte Elinors Gesicht genau den Ausdruck angenommen, über den er sich gerade beklagt hatte. Selbst wenn sie stundenlang vor einem Spiegel geübt hätte, sie hätte den Ausdruck nicht so vollkommen treffen können. Wäre das Bild selber ein Spiegel gewesen, es hätte ihr augenblickliches Aussehen nicht getreuer und betrüblicher wiedergeben können. Sie schien gar nichts zu merken von dem Gespräche des Künstlers mit ihrem Geliebten.

»Elinor,« rief Walter bestürzt, »welche Veränderung ist mit dir vorgegangen?«

Sie hörte ihn nicht und wandte ihren starren Blick nicht ab, bis er ihre Hand faßte und so ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Da erbebte sie plötzlich und sah von dem Bilde weg in sein Gesicht.

»Bemerkst du keine Veränderung in deinem Bild?« fragte sie.

»In meinem? – Nein!« erwiderte Walter und betrachtete es aufmerksam. »Aber halt! doch, da ist eine leise Änderung – eine Verbesserung, wie mir scheint, mehr am Bilde als an der Ähnlichkeit. Der Ausdruck ist lebhafter als gestern, als ob ein heller Gedanke aus den Augen leuchtete und sich auf die Lippen drängte. Jetzt, wo ich es erfaßt habe, wird es ganz deutlich.«

Während er mit diesen Wahrnehmungen beschäftigt war, wandte sich Elinor dem Maler zu. Sie sah ihn bekümmert und angstvoll an und fühlte, daß er ihr Anteilnahme und Mitleid zurückgab – weshalb, das konnte sie nur unbestimmt ahnen.

»Dieser Ausdruck!« flüsterte sie und schauderte, »wie kam er hinein?«

»Fräulein,« sagte der Maler traurig, faßte ihre Hand und führte sie beiseite, »in beiden Bildern habe ich gemalt, was ich sah. Der Künstler muß hinter die Erscheinung sehen. Es ist seine Gabe – die stolzeste, aber oft sehr schwer, das Innerste der Seele zu sehen und durch eine Macht, die oft ihm selber unbegreiflich ist, leuchtend oder düster auf die Leinwand zu bannen, in Zügen, die Gedanken und Gefühl von Jahren wiedergeben. Wie gerne möchte ich in diesem Fall an einen Irrtum glauben!«

Sie hatten sich nun dem Tisch genähert, auf dem Gipsköpfe und Hände zu sehen waren, fast so ausdrucksvoll wie die meisten Gesichter, efeubewachsene Kirchtürme, strohgedeckte Hütten, alte blitzgespaltene Bäume, Kleider aus dem Orient oder dem Altertum, all die malerischen Launen aus eines Künstlers Mußestunden. Scheinbar achtlos wühlte er darin und eine Bleistiftskizze zweier Gestalten wurde sichtbar.

»Wenn ich es falsch gemacht habe,« fuhr er fort, »wenn Sie Ihr Herz nicht wiederfinden in Ihrem eigenen Bildnis – wenn kein geheimer Grund Sie an die Richtigkeit meiner Auffassung des andern glauben läßt: noch ist es nicht zu spät, sie zu ändern. Auch die Haltung dieser Gestalten könnte ich noch ändern. Aber welchen Einfluß hätte das auf das Geschehen?«

Er zog ihre Aufmerksamkeit auf die Skizze. Ein Zittern ging durch Elinors Gestalt; ein Schrei trat auf ihre Lippen. Doch sie unterdrückte ihn mit der Selbstbeherrschung, die allen Menschen eigen wird, die heimlich Furcht und Angst im Herzen tragen. Sie wandte sich um und sah, daß Walter dicht genug herangekommen war, um die Skizze zu sehen; aber sie vermochte nicht zu entscheiden, ob sein Auge schon darauf gefallen war.

»Wir wollen die Bilder nicht geändert haben,« sagte sie rasch. »Wenn meines traurig ist, dann werde ich durch den Gegensatz in Wirklichkeit um so froher aussehen.«

»So soll es sein,« antwortete der Maler und verneigte sich. »So wenig wirklich mögen Ihre Kümmernisse sein, daß nur Ihr Bildnis um Sie trauern soll! Und Ihre Freuden – sie mögen so echt sein und so tief, sich so klar auf diesem lieblichen Gesichte spiegeln, bis es meine ganze Kunst der Lüge zeiht!«

Nach Walters und Elinors Hochzeit waren die Bilder der herrlichste Schmuck ihres Heims. Sie hingen nebeneinander, nur durch eine schmale Leiste getrennt. Sie schienen sich beständig anzublicken und sahen doch immer auch dem Beschauer ins Auge. Weitgereiste Leute, die von solchen Dingen etwas verstehen wollten, zählten sie zu den wunderbarsten Stücken moderner Malerei. Ungeschulte Betrachter verglichen sie Zug um Zug mit den Vorbildern und priesen ganz begeistert die Ähnlichkeit. Auf eine dritte Gruppe jedoch – nicht weitgereiste Kenner oder ungeschulte Betrachter, sondern Menschen mit feiner, natürlicher Empfindsamkeit – machten die Bilder den allertiefsten Eindruck. Solche Leute sahen wohl zuerst achtlos hin; dann aber wurden sie gefangen, kamen Tag für Tag zurück und studierten diese gemalten Gesichter wie die Seiten eines Zauberbuches. Walter Ludlows Bild zog ihre Aufmerksamkeit zuerst an. Wenn er und seine junge Frau nicht da waren, stritten sie mitunter, welchen Ausdruck der Maler den Zügen hatte geben wollen. Sie alle stimmten überein, daß es ein Ausdruck von ernster Bedeutung war, aber nicht zwei erklärten ihn auf gleiche Weise. Über Elinors Bild herrschten weniger Meinungsverschiedenheiten. Freilich gingen sie auseinander, wenn sie versuchten, die Art und die Tiefe der Schwermut zu erklären, die auf dem Antlitz ruhte. Aber daß es Schwermut war, das fanden sie alle, und daß sie zu der natürlichen Lebhaftigkeit ihrer jungen Freundin nicht paßte. Irgendein phantasiebegabter Mann erklärte als Ergebnis langen Grübelns, daß die beiden Bilder Teile eines einheitlichen Vorwurfs seien, und daß die schwermütige Gefühlstiefe in Elinors Antlitz in Beziehung stehe zu der größeren Lebhaftigkeit oder, wie er es ausdrückte, zu der wilden Leidenschaftlichkeit in Walters Gesicht. Obgleich er Laie war in dieser Kunst, begann er sogar eine Skizze, auf der die Haltung der beiden Gestalten dem beiderseitigen Ausdruck entsprechen sollte.

Die Freunde flüsterten untereinander, daß sich Tag für Tag der Schatten ernster Nachdenklichkeit auf Elinors Gesicht vertiefe, so daß es bald das getreue Abbild des Gemäldes zu werden drohe. Walter hingegen erlangte nicht den lebhaften Ausdruck, den der Maler ihm auf der Leinwand gegeben hatte; er wurde zurückhaltend und niedergeschlagen. Keine Erregung brach nach außen durch, wie sehr es auch im Innern schwelen mochte. Nach einiger Zeit hing Elinor einen prächtigen Vorhang aus purpurner Seide, mit Blumen bestickt, und mit schweren goldenen Troddeln vor die Bilder. Sie gab vor, daß das Licht sie verblassen oder der Staub ihren Farben schaden könne. Das genügte. Ihre Besucher fühlten, daß man die schweren Falten der Seide nie mehr zurückziehen oder in ihrer Gegenwart von den Bildern reden dürfe.

Die Zeit verging. Der Maler kehrte zurück. Weit im Norden war er gewesen und hatte den silbernen Wasserfall an den Crystal Hills gesehen und das ungeheure Rund von Wald und Wolken überschaut vom Gipfel des höchsten Berges von Neuengland. Doch diese Szene unterwarf er nicht dem Blendwerk seiner Kunst. Er hatte auch in einem Boot gelegen auf dem George-See, und seine Seele ward der Spiegel seiner Lieblichkeit und Majestät, bis kein Bild des Vatikans so lebhaft in ihm stand wie diese Erinnerung. Mit indianischen Jägern war er zum Niagara gewandert, und auch hier hatte er den ohnmächtigen Pinsel in den Abgrund geschleudert in der Gewißheit, daß er das Tosen hätte malen können so gut wie irgend etwas sonst, das zu dem wunderbaren Fall gehörte. Tatsächlich regte sich nur selten das Verlangen, Landschaftsszenen wiederzugeben, als Rahmen höchstens für die Schilderung menschlicher Gestalt und menschlichen Gesichtes, belebt von Geist und Leidenschaft und Leid. Daran hatte ihm sein abenteuerlicher Streifzug reichen Vorrat eingebracht: die ernste Würde des Indianerhäuptlings, die verschattete Lieblichkeit indianischer Mädchen, das Leben im Wigwam, den heimlichen Kriegszug, den Kampf unter düsteren Föhren, die Grenzfestung und ihre Besatzung, den sonderbaren alten französischen Freischärler, an Fürstenhöfen erzogen und ergraut in felsiger Wildnis – das waren die Bilder und die Orte, die er gezeichnet hatte. Die Glut gefahrvoller Augenblicke, Ausbrüche wilder Leidenschaft, Kämpfe gewaltiger Kraft, Liebe, Haß, Kummer, Wahnsinn – kurz: das ganze abgelebte Herz der alten Erde hatte sich ihm in neuen Formen wieder enthüllt. Seine Mappe war angefüllt mit Illustrationen zum Buche seiner Erinnerung, die seine Schöpferkraft wieder lebendig erstehen lassen und mit Unsterblichkeit durchdringen sollte. Er fühlte es; die tiefe Weisheit seiner Kunst, die er immer gesucht hatte, war gefunden.

Doch in strenger wie lieblicher Natur, in den Gefahren des Waldes und seinem überwältigenden Frieden, immer hatten ihn zwei Erscheinungen auf seinem Weg begleitet. Wie jeder Mensch, den ein Vorsatz ganz gefangen hält, stand er abseits von der Masse der anderen. Er kannte kein Ziel, keine Freuden, keine Neigungen, die nicht mit seiner Kunst zusammenhingen. Trotzdem er vornehm war in seinem Benehmen und gerade im Denken und Handeln, war ihm doch gütiges Empfinden fremd. Sein Herz war kalt. Kein Lebender konnte ihm so nahe sein, daß er ihm Wärme gab. Für diese beiden Wesen aber hatte er das Interesse, das ihn immer mit den Vorbildern seines Pinsels verband, in allerstärkstem Maße empfunden. Mit größtem Scharfsinn hatte er in ihre Seele gespäht, und was er sah, in ihren Zügen wiedergegeben mit seiner äußersten Geschicklichkeit, so daß er fast die Vollkommenheit erreichte, die keinem Genie je ganz gelingt, die eigene ernste Auffassung. Der dunklen Zukunft hatte er ein furchtbares Geheimnis entlockt, so glaubte er wenigstens, und hatte es geheimnisvoll in den Bildern angedeutet. So viel von ihm selber, von seiner Einbildungskraft und allen andern Kräften, hatte er an das Studium Walters und Elinors verschwendet, daß er sie fast als seine eigenen Geschöpfe ansah, wie die andern Tausende, mit denen er das Reich der Malerei bevölkert hatte. Darum huschten sie durch das Dämmerlicht der Wälder, schwebten in dem Sprühnebel über den Wasserfällen, schauten aus dem Spiegel des Sees und schwanden nicht im Glanz der Mittagssonne. Sie umgeisterten seine Malerphantasie nicht als Trugbilder des Lebens oder blasse Gespenster des Todes, sondern in der Gestalt von Gemälden, ein jedes mit dem unveränderlichen Ausdruck, den seine Zauberkunst aus dem Versteck der Seele hervorgelockt hatte. Er konnte nicht übers Meer zurückfahren, ohne die Urbilder dieser seltsamen Gemälde noch einmal gesehen zu haben.

›Oh, du gebenedeite Kunst!‹ so sann der begeisterte Maler, als er durch die Straßen ging, ›du bist das Abbild von des Schöpfers eigener Macht. Die unzählbaren Formen, die da wandern im Nichts, ruft ein Wink von dir ins Dasein. Die Toten leben wieder. Du führst sie zurück zu ihren gewohnten Stätten und umgibst die grauen Schatten mit dem Glanz eines besseren Lebens, irdisch und unsterblich zugleich. Die flüchtigen Augenblicke der Geschichte hältst du fest. Keine Vergangenheit besteht für dich, denn wenn du es berührst, wird alles Große ewig gegenwärtig. Berühmte Männer leben durch lange Zeitalter fort und führen sichtbar ihre Taten aus, die sie zu dem gemacht haben, was sie sind. Oh, mächtige Kunst! Wie du die schwach enthüllte Vergangenheit in jenen schmalen Streifen Sonnenlicht zu stellen vermagst, den wir Gegenwart nennen! Kannst du auch die dicht verhüllte Zukunft zur Begegnung mit ihr zwingen? Habe ich es nicht vollbracht? Bin ich nicht dein Prophet?‹ So dachte er fast laut in stolzer und doch wehmütiger Inbrunst, als er durch die arbeitsame Straße schritt, vorbei an Leuten, die nichts wußten von seinen Träumen, und die sie nicht verstehen und beachten konnten. Es ist nicht gut für einen Menschen, einsam Ehrgeiz zu nähren. Wenn nicht Menschen um ihn sind, nach deren Beispiel er sich einstellen kann, werden seine Gedanken, Wünsche und Hoffnungen überspannt; er selber scheint ein Irrer oder wird es wirklich. In fremden Herzen las der Maler mit fast übernatürlichem Scharfsinn und sah dabei die Wirrnis seines eigenen nicht.

›Und das muß wohl das Haus sein,‹ dachte er und sah daran hinauf und herunter, bevor er pochte. ›Der Himmel bewahre meinen Verstand! Dieses Bild! Mir scheint, es wird nie wieder verschwinden. Immer ist es da, ob ich nach den Fenstern sehe oder nach der Tür, und blickt, wie aus einem Rahmen, aus ihnen hervor; kraftvoll gemalt, leuchtend in den reichsten Farben – die Gesichter der Gemälde, die Gestalten und die Stellung der Skizze!‹

Er klopfte.

»Die Bilder! Sind die Bilder zu Hause?« fragte er den Diener. Dann faßte er sich: »Sind die Herrschaften daheim?«

»Ja, Herr,« sagte der Diener, und als er die malerische Aufmachung bemerkte, von der der Künstler sich nie freimachen konnte, fügte er hinzu: »Und die Bilder auch!«

Der Gast wurde in ein Vorzimmer geführt, das durch eine Mitteltür mit einem Innenzimmer gleicher Größe verbunden war. Da das erste Zimmer leer war, schritt er durch den Eingang des zweiten, in dem seine Augen die lebenden Personen grüßten und auch ihre gemalten Abbilder, die lange Gegenstand so eigenartigen Interesses gewesen waren. Unwillkürlich blieb er auf der Schwelle stehen.

Sie hatten sein Kommen nicht bemerkt. Walter und Elinor standen vor den Bildern. Walter hatte gerade die reichen, schweren Falten des seidenen Vorhangs zurückgeschlagen und hielt mit einer Hand die goldene Quaste, während die andere die seiner jungen Frau gefaßt hielt. Die Bilder, die monatelang verhüllt gewesen, leuchteten wieder in unvermindertem Glanz hervor; es schien mehr so, daß sie einen schwachen Schein durch das Zimmer sandten, als daß sie in erborgtem Licht sich offenbarten. Elinors Bild hatte sich wohl als prophetisch erwiesen. Schwermut und dann schleichende Bekümmernis hatten auf ihrem Antlitz Raum gefunden und sich im Laufe der Zeit zu stiller Qual vertieft. Wenn nun noch Schrecken hinzukam, trug es vollkommen den Ausdruck des Bildes. Walters Gesicht war stumpf und mürrisch, nur manchmal von plötzlichem Auflodern belebt; aber das vorübergehende Aufleuchten ließ es nachher nur um so düsterer erscheinen. Er blickte von Elinor auf ihr Bild und dann auf sein eigenes und blieb schließlich in dessen Betrachtung versunken.

Dem Maler war es, als hörte er hinter sich den Tritt des Schicksals, das auf sein Opfer zuschritt. Ein seltsamer Gedanke schoß ihm durch den Sinn. War es nicht seine eigene Gestalt, in die das Schicksal sich verwandelt hatte?

Noch immer stand Walter schweigend vor dem Bild, mit dem er Zwiesprache hielt wie mit dem eigenen Herzen, und gab sich ganz dem Bann des schlimmen Einflusses hin, den der Maler in die Züge gelegt hatte. Allmählich glomm es in seinen Augen auf; und während Elinor die zunehmende Wildheit seines Gesichtes beobachtete, nahm ihr eigenes den Ausdruck des Schreckens an. Als er sich schließlich zu ihr wandte, war die Ähnlichkeit mit den beiden Bildern vollkommen.

»Unser Schicksal erfüllt sich!« schrie Walter. »Stirb!«

Er zog ein Messer, stützte sie, als sie umsinken wollte, und zielte auf ihre Brust. Die Stellung, der Ausdruck und die Haltung der beiden zeigten dem Maler die Gestalten seiner Skizze. Das Bild in all seinen furchtbaren Farben war vollendet!

»Halt, Wahnsinniger!« rief er.

Er war aus der Tür hervorgetreten und stellte sich zwischen die unglücklichen Menschen. Er fühlte sich ebenso mächtig, ihr Geschick zu lenken, wie er eine Szene auf der Leinwand ändern konnte. Wie ein Zauberer stand er da, der Gespenster bannt, die er heraufbeschworen.

»Wie,« murmelte Walter Ludlow und sank von wilder Erregung plötzlich wieder in Bedrücktheit zurück, »fällt das Schicksal seinem eigenen Ratschluß in den Arm?«

»Unglückliche Frau!« sagte der Maler, »hab' ich Sie nicht gewarnt?«

»Ja, das haben Sie,« erwiderte Elinor ruhig, und der Schrecken wich wieder dem stillen Kummer, den er verdrängt hatte. »Doch ich liebte ihn!«

Liegt nicht ein tiefer Sinn in dieser Erzählung?

Und könnte auch das Ende einer oder aller unserer Taten vorausgeahnt werden und uns gezeigt werden – manche würden sagen: das ist Schicksal, und weitereilen; andere trieben Leidenschaft und eigenes Begehren vorwärts, – und nicht einen hielten die prophetischen Bilder zurück.


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