Anastasius Grün
Spaziergänge eines Wiener Poeten
Anastasius Grün

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Sein Bild.

Sein Lob ist nicht ein Loblein.      
Walter v. d. Vogelweide.

                        Dicht umwogt von Volkesmenge ragt ein luftig farbig Zelt;
Ei, was doch die bunte Hülle wohl für einen Schatz enthält?
Birgt sie nicht die schönste Perle, Muscheln gleich, in schlichtem Schrein?
Hüllt sie nicht das schönste Antlitz wie ein neid'scher Schleier ein?

Glockenklang, Kanonendonner! – Sieh, des Zeltes Hülle sank,
Und enthüllt ein riesig Standbild, erzgegossen, hell und blank!
Wie zur Huld'gung, trat die Sonne jetzt auch aus dem Nebelflor!
Jauchzend, daß die Sterne bebten, schlug des Volkes Ruf empor!

Ruhig auf granitnem Sockel schwebt das Kaiserbild voll Glanz,
Um die Schläfen keine Krone, nur den selbsterrungnen Kranz!
Hoch zu Roß, das Antlitz lächelnd, und empor die rechte Hand
Sanft erhoben, wie zum Segen über sein geliebtes Land.

Ja, du bist es, weiser Joseph! – Voll von Kraft und Mark und Klang,
So im Bilde von Metalle, wie dein Leben all entlang!
Dem getreu und kühn beharrlich, was als edel du erkannt,
Und an deinem großen Werke bauend fest mit ehrner Hand!

Ein Despot bist du gewesen! Doch ein solcher, wie der Tag,
Dessen Sonne Nacht und Nebel neben sich nicht dulden mag,
Der zu dunklen Diebesschlüften die verhaßte Leuchte trägt,
Und mit goldner Hand ans Fenster langer Schläfer rastlos schlägt.

Ein Despot bist du gewesen! Doch, fürwahr, ein solcher bloß,
Wie der Lenz, der Schnee und Kälte treibt zur Flucht erbarmungslos:
Der den ärgsten Griesgram lustig mit dem hellsten Tau besprengt,
Und mit seinen Festeskränzen selbst den ärmsten Strauch behängt.

Drum mit Recht gab dir der Bildner Brust und Stirn' und Hand von Erz!
Aber küssen, brünstig küssen möcht' ich diese Hand von Erz! –
Doch ich weiß nicht, ist es Laune, ist es kind'scher Unverstand,
Aber eine Rose gerne säh' ich in der ehrnen Hand!

All dein Ringen nach dem Lichte, all dein Tun in ernster Zeit,
Glich's nicht einer Hand von Eisen, die uns eine Rose beut?
Ein beharrlich ernstes Kämpfen um ein morgenrotes Land!
Drum, o legt ihm weich die Rose in die harte, ehrne Hand!

Was er seinem Volk geboten, war's des Frühlings Bote nicht?
Drum im Kampf er ausgedauert, stammt es nicht aus Morgenlicht?
Drauf einst unverrückt sein Auge, war's nicht ros'ger Freiheit Pfand?
Drum die Rose allzugerne säh' ich in der ehrnen Hand!

Ach, es will der Freiheit Rose uns im Garten nicht gedeihn!
Ohne Rose doch kannst nimmer, Erzkoloß, sein Bild du sein!
Nur ein Bildnis unsrer Zeiten dünkst du mir zu dieser Frist,
Dem die ehrne Hand geblieben, doch die Ros' entfallen ist.


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