Anastasius Grün
Spaziergänge eines Wiener Poeten
Anastasius Grün

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Sieg der Freiheit.

            Freiheit ist die große Losung, deren Klang durchjauchzt die Welt;
Traun, es wird euch wenig frommen, daß fortan ihr taub euch stellt!
Mild und bittend sprach sie einstens; eure Taubheit zwang sie jetzt,
Daß sie in Kanonendonner nun ihr Wort euch übersetzt.

Freiheit, die erkorne Jungfrau, schwingt das Banner unsrer Zeit;
Daß fortan ihr blind euch stellet, o fürwahr, es hilft nicht weit!
Da ihr nicht gesehn das Banner, als es weiß und rein und hell,
Ei was Wunder, wenn mit Blute sie's gefärbt nun rot und grell!

Ihr nur habt die schöne Jungfrau mit dem Kriegesgott gepaart:
Waffenspiel und Kriegsgewänder sind wohl sonst nicht ihre Art;
Aber siegen muß sie immer! dies bleibt ihre Art und Macht,
Über Herzen in dem Hause, über Speere in der Schlacht!

Wenn mit Rocken nicht und Spindel, und mit Wort und Blicken süß,
So als erzgeschuppte Pallas mit dem Schwert und Schild gewiß!
Und bei uns auch wird sie siegen, ja ich künd' es laut und frei:
Wunsch und Hoffnung meines Herzens riefen gern den Sieg herbei!

Dort auf dem vulkan'schen Boden muß wohl ein Vesuv es sein,
Der die Luft mit Flammenruten wieder fege hell und rein!
Dort auf stürmereichem Meere tobt sich erst das Wetter aus,
Eh' erhellt, gereint, geläutert prangt des Äthers blaues Haus!

Doch in unsrem Rebenlande, hier in milder Blütenau,
Gnügt ein lauer Frühlingsregen, frische Luft und Morgentau!
Fürchtet nicht die edle Gährung; gährt ja doch auch unser Wein,
Daß er zwiefach dann erquicke, doppelt golden, süß und rein!

Nicht das Schwert sei unsre Waffe, nein, das Wort, Licht und Gesetz!
Denn der fröhlich heitre Sieger ist der schönste Sieger stets!
Seht den Lenz, den Freiheitshelden, lernt von ihm es, wie man siegt,
Wenn mit dem Tyrannen Winter er im harten Kampfe liegt!

Winter ist ein Erzdespote, ein gar arger Obskurant,
Denn in seine langen Nächte hüllt' er ewig gern das Land;
Winter ist ein arger Zwingherr; in den eis'gen Felsen fest
Hält des Lebens freiheitlust'ge frische Quellen er gepreßt.

Sieh, im Lager überrumpelt hat den trägen Alten schnell
Jetzt mit seinem ganzen Heere Lenz, der fröhliche Rebell!
Sonnenstrahlen seine Schwerter, grüne Halme seine Speer'!
O wie ragen und wie blitzen Speer und Schwerter ringsumher!

Seine Trommler und Trompeter das sind Fink und Nachtigall,
Seine Marseillaise pfeifen Lerchen hoch mit lautem Schall,
Bomben sind die Blumenknospen, Kugel ist der Morgentau!
Wie die Bomben und die Kugeln fliegen über Feld und Au!

Und den Farbelosen, denen die drei Farben schon zu viel,
Zeigt er keck des Regenbogens ganzes buntes Farbenspiel!
Als Kokarden junger Freiheit hat er Blüten ausgesät,
Ha, wie rings das Land voll bunter, farbiger Kokarden steht!

Rundum hat die Städt' und Dörfer der Rebell in Brand gesetzt:
Ja, im goldnen Sonnenbrande glänzen hell und blank sie jetzt!
Drüber flatternd hoch sein Banner ätherblau und leuchtend weht,
Drin als Schild ein Rosenwölkchen mit der Inschrift: Freiheit! steht.

Hei, der Winter ist geschlagen! und mit seinem Fesselband,
Seinem Froste, seinen Nächten, flieht er fort nun aus dem Land!
Frei und fröhlich zieht statt seiner rasch der junge Sieger ein
Mit Gesang und grünen Kränzen, Blütenscherz und Sonnenschein!

Und in grüne Farbe kleidet er Gebirge, Tal und Hain:
Freiheit geb' ich euch, und Gleichheit! Gleich beglückt sollt all ihr sein! –
Solch ein heitrer Sieg des Lichtes kröne dich, mein Österreich,
Und dem schönsten Frühlingstage werde deine Freiheit gleich!


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