Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen
Rathsstübel Plutonis
Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

 
1. Alcmæon.

Man soll sich an den Spruch halten / welcher versichert / wann man vor allen dingen nach dem Reich GOttes trachte / daß alles übrige von sich selbsten häuffig zufallen werde.

 
2. Cidona.

Man sagt zwar an GOttes Seegen / ist alles gelegen / aber mich dünckt die Hand müsse mit angelegt seyn.

 
3. Spes.

Ein schöne Jungfraw / darvor ich mich zwar gantz nicht ausgebe, samblet Reichthumb genug / wann sie sich der Tugend / Ehr und Fromkeit befleißt / dann solchen stellen reiche Männer nach / sie zuversorgen.

 
4. Simplicissimus.

Wer sich ernstlich und einmahl vor allemahl resolvirt hat / reich zu werden / und in solchem Vorsatz beständig verharren will / der muß das Gewissen nicht genaw beobachten.

 
5. Collybius.

Man muß sich durch seinen Verstand und eine gute dexteritet vortheilhafftig in die Zeit und Läuffe zu schicken wissen / und keine Gelegenheit hinschleichen lassen / darbey etwas zugewinnen.

 
6. Knan.

Man muß frühe und spaht hinden und vornen daran seyn / damit man nicht allein alles zum Nutzen richte / sondern auch verhüte / daß nichts verwarloßt werde / und zu grund gehe.

 
7. Erich.

Weil das Gelt / darinn mehrentheils Reichthumbe bestehen / gemeiniglich in grossen Herren Cassa zusammen zu fliessen pflegt / so ist denen so reich werden sollen / zu rathen / daß sie sich dort beliebt machen / und sich in Sorg / Fleiß / Forcht / und einer Hunds Demuht so lang alda behelffen / biß sie ihren Particul auch darvon bekommen.

 
9. Laborinus.

Demnach ich noch keinen durch grosse Arbeit hab sehen reich werden / so halt ich darvor / man müsse auch sonst allerhand Vortheil zu Hülff nemmen.

 
9. Meuder.

Man soll einen jeden Häller hundert: und einen jeden halben Batzen tausendmahl umbkehren / eh man ihn außgibt / und jederzeit dahin sehen / daß die Einnam zweymal grösser sey alß die Außgab.

 
10. Coryphæa.

Es ist sich zum höchsten zubefleissen / daß man die jenige / darvon man Nutzen hat / in Vnterthänigkeit und Armut erhalte / und sie / wann sie wol kriegen / gleich bessere.

 
11. Aron.

Man soll kein Gelt außgeben / man wisse dann eigentlich / daß man wiederumb mehr darvor einnemmen werde.

 
12. M. Secundatus.

Weil die meiste Schätz und Reichtumb / ja gantze Königreich und Fürstenthumb im Krieg gewonnen und verloren werden / so wer es eine Thorheit / wann ein Armer der Reichtumb verlangt / solche anderstwo alß in dem Krieg suchte / sintemahl er dargegen sonst nichts alß sein Leben verlieren kan / welcher Gefahr aber der Reiche so wol alß er unterwerffen: aber weil es nicht jedermanns Thun ist / das Pulver gern zu Riechen / so lasset ferner hören / was wir sonst für Regulen haben / die uns Reichtumb zugewinnen dienlich seyn.

 
13. Alcmæon.

Das Sprüchwort dunckt mich sey nicht zuverwerffen / strecke dich nach der Decke: Jtem / du solst nicht mehr verzehren / alß dein Pflug mag ernähren.

 
14. Cidonia.

Niemal soll man müssig gehen / sondern allzeit etwas nutzlichs / es sey auch so gering alß es immer wolle / arbeiten.

 
15. Spes.

Wer etwas mit Zwirn außnehen kan / der sol keine Seiden darzu nemmen.

 
16. Simplicissimus.

So lieb dir dein Gelt ist / so lasse dir keinen andern darein schmecken / alß den / der dich nichts kostet.

 
17. Collybius.

Die Bürgschafften fliehe wie die Pest / wann du gleich zween Ruckbürgen hettest /

 
18. Knan.

Hast du unnütz Vieh / so schaff es ab / so bald du kanst.

 
19. Erich.

Die Beobachtung der schuldigen Selbserhaltung laßt uns zu / ja räht und zwingt uns gleichsam / einen andern dem Wasser auff die Mühl laufft / zuvertringen und uns an seine Statt zusetzen.

 
20. Laborinus.

Obgleich Lügen und Betriegen nicht gelobt wird / so erfordert es doch bisweilen die prosperitet deß Gelts.

 
21. Meuder.

So lang du dich mit alten Kleidern behelffen kanst / so trag und kauff dir keine newe.

 
22. Coryphæa.

Vermög Herren Simplicissimi Regul / stehet mir und meines gleichen zu / gleich der Rhodope, Phrinæ, Timandræ, Damo, Lamia, Floræ und andern mehr sich gebrauchen zulassen.

 
23. Aron.

Leihe keinem kein Gelt / vor welchem du den Hut abziehen müssest / du habest dann zu dessen Versicherung gnugsamer silberner und guldener Vnterpfand in Handen.

 
24. Secundatus.

Wilt du reich werden / so wiedersage gegen menniglich aller Barmhertzigkeit.

 
25. Alcmæon.

Gelt zusamlen schadet nicht wenig / wann man alle Tag in Kleidungen wie eine Puppe auß der Laden auffziehen will: merckts wol.

 
16. Cidona.

Wol geben! Gelt zusamlen schadet nicht wenig / wann man alle Tag dem Spielen und Raßlen obligt: Merckts wol.

 
27. Spes.

Sintemal viel kleine Bächlein endlich auch ein grossen Fluß machen / so wird vonnöhten sein / daß die kleine Außgaben eingestellt / und die geringe Einnahmen wol zusammen gehalten werden.

 
28. Simplicissimus.

Wer wolte den wol vor klug halten / welcher Gelt umb Schuh außgibt / wann er deren entbehren / und so wol alß beschuhet fortkommen kan.

 
29. Collybius.

Ein jeder der etwas schlims zuverkauffen hat / bring solche böse Wahr mit süssen und betrieglichen Worten an den Mann / und solte er gleich darüber Leib und Seel verschweren: dann wer sich vor dem Teuffel förcht / wird nicht reich.

 
30. Knan.

Es ist sich kein Gewissen darüber zumachen / wann einer gleich ein kranck mangelhafftig Stuck Vieh vor gesund verkaufft / dann das krancke hat eben so viel / und offt mehr Mühe / Sorg / und Futter gekostet / alß das gesunde.

 
31. Erich.

Schencke nichts hinweg / du seyest dann eigentlich versicheret / daß es dich zweymal so vil nutzen werde.

 
32. Laborinus.

Sintemal du den Durst mit Wasser löschen kanst / handelst du ohnweißlich / wann du Gelt umb Wein außgebest.

 
33. Meuder.

Wann du deine Strümpf und Kleider selbs flicken kanst / so dinge keinen Schneider.

 
34. Coryphæa.

Unsers gleichen verwende nichts an übrige Zierd deß Leibs / es geschehe dann einem reichen Wittwer oder jungen Gesellen zu gefallen / der es wider bezahle.

 
35. Aron.

Erhandle nicht leichtlich eine Wahr / sie seye dann entweder schandwolfeil / oder du wissest sie wieder eigentlich in bälde mit Gewin an Mann zu bringen.

 
36. Secundatus.

Unbenöhtigte und überflüssige Diener schaffe in bälde von der Kost.

 
37. Alcmæon.

Wann dir beliebt / dich mit deinen guten Freunden einmal lustig zumachen / so schaue / daß es nicht in deinem Hauß geschehe / dann wer den Tisch decket hat den Schaden.

 
38. Cidona.

Hüte dich so wenig in ein Wirts- alß in ein Siechenhauß zukommen / du werdest dann entweder durch einen guten Freund / der dich gastiert / oder durch die eusserste Noht hinein gezwungen.

 
39. Spes.

Ohnnöhtig ists / sich seinem Liebsten zugefallen mit theuren Holländischen Spitzen zuzieren / und viel Gelt darumb außzugeben / siehet er dich aber gleichwol gern darinn zu seiner Augenweid / so mag er dir solche selbs kramen.

 
40. Simplicissimus.

Die Hoffart und Begierd reich zuwerden / schicken sich so wenig zusammen / alß Feur und Wasser.

 
41. Collybius.

Mein Gott! worzu taugen so viel tausend fl.? die wir alle Jahr denen Welschen umb Daffete: und mit Silber und Gold durchzogene Band zur Zierd unserer Kleidungen zuschicken?

 
42. Knan.

Der Bast von einem Hanffstängel / den ich alle Stund ohne Costen selbst zusammen trillen kan / wird länger außdauren / als 700. solcher Bändel / die man so theur bezahlet.

 
43. Erich.

Jch vermeine / also köndte man sich auch mit der Deutschen Thier der Schaffe / Füchs / Wölff / Marder / Jltis / etc. Fäll vnd Bälge behelffen / vnd Gelt ersparen / als daß alle Jahr so viel tausend Reichsthaler in die Moscaw vmb Beltzwerck schicke.

 
44. Laborinus.

Wir bedörffen auch keiner so theuren Ellendhäute / wann wir sich mit vnsern Hirschen / Rehen / Bock: Gembsen: ja nur mit den Wacken und Kalbsfellen behelffen wolten: die gleichwol einem jeden Stand ein zierliche und daurhaffte Kleidung abgeben.

 
45. Meüder.

Wann ich vnd meine Mägd alle Jahr ein stück Zwilch / ein stück gemein gut Hänffen Tuch vnd ein stück halb Leinen spinnen / vnd weben lassen / so brauche ich keinen Häller vmb einigerley frembd Zeug auszugeben.

 
46. Coryphæa.

Wer ja Kleider von Seiden / als Sammet / Atlaß vnd dergleichen haben muß wie ich vnd meines gleichen / der bekomme solche vmb einen billichen Preiß auff der Gand oder dem Krempelmarckt.

 
47. Aaron.

Jn Essen vnd Trincken soll man sich gesparsamlich behelffen.

 
48. Secundatus.

Wann man nur Rettich oder Knoblauch mit Saltz zum Brodt hat / so soll man damit prangen vnd sich einbilden / es schmäcke nichts bessers in der Welt.

 
49. Alcmæon.

Alsdan sey es ins Würtshauß zugehn erlaubt / wann man mit den Bezechten / als halb Besinten / einen profitablen Contract / Kauff oder Verkauff zutreffen versichert ist.

 
50. Cidona.

Man soll auch sich von der geringen Kost nicht satt essen / sondern je auß einem Jmbs zween machen.

 
51. Spes.

Nicht allein soll man sich nicht überfüllen / sondern auch nicht allweg essen wann einen hungert.

 
52. Simplicissismus.

Aber alßdann spehre man die Feyrtägliche Gurgel auff / wann man schmarotzet.

 
53. Collybius.

Demnach so seyen in unserer Kuchen alle theure Schlecker-Bißlein verbotten / und erlaubt was am wenigsten kostet.

 
54. Knan.

Recht so! Worvor ists / daß man viel Gelt umb delicate Speysen gibt; dann man macht ja so wol alß auß einem Haberbrey im Leib doch nur Dreck darauß.

 
(Meuder.

Holla Knan / wie dörfft ihr vor so ansehenlichen Leuthen so unflätig reden? Jhr denckt gewiß ihr führet Mist auß.

 
Secundatus.)

Großmuter / wann ihr mehr redet eh die Reyhe an euch komt / so müßt ihr ein Täpgen halten / was sagt ihr Erice?

 
55. Erich.

Weil sich die Kleidungen ausserhalb deß menschlichen Leibs nur in Lumpen / gleich wie die Speysen im Magen in abscheuliche excrementa verenderen / so ists thöricht gethan / wann man viel umb Seiden und kostlichen Zeug außgibt.

 
56. Laborinus.

Gleichwol machen Kleider Leuth / und Lumpen machen Leuß: man kleyde sich derowegen in Zwilch und daurhafft Leder / daß nicht viel kostet.

 
57. Meuder.

Gleichwie ich letztlich gesagt / daß ich mir und meinem Haußgesind selbs den Zeug zu Kleidungen ins Hauß spinne / also thete ich närrisch / wann ich umb frembd Moscowitisch Beltzwerck viel Gelt ausgebe / so lang mir meine Lämmer-Fell / die ich selbst ziehe / ebenso warm geben.

 
58. Coryphæa.

Jch were der Großmuter Meinung / wann ich nicht Handwercks halber und meiner Kunden wegen ein mehrers thun müßte.

 
59. Aron.

Wer je dolle Kleidungen zutragen gezwungen ist / der lasse sie nicht neu machen / sondern kauffe sie von denen / so auffwannen / auff der Gandt und auff dem Grempelmarckt / ich erfucker also alle meine Kleider.


 << zurück weiter >>