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1853

Rom, 27. Januar

Vieles gearbeitet an ›Korsika‹. Vieles gesehen. Freude und Kummer gehabt.

 

21. Mai

Am 2. April habe ich das Buch ›Korsika‹ beendigt. Ich schrieb es gleich ins Reine. Der Äther Roms wirkt auf mich wie Champagner. Diese sonnige Himmelsluft dringt zu mir wie aus seligen Fernen.

Am 11. April habe ich das Manuskript der Post übergeben. Es ging ab am 13. und kam glücklich in Stuttgart an. Nach langem Warten und Sorgen traf die Antwort Cottas ein.

Am 25. April habe ich an die ›Allgemeine Zeitung‹ geschickt die ›Römischen Figuren‹, am 20. Mai den ›Ghetto und die Juden in Rom‹.

 

Rom, 25. Mai

Ich fuhr Sonnabend nach Tivoli und ging nach Vicovaro zum Fest. Nachtigallenlieder überall, und köstliche Blütenpracht. Abends am Sonntag kehrte ich zu Fuß nach Tivoli zurück. Dort fand ich einen Frankfurter. Mit ihm ritt ich am 23. nach Monticelli. Am 24. zu Fuß nach Rom.

 

Zeichnung: Gregorovius

Villa Hadriana, 27. 5. 1853

Genzano, 4. Juni

Am 28. Mai mit Carl von Dietrichs nach Albano. Mit diesem Kurländer von der reinsten und edelsten Natur habe ich mich befreundet. Wir zogen am 29. in die Casa der Carolina Mazzoni, Via Sforza, 57, in Genzano – drei gute Zimmer, treffliche Bewirtung. Eine schöne Woche verlebt; heute wieder nach Rom zurück.

 

Rom, 17. Juni

Friedrich Althaus aus Detmold besuchte mich –.

Resultate von Rom: Das Buch ›Korsika‹, die Artikel Elba, Figuren, Ghetto – Entschiedener Sinn für die Plastik, weniger für die Malerei.

In Rom war der Berliner Dichter Paul Heyse, ein Jüngling von fast mädchenhafter Schönheit. In so jungen Jahren scheint er schon völlig fertig zu sein.

 

Neapel, 24. Juni San Lucia Nr. 28

Am Sonnabend den 18. Juni fuhr ich von Rom ab, mit einem Vetturin. Ein piemontesischer Bildhauer, ein Römer und eine wunderliche alte Gräfin Montini waren meine Reisegefährten. In Genzano besuchte ich Mazzoni und Dietrichs. Wir übernachteten in Velletri.

Die Pontinischen Sümpfe sind jetzt ein Blumenmeer. Der Blick auf das Kap der Circe zauberhaft. Mittags in For'Appio, wo die Linea Pia beginnt. Nachts in dem schönen, südlichen Terracina.

Am 20. weiter ins Neapolitanische hinein. Wüstes Wesen in Fondi, das von Bettlern wimmelt. Zyklopische Mauern. Blühende Granatbäume. In einer Höhle bei der Stadt rettete einst Sejan dem Tiberius das Leben. Itri (Urbs Mamurrarum) höchst malerisch mit vielen Türmen und alten Mauern. Mittags in Mola di Gaëta – üppige Vegetation von Reben und Orangen. Die Vorstadt Molas ist Castellone (Formiae), die Lästrygonenstadt.

Den Liris oder Garigliano auf einer Kettenbrücke passiert bei Minturnae. Malerische Ruinen – antike Wasserleitung. Nachts zu S. Agata, in einem Gasthause unterhalb Sessa. Die neapolitanischen Städte sind heiterer als die römischen; überall weiße Häuser, von Blumenschmuck lachend.

Am folgenden Tage nach Capua. Freundliche Stadt am Volturnus, in einer reichen Ebene. Ländlicher Stadtplatz mit grünen Bäumen. Unansehnliche Kirchen. Viel Militär. Nachmittags über Aversa nach Neapel. Hier angelangt um ½6 Uhr abends. Es stand ein strahlender Regenbogen über dem Vesuv. Zaubervolle Mondnacht auf dem dunkeln Golf.

Zeichnung: Gregorovius

Vesuv, 2. 7. 1853

Am 23. in Pompeji. Dies ist ein Wesen, welches entzückt und abstößt. Die Häuser stehen da wie leere Särge; Straßenreihen, Tempel, Theater, Forum – alles totenstill, vom Sommerzauber flimmernd. Nie fühlte ich solche Wehmut. Nur Dichter können sie sagen.

Abends zurück zu Fuß nach Torre dell'Annunziata. Dann nach Torre del Greco und weiter nach Neapel.

Am 2. Juli auf Monte Somma; am 5. auf Monte Barbaro, in heiterer Gesellschaft; am 7. in Herculaneum.

Zeichnung: Gregorovius

Bajae, 11. 7. 1853

Am 10. mit Althaus in Pozzuoli und Cumae. Wir ruderten nach Cap Miseno, dann über Procida nach Ischia, wo wir eine Nacht blieben. Inselparadiese ganz namenlosen Zaubers – Trunkenheit von Licht, das man statt der Luft einzuatmen glaubt.

Zeichnung: Gregorovius

Der Ceres-Tempel in Paestum, 20. 7. 1853

Am 18. mit Jacob Burckhardt aus Basel, dem Freunde Kuglers, mit dem Hofbaurat Demmler aus Schwerin und Althaus nach Castel a Mare. Dort nächtigten wir. Am 19. über Pompeji nach Nocera, La Cava, Salerno. Hier zu Nacht. Am 20. in Paestum. Die drei Tempel herrlich und groß, wie eine Trilogie des Äschylus. Ringsum eine feierlich erhabene Landschaft und das purpurblaue Meer.

Zeichnung: Gregorovius

Säulen im Neptun-Tempel in Paestum, 20. 7. 1853

Mit Althaus weiter nach Amalfi und Sorrent zu Fuß gewandert. Am 24. schifften wir nach Capri.

Zeichnung: Gregorovius

Blick von Anacapri auf Capri, 27. 7. 1853

Aufenthalt in Capri bis zum 22. August. Ich schrieb hier die Beschreibung der Insel nieder.

Zeichnung: Gregorovius

Capri, San Giacomo 8. 8. 1853

 

Neapel, Bella Venezia, 30. August

Am Montage, den 22. August, mit der Barke des Felice nach Neapel zurückgekehrt von Capri, das tags zuvor auch der Professor Enver und Maler Stökler verlassen hatten. Heiße und fruchtlose Tage in Neapel verlebt.

Zeichnung: Gregorovius

Capri, Arco Naturale, 8. 8. 1853

Am 26. in der Villa Carfoli, beim Professor der Chemie, eine köstliche Wohnung am Fuße des Vesuv.

Am 28. sonntags mit dem Pharmazeuten Becker aus Breslau auf dem Vesuv. Wir nahmen in Resina Pferde, brauchten zwei Stunden, um an den Kegel zu kommen; erstiegen den Kegel leicht in ¾ Stunden; sahen den alten und den neuen Krater – ein ungeheurer Anblick, diese gelben, roten, blauen weißlichen Schwefelwände rauchend zu sehen. Groß ist der Blick auf Kampanien, Neapel und das Meer. Wir sahen nicht über das Sorrenter Ufer hinaus. Sonnenuntergang mit Scirocco. Nachts Heimkehr. Das Pferd warf mich ab, doch nicht gefährlich; ging meist zu Fuß auf der Fahrstraße. Sah deutlich den Kometen, meinen Zwillingsbruder. Zuletzt fand ich noch eine Vettura und schöne Gesellschaft des Arztes, des Freundes von Poërio.

Zeichnung: Gregorovius

Capri, Porto Tragara, 10. 8. 1853

Gestern, am 29., montags, war das Fest Centesimo, hundertjähriger Besuch der Madonna beim König, der sich vertreten ließ. Große Prozession von Piedigrotta aus, bunt und schreiend. Wundervoller Blick auf das Menschengewühl der Chiaja und der Villa Reale und den Golf, auf welchem sechs aufgeflaggte Kriegsschiffe feuerten.

Heute war ich in der Incoronata – schöne Fresken Giottos – und in S. Martino – schöne Grablegung des Spagnoletto.

Ich schreibe ungern von den Vasen des Museums, gern von Neapel.

Morgen fahre ich nach Palermo mit dem »Polyphem«. Bald sehe ich Syrakus – ich freue mich wie ein Kind, griechische Luft zu atmen.

 

Palermo, 1. September

Gestern abgefahren mit dem Dampfer »Polyphem«, um 4 Uhr nachmittags, in Gesellschaft des Dr. Bursian. Wir hatten auf dem Schiffe Schauspieler aus Oberitalien, eine beständig in Krämpfen liegende Ballettänzerin, einen Sänger, der aussah wie Franz Moor, und seine zwei reizenden Töchter, welche sich nachher als Marie Piccolomini nebst Schwester entdeckten – sie sind für sechs Monate in Palermo engagiert – eine Familie aus der Insel Ustica, die eines Prozesses wegen vier Jahre in Neapel zugebracht hatte und nun fröhlich heimkehrte. Es war in Angelegenheiten einer Erbschleicherei. Im Angesicht von Ustica war die Freude dieser Menschen rührend anzusehen. Die Mutter hatte, wie sie sagte, der heiligen Rosalie eine Wallfahrt gelobt und heute wollte sie das Gelübde einlösen.

Das Schiff war überfüllt von Soldaten, die Nacht böse in der Koje. Das Morgenrot erheiternd. Wir sahen Ustica, wo auch Exilierte leben, nahe vor uns. Später tauchten die Berge Siziliens auf, in weißem Lichtnebel schimmernd. Ich unterschied Kap Gallo und Pellegrino. Um 2 Uhr waren wir im Hafen. Durch drei Doganen durchgearbeitet. Abgestiegen in der »Fortuna« im Toledo. Der Eindruck Palermos von der See aus war unter dem Erwarten, da Genua und Neapel großartiger sind; doch weit über jenen stehen die Formen der Berge. Kap Gallo ist muschelförmig, für den klassischen Pellegrino war mir Capri Vorstudie. Ich durchwanderte gleich den Toledo, aß zum erstenmal dieses Jahr Weintrauben, sah einen großen Thunfisch vorbeitragen. Palermo überraschte mich durch seine maurisch originelle Bauart, oder vielmehr den arabisch-normannischen Stil der Paläste und Kirchen. Alles ist hier fremd, märchenhaft schön. Grazie vorherrschend. Die Umgebung klassisch groß – die braunen Berge ringsum dorisch stilvoll. Man merkt den Zug, den die Dorer für diese Natur haben mußten, wie in Paestum. Mein erster Blick ins Innere war der Dom, und ich stand am Grabe des größten deutschen Kaisers, Friedrich II. Ich ging hinaus bis durch das Tor am Ende des Toledo – der Blick in die braunen Berge ist ganz unsagbar. Sieht man den Toledo hinab, endigt er im Meere. Gegen Neapel fiel mir auf die Stille, die Reinlichkeit – man fühlt sich doch auf der Insel, und weit weg. Abends machte ich einen Gang auf den herrlichen Kai nach der Flora – rechts und links Berge: links Kap Gallo und Pellegrino, rechts die Punta Mongerbina und Capo Zaffarano, welche den Golf schließen. Der Himmel wie ein bläuliches Milchglas – Lichtnebel – das Abendglühen der Berge in feinerem Ton als in Neapel und länger anhaltend, die Formen abgemessener. Hier ist das Ufer gruppiert, in Gestalten gesondert, die alle mächtig und schön sind; nicht so in Neapel.

Viele Pfaffen. Keine Bettler. Kein Zudrang von Lazzaroni.

 

Itinerarium

Am 4. September in Begleitung des Dr. Bursian von Palermo abgeritten nach Segesta.

 

Nachts in Alcamo.

Am 8. Ankunft in Agrigent. Am 10. zurückgeritten nach Palermo. Am 15. abends mit der Post über Castro Giovanni (Enna) nach Catania. Am 18. nach Syrakus. Am 23. Ätnafahrt von Catania aus über Nicolosi. Am 24. morgens auf dem Ätnagipfel. Am 26. in Taormina. Am 27. in Messina. Am 29 abends Abfahrt auf dem Schiff »Duca di Calabria« nach Neapel.

 

Fahrt von Palermo nach Catania

Am 15. September, Donnerstag abends, fuhr ich mit zwei Franzosen von Palermo ab, mit der Corriera (170 Miglien). Es ging über Misilmeri. Ödes und kahles Land, wenig Orte: Valle Longa, S. Caterina. Durch den Salso (Himera) durchgaloppiert. Villa Rosa mit dampfenden Schwefelminen. Castro Giovanni, das alte Enna, liegt schön auf einem Hügel. Mein Gefährte fand die Ähnlichkeit mit der Akropolis von Athen überraschend. Gegenüber liegt Calascibetta. Der ganze Berg ausgehöhlt, Höhlen über Höhlen – ein wunderbarer Anblick. Ebenso, doch weniger, bei Castro Giovanni. Unten ein einsames Posthaus, Misericordia.

Abends prächtiges Glühen der Berglandschaft. Dann Leonforte, ein höchst malerisch auf einem Hügel gelegener schwarzer Ort – Wildheit der Einwohner, Schmutz, Ärmlichkeit, Einsamkeit. Weiter hinauf liegt Assoro, uralt, schwarz aussehend. Heller Mondschein. Schon abends großer Blick auf den Ätna. Nachts am Ätna hingefahren.

Morgens am 17. September in Catania. Offene Stadt, mit geraden breiten Straßen, wie Palermo im Kreuz durchschnitten vom Corso, der auf das Tor der Marina und die Säule der Madonna an der anderen Seite der Marina geht, und von der besten Straße Stesicorea, deren Fortsetzung gegen den Ätna die Strada Etnëa ist. Die Mauern und der Hafen von wüstem Anblick, da das Ufer von schwarzer felsig aufgetürmter Lava umfaßt ist; auch das Wasser ist schwarz von Lavafarbenteilen. Wenig grün die Marina am Elemora-Hafen, wo ein Spaziergang. Es ist eine Lavastadt, Lavapflaster, Lavamauern – die Fassaden der Häuser und Kirchen oft unvollendet, auf einer halbzerstörten Vorderseite aufgesetzt. Wüstheit und Zerstörung überall.

Wir besahen die Kirchen. Alle restauriert, ohne eigentliche Architektur, die Fassaden ähnlich den römischen, aus Travertin.

Am interessantesten ist der Konvent der Benediktiner am Ende der Stadt, gegen den Ätna hin, mit Rokoko-Garten auf Lava, großer, schöner, doch moderner Kirche mit halber Fassade, über die ein Lavamauerwerk blickt und wo oben ein Telegraph und Telegraphenhäuschen steht. Schöne Aussicht auf Meer und Ätna aus dem Garten.

Das griechische Theater aus Lava gebaut. Drei Korridore; die Stufen waren einst mit Marmor belegt. Eine Wasserleitung, die vom Ätna kommt, tief, klar, schönes Wasser, woraus wir schöpften, denn mit einem Strick läßt man oben einen Krug hinab. Biscari hat es ausgegraben vor 70 Jahren. Sein Enkel hat nicht gleiche Liebe zu den Altertümern.

Vom Amphitheater nur ein Korridor und Stück Außenmauer erhalten. Die Arena liegt bedeckt. Gesimse von Lava. Der äußerste Korridor etwa ¼ Miglie im Umfang. Oben über dem Amphitheater die Kapuziner und die modernen Katakomben.

Trauriger Eindruck der Altertümer von Catania.

 

Zeichnung: Gregorovius

Syrakus, Latomien der Kapuziner, 21. 9. 1853

Fahrt von Catania nach Syrakus

Ich fuhr mit drei Franzosen am 18. September, morgens 2 Uhr, von Catania ab, in einer Vettura di Posto. Acht Miglien vor der Stadt fließt der Sebetus, der auch im Sommer Wasser hat. Wir setzten auf einer Fähre über. Der Übergang erinnerte mich an den Silarus, nur ist der Sebetus nicht so breit. Die Landschaft ist kornreich, doch öde; hügelig, dann hinter Lentini eben, jetzt ganz kahl. Viel Baumwollpflanzung, Öl, Kaktus. Man passiert auf der ganzen Tour kaum fünf Orte. Zuerst Lentini, am Sumpf Biviere, in ungesunder Gegend und etwas auf Hügeln. Das alte Lentini lag höher. Die schöne blauweiß gemalte Kirche. Es war Sonntag. Alle Einwohnerschaft draußen, in weißen Schleiern und Mützen.

Ich ging nach dem alten Lentini. Zwei Hügel, getrennt durch ein Tor, das mächtig in den Fels gehauen, größer als die Porta aurea bei Girgenti. Von dem einen Hügel sind die Ruinen verschwunden; ein Kaktuswald, wie ich ihn nie schöner sah, bedeckt ihn. Der andere Hügel ist kahl: Umfassungsmauern des alten Kastells aus Quadern aufrecht, der natürliche Fels zum Teil in kolossaler Dimension behauen, ein Stück davon heruntergefallen, wie in Girgenti. Hie und da Gemäuer des Kastells – in der Mitte Gräber und ein Gewölbe aus den schönsten Quadern, herrlich hineinragender Efeu – viele Kammern. Unter dem Hügel ein Bach – Wäscherinnen. Auf der einen Seite ein tiefes Tal, voll Gärten üppigster Vegetation, ganz von Hügeln umschlossen. Überall zyklopische Mauern, Gräber mit Nischen – eine besonders groß, mit Malereien, Heiligen in ganzen Figuren, Santo Mauro.

Wenig höher hinauf ein neuer Ort, Carlentini, wo wir frühstückten. Karl V. hat die Mauern gebaut.

Dann steigt die Straße wieder gegen das Meer. Man sieht Augusta und seine Kastelle im Wasser – die ganze Küste flach, kalkig, das Meer zurückgezogen. Man erkennt noch die alten Ufer.

Hierauf Príolo, oder Paese novo, ein 40 Jahre altes, elendes Paese, gegründet vom Marchese Gargallo, Übersetzer des Juvenal und Horaz, dessen Denkmal aus Marmor in der Kirche, von einem neapolitanischen Künstler, uns der Geistliche zeigte. Der Wirt unserer Locanda nannte es »Museum«. Derselbe hielt eine Flasche Wein für 13 Bajocchi so teuer, daß er uns nichts davon sagen wollte. Als wir um die Rechnung baten, meinte er, wir sollten geben, was wir wollten, worauf er 15 Groschen verlangte. Wir gaben ihm 30, er war sehr zufrieden. Das Volk ist hier ganz unverdorben.

Zeichnung: Gregorovius

Theater Taormina, 26. 9. 1853

Salinen und Salzberge vor der Halbinsel Magnisi. Nun immer längs der Küste. Man sieht vor sich die Hochebene, worauf Syrakus stand. Man sieht die Stadt zuerst von einem Casale, einem pittoresken Hause oben mit Garten, auf dessen Balkon zwei Liebende standen.

 

Rückkehr von Syrakus nach Catania, Besteigung des Ätna und Fahrt nach Messina

 

Catania, 23. September Locanda del Etna

Abgefahren von Syrakus mit einer Vettura di Ritorno, nachmittags 2 Uhr am 21. September. Von hier rechne ich auch meines Lebens Herbst. Wir nächtigten in einer Locanda an der Straße. Ich schlief in einem Heuschober. Morgens weiter. Zu Mittag in Lentini, wo die Wirtin für ein Weniges 8 Carlini haben wollte. Mir schenkten zwei Lentineserinnen drei Granatäpfel. Ich besah noch das Kastell nach der anderen Seite. Seine Mauern sind aus Quadern, doch mit Mörtel. Mächtig ist die Vegetation im Tal. Auch Lentini hat Steinbrüche.

Über den Sebetus halb gefahren, halb huckepack getragen. Angekommen in Catania am 22. September, eine Stunde nach Ave Maria.

 

Messina, 29. September

Am 23. zu Maultier von Catania geritten bis Nicolosi, durch blühendes Weingartenland, durch drei oder vier kleine blühende Örter, wie Sofia, Gravina, Mascalucia etc. Merkwürdige Architektur derselben und Nicolosis, aus Lava, wovon selbst die Kirchen – der Boden schwarz. Mich unterhalten mit Dr. Gemmellaro, – sein Haus und Sammlung von Laven, seine Modelle der Ätnahäuser, seine Bibliothek, seine Manuskripte über den Ätna und sein sizilianisches Wörterbuch. Unglücklichste Position eines Schriftstellers auf der Lava!

Um 8 Uhr abends bei Regen zu Maultier bis zum Bosco, wo ich den eigentlichen Führer traf. Dann weiter in der Nacht bis Casa Inglese. Den Aschenkegel vor Sonnenaufgang erstiegen; mehr Schwierigkeit als bei dem des Vesuv: Gasausströmungen, heiße Dämpfe, Schwefelgestank. Oben zwei Krater-Trichter. Malerische Farbenbildungen, diabolisch namentlich der Anblick der Montagnola im schönsten Schwarz. Wolken, halbe Blicke in das rotglühende Meer, auf die Küste von Palermo, den Golf von Cefalù, ins Innere – die Schattenpyramide des Ätna, unsere eigenen Schatten, Lava- und Aschenwüsten. Nun hinab durch die Wüste. Ermüdung, Fieber, Halt am Bosco, endlich Nicolosi, wo ich drei Stunden schlief. Dann wieder zu Maultier. Ein flammendes Gewitter hinter mir; rettete mich in eine Kapelle, wo das Volk betend auf den Knien lag. Weiter in ein Landhaus große Gastlichkeit. Bei Sternenschein nach Catania zurück.

Ich blieb noch Sonntag den 25. in Catania und fuhr dann am 26. in der Frühe nach Taormina. Schöne Fahrt an der Küste, viele Örter, Lava-Ufer. Dann das reizende Acireale. Vorher jenes Kastell Acicastello und der kleine Hafen Porto Ulisse, wo die drei Klippen des Zyklopen, welche der Zyklop dem Ulysses nachwarf. Mittags in Taormina.

Am 27. morgens ritt ich zu Maultier von Taormina bis Forza, 14 Miglien weit. Immer längs der Küste, durch viele neue Orte. Köstlich die Lage von Alessio, an einem Kastell mit runden Türmen, eine Art Engelsburg hoch am Meere. In Forza setzte ich mich auf die Diligenza. Durch viele Orte gekommen. Blick auf Kap Spartivento, den Ätna und Reggio. Ankunft in Messina abends den 29.

Morgen nach Neapel.

 

Genzano, Sonntag den 9. Oktober

Den 29., Donnerstag abends, von Messina abgefahren mit dem »Duca di Calabria« in Begleitung der drei Franzosen, um 7 Uhr. Nur in der Nacht den Faro gesehen. Morgens den 30. in Paola angehalten. Die Küsten Kalabriens sind schön gefaltet, oft herrlich grün. Sonnabend, um 3 Uhr morgens, mit dem Stern Orion in den Hafen eingelaufen, die Sonne aufgehen sehen.

Sonntag früh den 1. Oktober abgefahren mit einer Vettura, in Begleitung des Malers Stöckel, des Malers Catell und seiner Frau und Fräulein Giuditta Arnoldis. Genächtigt in S. Agata, die zweite Nacht in Terracina, die dritte in Velletri.

Zeichnung: Gregorovius

Pontinische Sümpfe, Foro Appio, 4. 10. 1853

Am 4. Oktober, morgens früh, in Genzano eingetroffen und eingezogen in die Casa Mazzoni.

Habe am 6. die ›Eumeniden‹ fortgesetzt und heute 80 Verse geschrieben; hoffe das Gedicht hier zu beendigen.

Aufenthalt in Genzano bis zum 24. Oktober, wo ich wieder mein Quartier in Rom bezog.


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