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Viertes Kapitel

Wie Wirt und Wirtin florieren, und wie die Wirtschaft blüht

So begann die Wirtschaft unter den glänzendsten Aussichten, denn der Zulauf war über alles Erwarten groß und der Verbrauch dem Zulauf angemessen.

Steffen hatte also ein schön Schübeli Geld von seiner Frau, fast zehntausend Pfund. Mit so viel in Händen fangen gar Viele nicht an, das merke man sich wohl. Zudem meinte er noch ein Bedeutendes von seinem Vater erwarten zu sollen, und das meinten auch noch andere Leute. Einen Teil seines Weibergutes zahlte er an sein Heimwesen, einen anderen Teil verbaute er, der Rest blieb ihm zur Einrichtung, zu Anschaffung von Wein und anderen Vorräten. Vieles und namentlich Wein brauchte er nicht bar zu zahlen, viel blankes Geld, wie er es nie gehabt, blieb in seinen Händen, alle Tage kam ihm anderes zurück, alles wollte zum neuen Wirt, luege, wie es dort sei, und weil neue Besen gut wischen täten. Zufällig waren auch mehrere Extraanlässe: Märkte in der Nähe, Musik, Zusammenläufe, Musterungen, sogar eine Feuersbrunst ebenrecht weit, daß man nichts zu riskieren hatte, nichts umsonst liefern mußte und doch alles diesem Wirtshause zulief, weil es außerhalb des Gedränges das nächste war. Kurz sie hatten Geld zum Fressen. Steffen und sein Eisi waren wie in den Lüften, mehr lösen nützte nur nichts, meinten Beide. Eisi machte die lustige Wirtin; was es in der Küche war, hatte Steffen gar nicht Zeit sich zu achten, an das, was gebraucht wurde, dachte kein Mensch, alles gelöste Geld schien Gewinn, und was Steffen trieb und gwerbete, das dünkete Eisi lustig, und was es koste oder nicht koste, darnach frug es wenig. Eisi war von Haus aus gewohnt, alles, was man im Hause hatte, zu betrachten, als koste es nichts, und wenn zuweilen die Mutter über etwas brummte, so hieß es: «Eh, das wird ja nit sövli machen, das kostet ja nüt, mr heys ja selber!» Nun hatten sie das Meiste, was sie brauchten, auf dem Gugger selbst, den Kaffee ausgenommen, der wurde höchstens zHalbpfündern eingekauft, und die Mutter wußte akkurat anzugeben, bei welchem Krämer die meisten Bohnen in einem Vierlig seien. Mit dem Kaffee wurde aber auch sorgfältig und sparsam umgegangen. Nun hatte man hier auf der Gnepfi auch einmal alles selbst, denn Eisi fiel in die Täuschung, in welche viele Weiber fallen, wenn sie die Einkäufe nicht selbst besorgen, das Geld nicht durch ihre Hände geht, das Gekaufte in Masse anrückt und abgelagert wird in Keller oder Vorratskammern. So schien es Eisi, als hätten sie den Wein selbst, als sei der gar nichts zu rechnen; es schien ihm das Gleiche mit dem Fleisch aus der Schaal, mit den Kerzen, welche ihnen der X lieferte, welchem sie das Unschlitt gaben, das Gleiche mit Zucker und Kaffee, welches ihnen durchreisende Müsterler zGfalle und im Vertrauen anboten einen guten halben Batzen oder mehr wohlfeiler, als es ihnen sonst der Krämer gab, z'pfündernweis, so daß Eisi die Hände über dem Kopf zusammenschlug und sagte: Es hätte doch nicht geglaubt, daß seye dä Schnürfli däweg bschiß, aber es sei hürmehi niemere meh z'traue. Begreiflich kannte Eisi den Unterschied zwischen en gros und en détail nicht, hatte die größte Freude, Kaffee und Zucker fast für nichts kaufen zu können und daß es einem noch umsonst zHus und zHey kam und doch kei Mönsch eim es Wörtli vo Zahle säg, u fay me selber drvo a u säg vo Zahle, su heiß es: «Ganz nach Gelegenheit, das pressiert durchaus nicht.» So kaufte Eisi gerne, tat gerne einem artigen Müsterler etwas zu Gefallen, bsunderbar wenn er zu rühmen wußte Eisi oder was von Eisis Sachen. Diese Vorräte wuchsen ihm mit dem Hause zusammen, es kam ihm vor, es hätte dSach jetzt selber, man brauche ja nur obenaben zu holen, es sei noch viel oben und kost ja fast nichts. So schonte es Zucker und Kaffee und alles, was man selber oder fast für nichts hatte, durchaus nicht.

Schonte Eisi sein Eigentum nicht, wie wäre Schonung von der Köchin oder sonst einer Magd zu erwarten gewesen? Diese brauchten natürlich auch, was sie gut dünkte, setzten auf Vorräte keinen Wert, ließen es sich behagen, dachten nicht daran, etwas zu Ehren zu ziehen, dSach in ein Maß zu bringen, z'mödelen, daß die Leute wohl waren und doch nichts gschändet wurde. Man kochte Haufen, zumeist ds Halb zviel, und wenn die Säumelchtern und die Schüttsteine reden könnten, die hätten einem sagen können, wieviel in sie spaziert sei. Es wäre die Frage, ob damit nicht eine ebenrechte Haushaltung hätte erhalten werden können. Arme Leute kriegten wenig davon, von wegen, es gab schon Mühe, sie heißen hineinkommen und ihnen etwas zwegzmachen, und mehr Mühe, als sein mußte, gab sich niemand. Geld ist rasch gegeben, besonders wenn man es mit Kreuzer und Halbbatzen nicht genau nimmt, darum gab man Bettlern Geld, wenn schon der Kuchischaft voll Sachen war, die kein Mensch mehr anrührte, die den Schweinen beizt waren. Dessen ungeachtet galt Eisi allenthalben als eine gute Frau, und weil es nicht meinte, es müsse alles regieren und in alles reden, wie es Leuten, welche eine Sache gar nicht oder höchstens halb verstehen, gerne anwohnt, sondern mit seinen Mägden auf gutem Fuße stand, so achtete man allfällige Dummheiten nicht, brachte sie ihm nicht aus, sagte höchstens: Es sei noch ungewohnt, es sei sich aber auch nicht zu verwundern, so von einem Bauernorte her, wo ds Jahr aus, ds Jahr ein nichts gekocht werde als Erdäpfel und Kaffee und über den andern Sonntag Sauerkraut und Fleisch; so eine Aufgeheiterte wie die werd scho no lehre, was sie mangle.

Nebenbei hatte Eisi noch viel Schönheitssinn, der war hauptsächlich geweckt worden in ihrer Studienzeit bei ihrer Freundin. Die erste Einrichtung ihres Hauses war begreiflich dürftig und oberflächlich. Eisi hatte bei der Teilung Hausrat und etwas von Bett und Bettgeräte erhalten, Steffens Mutter hatte auch was gegeben, anderes angeschafft, für ein Sündengeld, meinte sie, hoffentlich hätten sie jetzt für ihr ganz Lebtag genug. Aber begreiflich weiß so eine Bauernfrau nicht, was es alles und in welcher Menge in einem Wirtshause mangelt, und als Eisi mit ihrer Köchin einzog, da fehlte es an allen Orten, und wie einmal einer erklärt hatte, er werde von Straßburg verreisen, wenn man nicht rede von was er wolle, so erklärte die Köchin alsobald, sie verreise, wenn man nicht neu ans Anschaffen gehe, das und das müsse herbei oder sie bleibe keine Stunde länger. Was so eine Köchin für ein festes Wort hat und einen grüslichen Willen, man glaubt es gar nicht! Begreiflich ward das Geforderte auf der Stelle angeschafft, aber dennoch verging fast kein Tag, wo die Köchin nicht von vornen anfing und mörderlich schimpfte, was das für ein Kochen sei so in einer neuen Hudelwirtschaft, wo in Gottes Name hinten und vornen nichts ist und wenn man etwas machen wolle, einem entweder die Sachen dazu fehlten oder das Geschirr, es zu kochen. Dann begann sie eine Reihe von Häusern aufzusagen, in denen sie gedient, und was man in jedem Hause für Geschirr gehabt und für Kommlichkeiten, da sei ds Kochen eine wahre Freude gewesen; aber so in einer Bettlerküche müsse man zhingerfür werde, gäb wie me sih wehr. Eisi hatte ein zu gutes Herz, um so eine Köchin zhinterfür machen zu wollen, es trat daher in die meisten Wünsche ein und schaffte unbesinnt herbei, was sie wollte. Sie werde am besten wissen, was nötig sei, und was einmal sein müsse, was da lang käre helfe, meinte es.

Nun hatte Eisi aber auch eigene Gelüsten. Es hatte bei seiner Freundin, welche an einer großen Straße wohnte, große Herrlichkeiten gesehen von Umhängen, Spiegeln, Möbeln, Uhren, Gemälden, kurz allerlei, womit man in einem Wirtshause Staat macht, und nun ließ es ihns gar nicht leben, nichts von dem allem haben zu sollen. Daß ein großer Unterschied sei zwischen den Wirtshäusern, daß die einen mit Übernächtlern gesegnet werden, andere nur flüchtige Gastig haben, die einen eine Ausspannstation, andere bloß gerecht für Zwischenfutter, die einen bloß da seien für die umliegende Bevölkerung, die kömmt und geht, andere dagegen für Reisende, die manchmal sich aufhalten, das wußte Eisi begreiflich nicht. Eisi meinte, das alles hänge vom Eingricht ab, und wenn sie einmal eingerichtet seien, so wolle es luegen, ob ds Land auf, ds Land ab ein Wirtshaus sei, wo es stärker gehe als in ihrem. Vor allem aus trachtete es nach schönen Umhängen und Porträts. Es schien zu glauben, aus schönen Umhängen würden dann Übernächtler schlüpfen, vornehme, denen man so recht herzhaft eine Ürti machen könne; und weither würden die Leute angezogen durch wohl stark gefärbte Dinger, denen Eisi Porträts sagte und die ihm bsungerbar wohl gefielen und um so besser, je stärker Rot, Blau und Gelb durcheinandergerührt war. Alsobald mußten acht Bettmacherinnen auf den Laden und kamen dahergezogen fast mit einem ganzen Fuder Herrlichkeiten. Ein neues Wirtshaus ist für Bettmacherinnen immer eine Art von Neujahrkindlein, aber eine neue Wirtin in einem neuen Wirtshause, die ist für sie ein wahres Herrenfressen. Da ist was anzugeben, was anzubringen, da kann man der Phantasie freien Spielraum lassen, kann förmlich dichten in Umhangsfestons, Zotteln, Troddeln, Girlanden, Bändel- und andern Formen, kann alle Farben anbringen, kann flechten und troussieren, daß sich einem das Herz im Leibe umkehrt vor Wollust. Ob Fenstervertiefungen sind oder keine, ob die Sache einfach sei oder Auf- und Abnehmen und Neuflechten und troussieren kunstfertige Hände erfordern, ist all einerlei; was schön ist und in die Augen sticht, wird angebracht. Und dieweilen so eine neue Wirtin nicht ungerne gerühmt wird, es ist ihr eigentlich durchaus nicht wegen ihr, sondern wegen dem neuen Wirtshause, das sie berühmt machen möchte, und Bettmacherinnen weit umherkommen und viel sagen können, während der Tag lang ist, oh, was da so eine Wirtin anwendet, damit die Töchter wohl sind und Ursache zum Rühmen haben! Es ist ihnen aber auch zu gönnen, den guten Töchtern, so gut als den Katholiken, wenn die langen Fasttage vorübergehen und die Fleischzeit ihnen wieder aufgeht. Und was so eine sechswöchige Stör den Töchtern anschlägt, es ist unglaublich. Das merket niemand besser als der Schimmel, der sie geholt hatte und nun wieder heimführen muß. Diese Töchter wissen nun wieder viel, was hier und dort Schönes sei, anzugeben, was wohl stünde und fast gar notwendig sei, ja sie verstehen sich auch etwas auf Kleidungen und Moden und wissen zu erzählen, wie doch diese Wirtin versehen sei mit Sachen, man glaube es nicht, und wie jene einen Staat habe siebenzehnmal könne sie sich ganz anders anziehen, und man wisse gar nicht wann am schönsten, so neu, proper und kostbar sei alles. Was solche Nachrichten für Bewegungen erzeugen in der Brust einer von denen, welche von der Eva abstammen, man kann es gar nicht glauben.

Eine Pintenwirtin oder so eine Speisewirtschäftlerin, die lache nicht über Eisi und ihre Bettmacherinnen! Eisi hatte einen Gasthof und zehntausend Pfund bar Geld gehabt. Das ist was anders als so ein gemein Pintli und drnebe nichts als ein Sonntagskitteli und ein Werktagskitteli, dreiundzwanzig Mänteli und drei ganze Hemmeli. Und wenn sie es hätten, so wär bei Vielen der Unterschied nicht so groß, von wegen, der Sinn wäre der gleiche, und was man nicht im Großen treiben kann, das treibt man im Kleinen, und am Ende kömmts auf eins heraus. Aus einem Kaffeekacheli nimmt man mit Kaffeelöffelne, aus einer Suppenschüssel mit Suppenlöffeln, und am Ende wird eins leer wie das Andere, die Suppenschüssel und das Kaffeekacheli.

So brauchte Eisi allerdings sehr viel Geld, aber, so viel es brauchte, es fand immer welches im Schublädli; und wieviel es ausgab, das wußte es nicht, aufgeschrieben wurde es nicht, und es sonst zusammenzurechnen, wäre Eisi eine Kunst gewesen, denn Hexen und Rechnen kam ihm ungefähr gleichbedeutend vor. So ging es zum Beispiel lange, ehe es sich eingeprägt hatte, wieviel es bringe, wenn einer drei halbe Schoppen zehnbatzigen Wein gehabt oder gar drei Schoppen sechsbatzigen. Eisi hatte also nicht von ferne einen Begriff von der Summe, welche es in Jahresfrist ausgegeben hatte. Ebenso wenig dachte Steffen daran oder darüber nach. Steffen war der glücklichste Mensch auf der Welt, daheim hatte er, was er wollte, und wohin er kam; da war er der Hahn im Korbe.

Auf einmal war er nicht bloß in einer unabhängigen Lage, sondern er kam sich vor wie ein förmlicher Küng. Da strömte alles herbei und machte ihm den Hof, scharwenzelte um ihn herum und rühmte ihm alles vom Hund weg bis zur Frau. Die Weingumene schneite es förmlich daher wie den 28. Jänner 1845 den Schnee. Wirtshäuser sind den Weingumene, was Mäuselöcher den Katzen, und absonderlich neue Wirtshäuser. Begreiflich kömmt es viel darauf an, wer hier zuerst den Fuß in Hafen setzen, den Wirt oder die Wirtin andrehen und am Bändel kriegen kann, indessen mit aller Vorsicht. Bloß wegen des Wirtes schönem Gesicht und der Wirtin luftigem Wesen setzt man seine Fässer Wein, wie wenig sie auch wert sein mögen, nicht aufs Spiel. Man nimmt daher Informationen auf, hier, dort, bei alten Kunden, alles mit aller Vorsicht, wie das Vermögen beschaffen sei, ob man trauen könne herzhaft oder bloß so probieren dürfe mit einem oder zwei Fässern vom Mindern. Als nun bei Steffen die Informationen so vorteilhaft lauteten, daß sie die Gumene lange nicht glauben konnten, denn ein neuer Wirt, der zehntausend Pfund erweibet und noch ein Schönes von Hause zu erwarten hatte, der war ihnen lange, lange nicht vorgekommen. Sie jagten sich daher fast die Fersen ab, überschütteten Steffen und seine Frau mit Höflichkeiten und Komplimenten, von denen Beide nie nur geträumt hatten. Sie wixten vom Besten auf, sagten, wie glücklich sie sich schätzen würden, wenn sie in ein solches Haus den Wein fournieren könnten, garantierten, wie sie könnte ihn niemand liefern, und wenn man ihnen es überlasse, so wollten sie wetten, in wenig Monaten nehme Steffen allen Wirten in der Umgegend die Gastig weg und über die Gasse brauche keiner mehr eine Maß. Wenn nun einer so zärtlich und zuversichtlich sprach, absonderlich in trauten Abendstunden, welche dem Weinhandel besonders günstig sind, so gestalteten sich diese Stunden zu den glücklichsten, welche Steffen und Eisi je erlebt hatten. Sie waren noch neu in der Welt, hatten noch nicht viel Gumene erlebt; sie glaubten, was so traulich aus dem Munde klang; sie sahen sich schon im Besitz der größten Kundsame und ganzen Steingruben voll Geld; sie machten per se Bestellungen und träumten ganz selig von Glück und Reichtum, bis die Sonne längst hungerig war und an viel tausend zMorgenessen sich bereits vom Zueluegen gesättigt hatte.

So ging es mit den Käsmannen, so ging es mit den Likörfabrikanten, so mit den Essigmachern, so mit den Bäckern und Müllern; ja selbst Bauern kamen und trugen Steffen Feißes an. Die Gerber kamen und wollten einen Stich mit ihm für die Häute machen und die Kerzenbaggler sein Unschlitt haben, nicht weil sie nicht schon fast zu viel hätten, indessen seiner wäre ihnen gerade jetzt sehr anständig, es sei ein Fall darnach. So hatten sie fast wie Fürsten und Könige einen besondern Hofstaat um sich, der sie verehrte, die Hände ihnen unter die Füße legte und sie auf denselben bis zum Himmel hob, einen Hofstaat, der nicht bloß von ihrer Gnade zu leben, sondern oft mit einem bloßen gnädigen Blick zufrieden schien. An der Aufrichtigkeit dieses Hofstaates hatten sie keinen Grund zu zweifeln, denn was sie bestellten, das war gut, oft besser als das Muster. Ganz dumme Leute nimmt man bekanntlich nicht zu Gumene, sondern solche, welche einen Unterschied zu machen wissen unter den Menschen, zwischen neu zu erwerbenden guten Kunden und verdächtigen Kunden, zwischen alten guten und alten schlechten, auch solchen, die so oft als möglich Weinhändler wechseln, weil sie von jedem neuen Händler neuen Kredit hoffen. So ein neuer solider Kunde kriegt die beste Ware, wird ausgesucht bedient; man will ihn nicht bloß zufriedenstellen, sondern man möchte ihn ausschließlich bedienen, alle Konkurrenten ausschließen, Herr seines Kellers werden. Wenn mal ein Wirt ihnen dieses Vertrauen schenken würde, sagen sie, sie garantieren, in einem Jahre müßten alle Wirte eine Stunde in der Runde ruiniert sein. Den neuen Wirt auf solche Weise zu gewinnen, wird allem aufgeboten, und jeder strengt sich an und überwindet alle seine bösen Gewohnheiten und möchte das beste Glas Wein liefern. Keiner sagt was vom Gelde, und wenn der Wirt die Rede darauf bringt, so antworten sie so, daß man glauben könnte, sie wollten gar keins, sie hätten große Lust, ihm den Wein umsonst zu liefern.

Ein Wirt, der auch nur einen Schatten von Kredit hat, ist unstreitig von allen Handelsleuten weitaus der begünstigtste. Er hat am meisten Prozente auf seiner Ware, sie ist am wenigsten dem Verliegen unterworfen, sie kömmt nicht aus der Mode, am allerwenigsten der Wein, wahrscheinlich das Brönz ebenfalls nicht; es geht ihm das Meiste bar ein, und im Allgemeinen hat er wenig Ausstehendes in den Büchern: hier und da eine Kindbetti, hier und da ein Pfund Schmer oder ein halbes, welches er sich aber wie ein Apotheker bezahlen läßt. Auch muß er zuweilen lange auf eine Gräbt warten, hat aber dann immer den Vorteil, daß je länger es geht, er dest mehr an der Rechnung nachbessern kann. Denn die Rechnung wird nicht abgeschlossen, das heißt der Wirt sagt zumeist nicht, was man ihm schuldig sei, bis man bezahlen will. Da kann er immer sagen bei einer Gräbt zum Beispiel: «Wie haben wir abgeredet? Sechs bis sieben Batzen, dr Wy à sechs Batzen.» Das war abgeredet; nun kommt das Unbestimmte, so und so viel Maß, «und dann hats noch neuis von Tee gebraucht, ich glaube zwei oder zwanzig Maß», je nachdem. Ein Handelsmann ist in ganz anderer Lage. Bei ihm geht der Verkauf fix, da ist kein Hintertürchen zum Daraufschlagen der Prozente; an vielen Orten geht das Meiste auf Borg weg, und an Orten muß er jahrelang auf die Bezahlung warten. Viel prompter gelangen an ihn die Wechsel, viel größern Zufällen ist seine Ware unterworfen, ein Kapital muß er in seinen Büchern haben, eins im Verlag, eins im Verkehr, und wenn er bloß den letzten Viertel schuldig ist, so kann er sich ordentlich rühren, ohne daß er erst ein Sklave seiner Lieferanten, dann bankerott wird.

Wie gesagt, viel leichter hat es der Wirt und namentlich, wenn er im Rufe steht, Geld zu haben, im Ruf ist, den besten Wein auszuschenken, er kann voll Schulden sein wie ein Hund voll Flöh und doch noch im Gelde krüscheln.

Steffen hatte allerdings Gastig, daß es ihm zuweilen fast gschmuecht werden wollte und er streng daran dachte, von Grund auf neu zu bauen. «Wenn man doch dSach recht übersinnete, und wenn man alles zum voraus wüßte, so wäre man bald reich», sagte er oft. Er hatte allerdings den besten Wein weitumher, weil jeder Gumi das Pré haben wollte bei ihm und er das Mischeln noch nicht verstund oder, besser gesagt, zu verstehen meinte. Zu essen bekam man wohl hier oder dort es feiner, aber so viel Fleisch um sechs Kreuzer oder drei Kreuzer kriegte man nirgends, und bekanntlich gilt bei der Majorität die Quantität und nicht die Qualität. Man traf immer Leute an, es ging kurzweilig zu, und genau wurde es nie genommen mit der Zeit. Es verwunderte die Leute oft, daß man da machen konnte, was man wollte; die Einen meinten, Steffens Vater mache bas obe gut Wetter, Andere aber suchten die Ursache näher und sagten, mit einem Schoppen Roten, einem Schnäfeli Fleisch und dr Frau allbeeinist öppis hey könne man schon viel zwängen. Man vernahm da etwas und war doch nicht so nahe bei Hause, daß die Weiber es in die Nase kriegen und alle Augenblicke einen heimholen lassen konnten.

So war Steffen daheim wie ein König, und es gab Tage, wo er zehn Maß hätte trinken können, ohne daß es ihn einen Kreuzer gekostet. Doch so uverschant war er nicht, er nahm nie mehr als er mochte, und es war dann doch nicht, daß er nicht hie und da auch noch eine Halbe gezahlt hätte. Kam er aus dem Hause, so war es fast, als liefe er auf Freiersfüßen und fände allenthalben heiratslustige Mädchen, denn wo er hinkam, gabs ein Geschrei: «Dr Wirt uf dr Gnepfi, dr Wirt uf dr Gnepfi! Eh, Steffen, bist du da, bist dus; chumm tue Bscheid, das ist mr doch jetz aständig, daß de jetz grad cho mußt», so hieß es meist. Je willkommener einer erscheint, desto schwerer ist das Scheiden, und so geschah es oft, daß Steffen kaum mehr wußte, ob es Abend oder Morgen sei, wenn er heimkam. Denn es ist kurios: wenn sich so einer darnach an einem Orte herbeiläßt, so ists, als ob hundert Augen die Zugänge zu diesem Orte bewacht hätten oder als ob eine junge Krähe schreie im Walde. Ungsinnet kommt der, kommt dieser, ungsinnet findet sich eine ganze Kompanie der rechten Kameraden zusammen. Keiner will vom Andern was wissen, es ist eben, als ob sie es in der Luft vernommen oder eine junge Krähe sie zusammengebrüllet hätte. Auseinander brüllte sie jedenfalls keine, denn die Krähen waren längst zSädel, wenn die auseinandergingen. Es war nicht, daß Steffen, wie zum Beispiel mancher Andere, solche Gelegenheiten mit besonderer Vorliebe suchte, aber er mußte doch über Feld, mußte Feißes kaufen, mußte Haber kaufen, Holz usw. und wußte als alter Metzger nur zu gut, daß nicht allem zu trauen ist, was man einem hinterm Glase brichtet, daß ein rechter Metzger mit eigenen Augen schauen, überhaupt Ort und Gelegenheit sich merken und auch der Bäurin die Ehre antun muß, unter ihr Dach zu kommen, ihre Säue zu gschauen und ihr die Kinder zu rühmen.

Daneben hatte Steffen natürlicherweise ein Rößchen, manchmal zwei, er hatte so viel zu führen, zu holen, zu nieten, daß er was derart haben mußte; er hatte ein Reitwägeli, kommoder kam ihm später was Decktes vor; er hatte einen Hund, manchmal zwei; für einen Metzger schickt es sich nicht, ohne Hund zu laufen, und manchmal hat er auch Lust zum Jäger z'graten. Bei allen diesen Habseligkeiten hatte er einen verfluchten Handelsgeist im Leibe, das heißt er händelete gerne, rühmte seine Sache, führte die Andern aus, probierte, welcher den Andern zuerst maßleidig machen könne; ist auch ein eigentümlich Spiel, das. Er rühmte oft, es gebe mit diesem Händeln manchen schönen Batzen, an den niemand sinne. Ob er recht hatte, wissen wir nicht, aber ebenso wenig, wohin diese schönen Batzen gekommen sind. Sehr viel hatte er auf einem Rößchen, das lief wie aus einer Kanone, und über ein Straßenpflaster dahin tschäderte es, daß ringsum die Fenster klirrten und Köpfe an die Scheiben schossen. Wenn er dann diese Köpfe an die Scheiben schießen sah, gar hie und da hörte: «Das wird dr Steffe, dr Wirt auf der Gnepfi sein, so fahrt doch Keine im ganze Land», der Stallknecht heraussprang und sagte, er hätte gedacht, er wolle gschwing cho ha, sust syg er ihm scho zBasel niede, er dann seinen großen Bräter hervorzog und sagen konnte: «Lue, das ists gsi, grad feuf Minute über halbi englifi, won ih bir Düremühle furtgfahre bi, u was ists von hier, zwo Stund?» «Ja, mehr als drei», sagte der Stallknecht ihm zu Gefallen. «He nu so de, lue, no nit halbi zwölfi, u lue, kes nasses Härli hets!» Wenn er so reden konnte, wenn dann noch der Wirt kam, wenn er später ein halb Dutzend Geschichtchen erzählen konnte, wie er mit dem Byggerli gefahren sei und wie er keinen Engeländer fürchte, so war das eine seiner größten Freuden. Und wenn einer seiner Kameraden zu ihm kam und ihm sein Byggerli recht rühmte, so führte er denselben wohin dieser wollte, wars Tag oder Nacht, in schönem oder strubem Wetter. Und wenn es weiterab einen lustigen Tag gab, einen Schießet, Kegelt, Gumpet oder sonst eine ganz ordinäri Hudelte, so hieß es immer: «Dr Steffe mueß mit, mit sym Bygger sy mr im Schwick dert, i zwo, i drei Stunge sy mr dert wie Schnupf; so wie das Rößli läuft keins im ganzen Kanton.» Man hätte wirklich ein steinerneres Herz haben müssen, als Steffen eins besaß, wenn man durch solche Wendungen sich nicht hätte sollen gewinnen lassen; es mußte gar nicht zu machen sein, sonst führte er die Kameraden, begreiflich nicht nur umsonst, sondern zumeist fielen ihm auch alle Auslagen für das Fuhrwerk auf.

Diese Ausfahrten an eine simple Hudelten waren jedoch nicht die teuersten, mit vierzig oder fünfzig Batzen kömmt man schon weit im Tag. Aber Steffens Frau wollte nicht immer daheim sein, wollte mit dem gleytigen Byggerli auch ausfahren, luege, wie das tschädere, wenn man in eine Stadt fahre. Steffen nahm seine Frau nicht ungern mit auf Märkte, führte sie zu der Bettmacherin, wenn sie Herzensangelegenheiten mit dieser zu verhandeln hatte, oder begleitete sie, wenn sie hier und dort als Gotte zuechestah mußte. Das waren teure Ausfahrten, die nicht mit vier oder fünf Franken abgetan waren. Die Weiber bleiben in der Regel viel mehr bei Hause als die Männer, und gar manches Weib wird, wenn der Mann fort ist, vom Gedanken beschlichen: Was het er ächt Guets, wenn ih doch o ume drvo hätt, wieviel vertuet er mr hüt aber u han ih nüt drvo? Daher die an vielen Orten stattfindenden Gebräuche, zu kücheln an den Markttagen, damit die zu Hause Bleibenden auch was Gutes hätten, oder nach der Zurückkunft vom Markte mit der Frau noch ins Wirtshaus des Dorfes zu gehen und ihr dort aufstellen zu lassen aus dem ff oder ihr wenigstens eine Halbe heimzukramen, damit ihre Phantasie von dem Ausspinnen der Herrlichkeiten, welche der Mann zu sich genommen, abgelenkt werde. Geht nun der Mann mit dem Weibe zMärit oder sonst an irgend ein Fest, so darf er nicht sparen, er muß mit dem Besten aufwarten lassen, das Wohlleben der Frau ist Nebensache, Hauptsache ist die, daß sie sehe, der Mann gönne es ihr und meine nicht, er wolle alles nur für sich alleine brauchen. Wo Sparen die Haupttugend ist, gut Husen Lebenszweck, Geldausgeben immer als eine Art Sünde, wenigstens als das größte aller Übel betrachtet wird, da muß man nicht darüber lachen, wenn eine Frau es als die innigsten Liebeszeugnisse (und ein Weib, sei es aus welchem Stande es wolle, ist immerdar gerne geliebt vom Manne, auch wenn es selbst ihm nicht viel nachfrägt) ansieht, wenn der Mann einen Franken oder zwei, drei an ihns wendet und ihm aufstellen läßt, was Gutes zu haben ist, so wie es dagegen durch nichts mehr gekränkt wird, als wenn bei solchen Gelegenheiten der Mann es karg und mager abspeiset. Es besuchte einmal ein Mann seine Frau, welche er schweren Gemütes wegen bei einem Arzt hatte, und das schwere Gemüt war deswegen entstanden, weil sie glaubte, sie sei dem Manne zu wenig reich und er sei jetzt reuig hinterher. Der Reichtum war groß da und keine Kinder vorhanden. Der Mann besuchte die Frau, es hatte ihr merklich gebessert, er nahm sie mit sich und zahlte ihr eine Halbe. Da sagte sie, es düech se, sie möchte noch für einen Batzen oder zwei Hammeschnittli zum Wein. «He», sagte der Mann, «es düecht mih, ih wett das la sy, wed heychunst, su chast ja zNacht esse.» Die Frau sagte kein Wort mehr, aber wer einen Rückfall hatte, der gefährlicher war als die erste Krankheit und fast nicht weichen wollte, das war sie.

So muß der Mann aufwixen lassen und hat dabei noch den Nachteil, daß die Frau hintendrein, wenn sie genug gegessen und getrunken hat, glaubt, es gehe allemale so, auch wenn sie nicht dabei sei, während doch wirklich der Mann sehr oft viel bescheidener lebt, wenigstens des Essens halb, vom Trinken wollen wir es nicht behaupten. Dieses war jedoch nicht die Hauptausgabe. Eisi hatte die Schwachheit aller Weiber, nirgends hingehen zu können, ohne zu krämerlen und zu kramen, in hohem Grade. Es konnte bei keinem Laden vorbeigehen, ohne stillezustehen, Steffen einen Mupf zu geben und zu sagen: «Nei aber lue doch, gschau doch, vo dem hey mr o no nüt, sötte mr nit o dere ha, was chost das ächt, gang frag doch!» Eisi war selten von ihrem Gugger weggekommen, hatte die Herrlichkeit der Welt wenig gesehen, bildete sich nun ein, wer Geld habe, der müsse alles anschaffen, was zu kaufen sei; für was hätten es die Leute gemacht, wenn es nicht nötig wäre und daß es die kauften, wo es vermöchten? So krämerlete und kramete dann Eisi, daß es doch manchmal Steffen wohl viel düechte, wenn ihn schon das Geld nicht reute, daß er zu wehren begann. «Nit, nit», sagte er dann, «denk doch o, wie wey mr alles mitnäh, mr hey ja zletzt selber nimme Platz im Fuehrwerk, u wed alles ungereinist chaufst, was wotsch de ds angermal mache! Ih wett für selb o no neuis spare.» «Löhl, was de bist, meinst, wir seien schon hingerus? Es wäre wohl gut, aber es wird mir fast gschmuecht, wenn ich gseh mueß, was mr alles no nit hey u was doch sy mueß.» Das gab teure Tage, wie teuer, wußten sie selbsten nicht, denn ungezählt hatten sie Geld aus dem Schublädli in die Säcke genommen, ungezählt legten sie den Rest wieder hin, wenn nämlich noch einer vorhanden war, daß es sich der Mühe lohnte, ihn beiseite zu tun.

Und doch waren das nicht die kostbarsten Tage, es gab noch viel teurere. Von diesen Tagen brachte man doch etwas heim, hatte für sein Geld etwas; von denen aber, von denen noch zu reden ist, hatte Steffen gar nichts als höchstens einen sturmen Kopf und Kyb im Lyb. Wenn es strub Wetter machte, daß den Krähen das Fliegen erleidete, die Wirtshäuser in ungewohnter Stille dalagen, dann kamen Zwei, Drei, Viere daher, man wußte fast nicht zu welcher Türe ein, sie fanden sich mit Steffen in einem aparten Zimmer zusammen; dann wurde abgesessen und gespielt und zwar nicht bloß geramst um eine Maß oder zwei, sondern wenn lauter die Rechten beisammen waren, so wurde geländelt, sonst aber gmutzet und beetlet. Beim Ländeln konnte es auf hundert bis zweihundert Franken, ja noch höher gehen, und Steffen hatte oft das Unglück, daß es ihm so ging. Er hatte das Unglück, daß er mit ausgemachten Spielern spielen mußte, von denen zwei einander so gut verstunden, daß niemand gegen sie aufkam, daß sie jedem das Hung nahmen, daß man oft fast zum Glauben verleitet worden wäre, sie seien nicht bloß ausgemachte Spieler, sondern ausgemachte Spitzbuben, wenn sie sich nicht so hoch und teuer verflucht hätten, es sött eine ds Hergetts sy und säge, si bschyße, dem wette si!

War dann da die ganze oder halbe Nacht durch an Steffen und vielleicht noch an einem Hansli oder Christeli gerupft worden, so redete man einen andern Abend ab, hier oder dort zusammenzutreffen, der Eine oder der Andere hatte was zu tun dort; so konnte man wie von ungefähr dort sich zusammenfinden und hatte ein Fürwort bei den Weibern, wenn sie frugen: «Wo wotsch aber us, es düecht mih, du söttisch doch o afe einist möge zwe Tag hinger enangere daheim blybe.» Freilich traf man auch zuweilen zufällig zusammen und machte geschwind eins oder spielte rasch einige Partien Billard, wobei ebenfalls einige Fünffrankenstücke konnten verloren gehen, oder kegelte geschwind eins, wenns Sommer war, und zwar nicht wohlfeil. Steffen verlor fast immer, ausgenommen im Kegeln, in welchem die meisten Metzger eine besondere Fertigkeit haben; denn nicht umsonst ist die Kegelbahn fast immer in der Nähe der Schaal. Steffen hatte das kalte Blut, das gelassene, gehaltene Wesen des Spielers nicht, die sichere, feste Besonnenheit, welche derjenigen des Schiffers gleicht, welcher alle Segel spannt bei günstigem Winde und rasch sie fallen läßt und zu lavieren weiß, wenn der Wind umsetzt und konträr wird. Er konnte vorsichtig und zurückhaltend sein, wenn das Spielglück ihm am heitersten lächelte, alles ihm zuschlug, und handkehrum, sowie das Glück sich wendete, unbesonnen werden, wagehalsig, zwängen wollen, was nie zu zwängen ist und besonders ausgemachten Spitz – (bald wären wir verschossen) Spielern gegenüber, welche sich nie imponieren lassen, aber jede Schwäche und namentlich jede Leidenschaftlichkeit, die größte Schwäche des Spielers, des Gegners sofort bemerken und auszubeuten wissen. Das waren Steffens kostbarste Tage, und davon hatte er nichts als Kyb im Lyb.

So war Steffens und Eisis Anfang in ihrer neuen Laufbahn so vielversprechend und hoffnungsreich wie selten einer; sie erkannten es auch. Sie gehörten unter die Wenigen in der Welt, die wenig oder nichts zu klagen hatten, nichts schriftlich, nichts mündlich, nichts auf der Gasse, nichts unter vier Augen. Ja sie rühmten einander gegenseitig und zwar aufrichtig hinter dem Rücken und ins Gesicht. Steffen sagte von Eisi, es mache sich bsunderbar gut, er hätte anfangs Kummer gehabt, gefürchtet, so eine aus einem groben Bauernort werde sich schwer in die Sache schicken können, aber das sei gegangen wie pfiffe, es düech eim, Eisi sött syr Lebtig Wirti gsi sy; er müeß säge, er syg gfellig gsi mit em Wybe, besser hätt ers nit breyche chönne, no ke Stung syg er reuig gsi.

Eisi aber sagte: Da uf em Gugger obe wüß me nit, was lebe syg, ja mi syg fry gar ke Mönsch, erst sit es dr Steffe heyg, wüß es o öppe, was lebe syg u wie mes ha chönn i dr Welt. Es möge gehen, wie es wolle, so werde es es Steffen nie vrgesse, daß ers erlöst habe us der Wildnuß und ihm drvorgsi syg, daß es nit öppe son e Raggerbur heyg müeße näh, wos niemere gut heyg weder dr Hung, wo am Schatte blybe chönn, wenn die Angere alli dusse werche müesse. U nit ume das, er syg sust no guet gege ihm u gönn ihm dSach, un öppe zweni heygs ihm no nie gmacht. U drnebe syg er de öppe eine, wo e Frau Freud ha chönn an ihm u sih de notti nit schäme müeß, wenn si mit ihm usryt oder sust mit ihm vor dLüt chömm.

Sie waren also glücklich und bekannten auch ihr Glück ohne Hehl; sie taten nicht so dumm, daß sie meinten, sie müßten auch klagen so des allgemeinen Brauchs wegen oder sie müßten ihr Glück verleugnen der Menschen wegen, man gönne es ihnen sonst nicht mehr und suche ihnen zu schaden, wo man könne und möge.

Wirklich lachte ihnen das Glück. Doch der reine Spiegel, auf dem das Glück rein sich widerspiegelt in die Länge, der gute Boden, in welchem das flüchtige Glück feste Wurzeln fassen und in feste Zustände übergehen kann, die fehlten ihnen. Wo diese fehlen, verzerrt des Glückes Lächeln sich, wird zum Grinsen, wird das Glück zu einer Morgenwolke, die vorüberfährt, wird nie zur Eiche, die in Felsen wurzelt und Jahrhunderten trotzt.


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