Iwan Goll
Das Lächeln Voltaires
Iwan Goll

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Der Mensch als soziales Wesen

Aus dem »Traité de Métaphysique« (1734).

Der große Plan des Weltenschöpfers scheint mittels Heranziehung der kurzlebigen Individuen die Verewigung der Arten zu verfolgen. Jedes Lebewesen ist durch einen unüberbrückbaren Instinkt zu all dem getrieben, was zu seiner Erhaltung gereicht. Und es drängt mit nicht geringerer Kraft zur Vermehrung als zum Sinnenrausch. Die wildesten und einsamsten Tiere verlassen ihre Höhle, wenn die Liebe sie ruft, und sind auf Monate durch unsichtbare Bande an die Weibchen und die Kleinen gekettet. Später vergessen sie dann dies vorübergehende Familienleben und kehren in ihre rauhe Wildnis zurück, bis neuer Liebesstachel sie wieder hinaustreibt. Anderen Arten ist es von Natur vorbestimmt, in einem Polizeistaat zusammenzuleben: Bienen, Ameisen, Biber, manchen Vogelsorten. Die übrigen führt nur blinder Instinkt ohne vorbedachtes Ziel, wie die Herden im Wald oder die Heringe des Meers.

Der Mensch ist nicht ohne weiteres durch Instinkt dazu getrieben, wie Ameisen und Bienen einen 104 Staat der Ordnung zu schaffen: aber seinen Bedürfnissen, Leidenschaften und seiner Vernunft nach merkt man gleich, daß er nicht lange in völlig wildem Zustand geblieben sein kann.

Es genügte, damit aus der Erde das werde, was sie heute ist, daß ein Mann sich in eine Frau verliebte. Ihre gegenseitige Hilfsbedürftigkeit und ihre gemeinsame Liebe für ihre Kinder erweckten bald ihren Fleiß und gaben den Anstoß zu erstem grobem Handwerk. Dann brauchten wieder zwei Familien gegenseitige Unterstützung, und daraus entspannen sich neue Bequemlichkeiten.

Der Mensch besitzt nicht wie die Tiere ausschließlich den Instinkt der Eigenliebe und der Verdoppelung; zu diesen Fortpflanzungselementen gesellt sich noch ein natürliches Wohlwollen, das den Tieren nicht eigen ist.

Wird angesichts einer Hündin ein Hund in tausend Fetzen blutig zerrissen: auch sie zerrt mitleidlos ein Stück Fleisch an sich und frißt es weitertrottend auf. Dieselbe Hündin aber wird ihr Kleines verteidigen und lieber den Tod erleiden, als es sich wegnehmen lassen.

Sieht aber der roheste Mensch ein schönes Kind in Gefahr neben einem Raubtier, empfindet er unwillkürlich eine Unruhe, eine Sorge, ein Mitleid und den Wunsch zu helfen. Gewiß ist dieses Mitleid und Gütegefühl oft durch blindeste Eigenliebe 105 erstickt: und die weise Natur gab uns nicht mehr Liebe für die andern als für uns selbst: aber es ist schon viel, daß wir ein Wohlwollen in uns haben, das uns zur menschlichen Gemeinschaft erzieht.

Indes: auch dies Wohlwollen wäre nur ein schwacher Hinweis zum gemeinsamen Leben: große Reiche und blühende Städte hätten nicht ohne unsere großen Leidenschaften entstehen können.

Diese, die, wenn man sie mißbraucht, so viel Schaden anrichten können, sind die erste Ursache für die heute herrschende Ordnung gewesen. Der Ehrgeiz war das Hauptwerkzeug, mit dem dieser schöne Bau einer Gesellschaft aufgerichtet wurde. Kaum hatten gemeinsame Bedürfnisse die Menschen zueinander gebracht, als die Klügsten unter ihnen den unbezähmbaren Ehrgeiz und einen unbesiegbaren Hang zum Wohlleben der Vielen erkannten.

Und es war nicht schwer, sie zu überzeugen, daß ihr Stolz völlig befriedigt sein würde, wenn sie für das Allgemeinwohl der Gesellschaft ein wenig von ihrem persönlichen Wohl opferten.

So unterschied man frühzeitig die Menschen in zwei Gruppen: die göttlichen, die ihre Eigenliebe dem Allgemeinwohl opfern, und die armseligen, die nur sich selber lieben. Die ganze Menschheit wollte und möchte jetzt noch zu den ersteren gerechnet werden, obwohl jeder im Grunde seines Herzens zur zweiten Kategorie gehört: und die Feigsten und 106 Selbstsüchtigsten schrieen am lautesten, daß man alles für die Gemeinschaft hingeben müsse. Die Sucht zu befehlen, die eine Abart unseres Ehrgeizes ist, und die bei einem Seminarlehrer oder Dorfschulzen ebenso mächtig ist wie bei einem Papst oder Kaiser, reizte die Menschen nur noch mehr, daß sie einander zum Gehorsam zwangen: es brauchte ihnen nur beigebracht zu werden, daß man mehr wisse als sie und daß man ihnen nützlich sein könne.

Vor allem konnte man ihren Geiz gebrauchen und ihren Gehorsam erkaufen. Man konnte ihnen nur viel geben, wenn sie viel leisteten, und ihre Wut, sich soviel Besitz wie möglich anzueignen, entwickelte täglich noch ihren Fortschritt.

Doch wäre man kaum so weit gekommen, ohne den Neid, dieses so natürliche Laster, das die Menschen immer mit dem Namen Wetteifer bemänteln. Der Neid stachelte die Faulen an und reizte jeden, der seinen Nächsten mächtig und glücklich sah. So brachten gerade die Laster die Menschen einander immer näher und führten sie dazu, die Künste und Genüsse zu vervielfachen. Mit solchem Stachel vermochte Gott, den Plato den ewigen Geometer nannte, und den ich hier den ewigen Maschinisten nennen möchte, die Natur zu beleben und zu verschönern: die Leidenschaften sind die Räder, die alle Maschinen in Bewegung setzen. 107

Heutige Vernünftler möchten das Märchen glaublich machen, wonach der Mensch ohne Laster geboren und diese ihm erst zuteil geworden seien, als er Gott nicht gehorchen wollte. Sie könnten ebenso behaupten, daß der Mensch anfangs eine schöne, von Gott geformte Statue gewesen sei, die nachher der Teufel belebt hat.

Eigenliebe, und alles, was von ihr abhängt, sind für den Menschen ebenso notwendig wie das Blut in seinen Adern: und diejenigen, die ihm seine Laster wegnehmen wollen, weil sie gefährlich sind, gleichen jenem, der all sein Blut abschöpfen wollte, von wegen der Schlaganfälle.

Wie würden wir den benennen, der im Wind eine Teufelserfindung sieht, weil er Schiffsuntergänge verursacht, ohne daran zu denken, daß es derselbe ist, der den Handel über die unermeßlichen Meere hin erleichtert? Nur unseren Leidenschaften und Bedürfnissen verdanken wir diese Ordnung und nützlichen Erfindungen, womit wir die Welt bereichert haben; und wohl nur zu solchem Zweck hat Gott uns mit diesen behaftet. Daß viele sie mißbraucht haben, ist kein Grund, um über Gottes Geschenke zu jammern. Er geruhte, auf Erden tausende von köstlichen Gewächsen gedeihen zu lassen: soll die Schleckerei einiger, denen es davon schlecht wurde, uns dazu bringen, die Vorsehung anzuklagen? 108

 

Die Wilden

Versteht ihr unter »Wilden« Rohlinge, die mit Weibchen und ein paar Haustieren in Löchern hausen, allen Wetterunbilden preisgegeben; die nur das Land kennen, das sie ernährt, den Markt, wo sie dann und wann ihr Geerntetes verkaufen und einige grobe Kleidungsstücke einkaufen; die ein in den Städten unverständliches Platt sprechen; die wenig Ideen und daher auch geringe Ausdrucksmöglichkeiten haben; ohne zu wissen, warum, einem Schreiber untertan, dem sie alle Jahre die Hälfte ihres im Schweiße ihres Angesichts Erarbeiteten hinbringen; die an gewissen Tagen sich in einer Art Scheune versammeln, um Zeremonien beizuwohnen, von denen sie nichts kapieren, und einem anders als sie selber gekleideten Mann zuhören, dessen Wort ihnen dunkel bleibt; die auch manchmal, wenn die Trommel schlägt, ihre Hütte verlassen und sich für ein Viertel dessen verdingen, was sie zuhause in Arbeit verdienen, um sich in fremden Ländern totstechen zu lassen oder ihresgleichen niederzumetzeln: 109 solche Wilde gibt es in ganz Europa. Und man muß zugeben, daß die Völker aus Kanada oder die Kaffern, die man so gern Wilde nennt, den unsrigen unendlich überlegen sind. Der Hurone, der Mann von Illinois, der Kaffer, der Hottentotte kennen die Kunst, alles was sie brauchen, sich selber zu schaffen: und die geht unseren Bauern ab. Die Stämme in Amerika und Afrika sind frei, und unsere Wilden kennen nicht einmal den Begriff Freiheit.

Die sogenannten Wilden in Amerika sind Großfürsten, die unsere Gesandten empfangen, die wir in die durch Habgier und Gemeinheit dort eingerichteten Kolonien entsenden. Sie haben eine Ehre, wovon unsere europäischen Wilden nie ein Sterbenswörtchen vernommen haben. Sie haben ein Vaterland, das sie lieben und verteidigen. Sie schließen Verträge. Sie kämpfen tapfer und haben oft eine heroische Größe. Oder findet sich im »Leben der Großen Männer« von Plutarch eine edlere Antwort als diese eines kanadischen Häuptlings, dem eine europäische Nation vorschlug, sein Erbgut zu veräußern:

»Wir sind auf dieser Erde geboren; hier ruhen unsere Väter. Sollen wir ihren Gebeinen sagen: steht auf und kommt mit uns in fremde Länder?«

Die Kanadier waren Spartaner im Vergleich zu den Bauern, die in unseren Dörfern vegetieren, und 110 zu den Sybariten, die in unseren Städten nervös werden.

Oder versteht ihr unter »Wilden« Zweifüßler, die manchmal auf den Händen kriechen, Versprengte, durch Wälder Irrende, Salvatici, Salvaggi? Abenteurer, die die Frauen nach Gebrauch verlassen, weder Sohn noch Vater kennend; Bestien, denen aber Instinkt und Kraft der Bestie abgeht? Man hat behauptet, das sei der natürliche Urzustand des Menschen, wir aber seien seit dessen Überwindung elend degeneriert. Ich jedoch glaube kaum, daß dieses Einzelleben, wie man es unseren Vätern andichtet, die wahre menschliche Natur bedeute.

Wir stehen, wenn ich nicht irre, in der ersten Reihe (sozusagen) der Tiere, die herdenweise leben, wie die Bienen, Ameisen, Gänse, Hühner und Kälber. Muß man aber, wenn man eine irrende Biene trifft, annehmen, dieselbe befinde sich augenblicklich im Urzustand, die Gemeinschaft in der Wabe sei degeneriert?

Hat nicht jedes Lebewesen seinen unabänderlichen Instinkt, dem es notwendig gehorcht? Und der Instinkt, hängt er nicht vom natürlichen Spiel der Organe ab? Und wenn dieser nicht von vornherein wirksam ist, so kommt es nur davon, daß die Organe noch nicht entwickelt sind.

Alle Wesen leben nach der ihnen vorgeschriebenen natürlichen Weise. Der Vogel baut sein Nest. Die 111 Gestirne erfüllen ihre Himmelsbahn – nach einem unwandelbaren Prinzip. Sollte der Mensch allein aus der Art geschlagen haben? Hätte er wirklich wie die Raubtiere einsam leben sollen – wie hätte er das Gesetz umgehen können, indem er wirklich eine Gemeinschaft bildete? Oder wenn sein Los ihn bestimmt hätte, in Herden zu hausen wie die Hinterhofinsassen: woher sein jahrhundertelanges einsames wildes Leben? Er kann sich vervollkommnen: daraus schloß man, daß er verdorben war. Wenn er aber noch nicht zur ganzen Vollkommenheit gelangen konnte?

Alle Menschen leben in Gemeinschaft: kein Beweis, daß sie es immer taten? Wie wenn man behaupten wollte, die Stiere hätten heutzutage Hörner, weil sie nicht immer welche trugen.

Der Mensch war im allgemeinen immer, was er ist. Das bedeutet nicht, daß er immer schöne Städte besaß, 24-Pfund-Kanonen, komische Opern und Nonnenklöster. Aber immer wohnte ihm inne der Trieb, sein Innenleben zu lieben, seine Gefährtin, Kinder und seiner Hände Werk.

Das ist das einzige, was von einem Pol zum andern sich nimmer verändert. Da es immer den Grund zu einer Gemeinschaft gegeben hat, hat eine solche auch immer existiert, und wir sind nicht da, um auf der Bärenhaut zu liegen.

Zuweilen gab es in Wäldern ausgesetzte Kinder, die 112 wie Tiere lebten: aber das passiert auch Gänsen und Kälbern, weshalb wir nicht an ihrem Herdeninstinkt zweifeln.

Indische Fakire leben einsam und in Ketten. Aber das tun sie, um dem Passanten zu imponieren und ein Almosen zu entlocken, so wie unsere Landstraßenbettler sich verstümmeln. Dieser Abschaum der Menschheit beweist wiederum nur das Gegenteil. 113

 

Gleichheit

Was schuldet ein Hund einem Hund, ein Pferd einem Pferd? Nichts: kein Tier ist von seinesgleichen abhängig. Aber der Mensch, der den göttlichen Strahl der Vernunft empfing, dessen Vorrecht bedeutet, daß er fast auf der ganzen Erde ein Sklave ist.

Wäre die Erde das, was sie sein müßte: fände der Mensch überall leicht seinen Unterhalt und ein ihm zukommendes Klima, wäre es nie einem eingefallen, seinen Nächsten zu knechten. Wüchsen überall nährende Früchte; wäre die Luft, die uns leben macht, nicht von Krankheit und Tod geschwängert; könnte der Mensch wie Hirsch und Reh in einem Laubbett ruhen: dann könnten Dschengis-Kan und Tamerlan nur ihre Kinder zu Dienern benutzen, die ihrerseits ehrfurchtsvoll genug wären, Greise in ihrer Schwäche zu unterstützen.

In solchem Naturzustand, der allen Vierfüßlern, Vögeln und Reptilien eigen ist, wäre auch der Mensch glücklich, das Herrschen eine Schimäre, eine 114 unerdenkliche Absurdität: denn wozu Knechte, wo kein Dienst nötig ist!

Wenn es dann irgendeinem Kerl mit tyrannischem Haupt und sehnigem Arm einfiele, den weniger starken Bruder zu unterjochen, wäre es ihm unmöglich: der Verfolgte wäre schon hundert Meilen weit, ehe der Bedrücker sich zu seiner Tat vorbereitet hätte.

Alle Menschen wären gleich, wenn sie keine Bedürfnisse hätten. Aber die elende Natur unseres Geschlechts ordnet den einen dem andern unter. Ein Unglück ist nicht unsere Ungleichheit, sondern unsere Abhängigkeit. Es ist ganz gleich, ob jemand sich Seine Hoheit oder Seine Heiligkeit schimpft; aber hart ist es, dem andern dienen zu müssen.

Eine zahlreiche Familie hat ein gutes Land beackert. Zwei Nachbarfamilien, kleinere, haben magere und steinige Äcker: bald sind diese genötigt, der blühenden Familie zu dienen oder sie niederzumachen. Eine der beiden armen bietet der wohlhabenden Familie ihre Dienste an, um Brot zu bekommen; die andere greift sie an und wird geschlagen. So ist die dienende Familie die Urzelle aller Knechte und Arbeiter; die geschlagene die aller Sklaven.

Die Erdgestaltung macht es unmöglich, daß zusammenlebende Menschen nicht in zwei Klassen geteilt seien: Herrschende und Beherrschte. Diese zwei haben tausend Unterabteilungen, und die tausend splittern wieder ungemein auseinander. 115

Alle Unterdrückten sind nicht notwendig unglücklich! Die meisten sind in diesem Zustand geboren, die andauernde Arbeit verhindert sie am Nachdenken über ihr Los. Wenn sie es aber einmal tun, entstehen Kriege, wie einst zwischen Volkspartei und Senat in Rom, wie die Bauernkriege in Deutschland, England, Frankreich. Alle diese Kriege enden mit der Unterjochung des Volks, weil die Mächtigen das Geld haben, und das Geld über einen Staat herrscht: ich sage: Staat und nicht: Nation! Denn die Nation, die das Eisen am besten handhabt, wird immer siegen über die, die viel Gold und wenig Mut aufweist.

Jeder Mensch trägt in sich die Neigung zu Macht, Reichtum und Wohlleben, und besonders zu faulem Nichtstun: auch möchte jeder Geld, Weiber und Töchter des andern besitzen und sie seinen Leidenschaften gefügig machen; und jeder möchte nichts tun müssen oder wenigstens nur sehr angenehme Dinge. Aber da sieht man doch, daß bei solchen Anlagen die Menschen miteinander unmöglich »gleich« sein können, wie es unmöglich ist, daß zwei Pfarrer oder Theologieprofessoren sich gegenseitig nicht beneiden.

Das so geschaffene Menschengeschlecht kann nicht bestehen, wenn es nicht unendlich viele nützliche Individuen gibt, die nichts besitzen: denn ein wohlhabender Mann wird sein Land nicht verlassen, um 116 das deine zu bebauen. Und wer ein paar Schuh braucht, wird sich nicht an das Bittschriftenbureau wenden. Gleichheit ist also gleichzeitig der natürlichste und der widersinnigste aller Begriffe.

Da die Menschen immer in allem übertreiben, hat man die Ungleichheit auf die Spitze getrieben. Man hat in verschiedenen Ländern den Einwohnern verboten, außerhalb der Grenzen hinauszugehen, wo sie zufällig geboren sind. Dieses Gesetzes Sinn ist folgender: »Unser Land ist so arm und schlecht regiert, daß wir jedem Bürger verbieten, es zu verlassen, weil sonst alle weggehen würden.« Aber warum nicht umgekehrt es den Bürgern so angenehm machen, daß sie bleiben und die Fremden zuziehen möchten?

Jeder Mensch hat im Grunde seines Herzens das Recht, sich allen anderen gleich zu dünken. Folgt daraus, daß der Koch eines Kardinals seinem Herrn befehlen darf, ihn auch zu bedienen? Der Koch kann sagen: »Ich bin ein Mensch, genau wie mein Herr. Als ich geboren wurde, schrie ich, wie er. Er wird sterben wie ich, in den gleichen Qualen, mit denselben Zeremonien. Wir verrichten beide unsere animalischen Bedürfnisse. Wenn mal die Türken nach Rom kommen, werde ich Kardinal und er wird mein Koch: er wird mir das Mittagessen bereiten!«

Diese Rede ist richtig und vernünftig. Aber bis 117 der Großtürke kommt und Rom einnimmt, muß der Koch kochen: oder die menschliche Gesellschaft ist verdreht. Was soll ein Mensch tun, der weder Kardinalskoch ist, noch sonst ein Staatsamt bekleidet; der an nichts glaubt, sich aber ärgert, wenn man ihn überall hochnäsig und verachtungsvoll empfängt; der genau weiß, daß gewisse »große Tiere« nicht mehr und nicht weniger Wissen, Geist oder Tugend besitzen als er; und der sich in deren Vorzimmern maßlos langweilt – was soll der tun? Weggehn! 118

 

Leibeigenschaft

(Ein Dialog)

B.: Mir erscheint heute Europa wie eine große Kirmes. Man findet alles was man braucht: Schutzleute zur Sicherung der Warenhäuser; Halunken, die beim Würfelspiel das erschlichene Geld verspielen; Faulenzer, die um Almosen betteln, und Marionetten auf den Plätzen.

A.: Das ist alles so Sitte: diese Kirmesangelegenheit beruht auf den Bedürfnissen, der natürlichen Anlage und dem Geistesfortschritt des Menschen: auf Erstursachen, die zweiten Ursachen zum Ausgangspunkt dienen. Ich bin sicher, daß es in der Ameisenrepublik auch so zugeht: wir sehen sie wimmeln ohne recht zu verstehen, was sie tun. Sie scheinen ins Blaue hineinzurennen und sind vielleicht ebenso bewußt wie wir. Sie haben Kirmes wie wir. Was mich betrifft, so bin ich mit meiner Bude keineswegs unzufrieden.

C.: Unter den Gewohnheiten, die mir auf dieser 119 Messe besonders mißfallen, ärgern mich zwei vor allen: der Sklavenhandel und die Existenz der Schwindler, die vom Staat so hoch besoldet werden. Montesquieu hat mich mit seinem Kapitel über die Neger sehr belustigt. Das ist echte Komik: er lacht sich über unsere Ungerechtigkeiten tot.

A.: Wir haben allerdings kein natürliches Recht, einen Bewohner von Angola einfach zu fesseln und mit Ochsenhautpeitschen in die Zuckerfabriken von Barbada zu treiben, genau wie wir den Hund zur Jagd peitschen, weil wir ihn ernähren: aber das Recht zu einem Vertragsschluß haben wir. Warum verkauft sich der Neger? oder warum läßt er sich verkaufen? Ich kaufte ihn und er gehört mir. Welches Leid tu ich ihm an? Er schafft wie ein Pferd, ich ernähre ihn schlecht, kleide ihn schlecht und schlage ihn, wenn er nicht gehorcht. Was ist da so verwunderlich? Behandeln wir unsere Soldaten besser? Verloren sie ihre persönliche Freiheit nicht ebenso wie dieser Neger? Der einzige Unterschied zwischen einem Neger und einem Soldaten ist, daß dieser weniger teuer kommt. Weder der eine noch der andere darf den ihm zugewiesenen Ort verlassen: der eine wie der andere wird für eben die gleichen Vergehen mißhandelt. Der Lohn ist ungefähr der 120 gleiche. Außerdem hat der Neger noch das vor dem Soldaten voraus, daß er sein Leben nicht riskiert, sondern es ruhig mit seiner Negerin und seinen Negerkleinen verbringen kann.

B.: So sind Sie der Ansicht, daß ein Mensch seine Freiheit verkaufen kann, und diese doch nicht in Geld umgerechnet werden darf?

A.: Alles hat seinen Preis. Desto schlimmer für ihn, wenn er etwas so Kostbares so billig verkauft. Er ist ein Dummkopf: aber sagen Sie nicht deshalb, daß ich ein Schuft bin.

B.: Es dürfte überhaupt keine Sklaverei geben!

C.: Das kommt auch sicher, wenn einmal der Ewige Friede mit dem Großtürken unterzeichnet ist und ein Loch zum Mittelpunkt der Erde gegraben, damit wir geometrisch genau wissen, wie wir uns auf der Oberfläche zu benehmen haben. 121

 

Tyrannei

Tyrann wird derjenige Herrscher genannt, der seine Launen zum einzigen Gesetz macht, der erst das Gut seiner Untertanen in die Tasche und dann sie selber in Uniformen steckt, um noch das Gut der Nachbarn zu holen. Solche Tyrannen gibt's überall, nur in Europa nicht.

Man unterscheidet die Gewaltherrschaft von einzelnen und die von Kasten: letztere findet statt, wenn eine einzige Kaste allen andern ihre Rechte nimmt, und die Tyrannei ausübt auf Grund von eigens dazu umgedeuteten Gesetzen. Auch so was gibt's in Europa keineswegs.

Aber welche Tyrannei würdest du vorziehen? Keine! Wenn ich jedoch wählen müßte: dann lieber die Tyrannei eines einzelnen als die von vielen. Ein Despot hat immer hier und da ein paar gute Regungen: eine Versammlung von Despoten nie. Wenn mir ein Tyrann ein Unrecht antut, kann ich ihn durch seine Mätresse, seinen Beichtvater oder seinen Pagen entwaffnen. Einer Gesellschaft schlimmer 122 Tyrannen ist nicht beizukommen: tut sie auch nicht gerade Unrecht: sie ist immer hart und ohne Gnade.

Hab ich nur einen Tyrannen, brauch ich mich nur an die Wand zu drücken, wenn er vorbeikommt, oder ich brauche mich nur zu verbeugen oder mit der Stirn den Boden zu berühren, je nach Landessitte. Bei einer Gesellschaft von hundert Tyrannen müßte ich das hundertmal am Tag tun, was sehr langweilig wird, besonders wenn man kein biegsames Rückgrat hat. Wenn ich ein Landgut in der Nachbarschaft eines unserer Herren besitze, werd ich erdrückt. Muß ich gegen den Verwandten eines Verwandten eines der Gewaltherren einen Prozeß führen, bin ich erledigt. Was tun? Auf dieser Welt ist man immer nur Hammer oder Amboß. Wer sich dieser Wahl entziehen kann, sei gepriesen! 123

 

Krieg

Hunger, Pest und Krieg sind die drei geläufigsten Beigaben zu diesem Menschenleben.

Unter die Rubrik Hunger gehören noch all die schlechten Nahrungsmittel, zu denen wir greifen müssen: wir kürzen unser Leben ab, um es überhaupt zu erhalten.

Unter Pest verstehe ich alle ansteckenden Krankheiten, zwei- bis dreitausend ungefähr.

Beides sind Geschenke der Vorsehung.

Aber der Krieg, der alle diese vereinigt, entspringt nur der Phantasie von drei- bis vierhundert Personen, die über den ganzen Erdboden verteilt sind und den Namen Fürst oder Minister tragen. Das ist auch vielleicht der Grund, warum mehrere Schriftsteller sie in ihren Widmungen »Lebende Gleichnisse des göttlichen Geistes« nennen.

Auch der lächelndste aller Schmeichler wird ohne weiteres zugeben, daß der Krieg immer Pest und Hunger im Gefolge hat: man braucht nur die Armeespitäler in Deutschland oder einige durch eine 124 herrliche Kriegsschlacht ausgezeichnete Dörfer gesehen zu haben.

Es ist gewiß ein sehr schönes Vergnügen, Felder zu verwüsten, Wohnhäuser niederzubrennen, und jahraus jahrein vierzigtausend von hunderttausend Männern hinzumorden. Diese Erfindung wurde anfangs von Nationen ausgebeutet, die fürs allgemeine Wohl auszogen: wenn z. B. der Kriegsrat der Griechen die Phrygier und deren Nachbarn wissen ließ, daß er mit tausend Fischerbarken auszuziehen gesonnen sei, um sie womöglich auszurotten.

Das versammelte römische Volk hielt es für nötig, vor der Erntezeit die Vejer oder die Volsker anzugreifen. Einige Jahre darauf zürnten alle Römer allen Karthagern dermaßen, daß sie sich lange zu See und zu Land bekämpften. Heute ist das anders.

Irgend ein Rassenschnüffler beweist einem Fürsten, daß er direkt von einem Grafen abstamme, dessen Eltern vor drei- bis vierhundert Jahren mit einem Haus, das in der Erinnerung selbst erloschen und tot ist, einen Familienpakt geschlossen hätten. Dies Haus hatte Anrecht auf eine entfernte Provinz, deren letzter Inhaber am Schlaganfall gestorben: der Fürst und dessen Rat beschließen ohne weiteres, daß diese Provinz ihm durch ein göttliches Recht zukomme. Mögen die Bewohner dieser Provinz, die mehrere hundert Meilen von ihm entfernt liegt, noch so 125 laut schreien, daß sie ihn nicht kennen und keinerlei Gelüste haben, von ihm regiert zu werden; daß man nur solchen Leuten Gesetze geben kann, die sie anerkennen wollen: der Fürst, dessen Recht unanfechtbar ist, erfährt von dieser Auflehnung nicht. Aber im Handumdrehen stehen ihm unzählige Mannen zu Gebote, die nichts zu verlieren haben. Er staffiert sie aus mit gutem blauem Wolltuch, zu 5 Fr. 50 das Meter, bestickt ihre Mützen mit einem dicken weißen Faden, läßt sie nach rechts und nach links sich drehn – und marschiert dann dem Ruhm entgegen.

Andere Fürsten hören von dieser Streitfahrt und nehmen dran teil, jeder nach seinen Kräften: bald wimmelt eines Landes karge Oberfläche von mehr besoldeten Mördern als ein Dschengis-Kan, Tamerlan und Bajazet hinter sich herschleppten.

Entlegene Völkerschaften hören von dem bevorstehenden Krieg und daß es fünf bis sechs Sous täglich zu verdienen gebe: eilends teilen sie sich wie Ernteleute in zwei Banden und verkaufen sich den beiden Feinden.

Zwei Haufen rennen gegeneinander, nicht nur ohne selbst einen Gewinn dabei zu haben, aber ohne nur zu wissen, um was es geht: da gibt es fünf oder sechs Kriegsmächte, drei gegen drei, oder zwei gegen vier, oder eine gegen fünf – die sich gegenseitig hassen, sich treffen und bekämpfen: alle nur von 126 dem einen Willen beseelt, soviel wie möglich Unheil anzurichten.

Das Wunderbarste an diesen infernalischen Handlungen ist, daß jeder Führer zum Mord seine Fahnen segnen läßt und Gott inbrünstig anruft, ehe er seinen Nächsten abschlachtet. Wenn einem Helden nur zwei- bis dreitausend Menschen hinzumetzeln vergönnt war, dankt er Gott keineswegs. Wenn aber so an die Zehntausend dran haben glauben müssen und wohl außerdem eine Stadt ganz in Schutt und Asche liegt, dann wird ein großer vierstimmiger Gesang angestimmt, der in einer den Kampfmannen ganz unbekannten Sprache verfaßt ist, bespickt mit Barbarismen. Es ist der gleiche Gesang, für Hochzeiten, Geburten und Mördereien: was man nicht entschuldigen dürfte, in einer Nation zumal, die für ihre neuen Liedercouplets so berühmt ist.

In Stadt und Land werden Sänger bezahlt, die die Tage des Mordes heiligen: die einen tragen einen langen schwarzen enganliegenden Wams, mit einem Mäntelchen drüber; andere ein Hemd über den Rock; noch andere zwei bunte Zipfel über dem Hemd. Alle reden sie sehr lange: sie ziehen Vergleiche herbei: wie es dereinst in Palästina geschah, oder bei einem Gefecht in Veteravien. Den Rest des Jahres deklamieren diese Herren gegen die Laster des Jahrhunderts  . . .

Elende Seelenpfuscher kreischen fünf Viertelstunden 127 lang über einen Nadelstich und sagen keine Silbe von der furchtbaren Krankheit, die uns in tausend Fetzen zerreißt.

Philosophen! Moralisten! Verbrennt eure Bücher! Solange der Dünkel einiger Männer Tausende von Brüdern rechtlich hinschlachten darf, wird der »heldische« Teil des Menschengeschlechts die gräßlichste Ausgeburt der ganzen Natur darstellen.

Was geht mich Menschheit, Wohltun, Bescheidenheit, Geduld, Güte, Weisheit, Frömmigkeit an: wenn ein halb Pfund Blei, von sechshundert Metern Entfernung geschossen, mir die Glieder zerfetzt, wenn ich zwanzigjährig in unerdenklichen Qualen hinsterbe und meine Augen, die sich zum letztenmal öffnen, meine Geburtsstadt in Feuer und Eisen hinsinken sehen: die letzten Laute an mein Ohr sind Schreie von Weibern und Kindern unter Ruinen –, und das alles für das sogenannte Recht eines Mannes, den wir nicht kennen.

Das Schlimmste aber ist: Krieg ist unvermeidlich. Wenn man recht zusieht, haben alle Männer den Gott Mars angebetet: Zebaoth ist für die Juden der »Gott der Waffentat. Und bei Homer nennt Minerva den Mars einen wütenden, tollen, infernalischen Gott. 128

 

Kriegsrecht

(Dialog)

A.: Was ist das: das Recht des Krieges?

B.: Ihre Frage bringt mich in Verlegenheit. Aber Grotius hat eine große Abhandlung darüber verfaßt, in der er mehr als zweihundert griechische und römische Autoren und sogar jüdische Schriftsteller zitiert.

A.: Glauben Sie, daß der Prinz Eugen oder der Herzog von Marlborough diese studiert haben, bevor sie die Franzosen aus ihrem Land vertrieben? Das Recht im Frieden kenne ich gut; es bedeutet: sein Wort halten und alle Menschen an den Gütern der Natur teilnehmen lassen. Aber ein Kriegsrecht kann ich mir nicht vorstellen. Ein Kodex des Mordes ist mir unbegreifbar. Indes hoffe ich, daß man uns bald das Gesetzbuch für Straßenräuber schenken wird.

C.: Wie aber diesen alten, schmählichen, allgemeinen Begriff Krieg mit dem Sinn von Gerecht und 129 Unrecht verbinden? Oder mit dieser uns, wie man sagt, eingeborenen Rücksicht auf den Nebenmenschen? Oder gar mit dem Schönen und Guten der Antiken, dem το καλὸν?

B.: Halt, nicht so schnell. Dies Verbrechen, das darin besteht, eine so große Anzahl von Verbrechen zu erlauben, ist gar keine so allgemeine Gewohnheit, wie Sie vielleicht glauben. Die Brahmanen, die Primitiven, die sich jetzt Quäker nennen, haben sich eines solchen nie schuldig gemacht. Die jenseits des Ganges wohnenden Völkerschaften vergießen selten Blut. Ich habe nie von einem Krieg der Republik San Marino gehört, obwohl sie sich über ein ebenso großes Land erstreckt wie das des Romulus. Die Stämme am Indus und Hydaspes waren sehr erstaunt, als die ersten bewaffneten Räuber über ihr schönes Land herfielen. Und viele Völker Amerikas hatten keine Ahnung von diesem Verbrechen, als die Spanier sie angriffen. Die Kanaaniter haben kaum an Krieg gedacht, ehe jüdische Horden einrückten, die Orte einäscherten, die Frauen über den Leichen ihrer Gatten erdrosselten und die Kinder an der Brust der Mütter. Wie also das erklären?

A.: Genau so, wie Ärzte die Ursachen der Pest und der Tollwut erklären. Es sind innere Krankheiten unserer Organe. Jeder hat nicht 130 die Pest und die Tollwut. Aber es genügt, daß ein toll gewordener Staatsminister einen anderen Staatsminister beißt: dann kriegen bald im Laufe von drei Monaten vier- bis fünfhunderttausend Menschen dieselbe Krankheit.

C.: Gibt es aber keine Heilmittel, da Sie von Kriegskrankheit sprechen?

A.: Ich kenne zwei aus den Tragödien: die Furcht und das Mitleid. Die Furcht verhindert uns oft am Friedenschließen. Das Mitleid, das die Natur uns wie eine Art Gegengift mitgegeben hat, hat nur zur Folge, daß man den Besiegten nicht immer mit der äußersten Schärfe bestraft. Es liegt in unserem eigenen Interesse, gnädig mit ihnen zu sein, damit sie weniger unwillig dem neuen Herrn dienen. Ich weiß wohl, daß brutale Sieger die unterlegenen Nationen auch hart bestraft haben. Das ruft mir einen Vers aus einer älteren französischen Tragödie »Spartacus«Von Saurin, 1760 aufgeführt. zurück:

    Der Welt Gesetz ist: Wehe den Besiegten.
    Hab' ich ein Pferd gezähmt, so muß ich klug sein,
    Es gut ernähren, um es zu benützen.
    Doch wenn ich toll geworden, schneid ich's klein.

C.: Das alles ist wenig tröstlich. Immerhin sind wir ja alle mal unterjocht worden. Und kein Sieger kam je mit dem Schwert in der einen 131 und dem Gesetzbuch in der anderen Hand. Erst nach dem Triumph gab er Gesetze, nach Raub und Plünderei: Gesetze, die überdies nur zur Festigung seiner Tyrannei dienten.


B.: Man spricht aber doch immer von Gesetzen, die im Krieg befolgt werden: Waffenstillstände werden zur Totenbestattung anberaumt; an gewissen Orten darf nicht gekämpft werden; eine belagerte Stadt darf kapitulieren; ein gefangener Offizier, wenn er verwundet ist, wird höflich behandelt und im Falle seines Todes in Ehren begraben.

A.: Merken Sie denn nicht, daß das Friedensrecht ist, Naturgesetz, das Urgesetz, das einer dem anderen einräumt? Trotz, nicht wegen des Krieges hat er Geltung: und ohne dieses wäre die Hälfte der Erdoberfläche ein Knochenhaufen.

C.: Und Sie geben nicht zu, daß es gerechte Kriege gibt?

A.: »Gerechter Krieg« ist ein Widerspruch in sich. Es kann nur Offensivkriege geben. Die Defensive ist nichts als eine Notwehr gegen bewaffnete Banden.

Jede Nation, die einen Krieg führt, ist von Tollwut betroffen. Diese dauert zwölf Jahre an, bis die Erschlafften gezwungen sind, sich 132 zu versöhnen. Krieg ist wie der Vesuv: einmaliger Ausbruch, der ganze Städte zerstört, und wieder kühlt sich die Glut. Es gibt Zeiten, wo die wilden Tiere aus dem Wald hervorkommen und die Saaten vernichten, dann kehren sie in ihre Höhlen zurück.

C.: Wie elend ist das Leben der Menschen.

A.: Aber das des Rebhuhns ist noch schlimmer: die Füchse und Raubvögel zerfleischen es, die Jäger schießen es, die Köche rösten es, und doch gibt es immer noch welche. Die Natur schützt die Gattungen, aber kümmert sich wenig um die Individuen.

B.: Sie sind hart. Die Moral geht auf solche Argumente nicht ein.

A.: Nicht ich bin hart: das Schicksal ist es. Mögen eure Moralisten ihre bekannten Sermone immer weiterleiern. Sie machen Eindruck auf drei oder vier denkende Köpfe. Aber hunderttausend andere werden immer wieder Husarenleutnant werden wollen.

C.: Dann gehen wenigstens wir nicht in den Krieg und lassen uns nicht für Geldgeschichten einfach hinschlachten! Geben wir nur recht acht auf jeden Dieb, der sich Eroberer schimpft. 133

 


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