Johann Wolfgang von Goethe
Briefwechsel mit seiner Frau. Band 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1816

599. Christiane

Weimar, den 15. Mai 1816.

Tausend Dank für alles Überschickte. Bei uns ist alles in Tumult, der Zauberlehrling ist in allen Zimmern eingekehrt; Deine Zimmer sind aber alle schon fertig. Minchen ist mit Arbeit noch ganz beschäftiget.

Der neue Schauspieler ist, wie Du weißt, sehr hübsch und hat sehr lebhaft gespielt gegen unsern. Hier folgen auch noch 6 Bouteillen Wein.

Lebe wohl und denke mein.

C. v. Goethe.

 

600. Christiane

Weimar, den 18. Mai 1816.

Ich freue mich unendlich, daß Dirs gut geht, denn das ist ja unser aller Glück. Daß Du das vorige Mal nicht mehr geschrieben erhalten hast, war nicht meine Schuld; Kräuter, der mich am besten versteht und in meiner Correspondenz der Brauchbarste ist, war an diesem Tage früh weggefahren, und ich sah mich genöthigt, um Dir doch nur einiges zu schreiben, Franken von der Bibliothek holen zu lassen, mit dem ich nicht so recht fertig werden konnte, daher die wenigen Zeilen. Jetzt aber, da mir Kräuter wieder zur Hand ist, hoff ich, soll es besser fließen.

Die Bestätigung Deines Wohlbefindens aus dem Munde des Canzler Müller hat mich sehr vergnügt. Auch ich befinde mich leidlich; ich benutze jeden Sonnenblick, um in freie Luft zu kommen, die mir so wohl thut. Im Allgemeinen aber ist die gegenwärtige Witterung in unserm Thale nicht die angenehmste, es ist kühl, naß, windig, alles auf einmal.

Dein Garten steht gegenwärtig in seiner größten Pracht, und es macht wirklich verdrüßlich, daß die üble Witterung so wenig im Freien zu sein erlaubt. Die Äpfelbäume blühen in höchster Fülle, es steht Blüthe an Blüthe, die Rabatten vor Deinen Fenstern schmücken die schönsten gefüllten Tulipanen, deren schöne Farben die stolzen Kaiserkronen verdunkeln, und trotz der geringen Wärme und den kühlen Nächten reift doch alles der Vollkommenheit entgegen. Möge Dich die schöne Blüthe in Jena für diese Entbehrung reichlichst entschädigen.

Wäre nur recht viel Neues und Interessantes bei uns vorgefallen, meine Feder sollte nicht ermüden, Dir alles haarklein zu erzählen; so aber fehlt es mir gänzlich an dergleichen, alles geht seinen ruhigen Gang fort, und was ich Dir ja noch würde erzählt haben, das hat mir schon August in seinem Briefe, über dessen Länge Du Dich dießmal freuen wirst, weggenommen.

Nun lebe wohl und vergnügt.

C. v. Goethe.

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601. Christiane

Lieber Geheimerath!

Ich habe Dich um Verzeihung zu bitten, daß ich Deinen gut gemeinten Rath wegen des Aderlasses nicht schleunig genug nachgekommen, wodurch höchst wahrscheinlich ich diesem Unfalle entgangen wäre. Ich danke Gott, daß es so glücklich überstanden ist. Gegenwärtig befinde ich mich ziemlich wohl, der Kopf ist mir sehr leicht, alle Sinne sind frei und heiter, und nirgends ist mehr ein Druck oder betäubende Schwere zu bemerken. Nur die spanische Fliege incommodirt mich noch etwas.

Leb nun wohl und gedenke mein.

Weimar, den 22. Mai 1816.

Champagner ist dießmal in unserm Keller gar nicht zu finden, Ramann hat mir noch keinen geschickt. Werthheimer, 2 Bouteillen, folgen anbei.

C. v. Goethe.

 


 


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