Johann Wolfgang von Goethe
Briefwechsel mit seiner Frau. Band 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1810

469. Goethe

[Jena, 13. März 1810.]

Wir sind glücklich hier angekommen, obgleich Wetter und Weg höchst unangenehm waren. Der Hecht, den Dir August gesendet hat, ist gewiß gut empfangen worden. Wenn ihr uns auch etwas Schmackhaftes dagegen schickt, so soll gelegentlich wieder ein Fisch folgen; sonst gewöhnen wir uns an, sie selbst zu essen.

Sende mir einen von den schwächeren Ästen des Wachholderbaums, nur etwa eine Elle lang; wir wollen einen Versuch machen und sehen, was damit zu thun ist. August legt sich eine artige Sammlung von Holzmustern an; dazu soll auch ein Stück verwendet werden.

Er befindet sich übrigens recht wohl und geht schön gerade. Ich hoffe, Carolinchen wird es auch thun.

Sende mir einige Abputztücher, damit es so reinlich um mich bleibe, wie es gegenwärtig ist.

Schicke uns auch von solchen Calendern auf Pappe gezogen, sie liegen auf dem Bücherrepositorium meines Schreibtisches, rechts, ganz oben. Riemers rothes Brieftäschchen ist am Sonntage im Saale liegen geblieben. Er erbittet sichs zurück.

Noch einiges würde ich hinzusetzen; aber August hat mir so allerlei vorerzählt, daß die Boten drüber ankommen. Besorge nur das Beiliegende recht ordentlich und lebe wohl.

G.

[Nachschrift: August]

Ich bin den ganzen Nachmittag beim guten Vater gewesen, kann Ihnen also nichts wünschen, als daß der Hecht gut bekommen möge. Grüßen Sie Demoiselle Ulrich.

August.

 

470. Goethe

Da es denn doch nicht wohl angeht, daß man einen so angenehmen Besuch verbittet, so sollt ihr eben Freitags nach eurer Bequemlichkeit willkommen sein. Das Tagebuch ist recht schön und reichlich, das Übrige wollen wir mündlich besprechen.

G.

[Nachschrift: August]

Da der Kasten dießmal so reichlich mit Würsten und andern Eßwaren angefüllt war, so muß ich beinahe glauben, daß Sie mich damit bestechen wollten, um ein gutes Wort für Sie, wegen des Balles, beim Vater einzulegen. Auf Wiedersehen. Besonders haben mir die drei Lungenstrudel sehr gut geschmeckt.

August.

Jena, den 14. März 1810.

*

 

 

 

*

471. Goethe

Um folgende Besorgungen wollte ich Dich dießmal gebeten haben:

Erstlich wird Herr von Knebel nach Weimar kommen, den Du ohne mein Erinnern gut aufnehmen wirst. Sodann aber suchst Du, in der mittleren Schublade meines großen Schreibtisches, rechts, ein Packet, worauf

Saul

geschrieben steht. Dieses eröffnest Du und gibst ihm, was es enthält.

Zweitens hängen in dem Schranke rechts eben dieses Schreibtisches kleine messingene Schlösser mit Schlüsselchen. Diese schicke mir mit den rückkehrenden Boten.

Da unser guter Knebel mit den Seinigen Dich zu Mittag heimsuchen wird, so richte Dich darauf ein. Ich hoffe, daß Du dieses Blatt noch zur rechten Zeit erhältst.

Von meiner Seite habe ich, zu ihrer besseren Aufnahme, hierbei auch noch ein Blättchen wegen Entrée des Freundes in meine Loge, solange er in Weimar ist, und ein zweites geschrieben, damit Du für die Familie auch Billette ins Parterre erhalten kannst. Mache übrigens alles, wie Du glaubst, daß es recht ist.

August hat sich auch entschlossen, zur schönen ›Müllerin‹ zu wandern. Vielleicht ist er früher da als Gegenwärtiges. Du wirst auf alle Fälle einen wohlbesetzten Tisch haben. Lebe recht wohl und schicke uns manchmal Froschkeulchen. Die übersendeten waren ganz vortrefflich. Grüße Carolinchen.

Jena, den 23. März 1810.

G.

 

472. Goethe

[Jena, 27. März 1810.]

Heute schreib ich Dir wenig, mein liebes Kind, ich habe Besuch, und die Boten wollen fort.

Entschuldige mich bei Herrn Hofkammerrath und Genast, daß ich nur schicke und nicht schreibe. Wegen des Treuterischen Hauses schreibe ich nächstens. Auch wegen andrer Dinge, die ich geschickt wünsche.

Kannst Du die Dose finden, die ich von Stuttgart geschickt kriegte, von dem grünen Stein mit Granaten, sie steht auf meinem Schreibtische in einer kleinen weißen Schachtel, so schicke sie.

Grüße Carlinchen schönstens. August speist und dämmert. Lebe wohl, liebe mich.

G.

 

473. Goethe

Da ich Dienstags nicht schreiben konnte, so will ich sehen, diesen Brief früher als Sonnabend zu Dir zu bringen und Dir von mancherlei Dingen Nachricht zu geben.

1. Was das Treutersche Haus betrifft, so liegt ein Blatt an Genast nach Deinen Gesinnungen bei, welche mit den meinigen völlig übereinstimmen. August denkt ebenso, und wir finden beide kein großes Unglück, wenn auch am Ende die Planke wieder hergestellt und unser Garten um so viel kleiner würde. Dieß ist die beste Gesinnung, um nicht übertheuert zu werden. Kann man dieses Besitzthum auf eine leidliche Weise acquiriren, so ist es etwas Anders.

2. Was den ›Saul‹ betrifft, der sich nicht finden will, so wären drei Personen denkbar, denen ich ihn gegeben hätte: erstlich Genast, zweitens Wolff, drittens Fräulein von Knebel. Erkundige Dich deßhalb, finden muß er sich.

3. Das Holz des Wachholderbaums hebe ja sorgfältig auf und laß nichts mehr davon zerschneiden. Es ist viel kostbarer, als wir jetzt denken: denn dergleichen ist unter keiner Bedingung wieder zu haben, und ich würde nicht rathen, ein größeres Möbel daraus machen zu lassen, sondern kleinere Dinge, womit es aber noch Zeit ist: denn das Holz kann immer noch austrocknen.

4. Was Deine beiden Schränkchen betrifft, so wird August den Sonnabend, wenn er hinüberkommt, das Maß nehmen, und alsdann will ich Dir hüben ein Paar, wie Du sie verlangst, von Pappelholz machen lassen, welches gut in die Augen fällt und ein Zimmer sehr putzt. Auch arbeiten die hiesigen Tischer ungleich besser und wohlfeiler als die Weimarischen. Die Sache wird mit Herrn Obrist von Hendrich besprochen, und August betreibt sie alsdann.

5. Was die Hof-Trauer betrifft, so brauchst Du mir niemals den Zettel zu schicken. Richte Du Dich vielmehr darnach: denn es schickt sich immer, daß Du Hof-Trauer trägst, wie Du es dießmal auch gethan hast. Von Frankfurt laß Dir kommen, was für gut gehalten wird, daß Du bei den Vermählungsfeierlichkeiten, inwiefern Du dazugezogen wirst, anständig erscheinen kannst.

6. Den Brief von Schlossern habe ich erhalten; es ist leider nur Verlust daraus zu ersehen. Indessen, da die ganze Welt verliert, so wollen wir uns nicht ausschließen.

7. Frau von Knebel hat ein Hütchen für Dich bestellt, welches hoffentlich fertig wird, um mit den Boten Sonnabend anzukommen. Das ihrige, wonach es gemacht wird, ist freilich niedlich genug.

8. Wenn Du etwas weißt, was Carolinchen Vergnügen machte, so sage es mir entweder, oder, wenn Du die Sachen von Frankfurt verschreibst, laß ihr auch etwas mitkommen.

9. Die schwarzen Beinkleider sind angekommen und passen gut. Den schwarzen Hofrock laß mir zu einem Frack umändern. Die alten Beinkleider will ich für Heinrich schicken. August will meinen alten Überrock haben.

10. Der Frau von Heygendorf empfehle mich vielmals. Sobald es hier freundlich wird, soll sie förmlich eingeladen werden. Wenn sie sich einrichtet, ein paar Tage hier zu bleiben, so wollen wir schon für ein artig Quartier sorgen: denn in einem Tage hin- und wiederzufahren ist für sie und das Kind nicht rathsam. Alles Übrige Sonnabend mit dem Boten.

Jena, den 29. März 1810.

G.

11. Federnelken, und zwar gefüllte, erhältst Du, sobald es rechte Zeit ist, sie zu verpflanzen. Das Allzufrühe hilft nichts. Auch schicke ich Rapontica-Samen, welchen zu säen es auch noch Zeit hat. Hebe nur dazu einige gute, sonnige Beetchen auf.

 

474. Goethe

Heute weiß ich, mein liebes Kind, nicht viel zu schreiben: denn in dem gestrigen, durch Herrn von Egloffstein abgesendeten Brief habe ich alles möglichst bedacht. Ist etwas vergessen, so erinnere mich.

Meine Arbeiten gehen insofern gut, daß wir hoffen können, bald fertig zu werden. Freilich keine Störungen dürfen eintreten, und wir werden euch nicht eher einladen, als bis wir recht auf dem grünen Zweige sitzen.

August kommt wieder zu euch hinüber, und ich freue mich seiner, auf mehr als Eine Weise; aber es ist doch etwas Wunderbares in der Sache. Wenn ich es recht übersehe und bedenke, so ist mir sein Heidelbergischer Aufenthalt lieber als sein Jenaischer: es kommt schon etwas Kümmeltürkisches in ihn. Ich habe niemals einen so deutlichen Begriff von diesem Worte gehabt als jetzt. Ich will ihm seinen Sommer nicht verderben, und Du brauchst ihm hiervon nichts merken zu lassen; aber wenn es so fortgeht, so muß er auf Michael wieder in eine andere Welt, nach Göttingen, oder wohin es auch sein mag. Da viel Zeit bis dahin ist, so wollen wirs besprechen; aber ich sage es voraus, weil ich nicht viel mehr Zeit habe, etwas lange auf dem Herzen zu behalten.

Du erhältst einen ganzen Kasten voll köstliche, gefüllte Federnelken. Lasse sie nicht zu nahe aneinander pflanzen: denn sie bestocken sich sehr. Den Kasten schicke zurück.

Auch lege ich Rapontica-Samen bei, davon Du die Hälfte jetzt auf ein wohlbestelltes Ländchen säen kannst, die andere Hälfte erst im Mai auf ein anderes. Wie diese Pflanzen übrigens zu behandeln sind, besprechen wir noch weiter mündlich.

Das Hütchen, hoffe ich, ist auch glücklich angekommen. Es ist wirklich sehr artig, und ich glaube, daß es Dir gut steht.

Frau von Knebel kommt auch schon wieder hinüber, und August ist vielleicht früher bei Dir als Gegenwärtiges.

Die Mitglieder der Singestunde grüße zum schönsten. Wenn ich wieder hinüberkomme, so müssen wir einen recht vergnügten Donnerstag haben. Erkundige Dich im Stillen, ob in der Charwoche ein Oratorium oder etwas dergleichen stattfinden soll. Ich werde mich darnach richten.

Lebe wohl und versäume nicht, zu dictiren, was vorgeht, und grüße Deinen hübschen Secretär.

Jena, den 30. März 1810.

G.

 

475. Goethe

August ist glücklich zurückgekommen, hat uns viel erzählt und war von der Aufführung des ›Hamlets‹ besonders erbaut. Mir geht es auch ganz gut, und wir werden vor Ostern, wo nicht fertig, doch ziemlich weit sein.

Habe Dank für das überschickte Gute. Die Näpfchen sollen heute sämmtlich wieder zurückkommen.

Schicke mir wieder etwas Franzwein, und von Zeit zu Zeit, auch ohne meine Erinnerung, einige Fläschchen.

Von der schwarzen Weste will Karl nichts wissen: er sagt, daß er sie nie gesehen habe.

Das eine Paar Beinkleider für Heinrich kommt mit.

In Deinem Garten wird alles wohl schön bestellt sein. Ich habe vergessen anzuzeigen, daß die Nelken etwas tief gesetzt sein wollen; doch wird das der Gärtner, als ein verständiger Mann, schon für sich gethan haben.

Ich gehe hier viel spazieren, und das schöne Wetter gefällt mir sehr wohl.

Für heute wüßte ich nichts mehr zu sagen; sollte ich etwas vergessen haben, so sei so gut und erinnere es. Lebe recht wohl und grüße Carolinchen.

Jena, den 3. April 1810.

G.

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476. Goethe

Schon gar manches von dem, was ich gewünscht habe, ist angekommen. Sei so gut und schicke mir das Blättchen zurück, worauf alles steht, damit ich zuletzt weiß, ob auch alles hier ist.

Hofrath Meyer wird kommen und einiges aussuchen. Das überlasse ihm, oder übernimm es und schicke es mir, oder besorge es sonst, wie es sich fügen will. Nur bitte ich Dich, gib diesen Sachen einige Aufmerksamkeit, daß sie nicht bloß im Sturm geschehen, und daraus Confusionen entspringen, wie leider schon der Fall war.

Ich habe noch gar mancherlei, was ich herüberwünschte, und will es nach und nach verlangen. Ich hoffe, ihr werdet euch wohlbefinden und auf eure Weise vergnügt sein. Der Schnee hat mich auf einige Tage eingesperrt: es wird aber nur bald um desto besseres Wetter werden.

Schicke mir ja von Zeit zu Zeit etwas Genießbares: denn unser Tisch ist sehr schlecht und wird noch schlechter werden, wenn Hanburys weggehn. Lebe recht wohl, grüße den Schirmvoigt und Carolinchen. Wegen dieser habe ich recht umständlich und treulich an Herrn Geh. Rath von Voigt geschrieben.

Jena, den 13. April 1810.

G.

 

477. Goethe

Dein Bruder hat mir alles recht ordentlich überliefert, und ich schreibe mit den Boten mehr. Dieses gebe ich mit den Bouteillen an den Kutscher, der euch selbst erzählen mag, wie es zugegangen ist, daß er unterwegs umgeworfen hat. Der Bibliothekar hat am Backen einigen Schaden genommen, der aber schon durch guten Hendrichischen Wundbalsam auf dem besten Wege der Heilung ist. Ich sage dieß nur, damit nicht etwa die klatschige Fama das Übel größer macht, als es ist, damit sie etwas zu sagen habe. Lebe recht wohl.

Jena, den 17. April 1810.

Goethe.

 

478. Goethe

Alles, was ich gewünscht habe, ist recht glücklich und gut angekommen, deßwegen Du auch ganz besonders gelobt sein sollst. Ganz allein fehlt noch das Holz vom Wachholderbaum, wovon ich Dich um einen stärkern und schwächern Ast bitte.

Unsere Geschäfte gehen hier sehr gut; nur bringt mich leider das Essen beinahe zur Verzweiflung. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, daß ich vier, fünf Tage bloß von Cervelatwurst, Brot und rothem Wein gelebt. Auch sehe ich unter den hiesigen Umständen gar keine Rettung und wäre, weil es mir zuletzt doch schädlich werden muß, schon wieder hinübergefahren, wenn es unser Geschäft nur einigermaßen zuließe. Ich bitte Dich also aufs allerinständigste, mir mit jedem Boten-Tage etwas Gutes, Gebratenes, einen Schöpsenbraten, einen Kapaun, ja einen Truthahn zu schicken, es mag kosten, was es will, damit wir nur zum Frühstück, zum Abendessen, und wenn es zu Mittag gar zu schlecht ist, irgend etwas haben, was sich nicht vom Schwein herschreibt. Ich mag Dir nicht sagen, wie verdrießlich und ärgerlich ich die Zeit her gewesen bin, wenn ich mit einem übertriebenen und ganz unschicklichen Aufwand entweder hungern oder etwas genießen mußte, was mir offenbar schädlich war.

Alles Andere, was von uns selbst abhängt, geht sehr gut, und wir werden zur rechten Zeit fertig. Daß der Bibliothekar schon heute kommt, hindert, daß der Schreiber dieses nicht mit dem Wagen zurückkehrt. Ich wiederhole, daß der kleine Unfall, den der Bibliothekar gehabt, von keiner Bedeutung ist. Wegen Carolinchen ist, hoffe ich, schon ein Rescript an die Regierung gegangen. Erkundigt euch immer wieder einmal darnach und laßt die Sache nicht ruhen. Weiter wüßte ich für den Augenblick nichts, womit ich Dich plagen oder belästigen möchte. Schreibt mir aber doch, und zwar etwas ausführlich, wie es mit der ›Schweizerfamilie‹ gegangen ist. Wenn August von seiner Tour zurückkommt, so ermuntere ihn ja, daß er mir eine recht ausführliche, hübsche Relation schreibt. Lebe recht wohl und besorge Inliegendes, besonders an Ludecus, recht pünctlich: denn es enthält Geld und Geldeswerth.

Jena, den 17. April 1810.

G.

 

479. Goethe

Auf eure freundliche Einladung können wir uns leider nicht einfinden: denn gerade in diesen Tagen und in der nächsten Woche steht uns noch das Schwerste bevor. Wir müssen also aushalten, es sei, auf welche Art es auch sei.

Doch haben Deine Wohlthaten theils an und vor sich selbst sehr gute Wirkung gethan, theils auch anderes Gute herbeigeführt, und wir haben uns in der letzten Zeit, was das Essen betrifft, um vieles besser befunden. Sende uns nur mit jedem Botentage etwas Abgebratenes, es sei, was es sei, damit ich nur zum Frühstück und Nachtisch etwas Kaltes habe, das mir allein wohlschmeckt und mir allein wohlbekommt.

Zahnpulver schicke ich hier eine kleine Gabe. Herrn von Hendrich werde ich wegen solcher Schächtelchen erinnern. Daß Du mir die beiden Flaschen Franzwein aufgeopfert hast, weiß ich Dir großen Dank. Die eine hat uns schon besonders gut geschmeckt; die andere wollen wir mit desto mehr Verstand trinken.

Frage doch auch August gleich, wenn er wiederkommt, ob ich ihm ein ganz kleines, französisch sehr schön geschriebenes Büchelchen, die Feierlichkeiten in Cleve, zum Geburtstag des Kaisers, und das Andenken der Johanna Sebus betreffend, etwa gegeben habe. Es ist mir verschwunden, und ich weiß nicht, wohin.

Heute sage ich nichts weiter. Nächstens werde ich Dich ersuchen, mir wieder einiges zu schicken. Nach meinem Wunsche und nach der Notwendigkeit müssen wir noch einmal nach Weimar hinüber. Wann dieß geschehen kann, weiß ich nicht zu sagen. Unangemeldet kommen wir nicht; aber wir finden auf jede Weise alles besser, als wir es hier verlassen. Ich wünsche, recht wohl zu leben und umständlich zu vernehmen, wie man sich befindet.

Jena, den 20. April 1810.

G.

 

Noch eins! Man hat von Seiten der Theater-Commission bei mir den Wunsch geäußert, den neuen Capellmeister und seine Frau auf unsere Bank, wenigstens für die Zeit des gegenwärtig laufenden Theaterjahrs, zu bringen.

Ich habe doch Witzeln darauf einen Platz und eine Art von Aufsicht übergeben. Dieser ist nun krank und gewiß lange nicht im Schauspiel gewesen. Carolinchen wird am besten sagen können, wie es jetzt auf der Bank aussieht, damit ich einen Entschluß fassen kann: denn ich möchte diesen Personen gern eine Gefälligkeit erzeigen, ohne doch jemanden zu vertreiben, obgleich die Sämmtlichen, die darauf sitzen, außer etwa dem schönen eben genannten Kinde, uns deßhalb nicht den mindesten Dank wissen. Erkundige Dich nach der Sache, schreibe mir Deine Meinung: denn ich habe mir die Resolution offen behalten.

Sei so gut und schicke mir ein paar Pfund Chocolade.

 

[Nachschrift: Riemer]

Augusten bitte gefälligst zu sagen, daß ich sein Stammbuch besorgt habe, es aber leider heute nicht mitschicken kann, indem es bei Frommanns liegt, die in diesem Augenblick, wo die Botenfrauen eben abgehen wollen, nicht zu Hause sind. Es erfolgt nächstens.

Das Beste zum Feste wünschend und mich geneigtestem Andenken empfehlend

Riemer.

 

480. Goethe

Die Chocolade ist mir sehr zur guten Stunde angekommen: denn ich habe diesen Morgen allerlei Proben gemacht mit Kaffee und hiesiger Chocolade, es hat aber nicht gehen wollen.

Gleichfalls danke ich für die guten, gebratenen Bissen. Schicke mir ja wieder etwas dergleichen. Dafür folgen auch hiermit die besten Fische, die ich wünsche, daß ihr sie in guter Gesellschaft wohlbereitet verzehren möget.

Mir geht es ganz gut, nur daß unsere Arbeit sich noch immer etwas mehr in die Länge zieht.

Schreibt mir nur hübsch fleißig euer Tagebuch. Ich habe nicht viel Besonderes zu erzählen. Für Augusten habe ich das Verlangte beigepackt. Lebet recht wohl und gedenkt an uns. Ob und wann es hinüberzukommen möglich ist, weiß ich noch nicht zu sagen.

Jena, den 24. April 1810.

G.

 

481. Goethe

Für das Übersendete sollst Du vielen Dank haben. Laß es uns nicht an Nößeln Franzwein und an halben Braten nicht fehlen. Schicktest du mir etwas Spargel, der doch nun auch hervorkriechen sollte, so würde ich es auch gut aufnehmen. Die Freundinnen haben mir hier die Erstlinge zugetheilt. Du erhältst hiermit mancherlei. Ich hoffe einen Ala. Aalraupen haben wir auch verzehrt, welches wirklich kein schlechter Fisch ist. Pflanzen erhältst Du, und auch Federnelken. Dagegen bitte ich Dich inständig: schicke mir Kasten und Schachteln zurück! Es ist noch einer drüben von den ersten Federnelken. Eine Schachtel, die Wagnern gehört. Nun kommt wieder ein Kasten. Laß den nicht bei Dir stehen. Die Leute geben sehr gerne das, was drin ist, aber die Gehäuse wollen sie wiederhaben.

Mache dem guten Rinaldo einmal eine Artigkeit und sage, daß sie von mir komme. Das artige Kind hat mir ein paar Mal geschrieben und Zeichnungen geschickt; aber ich komme nicht dazu, auszudenken, wie ich ihm auch etwas Erfreuliches erzeigen könnte.

Lebet recht wohl und genießet des guten Tages. Wenn August Sonntag zu mir herüberkommt, so soll er wohl empfangen sein. Wann wir bei euch anlangen, das wissen wir noch nicht zu sagen: denn ob wir gleich fleißig sind, so verspätet sich doch unser Vorhaben. Davon wird jedoch in der nächsten Woche besser die Rede sein können.

Denke nur ja auf alles, was ich etwa zu meiner Abreise noch bedarf, oder was vorher entschieden sein muß: denn ich möchte sie beeilen so viel als möglich. Das Karlsbad, wenn auch nur die Hälfte von dem wahr ist, was man sagt, wird dieß Jahr so voll, daß man nicht früh genug anlangen kann. Lebe recht wohl, und versäumt nicht das Tagebuch.

Jena, den 27. April 1810.

G.

 

482. Goethe

Der Besuch von August war uns sehr angenehm. Wir hätten gewünscht, daß er länger geblieben wäre. Warum er so schnell forteilt, wird er Dir selbst erzählen. Sage Lortzingen etwas Freundliches darüber, daß ich ihn nicht zu Tisch behalten habe. Wir haben wenig zu essen, und ich wollte mich doch auch mit August etwas freier unterhalten. Die Morcheln in der Schachtel sind für Aten; sie soll sie aber gleich kochen, weil sie noch so ziemlich frisch sind. Die Bohnen schickt Madame Frommann.

Nun laß mir vor allen Dingen noch einen blauen Überrock, ein Paar schwarze Hosen und ein Paar Stiefeln machen. Diese soll aber der Schuster ja nicht enger machen als die letzten, wegen der warmen Strümpfe.

Ferner schicke mir zunächst aus der mittelsten Schublade rechter Hand meines Schreibtisches die zwei hübschen Portefeuilles, das violettsammtne, und das andre mit zwei Farben gestickte von der Herzogin von Curland.

August wird Dir sagen, wie ich über die letzten vierzehn Tage denke. Ich halte es mit euch für besser, nicht mit herüberzukommen. Riemer käme etwa den 9., zu Schillers Gedächtnißfeier. Ihr brächtet ihn Sonnabend wieder zurück. Wir blieben den Sonntag zusammen, und dann ging' ich Montag oder Dienstag fort. Es ist allerdings nothwendig, daß ich nach Karlsbad eile, weil es eine große Noth um Quartiere sein wird; ob es mir gleich nicht bange ist, unterzukommen.

Lebe recht wohl! Denke alles recht durch und bereite es vor, daß am Ende nichts fehlt. Die Pässe laß auch auf der Polizei ausfertigen und sie vom Sonntag Jubilate, das ist den 13. Mai, datiren. Übrigens sagst Du niemanden, weder wann ich gehe, noch daß ich nicht mehr hinüberkomme. Hast Du denn Madame Dillon besucht?

Jena, den 29. April 1810.

G.

 

483. Goethe

Jena, den 1. Mai 1810.

Unsere Dinge werden sich alle nach und nach ganz gut machen. Vieles habe ich nun schon erhalten, besorge noch gefällig das Fehlende.

Vor allen Dingen die Pässe. Den Stiefel schickt Karl; ich wünsche aber, daß er zurückkomme, wenn der Schuster das Maaß darnach genommen hat. Die beiden Orden, sowohl den französischen als den russischen mit dem großen Bande, bringe wohleingepackt mit; man weiß nicht, ob man nicht in den Fall kommt, sie zu brauchen.

Wegen unserer Hin- und Wiederfahrten wollen wir es so einrichten. Riemer kommt auf alle Fälle Mittwoch, den 9., und es soll mir lieb sein, wenn ihr alsdann alle zusammen Sonnabend zu guter Zeit anlangt, da ihr denn ein gut Mittagessen finden sollt. Ich will mich einrichten, daß ich erst Dienstag, den 16., abgehe. In diesen drei Tagen haben wir übrig Zeit, alles zu besprechen. Karl bleibt hier. Er will das Geld für den Überrock nehmen, welches mir auch ganz recht ist. Grüße Weißern zum schönsten und sage ihm Folgendes: eine förmliche Bestellung auf die Büste der Prinzeß in Marmor könnte ich vor meiner Abreise nicht auswirken; allein man müßte in der Welt auch etwas riskiren. Er soll mit sich zu Rathe gehen, ob er wagen mag, die Büste auf seine Gefahr zu machen, da er den Marmor doch hat, und Zeit auch. Rückt die Arbeit vor, die Zeit der Vermählung und des Abschieds ruckt heran: so will ich mein Möglichstes thun, daß die Herrschaften sie behalten, und er zu seinen Wünschen gelange. Es ist mit solchen Dingen, wie mit Waaren. Bestellen würde man sie nicht, wenn sie aber fertig sind und gut aussehen, so nimmt man sie wohl. Er soll nur aufmerken, was die Leute an der Gipsbüste loben und tadeln, und Hofrath Meyer zu Rathe ziehn.

Du sagst mir nicht, daß Du bei Madame Dillon gewesen seist. Ich wünsche es gar sehr. Versäumt nicht hinzugehen, noch ehe ich abreise.

Von den Geschirren kommt hier wieder etwas zurück. Von dem weißen Weine möchte ich immer wieder etwas und auch auf die Reise. Ich trinke ihn gerne, und er bekommt mir gut.

Lebe recht wohl! Ich möchte gar zu gern euren Garten sehen, der sehr hübsch sein muß, aber ich würde ihn doch kaum genießen können. Grüße Carolinchen und August und denke über alles nach, was Du mir etwa mitzugeben hast. Riemern gebe ich über verschiedenes noch Aufträge. Die Portefeuilles sind glücklich angekommen. – Lebe wohl! Die Inlagen baldigst zu besorgen!

 

484. Goethe

Wenn Herr Buchhändler Zimmer von Heidelberg in meinem Hause nachfragt, so wird ihm Gegenwärtiges übergeben, um denselben zu benachrichtigen, daß Herr Hofrath Meyer Aufträge wegen des bewußten Geschäftes erhalten habe und Herrn Zimmer deßhalb erwarte.

Jena, den 2. Mai 1810.

Goethe.

 

485. Goethe

Ich habe Dir, mein liebes Kind, zwar heute eigentlich nichts zu sagen, doch will ich, da eine Gelegenheit geht, Dir einige Aufträge geben und ein freundliches Wort hinzufügen. Habe die Güte, beiliegende Briefe und Packete zu besorgen. Die Gegenwart von August war uns gestern sehr erfreulich. Wir haben allerlei Späße zusammen gehabt, wovon er Dir wird erzählt haben. Eberwein hat mich auch gefreut. Er ist gar verständig und ordentlich, geschickt, fleißig und anhaltend; welches zu seinem Metier und zu seinen Zwecken besonders nöthig ist. Ich zweifle nicht, daß er seinen Sing-Unterricht, sowohl bei Einzelnen als bei unsrer Anstalt, recht gut fortsetzen wird. Im Ganzen weiß ich nur zu sagen: Wer sich nähert, den stoßt nicht zurück, und wer sich entfernt, den haltet nicht fest, und wer wiederkommt, den nehmt auf, als wenn er nicht weg gewesen wäre. Alles kommt darauf an, daß der Faden nicht abreißt, das Übrige will im Einzelnen alles nichts heißen.

Durch die Boten und durch Riemer, welcher Mittwochs noch kommt, schicke ich und schreibe, was allenfalls noch zu besorgen ist. Laß mir dagegen auch wissen, was Dich allenfalls interessirt. Sonnabend kommen wir noch einmal zusammen und wir wollen, hoffe ich, die paar Tage ganz vergnügt sein. Lebe recht wohl, besorge aber ja die sämmtlichen Inlagen bald möglichst: denn einige haben Eile. Lebe recht wohl.

Jena, den 7. Mai 1810.

G.

*

 

 

 

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486. Goethe

Wir sind gestern Abend mit Langermann und Seebeck bis gegen Mitternacht bei Knebel gewesen und hatten so viel einzupacken übrig gelassen, daß wir heute früh erst um 8 Uhr fortkommen. Alles, was ich von Papieren und sonst zurücklassen mußte, ist in einen großen Kasten geschlagen, den Färber übernommen hat, um ihn in der Bibliothek aufzubewahren. Es befindet sich auch der Stier von Bronze drin.

Den großen Orden habe ich auch hier gelassen und nebst der schönen Dose Herrn von Hendrich aufzubewahren gegeben. Du erhältst hier einen Brief an Kammer-Secretär Ludecus. Schicke ihm denselben hin, und wenn er zu Dir kommt und nachfragt, so zeige ihm das Papier, welches gleichfalls beiliegt, benimm Dich aber ruhig und glimpflich, und mache überhaupt von der Sache kein Aufsehen.

In dem violetten Couvert ist der Brief von Schlossern befindlich, wegen der östreichischen Obligationen. Diesen hebe wohl auf, bis ich ihn zu den Acten nehmen kann, wo er hingehört.

Übrigens will ich Gott danken, wenn wir im Wagen sitzen, weil immer noch etwas Neues sich hervorthut. Weiter weiß ich nichts, als daß wir Dir von Herzen wohlzuleben wünschen.

[Jena,] Mittwochs, den 16. Mai 1810.

G.

 

487. Goethe

Pößneck, den 16. Mai 1810.

Nachdem mit vieler Mühe alles noch eingepackt und geordnet war, fuhren wir um 8 Uhr von Jena aus und kamen bei dem schönsten Wetter und den besten Wegen hier um 3 Uhr an und wurden sogleich mit den trefflichsten Schmerlen bewirthet, welche wir gern getheilt hätten, wenn die Abwesenden uns näher gewesen wären. Weiter wäre für dießmal nichts zu sagen. Morgen geht es sehr frühe fort. Wohin wir gelangen, soll Abends gemeldet werden.

 

Hof, den 17.

Heute haben wir schon etwas mehr zu erzählen. Wir sind nach jenaischer Uhr um 4 Uhr von Pößneck weggefahren, bei bedecktem Himmel und sehr angenehmem Wetter. Gleich hinter der Stadt geht es bergauf, und das dauert ein paar Stunden, da es denn ein wenig langsam vorwärtsrückt. Auf der Höhe fuhren wir desto geschwinder: denn die Wege waren durchaus trefflich, weil es hier in langer Zeit keinen anhaltenden Regen gegeben hat. Wir hielten in einem Fichtenwäldchen stille, [aßen] die letzten Coteletten von Jena und tranken noch von unserm gewohnten, rothen Wein; indessen sangen die Haidelerchen, und wir fuhren vergnügt weiter. In Schleiz frühstückten wir und fuhren gegen Mittag weg; fast auf beständig guten Wegen und unter wenigem Sprühregen kamen wir um ½7 glücklich nach Hof, wo wir denn ausruhen und morgen weiterfahren.

 

Franzenbrunn, den 18. Mai.

Heute früh fuhren wir etwas später von Hof aus, hatten ganz herrliches Wetter und einen Weg, so gut er nur sein konnte, und so fuhren wir geschwind dahin und waren sehr vergnügt. An dem großen Quarzfelsen, von welchem August mehr zu sagen wissen wird, verzehrten wir die letzte jenaische Taube und tranken von dem Franzwein. Dann sahen wir bald das schöne Thal des Egerkreises vor uns liegen, und darin die hellen Häuser Franzenbrunns in der Entfernung von 2 Stunden. Sobald wir angekommen waren, gingen wir zum Brunnen und tranken daselbst vortreffliches Wasser, welches wir gern euch zugetrunken hätten. Ich mußte mir recht Gewalt anthun, um nicht zu viel zu trinken.

Unterwegs begegnete mir Feuerstein von Weimar, der eben eine große Ladung Egerwasser für Weimar und Jena abführte. Er versprach mir, Dir einNach gestrichenem etwa Kistchen von etwa 18 Flaschen zu verschaffen; weil ich aber nicht weiß, ob er es leisten kann, und ich wünsche, daß Du diesen Sommer die Cur recht ernstlich brauchst, auch daß Carolinchen immer ein Glas mittrinke, so schicke ich Dir noch zwei Kistchen durch den Fuhrmann, jedes zu 20 Flaschen, um so mehr, da es sich ja hält, wenn Du es nicht aufbrauchen solltest. Wir hoffen, morgen bei guter Zeit in Karlsbad zu sein und eure Commissionen zu machen. Nur erinnere ich nochmals, daß ja an den Merseburger Arzt geschrieben wird, damit in Zeiten eine ordentliche Cur angefangen werde, und der Lauchstädter Aufenthalt desto vergnüglicher sei.

 

Karlsbad, den 19. Mai.

Heute fuhren wir bei guter Zeit ab, und hätten beim schönsten Tage auch den schönsten Weg gehabt, denn es hat in langer Zeit hier nicht geregnet, wenn man nicht unglücklicher Weise hier zu Lande die Chausséen besserte, wobei es denn manchen Umweg und manche Stöße gab. Indessen sind wir glücklich und froh hier angelangt, haben unser Quartier frei und Karlsbad wie sonst, ja verschönert gefunden. Mehr nicht für heute, weil wir noch die Stecknadel-Commissionen besorgen und uns einrichten müssen. An Madame Herder gib die drei Pakete mit beiliegendem Papier. Ich schicke Dir auch ein DutzendNach gestrichenem halb zinnerne Löffel zum Spatz; es kostet 5 Kopfstückchen. Seitdem die guten Leute ihr Silber hingeben mußten (denn niemand darf außer den Löffeln etwas Silbernes im Hause haben), so raffiniren die Zinnarbeiter auf alle Weise und machen die schönsten Sachen. Wenn sie nicht so beschwerlich zu transportiren wären, so schickte ich Dir in der Folge noch manches. Von den Stecknadeln kommt nur ein halb Pfund, weil man, bei dem Verhältniß des Papiergeldes zum Silber, nicht so geschwind überschlagen kann, wie es sich gegen die vorigen Jahre verhält, und ob die Leute einen freventlich übertheuern, weil man Eile hat.

Doch habe ich nicht unterlassen wollen, Dir auch noch ein paar hundert Nähnadeln zu schicken: es sind die beiden größten Sorten. Unter diesen sind noch drei Nummern 6, 5 und 4; könnt ihr von diesen etwas brauchen, so schreibe es nur.

Ich habe mich auf der Reise sehr wohl befunden; wir haben uns aber auch keineswegs übereilt und sind ruhiger hier angekommen, als wir oft von Jena nach Weimar gelangen. Mir macht es ein ganz wundersames Vergnügen, wieder auf dem alten Flecke zu sein und eine schöne, ruhige Zeit vor mir zu sehen, wo man sich pflegen, eine heilsame Quelle brauchen, und dabei gar vieles thun und abthun kann. Versäume nur nicht, an den Merseburger Arzt zu schreiben, und behandle Deine Cur hübsch regelmäßig. An Egerwasser fehlt Dirs nicht; ich bin überzeugt, daß es überhaupt und Dir besonders heilsam ist.

Schreibe mir ja bald und grüße Deinen lieben Secretarius, dem von Steck- und Nähnadeln ohnehin sein Theil werden wird. Auch liegen Stricknadeln bei; wenn sie nicht recht sind, so schreibe nur.

Augustens Krug ist eingepackt, der Fuhrmann soll ihm denselben in Jena übergeben. Mehr kann ich nicht sagen: denn das Packet muß geschlossen sein.

G.

 

488. Christiane

Lieber Geheimerath,

Dein lieber Brief hat mich recht aufgeheitert, weil ich daraus ersehe, daß Du recht wohl und vergnügt angekommen bist. Ich habe meine Recepte wiedergefunden und befinde mich schon etwas besser; auch habe ich schon von dem Egerwasser, welches ich gleich den Tag nebst Deinem Brief erhielt, getrunken. Feuerstein hat mir 9 große Bouteillen geschickt; die erste, welche wir aufmachten, war so vortrefflich, daß ich sie mit Caroline ausgetrunken habe. Doch kommt es mir sehr theuer vor; ich habe ihm für die 9 Flaschen 2 Thaler 6 Groschen 9 Pfennige bezahlen müssen. Doch sagte er mir, daß er in 14 Tagen wieder hinfahre, und weil er da ein Packet mitnehmen kann, so will ich Dir alle Briefe und Zeitungen schicken. Da bitte ich Dich, wenn es möglich ist, mir einen Wiener Shawl zu schicken, damit ich ihn noch zur Vermählung hätte. Für die schönen Steck-, Näh-, und Stricknadeln danken wir; von letztern könnten wir einige Gestricke etwas stärker brauchen, von den Nähnadeln könnten wir die folgenden Nummern auch brauchen. Dieses könnte Feuerstein alles wieder mitbringen. Seit wir wieder von Jena zurück sind, haben mich folgende Damen besucht: die Schopenhauer, welche künftigen Donnerstag nach Nonneburg geht, die Frau von Schiller, die Hofmarschallin und Comteß Egloffstein und die Frau von Seebach. Gestern war auch der Herr von Lewandowski bei uns, welcher uns sagte, daß nächstens die Miß DillonDülon uns zu einer Partie nach Ettersburg und Tiefurt einladen würde. Künftige Woche ist Jahrmarkt in Jena, und wir denken einige Zeit hinüber zu gehen. Wir bitten aber recht bald wieder um einen Brief von Dir. Unsere Singstunden gehen hier ruhig fort. Heute wird durch folgende Theater-Sänger eine Messe bei der Frau von Heygendorf aufgeführt, welche der neue Capellmeister dirigirt, nämlich Herr Molke, Herr Stromeyer, Herr Strobe und Mamsell EngelsEngel; unsere Singstunde hält aber Eberwein dennoch heute, das Chor und die übrigen, welche nicht dort sind, kommen zu uns. Auch singt Unzelmann mit bei der Heygendorf. Eberwein macht seine Sachen recht brav; ich habe ihm das Geld gegeben, und er läßt Dir vielmal dafür danken. Wir waren auch bei der Frau Capellmeister Müllern; es sind sehr artige Leute, ich habe mir vorgenommen, sie nächstens einzuladen. Auch hat mich Frau von Wolzogen besucht, und ich bin gestern auch wieder bei ihr gewesen; sie ist sehr mit einpacken beschäftigt, weil sie bald wegreist und das Haus dem Herzog verkauft hat. Frau von Humboldt wird sie in Frankfurt treffen; sie läßt Dich vielmals grüßen, und ehe sie weg geht, will sie noch einen Abend bei mir im Garten zubringen. Bei dem Theater geht alles ruhig und still fort. ›So sind sie alle‹ kann künftigen Sonnabend nicht gegeben werden, denn als der Capellmeister die zweite Probe halten wollte, waren alle Finale weg, man weiß nicht, wie es zugegangen ist, und der arme Organistarme Organist nachträglich über der Zeile Eylenstein sitzt auf der Wache, weil er sie im Theater hat liegen lassen; man vermuthet, daß es bloß, um dem Capellmeister einen Possen zu thun, geschehen ist. Nie habe ich Genasten noch in solcher Angst gesehen als wie da. Was aber das Schauspiel betrifft, ist alles ruhig, und alles freut sich, von mir zu hören, daß Du Dich so wohl befindest. Wir trinken Wasser und gehen viel spazieren. Die Cölner Bilder hat noch niemand abgeholt; auch liegt ein großes Packet von Cotta da, schreib mir, ob ich es aufmachen und was damit geschehen soll, es sind gedruckte Sachen. Cotta wird wohl nun wiederkommen und den Karl Schiller mitnehmen. Wir haben hier sehr schönes, fruchtbares Wetter, und ich bin jetzt dabei, Krautland und Garten, alles zupflanzen zu lassen, um, wenn Du wieder zurückkömmst, Dir meine schöne Ernte von allem zeigen zu können. Auch blühen dieses Jahr alle Obstbäume in unserm Garten so schön, als ich es lange Zeit nicht gesehen habe, und der Garten und Gartenhaus ist unser beständiger Aufenthalt. Neues wissen wir weiter gar nichts zu sagen, und wir empfehlen uns ferner Deiner Liebe und Güte.

Gleich nach der Rückkehr von Jena bekam ich einen Besuch von einem Meerweibchen und befand mich auch gleich besser und zufriedener. Ich habe auch viel Vertrauen zu dem Egerwasser. Und die Medicin, das wird ja alles wohl wieder in Ordnung bringen. Ist denn die Bettinebediene in Karlsbad angekommen und die Frau von Eybenberg? Und hier sagt man, die Silvie und Gottern gingen auch hin. Was willst Du denn mit allen Äuglichen anfangen? Das wird zu viel. Vergiß nur nicht ganz Dein ältstes, mich, ich bitte Dich, denke doch auch zuweilen an mich. Ich will indeß fest auf Dich vertrauen, man mag sagen, was man will. Denn Du bist es doch allein, der meiner gedenkt.

Lebe wohl und behalte lieb

C. v. Goethe.

Weimar, den 24. Mai [1810]

 

489. Goethe

Karlsbad. Sonntag, den 27. Mai 1810.

Wir sind nunmehr acht Tage hier und haben also schon etwas zu erzählen. Wir haben uns vor allen Dingen überall umgesehen und die alten und neuentstandenen Wege meistens schon durchspaziert. Der Ausbruch des Sprudels, der sich vorm Jahre im September ereignete, und die Bemühungen, die man sich gibt, die Quelle wieder herzustellen, hat auch meine Aufmerksamkeit sehr beschäftigt. Auch bin ich so ziemlich fleißig im Zeichnen gewesen. Dabei ist manches dictirt worden, wenigstens zur Vorbereitung für künftige Arbeiten.

Das schöne Wetter, das wir auf der Reise gehabt, hielt auch hier die ersten Tage noch an, zu unserm größten Vergnügen, indem wir uns bei so guter Zeit und fröhlichem Sonnenschein überall umsehen konnten. Nun aber ist seit 3–4 Tagen Regenwetter eingetreten, welches mich weniger genirt als andre, weil ich den Brunnen aussetzen kann. Ich befinde mich übrigens recht wohl, wie ich lange nicht gewesen: denn ich will nur gern gestehn, daß mirs auf die letzte Zeit in Jena sehr übel zu Muthe war.

Das Papiergeld steht sehr niedrig. Wir haben für 100 Gulden Sächsisch 362 Gulden in Bancozetteln erhalten. Allein dießmal kommt es uns nicht zu Gute, indem die Victualien und Waaren in gleicher Maße gestiegen sind; ja die Leute wissen gar nicht mehr, was sie fordern sollen, um sich sicher zu stellen, weil die Bancozettel immer noch fallen, so daß man z. B. das Quartier und alles, was feste Preise hat, in der Folge immer wohlfeiler bezahlt. Und so macht es die Menschen durchaus, wie gesagt, verwirrt, und man wird es selbst, wenn man die Summen hört, die man ausgegeben hat. Reducirt man sie auf Silbergeld, so verschwindet freilich das Übertriebene; aber doch ist, wie gesagt, alles theurer als vor zwei Jahren. Wenn Du Gelegenheit hast, dieß Herrn Geheimen Hofrath Stark wissen zu lassen, so thue es ja, damit er sich darnach einrichte.

Die Portionen Essen sind gleichfalls kleiner als jemals. Man muß ihrer drei nehmen statt zwei. Der Kaffee wird in den nächsten Monaten so gut wie völlig verboten und wird wenigstens theuer genug zu bezahlen sein. Dem allen ungeachtet wird mein hiesiger Aufenthalt nicht theurer als in Jena zu stehen kommen. Wenn ein paar Wochen herum sind, will ich Dir darüber einmal etwas Ausführlicheres schicken.

Wein werden wir wohl von Prag kommen lassen. Ich habe deßhalb einen Auftrag für Madame Hanbury und werde bei dieser Gelegenheit auch für mich einige Sorge tragen. Curgäste sind noch nicht viel hier. Die Prinzeß Marianne von Sachsen ist sehr freundlich und gesprächig am Brunnen und unterhält sich mit jedermann, so auch auf der Promenade. Sie sieht aber niemand bei sich, wodurch man denn aller Aufwartung und aller gêne überhoben ist. Sodann fehlt es nicht an schönen und interessanten Personen, und täglich kommen neue Gesichter. Die Kaiserin von Östreich kommt den 6. und wohnt schräg gegen uns über. Sie ist aber sehr krank und wird keine große Differenz im öffentlichen Leben machen. So viel für dießmal. Grüße Carolinchen und August, und lebe recht wohl!

G.

Seid ja so gut und antwortet gleich auf diesen Brief und meldet mir den Tag, wann er angekommen, damit man einigermaßen weiß, inwiefern man sich communiciren kann.

 

490. Goethe

Karlsbad, den 3. Juni 1810.

Dein lieber Brief vom 24. Mai ist acht Tage gelaufen. Einen von Deinem Bruder habe ich in fünfen erhalten. Man muß also nur schreiben, am Ende kommen die Blätter doch an.

Einen Shawl habe ich Dir gekauft bei einem Händler, der unmittelbar von Wien kam. Er gefällt mir besser als alle die, welche die Damen jetzt hier umhaben, davon die meisten noch mit den langen, garstigen, geschwänzten Blumen sind. Diese ist man nun endlich einmal los, und die neuen Bordüren sind sehr viel schöner. Die Shawls sind jetzt viereckt, und ich hoffe, dieser soll Dir gefallen. Ich habe mich entschlossen, Dir ihn wohl eingepackt auf der fahrenden Post zu schicken. Er soll Donnerstag, den 7., hier abgehen. Wenn er ankommt, schreibe mir das Datum der Ankunft und auch, was das Porto macht, damit man sich in andern Fällen darnach richten kann. Es ist freilich hier eine böse Sache mit den Posten und der Versendung durch dieselben. Ich lege ein kleines Halstuch für Carolinchen bei, welches recht hasig ist und ihr Freude machen wird. Von Nadeln und andern Dingen soll nächstens die Rede sein.

Die neun Eger-Wasser-Flaschen hat man DichÜber gestrichenem mich freilich sehr theuer bezahlen lassen. Ein Kästchen mit den 40 kleinen, wie ich Dir zwei schickte, kostet am Brunnen nur 2 Thaler Sächsisch und noch weniger, wenn man sie in Papier zahlte. Doch ist freilich der Transport zu rechnen. Laß sie Dir nur wohl schmecken und wohl bekommen.

Das schöne Wetter hat uns verlassen. Nun hat es geregnet und ist sehr kalt geworden. Wir hoffen indessen auf bessere Tage, und wie die Sonne scheint, ist es auch gleich wieder hübsch. Täglich kommen neue Gäste, und im Juli wird es übermäßig voll werden. Für diesen Monat ist kein Quartier in einer guten Lage mehr zu finden. Frau von Eybenberg kommt Anfangs Juli. Von Bettinen habe ich nichts gehört. Es ist nicht wahrscheinlich, daß von Jena oder Weimar noch jemand komme, außer Madame Bohn, die mit Madame Hanbury den 12. Juni ankommen wird. Ein Brief vom 27. Mai von mir wird bei Dir angekommen sein. Ich schreibe von Zeit zu Zeit.

Es ist hier zwar alles theurer als vor zwei Jahren, aber wir leben doch durchaus wohlfeiler als in Jena: denn wir bestreiten Miethe, Tisch, Wein, Frühstück, Nebensachen und sonstige kleine Ausgaben mit 30 Thalern gut Geld, die Woche. Nächsten Mittwoch, den 6., kommt die Kaiserin von Östreich hier an, da es denn keinen geringen Zufluß von Menschen geben wird.

 

Dienstag, den 6. Juni.

Dieser Brief ist liegen geblieben und geht nur erst einen Tag vor dem Shawl ab, welcher also wohl bald nachfolgen wird. Was das kleine Tüchelchen für Carolinen betrifft, so wird es nur an den Seiten gesäumt, wo es abgeschnitten ist. Die Franzen bleiben, wie sie sind, und dienen zum Zierat.

Es liegen ein Dutzend Exemplare eines Gedichts bei, der Kaiserin bei ihrer Ankunft von der Karlsbader Jugend überreicht. Besorge, daß etwa 4 nach Hof, 3 in die Stadt, 3 nach Jena kommen, und ein paar behalte für Dich. Das Wetter ist seit 8 Tagen ganz abscheulich. Es hat gegraupelt, geregnet, geschneit, und wir haben einheizen müssen. Übrigens aber geht alles ganz vergnügt und lustig zu, und ich befinde mich besser als seit langer Zeit.

Der Shawl ist sehr gut eingepackt und wird hoffentlich unbeschädigt ankommen. Schreibe mir gleich und laß mich erfahren, wie es bei euch steht. Da Herr Hofrath Stark, wie ich höre, noch hieher geht, so schicke mir durch ihn, was etwa nöthig ist.

G.

 

491. Goethe

Karls-Bad, den 6. Juni 1810.

In diesem Briefchen, das den Shawl begleiten soll, will ich aber auch einmal eigenhändig sagen: daß ich recht oft und in herzlicher Liebe Dein gedenke und Plane mache, wie wir künftiges Jahr einige Zeit hier zusammen zubringen können. Für dießmal kommt der Schleier, der Dir gewiß gefallen wird, wenigstens haben wir alle drei ihn für den schönsten gehalten. Ich wünsche, daß er glücklich ankommt, schreibe mir seinen Empfang. Versäume ja nicht diesen Sommer alle Arten von Cur in Weimar und Lauchstädt. Am letzten Orte laß Dir das Baden empfohlen sein. Grüße August, von dem ich noch nichts vernommen habe. Auch Carolinchen grüße, sie soll sich in meinem Namen mit dem Tüchelchen putzen. Schreibe mir auch, wie hoch man den Shawl bei euch schätzt. Lebe recht wohl und gedenke mein in Liebe.

G.

 

492. Christiane

[Weimar, 6. Juni 1810.] No. 3.

Lieber Geheimerath,

Du wünschtest gleich auf Deinen vorigen Brief Antwort. Ich habe mich sehr gefreut, wieder so bald etwas von Dir zu hören; ich bekam ihn schon am dritten Juni, er ist also nur sieben Tage gegangen. Zwei Briefe sind nun schon von mir unterweges, dieses ist der dritte; wir wollen sie nummeriren, um zu sehen, ob sie alle ankommen. Von unserm jenaischen Aufenthalt wirst Du nun schon alles wissen. Die Hoheit hat erfahren, daß in Jena alle Menschen gesund werden, und ist deßhalb gestern auch dahin geeilt und denkt 14 Tage da zuzubringen; sie wohnt in Knebels altem Logis bei Hellfelds und hat auch das Garten-Haus und Garten gerade über mit. Zu ihrer Begleitung ist die Gräfin Henckel, Gräfin Fritsch, Miß DillonDulon und eine Russin, wie auch die kleine Prinzeß. Der Obrist hatte, ehe wir abreisten, alle Hände voll zu thun, und August schreibt heute, daß das Paradies und der Schloßhof von allem Gras gereinigt und sehr ausgeschmückt werde. Der Herzog und Herzogin befinden sich wieder etwas besser. ›So sind sie alle‹ ist endlich aufgeführt worden; wir waren noch in Jena, aber man sagt allgemein, daß man seit Kranzens Direction nicht so eine Symphonie gehört hätte, und sie ist sehr applaudirt worden; er hat auch ein ganz neues Arrangement im Theater gemacht, wie die Musici sitzen müssen, so daß die Violinen und die blasenden Instrumente, wie sie zusammengehören, auch beisammen sitzen. Den Violinen hat er einigen Raum zum ausstreichen gegeben, welchen freilich die blasenden Instrumente nicht brauchen. In der ersten Probe hatte sich jeder aberseinen aber seinen Stuhl auf den alten Fleck gesetzt, so daß er so bös wurde und jedem sagte, daß er so etwas nie wieder leiden würde, und daß beinah Bucholz wegen dieser Veränderung, weil er es gethan hatte, vom Herzog wäre ins Gefängniß gekommen; es ist nämlich ein neues erbaut worden unter dem Schloßthurm, wo schon viele von der Dienerschaft gesessen haben, die es aber würklich auch verdient haben, weil sie ihre Nebenmenschen bemakelt haben.

Du schreibst mir, daß es in Karlsbad Regenwetter gibt; dieß ist aber noch lange nicht so übel als bei uns, wo es drei Nächte hindurch Eis gefroren hat. Ich erfuhr in Jena, daß Bohnen, Gurken bei uns erfroren wären, und kaufte mir da alles wieder frisch. Wie ich ankam, sah ich, daß es doch beinah alles zur Hälfte erfroren war. Ich habe sie gleich eingeweicht und den anderen Tag die erfrorenen herausgezogen und wieder frische gelegt. Ich möchte nur wissen, wie es käme, daß sie nicht alle in einer Reihe erfroren wären, sondern nur einzelne. Dorthe [?], welche immer die Bedenklichkeit ist, hat in meiner Abwesenheit die Orangenbäume mit Tüchern behängt, und so sind sie gerettet; die aber im Park bei der Frau von Stein sind alle gelb, und in Belvedere hat man sie wieder ins Gewächshaus schaffen müssen. Allen Leuten sind beinah die Kartoffel erfroren; doch die meinigen, welche ich heute früh mit Carolinen besucht habe, sind so groß und stehen so schön, daß es würklich eine Freude ist, sie anzuschauen. Doch scheint es, als hätte der Türkische Waizen etwas gelitten. Heute fängt es an bei uns sehr schön zu werden, und ich finde es hier in meinem Häuschen recht vergnüglich und liebenswürdig. Die Russen machen uns noch immer die Cour, und wir werden wohl in diesen Tagen einen Ball in Tiefurt haben. Heute gehen wir in ›Die Braut von Messina‹. Unsere Singstunden gehen auch ruhig fort. Künftigen Freitag gehen die Ferien in Jena an, und August kommt herüber. Den 15., heißt es, kommen die Prinzen, den 17. soll das Vogelschießen angehen, wovon Du auch gehörig Nachricht bekommen sollst, denn ich habe mir vorgenommen, Dir bestimmt alle acht Tage zu schreiben, einmal mit der Post und einmal durch Herrn Genast, welcher mir es angeboten hat. Bei uns ist hier Jahrmarkt, er ist so brillant, als ich noch keinen erlebt habe. Ich habe da beinah alle Damen vom Hof und Adel gesprochen und gesehen, welche Dich alle herzlich grüßen und sich nach Deinem Wohl bei mir erkundigt [haben]. Die Kaufleute hatten alles Mögliche zu verkaufen, nur keine Shawls, welche mir gefallen hätten, sie waren so gewöhnlich; und doch haben die Damen hier die allerschönsten, weil sie sich alle welche von Leipzig verschrieben haben oder daselbst eingekauft. Ich wage daher meine Bitte nochmals, Dich um einen zu bitten, und wenn Du vielleicht Gelegenheit hast, nach Leipzig, früher als Feuerstein hinkommt, ihn mir zu schicken, weil ich ihn sehr nothwendig brauche, und hier gar kein hübscher zu haben ist. Du hattest dem kleinen Secretarius eine Artigkeit zugedacht. Diesem habe ich das Jahrmarkt einen schönen Hut gekauft, vor welchen sie ihren freundlichen Dank abstattet.      Name durch Tintenstriche unleserlich gemacht sind nun wieder vier Tage hier, und noch nichts ist wegen ihrer Angelegenheit erschienen. Gott sei Dank, daß ich nie denke von den Gerichten abzuhängen, denn das kann einen zu Verzweifelung bringen. Doch hören wir überall, daß es besser stehen soll, als man geglaubt hat, und daß es eben deßhalb so lange dauert. Jetzt weißt Du alles, wie es mit uns steht, und kannst uns beinah in unserm Gartenhaus sitzen sehn. Schlosser hat mir auch einen sehr freundlichen Brief geschrieben und dabei gemeldet, daß die Tochter von dem Syndicus Hoffnung hat, bald ein kleines Wesen um sich zu erblicken; so auch hat er mir geschrieben, daß er alles spare in die Casse, welche Dir gehört, um nach der Badezeit, zu Michaelin Dir etwas Ansehnliches zu schicken. Ich habe immer vergessen Dir zu schreiben, daß mir die zinnernen Löffel viel Freude gemacht haben, und ich es mache wie die gute Mutter, und habe das Silber bei Seite gelegt. Wenn niemand bei mir ist oder nur gute Freunde, so esse ich mit Zinn, und dieses Jahrmarkt will ich mir auch noch einen Vorlegelöffel kaufen, und ich habe mir fest vorgenommen, nicht eher wieder mit Silber zu essen, bis Du zu uns zurückkehrst, welcher Tag bei uns festlich begangen werden soll. Bedenke aber auch den 12. Juli, da wollen wir Deine Gesundheit trinken, und Du wirst mit Riemer die meinige trinken. Lebe wohl und behalte mich lieb.

C. v. Goethe.

 

493. Goethe

Karlsbad, den 12. Juni 1810.

Deinen lieben Brief, eingeschlossen in den des Herrn Genast vom 7. Juni, empfange ich eben, als ich im Begriff war, den gegenwärtigen zu schreiben. Prinz Bernhard, der auf einige Tage hier war, um der Kaiserin aufzuwarten, geht unmittelbar nach Weimar und nimmt diesen Brief mit, begleitet von einem Korbe mit Trüffeln und getrockneten Schwämmen und einem Packetchen für August. Hätte ich gewußt, daß so eine schöne Gelegenheit kommen könnte, so hätte ich den Shawl noch zurückbehalten; er ist aber den 7. Juni schon abgegangen mit der fahrenden Post und kommt vielleicht zugleich mit diesem in Deine Hände.

Es ist sehr freundlich, daß ihr so umständlich schreibt. Setze es ja alle 8 Tage fort; ich will auch nicht verfehlen, es zu thun. Ich wünsche, daß Deine neue Pflanzung gut gedeihen möge, und bedaure, daß Dein Garten so viel gelitten hat. Uns begünstigt das Wetter hier auch nicht; doch gibt es einzelne schöne Momente, und ich lasse mir alles gefallen, weil ich so gerne hier bin und mich recht wohl befinde.

Die Kaiserin und die sächsischen Herrschaften fahren fort, die hiesige Gesellschaft zu beleben und aufzumuntern. Sie sehen niemanden bei sich, aber auf Spaziergängen sowohl, als in den Sälen nähert man sich ihnen, und sie unterhalten sich sehr freundlich mit jedermann. Es ist ausdrücklich verlangt worden, daß niemand sich in Kleidung und sonst geniren solle. Die Hofleute selbst gehen beständig in Stiefeln, um gutes Beispiel zu geben. In dem Saal, wo die Kaiserin sich befindet, stehen mehrere Spieltische für die Herren, und die jungen Frauenzimmer sind aufgemuntert worden, in dem äußern Saale kleine Spiele zu spielen.

Da ich gleich von Anfang mich zur Gesellschaft gehalten habe, so habe ich schon viel Bekanntschaft gemacht; und esse auch manchmal auswärts, welches mir ganz leidlich bekommt, doch nicht so gut, als wenn ich zu Hause ein frugaleres Mahl einnehme. Jeder gute Augenblick wird zum spazierengehen benutzt. Gezeichnet habe ich auch schon manches, und die übrigen Arbeiten gedeihen auch nach und nach.

Wenn dieser Brief zu euch kommt, so erhalte ich vielleicht zugleich Nachricht, daß die gegenwärtige Sendung und der Shawl glücklich angelangt sind. Da die zinnernen Löffel Beifall erhalten haben, so schaffe ich vielleicht noch etwas von Zinn an: denn sie machen es gar zu hübsch.

Sonst gibt es noch manches hier, welches man anzuschaffen versucht wäre; doch muß man sich zurückhalten, weil es ohnehin durchaus theurer ist als vor Zeiten.

Dießmal will ich nichts weiter hinzufügen, als den Wunsch, daß euch dieses Blatt möge im Gartenhaus heiter und lustig antreffen. Versäumet ja nicht, mir zu schreiben, da denn doch die Briefe endlich, obgleich nicht so bald, als billig wäre, ankommen.

Zu der Lauchstädter Reise werdet ihr euch nun wohl vorbereiten. Vorher wünsche ich vergnügliches Vogelschießen und fröhliche Hochzeitfeste.

G.

 

Grüße Herrn Genast schönstens und ersuche ihn, daß er mir von Zeit zu Zeit schreibe. Über unsre theatralischen und musicalischen Angelegenheiten bin ich völlig ruhig und überzeugt, daß alles diesen Sommer so gehen wird, um nächste Michael wieder in das alte Weimarische Gleis zu kommen.

Beiliegendes gib Augusten und sage ihm, ein Kästchen, wie er es wünscht, werde nachkommen: in diesem Augenblick sei es nicht zu haben gewesen.

Ich lege auch noch ein paar Hundert Nadeln bei, welche sie hier Stopfnadeln nennen und noch einmal so theuer verkaufen als die andern. Schreibt mir, wie es damit ist, und wiefern ihr sie brauchen könnt; es gibt noch eine größere und mehrere kleinere Sorten, alle von gleichem Preis.

Sage Augusten, er solle ja dem Prinzen Bernhard gleich aufwarten: denn es war sein Erstes, daß er nach ihm fragte. Nun weiß ich weiter nichts zu sagen, als daß ich recht wohl zu leben und bald von euch zu hören wünsche.

 

494. Christiane

[Weimar, 14. Juni 1810]

Lieber Geheimerath,

Deine drei lieben Briefe habe ich alle richtig erhalten; den letzten, vom dritten Juni, habe ich den 12. erhalten. Ich freue mich allemal sehr, etwas von Dir zu hören. Der Herr Hofkammerrath hatte die Güte, mir zu sagen, daß er an Dich schrieb', und wir setzen uns auch gleich zum Schreibtisch; er hat Bestellungen für Iffland zu machen, laß ja den ›Götz‹ nicht vergessen sein. Ich sprach mit dem Herrn Hofkammerrath davon, und er wunderte sich, daß Du das Geld noch nicht hättest. Es gibt also auch eine gute Gelegenheit, es von Deiner Seite zu erinnern. Beim Theater geht alles recht gut; ›Rochus Pumpernickel‹ ist mit großem Beifall aufgeführt worden, und die Gallerie hat sich einmal wieder etwas Rechtes zu Gute gethan. Und die Erscheinung eines Pferdes zum ersten Mal that auch seine Würkung, denn Unzelmann kam würklich auf einer kleinen, artigen Falbe geritten, und das Pferd bekam gleich sein Applaudissement. Auch kamen vier niedliche Tiroler vor, welche, wie es der Herr Capellmeister eingerichtet hatte, jodeln mußten. Die Lortzingen hatte sich einen von den Buben ausgebeten, sie sah so niedlich aus und tanzte mit so viel Geschick, daß alle junge Leute ganz außer sich waren. Sie wird überhaupt als Weibchen alle Tage liebenswürdiger. Nun auch etwas von uns. Seit wir wieder von Jena zurück sind, haben wir bei dem neuen Tanzmeister Stunden genommen. Es ist allemal bei jedem Mitglied abwechselnd große Tanzstunde, und so waren wir am Freitag, den 8., bei der Frau von Reitzenstein, weil die kleine Beust auch Tanzstunde hat; am Dienstag, den 12., war es bei Helldorfs, und morgen Freitag, den 15., ist es bei mir. Wir sind alle ganz wohl mit ihm zufrieden. Bei der jetzigen Gesellschaft sind Niebeckers, Staffs, Kinder von Egloffsteins, von der Frau von Germar, der junge Wolzogen, Schillers Kinder, die Goldacker und noch einige Kinder. Seine schönsten Tänze sind Française, BoleroVolero, Triolet, Monteviva, Birgotine. Ich suche das Leichtste und Passendste für mich aus, das Andere überlasse ich Carolinen; auch lerne ich recht hübsche Pas zur Ecossaise, diese Bewegung ist vorzüglich bei meiner Cur sehr gut, welche mich zwar ein bißchen angreift. Auch finde ich schon, daß ich etwas schmäler werde, denn ich habe schon die 9 großen Flaschen und eine Kiste von den 20 ganz allein ausgetrunken, und nun fange ich an der zweiten an. Etwas schwach fühle ich mich dabei, aber doch viel heiterer als sonst. Nun kommt von unseren Festlichkeiten etwas. Heute kommen die Prinzen von Mecklenburg und Prinz Bernhard, auch ist schon Prinz Wilhelm von Preußen da. Künftigen Dienstag geht das Vogelschießen an. August ist hier und hat Ferien. Das Vogelschießen soll nur 7 Tage dauern, die ersten Tage will er hier bleiben, und nicht eher herüberkommen, als wenn man ihn zu den Feierlichkeiten einladen oder brauchen sollte. Er ist jetzt sehr im Stein-Cabinet beschäftigt und bringt die meiste Zeit des Tages im Garten-Haus bei Deinem Cabinet zu; jetzt ist er eben an den Versteinerungen. Auch muß Heinrich früh 5 Uhr mit ihm nach dem Steinbruch wandern, und ich bin im Ganzen recht wohl mit ihm zufrieden, er ist auch oft bei Egloffsteins, weil der Karl hier angekommen ist; sie machen manchmal kleine Partien, zu welchen sie ihn jedesmal einladen. Ich und Caroline freuen uns unendlich auf das Ankommen der Post, welche den Shawl und das Tüchelchen mitbringen soll, und sagen Dir im voraus unsern herzlichsten Dank; ich zähle alle Tage, wenn die Post ankommen kann. Die Gedichte will ich besorgen. Das Packet an Hofrath Meyer habe ich besorgt. Cotta ist schon seit zwölf Tagen wieder abgereist; ich habe also den Brief hier liegen lassen. Den Herrn Zimmer aus Heidelberg habe ich selbst gesprochen und ihm das Portefeuille übergeben. Nun kommt auch ein kleiner Auftrag von der Fräulein Beust. Sie hat mich gebeten, ob Du ihr nicht auf beiliegendes Zettelchen gleich eine kleine Antwort geben könntest; sie will nämlich wieder mit der Frau von Seebach z     Lücke infolge Ausschneidens des Siegels reisen. Die Schauspieler-Gesellschaft wird wahrscheinlich den 28. von hier nach Lauchstädt gehen, und ich denke ohngefähr den 12. Juli nachzufolgen.

Du kannst mir aber noch viel bis dahin schreiben, und vielleicht finde ich da wieder einen Brief, wenn ich ankomme. Die Festlichkeiten sollen Dir alle geschrieben werden. Lebe wohl, denn ich [bin] sehr vergnügt, daß Du Dich so wohl befindest. Behalte mich lieb und denke mein.

C. v. Goethe.

 

495. Christiane

Weimar, den 19. Juni 1810.No. 5.

Lieber, bester Geheimerath,

Dein lieber eigenhändigerDie ersten drei Worte Deinen lieben eigenhändigen Brief nebst dem schönen Shawl hat mich ganz glücklich gemacht, denn so einen liebenswürdigen, schönen Shawl habe ich, so lange ich lebe, nicht gehabt; auch das kleine Tüchelchen ist ganz vortrefflich. Ich und Caroline haben beim Auspacken unsere Freude so laut werden lassen, daß August um Ruhe bittenbieten [doch ist das um deutlich und nicht als uns lesbar] mußte, damit er ins Postbuch quittiren konnte; er kam den 18. an und kostet ohngefähr 19 Groschen Porto. Soeben besuchte mich der Herr Regierungsrath von Müller, er freute sich mit mir und sagte, daß er bestimmt hier unter 10 Carolin nicht gekauft würde. Ich habe ihm gleich eins von den Gedichten geschenkt. Auch hatte ich schon früher mit der Gräfin Beust gesprochen, welche mir auch drei an Hof besorgt hat, nämlich eins an Durchlauchte Prinzeß, an Durchlauchte Herzogin und an die Hoheit, und eins an Herzog, welches ich der Frau von Heygendorf geschickt habe; nach Jena werde ich die übrigen auch besorgen. Mir geht es ganz leidlich, außerdem daß mich doch das viele Wasser wohl ein bißchen geschwächt hat, ich fühle mich nicht mehr so stark wie sonst, Freude und Leid zu ertragen; doch, hoffe ich, soll das Bad Lauchstädt mich wieder stärken. Das Gedicht ist außerordentlich schön, Prinz Bernhard hat allerwegen erzählt, daß die Kaiserin zu ihm gesagt hätte, er sollte Dir sagen: daß Du doch recht oft mit ihr sprechen möchtest, weil sie sich so gern mit Dir unterhielt'. Nun auch etwas von uns. Unsere Tanzstunden setzen wir recht ordentlich fort, und aus der letzten Tanzstunde bei uns wurde ein kleiner Ball, wo von den Personen hier ein Zettelchen folgt, sowohl Zuschauer als Tanzende; und ich wurde genöthigt, ihnen etwas Kaltes aufschneiden zu lassen, worüber sich denn die Kinder ungemein freuten, und wir waren von vier Uhr bis halb Elf zusammen; die Comteß Egloffstein war die letzte beim Scheiden. Jetzt sind wir beschäftigt, sowohl unsern Putz zum Vogelschießen, welches heute seinen Anfang nimmt, zu ordnen, als auch zu den Festlichkeiten, die nun kommen sollen. Doch gestehe ich Dir ganz aufrichtig, daß ich sehr zufrieden bin, nicht unter die Damen zu gehören, welche immer an Hof gehen müssen, denn die Ausgaben von Kleinigkeiten könnten leicht meine Casse ruiniren; denn da ist bald der Fächer aus der Mode, und die Krause kann man nicht an Hof tragen und jenen Kragen nicht, so daß man ganz confus wird. Doch für einmal will ich alles mitmachen, und wir geben uns alle mögliche Mühe, nicht proper, aber doch sauber und modern zu erscheinen.

Den 20. Juni. Gestern haben wir mit August und meinem Bruder im Schießhaus gespeist; nach Tische kam der ganze Hof, außer der Hoheit nicht, welche gleich nach Tische wieder nach Jena reiste, weil die kleine Prinzeß da noch sehr krank ist; doch soll sie jetzt außer Gefahr sein. Das hält auch den armen Stark noch in Jena zurück. Es wurde im Schießhaus getanzt, August und alle junge Leute wurden vom Hofmarschall aufgefodert mit zu tanzen. Die beiden Prinzen kamen gleich, sobald sie nur in [den] Saal getreten waren, zu mir und begrüßten mich recht herzlich und freundlich, so auch Carolinen; sie lassen Dich beide grüßen und wünschen, daß die Cur für Dich recht heilsam sei, so auch der Herr von Oertzen und Herr von Rantzau. Durchlauchte Prinzeß war auch sehr genädig gegen mich, auch schickte die Herzogin die Gräfin Beust zu mir und ließ mir für die Gedichte danken; überhaupt haben sich alle Hof- und andere Damen gegen uns beide so benommen, daß wir ganz glücklich und zufrieden nach Hause kamen. Frau von Helvig läßt sich Dir auch empfehlen. Wir haben jedes etwa sechs bis acht Tänze getanzt, und um halb elf Uhr, als sich der Hof zu Tische setzte, gingen wir zu Hause; August hat alles abgewartet, aber jetzt schläft er noch, und wir können von weiter nicht Nachricht geben. Der ganze Hof ist freilich nicht so freudig als sonst, weil unser guter Herzog sehr leidet und sich nur zu allen diesen Festlichkeiten zwingt, und auch, weil die Hoheit nicht viel Antheil wegen des kranken Kindes nehmen wird. Doch, so viel ich weiß, soll den Freitag über 8 Tage Ressource-Ball sein, wo wir denn unsere neuen Tänze aufführen werden. August ist sehr vergnügt und wünscht von Deiner Güte, wenn es möglich ist, so ein Stück, wie Carolinens Tüchelchen ist, zu einer Weste zu haben. Da wir jetzt schreiben, so überläßt er uns, alles Dir zu melden; sobald wir aber weg sind, wird er es von Jena aus thun. Da der Herzog so nach dem Bade eilt, so soll die Vermählung schon den zweiten sein. So denke ich, daß wir vielleicht auch schon den achten nach Lauchstädt gehen; doch denke ich, Dir darüber den nächsten Post-Tag bestimmt zu schreiben. Alle vom Hof wünschen freilich nur Dich hier. Ich glaube, man vermuthet, daß Du doch wohl auch ein kleines Gedicht oder sonst etwas schicken wirst; man wollte von mir hören, doch ich weiß ja von nichts. Nun auch etwas vom Theater. ›Der 24. Februar‹ wurde gegeben, doch nicht so gut als das erste Mal; Haide hat sehr gut gespielt, doch sagen alle, sie hätten gewünscht, daß Du wieder eine Probe davon gehalten hättest. August, den doch so leicht nichts mürbe machen kann, den hatte dieses Stück ganz zerbröckelt. Haide kam nach dem Theater noch zu uns, und August konnte sich gar nicht beruhigen; auch hatte [es] Carolinen ganz mitgenommen. Ich bin noch die Standhafteste gewesen, doch aus dem Theater mußte ich beinah gehen. Den Prinzen soll es auch sehr gefallen haben. Übrigens wird Deine Farbenlehre von Fall so gepredigt, daß er nie ausgeht, ohne ein Prisma bei sich zu haben, und im Geheimen hält er sogar einigen Damen Vorlesung darüber; er hat mich auch durch einige Freundinnen ersuchen lassen, ihm die großen Schirme von Dir zu leihen, ich werde es auch auf einige Tage thun, doch ehe ich weggehe, sie mir wieder ausbitten. Seine Frau ist wieder glücklich mit einem Sohn entbunden worden, so auch die Frau von Ziegesar. Der Shawl, so wie das Tüchelchen, wird sehr bewundert, und Du wirst gelobt, und wir sagen Dir nochmals unsern wärmsten Dank dafür. Und da wir doch immer bitten dürfen, so bitten wir nur um einige Schönstifte, welche bei uns ganz ausgegangen sind. Von Briefen scheint mir nicht viel Bedeutendes da zu sein; nur die ersten Tage kamen einige. Vielleicht kann ich sie durch dem Herzog seine Leute oder sonst jemand Sicheres mitgeben. Stark, der ohnehin krank ist, und andere Leute sind ängstlich, Briefe mitzunehmen. Und nun, da man weiß, daß Du im Karlsbad bist, werden wohl auch wenige ankommen. Ich fange nun an, alles Nöthige gut zu verwahren, um alsdann ruhig reisen zu können. Lebe wohl und schreibe mir bald.

 

496. Christiane

Weimar, den 25. Juni 1810.

Lieber, bester Geheimerath,

Den 21. war schon der dritte Tag vom Vogelschießen. August ging den Morgen auf das Schloß, besuchte Prinz Bernhard und überbrachte den fürstlichen Personen die Exemplare von der ›Farbenlehre‹. Die Herzogin war mit der Prinzeß nach Jena gereist, um die Hoheit zu besuchen; sobald als sie auf ihr Zimmer zurückkam, schickte sie auch sogleich an August und ließ ihm danken. Wir wurden alle zusammen denselben Tag von Egloffsteins eingeladen, ins Schießhaus zu kommen, und wir gingen auch mit diesen in [den] Saal, und sobald wir hineintraten, ließ die Herzogin August zu sich kommen und hat ihm viele Grüße an Dich aufgetragen und den besten Dank. Alsdann begleiteten wir die Prinzen und die Prinzeß unter das Zelt vom Schießen, wo unsere Prinzeß sehr vergnügt und freundlich war; durch vieles Bitten ließ sie sich bewegen, auch mit der Pistole zu schießen. August wurde auch zu der Prinzeß unters Zelt gerufen, wo sie gesagt hat: sie würde Dir selbst schriftlich danken. Auch unsere Prinzen waren sehr freundlich. Es wurde sehr spät, als die Herrschaft wieder in [den] Saal zurückging; sie speisten da; weil mich aber das haußenstehen im Saal ennuyirt, solange die Herrschaft speiset, und nur die Bürgerlichen tanzen, und es so curios aussieht, wenn man erst unter ihnen war, so ging ich mit August und Caroline zu Hause, wo wir ein gutes Abendbrod verzehrten und uns dann zu Bette legten. August ging den andern Tag nach Jena zurück, wo er auch das Exemplar der Hoheit selbst überreichen will. Die kleine Prinzeß ist noch immer sehr schwächlich; mich dauert nur der gute Stark, daß der nicht fort kann. Nun denke Dir aber, was zu allen diesen Festlichkeiten gekommen ist: wir haben nämlich seit drei Tagen starke Einquartirung, so daß ich den einen Tag acht Mann bekommen habe. Ich hatte mir nämlich Gemeine ausgebeten, und wir sind deßhalb nicht wieder ins Schießhaus gekommen. Übrigens bin ich mit den Leuten sehr zufrieden; wenn man ihnen ihre Sachen ordentlich gibt, verlangen sie doch nichts Übertriebenes, und sie sind freundlich und gut. Als Hausherrn habe ich mir Haide ins Haus genommen, denn es sind doch meistens Franzosen und wenig Deutsche darunter. Der General MorardMuron logirt im Palais und brachte 4 Damen mit ins Theater, in die Herrschaftliche Loge; sie saßen rechter Hand neben der Herzogin und kamen unter dem Stück, und es machte allgemeines Aufsehen. Die Herzogin war sehr freundlich und gut gegen sie. Es wurde ›Der Wasserträger‹ sehr gut gegeben, so daß meine gemeinen Soldaten sagten: sie hätten es in Frankreich nicht so gut gesehen. Ich schicke nämlich meine Einquartirung immer ins Theater; ich lasse mir statt meiner Parterre-Billets Gallerie-Billets geben, und so kann ich auch ruhig hineingehen. Heute ist ›Der Tyroler Wastel‹, die Einquartirung hat Rasttag, und ich werde sie wieder hinein schicken. Mittwoch, den 27., ist ›Rochus Pumpernickel‹ als das letzte Stück, denn Donnerstag, den 28., reist die Gesellschaft. Madame Teller ist so krank, daß sie nicht mitreisen kann, und ich glaube schwerlich, daß Du sie noch wieder antreffen wirst. Mamsell Engels muß einstweilen viele Rollen von ihr übernehmen; freilich wird sie sich als Frau vom Götz nicht so gut machen als die Teller. Die Vermählung ist den zweiten; den 5. werden die jungen Herrschaften abreisen. Ich und Caroline gehen bestimmt den 6. Juli von hier ab; ich habe wieder mein altes Logis auf dem Markt bekommen und sehe dem Tag mit Freuden entgegen, wo ich von hier abreisen werde. Das Eger-Wasser von Feuerstein und eine Kiste von Deinem sind nun getrunken. Die eine Kiste will ich mit nach Lauchstädt nehmen. Von den Festlichkeiten wird es hier so viel nicht geben. Auf den Freitag ist großer Ressourcen-Ball, wozu die Herrschaften auch eingeladen sind. Gestern war trotz der Einquartirung doch große Tanzstunde bei mir, weil wir nämlich allerlei probiren, was da getanzt werden soll. Wie alles abgegangen ist, sollst Du im nächsten Brief erfahren, denn von hier aus schreibe ich Dir noch einen Brief. Nun etwas von der Haushaltung. Ich habe nämlich alles, was von Schuhmacher-Rechnungen hier für Dich und August war, beinah bezahlen müssen. Dann gab es auch einige Reparaturen im Haus; auch habe ich für den künftigen Winter meine Butter angeschafft, Essig zum einmachen, und dergleichen. Und das, was für August und mich zu den Festlichkeiten nöthig war, kostet auch etwas. Ich habe mich so eingerichtet, daß ich wohl 6 bis 8 Wochen mit dem, was ich habe, reiche und meine Lauchstädter Ausgaben davon zu bestreiten denke. Auch kostet mich die Einquartirung bestimmt zwanzig Thaler; doch wenn wir sie auswärts hätten, kostete es wohl viermal zwanzig. Sollten wir Einquartirung bekommen unter der Zeit, daß ich in Lauchstädt bin, so wird der Sprachmeister Körner in unserem Hause alles besorgen; doch hat mir die Polizei versprochen, daß ich in meiner Abwesenheit keine bekommen soll, denn ich habe mich dieses Mal schon beschwert, daß ich zu viel habe. Nun also wegen des Geldes. Wenn ich Ende August wieder zurückkomme, so habe ich freilich gar keins, und in Lauchstädt ist es doch auch ängstlich, wenn man zuletzt gar kein Geld mehr hat. So dächte ich so, daß Du mir vielleicht ein Papierchen zu 100 Thalern hinschicktest, nur eine Anweisung an Frege; ich verspreche, es nicht auszugeben, als bis ich es in Weimar nothwendig brauche. Die Haushaltung geht freilich immer fort und kann [niemals]Durch Ausschneiden des Siegels verloren still stehen, weil man immer für die Zukunft sorgen [muß]Durch Ausschneiden des Siegels verloren. Das große Zimmer ist auch wieder gemalt und recht [schön]Durch Ausschneiden des Siegels verloren geworden; jetzt bin ich daran, die Möbels in Ordnung zu bringen, und lasse alle Thüren und Einfassungen im Zimmer wieder bohnen. Auch werden alle Öfen umgesetzt und der Kochofen ganz neu reparirt, damit, wenn Du wiederkommst, alles in der größten Ordnung ist. Kommst Du eher als Ende August, so gehe ich auch früher von Lauchstädt weg; sonst bliebe ich da, bis die Gesellschaft weggeht, denn ohne Dich mag ich fast gar nicht in Weimar sein. Über meinen Shawl habe ich aber eine große Freude, er wird allgemein bewundert. Nach diesem Brief schreibe mir nicht mehr nach Weimar; ich wünschte, daß ich wieder in Lauchstädt einen anträf. Die ganze Gesellschaft vom Theater empfiehlt sich Deinem Andenken, besonders aber Deny, welcher äußerte, daß, wenn Madame Teller sterben sollte, seine Frau auch in diesem Fach aushelfen wollte; komische Alte habe sie schon mit Beifall gespielt. Und sie wünscht weiter nichts, als, wenn Du zurückkommst, bei Dir einmal eine Probe von dieser Art abzulegen. Lortzing hat den Graf Balken bekommen und dankt von ganzem Herzen. Bis jetzt ist alles in der größten Ruhe; und von Lauchstädt sollst Du ein Mehrers erfahren.

Lebe wohl und denke mein.

C. v. Goethe.

 

497. Goethe

Karlsbad, den 27. Juni 1810.

Nachdem mir lange Zeit die Briefe ausgeblieben waren, so kamen sie endlich alle an Einem Morgen und machten mir um desto mehr Vergnügen. Ich konnte hoffen, daß der Shawl und das Tüchelchen würden gute Aufnahme finden. Sie sind, Gott sei Dank! um vieles wohlfeiler als die Schätzung, die Du mir schreibst. In ähnlichen Dingen, als kleinern Shawls, Halstüchern und Kleidern dieser Art, ist wieder aufs neue so viel Lustiges angekommen, daß man sich wirklich enthalten muß, kein Geld auszugeben. Auf alle Fälle soll August eine solche Weste haben: denn ich hatte mir selbst eine zugedacht.

Was ich aber nicht ganz loben kann, das ist, daß ihr gar nichts meldet von der freundlichen Sendung, die ich durch die Leute des Prinzen Bernhard gemacht habe, so daß ich also gar nicht weiß, ob sie zu euch gekommen ist. Augusten hatte der Schreiber dieses ein Schwänchen zusammengemacht von Stecknadeln, Ohr-Kleinigkeiten; auch waren Nähnadeln dabei. Von allem diesem hören wir nichts. Auch hatten wir einen schönen Rohrkorb mit getrockneten Trüffeln und Schwämmen dazu gethan. Aller dieser guten Gaben erwähnt ihr mit keinem Wort, und wir müssen nur hoffen, daß sie glücklich zu euch gekommen sind.

Mir ist es bisher ganz wohl gegangen; aber freilich, daß ich wünschen müßte, das ganze Jahr in Karlsbad zu sein. Denn gerade der mäßige Gebrauch des Wassers, wie ich mich dessen jetzt bediene, ist das Rechte. Ich nehme auch noch ein paar Becher Sprudel Abends und befinde mich vortrefflich dabei. Es zeigt sich keine Spur von Krampf, woran ich in Jena noch unendlich gelitten habe, ohne jemanden etwas zu sagen, weil es nicht unerträglich war, und ich mich von einem Augenblick zum andern mit Hoffnung hinhalf.

Dagegen habe ich hier eine recht gute Art zu sein. Die Gegenwart der Kaiserin und der sächsischen Herrschaften hat uns, diese Wochen her, in Athem erhalten und beschäftigt. Nachdem wir die verschiedenen Momente des Hierseins der liebenswürdigen Monarchin, so gut wir nur konnten, gefeiert, so ertheilte sie mir den Auftrag, den Karlsbadern in ihrem Namen zu sagen, wie ungern sie von hier weggehe, wie sehr sie sich hier gefallen habe, und wie lebhaft sie wiederzukehren wünsche. Auch diese schwierige Aufgabe habe ich zu lösen gesucht, und ich schicke nächstens die kleine Sammlung der Gedichte. Indessen ängstigt es mich, daß darüber gerade die Zeit hingegangen ist, die ich bestimmt hatte, unserer lieben Prinzessin und ihrem Gemahl, nach meiner Art etwas Freundliches zu sagen. Ich werde dieses nun wohl nachbringen müssen, und wünsche, daß die Festlichkeiten recht froh und freudig mögen vollbracht werden. Das Übelbefinden des Herzogs und des Enkelchens hat mir einen traurigen Eindruck gemacht.

Du kannst von mir noch einen Brief in Weimar erwarten, da Du erst den 12. Juli nach Lauchstädt gehst. Auf alle Fälle aber sollst Du dort etwas von mir finden.

Die Schirme zur Farbenlehre kannst Du Herrn Falk nur lassen, wenn Du auch weggehst. Empfiehl mich aller Welt und danke fürs Andenken. Lebe recht wohl und nimm von dem Tanzlehrer alles, was Dir gemäß ist. Der Fräulein Beust kann ich für kein Quartier stehen, am allerwenigsten für eine so kurze Zeit. Alles ist schon bestellt, und ich will nicht rathen, auf gut Glück hieher zu kommen. Wollen es die Frauenzimmer aber thun, so bin ich bei den ›Drei Mohren‹ zu finden, bin gerne hülfreich, stehe aber für nichts. Ich habe die letzten Zeilen der vorigen Seite ausgestrichen, weil ich nicht rathen kann, auf gut Glück hieher zu kommen. Fräulein Riedesel hat es gewagt, begnügt sich aber auch mit einem sehr engen Quartier in einer keineswegs erfreulichen Lage. Herr und Frau von Riedesel sind früher angekommen und haben, um ein geräumiges Quartier zu finden, sich entschließen müssen, auf den Schloßberg zu ziehen. Sage dieses mit meinen vielen Empfehlungen an Fräulein von Beust und Frau von Seebach. In Franzenbrunn und Teplitz ist es noch viel voller. An diesen beiden Orten ist gar kein Unterkommen mehr. Nun will ich schließen und Dir ein herzliches Lebewohl wünschen. Vor Deiner Abreise nach Lauchstädt kannst Du mir wohl noch einmal von Weimar schreiben. Wenn Du hingegen nach Lauchstädt kommst, sollst Du unter Herrn Genasts Adresse etwas von mir finden. Ob ich sonst etwas schicken kann, weiß ich nicht: denn die Leipziger, die hier sind, gehen erst nach Eger. Lebe recht wohl und grüße Carolinchen und die Theaterfreunde.

G.

 

498. Goethe

Vor einigen Tagen sendete ich durch Herrn von Helldorf ein Packet an Dich ab, das allerlei Gutes enthält und das Du wahrscheinlich gleichzeitig mit dem gegenwärtigen Blatte erhalten wirst. Gedenket meiner bei einer Tasse Chocolade, und wenn im Theater ein Pfeffermünzküchelchen genommen wird. Dein ausführlicher Brief vom 25. Juni hat mir viel Vergnügen gemacht, schreibe mir von Lauchstädt dergleichen. Carolinchen soll geliebt sein, daß sie so viel auf ein Blatt bringt. Mir geht es recht wohl, und wenn ich diese Wasser immer neben mir hätte, wäre mir für nichts bange. Seit der Abreise der Kaiserin habe ich mich in die Enge gezogen. Es gehen ohnehin schon die Personen der ersten Zeit und die meisten meiner Bekannten fort. Indessen kommt unter so vielen Menschen immer einmal wieder ein alter Bekannter, oder es findet sich etwas interessantes Neues. Von Äugelchen hat sich noch gar nichts gefunden. Die Gegenwart der Kaiserin wird für mich nicht ohne Folgen sein, man hat mir vertraut, daß sie mir eine Artigkeit erzeigen werde, die mich um so mehr freuen müsse, weil sie sich selbst etwas ausgedacht. Du sagst niemand davon, denn so etwas muß man abwarten. Es kann gar manches dazwischen kommen, das die besten Absichten der Großen hindert. Nach Wien bin ich von hunderten eingeladen. Ich habe es nicht abgesagt, aber mir auf jeden Fall vorbehalten, Augusten an die Wohlwollenden zu adressiren. Er wird überall willkommen sein. Bis jetzt hab ich von dem edlen Jüngling keine Zeile erhalten, so daß ich nicht weiß, ob er die durch des Prinzen Bernhard Leute überschickte Sachen bekommen hat. Auch schreibst Du mir nichts von den getrockneten Trüffeln und Schwämmen, die in einen flachen Korb gepackt waren. Ich lege Dir ein Blättchen an den Cassir bei, er wird ja wohl dieß Jahr genügsamen Überschutz haben, Dir das Wenige auszuzahlen.

Den 12. Juli wollen wir mit den besten Wünschen feiern. Ich hoffe, indessen von euch zu hören. Es geht mir ganz wohl und wünsche Dir das Gleiche. Dabei bin ich ziemlich fleißig und habe schon allerlei zu Stande gebracht.

Ich lege die Gedichte bei, die ich zusammen drucken ließ. Jedes wurde durch eine besondere Gelegenheit veranlaßt, das letzte durch die Kaiserin selbst, welche verlangte, daß ich in ihrem Namen den Karlsbadern etwas Freundliches sagen sollte. Ihr werdet sehen, wie ich mich aus der Sache gezogen habe. Grüße Herrn Genast zum schönsten, er wird mir wohl schon geschrieben haben, wenn Gegenwärtiges ankommt. Auch die Übrigen grüße und trage wie sonst alles bei, daß die Sache gut und ordentlich geht. Richte dich auf alle Fälle ein, so lange zu bleiben wie die Gesellschaft; denn ich werde meine Nachhausreise nicht beschleunigen. Ich muß noch gar manches vorher thun und ausrichten. Lebe recht wohl und sei meiner eingedenk.

Karls-Bad, den 3. Juli 1810.

G.

 

499. Christiane

Weimar, den 3. Juli 1810.

Lieber Geheimerath,

Daß wir Dir nichts von der Ankunft der Trüffeln und Schwämme gemeldet haben, worüber ich mich sehr gefreut, war bloß die Ankunft des Shawls und Tüchelchens Schuld, weil beides zugleich ankam, und ich und Caroline waren für Freude keine Menschen, ich habe nicht leicht etwas so lieb gehabt als diesen Shawl, und da wirst Du wohl verzeihen. Die Trauung ist schon am 1. Juli vollzogen worden; ich ging einige Tage vorher zu der Frau Hofmarschallin und erfuhr, daß von Damen niemand zu dieser Feierlichkeit eingeladen würde als die, welche an Hof präsentirt wären, und wo auch den Sonntag vorher eine ganze Menge erst präsentirt wurden. Freitags vorher gab die Ressource dem Hof einen Ball, und ich brachte da einiges von meinem Putz an und erschien so, daß es bei jedermann Beifall fand. Alles vom Hof war sehr freundlich und gesprächig gegen mich, so auch gegen Caroline; nur war von Seiten der Vorsteher zu nichts keine Anstalt, und alles lief schief ab, und zur Unbequemlichkeit aller Tanzenden und nicht Tanzenden hatten sie beinah einen ganzen Tannen- und Eichenwald in den Saal gebracht, so daß einem der Geruch von diesen Kräutern und Lauben, welche sie gebaut hatten, ganz weh machte. Von allen ihren andern Anstalten, die nichts taugten, können wir Dir nur mündlich erzählen, weil es viel zu weitläuftig wäre zu schreiben. Ich habe diese Zeit viele Fremde von Jena bei mir gesehen, die alle zu diesen Festen kamen: Knebel, Frommanns und mehrere; alle sind einige Tage bei mir geblieben, so daß ich zuletzt recht verdrüßlich wurde und wünschte, ich wäre früher nach Lauchstädt gegangen. Den Trauungs-Tag sind wir den ganzen Tag nicht aus dem Haus gekommen. Den Abend waren wir zu dem Herrn von Lewandowski eingeladen, um das Feuerwerk zu sehen; wir gingen auch hin, fanden eine zahlreiche Gesellschaft von Herren und Damen, worunter auch der Propst war, und wurden so gut bewirthet, daß bei jeder Rakete auch ein Champagner-Stöpsel in die Höhe flog; und wir hatten uns beide lange nicht so gut amüsirt. Auch finden wir in näherem Umgang diesen Mann besser, als wir gedacht haben. Den zweiten Tag nach der Vermählung war wieder allerlei zu sehen, was Du in Augusts Brief liest; und wir gingen wieder hin, um alles vorbeiziehen zu sehen, und fanden wieder eine andere Gesellschaft da, worunter sich auch der Herr General-Superintendente nebst seiner Gemahlin befand, und kamen erst spät des Abends zu Hause. Heute ist August zu einem brillanten Hofball eingeladen worden wie auch zu Souper; ich habe ihn recht herausgeputzt und, da es regnete, auch sogar hinauffahren lassen. Und unter der Zeit, daß die tanzen, schreibe ich Dir. Die Festlichkeiten sind nun beinah vorbei, weil unser Durchlauchter Herzog seiner Gesundheit wegen so nach dem Bad eilt; und wir sind entschlossen, übermorgen, den 6., nach Lauchstädt zu gehen, worauf ich mich würklich sehr freue, um auch einmal wieder zur Ruhe zu kommen. Denn ich kann würklich sagen: so lange Du weg bist, bin ich beinah keinen Tag ohne Fremde gewesen, und dieß kostet einen doch am Ende nur Geld. Mit meiner Gesundheit geht es zwar leidlich, doch fühle ich im Ganzen noch immer eine Schwäche in mir, die ich nicht zu erklären weiß, so daß mich alles mehr angreift als sonst. Nun denke ich aber, das vortreffliche Lauchstädt, das Bad, und mein Merseburger Doctor sollen alles wieder herstellen, und ich werde Dich recht bald davon benachrichtigen. Caroline freut sich auch recht sehr darauf; und das Haus sollst Du bei Deiner Rückkehr auch in der schönsten Ordnung finden. Den Tod der Madame Teller wirst Du wohl von Genast erfahren haben. Madame Ackermann wird Dich wohl nun mit vielen Schreiben incommodiren. Aber zu einem Engagement wollte ich doch ja nicht rathen; es ist doch besser, Junge zu engagiren, da einige bei der Gesellschaft doch schon alt sind. Herr und Madame Wolff waren bei mir, um Abschied zu nehmen, und empfehlen sich Deinem ferneren Wohlwollen. Sophie Teller soll nach Petersburg transportirt werden.

Einige Briefs, welche an Dich angekommen sind, habe ich meinem Bruder geben müssen, da er mir sagt, daß sie der Herr Geheimsecretär Vogel mitnehmen wollte. Rinaldo ist mit seiner Mutter sechs Wochen in Meiningen gewesen und heute wieder zurückgekehrt; er hat mich gebeten, ihn bei Dir zu empfehlen. Vergiß nicht, dem armen Wurm etwas mitzubringen, etwa ein Westchen oder Halstüchelchen; er ist recht geschickt geworden und verdient es würklich. Mit der kleinen Prinzeß geht es wieder etwas besser, doch haben die Ärzte noch immer keine Hoffnung zu ihrer völligen Genesung. Die Hoheit wird auch heute Abend oder morgen früh wieder nach Jena gehen, und so wird bald alles hier still werden. Das Gedicht, welches Du zur Ankunft der Kaiserin gemacht hast, gefällt hier sehr, ich habe nur Ein Exemplar behalten, und es geht immer in der Stadt herum zum lesen und abschreiben. August hat sich bei seinem Hiersein in Weimar recht gut benommen, so daß man allgemein mit ihm zufrieden ist. Unsere TanzübungenTanzübung, an welchen August auch manchmal Theil genommen, gehen bis den Tag vor meiner Abreise fort. Ich und Caroline und zwei Fräulein von Milkau haben auf dem letzten Ressource-Ball mit auch vier eingelernten Tänzern eine sehr schöne Quadrille getanztKönnte auch heißen gedreht, welche sich nicht wie andere mit Ronde [?] anfängt und auch nicht so endigt; wir hatten sehr viele Zuschauer, und sie hat allgemein gefallen. Aber ein Spaß wurde den Kindern vereitelt. Caroline, die Mamsell Kästner, Fräulein Goldacker und die Schumann hatten eine spanische Menuett eingelernt, welche sie mit Bändern und Figuren tanzen sollten, wo auf jedem Band ein Gedicht stand, nämlich zwei an die Prinzeß und zwei an den Prinzen gerichtet waren, und es wurde ihnen von dem Herrn Vorsteher verweigert. Schumann und Ziegesar [?], welche sich dieß ausgedacht hatten, haben sich freilich nicht wenig geärgert, und die Herrschaft, welche schon davon benachrichtigt war, hat es von der Ressource sehr übel aufgenommen. Und so hat es beinah bei allen Feierlichkeiten Händel gegeben, weil in nichts keine Ordnung war. Das Hauptgedicht von der Ressource hatte Professor Schulze gemacht, welches mit Thränen anfängt und auch so endigt. Die Gedichte von den Kindern wurden auf Verlangen des Hofes den Tag nach dem Ball durch den Herrn Rath Schumann an die Prinzeß geschickt, wo wieder zwei von Schulze dabei waren, welche bloß aus dem Jesus Sirach geschrieben waren; und eins hat der Professor Kästner gemacht. Caroline ihr Gedicht hatte mein Bruder gemacht, und ich muß, ohne ihn zu rühmen, sagen, daß es das beste war. Wir heben alles auf, um Dir es zu zeigen. Es ist auch allgemein gelobt worden; der hat überhaupt viel dichten müssen, er hat auch das Gedicht für die Böttcher und [für die] Bauern-Hochzeit machen müssen. Ich habe sie noch nicht gesehen, sie sollen aber in ihrer Art auch recht gut sein; so auch für der Prinzeß ihre Amme, und dergleichen mehrere. Auch haben Wielands auf dem Ball ein Gedicht überreicht; und die Prinzeß, welche auf dem Ball sehr freundlich mit mir gesprochen hat, hat mir einen recht herzlichen Gruß an Dich aufgetragen, so auch die beiden Prinzen. Hast Du denn wegen Deines Bildes an Kügelgen geschrieben? vergiß es ja nicht. Die Schopenhauer ist jetzt mit Müllern in Dresden; sein Bruder, der Student, besuchte uns auch bei diesen Festlichkeiten, und aus diesen seinen Reden kann ich freilich nichts Anderes schließen, als daß sie ihn würklich heirathet. Sie hat schon in Ronneburg in seinem Haus logirt, und seine erste Geliebte hat sich das so zu Herzen genommen, daß sie wahnsinnig geworden ist. Nun denke Dir aber nur, Caroline hat auch noch gar nichts zugeschickt bekommen. Ich habe den Regierungs-Rath Voigt, so oft ich ihn gesehen habe, erinnert, und er hat mir versichert, daß es nur an ihm läge, es auszufertigen, und es solle bald geschehen. Caroline ist selbst zu ihm gegangen, und so hat er uns eine Woche nach der andern vertröstet, und Caroline hat sich genöthigt gesehen, zwei Erinnerungs-Schreiben bei der Regierung einzugeben, worauf wir aber auch noch keine Antwort haben. Gott weiß, wie dieß alles zusammenhängt. Weiter weiß ich Dir heute nichts zu sagen.

 

Den 5. Juli.

Da der Brief liegend bleiben muß, und wir diese Nacht weggehen, so will ich Dir selbst noch schreiben. Ich freue mich sehr, daß Dir das Bad so gut bekommt und Dir so heilsam ist; und mein einziger Wunsch ist, Dich recht gesund und froh wiederzusehen.

Ich denke, es soll mir künftiges Jahr auch gut sein, und vielleicht hilft es mir auch von dem bösen Magenkrampf, der, wenn man es so leicht nimmt, doch zuletzt auch übel werden kann. Denn die arme Teller hat daran sterben müssen. Ich bin freilich nicht so ganz schwach wie diese, aber durch die Länge kann einem doch so ein Übel sehr schaden. Dieses Mal will ich nun sehen, was Lauchstädt thut.

Die Feierlichkeiten haben gestern mit einer Abend-Musik ihren Abschluß gemacht, und August ist wieder nach Jena. Auf dem Hofball hat es ihm sehr gefallen, und soll Dir Grüße von allen Herrschaften schreiben. Ich war gestern bei der Frau von Heygendorf gewesen; die läßt Dir auch viele Grüße sagen. Ich bin recht froh, daß ich aus Weimar komm, denn es ist seit drei Wochen von Fremden nicht leer geworden und hat mich viel gekostet; so auch 8 Tage Einquartirung. In Lauchstädt will ich mich recht klein einrichten, denn ich habe gar nicht viel Geld mehr. Denn August hat doch auch hier was haben müssen. Ich verlasse mich auf Deine Güte, sonst siehet es übel aus.

Lebe wohl und schreibe mir bald.

C. v. Goethe.

 

500. Christiane

Lauchstädt, den 11. Juli 1810.

Lieber, bester Geheimerath,

Freitag, den 6. Juli, kamen wir glücklich um ein Uhr des Mittags in Lauchstädt an; Carolinen gefiel es gleich sehr, wir beschäftigten uns mit auspacken und ruheten aus. Sonnabend begrüßten wir erst die Allee und den berühmten Teich; ich erfuhr zu meiner größten Freude, daß der Herr von Helldorf bei dem Doctor Koch etwas an mich abgegeben hätte. Ich schickte sogleich hin. Und wie sehr ich mich freute über das schöne Becherchen, kannst Du Dir wohl denken; und mein wärmster Dank folgt hier. Die Chocolade wollen wir auf Deine Gesundheit verzehren. Die Gedichte sind sehr schön, das letzte hat mir noch besser als das erste gefallen. Ich habe sie fast alle ausgetheilt. Badegäste sind etliche 80 Familien hier, worunter ich auch einige Bekannte gefunden habe. Auch ist der Kammerrath Frege aus Leipzig hier; die meisten sind Leipziger. Im Theater habe ich es freilich noch nicht voll gesehen; das kommt dadurchdurch, daß die Gesellschaft in Halle fast täglich spielt, so auch die Sonntage, so daß beinah niemand von Halle kommt. Die Freitage und Dienstage, wo hier nicht gespielt wird, machen sowohl die Schauspieler, als auch die Badegäste Partien nach Halle. Künftigen Freitag denken wir vielleicht auch eine Partie zu machen. Man muß sich hier, da es an jungen Leuten fehlt, so gut als möglich zu amüsiren suchen. Vorigen Sonntag war es sehr angenehm hier, wo wir auch ein paar hübsche junge Edelleute kennen gelernt haben, einen Herrn von Pön [?] und Herrn von Morgenstern aus Mecklenburg, welche sehr gut tanzten. Ersterer wird nach Teplitz gehen, und ich werde ihm vielleicht einen Brief an Dich mitgeben; sie sind wieder in Leipzig, kommen aber zu nächstem Sonnabend und Sonntag wieder. Übrigens haben wir uns gut eingerichtet, und ich will Dir um des Spaßes Willen schreiben, wie theuer es ohngefähr hier ist. Im Salon haben wir abonnirt; vor Caroline zahle ich 8 Groschen, für mich 12 Groschen, also wöchentlich 6 Thaler. Fürs Logis gebe ich mit zwei Betten 2 Thaler 8 Groschen, denn ich habe wegen des Badens meine Köchin mitgenommen, und unsere zwei Betten waren beim Transport. Wenn ich keine Neben-Ausgaben mache, so brauche ich ohngefähr für das Gewöhnliche 10 Thaler wöchentlich; aber leider hat man mich schon zu drei Soupers dansant gequält, mich aufzuschreiben, wo es à Person 16 Groschen gekostet hat; und da wir doch gern tanzen, so hätte ich es auch ungern ausgeschlagen. Und für welcher Ausgabe ich mich noch fürchte, ist diese: es ist nämlich Montag über acht Tage ein Jubiläum hier, es wird 100 Jahre, daß das Bad in diesem Zustand ist, alle Armen sollen gespeist werden, und ein großes Souper und Diner ist veranstaltet, wo es à Person einen Laubthaler kosten soll. Auch soll jeder Badegast etwas für die Armen beitragen; von mir werden sie wenig bekommen. Der Kammerrath Frege hat schon 200 Thaler dazu gewidmet. Mit meiner Gesundheit geht es alle Tage besser. Den Merseburger Arzt habe ich noch nicht sprechen können, weil er eine kleine Reise gemacht hat. Ich will auch vor der Hand nicht in meine Gesundheit stürmen mit Arzeneien, da mir das Egerwasser allein so gut bekommt. Ich trinke jetzo an der letzten Kiste. Auf den Donnerstag will ich anfangen zu baden. Bis jetzt habe ich gar keine Anwandlung von Magenkrämpfen mehr. Der hiesige Arzt hat mir gerathen, nach dem Bad ein Glas Malaga zu trinken, und dieses will ich auch thun, weil das Baden den Magen doch wieder angreift. Wenn Du etwa noch Gelegenheit hast, eine Kiste Egerwasser zu besorgen, so thue es ja, denn ich habe auch sogar das vorjährige mit ausgetrunken und habe nur noch 16 kleine Fläschchen, welche bald alle sein werden. Künftiges Jahr, wenn Du nach Karlsbad gehst, werde ich erst nach Eger gehen und dann nach Karlsbad; so, glaube ich, wird es gut sein. Das mineralische Wasser ist doch das beste. Von Schauspielen wurden folgende hier gegeben: den Sonnabend ›Das Räuschchen‹, welches nicht gut ging; Sonntag ›Tyroler Wastel‹, welcher sehr gut gegeben wurde; Montag ›Die Mitschuldigen‹, wo sie alle ganz vortrefflich gespielt haben, besonders Lortzing, und darauf ›Die kurze Ehe‹, welche auch sehr gefiel. Sonnabend war der Canzler Niemeyer mit seiner Frau hier, welcher sich Dir vielmals empfehlen läßt; wir haben uns wechselseitig sehr gefreut, einander wiederzusehn. So fröhlich wie sonst ist es freilich nicht hier; und wenn man nicht im Salon speiste, wo es doch mitunter immer lustig ist, so hätte man gar nichts. Doch wir amüsiren uns außerdem so gut, wie wir können. Besser ist es immer als in Weimar; und es ist doch gut, wenn man einmal den Zustand wieder verändert. Desto häuslicher und froher werde ich alsdenn wieder in Weimar sein. Sei nur so gut und schicke mir noch ein kleines Papierchen, ich könnte es hier gleich an Frege geben; ausgeben will ich hier nicht viel davon, es ist nur, daß ich nicht ganz ohne Geld in Weimar bin. Ich wollte wohl welches ohne Papier von Dir bekommen, aber das mag ich nicht. Badegäste kommen noch alle Tage an; und ich glaube, bis in die Mitte dieses Monats wird es noch ziemlich voll hier werden. Freilich gegen Karlsbad ist es nichts; worauf wir uns denn freilich sehr freuen, übers Jahr mit Dir zu sein. Denn hier kann es nie wieder für das Theater etwas werden, wegen der Gesellschaft in Halle, denn alles von Halle und den umliegenden Gegenden geht in das Hallische Theater. Es wird jetzt eine große Kirche dazu eingerichtet, und es soll sehr schön werden, wie mir Niemeyer sagt. Auch in dem Hallischen Bade sollen so viel Gäste wieder [?] sein; sobald wir da gewesen sind, wollen wir Dir alles bestimmt schreiben, wie es aussieht. Ich sage Dir nochmals meinen schönsten Dank für das Überschickte. Aus dem Becherchen wird alle Tage in der Allee getrunken. Schreibe mir ja recht bald wieder, denn es macht mir immer die größte Freude zu hören, wie es geht. Der alte Karlsbader hatte hier schon mehrere Gedichte ausgetheilt; er hat mir auch versprochen, daß ich die Badelisten von ihm bekommen soll. Ist denn Bettine noch nicht da? Du wirst auch nun einen Brief von mir durch Vogeln bekommen haben, welcher mir sagte, daß er Dir ihn gleich von Dresden aus schicken wollte. Alles vom Theater empfiehlt sich Dir, besonders      Name unleserlich und ihr Mann, so auch Wolff, welcher mir sagt, daß er nächstens an Dich schreiben wird. Ich bin heute mit ihm, weil wir beide Egerwasser trinken, spazieren gegangen, und da haben wir viel von Dir gesprochen. Wenn ich nur manchmal so ein Stündchen könnte bei Dir sein, dieses ist mein Wunsch.

Nun lebe wohl und denke mein.

C. v. Goethe.

 

501. Christiane

Lauchstädt, 15. Juli 1810

Lieber Geheimerath,

Es hat sich nach und nach von Badegästen hier so angefüllt, daß über 200 Personen hier sind und viele Fremde, die immer ab- und zugehen. Nun wissen sie sich beim Theater nicht zu helfen und geben gewöhnlich, wegen Abgang der Madame Teller, kleine und nicht gern gesehene Stücke, und das bloß, weil sie der Engels in den neuen Rollen die Kleider von der Teller nicht hier geben wollen; und ohne Kleider kann sie doch die Rollen nicht übernehmen, denn ihre Garderobe ist doch nicht darauf eingerichtet. Und weil, wie Du weißt, wie immer kein Entschluß von Weimar kommt, so werden darüber auch die guten Stücke vorenthalten. Gestern war ›Egmont‹; da war es wohl voll, und es wurde recht gut und zur Zufriedenheit aller Zuschauer gegeben. Die Scene mit Egmont und Clärchen ist außerordentlich gut gegangen, und ich und Caroline haben uns an diesem Stück einmal wieder recht erbaut. Nach dem Theater war großes Souper dansant, wo wir uns auch gut amüsirt und neue Bekanntschaften gemacht haben. Der alte Ufel [?] und mehrere alte Verehrer sind auch angekommen. Vorigen Freitag fuhr eine große Gesellschaft nach Halle; wir ließen uns auch bereden, mit Herrn Riquet dahin zu fahren. Wir sahen uns in Halle um, konnten aber, da wir nicht allein waren und von der Gesellschaft abhingen, nicht zu Niemeyers gehen. Wir gingen ins Theater, welches aber nicht wie ein Theater, sondern wie ein Pferdestall aussieht, denn es ist eine alte Reitbahn gewesen. Es wird aber ein sehr großes, neues Theater in einer Kirche eingerichtet, wo nach 4 Wochen schon gespielt werden soll. Es wurde die Oper ›Das Sonntagskind‹ aufgeführt; doch wurde so schlecht gesungen und gespielt, daß wir nur einen Act aushalten konnten. Doch haben wir uns einmal recht ausgelacht. Einige Männer darunter könnten wohl gut sein, doch das weibliche Personal ist gar nicht zum ansehen. Wir waren schon ein Viertel auf elf Uhr des Abends wieder in Lauchstädt. Gestern ist der Capellmeister Müller von Weimar hier angekommen, um das Bad zu brauchen; er hat mir gleich eine Karte geschickt und mich auch gleich in der Allee aufgesucht. Wir haben viel von Dir und vom Theater gesprochen; er hat mir aufgetragen, ihn Dir zu empfehlen und Dir zu schreiben, daß künftigen Winter sein einziges Bestreben nur sein sollte, Dir in Ansehung der Oper Freude zu machen, und auch wegen unserer kleinen Singakademie alles Mögliche dazu beizutragen, daß es Dich auch erfreuen sollte. Er meint, ohne daß Du in Weimar wärst, hätte er nichts anfangen wollen; doch er habe für das Ganze [?] so viel Ernst und Freude, daß er wünschte, selbst mitzuwürken. Doch, meinte er, wäre Deine Gegenwart hauptsächlich dazu nöthig, das Übrige gäbe sich von selbst. Er spricht recht gut und gescheut über jede Lage; ich höre nur zu und lasse mir erzählen. Die Hoheit hat auch viel von unserer Singstunde mit ihm gesprochen. Wegen des Theaters bitte ich Dich, sei doch so gut mir ein kleines Zettelchen beizulegen, daß ich manchmal ein paar Billets bekomme, und daß mein Mädchen auf den zweiten Platz gehn kann; vergiß dieß ja nicht, der Cassir wünscht es nur um der Ordnung Willen. Auch bitte ich Dich, mir ja eine kleine Assignation an Frege zu schicken, denn ich möchte hier doch wohl noch etwas brauchen; denn der Merseburger Doctor und andere kleine Ausgaben, auf die ich nicht gerechnet habe, kommen mir doch noch in den Weg. Diesen Brief will mir Herr Riquet von Leipzig bestellen; schreib mir doch, wenn er angekommen ist, und antworte mir recht bald darauf. Eben, als ich dieses Blatt schließen will, kommt mir Dein lieber Brief von eigner Hand, mit den Gedichten und der Assignation an den Cassir richtig an; ich danke vielmals für Deine Güte, sowohl für das Geld, als auch für die Aufmerksamkeit, daß Du mir die schönen Gedichte geschickt hast, welche ich heute alle meinen Leipziger Freunden zu lesen geben werde. Heute wird es überhaupt ein äußerst brillanter Tag; und heute über 8 Tage soll ein großes Jubiläum gefeiert werden, wozu freilich die Badegäste das Beste beitragen müssen. Von August und mir mußt Du nun einen Brief erhalten haben, welchen wir den Tag vor unserer Abreise geschrieben, wo wir auch von allem, was Prinz Bernhard mitgebracht, erwähnen und danken. Ich habe Dir auch schon einen Brief von hier durch Genast geschicket. Aber sehr freun mich die 2 Briefe von Deiner Hand. Behalte mir nur Deine Liebe, so bin ich zufrieden und glücklich.

Lebe wohl und gesund.

C. v. Goethe.

 

502. Christiane

Lauchstädt, den 18. Juli 1810.

Dein letzter Brief, mein Lieber, hat mir viel Freude gemacht. Du mußt nun wieder drei Briefe von mir haben, einen von Weimar kurz vor meiner Abreise, wo auch einer von August dabei war, schreib mir ja, ob Du diesen erhalten hast; einen durch Herrn Genast, und einen habe ich gerade nach Leipzig geschickt, und diesen besorgt mir Herr Kaufmann Riquet. Es fängt hier an recht brillant zu werden. Wir haben hier vier Tage hintereinander getanzt, und die größten Feste des Jubiläums stehen uns noch bevor, welches künftigen Montag gefeiert wird, wo alle Badegäste mit in die Kirche ziehen, und die Damen sich alle weiß und blau kleiden. Carolinen gefällt es hier sehr gut, und mir bekommt das Baden und Tanzen beides außerordentlich gut. Je mehr ich Bewegung habe, desto besser befinde ich mich. Und nun denke Dirich Dir unsere große Freude: am Sonntag besuchte uns der Herr von Arntsschildt [?] und noch eineinen jungerjungen Hannoveraner, Herr von Klenke; sie hatten von Göttingen aus Geschäfte in Halle und von August durch Briefe erfahren, daß wir in Lauchstädt wären. Das war für diese Tage wegen des Tanzens für uns eine große Glückseligkeit, weil wir an jungen Tänzern hier großen Mangel leiden. Sie können aber zu unserer Betrübniß nur bis Freitag hier bleiben; doch habe ich einen Brief bekommen von August, daß zu den großen Feierlichkeiten die beiden Schmidte von Jena kommen wollen. Und wenn sich so die Tänzer wechselseitig ablösen, so können wir es schon mit ansehen. Deine schönen Gedichte haben hier allgemein gefallen; Blümner und mehrere haben sich es abgeschrieben, und Wolff hat sie declamiren müssen. Ich freue mich nur sehr, daß Dir das Wasser so gut bekommt; und so gern als ich Dich wieder bei mir sehe, so wünsche ich doch, daß Du es brauchst [so lange,] als es geht. Denn ich hoffe, daß wir noch einen schönen Herbst zusammen in Weimar zubringen wollen, wo Du im Häuschen alles wieder aufgeputzt und sauber finden sollst. Meinen Geburtstag werde ich wohl noch in Lauchstädt feiern. Den 12. Juli habe ich mit Carolinen zu Hause gefeiert; wir haben des Morgens von Deiner guten Chocolade getrunken, des Mitttags speisten wir im Salon, wo es sich gerade so traf, daß uns die beiden Grafen von Schulenburg mit Champagner, worin sich Eis befand, regalirten, und so tranken wir beide im Stillen Deine Gesundheit; und des Abends waren wir allein und haben Dich hoch leben lassen. Die Gesellschaft wird wohl bis in die Mitte August hier bleiben; wenn aber die Einnahme so fort gehet wie jetzt, so wird sich wohl Herr Genast zureden lassen und vielleicht bis Ende August hier bleiben. Das Längste ohngefähr, wie ich denke zu bleiben, wenn die Gesellschaft nicht früher weggeht, ist ohngefähr bis zum 20.; doch läßt sich darüber noch viel schreiben. Ich schreibe Dir bestimmt 8 Tage vorher, ehe ich weggehe. In Giebichenstein und auf dem Petersberg sind wir noch nicht gewesen; für so eine Partie kann man gleich eine Woche auskommen, deßhalb wollen wir abwarten, bis sich es etwas wohlfeiler machen läßt. Am Montag wurde ›Jery und Bätely‹, welches recht gut ging, und ›Der 24. Februar‹ aufgeführt. Es war alles mäuschenstill im Theater, und es ging beinah wieder so gut als die erste Vorstellung. Sie haben sich alle drei sehr viel Mühe gegeben; Haide hat besonders großen Beifall eingeerntet. Die Damen sind alle ohne Ohnmacht heraus gekommen, aber essen konnte niemand viel. Die Urtheile waren verschieden; Canzler Niemeyer wollte es nicht behagen und fand es zu gräßlich, doch seine Frau Gemahlin schien mehr Theil daran zu nehmen, doch durfte sie sich nicht so ganz für ihrem Herrn Gemahl äußern. Viel junge Leute fanden die Sprache des Stücks so vortrefflich, daß sie sagten: Werner hätte es nicht allein gemacht. Ich wollte dieses Mal in keine betrübte Stimmung kommen, weil mich alles doch zu sehr angreift; bin also abwechselnd heraus und herein gegangen und habe in der Zeit an etwas Anderes gedacht; und wenn ich wieder hereinkam, hat es mir doch außerordentlich gefallen. Caroline hat sich aber wieder ganz durchklopfen lassen, und ich glaube, sie sähe es noch einmal. Überhaupt hat es der jungen Welt sehr gefallen. Heute wird ›Fridolin‹ gegeben. Was sie zu den großen Feierlichkeiten geben, weiß ich noch nicht. In der Allee werden schon große Bogen zu transparenten Sachen aufgestellt, wo sich Lortzing wohl verewigen wird. Den 16. ist AtenAthen ihr Geburtstag gewesen, ich habe sie mit nichts anbinden können. Wenn sich vielleicht eine Gelegenheit fände, wo Du mir etwas für sie schicken könntest; oder bringe ihr eine Kleinigkeit mit, vielleicht etwas in die Ohren zu hängen oder sonst eine Kleinigkeit. Sie ist zu ihrem Geburtstag verreist gewesen. Der Herr Canzler Gutschmidt, welcher auch mit seiner Frau Gemahlin hier ist, empfiehlt sich Dir; er hat jetzt viel zu thun, um den Badegästen ihr Geld, welches zum Jubiläum eincassirt worden ist, auszugeben. Der Herr Capellmeister Müller hält sich sehr zu uns, so auch Herr Stromeyer, welcher mich schon einige Mal besucht hat. Das Egerwasser wird hier sehr häufig getrunken, und mit dem meinigen bin ich nun auch bald fertig. Diesen Sommer werde ich es wohl nun sein lassen müssen, denn ich habe beinah drei Kisten getrunken, und in die Länge greift es doch sehr an. Übers Jahr werde ich es ja wohl an der Quelle trinken, und das in Deiner Gesellschaft. Schreib mir doch, ob Du Dich von einem Jenaischen Kutscher wieder abholen läßt, oder wie Du es zu machen gedenkst. Beiliegendes Blättchen sei doch so gut und gib Herrn Riemer. Vorigen Freitag ist unsere Prinzeß mit ihrem Gemahl in Halle angekommen und den Sonnabend früh von da abgereist. Wir waren schon früher wieder weggereist; wäre ich noch dagewesen, so hätte ich ihr meine Aufwartung noch einmal gemacht. Der Obrist von Seebach war hier und hat mir gesagt, daß noch einige Festlichkeiten in Weimar im Stern und Park gewesen sind, und daß der Abschied von allen Damen und Herren sehr traurig gewesen ist, so daß beinah ganz Weimar geweint hat, wie die Prinzeß zum Thor heraus gefahren ist. Ich bin recht froh, daß ich nicht da war, denn es that mir schon sehr weh, wie zum letzten Mal Theater in Weimar war, und ich mir dachte, daß ich sie zum letzten Mal auf ihrem Platz sitzen sähe. Dieses hat mir schon so leid gethan, denn sie war die letzte Zeit gar freundlich und liebevoll mit allen Menschen.

Weiter weiß ich Dir für heute nichts zu sagen, als daß ich wünsche, daß [Du] recht gesund zurückekommen mögest, und daß Du mich lieb behältst, so lieb wie ich Dich.

C. v. Goethe.

 

503. Goethe

Es war mir sehr angenehm, zu erfahren, daß meine kleine Sendung, durch Herrn von Helldorf, und mein Brief bei Dir wohl angekommen, und ich will nicht zaudern, auf Dein Letzteres einiges freundlich zu erwiedern.

Ich habe mich seit der Zeit nicht so gut wie im Anfang aufgeführt und bin von einigen Übeln angegriffen worden, von denen mich aber Stark glücklich befreit hat, der eben angekommen war; nun ist alles wieder in Ordnung, und ich befinde mich recht schön. Eigentlich war ich selbst Schuld an meinem Anfall. Ich hatte aufgehört zu trinken, und wollte nun gleich anfangen zu arbeiten, welches nicht ganz klug war. Stark selbst befindet sich abwechselnd, und ich will noch einige Zeit hier zusehen und dann nach Töplitz zum Herzog gehen. Stark räth mir die dortigen Bäder und das Eger-Wasser. Von diesem will ich noch ein paar Kisten nach Weimar schicken, wovon ich mir EineAus eine aufzuheben bitte.

Zelter war acht Tage hier, seine Gegenwart hat mir viel Freude gemacht, ich treffe ihn wieder in Töplitz. Auch ist Geh. Rath Wolf noch bei uns, wodurch wir denn auch auf mancherlei Weise erfreut und gefördert werden.

Von Bettinen hab ich einen Brief ohne Ort und Datum; sie ist aber in Böhmen, etwa eine Tagreise von hier, kommt aber nicht und schreibt: wenn ich nach Hause käme, würde ich entweder sie selbst oder einen langen Brief finden. Ich glaube das letzte, schwerlich lassen ihre Verwandte sie aus den Händen.

Frau von Eybenberg ist angekommen. Bei der großen Noth um Quartiere hab ich ihr das meinige abgetreten und bin eine Treppe höher gezogen. So führen wir denn ein ganz freundliches Leben zusammen. Doch aufrichtig gesprochen, so will es nicht mehr mit uns fort wie sonst; sie ist ganz unendlich politisch und auf eine Weise, daß wir nicht eben zusammenstimmen. Da schweigt man denn lieber, und bei Ermanglung anderes Interesses wird die Unterhaltung ein wenig lahm.

Ich freue mich, Dich wiederzusehen, um einmal wieder ganz offen mich mittheilen und ausreden zu können.

Riemer ist recht brav und geht mir in allem zur Hand; auch ist er überall geschätzt und wohl aufgenommen. Es hinge nur von ihm ab, sich weiter zu verbreiten. Er leistet mir aber sehr freundlich Gesellschaft, und so steht alles sehr gut. Wir essen zu Hause, und ich sehe seit den letzten vierzehn Tagen wenig Gesellschaft. Auch Frau von Eybenberg hat eine Societät, in die ich nicht komme, und so leb ich auf meine gewöhnliche Art ziemlich eingezogen.

Daß Lauchstädt sich bevölkert, dazu wünsche ich Dir Glück. Lasse Dir Cur und Zerstreuung wohlbekommen. Herrn Müller sei freundlich und versichre ihn meiner besten Neigung. Es wird mich sehr glücklich machen, wenn er mit mir überzeugt ist: daß es gar nicht nöthig ist, sich immer zu ärgern in einer Sache, die eigentlich zumAus zu Vergnügen gereichen soll.

Halte deßhalb zu allen Gliedern des Theaters ein gutes Verhältniß, insofern es nur möglich sein will. Grüße Genasten, er wird sich nach seiner Art wohl durchhelfen. Freilich spürt man in solchen Fällen, was Unentschlossenheit und allerlei Nebenrücksichten für Schaden bringen. Mögen sies doch in ihrer Casse fühlen.

Lebe recht wohl. Schreibe mir von nun an nach Töplitz in denDrei Äpfeln‹. Unterhaltet euch gut mit alten und neuen Verehrern. Carolinchen viel Grüße. Von August hab ich einen Brief.

Karlsbad, den 22. Juli 1810.

G.

 

504. Christiane

Lauchstädt, den 24. Juli 1810.

Lieber Geheimerath.

Unser Aufenthalt in Lauchstädt wird immer lustiger, weil wir täglich mehr Bekanntschaft machen und theils auch viele alte Bekannte wieder gefunden haben, worunter besonders der Kaufmann Riquet aus Leipzig gehört. Überhaupt sind die Leipziger außerordentlich artig gegen uns. Seit zehn bis zwölf Tagen haben wir täglich einige Stunden getanzt und dieses, glaube ich, vollendet meine Cur besser, nebst dem Wasser, als alle Medicin; denn die Ärzte behaupten so, ich wäre vor lauter Gesundheit krank. Nun etwas von den hiesigen Festlichkeiten. Zwei Tage vor dem Jubiläum sah man schon nichts als Reiter und Wagen, und in ganz Lauchstädt war auch nicht ein Kämmerchen zu haben. Und es wurde folgender Maßen gefeiert. Sonnabend wurde ›So sind sie alle‹ gegeben, unser Capellmeister Müller dirigirte diese Oper, und sie wurde mit diesem kleinen Orchester zum Verwundern gut gegeben. Die kleine Genast spielte die Rolle von dem Kammermädchen, welche nachher als Doctor kömmt, recht niedlich. Mamsell Häßler erntete großen Beifall ein. Die Einnahme war diesen Tag 250 Thaler. Den Abend nach der Komödie wurde das Fest mit Kanonen angekündigt, worauf ein großes Souper dansant folgte. Sonntag früh 9 Uhr wurden alle Badegäste in [den] Salon eingeladen, wo die Herren blau und die Damen blau und weiß erscheinen mußten, wo von da um den Brunnen herum in die Kirche gezogen wurde; den Anfang machte die Jugend, welche die kleinen Prinzen und Prinzessinnen von dem Prinzen Emil von Holstein anführten, darauf folgte die Prinzeß selbst und nach ihr alle Damen paarweis; so auch führte der Prinz den Zug der Männer an. Unter dem Donner der Kanonen und Glockengeläute kamen wir glücklich in der Kirche an, wo der hiesige Pastor eine sehr schöne Rede hielt, wo denn der König, unser Herzog von Weimar, und besonders die Künstler wurden gelobt und gepriesen. Vor und nach der Predigt wurde eine sehr schöne Kirchen-Musik von dem Capellmeister Müller und von unsern Sängern und Sängerinnen aufgeführt. Alsdenn ging der Zug wieder nach dem Salon, wo dann unter Gesang und Trompeten und Pauken zwei Linden hinter dem Brunnen, nach dem Salon zu, gepflanzt wurden, den hundertjährigen gegenüber. Alsdenn folgte ein großes Diner im Saal von 280 Personen; 200 speisten im Freien, und im kleinen Pavillon wurde auf Kosten der Badegäste gespeist, worunter sich denn Heinrichs Eltern auch befanden. Nach Tische unterhielt[en] das Publicum die Leipziger Hoboisten; um 6 Uhr wurde das Theater eröffnet, wo das Gedränge so war, daß über 200 wieder weggehen mußten; und man weiß sich sogar bei der Eröffnung zu erinnern, daß die Einnahme nicht so stark gewesen sei: sie haben nämlich 417 Thaler eingenommen. Es wurde ›Die Junggesellen-Wirthschaft‹ recht gut gegeben; vorher ging ›Haß den Frauen‹, welches hätte besser gehen können; zuletzt ein Epilog von Herrn Blümner, welches ein ländliches Fest vorstellte, wo Bauern und Bäuerinnen erschienen, welche den Baum bekränzten, die Lortzing als Nymphe über dem Brunnen nahm sich recht gut aus. Madame Wolff sprach den Epilog wie immer sehr gut. Den Epilog wirst Du wahrscheinlich zu lesen bekommen; mir kam es vor, als hätte man Deine Gedichte aus dem Karlsbad sehr dabei benutzt, doch bleibt dieß unter uns. Nach Endigung des Schauspiels war die ganze Allee illuminirt, und die hundertjährigen Linden bekränzt, so auch bis in ihre Wipfel illuminirt; transparente Verse in Bogen standen über dem Brunnen. Der Saal war mit Guirlanden geziert, und eine transparente Sonne stand über dem Namen des Königs. Beim Souper war alles auf Kosten der Badegäste beim Theater eingeladen, so auch die Capelle. Nach Tische führte der Prinz Emil eine Polonnaise durch die ganze Allee auf, alsdann begann der Tanz. Gestern war kein Theater, aber Souper dansant. Den Freund von Giebichenstein habe ich auch gesprochen; er wollte Erklärung von mir haben, warum Du mit ihm zürntest. Ich habe mir damit herausgeholfen: daß ich von nichts wüßte, und ihn etwas beruhigt wieder zurückgeschickt. Er hat mich sehr dringend nach Giebichenstein eingeladen, welches ich aber wohlweislich nicht erfüllen werde. Diese Woche bekomme ich den zweiten Theil von seinen Briefen, welche ich hier lesen will. So auch war incognito der schönen Frau ihr Mann aus Weimar hier; man durfte sich aber hier in der Allee nicht sehn lassen, weil sonst einige Wechsel von Leipzig bezahltsonst bezahlt sein wollten. Und so haben ihn Wolffs verborgen, und man hat sich dadurch bei den Leipzigern sehr geschadet. So auch ist Freund Mahlmann hier gewesen; sobald er aber auf dem Theater erschienen ist, haben ihn Haide und Stromeyer herunter complimentirt, und er hat sich auch gleich von Lauchstädt entfernt. Dieses sind alle unsere Neuigkeiten. Gestern sind Freund [?] Bülow und der schöne Schmidt mit seinem Bruder angekommen, welches uns auch nicht wenig gefallen hat. Schreib mir doch, ob Du von August aus Jena einen Brief bekommen hast, der Dämmerfürst hat mir bloß durch seine Freunde einige Grüße bringen lassen, aber weiter nichts. Schmidt sagte mir aber zu meiner Freude, er sei ungeheuer fleißig. Nun wird es hier auch wieder allmählich leerer werden, denn bis in die Mitte August dauert doch nur eigentlich der Spaß. Ich denke so ohngefähr den 15. oder 16. August fortzugehen; ich will 8 oder 14 Tage früher als die Gesellschaft in Weimar sein, weil ich noch verschiedenes in meiner Haushaltung zu besorgen habe. Es ist aber sehr gut, daß ich dieses Jahr wieder hier war, denn ich habe vielerlei im Stillen für Lortzings würken können, wo ich denn doch täglich mehr sehe, daß die gewissen Leuten nur ein Dorn im Auge ist, und wovon ich Dir allerlei zu erzählen habe. Doch da ich hier war, und man sich von der andern Seite bei den Leipzigern selbst geschadet hat, so geht alles besser, als man sich wünschen kann. Deny nebst seiner Frau empfehlen sich Dir; es geht den armen LeutenKann auch Luder heißen hier sehr knapp. Die Magdeburger Gesellschaft hat der Frau Anträge gethan, in Halle zu spielen; sie glaubte aber, dadurch bei Dir zu verlieren, und hat es lieber nicht gethan. Denys Bruder ist bei dieser Gesellschaft; er ist weit hübscher als unser Deny und soll auch recht gut spielen. Dieser empfiehlt sich auch, wenn bei uns etwas vorfallen sollte, in Deine Genade.

Die Schreiberin empfiehlt sich unterthänig.

 

505. Goethe

Euren Brief vom 24. Juli erhalte ich am siebenten Tage und will auch gleich dankbar ein Wörtchen dagegen vernehmen lassen. Euer Jubiläum hat auch meine besten Segnungen, da alles so wohl abgelaufen ist und anständig, und das Theater das Seinige gethan und erworben hat. Besonders freut mich, daß Capellmeister Müller eingreift; ich wäre sehr glücklich, wenn mir das auf künftigen Winter so viel Vergnügen machen könnte, was mir sonst so viel Verdruß gemacht hat.

Ich zweifle nicht, daß alter und neuer Äugelchen vollauf sein wird, dazu wünsche auch Glück. Macht euch in jener Gegend so viel Freunde wie möglich; hier ists immer was Wunderliches und eine Confusion, die mir beinahe selbst verdrießlich wird. Mit der lieben Hausfreundin bleibts, wie ich Dir schon gesagt habe; so angenehm und liebreich sie ist, so gehn wir doch nicht auseinander, daß sie nicht etwas gesagt hätte, was mich verdrießt. Es ist wie in der Ackerwand.

In meinem Wesen gehe ich übrigens immer so fort nach meiner Art; und wenn auch nicht jeden Tag etwas gefertigt wird, so wird doch stets vorbereitet, und dann gehts auf einmal. Es fehlt mir nicht an vielerleivierley Dingen, die mich interessiren.

Von August habe ich endlich auch einen ganz verständigen Brief, er scheint auch auf seine Weise vor sich hinzugehen und wenigstens immer einiges zuzulernen. Das erste halbe Jahr war es wirklich ein Verderb für ihn, daß Schömann ein Gegner von Thibaut ist, den August so sehr verehrt und deßhalb jenen nicht leiden konnte. Leider hats in Jena wieder Händel gesetzt mit Landsmannschaftlichen und dergleichen Verhältnissen. August hat sich aber, wie mir Herr von Hendrich schreibt, aus allem entfernt gehalten. Es ist sehr gut, daß er das Zeug in Heidelberg durchgearbeitet hat. Vielleicht haben Dir Schmidt und Bülow das Nähere erzählt.

Ich mache ihm einige Kleinigkeiten zusammen und schicke sie ihm nächstens mit Gelegenheit. Sonst habe ich nichts weiter angeschafft. Das Steigen und Fallen des Papiergeldes und das Steigen aller Preise macht einen so confus, daß man nicht weiß, ob etwas wohlfeil oder theuer ist. Steck- und Nähnadeln habe noch genommen. Übrigens habe ich keinen hübscheren Shawl gesehn unter denen, die nicht ächt sind, als der, den ich Dir schickte.

Zelters Gegenwart hat mich sehr glücklich gemacht, wahrscheinlich finde ich ihn noch in Töplitz. Ich wäre schon dorthin abgegangen, wenn ich sicher wäre, Quartier zu finden. Karlsbad leert sich schon, aber Franzenbrunn und Töplitz füllen sich.

Geh. Rath Wolf ist auch noch hier, aber ich sehe ihn wenig. Spazierfahrten, Gasterein, hübsche Frauen ziehen ihn an, und da hat er gar nicht unrecht.

Die überschickte Silhouette, physiognomisch genommen, sieht aus wie ein Frauenzimmerchen, das sein eigen Köpfchen hat. Ich danke schönstens fürs Andenken.

Grüße Herrn Genast aufs beste, nicht weniger Herrn Müller. Suche wenigstens mit Wolff in einem guten Verhältniß zu bleiben, wenn es auch mit ihr nicht geht. Lortzings grüße, auch Denys. Ich habe gegen sie alle den besten Willen. Was sich zu Michael thun und machen läßt, wollen wir sehen. Es ist mir von großem Werth, daß Du wieder in Lauchstädt warst. Denn gewöhnlich kochen sie im Sommer einen garstigen Hexenbrei, den ich im Winter schmackhaft machen soll.

Lebet recht wohl und vergnügt. Von nun an schreibe ich nach Weimar. Besonders, gleich wenn ich in Töplitz ankomme. Lebet wohl!

Karlsbad, den 1.August 1810.

G.

*

Vom 4. August bis zum 16. September Goethe in Teplitz.

*

 

506. Goethe

Töplitz, den 8. August 1810.

Da sich eine Gelegenheit findet, diesen Brief bis Dresden zu bringen, will ich sogleich melden, daß wir in Töplitz glücklich angekommen sind. Nachdem unser Aufenthalt in Karlsbad 11 Wochen gedauert hatte, gingen wir den 4. August von dort ab. Ich will nicht läugnen, daß die letzte Zeit mir nicht die angenehmste war: denn da sich meine Übel wieder meldeten, so verminderte sich das große Zutrauen auf Karlsbad einigermaßen. Das Wetter war sehr schlimm, so daß unter vierzehn Tagen kaum einer rein und heiter gewesen wäre. Und so war mirs denn ganz angenehm, zu vernehmen, daß man in Töplitz für mein Unterkommen gesorgt hatte. Hier ist es freilich um vieles heiterer als in Karlsbad, die Gegend weiter und erfreulicher. Auch haben wir gutes Wetter sowohl hier, als auf der Reise gehabt. An Gesellschaft fehlt mir es auch nicht, da der Herzog hier ist, bei dem ich speise, auch mit ihm die Abende beim Fürst Clary zubringe, wo viel Menschen sind. Zelters Gegenwart macht mich sehr glücklich. Morgen will ich anfangen zu baden, und mich sodann in der Gegend umsehen. Für dießmal lebe recht wohl. Ich werde von Zeit zu Zeit schreiben, wie es mir geht.

G.

 

Für die Nachrichten vom Jubiläum danke ich zum schönsten. Sie trafen mich noch in Karlsbad.

 

[Nachschrift: Riemer]

Für das gütige Andenken der gnädigen Frau und der Demoiselle Ulrich meinen gehorsamsten Dank. Den Auftrag des Herrn Eberwein werde ich mich bemühen zu erfüllen. Die letzte Zeit war in Karlsbad zu unruhig; ich denke, daß es mir hier gelingen wird, etwas auszudenken. Er soll es schon zu rechter Zeit erhalten. Mich zu fernerem Wohlwollen angelegentlichst empfehlend und das Beste wünschend

F. W. Riemer.

 

507. Goethe

Fräulein von Riedesel wird dieses Blatt mit über die Berge nehmen, und es soll Dich bei Deiner Ankunft in Weimar begrüßen. Vor allen Dingen muß ich Dir ein Abenteuer erzählen. Ich war eben in ein neues Quartier gezogen und saß ganz ruhig auf meinem Zimmer. Da geht die Thüre auf, und ein Frauenzimmer kommt herein. Ich denke, es hat sich jemand von unsern Mitbewohnern verirrt; aber siehe, es ist Bettine, die auf mich zugesprungen kommt und noch völlig ist, wie wir sie gekannt haben. Sie geht mit Savignys nach Berlin und kommt mit diesen auf dem Wege von Prag her hier durch. Morgen gehen sie wieder weg. Sie hat mir Unendliches erzählt von alten und neuen Abenteuern. Am Ende geht es denn doch wohl auf eine Heirat mit Arnim aus. Lebe für dießmal recht wohl. Ich habe schon ein paar Bäder genommen, die mir ganz gut anschlagen. Der Herzog befindet sich abwechselnd. Zelter ist immer der Alte. Seine Gegenwart macht mich sehr glücklich. Grüße Carolinchen und August.

Töplitz, den 11. August 1810.

G.

 

508. Goethe

Töplitz, den 13. August 1810.

Zu einer Depesche, welche der Geheime Secretär Vogel absendet, leg ich nur ein paar Worte bei. Deinen lieben Brief von Lauchstädt habe ich erhalten, es thut mir leid, zu vernehmen, daß Du Dich nicht wohl befunden, und daß der Jubiläums-Gottesdienst so einen übeln Erfolg gehabt. Pflege Dich zu Hause, bis wir wieder zusammenkommen. Empfiehl mich Frau von Heygendorf und wünsche ihr Glück zum jungen Sohn. Du wirst ihr ja auf allerlei Weise assistiren. Mir geht es hier ganz wohl, nur macht das Bad etwas schwach im Kopfe. Thun kann man gar nichts.

Bettine ist gestern fort. Sie war wircklich hübscher und liebenswürdiger wie sonst. Aber gegen andre Menschen sehr unartig. Mit Arnim ists wohl gewiß. Lebe recht wohl. Schwarze Spitzen bringe ich.

G.

 

509. Goethe

Töplitz, den 20. August 1810.

Dein lieber Brief vom 11. August, der mir eure Ankunft in Weimar meldet, hat mich glücklich erreicht. Du mußt nun gegenwärtig zwei von mir aus Töplitz erhalten haben, einen durch Fräulein von Riedesel, und einen, den der Geheime Secretär Vogel eingeschlossen hatte.

Die Bäder bekommen mir noch sehr wohl, und ich vermuthe fast, daß mich Töplitz künftig von Karlsbad abziehen wird: denn da ich dort von meinen Übeln nicht ganz frei geblieben binÜber gestrichenem sind, so hat sich der unbedingte Glaube und die Sicherheit etwas vermindert. Auch ist die Gegend hier viel lustiger, und wir haben eine recht heitere Wohnung.

Die vielfachen Einladungen nach Prag und Wien werden mich dießmal nicht bewegen, eine Reise an diese Orte zu machen. Ich will erst die Abreise des Herzogs erwarten, dem das Bad jetzt besser zuschlägt als Anfangs, und alsdann über Dresden zu euch zurückkehren. Bei dieser Gelegenheit will ich mit Kügelgen sprechen, ob er lieber ein Bild von mir nach der Natur nochmals malen, oder das erste copiren will. Es soll alsdann in einem schönen Rahmen, wohl eingepackt, an den guten Schlosser wandern, der sich freilich mit unsern Sachen viel Mühe gibt. Grüße Frau von Heygendorf schönstens, und sei ihr behülflich und beiräthig. Frau von Dankelmann und Luise Seidler sind auch hier angekommen. Mehr sage ich nicht, als daß ich wünsche, es möge euch wohlgehen. Auf der Rückseite steht meine Adresse für die nächsten Briefe.

G.

    An
Herrn Geheimenrath von Goethe
                              Excellenz
                                            zu
                                                Dresden.

bei dem Königl. Sächsischen
Hauptmann Herrn
von Verlohren
wohnhaft in der Seegasse
an der Zahngassen-Ecke.

 

610. Goethe

Töplitz, den 28. August 1810.

Ich hoffe, daß ihr diesen Tag vergnüglich feiern werdet, besonders wenn ihr so schön Wetter habt, wie es hier ist. Karl hat mir heute früh einen herzlichen Glückwunsch gebracht, und dabei ists geblieben. Niemand weiß von meinem Feste, und ich werde es wohl im Stillen zubringen.

Die Bäder bekommen mir außerordentlich wohl. Dieß war um so erwünschter, als ich dießmal in Karlsbad kein Glück hatte. Von meinen Übeln blieb ich nicht ganz frei, die Arbeit wollte nicht vom Flecke, das Wetter war abscheulich, und die Gesellschaft in politischen Spannungen. Deßhalb ich seit Abreise der Kaiserin kaum einen vergnügten Tag hatte. Die hiesigen Bäder dagegen haben mich auf eine wunderwürdige Weise hergestellt. Du erinnerst Dich, daß Capellmeister Müller sie mir sehr dringend empfahl. Grüße ihn schönstens und sage ihm: es sei wirklich alles Gute für mich daraus erfolgt. Auch für Deine Zustände würden sie sehr heilsam sein. Vielleicht brauchst Du sie nächstes Jahr und siehst Dresden bei dieser Gelegenheit, das nur sieben Meile von hier liegt. Der Herzog geht den 31. ab. Ich will noch eine Woche länger bleiben, sodann über Dresden und Freiberg nach Hause gehen und zu Michael bei euch sein. Die Gegend ist hier außerordentlich schön, besonders zum spazierenfahren, denn es liegen viel Schlösser, Städtchen und Lustörter umher. Alle Menschen sind gutmüthig, gastfrei und würden wie im Himmel sein, wenn die unseligen, politischen Spaltungen nicht wären. Übers Jahr gehe ich wieder hierher, und dann kannst Du mit Carolinchen nachkommen. Zu tanzen gibts wenig; aber desto mehr Rutscherchen.

An Äugelchen fehlts nicht, jungen und alten, bekannten und unbekannten; und was das Beste ist, alles geht geschwind vorbei. Die Herzogin von Curland hat mich freundlich auf ihr Gut eingeladen, das bei Altenburg liegt. Wahrscheinlich besuche ich sie auf der Rückreise. Sehr wichtig ist mir, daß ich den König von Holland habe kennen lernen, mit dem ich in Einem Hause wohne. Ich sehe ihn öfter, und er hat Vertrauen und Güte gegen mich, wovon ich Dir manches zu erzählen habe.

Im Schauspiel bin ich wenig; sie haben einen einzigen Acteur, der brav ist; die übrigen sind unglaublich schlecht, und die Liebhaberinnen sehr häßlich. Einen Brief von August habe ich erhalten. Grüße ihn schönstens und so auch die Theaterfreunde. Richte alles recht ordentlich ein, damit wir einen frohen Winter haben. Ich wünsche öfter Freunde bei Tisch und die Musikübungen recht thätig und treulich fortgesetzt. Wenn Carolinchen recht artig ist, soll sie übers Jahr hier auch baden.

G.

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Am 16. September früh ½5 Uhr verläßt Goethe Teplitz und trifft zwölf Stunden später in Dresden ein.

*

 

511. Goethe

Hiermit sei Dir, mein liebes Kind, vermeldet, daß ich in Dresden den 16. zu guter Zeit glücklich angekommen bin. Mir gefällt es sehr wohl, das Wetter ist schön, die Bekannten freundlich und die Kunstsachen unerschöpflich. Ich wollte, Du wärest hier, daß wir ein vierzehn Tage vergnüglich leben könnten. Nach Hofe werde ich wahrscheinlich nicht gehen. Wenn ich alles gesehen und Freunde und Bekannte besucht habe, so gehe ich ab; auf Land- und Wasserfahrten lass ich mich nicht ein.

Vor Michael siehst Du mich jedoch nicht, denn ich gehe noch auf Freiberg und zur Herzogin von Curland nach Löbichau. Deinen einladenden Brief habe ich noch in Töplitz erhalten, allein es ist mir nicht möglich, zu kommen, wie der Hof-Kammer-Rath wünscht. Grüße ihn jedoch auf das beste.

Der Herzog hatte mich nach Eisenberg zum Fürsten Lobkowitz gesendet (Frau von Heygendorf wird Dir sagen, warum), sonst wäre ich schon seit acht Tagen hier, ja wohl schon wieder fort.

Grüße alles zum schönsten, und lebe vergnügt. Ich befinde mich ganz wohl. Ich will sehen, daß ich so nach Hause komme.

In Jena halte ich mich nicht länger auf, als nöthig ist, Knebel und Hendrich zu grüßen. Auf alle Fälle erhältst Du noch Briefe von mir. Lebe recht wohl, liebe mich und grüße Deine Juvenile.

Den 18. September 1810. Dresden.

G.

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