Johann Wolfgang von Goethe
Briefwechsel mit seiner Frau. Band 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1808

415. Goethe

Herr Legations-Rath Bertuch nimmt diese Schachtel mit; Du findest darin, mein liebes Kind, was die hiesigen Mistbeete vermögen. Einige sehr kleine Sellerie-Pflanzen werden Dich überzeugen, daß diese Art unter acht Tagen noch nicht brauchbar ist.

Mir geht es ganz gut. Ich habe schon etwas gearbeitet, worüber ich mich freue, weil dießmal die Pause gar zu lang war. Werner hat geschrieben und grüßt schönstens, Dich und Riemer namentlich, auch Madame Schopenhauer. Sein Brief ist, wie Du denken kannst, geistreich und heiter.

Die Briefe von Frankfurt haben Dir gewiß viel Freude gemacht. Schicke mir sie wieder. Hier ein Blatt von Bettinen. Die gute Mutter hätte ich sehen mögen. Es thut mir in ihre Seele wohl.

Mit den Boten schreibe ich mehr und bitte um einiges. Adieu indeß!

Jena, den 26. April 1808.

G.

 

416. Goethe

Heute früh hab ich Dir schon geschrieben, meine Liebe, und hole nur weniges nach. Mich freut, an August zu denken; sein erster Eintritt in die Welt ist so glücklich und so günstig, daß man wohl hoffen kann, es werde so auch vorwärts gehen. Ich habe einiges gearbeitet. Meyer ist mir ein sehr lieber und werther Gesellschafter. Auf einem besondern Blättchen lege ich bei, was ich geschickt wünsche. Zugleich auch meinen Schlüssel. Sende mir alles Angekommene. Die Schachtel, vermuth ich, enthält Veilchen, die hier im großen Überflusse sind; auch ist alles hier weiter. Schicke nur auch die Schachteln zurück, ich will noch Pflanzen aufzutreiben suchen. Lebe wohl und vergnügt und liebe mich.

Jena, den 26. April 1808.

G.

 

417. Goethe

Hierbei kommt wieder eine Schachtel Pflanzen; wenn Du noch mehr willst, darfst Du es nur schreiben, meine Liebe; der Sellerie kommt später. Leider begünstigt mich das Wetter nicht. Wir sitzen meist zu Hause und gehen Abends bei den Freunden herum, wo meist etwas vorgelesen wird. An meiner ›Pandora‹ habe ich etwas gearbeitet und will sehen, obs möglich ist, eh ich weggehe, den Wienern eine Sendung auszufertigen, woran mir in mehr als Einem Sinne viel gelegen ist. Werner hat geschrieben und grüßt vielmal, der Brief ist ein völliger Abdruck seines wunderlichen Wesens.

So gern ich einen Hecht geschickt hätte, habe ich doch nicht dazu gelangen können. Es ist noch zu kalt, darum steigt keiner, auch ist das Wasser sehr groß, und die Flöße geht stark, alles Hindernisse der Fischerei. Doch hat man mir so bald nur möglich einen zugesagt.

Ich will noch einige Tage zusehen, wie es mit meiner Arbeit geht. Auf alle Fälle nehme ich hier einen Wagen und komme ohne weitre Anmeldung. Meyers Nähe macht mir viel Vergnügen, er ist gar so tüchtig, einsichtsvoll und brav.

Augusten will ich von hier aus schreiben. Ich habe Zeit genug dazu. Ich wünsche, daß er bald einige Freunde finde, an die er sich anschließt; in Frankfurt war er mitten im Getümmel einsam. Lebe wohl, mein gutes Herz! Ich freue mich auf Deinen wohlbepflanzten Garten. Wegen der Fuhre nach Karlsbad hab ich Abrede genommen.

Jena, den 29. April 1808.

G.

 

418. Goethe

Karlsbad, 16. Mai 1808.

Wir sind glücklich in Karlsbad angekommen. Der Weg war schlecht, und weil der Wagen vorn aufsitzt, die Fahrt mitunter sehr beschwerlich. Wegen der Rückkehr muß andrer Rath geschafft werden. Das Wetter war im Ganzen gut mit untermischten Regenschauern. Unsre Wirthsleute haben die Zimmer malen lassen, so daß sie ganz munter aussehen. Die Bäume und Blüthen sind gegen bei uns etwa um 14 Tage zurück; doch treibt alles mit Macht, und die Witterung ist sehr angenehm. Ich habe schon heute angefangen, den Brunnen zu trinken, und befinde mich sehr wohl.

Der Kutscher bringt gleich zwei Kistchen, jedes mit 20 kleinen Flaschen Egerwasser mit. Da es so frisch ankommt, so wird es Dir vortrefflich schmecken und wohl bekommen. Ich hätte gewünscht, Dir ein Glas vom Brunnen selbst zu reichen. Überdieß kommt noch ein drittes Kästchen mit verschiedenen Packeten für Dich und andre. Ich lege noch ein besondres Blättchen hinein.

Für dießmal sag ich nichts weiter, als daß ich Dir recht wohl zu leben wünsche. In einiger Zeit schreibe ich wieder, sobald ich etwas Weiteres von meinem hiesigen Aufenthalt zu sagen habe. Das Weitere auf dem Blatt, das im Kästchen liegt.

Goethe.

 

419. Goethe

Dein lieber, frühzeitiger Brief hat mich sehr gefreut, es war der erste, den ich hier erhielt. Nun wird auch, was ich durch den Kutscher sendete, wohl angekommen sein. Dem Eger-Wasser wünsche gute Wirkung.

Der Frühling ist auch hier außerordentlich schön, alles blüht und grünt neu auf zwischen den alten Felsen und Fichtenwäldern. Ich kann dießmal der Gegend besser genießen, ich befinde mich sehr wohl und besteige die Berge wie vor Alters.

Noch ist es sehr einsam hier. Außer den bekannten Karlsbader Einwohnern habe ich fast mit niemand gesprochen; dagegen bin ich viele Stunden des Tags unter freiem Himmel theils mit Riemer, theils allein und lasse mir wohl sein.

Da hab ich denn Zeit, allerlei zu überdenken, und da fehlt es nicht, daß ich mich Deiner und aller Liebe und Treue erinnre, die Du an mir thust, und mir das Leben so bequem machst, daß ich nach meiner Weise leben kann; dafür ich denn auch im Stillen immerfort für Dich und den guten August sorge, der uns noch viel Freude machen wird. Was Du von Heidelberg gehört hast, mag für den Anfang recht gut sein; wenn er nur nicht des Guten zu viel thut und zunächst müde wird. Doch das wird sich alles geben und eins aus dem andern entwickeln.

Unsre kleine Wirthschaft geht sehr artig und ordentlich. Freilich muß man im Gleise bleiben, sich von willkürlichen Ausgaben enthalten und besonders der Kauf- und Schenklust widerstehen. Auf alle Fälle komme ich leidlicher weg als vor einem Jahre.

Mit den Theaterfreunden mache Dus nur immer auf alte Weise, Anfangs nicht zu viel gethan, damit man nicht zurück zu gehen braucht. Hast Du denn Herrn Meusel und andern, denen wir eine Artigkeit schuldig sind, etwas erzeigt? Versäume es nicht.

Noch hab ich keine weitern Briefe. Lebe recht wohl. Das Wetter ist sehr schön, und mir geht es auch sehr gut. Wenn sich meine Gedanken manchmal an die Gränze von Polen verlieren, so kehren sie bald wieder über Weimar nach Heidelberg zurück, und so besuch ich meine lieben Kinder eins nach dem andern. Lebe recht wohl. Liebe mich und laß uns immer zusammen verharren. Karlsbad, den 29. Mai 1808.

G.

 

420. Goethe

Von allen Seiten her hatte ich Briefe, nur nicht von Dir, wonach mich doch so sehr verlangte. Nun kommt auf einmal das Kästchen und das Packet, worin nichts als Gutes und Angenehmes enthalten ist, und worüber ich mich so wie über Dein Wohlsein von Herzen freue. Mir geht es sehr gut, sowohl körperlich als geistig, und wird auch manches gearbeitet; doch fängt jetzt schon an die Gesellschaft größer zu werden, und da gibt es viel Zerstreuung. Die Ankunft von der Ziegesarschen Familie war mir sehr erfreulich. Ich sehe sie viel und gehe mit ihnen spazieren. Nun wird es von Tag zu Tage lebhafter; das Wetter ist aber seit einiger Zeit nicht so gut wie Anfangs.

Ich lege ein paar Briefe bei, die Dir viel Freude machen werden, von August und der Mutter. Wie es mit Deinem Loos steht, wirst Du schon wissen, oder auch aus der Mutter Brief ersehen. Nimm ja gleich wieder ein neues Loos: denn was Du nun gewinnst, gehört von Gott und Rechts wegen Dein. Eberweinen gib seine Gesänge zurück. In den einen hat Zelter hineincorrigirt und überhaupt ein recht umständliches Urtheil in einem Briefe über das Ganze gefällt, wovon ein Auszug nachfolgen soll. Auch sage ich heute nichts weiter. Und nun erwarte in Weimar keinen Brief weiter von mir. In Lauchstädt aber sollst Du einen wo nicht finden, doch bald erhalten. Ich wünsche Dir recht viel Vergnügen und guten Fortgang in Deinen kleinen, geselligen Freuden, die uns künftigen Winter auch wieder Frucht tragen sollen. Grüße alles zum schönsten, und schicke Augustens Brief an Frau von Stein. Lebe recht wohl und schreibe mir von Lauchstädt gleich.

Karlsbad, den 12. Juni 1808.

G.

 

421. Goethe

Du hast mich zwar dießmal sehr lange auf einen Brief warten lassen, doch war er mir sehr lieb; und da ich zugleich einen so großen Transport von allerlei erwartetem und unerwartetem Guten erhielt, so war es ein rechter Festabend, als die Russen ankamen.

Da ich mich dießmal so wohl in Karls-Bad befinde und überhaupt mich hier sehr glücklich fühle, so freut es mich außerordentlich, daß Du auch etwas Ähnliches an Lauchstädt hast. Genieße nur des Guten ungetrübt, indem Du Deiner Lebensweise treu bleibst und, wie es die Gelegenheit gibt, immer ein wenig vorwärts rückst, so wirst Du Dich trefflich befinden. Schreibe mir nur bald von Lauchstädt und richte es ein, daß ich wenigstens alle vierzehn Tage Brief und Nachricht erhalte. Auch Genast soll mir berichten, wie die Sachen stehn und gehn.

Daß ich hier in Gesellschaft der alten Äugelchen ein stilles Leben führe, dagegen hast Du wohl nichts einzuwenden; auf alle Fälle wirst Du Dich zu entschädigen wissen, wovon ich mir getreue Nachricht ausbitte. Recht schön wäre es aber, wenn wir uns entschlössen, auf den Herbst eine kleine Reise zusammen zu machen.

Das beiliegende Blatt gib Eberweinen. Freilich wird es ihm mehr zu denken geben, als ihn belehren, denn dazu müßte er Zeltern einige Zeit persönlich sehen und hören. Das Allgemeine, was dieser Meister sagt, trifft mit dem zusammen, was ich Dir einmal sagte: die Eberweinischen Sachen haben wenig Charakter, und das kommt hauptsächlich daher, weil er nicht die rechten Texte wählt und Verse nimmt, die sich als Chorgesang nicht denken lassen.

Unsre Haushaltsordnung ist sich die ersten vier Wochen sehr gleich geblieben, wir brauchen zu Bestreitung alles Nöthigen wöchentlich etwas über 20 Thaler. Das Papiergeld fällt noch immer, dergestalt daß man bei den fixen Ausgaben einigen Vortheil hat; denn Handwerker und Handelsleute steigern ihre Preise von Zeit zu Zeit.

Augustens Briefe machen mir viel Freude. Es ist freilich was Eignes, so allein in der Welt zu stehen und alles baar bezahlen zu müssen, da man zu Hause so vielen Hinterhalt und Ausflüchte hat. Er mag sich noch ein wenig hinhelfen, damit er sieht, was das Geld werth ist; dann kann man ihm ja wohl mit etwas Außerordentlichen beispringen.

Übrigens werden wir beide selbst recht wohl thun, wenn wir wieder zusammenkommen, daß wir unsre Finanzplane, die seit dem 14. October noch nicht recht wieder in die Ordnung wollten, gemeinschaftlich bedenken und aufs neue einrichten.

Das Theater betreffend wirst Du in dem bisherigen Gange fortfahren und alles bemerken, damit mir nichts fremd sei, wenn wir wieder zusammenkommen. Grüße sie sämmtlich. Die musikalischen Übungen halte ja zusammen. Es ist diese Unterhaltung mehr werth, als man denkt, wenn man sie haben kann.

Nun lebe recht wohl. Ich habe einen sehr artigen Brief von der Bardua aus Dresden, die sich Dir schönstens empfiehlt. Zum Schlusse sag ich nur noch, daß ich Dir ein Paar köstliche Rindszungen gekauft habe, und will sehen, sie nach Leipzig zu bringen, von wo Du sie leicht erhalten wirst. Ich freue mich auf Nachrichten von Dir.

Karlsbad, den 15. Juni 1808.

G.

Um das Service zu haben, mußt ich auf der Fabrik gute Worte geben, nichts ist vorräthig und viel Bestellungen da. Sie wollen mir aber eins machen. Ich habe ein ganz glattes bestellt. In vier Wochen soll ichs haben.

 

422. Goethe

Da ich überzeugt war, daß es Dich freuen würde, einen Brief von mir in Lauchstädt zu finden, so eilte ich, dorthin zu schreiben, und danke Dir nun für die baldige Nachricht Deiner Ankunft. Mir geht es noch immer recht wohl, und ich wünsche nur auch, daß Du Dich bald völlig wiederherstellst. Wenn ich Dir rathen sollte, so machtest Du bald möglichst eine Partie nach Leipzig, besuchtest Herrn Doctor Kappe, brächtest viel Empfehlungen von mir und erzähltest ihm Deinen Fall. Er gibt Dir gewiß einen tüchtigen Rath, und Du hast alsdann den ganzen schönen Sommer vor Dir, um ihn zu befolgen, anstatt daß Du Dich doch jetzt auf eine wunderliche Weise herumschleppst. Schreibe mir doch gleich Deine Gedanken darüber, oder vielmehr führe es aus und schreibe mir von Leipzig.

Ich habe bisher in kleiner, aber guter Gesellschaft gelebt. Die Ziegesarische Familie ist abgegangen. Wir haben viel gute Stunden gehabt. Fräulein Silvie ist gar lieb und gut, wie sie immer war, wir haben viel zusammen spaziert, und sind immer bei unsern Partien gut davon gekommen, ob es gleich alle Tage regnete. Das ist das Eigne in einem solchen Gebirg, daß in ganz kurzen Entfernungen Regen und gutes Wetter zu gleicher Zeit bestehen kann. Was wirst Du aber sagen, wenn ich Dir erzähle, daß Riemer ein recht hübsches Äugelchen gefunden hat, und noch dazu eins mit Kutsch und Pferden, das ihn mit spazieren nimmt. Was sich in diesem Capitel bei Dir ereignen wird, erfahre ich doch wohl auch.

Daß sie in Weimar gegen Frau von Staël Übels von Dir gesprochen, mußt Du Dich nicht anfechten lassen. Das ist in der Welt nun einmal nicht anders, keiner gönnt dem andern seine Vorzüge, von welcher Art sie auch seien; und da er sie ihm nicht nehmen kann, so verkleinert er, oder läugnet sie, oder sagt gar das Gegentheil. Genieße also, was Dir das Glück gegönnt hat, und was Du Dir erworben hast, und suche Dirs zu erhalten. Wir wollen in unsrer Liebe verharren und uns immer knapper und besser einrichten, damit wir nach unserer Sinnesweise leben können, ohne uns um andre zu bekümmern.

Von Thibaut habe ich einen Brief, auch von Voß, beide übereinstimmend unter sich und mit dem, was wir von August wissen. Er macht seine Sachen ganz artig; und selbst, daß er nicht viel unter Leute mag, in einem kleinen Zirkel lebt, kann man nicht tadlen. Die Zeit, die ihm von Studien übrig bleibt, mag er froh und gemüthlich zubringen.

Wenn das Theater im Ganzen gut geht, bin ich wohl zufrieden; im Einzelnen wird es nie an Händeln fehlen. Wäre ich gegenwärtig gewesen, so würde ich mich sehr deutlich darüber erklärt haben, inwiefern eine Schauspielerin auch gegen ihren Mann von mir geschützt werden muß. Halte, was Dich betrifft, nur das Singechor zusammen. Wer weiß, was daraus entstehen kann, wenn wir es einige Jahre fortsetzen. Und manche Unterhaltung verschafft uns diese kleine Anstalt für den Winter. Grüße die sämmtlichen Glieder, auch die Elsermann. Für Eberwein lege ich ein Blättchen bei, er sendets an Herrn Hofkammerrath Kirms und bringt bei demselben auf eine anständige Weise sein Gesuch gleichfalls an. Das Beste wäre, er sendete das Blatt seinem Vater, daß dieser die Sache mündlich ausmacht, nämlich wann Eberwein weggehen kann und auf wie lange.

Mit einer Gelegenheit habe ich ein Packet in Wachstuch an Dich bis Leipzig spedirt, das Du nun wohl erhalten hast. Es enthielt keine Kostbarkeiten; aber ein Paar geräucherte Zungen, von der besten Sorte.

Karlsbad fängt nun an, sich zu füllen. Wie wunderlich es bisher aussah, kannst Du Dir vorstellen, wenn ich Dir sage, daß auf dem ersten Balle die Frauenzimmer miteinander tanzten. Auch ist bis jetzt Abends noch keine Gesellschaft in den Sälen. Die Schauspieler-Truppe ist die vom vorigen Jahr.

Zum Schlusse muß ich noch melden, daß auch Marianchen angekommen ist, artig und gescheidt wie immer. Nun lebe recht wohl, gedenke mein und schreibe bald.

Karlsbad, den 2. Juli 1808.

G.

 

423. Goethe

Franzenbrunn bei Eger [13. [?] Juli 1808].

Da ich eine Gelegenheit hatte, hierher zu kommen, so bin ich herüber gefahren, um Dr. Kapp zu sprechen, der mir zu lange ausblieb; er hat mir auch gleich wieder trefflich gerathen und mir von kleinen, aber unbequemen Übeln geholfen.

Ich habe ihm Deinen Fall vorgetragen. Er wünscht, daß Du Doctor Schlegel in Merseburg befragest, ihm die Umstände erzählest und ihn ersuchst, sein Gutachten aufzusetzen, das Du mir alsdann nach Karlsbad schicken wirst so bald als möglich. In einigen Tagen gehe ich wieder hinüber, und von da hörst Du von mir.

Lebe recht wohl, mein liebes Kind. Wir müssen sorgen, daß Du Deine Übel noch vor Winters los wirst. Behalte mich lieb. Antworte aber ja hierauf bald möglichst.

Goethe.

 

424. Goethe

Hier, mein liebes Herz, die verlangte Assignation. Thue für Deine Gesundheit, was Du für das Beste hältst, bis wir Dr. Kapp consultiren können. Für mich war es ein rechtes Glück, daß ich nach Franzenbrunn kam. Er hat mich von einigen Unbequemlichkeiten, die mir doch sehr verdrießlich waren, umsomehr als ich mich sonst recht wohl befand, ohne große Umstände geheilt. Nun bleibt er wohl noch in Karlsbad vierzehn Tage neben mir. Nächstens hörst Du mehr. Ich befinde mich so wohl als lange nicht und hoffe, Dich auch so zu sehen. Adieu, geliebtes Kind.

(Karlsbad,) den 22. Juli 1808.

G.

NB. Mit der fahrenden Post erhältst Du eine Schachtel in Wachstuch, worin ein Häubchen, mit aufgestecktem Tuche. Ich wünsche, daß es zu einem Sonntag-Dejeuné ankommen möge.

 

425. Goethe

Du erhältst hierbei, mein liebes Kind, das Kappische Gutachten im Original und in Abschrift. Die letzte behältst Du zu unsrer Nachricht. Kapp sagt: es sei da nichts Bedenkliches, noch Gefährliches, nur müsse man dazu thun, und räth viel Fuß-Bewegung. Kommst Du nach Weimar zurück, so bade in der Niedermühle und thue Camillen und Schafgarbe in das Bad.

Daß Dir der Lauchstädter Aufenthalt keinen Spaß dieß Jahr gemacht hat, thut mir leid; aber es bleibt sich nichts gleich! wir wollen nun auf Herbst und Winter hoffen.

Mit meinem hiesigen Aufenthalte bin ich noch sehr zufrieden, ich habe mich viel besser befunden und mehr gethan als vor einem Jahre. Ich gehe noch einmal nach Franzenbrunn auf Kapps Verordnung, Trinken und Baden zu wiederholen, das mir außerordentlich wohlgethan.

Am 21. Julius habe ich Dir eine Assignation auf 200 Thaler und eine Schachtel mit einem liebenswürdigen Häubchen geschickt; ich hoffe, zu hören, daß Du beides wohl erhalten hast.

Was wirst Du aber sagen, wenn ich Dir erzähle, daß Bury uns überrascht hat und ein paar Tage bei uns geblieben ist. Noch ganz der Alte, ebenso brav und liebevoll und fahrig. Er hat etwas gemacht, das ich Dir nach Weimar schicke. Du lachst gewiß, wenn Dus eröffnest.

So ist auch seit heute Kaaz hier. Beide grüßen. Eh Du von Lauchstädt gehst, schreibst Du mir. In Weimar erhältst Du bald Nachricht durch Frau von Seebach.

August hat mir einen Brief von Werner geschickt und ist in den Ferien nach Straßburg.

Nun lebe wohl. Heute ist Frau von Eybenberg, sonst Marianchen genannt, von hier abgegangen, sie hat mir viel Freundliches erzeigt. Äugelchen gibts unzählige, wer nur die kostbare Zeit daran wenden könnte und möchte.

Das Liebste ist mir, daß sich Dein Befinden wieder einrichtet, und daß nach Kapps Meinung alles wieder recht hübsch werden kann. Lebe recht wohl, grüße alles und gedenke mein.

Karlsbad, den 1. August 1808.

G.

[Beilage]

Abschrift

Ich glaube, daß außer der Schlaffheit des Darmkanals auch noch eine Schlaffheit der Blutgefäße des Unterleibs vorhanden ist; daher Anhäufungen von Blähungen und Unreinigkeiten in dem ersten und Blutstockungen in denAus dem zweiten.

Ich würde zu etwas tonischen Extracten, z. B. von Schafgarbe mit etwas Enzian und dergleichen, zu einem Pulver aus Pomeranzenrinden mit etwas Rhabarber und ein paar Tropfen Cajaputöl, vorzüglich aber zu spirituosen und etwas gewürzhaften Einreibungen rathen.

Die Frau Geheime-Rath muß sich viel Bewegung zu Fuß machen und alle fette und blähende Speisen vermeiden. Zum Getränke wäre rother Wein mit Wasser am zuträglichsten.

[Karlsbad.] Den 1. August 1808.

Kappe.

Es versteht sich, daß Du gleich nach Merseburg gehst, Herrn Dr. Schlegel die Inlage zeigst und seine weitern Verordnungen befolgst. Denn er wird Dir nun freilich erst die Rezepte schreiben.

 

426. Goethe

Diese Abendstunden, da man wegen der großen Hitze nur in der Nacht ausgehen mag, will ich anwenden, Dir, mein liebes Herz, einiges zu schreiben; am Tage bin ich sehr fleißig. Bis eilf Uhr wird an dem Farbenwesen dictirt; nachher kommt Kaaz, der Landschaftmaler, und da geht es an ein Zeichnen und Pinseln, das nach Tische wieder von vorne anfängt, woran ich mich denn sehr ergötze.

Die Schachtel wird nun angekommen sein, auch wirst Du nach Kappes Verordnung nunmehr verfahren, und ich hoffe, es soll besser werden, da denn doch das Übel von keiner Bedeutung zu sein scheint. Wir wollen künftig uns aber nicht so lange mit Unglauben hinschleppen und besonders Kappen auch in Briefen fragen. Ich habe ihn erst recht kennen lernen, was das für ein trefflicher Mann und Arzt ist. Wenn die gute Laune sich nicht einstellen will, so denke nur, über welche ungeheure Übel wir hinausgekommen sind, und wie es uns vor Millionen Menschen gut geht. Ein recht trauriger Fall betrifft den trefflichen Kriegsrath von Stein; seine junge, schöne, liebe Frau ist ihm gestorben, die einzige Tochter sehr reicher Eltern. Auch hier im Bade kann man erinnert werden, wie es in der Welt aussieht, da von allen Enden Menschen zusammenkommen. Es ist ein Jammer, nur hinzuhorchen.

Du thust wohl, in Lauchstädt bis zu Ende zu bleiben, und mir geschieht eine große Liebe. Denn ohne Dich, weißt Du wohl, könnte und möchte ich das Theaterwesen nicht weiter führen. Wenn wir wieder zusammenkommen, machst Du mich mit den Ereignissen des Sommers bekannt, und über den Winter wollen wir auch schon hinauskommen. Auf die Musik freue ich mich bei Eberweins Wiederkehr.

Dein Geburtstag ist doch glücklich und fröhlich gefeiert worden?

Solltest du nicht auf einige Tage nach Dessau gehen? Ich wünschte, daß Du diese Sachen in der schönen Jahrzeit sähest. Wir finden in der Erinnerung auch wieder eine neue Unterhaltung. Daß Du nicht nach Karlsbad kamst, war wohlgethan, ich habe mich an den Gegenden schon so abgelaufen, daß sie kein Interesse mehr für mich haben. Übers Jahr müßtest Du gleich Anfangs mit mir her; nach Deinen Zuständen taugt Dir zwar der hiesige Brunnen nichts, aber es wäre, Dich umzusehen, und wir könnten am Eger-Brunnen länger verweilen, der Dir doch wohlthätig ist.

Was mich betrifft, so mag ich noch von hier nicht fort; ich komme so bald nicht wieder in die Arbeit, wie ich jetzt im Zug bin, in Weimar bin ich nicht nötig; ja, der Herzog hat mir von Töplitz sehr freundlich geschrieben, ich solle mir nach Möglichkeit Wohlsein lassen. Also will ich es noch eine Weile so forttreiben, bis es unvermeidlich ist, von Wöchnern und Austheilungen zu hören.

Meine Hauswirthschaft geht so ziemlich ihren alten Gang, und seit ich wieder von Eger zurück bin, wieder im Gleise. Einiges zu kaufen, bin ich doch verführt worden. Du wirst aber mich nicht tadeln, wenn ich Dir sage, daß ein sehr schönes Toilettenkästchen, mit allem Zubehör, dabei ist, für Dich bestimmt, das ich Dir gern geschickt hätte; man kann aber dieß Jahr gar nichts mit Gelegenheit wegbringen, und auf der Post werfen sie die Sachen so herum, daß Zerbrechliches nicht gut auf diesem Wege transportirt wird. Einige geschnittne Steine habe ich gekauft, die mir außerordentliche Freude machen.

Ich bin nun fast ganz ohne Gesellschaft, gehe meist allein spazieren, doch nur die Abende, die Du wohl auch genießen wirst. Und nun lebe recht wohl, mein liebstes Kind! Es wird dunkel; und mein Papier geht zu Ende. Liebe mich und gedenke mein.

Karlsbad, den 7. August 1808.

G.

 

 

 

427. Goethe

Karlsbad, den 19. August 1808.

Ich muß Dich nun auch in Weimar begrüßen, da Du wieder daselbst angelangt bist. Ich bin noch immer hier und kann nicht loskommen. Von allem, was ich zu thun habe, wird immer was gefördert, und dann kommt wieder etwas Neues hinzu. So lehrt uns Kaaz, zum Beispiel, allerlei Malerkünste, die denn auch, so gut es gehn will, ausgeübt werden.

Demungeachtet wäre ich hier schon weg, wenn es in Franzenbrunn nicht so voll wäre, daß niemand Unterkommen finden kann. Ich will noch acht Tage warten und dann auf Gerathewohl hinübergehen. Mit dem Bestellen der Quartiere ist es eine unangenehme Sache.

Da es nun hier gegen das Ende geht, so habe ich Dir verschiedenes besorgt. Das Service habe ich gestern selbst noch einmal recht dringend gemacht. Die Fabrik hat zu wenig Vorrath, und weil ihr Zeit her, wegen Unreinigkeit der Masse und der Materialien zur Glasur, mehrere Brände unrein ausgefallen, so haben sie saubere, ganze Service nicht zusammensortiren können. Das Einzelne, es mag noch so schlecht ausfallen, wie es will, verkaufen sie ins Land und besonders nach Karlsbad, wo bei so vielen Gästen eine Menge Geschirr nöthig ist und vieles zu Grund geht. In die nähern Ortschaften geht auch viel. Sie sind mit ihren Preisen etwas aufgeschlagen; doch wird das Service zu 12 Personen, wovon ich Dessert, Salzfässer und solche Kleinigkeiten weggelassen, uns mit dem Transport nicht viel über zwei Carolins zu stehen kommen. Sie haben mir versprochen, die nächste Woche es abzuschicken.

Auch ein hübsches Seiden-Kleid habe ich Dir angeschafft, ein Zeug, den sie Levantine nennen, königsblau, eine Farbe, die jetzt viel getragen wird. Es werden Kleider draus gemacht, ohne Schleppe, wie eine Art Pekesche, womit man aber überall hingeht, wenn man sich nicht ausdrücklich putzen will.

Mit den Krausen will ich bis nach Franzensbrunn warten. Die Frau, bei der ich das Häubchen gekauft, hatte sehr schöne Sachen von dieser Art.

Chocolade nehme ich etwas mit, und was dergleichen Dinge mehr sind.

In Franzenbrunn werde ich etwa vierzehn Tage bleiben. Du kannst nur sogleich dahin schreiben. Man setzt Franzenbrunn bei Eger. Ich melde Dir auch etwas von daher.

Vierzig kleine Flaschen Egerwasser will ich auch abschicken. Es ist mir jetzo ein Weg durch Fuhrleute bekannt geworden.

Ersuche doch Hofrath Meyer, daß er ein Blättchen beilegt und mir Nachricht gibt von dem Befinden der Herzogin, wenn sie wiedergekommen. Er möchte sich aber genau darnach erkundigen. Ferner, wie es sonst in Weimar aussieht. Dein Bruder schreibt mir manchmal Neuigkeiten; aber er ist ein fataler Correspondent: man erfährt nie etwas Ordentliches durch ihn, weil er meistens übertreibt und ohne Noth ängstlich oder wehklagend ist. Grüße mir diejenigen vom Theater, die sich zu Dir halten und sich freundlich meiner erinnern.

Möchtest Du nun, meine Liebe, indem Du in Dein Haus zurückgekommen, auch Deinen guten Humor wieder gefunden haben. Ich wünsche recht schönes Wetter zum Vogelschießen und gute Unterhaltung.

Wenn die Leute Dir Deinen guten Zustand nicht gönnen und Dir ihn zu verkümmern suchen, so denke nur, daß das die Art der Welt ist, der wir nicht entgehen. Bekümmre Dich nur nichts drum, so heißts auch nichts. Wie mancher Schuft macht sich jetzt ein Geschäft daraus, meine Werke zu verkleinern, ich achte nicht drauf und arbeite fort. Ich habe die wunderbarsten Anträge, die wir zusammen überlegen wollen.

G.

 

428. Goethe

Karlsbad, den 28. August 1808.

Da es mir bisher so gut gegangen, dachte ich heute, auf meinen Geburtstag, Dir und mir ein Fest zu bereiten und Dich nach Franzenbrunn einzuladen, wohin ich übermorgen abgehe. Da es aber gerade auf dem Weg, den Du zu nehmen hättest, unruhig aussieht, so ist es besser, Du bleibst zu Hause, und ich suche, bald zu Dir zu kommen. Etwa vierzehn Tage will ich in Franzenbrunn verweilen, indem trinken und baden mir gar zu wohl bekommt; welchen Weg ich alsdann nehme, werden die Umstände entscheiden. In der Hälfte Septembers denke ich bei Dir zu sein, ich schreibe auch noch indessen. Du schreibst mir aber nicht mehr, weil die Briefe mich schwerlich treffen würden. Mit meinem hiesigen Aufenthalte kann ich wohl zufrieden sein; meine körperlichen Zustände haben sich recht gut hergestellt, ich habe manches Vergnügen gehabt und bin fleißig genug gewesen. Kaaz hat uns die letzten Wochen noch recht zum zeichnen und malen animirt. Lebe recht wohl. Ich freue mich herzlich, Dir wieder näher zu rücken und Dich bald zu erreichen. Sei meinetwegen außer aller Sorge. Gedenke meiner in Liebe.

G.

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429. Goethe

Dieses Blatt kann ich durch Frau Obrist von Seebach zu Dir bringen, um Dir zu sagen, daß ich mich recht wohl befinde und fleißig bade. Hier muß ich geselliger sein als in Karlsbad, welches denn auch gut ist. Man kann hier Wagen haben, die einen wenigstens eine Strecke bringen, und so will ich etwa in zehen Tagen aufbrechen und dann bald bei Dir sein, worauf ich mich herzlich freue. Lebe recht wohl und gedenke mein in Liebe.

Franzenbrunn, den 4. September 1808.

G.

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430. Goethe

Durch diesen Boten vermelde ich [mein liebes] Kind, daß ich in Jena glücklich angekommen bin. Ich finde hier allerlei zu thun und einzurichten; auch höre ich, daß ihr noch immer mit Durchmärschen geplagt seid, darum möchte ich nicht gleich hinüber. Mehr aber noch, weil ich manches von hier aus erst überschauen möchte.

Deßwegen wünscht ich, Du entschlössest Dich, nach Kötschau zu fahren, etwa Freitag früh, ich wollte auch bei guter Zeit da sein; Du brächtest mir mit, was indessen angekommen, wenn es nicht gar zu groß ist, und ich brächte Dir von meiner Seite auch einige hübsche Sachen. Ich erführe von Dir, was mir zu wissen nöthig ist, und wir könnten zusammen vieles überlegen. Wie sehr wünsche ich, Dich wiederzusehen und Dir zu sagen, wie sehr ich Dich liebe. Lebe recht wohl und antworte nur kürzlich.

[Jena,] Mittwoch [14. September 1808,] Abends

G.

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431. Goethe

Eh ich von Erfurt abgehe, muß ich Dir ein Wort sagen und Dir danken, daß Du mich herübergetrieben hast. Zum Schauspiel kam ich nicht; aber nachher fügte sich alles zum Besten. Ich habe dem Kaiser aufgewartet, der sich auf die gnädigste Weise lange mit mir unterhielt. Nun gehts zu den Weimarischen Festen, wobei ich Dich wünschte. Manchmal ist mirs verdrießlich, daß Du so eigensinnig auf Deiner Reise bestandest. Dann denk ich wieder: es wird wohl gut ausfallen, da so vieles gut ausfällt. Lebe recht wohl. Grüße Deine Gesellschafterin und alle Freunde. [Erfurt,] Dienstag, den 4. October 1808.

G.

 

432. Goethe

Da ich Dir heute, mein liebstes Kind, die Vollmacht nicht schicken kann, weil SchumannSchuhmann nicht hier ist, der sie aufsetzen würde, so will ich Dir wenigstens schreiben und Dir sagen, daß es mirNach gestrichenem deinen [oder deinem] recht gut geht.

Hofrath Sartorius und Frau sind bei mir eingekehrt und bedauern gar sehr, Dich nicht zu finden; ich will sehen, wie ich meiner Strohwittwerschaft Ehre mache.

Geh in allem vorsichtig und sachte zu Werke, daß Du Freunde erwerbest und erhaltest. Wenn die Vertheilung geschehen ist, schreibe mir; laß nichts verkaufen. Es könnte nichts schaden, wenn man ein klein Quartier, auf der Bockenheims Gasse, oder unter der Allee, nicht weit vom Schauspielhause nähme und es meublirte. Man muß auf allerlei denken. Du hättest einen angenehmen Aufenthalt eine Zeit des Jahres, wir wären eine Zeit lang zusammen. Denn für mich wird Karlsbad, für Dich Lauchstädt am Ende doch auch nicht erfreulich. Mehr nicht für heute. Grüße August und pflege ihn wohl.

Weimar, den 12. October 1808.

G.

 

433. Goethe

Endlich, mein liebes Kind, erhältst Du die Vollmacht. Schumann war nicht hier, ich mußte sie von Scheibe aufsetzen lassen, dann gab es Aufenthalt bei der Regierung. Du wirst mich darin als Ritter des Sanct Annen-Ordens aufgeführt sehen. Der Kaiser von Frankreich hat mir auch den Orden der Ehrenlegion gegeben, und so wirst Du mich besternt und bebändert wiederfinden und mich hoffentlich wie immer lieb haben und behalten. Ich habe bei dieser Gelegenheit gesehen, daß ich viel Freunde habe, denn viele Menschen freuten sich darüber. Die schönen Kinder bei Hofe waren die artigsten, versicherten, es stünde sehr gut, und die Äugelchen waren unendlich. Sartorius und Frau sind heute nach Jena. Mittwoch gehen sie fort; ich denke, auch alsdann nach Jena zu gehen, um nur des Gastirens überhoben zu sein, das kein Ende nimmt, denn von allen Weltgegenden kamen hier Fremde zusammen. Jetzt verläuft es sich so ziemlich. Oft habe ich gewünscht, Du möchtest hier sein. Nun wünsche ich Dir in Deinen Angelegenheiten guten Succeß, mache alles nach dem Rath der Freunde und nach Deiner Überzeugung. Alsdann besuch Heidelberg, gehe über Würzburg und Bamberg nach Hause, damit Du ein wenig Welt siehst; ich will Dir schreiben, wen Du an gedachten Orten besuchen mußt. Pflege indessen den guten August aufs beste und danke in Heidelberg allen und jeden Freunden schönstens.

Hiermit schließe ich, denn es fehlt nicht an Anlauf und Störung. Lebe recht wohl. Liebe mich und komme gesund wieder. Weimar, den 16. October 1808.

Goethe.

Eben, da ich siegeln will, kommen Briefe, Tagebuch, u. s. w. an. Taufscheine, Vollmacht wegen des Bürgerrechtes, und was sonst verlangt wird, soll folgen. Noch schwirrt alles von Fremden um mich her. Lebet wohl und vergnügt.

Da mir noch einige Zeit übrig bleibt, so will ich noch ein paar Worte hinzufügen. Benehme Dich im Ganzen in Frankfurtin Frankfurt nachträglich über die Zeile als wenn Du wiederkommen wolltest. Empfange Freundliches und Gutes von jedermann und bemerke nur, womit Du wieder dienen kannst. Herrn Schmidt danke in meinem Namen für die gefällige Aufnahme im Theater. Biete ihm die Manuscripte von ›Götz‹, ›Egmont‹, ›Stella‹ an, sie hätten sie längst gern gehabt. Wie sehr wünscht ich, daß Du für den nächsten Sommer Dir dort ein erfreuliches Plätzchen bereitetest. Ich mag hingehen, wohin ich will, in Weimar werde ich schwerlich sein. Lauchstädt ist nichts mehr für Dich, und das Theater wird sich schon halten und finden.

Was die Aufträge betrifft, so muß man sich an wenige halten. Schlosser ist uns der nächste. Lehnt dieser ab, künftig unsre Geldsachen zu besorgen, so hab ich zu Nikolaus Schmidt das größte Zutrauen.

Seid aufmerksam gegen jedermann. Herrn Mylius vernachlässiget nicht, ich halte viel auf ihn.

Wegen des Taufscheins werde ich die größte Vorsicht brauchen. Es ist wahr, Du hast mich zu lachen gebracht. Was aber doch noch merkwürdiger ist, Kaiser Napoleon hat mich in derNach gestrichenem s Unterredung mit ihm zum Lachen gebracht. Er war überhaupt, auf eine zwar sehr eigne Weise, geneigt und wohlwollend gegen mich. Laß Dir nur die Zeitungen geben, damit Du das Äußere siehst, was bei uns vorgegangen ist. Gar manches vom Innern sollst Du beim Wiedersehn erfahren.

Übereile und verspäte Dich nicht. Es wird Dir alles gelingen. Was ihr von Papieren, Vollmachten, Briefen verlangt, soll folgen. Heute früh kommt ein alter Freund, den ich in 36 Jahren nicht gesehen. Der ehmalige juristische Hufeland zu Jenazu Jena nachträglich über der Zeile, jetzt Burgemeister in Danzig, ist auch hier. Viele andre Bekannte. Den Fürsten Primas hab ich auch hierÜber gestrichenem in Erfurt gesprochen. Adieu. Fahrt in eurem Tagebuch fleißig fort. Grüße Carolinen, ich wünsche ihr einen reichen Frankfurter.

August soll seine Stammbücher nur immer bereichern.

 

434. Goethe

Jena, den 25. October 1808.

In Erwartung unsrer verehrten Herzogin, welche heut herüberkommt, schreibe ich Dir, mein geliebtes Weibchen, und freue mich, daß es Dir wohlgeht. Dießmal freilich ist es sehr angenehm, daß ich so viel von Dir erfahre; danke Deiner Gefährtin dafür, und wünsche ihr einen recht hübschen, gradgliedrichen Verehrer zum Schluß, damit sie von Frankfurt ungern scheide. Viel werth ist mir, daß Du schon fühlst, für Dich und mich finde sich dort kein Heil. Laß uns in Thüringen auf unserer alten Stelle verharren und unsre Gesellschaft nicht erweitern, sondern ausbilden.

Einigemal hab ich Gesang gehabt. Die Göttingischen Freunde waren darüber sehr vergnügt. Eberwein ist noch nicht wieder zurück. Er fühlte den großen Vortheil jenes Aufenthalts und hatAus halt alles in Bewegung gesetzt, so daß der Hofkammerrath mich selbst ersuchte, ihn dort zu lassen. Um so nöthiger wirst Du sein, daß nicht alles in Stocken geräth. Laß Dich aber dadurch und durch anderes in Deiner Gemüthsruhe und Deinen Frankfurter Geschäften nicht stören. Bringe alles schönstens zur Ordnung, besuche August in Heidelberg, danke seinen Freunden und Gewogenen, und kehre über Würzburg und Bamberg zurück. Wenn Du gut Wetter hast, wird Dir diese Tour viel Freude machen.

Wegen des Bürgerwerdens habe ich mich anders bedacht. Es war ja eigentlich nur ein Wunsch, eine Grille von mir, und gegenwärtig ist es gar nicht nöthig, daß Du und August euch besonders darum bewerbest. Ich dachte, da Frankfurt jetzt einen Souverain hat, so könnte man über verschiedne Umständlichkeiten hinauskommen, wenigstens bei uns wäre alles mit EinemAus einem Federstrich des Herzogs abgethan; so aber setztAus setzts man dort die alten Reichsstädtischen Förmlichkeiten fort, die uns dießmal incommodiren. Lassen wir also die Sache hinhängen, bis ich vielleicht einmal persönlich den Fürsten darum ersuche. Was sollen wir Taufscheine produciren, die von einer Seite das große Geheimniß frauenzimmerlicher Jahre verrathen und von der andern mit den Trauscheinen nicht zusammenstimmen. Was sollen wir Gelder bezeugen, die niemals da waren, u. s. w. Herrn Landrath Schlosser schreibe ich beiliegend in gleichem Sinne. Er wird es ja auch wohl so gut finden. Man muß auch der Zukunft etwas überlassen.

 

Den 26.

Durchlaucht die Herzogin mit der Prinzeß und sämmtlichen Damen ihrer Umgebung war gestern bei schönem Wetter hier und alle ganz heiter und vergnügt. Wenn der obere Theil des Schlosses wird eingerichtet sein, kommen sie wohl öfter hierher. Kaiser Napoleon hat manches für Jena bestimmt. Eine Summe zu Aufbauung der Häuser, zu Einrichtung einer katholischen Kirche und so weiter. Glücklicher Weise sind dagegen alle Feste, die man bei uns gegeben, sehr anständig und erfreulich ausgefallen. Auf dem Napoleonsberge ist ein sehr artiger Saal mit einer Säulen-Vorhalle, wie am Römischen Hause, gebaut. Leider siehst Du das nicht, denn er wird abgetragen.

Nun etwas von Freunden! Der Bremische hat an Deinen Bruder einen weitläuftigen Brief geschrieben, woraus erhellet, daß er völlig entschieden ist, nach Weimar zu ziehen. Rechte Freude kann ich nicht daran haben. Er thut es, um wohlfeiler zu leben. Das wäre recht gut, wenn er irgendwo wohlfeil leben könnte. Vom Übrigen sag ich nichts, Du weißt, was davon zu denken ist. Doch muß man es kommen lassen und ihm beihülflich sein. Geheimerath Voigt hat gerathen, er solle erst allein kommen, seine Verhältnisse arrangiren und sodann erst Frau und Sachen holen. Schicke Deine Briefe nur vor wie nach. Diese Tage geh ich zurück. Lebe wohl. Liebe mich recht schön und sei versichert, daß ich mich recht ungeduldig nach den Schlender- und Hätschelstündchen sehne. August schreib ich nächstens.

G.

 

435. Goethe

Da ihr so viel und oft schreibt, so ist es auch billig, daß ich oft Nachricht von mir gebe. Ich bin nun wieder in Weimar, aber auch gleich wieder von Fremden und Andern umgeben, daß es zu gastiren immer Noth thäte; doch will ichs ein- und abstellen, bis Du wiederkommst. Von Jena hast Du einen Brief erhalten, heute kommt Dein Tage-Buch bis zum 27. incl., darüber ich viel Freude habe. Macht es nur mit allen Menschen recht, verbindet euch mit den Zuverlässigen, ergötzt euch mit den Unterhaltenden, und ertragt die Seltsamen und Langweiligen. Übereile Dich nicht, zu kommen, ob Du mir gleich jede Stunde sehr erwünscht und lieb kämest. Vollende das Geschäft, besuche August und handle in Heidelberg wie in Frankfurt.

Eberwein ist wieder da, gestern war zum ersten Mal Gesang. Günthers und ein Karlsbader Äugelchen, Pauline Gotter von Gotha, die bei ihnen wohnt, waren gegenwärtig, auch Freunde. Darauf speiste ich bei Hof auf spezialen Befehl des Herzogs. Alles Andre geht gut. Nur daß ich in 6 Wochen gar nichts gethan habe und aus einer Zerstreuung in die andre gefallen bin.

Im Hause gehts recht gut. Die ersten Kastanien sind angekommen. Die zweiten, mit dem Eingemachten, erwart ich. Im Theater hat sich manches wohl gemacht. ›Sargino‹ ist gegeben. Den ›Fridolin‹ haben wir schon hier, Du brauchst ihn nicht mitzubringen. Die Elsermann müßte den Fridolin machen.

Von Werner, Oehlenschläger und manchen andern Auswärtigen habe ich Grüße an Dich.

Kommst Du nach Heidelberg, so gehe nach Deiner Art sachte zu Werke. Was August wohlgethan, ist Dir das Nächste, dem danke, sei freundlich und wohlgemuth mit ihnen. Was sich sonst zeigt, lehne nicht ab, und schaue ringsumher. Sie hassen und verfolgen sich alle einander, wie man merkt, um nichts und wieder nichts, denn keiner will den andern leiden, ob sie gleich alle sehr bequem leben könnten, wenn alle was wären und gölten. Adieu, lieb Kind. Riemer legt etwas bei. Wenn unser Frankfurter Wesen befestigt ist, wollen wir an Hiesiges denken. Mehr nicht.

[Weimar,] den 31. October 1808.

G.

 

436. Goethe

Weimar, den 7. November 1808.

Da Du nun Anstalt machst, von Frankfurt abzugehen, will ich versuchen und hoffen, mit diesem Brief Dich noch zu erreichen. Leider gehen die Briefe hinwärts so langsam, daß ich noch nicht einmal weiß, ob Du den meinigen, der Dir das Bürgerwerden für den Augenblick abrieth und vom 27. October war und eigenhändig, erhalten hast. Doch ist das von keiner Bedeutung: denn wenn man auseinander ist, muß jedes nach seiner Überzeugung und nach den Umständen handeln, das Übrige gibt sich alles.

Dein Eingemachtes und die Kastanien sind glücklich angekommen. Die Kasten, und was Du sonst schickst, sollen nicht eröffnet werden, bis Du selbst dabei präsidirst. Alles geht auf die gewohnte Weise, d. h. zwischen dem Guten kommt einmal was Abgeschmacktes und gelegentlich was sehr Abgeschmacktes vor. Da muß man denn nur suchen, es wieder ins Gleiche zu bringen und nicht aufs Äußerste zu gerathen. So sind z. B. beim Theater Dinge vorgekommen, die viel gelinder abgegangen wären, wenn Du dagewesen wärest. Doch hoffe ich die Sache noch so zu halten, daß der Riß wieder zu heilen ist. In die Länge gehts freilich nicht; doch will ich, so lange ich noch einen Zug thun kann, mich nicht ungeschickter Weise gefangen geben.

Allen Freunden, ehe Du von Frankfurt weggehst, wirst Du die besten und verbindlichsten Sachen sagen. Bist Du einmal zurück, so will ich allen denjenigen schreiben, wie Du es für gut und nothwendig hältst.

Wegen Deiner Herreise von Heidelberg weiß ich weiter nichts zu sagen. Von Würzburg aus erkundige Dich selbst. Ich glaube nicht, daß es gut ist, über Bamberg zu gehen, sondern auf Meiningen. Kömmst Du nach Bamberg, so sind Paulus da. Von Meiningen laß Dir auch eben am Orte rathen. Du kannst auf Eisenach, auf Gotha, auf Erfurt Deinen Weg richten. Bei allem ist ein Für und Wider, je nachdem die Jahrszeit sich findet und die Wege. An August habe ich nach Heidelberg geschrieben, und was ich dort von euch wünsche; besonders daß ihr nach Mannheim fahrt und Herrn und Frau von Luck besucht. Es ist mein Wunsch; Du weißt, daß ich nicht gern sage: mein Wille. August drückt sich von solchen Verhältnissen weg, das nehm ich ihm nicht übel. Aber Du mußt diese Personen mit ihm sehen. Du fühlst, warum, und die ganze Sache ist ja nur eine Spazierfahrt. Lebe recht wohl.

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