Johann Wolfgang von Goethe
Briefwechsel mit seiner Frau. Band 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1814

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557 a. Goethe

Artges Häuschen hab ich klein,
Und, darin verstecket,
Bin ich vor der Sonne Schein,
Gar bequem, bedecket:
Denn da gibt es Schalterlein,
Federchen und Lädchen;
Finde mich so wohl allein,
Als mit hübschen Mädchen.

Denn, o Wunder! mir zur Lust
Regen sich die Wälder,
Drückte gern an meine Brust
Die beblümten Felder.
Und so tanzen auch vorbei
Die vollkommnen Berge;
Fehlt nur noch das Lustgeschrei
Der vertrackten Zwerge.

Doch so gänzlich still und stumm
Rennt es mir vorüber,
Meistens grad und oft auch krumm,
Und so ist mirs lieber.
Wenn ichs recht betrachten will
Und es ernst gewahre,
Steht vielleicht das alles still,
Und ich selber fahre.

Eisenach, den 25. Juli
              1814
        Abends 6 Uhr.

G.

 

558. Goethe

[Hanau, 28.] Juli, 1814.

Zuvörderst also muß ich die charmante Person loben, welche mich das Fahrhäuschen zu betreten bewog; bei der großen Hitze, dem Staub und dergleichen wäre ich sonst vergangen.

Den 25. schrieb ich viele Gedichte an Hafis, die meisten gut. Mittags Gotha, im ›Mohren‹ wars behäglich. Herrn und Frau von Franckenberg hatte unterwegs besucht. Um sechs Uhr in Eisenach, vom Schloß-Voigt wohl empfangen, regalirte mich selbst mit einer Kaltschale, deren Ingredienzien jedem Reisenden empfehle. Die Herren von Göchhausen und von Egloffstein besuchten mich.

Den 26.>, fünf Uhr von Eisenach. Herrlicher Duftmorgen um die Wartburg. Köstlicher Tag überhaupt. In Hünfeld fand ich Jahrmarkt und bemerkte einige Späße. Um 6 Uhr im Posthaus zu Fuld. Ließ mir erzählen und erquickte mich. Magister Petri vom Gymnasium suchte mich auf. Den Tag über hatte ich weniger Gedichte geschrieben und sehr wenige gut.

Den 27. verließ ich Fulda, beim heitersten Himmel, von der Höhe betrachtet ich noch das herrliche Pfaffenthal, das, zu seinem Schaden, jetzt niemanden angehört. Bei Neuhof reifes Korn. Zwischen Schlüchtern und Salmünster Flachs- und Hanfbrechen durch Städtchen und Dörfer, Haus an Haus. Der erste Storch auf der Wiese und erstes Kornerndten. Weiter nach Gelnhausen zu. Vor diesem Orte Weinberge, sodann dieß alte Gehocke, das schrecklicher, nach den letzten Leiden, aussieht als je. Ich besuchte die Burg Kaiser Friedrich des Rothbarts. Eine höchste Merkwürdigkeit. Ruine, theilweise noch gut zu erkennen, von festem Sandstein. Säulenknäufe und Wandzieraten wie von gestern. Würde, aber engsinnig, Zierlust, ohne Begriff von Verhältnissen. So möcht ich im kurzen das Ganze charakterisiren. Um Sieben in Hanau.

Jene Burg liegt eine Viertelstunde von Gelnhausen; was man so nennt, ist eigentlich eine Insel, von lebendigem Wasser umflossen. Der alte Kaiserliche Palast nimmt nur einen Theil davon ein. Der übrige Raum ist mit meist schlechten, theils einfallenden, von Juden bewohnten Häusern besetzt. Denn hier ist ein Asyl. Die Insel warAus ward nie der Stadt unterworfen, sondern an die Burg Friedberg gekommen. Zeichnete jemand im rechten Sinne die Reste des Palastes, so gäbe es ein höchst interessantes Blatt. Vielleicht ists Herrn Hundeshagen gelungen, der jetzt in Wiesbaden angestellt ist.

Mein Weg zu und von der Burg, in der größten Hitze, setzte mich in Wasser; ich mußte mich umkleiden und war sehr zufrieden, als ich in Hanau ankam, wo ich mich wieder herstellte.

Geh. Rath Leonhard ist nicht hier. Bruder und Factor haben mir viel gezeigt. August wäre erschrocken, wenn er den Vorrath Versteinerungen gesehen hätte, der daliegen muß, wenn die Sammlungen eingerichtet werden sollen. Von jeder Sorte centnerweis, und was im losen Gestein gesessen, einzeln abgesondert und gewaschen. Ganze Schubladen voll Turbiniten, pp., wie bei Conditorn die Macronen und gebackne Mandeln. AugustAus Er thut sehr übel, wenn er sich nicht mit dieser Firma in Connexion setzt.

Sie erwarten aus Paris eine Sendung, wer weiß wo alles her, und sie werden uns in jedem Betracht begünstigen.

Grüßet Ulinen und Riemer, saget Meyer vom Kaiser-Palaste. Es ist eine Hitze, von der ich keinen Begriff mehr hatte.

NB. 1. Heut früh Sechse war ich auf dem Thurn. Es ist eine Weite und Schöne des Thals, an die man sich auch erst wieder gewöhnen muß.

NB. 2. Der Plan zur Oper ›Der Löwenstuhl‹ ist gestern zu Stande gekommen und heute abgeschrieben.

NB. 3. und das Angenehmste: Schwalbacher Wasser soll von Frankfurt abgehen, es ist ein Himmelstrank.

Hanau, [28. Juli] 1814.

G.

Und nun, nach Werners Beispiel, an der Seite ein Lob der Gemüse. Wirsching und Kohlrabi, wie ich sie in vielen Jahren nicht gegessen. Nun steht meine Hoffnung auf Artischocken!

Ein Liebchen ist der Zeitvertreib, auf den ich jetzt mich spitze,
Sie hat einen gar so schlanken Leib und trägt eine Stachelmütze.

 

559. Goethe

[Frankfurt, 29.] Juli [1814.]

Also fuhr ich zu Frankfurt ein, Freitag Abends, den 28.; die Stadt war illuminirt, und ich, wie Fritz Frommann, nicht wenig über diese Attention betroffen. Allein meine Bescheidenheit fand einen Schlupfwinkel, indem der König von Preußen, gleichfalls incognito, angekommen war. Ich bedankte mich daher nicht und ging, auf Karlen gestützt, durch die erhellte Stadt hin und her. Wo die Lampen nicht leuchteten, schien der Mond desto heller. Auf der Brücke verwunderte ich mich über die neuen Gebäude und konnte überall wohl bemerken, was sich verschlimmert hatte, was bestand, und was neu heraufgekommen war. Zuletzt ging ich an unserm alten Hause vorbei. Die Haus-Uhr schlug drinne. Es war ein sehr bekannter Ton, denn der Nachfolger im Hausbesitz hatte sie in der Auction gekauft und sie am alten Platze stehen lassen. Gar vieles war in der Stadt unverändert geblieben.

Heut, den 29., früh ging ich zum Bockenheimer Thor hinaus und freute mich über die neu entstandene Welt. Erst ging ich links, dann rechts und ans Eschenheimer Thor. Die Anlagen sind gut und schön.

Sodann zu Schlossers, wo mich Frau Schöff, nach der Erkennung, freundlichst bewillkommte. Christian war lieb und gut und verständig. Köstliche alte Kupfer sah ich da, und manches neuere Gute. Der ältere Bruder kam auch, und viel wurde geschwatzt.

Willemer ist auf der Mühle, Riesen konnt ich, der Hitze wegen, nicht aufsuchen. Zwei-, dreimal des Tages kleid ich mich um und weiß im Zimmer kaum wohin. Ich hoffe, diesen seltsamen Zustand gewohnt zu werden. Zur Nachtzeit will ich auf Wiesbaden, der Mondschein begünstigt mich.

Director Schlosser spedirt das Schwalbacher Wasser nach Eisenach, an Burgemeister Sältzer. Jetzt ein Lebewohl im Schweiß meines Angesichts und Körpers.

G.

 

560. Goethe

Wiesbaden also, den 1. August 1814. Die Bewegung einer glücklichen Reise, die überwarme Jahrszeit, das erquickliche Schwalbacher Wasser, und die wenigen warmen Bäder wirken schon so gut auf mein ganzes Wesen, daß ich mir das Beste verspreche. Solchen Anfang und solche Hoffnungen braucht es aber auch, daß ich den hiesigen Aufenthalt erträglich finde, wo alles zusammenkommt, was ich hasse, und noch drüber. Nächstens sende eine Litanei, und ihr werdet mich bedauern. Doch zu Steuer der Wahrheit sei gesagt: eigentlich ist die Schuld mir beizumessen, der ich die Güter und Gaben, die solch eine Gegend, solch ein Zustand darbietet, nicht mehr genießen kann. Denn euch andern lebenslustigen Hasenfüßen wäre hier das köstlichste Gastmahl bereitet. Vier Chausseen, die von Hügeln und Bergen in die Tiefe führen, wo der Ort liegt, stieben den ganzen Tag von Zu- und Abfahrenden, von Lust- und Spazierfahrenden. Da solls nach Mainz, Biebrich, Elfeld, Schlangenbad, Schwalbach, und wohin alles. Da liegen für Fußgänger verfallne Schlösser, mit Erfrischungs-Örtern, im nächsten Gebirg. Da, und so weiter! Zelter, ein furchtbarer Fußwandrer, hat das alles schon durchstrichen, als Liebhaber von allen Sorten Erheiterung, das alles schon durchfahren, durch{trunkenNachträglich über der Zeile/gessen} gessen und will, ich soll das auch thun. Ich hoffe, die Lust dazu soll kommen, er muß sich meinetwegen nicht binden; einige Stunden des Tags mit ihm sind mir die größte Erquickung, das Übrige theilt sich ein.

Hundeshagen wird mir zu viel Freude und Nutzen sein. Er ist viel besser als das, was er zu Markte bringt. Und das geht ganz natürlich zu. In der Gegenwart erkennt man sein redliches Streben, den Reichthum seiner Erwerbnisse; aber um alles dieß zusammenhänglich, anschaulich mitzutheilen, fehlt ihm, daß er den Stoff nicht ganz durchdringt und nicht Herr der Form ist; daher erscheint auf den Blättern Übertriebenheit und LeerheitUmgestellt aus Übertriebenheit und Leerheit auf den Blättern, die seiner Unterhaltung keineswegs vorzuwerfen sind. Über Gelnhausen hat er mir die schönsten Dinge gesagt. Auf meiner Rückreise hoff ich das mit Augen zu sehen. Er scheint die Zeiten kritisch zu sondern und, da er von der Technik ausgeht, das Wachsende derselben sehr schön und einsichtig auszulegen.

Riemer und Meyer werden sich an dieser Stelle erfreuen.

Auch Geologisches und sonst noch manches alterthümliche Gute erwartet mich.

Für die Hasen aber ist hier ein Saal gebaut, welcher den Weimarischen Schloß- und Schießhaussaal vereint darstellt und größer ist als jene beide zusammen. NB. der Erbauer ist, auf Wolzogens Veranlassung, in Weimar gewesen und hat sich zu diesem Tragelaphen die Glieder geholtDieser Satz am Rande nachgetragen. Diesen, Sonntags, mit Tafelreihen ausgerichtet zu sehen, woran köstlich gespeist und getrunken wird, das ist so was, wornach man lüstern sein könnte. Die Anlage davor und überhaupt das Ganze ist imposant für jeden, der nicht mit allzu reinen architektonischen Forderungen einhertritt. Nein! so einen Sonntag wollt ich euch wünschen! Denkt nur! Schon belauft sich die Badeliste über 3000, sage dreitausend, wäre auch nur die Hälfte davon noch da. Nun der Zudrang von allen Seiten, man darf sagen, daß 10 000 Menschen in Bewegung sind. Nun lebt wohl. Führe mich Gott gestärkt dem Koppenfelsischen Giebel entgegen.

G.

 

561. Christiane

Berka an der Ilm, den 3. August 1814.

Dein liebes Gedicht von Eisenach hat mir sehr viel Freude gemacht. Dienstag und Mittwoch nach Deiner Abreise gab ich zwei Theegesellschaften: den ersten Tag die Schopenhauer mit ihrer ganzen Umgebung, so daß es vierzehn Personen waren; Mittwoch die Dillon, den Propst und mehrere von der Suite. Donnerstag früh bekam ich Deinen Brief von Eisenach; gegen Abend gingen wir nach Berka. Freitag kam die gewöhnliche Gesellschaft, doch mehr Herren als Damen. Durchlauchter Prinz kam selbst unter das Zelt, so auch alle die Herren von Hof, und Graf Edling führte mich im Saal; Uli und die anderen Damen wurden von andern Herren hineingeführt. Sonnabend ging still vorüber; Sonntag waren über 300 Menschen hier, und Montag kam schon wieder der Prinz. Dienstag war der König in Weimar. Mittwoch früh reiste er mit der Hoheit ab. Wir waren den Dienstag bei Herrn Dreyßig in Tonndorf, wo alles sehr schön war, die Levkojen waren in ihrem besten Flor, so auch die Nelken; Gillens und mehrere Badegäste waren mit. Der Pachter, der sich einen fröhlichen Tag machen wollte, hatte Abends nach Tische die Musikanten im Saal bestellt, und es wurde getanzt; um 10 Uhr aber gingen wir zu Hause. Der Saal wird jetzt recht brillant; diese Woche werden die Fenster noch fertig, die Maler haben auch schon den Accord machen müssen. August ist heute nach Jena gereist und hat mir Deine zwei lieben Briefe von Hanau und Frankfurt heraus geschickt. Ich freue mich sehr, daß Dir der Rath, mit dem zugemachten Wagen zu fahren, so wohlthat. Das Wasser sollte mich freuen, wenn es noch zu Berta kam. Ich lebe jetzt weit wohlfeiler hier. Die Köchin kocht für August und uns in Weimar sogar den Kaffee in Bouteillen, und so leben wir recht wohlfeil. Ich habe auch nun schon sechs Mal hintereinander gebadet und trinke Selter-Wasser dabei, welches mir scheint recht gut zu bekommen. Von Wiesbaden werden wir wohl auch bald Nachricht von Dir bekommen. Von der Ankunft des Herzogs ist noch gar nicht die Rede. Frau von Heygendorf ist nach Karlsbad gereist mit dem Professor. Uli empfiehlt sich zu Gnaden.

Und ich bitte, mich lieb zu behalten.

C. v. Goethe.

[Nachschrift: Riemer]

Ich bitte, das Couvert zu öffnen, um das eröffnete Siegel sich zu erklären.

 

562. Goethe

Wiesbaden, Sonntag, den 7. August 1814.

Nun muß ich auch wieder einmal melden, wie mir es geht, welches gar nicht schlecht ist. Ich habe mein Quartier verändert und bewohne nun ein sehr angenehmes Zimmer, das des Morgens nicht von der Sonne leidet, Nachmittags sehr wenig. Das Bad bekommt mir wohl, ob es gleich angreifischer sein mag als das Teplitzer; Zelter ist brav wie immer und vermittelt mich der Gesellschaft. Daß ich mich leidlich befinde, könnt ihr daraus sehen, daß ich täglich an der Wirthstafel speise, die nie unter hundert Gästen ist, und wo es weder an Hitze, noch an Lärm, noch an Fliegen fehlt. Den 3. August waren wir, eingeladen, in Mainz. Der Geburtstag des Königs ward sehr anständig gefeiert. Früh militärischer Gottesdienst unter freiem Himmel, auf einer Aue nah dem Rhein, dann große Mittagstafel in einem hohen, geräumigen Saale, gutes Essen und Trinken. Abends Feuerwerk, sodann Ball. Von allem diesem habe ich mein bescheiden Theil hingenommen. Das Übrige hätte ich euch gegönnt. Der frische Lachs schmeckt mir noch immer, obgleich die Hiesigen sagen: die Zeit sei vorbei. Der Anblick des Rheins und der Gegend umher ist freilich etwas einzig Schönes. Man würde die Bewohner dieses Bezirks beneiden, wenn sie nicht so unendlich ausgestanden hätten. Doch scheinen sie alle Noth so ziemlich vergessen zu haben und erlustigen sich aufs beste. Heut wird in Schwalbach das Portiunkel-Fest gefeiert, da fährt, reitet und läuft alles hin. Das Wetter ist immer sehr schön und nicht gar so heiß die letzten Tage. Ich finde hier mancherlei Unterhaltung. Hundeshagen gefällt mir immer besser. Er hat recht schöne Kenntnisse und viel Thätigkeit. Gestern sah ich eine wunderbare Erscheinung, einen jungen Mann, Advocaten in Darmstadt, ganz zum Schauspieler geboren. Schöne Gestalt, schickliche Bewegungen, wohlklingende Stimme; er declamirte, in einer Art von Hamlets Kleide, Schillers ›Glocke‹. Leider ist er, in Absicht auf Declamation, ganz auf falschem Wege; er müßte völlig umlernen, wenn er bei uns Glück machen wollte. Frage Herrn Geh. Hof-Rath, was er ihm geben will, wenn ich ihn engagire. Es ist nur Scherz! Er wird schwerlich aufs Theater gehen; und wenn er sich nicht bekehren ließe, möcht ich ihn nicht einmal. Aber ein prächtiger Bursche ists.

 

Montag, den 8.August 1814.

Gestern war ich in Biebrich zur Tafel, die Herrschaften sehr gnädig und freundlich. Der Gesellschaftssaal eine Galerie, man sieht an einer Seite den Rhein, an der andern den Lustgarten. Es ist völlig ein Mährchen. Der runde Speisesaal tritt etwas vor die Linie des Gebäudes. Die Herzogin, neben der ich saß, sitzt gerade so, daß man durchs offne Fenster den herunterfließenden Rhein vor einen See halten kann, an dessen jenseitigem Ufer Mainz liegt. Ganz in der Ferne sieht man die Berge der Bergstraße und den Melibocus. Der Tag war sehr schön. Allerlei gute Bissen wurden genossen: Artischocken, sodann zum Nachtisch frische Mandeln, Maulbeeren und dergleichen, das ich in vielen Jahren nicht geschmeckt. Nach Tafel besah man den Park und eine recht artig angelegte Ritterburg. Von dem Altan ist die Aussicht sehr schön. August kann von diesem theilweise erzählen. Die Vegetation im Garten und Park sehr lebhaft. Platanen von großer Schönheit, so auch babylonische Weiden von außerordentlicher Größe. Zelter war zu Fuße hinüber gegangen und fuhr mit nach Hause. Dann besuchten uns einige Freunde, und so war der Tag geschlossen.

Ferner muß ich noch eines gar artigen und fast zu reichlichen Festes erwähnen, welches uns die Fräulein von Stein, Schwestern unsres ehmaligen Oberforstmeisters, Sonnabend, den 6., in der Nähe eines alten Schlosses, Sonneberg genannt, gegeben. Es liegt diese Ruine, etwa eine Stunde, auf einer noch fruchtbaren Höhe. Der Abend war schön, des guten Getränkes ein Überfluß, und die Gesellschaft munter durch Erzählungen aus dem letzten Kriege. Nun will ich aber schließen. Gestern hatte ich Besuch von Brentano und Guaita, Herrn und Damen. Meline ist noch immer recht hübsch. Madame Hollweg war auch darunter. Schon vor einigen Tagen besuchte mich Willemer mit seiner kleinen Gefährtin. Und so gibts immer was Neues. Nun lebet wohl.

G.

 

563. Goethe

[Wiesbaden, 13. August 1814.]

Zuvörderst also wirst Du abermals gerühmt, mein liebes Kind, daß Du mich in diese Gegend zu gehen bewogen. Erde, Himmel und Menschen sind anders, alles hat einen heitern Charakter und wird mir täglich wohlthätiger. Die Verhältnisse eines Badegastes sind mir nun auch schon deutlicher; ich habe ein sauberes, kühles Quartier bezogen, speise auf dem Zimmer und lebe ganz nach meiner Weise. Unter den hiesigen Angestellten und Geschäftsleuten gibt es bedeutende Männer, ich habe schon mehrere kennen gelernt. Oberbergrath Cramer besitzt ein trefflich Mineralien-Cabinet, das mich schon viele Abende beschäftigt. Das Schwalbacher Wasser, zusammen mit dem hiesigen Bade, bekommt mir sehr wohl, und so geht ein Tag nach dem andern hin, vergnüglich, heilsam und nützlich. Riese hat mich besucht, er ist gar treu, gut und verständig. Gerning ist auch hier, spielt aber eine wunderliche Rolle, die mir noch nicht ganz klar ist. Er mischt sich in vieles, macht den Unterhändler, Mäkler, Versprecher. Als Dichter, Antiquar, Journalist sucht er auch Einfluß und scheint nirgends Vertrauen zu erregen. Überhaupt scheinen sich die Menschen nicht aneinander zu schließen. In einem Orte, wo man täglich unter ein Dutzend Lustpartien wählen kann, müssen sich Gesellschaften und Familien sehr zerstreuen. Auch das Geschäftsleben hat einen weiteren und lustigern Wirkungskreis. Ich will mir das alles recht ansehen. Der dirigirende Minister und alle oberen Staatsbeamten sind junge Männer, die auch für den Genuß arbeiten und für ihre Thätigkeit einen schönen Spielraum haben. Der Herzog ist in den Siebzigen, nimmt sich vorzüglich des Militärs an, das aus schönen, jungen Leuten besteht. Der hier garnisonirende Theil ist fast gekleidet wie unsre.

Wiesbaden liegt in einem weiten Thal, das vorwärts, nach Süden, von Hügeln, nordwärts von Bergen begränzt wird. Besteigt man die letzteren: so hat man eine unendliche und höchst schöne Aussicht.

(Vorstehendes war geschrieben Sonnabend, den 13. August. Was mir seit jener Zeit Gutes begegnet, enthält das nächste Blatt.)

Sonntag, den 14., speiste ich abermals in Bieberich, wo ich wieder gnädige, freundliche Herrschaften, treffliche Tafel und köstliche Weine fand. Montags hatte ich den Einfall, nach Rüdesheim zu gehen, und fuhr mit Bergrath Cramer und Zelter nach Tische ab, durch das übermäßig schöne Rheingau. Wir kamen zeitig genug an, daß wir bei Sonnen-Untergang die alte, von Graf Ingelheim, auf eine gar löbliche Weise, wiederhergestellte römische Ruine besteigen konnten. August mag davonAus das erzählen. Dienstag, den 16., war auf dem jenseitigen Rheinufer große erste Wallfahrt zu einer, nach dem Kriege, wiederhergestellten Capelle, dem heiligen Rochus gewidmet. Wir setzten über beim heitersten Wetter und fanden auf der Höhe wohl 10 000 Menschen, um das Kirchlein sich versammlend. Die Mannigfaltigkeit und Lust dieses Festes ist schriftlich nicht zu beschreiben. Bis Mittag währte das Gedränge. Dann gingen wir nach Bingen hinunter, fuhren im Kahn durchs Bingerloch hin und zurück und ließen uns nach Rüdesheim hinauf ziehen. Nachdem wir trefflich gespeist, fuhren wir nach Elfeld, blieben im Gasthaus zur ›Rose‹, das unmittelbar auf den Rhein sieht. Morgens regnete es gewaltig, nach so langer Dürre höchst erwünscht. Doch konnten wir abfahren, besuchten Herrn von Gerning in Schierstein und waren zur rechten Tafelzeit hier. Abends im Cursaal und sodann Donnerstag, den 18., mit einer großen Gesellschaft auf der Platte, wo es denn lustig zuging. Indessen befleißige ich mich des Badens und Schwalbacher Wassers, und befinde mich sehr wohl.

Riemern danke für die mir mitgetheilten Correspondenz-Nachrichten. Ich schreibe nächstens dagegen. August soll sich auf die Versteinerungen freuen. Die aus der Übergangs-Epoche sind sehr wichtig. Grüße Ulinen und sagt mir gelegentlich, wie es euch geht. Meine Absicht ist, bis Anfang September hier zu bleiben. Sendet mir deßhalb spätere Briefe an Schlosser. Die Kastanien gerathen nicht reichlich, doch will ich für eine tüchtige Sendung sorgen. Jetzt lebet wohl, grüßet Hofrath Meyer. Zelter ist prächtig und lobt auch die Wirkung des Bades. Adieu.

[Wiesbaden, 19. August 1814.]

G.

 

564. Christiane

Weimar, den 25. August 1814.

Lieber, guter Geheimerath, ich freue mich recht sehr, aus Deinen Briefen zu sehen, daß Dir alles nach Wunsche geht, und Du mich wieder ein bißchen gelobt hast. Wie Du weg warst, befand ich mich gar nicht wohl; es wurde mir von Huschken gerathen, nach Berka zu gehen und ordentlich zu baden, und habe Selterwasser getrunken des Morgens. Im Ganzen war es in Berka recht hübsch. Jetzt sind wir wieder zu Hause; und da ich nun weiß, daß Du bald kommst, so soll das Haus recht ordentlich zurecht gemacht werden. Das Schwalbacher Wasser habe ich nicht bekommen. Ich habe achtzehn Bäder in Berka genommen, und nun wollen wir sehen, was es für Würkung macht. Wir freuen uns alle recht sehr, Dich gesund und vergnügt wiederzusehen. Schon wird der Herzog wieder erwartet, und man fängt wieder an, alles grün zu machen. Ich bin noch wie ehedem bei der Schopenhauer, welche Dich sehr freundlich grüßen läßt. Sie ist auch sehr krank gewesen. Der Geheime Hofrath, mit welchem ich gesprochen habe, sendet Dir hier diesen Brief; ich habe das Couvert heruntergenommen, weil der Brief doch zu stark war. Aus diesem Briefe siehst Du allenfalls, wie es aussieht.

In unsrem Logis in Berka, die grüne Stube ausgenommen, wohnen Linkers, der Rath Brunnquell, der Geheime Regierungsrath Müller. Es gefällt allen Leuten, nur niemand ist mit dem Essen aus der Apotheke zufrieden. Am Sonntag habe ich ganz allein in der Kirche Gevatter gestanden und zwar bei der Frau, die uns aufgewartet hat; die Menschen waren ganz glücklich. Die Hebamme sagte zu den Leuten: »Ihr könnt zufrieden sein, denn so eine Taufe ist noch nicht in Berka gewesen.« Die ganze Kirche war voll, alle Badegäste waren darinne; der mir auffallende war der Herr Generalsuperintendent Löffler aus Gotha. Und sogar spielte unser Herr Organist die Orgel, welches sonst beim taufen nicht der Fall ist. Ich habe mir durch dieses ganz Berka zum Freund gemacht. Das Wetter war sehr schlecht; wir tranken den Kaffee in der Königin Oborea. Es kamen viele Herren aus Weimar; und als acht bis neun Paar haben wir uns recht gut amüsirt. Jetzt wird sehr viel eingemacht und alles vor den Winter vorbereitet. Schreib uns nur recht bald, wann Du ohngefähr zu kommen denkst. Leb wohl, ich bin wie immer Dein, so lange ich lebe.

Uli legt sich Ew. Exzellenz zu Füßen und wünscht nichts mehr, als bald ihr Amt wieder als Secretär anzutreten.

 

565. Goethe

Du erhältst hier, mein liebes Kind, einen alten Brief mit einem gleichzeitigen Blättchen; der Freund hat in der Zeit Gelegenheit gehabt, sich mündlich zu erklären. Ich wünsche allen Glück und Heil, da es mir sehr wohl geht. Das Bad bekommt mir trefflich, die Menschen sind gut und freundlich, und die Gegend himmlisch in der Runde. Seit meinem Letzten vom 19. bin ich in Mainz gewesen, wo der Herzog eintraf. Mit ihm war ich sodann hier und in Biebrich; wenn Gegenwärtiges ankommt, wird er bei euch schon eingezogen sein.

Meinen Geburtstag haben sie mehr als billig gefeiert. Äbtissin von Stein lud uns den 27. Abends ein, es war eine Gesellschaft von etwa 12 Personen, alle bekannt. Sie verzögerten das Mahl bis zwölf Uhr und feierten diesen Eintritt wie einen Neujahrstag. Frau von Holzhausen gab den 28. ein großes und überreichliches Frühstück im Cursaal. Mittags fuhr ich nach Biebrich, wo die wahrhaft wohlwollenden Herrschaften und die Wohlgesinnten des Hofes mir Glück wünschten. Abends hatte ich Zelter, Schlosser und einen Dritten bei mir zu Tische. Frau Brentano-Birkenstock hatte mir früh, von Winkel, 10 Flaschen des ächtesten Weines gesendet; davon wurden die Freunde nun erfreut, und alles endigte zum besten. Schlosser überbrachte gleichfalls früh eine ungeheure Schachtel mit Artischocken, Früchten und Blumen. Ferner hatte ich von den Damen zwei Blumentöpfe mit hohen Sträußern erhalten; das alles diente zum Zierat, wie zum Genuß. Eine Chocoladen-Tasse mit hiesigen Gegenden darf ich auch nicht vergessen, ob ich gleich manches Andre nicht erwähne. Jedoch mußt Du August sagen, daß mir verehrt worden ist ein wohlerhaltner, goldner Denar mit dem Bilde des Caligula auf der einen, des Augusts auf der andern Seite, beide wunderschön, der erste vollkommen frisch.

Und so müßt ich noch allerlei Gutes erzählen, wenn ich nicht endigen und diese Blätter absenden wollte. Lebet wohl, grüße Ulinen, und schreibet gelegentlich. Noch etwa 14 Tage bleibe ich hier und in der Gegend. Dann gehts auf Frankfurt, Darmstadt, Heidelberg. Zurück und dann nach Hause. Worauf ich mich sehr freue. Zelter geht heute ab, den Rhein hinunter. Den werde ich sehr vermissen. Und nun lebt wohl!Wiesbaden, den 29. August 1814.

G.

 

566. Goethe

Sehr lange habe ich nichts von euch gehört, möge das ein Zeichen sein, daß ihr euch wohlbefindet. Mir ist es die letzte Zeit gar gut ergangen, woran das schöne Wetter nicht wenigen Antheil hat.

Montag, den 12. September. Fuhr ich mit Ober-Berg-Rath Cramer von Wiesbaden ab, über den Weilbacher Schwefelbrunnen, den ich euch nach Bercka gewünscht hätte. Er liegt einsam, unter hohen Pappeln, mitten im Kornfelde, und strömt aus vier Röhren unendliches Wasser. Dieß wird weit und breit verführt. Keine Badeanstalt ist nicht dabei. Bei Schlossers war ich freundlich empfangen und schön logirt. Ein Brief von Herrn von Müller machte mir viel Vergnügen.

Dienstags, den 13. Ging ich ganz früh durch das Meßgewühl, wo man lauter frohe Gesichter sah. Seit dreißig Jahren war keine solche Messe gewesen. Ein Kaufmann mußte Wache vor seinen Laden stellen. Die Sachsen und Voigtländer sind alles gleich losgeworden. Bestellungen wurden auf halbe Jahre gegeben. Frau Melber, Brentanos, Gerning wurden besucht, die schönen Umgebungen der Stadt beschaut. Abends bei Schlossers.

Mittwoch, den 14. Durch die Messe zu Riese, Madame Stock, Vohs, pp. Im Braunfels, wo die vielen, unübersehlichen Waaren den schönsten Anblick geben. Mittag bei Melbers. Der Doctor Melber ist ein wackrer, thätiger Mann, der sich in eine gute Lage versetzt hat und seiner Mutter alles Liebe erzeigt. Sie fühlt sich sehr glücklich, ist im 81. Jahre munter und thätig. Mineraliensammlungen. SchauspielÜber gestrichenem Wilhelm Tell. Nicht schlecht, aber freudelos. Wilde Thiere, Bereuter; alles hintereinander bis tief in die Nacht.

Donnerstag, den 15. Visiten, bei Bethmann, Nikolaus Schmidt, Städel. Mittag bei Brentano (Franz). Nach Tische herrliche Fahrt um die Stadt, auf den Mühlberg, zu Willemer auf die Mühle. Er war sehr freundlich der Sonnenuntergang unendlich schön. ›Wilhelm Tell‹, nicht ergötzlich.

Freitag, den 16. Bei dem Landschaftsmaler Schütz. Dessen schöne Zeichnungen der Rheingegenden. Altdeutsche Bilder; zu Prinz Bernhard, Fürst Reuß, andre Visiten. Bei Madame Stock zu Mittag. Riese war von der Gesellschaft. ›Titus‹. Löbliche Vorstellung. Bei Brentanos.

Sonnabend, den 17. Bei dem Kunsthändler Silberberg. Treffliche Sachen, aber sehr theuer. Mit Schütz in das Museum. Ein köstlicher Martin Schön daselbst und andres Gute. Eine aus Surinam zurückgekommene, alte Bekannte: Frau Generalin von PanhuysPanheus, geb. von Barkhaus. Bei Herrn von Hügel zu Tische. Boisserée war angekommen, Abends Windischmann; mit beiden bei Schlosser zu Nacht.

Sonntag, den 18. Geschenk des Stammbuchs aller Stammbücher. Ein Baron Burkana, aus Aleppo in Syrien, reist die Kreuz und quer durch Europa und nöthigt alle, die ihm aufstoßen, ihm etwas zu schreiben. Die Zeit seiner Wanderschaft dauert von 1748 bis 1776, wo er in Wien 70 Jahr alt starb. In zwei dicke Octavbände hat man die hinterlassnen Blätter zusammengebunden, die ich mitbringe. Unter manchen unberühmten Namen stehen die berühmtesten: Voltaire und Montesquieu an der Spitze. Übrigens ist auch diese Sammlung wegen der Handschriften verschiedner Nationen und Regionen merkwürdig. Es ist eine große Acquisition. Sah ich die Gemälde-Sammlung des Herren Dr. Grambs, besuchte einige Freunde in den Gärten, fuhr sodann mit Madame Brentano und Städel zu Willemer. Der Tag war höchst schön, der Wirth munter, Mariane wohl. (Das letzte Mal hatten wir sie nicht gesehen.) Dießmal sahen wir die Sonne, auf einem Thürmchen, das Willemer auf dem Mühlberg gebaut hat, untergehn. Die Aussicht ist ganz köstlich.

So viel für dießmal, die Fortsetzung folgt.

Frankfurt, den 21. September 1814.

G.

 

567. Goethe

[Frankfurt, 22. September 1814.]

Nun will ich gleich meine gestrige Relation fortsetzen!

Montag, den 19. Kam Boisserée. Zu Mittag bei Georg Brentano. Sodann nach Rödelheim beim schönsten Wetter. Herrlicher Sonnenuntergang hinter dem Taunusgebirge. ›Braut von Messina‹. Sie gaben sich Mühe; aber sie sind auf solche Stücke nicht eingerichtet.

Dienstag, den 20. Kam Windischmann von Aschaffenburg. Machte verschiedne Visiten. Speiste bei Fürst Reuß. Besuchte Frau Stock, wo ich Frau von Malapert fand und ihre Tochter und Enkel, auch eine Tochter von Crespel. Abends war ich zu Hause mit jenem Stammbuch beschäftigt. Es stehen gewiß über hundert der berühmtesten Personen darin. Le Chevalier d'Eon (ungewiß, ob nicht ein Andrer des Namens). Aber von Gelehrten desto mehr sichre.

Mittwoch, den 21. September. Bei Dr. Grambs, den Rest seiner Gemälde, besonders aber schöne Copien, in Wasserfarbe, berühmter Gemälde. Mit Schelver einige Stunden. Bei Herrn von Bethmann zu Tische. Dessen Familie. Zur Fürstin von Nassau. Bei Baron Hügel. Dessen Fräulein Tochter spielte Händelische Sonaten, die mich an die Bachischen des Badekönigs erinnerten. Zeitig zu Bette.

Donnerstag, den 22. Mit Schelver. Jene gewirkte Tapeten gesehen, die ehmals in Weimar vorgezeigt wurden. Bei meinem alten Freunde Passavant. Zu Frau von Holzhausen, auf ihrem sehr schön gelegnen Gute vor der Stadt. Mittag mit Schlossers. Dann zu Herrn Städel, dessen Gemälde zu sehen. AbendsNach gestrichenem Freitag, den 23. Mit Schelver. Die gewirkt bei Du Fay im Garten.

Freitag, der 23., wird zu einigen Visiten und Besichtigungen genutzt werden. Morgen Sonnabend gehe mit Christian Schlosser nach Heidelberg. Sobald ich zurückkomme, schreibe ich. Und werde mich dann nicht lange aufhalten; denn ich sehne mich denn doch wieder nach Hause. Nun lebet wohl und grüßet alles.

Und so seht ihr denn, daß ich meine Zeit gut angewendet und mich vielfach vergnügt habe. Morgen, Sonnabend, den 24., gehe mit Christian Schlosser nach Heidelberg; sobald ich zurückkomme, schreibe ich; es wäre mir angenehm, etwas von euch zu finden. In diesen Tagen gehen drei Kisten an Herrn Burg[e]meister Sältzer nach Eisenach, 2 mit Mineralien bleiben uneröffnet, bis ich komme: 1. Mit Wein, gezeichnet ⴵ, mag eröffnet und etwas davon genossen werden. Das Schwalbacher Wasser wird auch angekommen sein. Einen wunderlichen Einkauf habe gemacht. Ein tausend Stöpsel der ausgesuchtesten, die sich fanden. Wohlfeiler als bei uns die schlechten. Diese werden überall untergesteckt und sind leicht zu transportiren. An einigen Stücken Cattun und Westen wirds auch nicht fehlen. So viel für dießmal.

[Frankfurt], den 23. September 1814.

Goethe.

 

568. Christiane

Lieber, guter Geheimerath.

Wir wollen Dir nur in größter Eile melden, daß Du uns alle in der besten Gesundheit finden wirst. Aus Deinem Brief haben wir gesehen, daß es Dir recht wohl gegangen ist, und ich freue mich recht sehr, daß ich doch die Ursache war, daß Du wieder einmal in diese Gegend kamst. Und nun, da es zum Winter geht, erwarten wir Dich alle mit größter Sehnsucht. Das Theater hat wieder seinen Anfang genommen, und die Schauspieler wünschen alle nur Deine Zurückkunft; die Engels ist auch wieder zurück und soll den nächsten Sonnabend spielen. Wolff ist recht krank, aber so gut dabei, daß es mir sehr bange vor ihmSo, aber wohl beabsichtigt vor ihn (d. h. für ihn, für seine Gesundheit) ist; sie und er empfehlen sich beide Deiner Gewogenheit, und so das ganze Theater.

Bei diesem schönen Wetter fahren wir oft aus nach Tiefurt, Berka u. s. w. Auch waren wir gestern in Jena und Zwätzen, die Wolff war mit uns; und als wir zurückkamen, fanden wir Deinen lieben Brief. Grüße ja alle Bekannte in Frankfurt von mir. Herr Professor Riemer, welcher bei uns ist, empfiehlt sich auch Deinem gütigen Andenken, so auch Uli.

Karl soll wegen des Zucker und Kaffees nicht vergessen; wenn nämlich der Kaffee nicht mehr als 9 Groschen 6 Pfennige kostet und der Zucker 13 Groschen, so bekomme ich ihn von Citronenfrauen.

So wie ich mich dieses Mal auf Dich freue, läßt sich nicht beschreiben, ich darf mir es gar nicht denken. Nun lebe wohl. Mit Liebe erwarte ich Dich wie immer und bin glücklich.

Weimar, den 26. September 1814.

C. v. Goethe.

 

569. Goethe

[Heidelberg, 28. September 1814.]

Sonnabend, den 24. Um sechs Uhr von Frankfurt ab bei einem frischen Nebel, der den Fluß und sodann auch, aufsteigend und sich verbreitend, die Gegend einhüllte. Wir kamen so nach Darmstadt, der Himmel heiterte sich völlig auf, so daß wir die Bergstraße in ihrem ganzen Glanze genossen. Die Nüsse wurden eben abgeschlagen, die Birnen erwarteten ihre Reife. So ging es von Station zu Station ohne Aufenthalt, bis endlich Weinheim und zuletzt Heidelberg erreicht ward. Den Sonnenuntergang sahen wir noch von der Brücke. Bei Boisserées fand ich das lieblichste Quartier, ein großes Zimmer neben der Gemälde-Sammlung. August wird sich des Sickingischen Hauses erinnern auf dem großen Platze, dem Schloß gegenüber. Hinter welchem der Mond bald herauf kam und zu einem freundlichen Abendessen leuchtete.

Sonntag, den 25. Begann die Betrachtung der alten Meisterwerke des Niederlandes und da muß man bekennen, daß sie wohl eine Wallfahrt werth sind. Ich wünschte, daß alle Freunde sie sähen; besonders habe ich mir Freund Meyer, zu meinem eignen und der Sache Besten, an die Seite gewünscht. Ich darf nicht anfangen, davon zu reden; so viel sage ich nur, daß die beiden Boisserées, mit ihrem Freunde Bertram, das große Verdienst des Sammlens und Erhaltens dieser Kostbarkeiten durch genießbare Aufstellung und einsichtige Unterhaltung erhöhen. Sage Hofrath Meyer: gewisse Phrasen bespotte man in diesem Cirkel wie bei uns. Ich besuchte Paulus, Thibaut und Voß, fand alle drei wohl und munter. Gegen Abend erstiegen wir das Schloß, das Thal erschien in aller seiner Pracht, und die Sonne ging herrlich unter. Der Schein hinter den Vogesen her glüht bis in die Nacht. Ich ging zeitig zu Bette.

Montag, 26. Gestern war van Eyck an der Tagesordnung, heute sein Schüler Hemling. Um diese zu begreifen, werden auch die Vorgänger in Betracht gezogen, und da tritt ein neues Unbegreifliches ein. Doch läßt sich der Gang dieser Kunst auf Begriffe bringen, die aber umständlich zu entwickeln sind. Zugleich machten mir Voß, Thibaut und Paulus Gegenbesuch, der sehr angenehm vor jenen Bildern angenommen und begrüßt werden konnte. Mittags aßen wir zusammen, und ein muntrer junger Arzt, Professor Neef, speiste mit uns. Unter andern erzählte man Geschichten von der Juden Lebenslust und ihrer Freigebigkeit gegen den Arzt. Nach Tische Fortsetzung der Bilder-Beschauung und -Verehrung. Frau von Humboldt mit ihrer Familie war angekommen. Ein Spaziergang mit Boisserée und ein Besuch bei Frau von Humboldt schlossen den Tag.

Dienstag, den 27. Man setzte die Betrachtung nachfolgender Meister fort. Johann Schoreel, zeichnet sich aus, er soll der erste gewesen sein, der aus Italien die Vortheile der transalpinischen Kunst herübergebracht. Seine Arbeiten setzen, in ihrer Art, abermals in Erstaunen. Auf ihn folgt Heemskerk, von welchem viele Bilder, dem Heiligen Mauritius gleich, den Meyer in Weimar, copirt von Frau von Helvig, gesehen. Zwischen alle diese setzt sich Lucas von Leyden hinein, gleichsam abgeschlossen für sich; er sondert sich auf eine eigne Art von seinen Zeitgenossen. Alle diese Bilder sind gut erhalten und meist von großem Format. Oft Altarblätter mit beiden Flügeln. Mittag bei Paulus, mit Voß und Familie. Abends Spaziergang, den Necker hinauf und zurück auf die Brücke.

So viel für dießmal. Ich werde fortfahren, mein Tagebuch zu senden. Theile dieses Blatt Hofrath Meyer mit, schönstens grüßend, sowie alle Nächsten und Freunde.

G.

Raaben fand ich hier, er wird nächstens in Weimar eintreffen.

 

570. Goethe

Heidelberg [1. October 1814]

Mittwoch, den 28. September. Wiederholte Betrachtung der Bilder des Schoreel in Gesellschaft von Johann van Eycks, Heemskerks und Albert Dürers Werken. Sodann ward der große van Eyck, die Anbetung der Könige, mit seinen beiden Flügeln, der Verkündigung und Darstellung im Tempel, zusammen aufgestellt, wozu sie schöne Vorrichtung haben. Diese drei streiten mit einem vierten um den Vorzug, Lukas, der die säugende Mutter Gottes malt. Selbst wenn man sie oft gesehen hat, hält man diese Bilder nicht für möglich. Ich suche mir jetzt den Gang dieser Kunst so gut, als es gehen will, zu vergegenwärtigen; auch bei ihr greift die politische und Kirchengeschichte mächtig ein. Die Besitzer haben die Sache gut studirt und erleichtern die Einsicht auf alle Weise.

Mittags bei Voß mit Paulus, wo es recht vergnüglich herging. Sodann spazieren. Abends bei Frau von Humboldt. Nachts die Geschichte der Meister, die mir bekannt geworden, im Descamps gelesen.

Donnerstag, den 29. September. Byzantinische und Niederländische gräcisirende Bilder. Nach Eyck auf Goldgrund gemalte. Johann van Eycks Altar aus der Ferne gesehen. Quintin Messis. (Miniaturen aus Meßbüchern. Übereinstimmung der älterenNachträglich über der Zeile Zeiten in sich. Ungeheures Element, das kirchliche, worin unzählige Künstler Unterhalt und Gelegenheit finden. Mosaik, SchnitzwerkNach gestrichenem Malerei, Goldschmieds Arbeit, Fresco, Miniatur-Malerei, Stickerei, Teppiche, Fahnen, alles in ganzen Gilden und Brüderschaften. Traditionen der Art, die Characktere und Geschichten vorzustellen, von denen man erst gar nicht abwich, und auch zuletzt immer das Wesentliche beibehielt.)

Bei Thibaut, in großer Männergesellschaft, sehr munter und vergnügt. Unser freundlicher Wirth trank Augusts Gesundheit mit theilnehmender Liebe. Zu Hause, noch einiges gesehen. Zu Paulus, zu Frau von Humboldt, welche sich zur Abreise anschickte. Herrlicher Mondenschein.

Freitag, den 30. September. Spazierte früh erstNach gestrichenem des über die Brücke und zurück, die Sonne bezwang die Nebel. Durch die Stadt, zum Karlsthor hinaus, den Necker aufwärts im Schatten der Felsen. Es war der herrlichste Herbstmorgen. Ein wunderlicher Mann redete mich an, Namens Loos, ein Arzt, wollte Augusten gekannt haben. Ich erfuhr allerlei von ihm. Dann begegnete mirNachträglich über der Zeile Paulus, und nun fing es an, heiß zu werden.

Zu Hause wurden wieder die besten Bilder hervorgerufen, nebeneinander gestellt und verglichen.

Mittags speisten wir bei Herrn Minister von Reihenstein, in sehr angenehmer Gesellschaft; zu Hause discurrirten wir bis gegen Abend. Brachten einige Stunden bei Herrn Domherr von Wambolt zu.

Das Wetter war noch immer schön, obgleich die Hähne schon Morgens gekräht hatten.

Sonnabend, den 1. October, bei einem obgleich windigen, doch heitern Morgen auf das Schloß. Die Anlage des Gartens ist einzig reizendNach gestrichenem P[aradisisch?], wie die Aussicht heiter und reich. Die Gräben, Terrassen, Wälle so hübsch und reinlich angelegt, daß es mit den alten ruinirten Thürnen, Gebäuden und Epheumauren den gefälligsten Contrast macht.

Dann las ich einiges, betrachtete mehrere Bilder, unter andern des Martin Heemskerk, mit Aufmerksamkeit. Von Cöln und den Niederlanden, und was alles dort noch aufbewahrt ist, ward viel gesprochen. Zu Mittag im Hause, mit denen Herrn von Reitzenstein und Thibaut. Die Bilder, die man bisher einzeln betrachtet, waren nun in den drei Zimmern zusammen aufgehängt. Sie überwiegen alle Pracht, die sich der Reichste geben kann. Heute Abend werden mehrere Freunde zusammenkommen. Morgen fahren wir nach Mannheim, ich werde vor allem Lucks besuchen und ins Theater gehen. Davon vernehmt ihr das Weitere. Und nun Adieu.

G.

 

571. Goethe

[Heidelberg, 6. [?] Oktober 1814.]

Sonntag früh, den 2., fuhren wir nach Mannheim. Der starke Nordost konnte uns im Fahrhäuschen nichts anhaben und hatte den Himmel ganz rein gefegt. Die schöne Ebne, in der Ferne von Gebirgen begrenzt, lag klarest vor uns. Ich fuhr mit Boisserée, dem älteren, und wir gelangten gesprächig zum regelmäßigen Mannheim. Zuerst besuchte ich Herrn von Luck, dann Frau von Seckendorf, sah bei Geh. Rath Drais ein schönes Bild. Dann mit Luck in den Schloßgarten, der sehr schöne, freie Ansichten zeigt. Dürre und kalter Wind machten ihn dießmal weniger angenehm. In den Gasthof zu den ›Drei Königen‹ zu Tische, die übrigen Gesellen waren auch angekommen. Gegen Abend zu Herrn von Pfenning, dem Schwiegersohn der Frau von Dalberg, er nahm uns mit ins Schauspiel, wo ein Stück der Frau von Weißenthurn, ›Johann von Friedland‹, uns gewaltig zusetzte. Nach eingenommenen zwei Acten beurlaubten wir uns und fuhren zurück, da wir denn um ein Uhr bei hellem Mondschein glücklich in Heidelberg wieder anlangten.

Montag, den 3., beschauten wir die Zeichnungen des Cölner Doms, es sind deren fast so viele fertig, als zum Werke gehören, und sehr fürtrefflich. Die Probedrucke der radierten sind auch lobenswerth. Vor Tische zu Paulus; die Tochter ist ein gar hübsch Frauenzimmerchen geworden, und scheint noch immer ihre Eigenheiten zu bewahren. Der Sohn, klein für sein Alter, ist ein gar muntrer, neckischer Junge. Wir aßen zusammen zu Hause, umgeben von trefflichen Kunstwerken. Ich besuchte Voß in seiner Burg und fand ihn wie gewöhnlich. Am Abend, oder vielmehr zu Nacht, wurden einige Bilder, die es vorzüglich vertragen, bei Erleuchtung angesehen, da man sich denn über das lebhafte Vortreten derselben verwundern mußte. Alsdann wurden allerlei Geschichten erzählt, wie sich manche Zuschauer betragen, da es denn freilich manches zu lachen gibt. Ich ging zeitig zu Bette. Und las erwachend Thibauts kleine Schrift: ›Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland‹. Sie läßt, mit großer Sachkenntniß, uns tief in die Übel schauen, ohne sehr die Hoffnung zu beleben, daß sie gehoben werden könnten.

Dienstag, den 4., lockte uns der völlig klare Morgen, bei leidlicher Ostluft, aufs Schloß, wo wir des angenehmsten Spaziergangs bei trefflicher Aussicht genossen. Die Gegend sieht Morgens so rein und frisch und sonntäglich aus, daß man nichts Friedlichers denken kann. Darauf betrachteten wir zu Hause die Risse vieler Kirchen, die von der Zeit vor Karl dem Großen bis zum Cölner Dom gebaut worden und meist in Cöln und der Nachbarschaft befindlich sind. Einige leider nunmehr abgetragen. Paulus war bei uns zu Tische. Wir besuchten den Botanischen Garten, fanden die Gärtner beschäftigt, ihre Pflanzen vor dem eindringenden Nord zu flüchten, entdeckten einen Kolben Wälsch-Korn durch den Brand wundersam entstellt: die Körner aufgeschwollen, mit schwarzem Pulver gefüllt. Ich bringe dieß seltsame Exemplar in Spiritus mit. Abends zu Hause, unter mannigfachen Gesprächen über Kunst- und Weltgeschichte, auch manches Moralische und Religiose. – Daß man in Mannheim eurer in Liebe gedacht, will ich nachholen.

Mittwoch, den 5. October. Lockte mich der schönste Sonnenschein früh aufs Schloß, wo ich mich in dem Labyrinth von Ruinen, Terrassen und Garten-Anlagen ergötzte und die heiterste Gegend abermals zu bewundern Gelegenheit hatte. Als ich eben herabsteigen wollte, überraschte mich die Gegenwart des Erbprinzen, den ich sodann zu den Merkwürdigkeiten des Schlosses begleitete. Er besuchte darauf die Sammlung der Boisserées und verließ Heidelberg alsbald. Ein großes Diner von Professoren, Civilbeamten und sonstigen Honorationen im Karlsberg, wozuDavor gestrichen Hof man mich einlud, war sehr anständig und munter; es wurden Gesundheiten genug getrunken, um zuletzt eine allgemeine Munterkeit zu verbreiten. Den Abend brachten wir unter mancherlei Gesprächen hin, und so war auch dieser Tag gut angewendet. – Bemerken muß ich hier, daß Kastanien schon angeschafft worden und, gleich den Stöpseln, in mancherlei Gepäck vertheilt, mit nach Hause geführt werden. Mein Nächstesnächstens berichtet mehr vom Künftigen. Dießmal nur noch ein freundliches Andenken.

G.

 

572. Goethe

[Darmstadt, 10. October 1814.]

Donnerstag, den 6. October. Hatte Boisserée Copien der Originalrisse der vorzüglichsten Thürme und Kirchenvorderseiten an die Wände gesteckt und ging solche mit mir durch, nach den Jahren und Eigenschaften. Gleichfalls waren, zu diesem Zweck, vielerlei Werke und Kupfer zur Hand, an welchen man den Gang der Kunst gleichfalls beobachten konnte. Dieses lehrreiche Studium beschäftigte uns den ganzen Morgen. Graf Hochberg besuchte mich und trug mir einen Gruß an August auf. Zu Tische waren Herr von Wambolt und Justiz-Rath Martin. Nach Tische stiegenÜber gestrichenem gingen wir durch einen nach dem Rheinthale zu gelegnen Garten des Herrn von Smidts, gelangten bis zu den Riesensteinen, welches herabgestürzte, ungeheure Sandsteinblöcke sind. Sahen einen, zwar verhüllten, doch schönen Sonnenuntergang und stiegen herab in das Wohnhaus, welches Frau von Munck gegenwärtig bewohnt, ihr Gemahl ist in Karlsruhe. Sie erinnerte sich sehr freundlich der Gefälligkeit, welche August für sie gehabt, und trug mir Grüße an ihn auf. Abends las ich noch etwas von Thibaut und bewunderte abermals seine Einsichten.

Freitag, den 7. October. Thibauts Arbeit zu Ende gelesen. Mit Boisserée Fortsetzung gestriger architektonischer Betrachtungen. Professor Voß brachte mir die neue Ausgabe des Homers zum Geschenk. Sprach von Griesens Calderon. Zu Professor Thibaut, zu Herrn von Reitzenstein, zu Paulus. Zu Tische waren: Kirchenrath Abegg,      Folgt Lücke für die entfallenen Namen

 

Eine Promenade gegen das Karlsthor dauerte nicht lange, ich studirte zu Hause das Gesehne und Gehörte durch. Dann ward beschlossen, Sonntags von hier ab nach Darmstadt zu gehen. Abends saßen wir abermals in den Bilderzimmern beisammen, beleuchteten einen wundersamen Lukas von Leyden, sodann den größeren Hemling, lasen einige Lebensbeschreibungen der Maler und schieden vergnügt. Es ist gerade Zeit, daß ich von hinnen gehe. Fürs erste Mal ist es genug, nun müßte man wiederNachträglich über der Zeile von vorne zu weiterer Ausführung anfangen.

Sonnabend, den 8. Noch einiges Architektonische. Dann Spaziergang den Necker aufwärts, rechts hinauf zum Wolfsbrunn. Mittag für uns. Dann zu Voß, den ich wegen Beharrlichkeit in seinem Übersetzungswesen bewundern mußte. Zu Paulus, wo eine ganz muntre Zeit verbracht wurde. Zu Hause machte der Frau Amtmann, deren Zimmer ich eigentlich bewohne, Besuch, und hörte recht gut und schön Reichardts Compositionen meiner Lieder singen.

Hofrath Thibaut war später noch bei uns zu einigem warmen Bischof, da denn manches durchgesprochen wurde. Ungern nahm man Abschied von den Zimmern, in denen so viele Schätze augenfällig, andre verhüllt stehen. Sie sind in der Gegenwart so vollkommen, daß man wünschen muß, sie immer wieder zu sehen. Einige lästige Besuche waren abgeleitet worden, aber manches Gute wiederholt, und so war diese Epoche abgeschlossen.

Sonntag, den 9. Früh sechs Uhr von Heidelberg beim schönsten Sonnen-Morgen abgefahren. Bei Weinheim war die Gegend köstlich. In Heppenheim frühstückten wir. In Darmstadt kamen wir gerade zur Table d'Hôte. Nachher spazierte ich mit Schlosser durch die ebne, staubige Stadt. Mancherlei kam zur Sprache. Abends ward der ›Wasserträger‹ gegeben. Das Orchester ist ganz fürtrefflich, die Sänger gut, das Haus geräumig, die Zuschauer still und aufmerksam. Applaudirt wird wenig.

Und nähere ich mich denn immer wieder meinem Ziel, bald bei euch zu sein. Heute, Montag, den 10., besehe ich hier die Museen, gehe an Hof und gedenke morgen in Frankfurt zu sein, wo ich Nachrichten von euch zu finden hoffe, die ich so lange entbehre. Somit lebet wohl. Das Wetter ist sehr schön, aber kalt; doch ist auf der Reise das trockne am wünschenswerthesten. Lebet wohl!

G.

 

573. Goethe

[Frankfurt, 12. Oktober 1814]

Montag, den 10. In Darmstadt. Um acht Uhr aufs Museum, welches im Schlosse errichtet worden. Es hat Herrn Schleiermacher zum Vorsteher, der es gegründet. Es ist merkwürdig wegen der Mannigfaltigkeit seines Inhalts, sowie durch den Werth seiner einzelnen Schätze. Wenn dieser Anlage nach fortgefahren wird, so kann das Schloß zu Darmstadt sich künftig mit dem Schloß von Ambras vergleichen. Herrliche Gyps-Abgüsse hat es vor diesem genannten älteren voraus. Die Pallas Belletri sah ich hier zuerst, dann manches Bekannte, sehr schön gegossen, wieder. Einige Basreliefs von dem Tempel der Pallas zu Athen erfreuten mich höchlich. Ein solches Wunderliche muß man mit Augen gesehen haben. Ein Pferdekopf von den Venetianischen – und was müßte man nicht alles registriren! Von da an möchte wohl aus allen Kunstepochen, bis auf die neuste Zeit, wohl irgend ein Musterstück zu finden sein.

(Siehe die dritte Seite [nächster Brief, S. 345.]

Dienstag, den 11. Wiederholte meinen Besuch auf dem Museum und besah mir noch alle vorzügliche Werke, die ich mir gestern gemerkt hatte. Darauf zu einem Architekten, Moller, der sehr geschickt ist und den Boisserées an ihrem Werke behülflich gewesen. Durch den sonderbarsten Zufall hat dieser den Original-Aufriß desden Cölner Doms entdeckt, wodurch jene Arbeit sehr gefördert und genauer bestimmt wird. Ferner besuchte ich Primavesi, der früher die Aussichten von Heidelberg radirte, nun aber Theater-Maler in Darmstadt ist. Hierauf zu Prinz Christian, der mich freundlich empfing und mich kurz vor meiner Abreise noch besuchte. Sulpiz Boisserée blieb, und ich fuhr mit Schlosser ab. Ein Schaden am Rad hielt uns in Langen auf, doch kamen wir zu rechter Zeit nach Frankfurt, wo uns Frau Schöff Schlosser gar liebreich empfing. Nach einer heitern Abendtafel gings zu Bette. Überhaupt ist mir nicht leicht etwas so glücklich gelungen als diese Heidelberger Expedition, wovon eine umständliche Relation in euren Händen sein wird: denn dieß ist der fünfte Brief, den ich seit dem 28. September absende.

(Supplement zum Montag.) Bei Hofe war ich zu Tafel, die Großherzogin sehr freundlich und früherer Zeiten eingedenk. Der Großherzog speist nicht mit, weil er am Fuße leidet. Ihm wartete ich in seinem Zimmer auf, wo er sich nach allem, was ihm in Weimar lieb und werth ist, erkundigte. Wenn August Gelegenheit findet, Durchlaucht der Herzogin von den hiesigen Herrschaften, auch von Prinz Christian, das Beste zu sagen, so soll ers nicht versäumen. Auch nach Frau von Wedel und Stein ward gefragt und Herrn von Einsiedel, und mir viele Empfehlungen aufgetragen.

(Nun geht es wieder nach Frankfurt.)

Mittwoch, den 12. Gestern Abend fand ich euren Brief. Ihr sagt mir in Eil, daß ihr euch sehr wohl befindet, das ist freilich besser, als wenn ihr mit vielen Worten von einem schlechten Zustand Nachricht gäbet; doch hätte etwas mehr auch nicht geschadet. Heute besucht ich Gerning, dann Frau Melber, Mittag speiste Herr von Buchholtz mit uns. Nach Tische ging ich in eine Kupferstich-Auction und kaufte für einen Kronenthaler sehr schöne Sachen. Abend zu Frau Geheimeräthin Willemer: denn dieser unser würdiger Freund ist nunmehr in forma verheirathet. Sie ist so freundlich und gut wie vormals. Er war nicht zu Hause. Mit Schlossern ging ich sodann auf die Brücke und an der Schönen Aussicht hin; und nun bin ich zu Hause, erwartend, was morgen kommen wird. Jetzt lebet wohl. Nächstens erfahrt ihr, wie lange meines Bleibens hier sein wird. Grüßet Wolffs und pflegt ihn aufs beste.

G.

 

574. Goethe

Donnerstag, den 13. Spazieren mit Schlosser auf die Brücke, in die Leonhardkirche, wo noch alterthümliche Architektur von Zeiten Karl des Großen befindlich. Zu Demoiselle Servière, in den Brönnerischen Buchladen, welcher mit viel Geschmack und Eleganz angelegt ist. Zu Herrn Staatsrath Molitor. Zu Herrn von Schellersheim. Es ist der bekannte Deutsche, der sich so lange in Florenz aufhielt und auf geschnittne Steine, Goldmünzen und Antiquitäten von edlem Metall sammelt. Wir sahen eine silberne Statue, nicht gar 3 Zoll hoch, aus römischer Zeit, einen Ziegenhirten vorstellend, man kann nichts Artigers sehen. Von den Gemmen bringe ich Abdrücke mit. Bei Frau Brentano-Birkenstock zu Tische. Spazieren gefahren. Herrlicher Sonnenuntergang. Wir fuhren zumzu Bockenheimer Thor hinaus, über den Gärten rechts herum nach Bornheim. Abends bei Herrn von Hügel. Die Fräulein spielte Händelische Sonaten und Ouvertüren. Am Familien-Tisch, mancherlei Gespräche über Vergangnes und manche gegenwärtige und nächste Verhältnisse.

Freitag, den 14. Zu Herrn von Schellersheim, um die Gemmen und Münzen weiter zu betrachten. Er hat ganz köstliche Dinge, wovon wir die Abdrücke genommen. Dann zu Geh. Rath Willemer. Nur Frau Städel war bei Tische, Schlosser, ich und das junge Ehpaar. Wir waren sehr lustig und blieben lange beisammen, so daß ich von diesem Tage keine weitere Begebenheiten zu erzählen habe.

Sonnabend, den 15. Ging ich zu Frau Stock, wo über die bevorstehenden Feierlichkeiten gesprochen wurde. Dann durch die Stadt, begegnete Riesen, mit dem ich die Anstalten der Gerüste besah, die man zur Illumination aufführt. Vor dem Fahrthor fand ich mich mit Schlosser zusammen; wir fuhren über, zu Herrn Salzwedel, dessen Mineralien-Sammlung wir besahen. Sie enthält köstliche Exemplare, allein die vielen Kriegsstürme haben dem Besitzer die Lust daran verkümmert. Mittags mit der Familie, dann zu Herrn Städel, der uns Zeichnungen wies. Unschätzbare Dinge. Über drei Dutzend Guercin, eins immer besser gedacht und ausgeführt als das andre. Federzeichnungen. Ein Original Mantegna, Rothstein. Von CambiasoCambiagi allerliebste Sachen. Einen Julius Roman, der ihn ganz charakterisirt, fast das Wundersamste, was ich von ihm gesehen habe. Vielleicht ists möglich, eine Durchzeichnung davon zu erlangen. Noch andere treffliche Sachen, doch unter falschem Namen.

Zu Madame Brentano. Frauenzimmer-Sitzung wegen der Nationaltracht. Wir empfahlen uns bald, um nicht nach solchen Geheimnissen lüstern zu scheinen. Solltet ihr auch eingeladen werden, euch von außen zu nationalisiren, so bedenkt, daß einige englische Cattune mitkommen, welche, obgleich fremder Stoff, doch gar gut kleiden. Ferner ist auch für Nähnadeln gesorgt, von der größten Brauchbarkeit. Kastanien sind aufgehäuft, daß Karl nicht mehr weiß wo mit hin.

Und so geht es mir fast auch mit allem, was ich gesehen, und mit den vielen Menschen, die mir vorgekommen. Ich wünsche uns nur einen ruhigen Winter, daß ich erzählen und mittheilen kann. Meine Briefe hebt wohl auf, denn seit Heidelberg habe ich mein Calender-Tagebuch ausgesetzt.

Nun muß ich auch von der Schlosserischen Familie erzählen! Die Frau Schöff ist wohl und im Hause immerfort thätig, im Umgang sehr verständig, klug und einsichtig; auch sie hat diese Jahre her unendlich ausgestanden, ihre Ruhe und Gleichmuth ist musterhaft. Der ältere Sohn ist nach Wien mit seiner Frau. Er reiste denselben Tag, als wir nach Heidelberg gingen, und ist glücklich dort angekommen. Mit Christian komme ich sehr gut zurecht, er ist liebevoll und thätig, kennt die Stadt und die Verhältnisse; dadurch wird er mir sehr nützlich, indem ich mich mit meinem Betragen darnach richten kann. Auch besitzt nicht leicht jemand hier so viel Wissen, so viel Kunstkenntniß und Liebe. Sein guter Wille gegen mich ist vollkommen. Und da jeder Mensch doch in allen Hauptpuncten für sich selbst sorgen muß, so mische ich mich weder in seine innre Angelegenheiten, noch in das, was andre Menschen besonders betrifft. Die allgemeinen Gesellschafts-Verhältnisse sind für mich deßhalb höchst angenehm. Dieses schreibe Sonntags. Ein nächstes Blatt wird die Begebenheiten dieses Tags berichten.

Sonntag, den 16. [October 1814,] Frankfurt.

G.

 

575. Goethe

[Frankfurt, 20. October 1814]

Sonntag, den 16., besuchte mich Gerning, manches beredend. Sodann ging ich mit Schlosser auf den Katharinen-Thurn. Der Land-Sturm zu Roß und Fuß zog, vom Exerciren, die Gallengasse herein und stellte sich auf der Zeil. Ich bedauerte, daß die gute Mutter nicht auch das von ihrem Fenster aus mit anschaute. Angekündigt war eine Gemälde-Ausstellung zur Auction. Daselbst fanden wir Portraits, in Cassel erbeutet, in Coblenz verkauft, sämmtlich von Gérard (vielleicht dessen nächsten Schülern als Mitwirkern): Napoleon, Josephine, König und Königin von Spanien und Westphalen, alle weiland; aber trefflich gemalt. Besonders Sammt, Seide, Stickerei und Passament über alle Begriffe. Mich besuchte Herr Willms, ehmals unser, jetzt noch Souffleur des hiesigen Theaters. In guten Umständen, sogar Kunstliebhaber und Kupferstichsammler. Zu Herrn Geh. Rath Guaita zu Tische, Meline die Hausfrau, die ganze Familie beisammen. Fröhliche Tafel. Alle sprechen, wie sie denken, und sind gutes Muths. Englische und französche Caricaturen. Später nochmals zu Guaita. Vermehrte Gesellschaft.

MontagÜber gestrichenem Sonnabend, den 17. Um acht Uhr zu Schütz, wo wir die Bilder alter deutscher Kunst, wie sie aus den aufgehobnen Klöstern genommen worden, abermals betrachteten. Freilich konnten wir sie besser schätzen und beurtheilen, nachdem wir die Sammlung in Heidelberg so wohl studirt hatten. Wir beschäftigten uns damit bis gegen zwölf Uhr, da wir denn zu Brentanos gingen, dort zu speisen. Madame Jordis, welche von Paris zurückgekommen, war auch daselbst. Nach Tische fuhren wir nach Offenbach, wo wir zuerst in dem Metzlerischen Garten eine Strelitzia ReginäAus Reginae mit vielen Blumen blühend fanden, zwar nicht in der ersten Schönheit, doch immer interessant genug, ferner andre bedeutende, wohlerhaltne Pflanzen. Von da zu Herrn Meyer, seine Sammlung inländischer Vögel zu beschauen, die sehr schön aufgestellt und merkwürdig ist. Dann fuhren wir zurück und gelangten, unter dem Geläute aller Glocken, die das morgende Fest verkündigten, nach Hause. Zu Herrn von Hügel zum Thee.

Die Feierlichkeiten von Dienstag und Mittwochund Mittwoch über der Zeile nachgetragen vermelden euch vorläufig die Zeitungen, sie waren sehr glänzend. Heute, Donnerstag, den 20., gehe nach Hanau und bin Dienstag oder Mittwoch, wills Gott, in Weimar. Ich freue mich sehr, euch wiederzusehen. Es ist der Außenwelt nun genug, wir wollen es nun wieder im Innern versuchen. Lebt wohl und liebt!

G.

 

[Beilage]

Publicandum.

Die Feier des Jahrestags des ewig denkwürdigen Sieges bei Leipzig, welchem Deutschland seine Befreiung verdankt, ist der gerechte Wunsch Eines Hochedlen Raths und gesammter Löblichen Bürgerschaft.

Je mehr Ein Hochedler Rath von der Allgemeinheit dieses Wunsches überzeugt ist, desto vertrauensvoller erwartet Hochderselbe von sämmtlichen hiesigen Bürgern und Einwohnern, daß jeder aus allen Kräften dazu mitwirken werde, daß nichts die Würde dieses Festes störe.

Damit aber das Ganze nach einer bestimmten Ordnung und im Zusammenhange vor sich gehe, wird Folgendes zur allgemeinen Kenntniß gebracht:

Beschreibung
der am 18. und 19. October 1814 zum Jahres Gedächtniß der Schlacht bei Leipzig Statt habenden Feierlichkeiten.

§ 1.

Das in ganz Deutschland gefeiert werdende Fest wird am 17. October in der Abendstunde von 5 bis 6 Uhr, durch das Läuten aller Glocken in der Stadt und auf den Dorfschaften angekündigt, welches am 18. Morgens von 6 bis 7 Uhr wiederholt wird.

§ 2.

Der 18. October ist theils religiöser Feiertag, theils Volksfest.

Die religiöse Feier dauert bis 5 Uhr Nachmittags, von wo an sich das Publicum der Freude auf eine Weise überläßt, welche dem Dankgefühl gegen den Allmächtigen und der unmittelbar vorangegangenen religiösen Feier angemessen ist.

§ 3.

Während der religiösen Feier müssen alle Läden, Gewölbe und Werkstätten geschlossen sein.

§ 4.

Um zehn Uhr Vormittags wird in allen christlichen Kirchen Gottesdienst gehalten. Der Rath verfügt sich in Corpore unter dem gewöhnlichen Kirchen-Geläute in die St. Katharinen-Kirche, allwo der Bürger-Ausschuß sich ebenfalls einfindet, und sodann feierlicher Gottesdienst gehalten wird, zu welchem eigne Texte und ein eignes Dankgebet gedruckt sind.

Nach dem Gottesdienst wird in allen Kirchen ein feierliches Te Deum angestimmt – so wie feierliche Gebete in der Synagoge der israelitischen Gemeinde verordnet sind.

§ 5.

Während des Gottesdienstes in der Hauptkirche wird die gewöhnliche Sammlung für die Armen eingestellt, dagegen nach der Kirche an allen Ausgängen Becken ausgesetzt.

Das darin gesammelte Geld ist den Armen, vorzüglich aber den bei der Leipziger Schlacht Verwundeten und den Wittwen und Waisen gefallener Sieger gewidmet.

Gleichen Zweck hat die Sammlung in den andern christlichen Kirchen und in der Synagoge der israelitischen Gemeinde, so wie alle an diesem Tag gemacht werdende öffentliche Sammlungen.

§ 6.

Während der Vormittägigen Feier werden 101 Kanonenschüsse gelöst.

§ 7.

Die dahier befindlichen Kranken und Verwundeten in den Militärhospitälern, so wie alle Gefangene werden an diesem Mittag gespeist.

§ 8.

Von 3 bis 4 Uhr Nachmittags, als der Stunde, wo die Allerhöchsten Verbündeten die Nachricht des entscheidenden Sieges erhielten, wird von den drei Hauptthürmen der St. Katharinen-, St. Nikolai- und Dom-Kirche nach den vier Richtungen jedes dieser Thürme die Melodie eigends hierzu gedruckter Danklieder mit vollständiger, aus blasenden Instrumenten bestehender, Musik angestimmt.

Auf dem Römerberg, dem Paradeplatz, dem freien Platz vorm Leinwandshaus, und an dem Einigkeitsbrunnen, so wie zu Sachsenhausen werden sich die Schullehrer mit ihren Schulkindern versammeln, um diese Lieder ebenfalls feierlich anzustimmen.

Dasselbe geschieht in den Dorfschaften auf den Gemeindeplätzen.

Bei allenfalls ungünstiger Witterung hat dieses in den Kirchen zu geschehen.

§ 9.

Von 4 bis 5 Uhr wird mit allen Glocken, zum Schluß der religiösen Feier, geläutet.

§ 10.

Das Bockenheimer-, St. Gallen-, Allerheiligen- und Affenthor sind am 18. October wegen der an diesem Abend Statt habenden Beleuchtung der Wartthürme bis Mitternacht ein- und auslaßfrei offen. NB. Der Feldberg, der Melibocus und andre sind mit Feuern gekrönt.

§ 11

Am 19. October Abends 7 Uhr wird die ganze Stadt, alle öffentliche Gebäude, Plätze, die Brücke und die Stadtthürme bis Mitternacht erleuchtet.

Vor dem Römer wird ein, der Feier des Tags entsprechendes Transparent aufgestellt, welches die Dankgefühle, wovon hiesige Stadt gegen die Allerhöchsten Verbündeten für die wiedergeschenkte Freiheit durchdrungen ist, an den Tag legt.

An einem vor diesem Transparent aufgestellten Altare, so wie an mehreren öffentlichen Plätzen werden Sammlungen zu dem oben § 5 erwähnten Zwecke veranstaltet.

§ 12

Von dem St. Nicolai-Thurme aus wird, während der Beleuchtung, in Zwischenräumen feierliche Musik gemacht.

Wenn Ein Hochedler Rath durch diese Verordnungen Seinen eignen Gefühlen sowohl, als den Wünschen Löblicher Bürgerschaft entsprochen zu haben glaubt, so erwartet Hochderselbe dagegen von den bekannten biedern Gesinnungen Seiner Mitbürger, so wie aller hiesiger Einwohner, daß dieselbe die Feier des religiösen Theils dieses Festes durch reine Gottesverehrung und Dank gegen die alles leitende Vorsehung würdig begehen, während der, der öffentlichen allgemeinen Freude gewidmeten Zeit aber durch Ordnung und sittliches Betragen sich auszeichnen und im Wohlthun wetteifern werden.

Frankfurt am Main, den 13. October 1814.

Stadt-Canzlei.

Dieses so nahestehende Fest hier mit zu feiern, wird mir viel Vergnügen machen. Möge das weimarsche auch fröhlich ausfallen.

G.

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