Johann Wolfgang von Goethe
Briefwechsel mit seiner Frau. Band 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1809

437. Goethe

Ich muß Dir, mein liebes Kind, nur selbst Nachricht geben, daß mir meine Fahrt nicht sonderlich bekommen ist, damit Du es nicht etwa von andern erfährst und Dir die Sache schlimmer vorstellst. Schon vier Wochen, wie leicht zu bemerken war, befinde ich mich nicht sonderlich wohl, und in den letzten Tagen habe ich mich mehr als billig angegriffen. Ich dachte, hier zu mehr Gemüths- und körperlicher Ruhe zu kommen, mich zu pflegen und mit Starken zu unterhandeln. Leider griff mich das Übel schon den ersten Abend an, das ich unterwegs beim fahren schon empfand. Leider war Stark, der Onkel, und auch der Neffe nicht hier; doch sah ich mich für die Nacht vor mit allerlei Salben und Balsamen und bin noch so ganz erträglich durchgekommen. Ich bin auch heute schon wieder auf und will mich diät und ruhig halten. Mache Dir also keine Sorge und komme nicht etwa herüber, denn ich wüßte nicht, wo ich Dich unterbringen sollte. Major von Hendrich und von Knebel sind mir zur freundlichen Gesellschaft. Mit den dienstägigen Boten erfährst Du, wie es mir weiter gegangen ist. Ich hoffe, es soll nichts zu sagen haben, weil ich nun aufmerksam bin. Hätte ich früher dazu gethan, so hätte ich diesen Anfall wohl auch übergehen können. Nun wollen wir desto sorgfältiger sein, und meine hiesige Stille wird alles wieder ins Gleiche bringen. Lebe recht wohl und dictire unserer schönen Freundin ein weitläuftigeres Blättchen, als Du selbst zu schreiben pflegst. Ich höre, Du hast Nachrichten von August. Theile sie mir mit. Hiebei folgt auch sein Brief, den ich unter meinen Papieren gefunden habe. Er wird Dir gewiß viel Freude machen. Lebe wohl und mache Deine Einrichtung und gedenke mein.

Jena, den 30. April 1809.

G.

 

438. Goethe

Mit den heutigen Boten kann ich Dir, mein liebes Kind, versichern, daß es mir verhältnißmäßig ganz leidlich geht. Ich bin schon wieder spazieren gegangen und befinde mich auf dem Cabinet, wo man einheizen kann, gar vergnüglich. Major von Knebel und Hendrich sind den ganzen Tag wechselsweise in meiner Nähe. Die gegenwärtigen Zeitläufte geben viel zu sprechen, und wenn ich auch nicht viel zu sagen habe, so habe ich doch viel zu hören. In meinen Geschäften und Arbeiten hole ich das Versäumte nach und will mich einrichten, eine Zeit lang hier zu bleiben, weil ich, ohngeachtet mancher Unbequemlichkeit, doch hier eine Gemüthsruhe habe, zu der ich in Weimar nicht kommen kann. Ich bin noch nirgends hingekommen. Die gute Knebeln hat ihr Zahneinsetzen zu lustig genommen, weil es immer eine Art von Wunde oder Inoculation ist, wie man will. Sie hat einen Fluß bekommen in das Gesicht, an den ganzen Kopf, woran sie viel gelitten hat.

Die Freundinnen aus der Nachbarschaft haben mir indessen sehr köstlichen Spargel und gute Prunellen zugesendet, und ich hoffe, es soll von nun an recht gut gehen. Herr Geheime Hofrath Stark besucht mich täglich und nimmt sich meiner mit vieler Sorgfalt an.

Ich schicke Dir einen Kasten mit schönen Äpfeln. Die oben aufgebundenen Pflanzen laß in den Rabatten vertheilen und an Stäbchen anbinden. Sonst wüßte ich nichts zu sagen, als daß ich Dir wohl zu leben wünsche, und wünsche, etwas Ausführliches von Dir zu hören. Von den Äpfeln wirst Du mit meinen schönsten Grüßen etwas in der Nachbarschaft abgeben.

Jena, den 2. Mai 1809.

G.

 

439. Goethe

Da ein Expresser nach Weimar geht, so will ich Dir mit wenigen Worten sagen, daß ich mich ganz hübsch befinde. Da das Übel einmal sein sollte, so ist es mir sehr tröstlich, den Geheimen Hofrath Stark in der Nähe zu haben, welcher mir große Sorgfalt beweist. Der Hauptfehler war, daß ich in den letzten vier Wochen, da ich das Übel kommen sah, nicht öfters kleine Dosen Karlsbader Salz oder dergleichen genommen habe. Man macht sich freilich, insofern es nur einigermaßen möglich, bald von aller Arznei los.

Die Äpfel, die ich Dir geschickt habe, werden Dir Vergnügen gemacht haben. Heute Abend hoffe ich von Dir zu hören. Lebe recht wohl und gedenke mein.

Jena, den 3. Mai 1809.

G.

 

440. Goethe

Du hast inzwischen durch einen Expressen wohl von mir einen Brief erhalten. Ich kann heute nicht viel sagen, als daß es mir ganz leidlich geht. Du weißt, wie es nach solchen Anfällen ist. Man muß sich nur in Acht nehmen, daß man sich nicht gleich wieder für ganz gesund hält, und daß man nicht verdrüßlich wird, wenn es mit Geschäften und Arbeiten nicht gleich fort will.

Unser Tisch ist leider nicht der beste; indessen sorgen die Freundinnen für mich, und so will ich mich nicht beklagen.

Hier schicke ich etwas Weniges Samen. Laß ihn gleich auf eine schattige Stelle säen, die Stelle aber wohl bezeichnen.

Erkundige Dich doch, wie es mit ›Hamlet‹ steht. Ja, Du könntest Genasten kommen lassen und ihm sagen, daß es mir unmöglich sei, die nächste Woche nach Weimar zu kommen. Mittwoch könnte allenfalls ›Egmont‹ gegeben werden; sie waren ja schon darauf vorbereitet. Wie ist ›Herr Lorenz Stark‹ abgelaufen? und was gibt es sonst gutes Neues?

Wegen der Kriegsgeschichten laß Dir gar nicht bange machen. Die Menschen müssen nun einmal Angst haben und machen sich Spaß, den andern Angst zu machen. Das Kriegstheater entfernt sich immer mehr von uns, und es ist höchst wahrscheinlich, daß ich in einigen Wochen nach Karlsbad gehen kann. Denke der Sache von Deiner Seite nach; sprich aber mit niemand darüber. Ich habe schon mit Karln die Sache beredt: wir wollen uns des Herrn von Hendrichs Koffer ausbitten und so wenig an Wäsche und andern Dingen mitnehmen als möglich. Ich werde unsern Wagen und Extrapost nehmen müssen.

Lebe recht wohl und schreibe mir nicht zu kurz.

Jena, den 5. Mai 1809.

G.

 

441. Goethe

Du erhältst heute, mein liebes Kind, ein großes Packet und wirst die einzelnen Theile desselben aufs beste besorgen. Die Packete an Herrn Genast und Frau von Stein sendest Du gleich fort; das an Herrn Cotta bleibt bei Dir liegen. Er kommt wahrscheinlicher Weise auch schon an dem Morgen an, da Du Gegenwärtiges erhältst, wie er mir von Leipzig aus geschrieben hat. Es thut mir sehr leid, daß ich ihn nicht sprechen kann; aber es ist mir jetzt ganz unmöglich, nach Weimar zu gehen. Ich erhole mich kaum von dem bösen, krankhaften Überfall und betreibe meine nothwendigsten Arbeiten kaum nothdürftig. Ob ich nach Karlsbad komme, wird täglich zweifelhafter, und ich habe mehr als Eine Ursache, mich in Acht zu nehmen. Hier tröstet mich noch die Gegenwart des Geheimen Hofrath Stark, der sich treulich meiner annimmt, und in der Ruhe und Einsamkeit kann ich mich allenfalls erholen. Auch habe ich mich eingerichtet, so daß ich trotz allen Übeln nicht ganz unthätig bin. Der Druck an der Farbenlehre geht fort, und ich habe Hoffnung zu andern guten Dingen. Ich habe deßwegen Genast geschrieben, man möchte ›Hamlet‹ auf Mittwoch, den 17., ansetzen. Kann ich Dienstag zur Hauptprobe kommen, so will ich nicht fehlen. Fühle ich mich aber nicht, wie ich sein sollte, so kann diese erste Aufführung ja wohl auch ohne mich geschehen. Dieß ist nicht ein Stück für einmal, und ich kann bei Wiederholung desselben noch immer einwirken. Grüße Wolffs und so auch die theatralischen Nachbarn und schreibe mir Deine Gedanken.

Laß Dir an den schönen Tagen wohl sein. Sie werden nicht besser kommen; und wenn Du Dich leidlich befindest, so sieh ja immer gute Freunde und Personen, denen Du was Artiges erzeigen willst. Es ist hierzu die beste Jahrszeit. Wenn Du manchmal des Abends lange Weile hast, so laß Dichs nicht verdrießen. Solltest Du 14 Tage in Jena zubringen, so würdest Du umkommen: denn wie kummervoll sich hier die Familien und Gesellschaften behelfen müssen, um nur eine Art von Unterhaltung zu haben, davon kannst Du Dir keinen Begriff machen.

Mir hingegen ist es für den Augenblick ein höchst glücklicher Aufenthalt. Wäre ich klug gewesen, so hätte ich dem letzten Anfall ausweichen können; aber von nun an hab ich mir auch vorgesetzt, mich durch nichts Äußeres so leicht wieder auf ein Letztes treiben zu lassen.

Jetzt lebe recht wohl und grüße Carolinchen und ersuche sie, daß sie mir, indem Du dictirst, recht viel schreibt. Nächsten Sonnabend, oder wenn Dein Bruder wieder hinübergeht, erfährst Du mehr von mir. Keine Sorge brauchst Du nicht für mich zu haben. Unser Essen ist ganz leidlich, und die Freundinnen helfen mit Spargel und andern guten Dingen nach. Lebe recht wohl und sei nicht karg mit Weimarischen Nachrichten.

Die beiden beigelegten Briefe laß nur heute Abend auf die Post geben.

Jena, den 9. Mai 1809.

G.

Vielleicht sprichst Du Herrn Cotta; so grüß ihn von mir zum schönsten.

 

442. Goethe

Für Deinen ausführlichen Brief danke ich Dir zum allerschönsten. Sende mir ja einen ähnlichen alle Boten-Tage. Ich will dagegen auch von mir etwas umständlich vernehmen lassen. Du kannst nichts Bessers thun, als Dich des Gartens mit Freunden zu erfreuen. Grüße alles, was Dich umgibt, zum schönsten. Man kann mir nichts Angenehmers erzeigen, als wenn es möglich gemacht wird, daß der ›Hamlet‹ dießmal ohne mein weiteres Zuthun glücklich zu Stande kommt. Ich fühle erst, wie nothwendig ich es habe, mich von einem so langen und verdrüßlichen Winter zu erholen und mich noch überdieß von einem neuen, unerwarteten Anfall herzustellen. Doch wird es wohl gehen, wenn ich mich eine Zeit lang im Stillen pflegen kann. Ich schreibe Dir dieß im botanischen Garten, wo ich mir eine Art von zweiter Wohnung aufgeschlagen habe und mich ganz vergnüglich befinde. Lebe recht wohl, grüße alles. Nächstens mehr.

Jena, den 10. Mai 1809.

G.

 

443. Goethe

Jena, den 12. Mai 1809.

Da Riemer wegen eines starken Schnupfens heut in seinem Quartiere bleibt, so sage ich Dir nur kürzlich und eigenhändig, daß es mir ganz wohl geht. Freilich muß ich mich in Acht nehmen. Indessen geht mir, was ich arbeite, gut von Statten, und mehr bedarf ich nicht. Wenn ich noch einige Zeit hier bin, soll der Roman, hoffe ich, zum Druck befördert sein. Denn ich lasse ihn hier drucken, und es soll damit, wie mit einigen andern Dingen, rasch gehen. Worüber Du Dich erfreuen wirst. Sage mir, wie Dirs geht. Grüße alles; und insofern Du es vermagst, so trage dazu bei, daß ich ruhig hier bleiben kann. Lebe recht wohl.

G.

*

 

 

 

*

444. Goethe

Ich schicke Dir, mein liebes Kind, einen Kasten, eine Schachtel, einen Topf, das alles lässest Du in die Rabatten pflanzen. Der Pflanze im Topf lässest Du gleich eine hübsche Stange geben, denn sie geht hoch. Mir geht es ganz leidlich. Das Beste ist, daß ich etwas thun kann. Heute kommt der Herzog. Das gibt einen Stillstand in unsern Arbeiten, der mir aber doch in mehr als Einem Sinne erfreulich ist. Lebe wohl. Schicke mir die Bücher, die ich wünschte, oder bringe mir sie mit. Ihr kommt doch Sonntag?

[Jena,] den 26. Mai 1809.

G.

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*

445. Goethe

Du wirst nun wohl Herrn Kaaz bei Dir einlogirt haben, und was das häusliche Behagen betrifft, wird er meine Abwesenheit nicht bemerken. Ich schreibe ihm selbst und Hofrath Meyern zu gleicher Zeit, und ich bin überzeugt, daß seine Ausstellung, und was er sonst wünscht, gleichfalls gut gerathen werde. Ich werde mit Vergnügen davon durch die rückkehrenden Boten und mehr noch künftigen Sonnabend belehrt werden. Wende alles, was Du kannst, die nächsten acht Tage von mir ab: denn ich bin gerade jetzt in der Arbeit so begriffen, wie ich sie seit einem Jahre nicht habe anfassen können. Würde ich jetzo gestört, so wäre alles für mich verloren, was ich ganz nahe vor mir sehe, und was in kurzer Zeit zu erreichen ist. Wie gesagt, mein Kind, laß nur die nächsten acht Tage nichts an mich heran, was abzuhalten ist. Alle Geschäfte sind ja ohnehin im Gange. Dagegen wollen wir auch an euch denken und euch von Zeit zu Zeit einen Fisch und ein gut Stück Wildpret schicken, damit ihr es in gutem Frieden genießet und euch weiter nichts anfechten lasset.

Solltest Du noch etwas von Pflanzen brauchen, so schreibe es mir. Grüße die kleine Gesellschaft, die Dich neulich begleitete. So viel ich bemerken kann, haben sie einen guten Eindruck zurückgelassen. Weiter wüßte ich nichts zu sagen, als daß ich Dir wohl zu leben wünsche.

Jena, den 30. Mai 1809.

Goethe.

 

446. Goethe

Jena, den 2. Juni 1809.

Heute weiß ich Dir, mein liebes Kind, wenig zu sagen. Gestern ist Frau von Stein, Frau von Seebach und Fräulein Bose hier gewesen, und wir haben bei Knebels zusammen gespeist. Meine Arbeiten gehen ganz ordentlich fort, und ich denke in vierzehn Tagen ziemlich weit zu sein. Schreibe mir, wie Dirs mit Deinem Gaste geht, ob er vergnügt und fleißig ist. Er soll mir von Zeit zu Zeit etwas von sich sagen. Ich bin voller Verlangen, seine Sachen zu sehen, und werde mich einrichten, sie nicht zu versäumen. Du hast mir allerlei Papiere geschickt, aber kein Conceptpapier; es liegt in demselbigen Schränkchen, aber ganz unter den andern. Es ist ziemlich grau, und Du wirst es leicht unterscheiden können. Ich schicke Gegenwärtiges durch Sprung, der uns den ›Hamlet‹ ankündigt. Vielleicht siehst Du Besuch von Jena. Ich bin recht neugierig, wie er zum zweiten Male geht. Passe wohl auf und schreibe mir darüber. Lebe recht wohl.

G.

 

447.

Ich schicke Dir, mein liebes Kind, durch die Freunde noch einen Gruß und will einiges nachbringen, was ich gestern versäumte.

Was die neuen Bauanlagen in der Ackerwand betrifft, so ist der Vorschlag der: Durchlaucht der Herzog geben fünf Bauplätze, umsonst, an fünf Baulustige, doch mit der Bedingung, daß die Häuser in zwei bis drei Jahren bewohnbar seien. Wer anno 1812 den ersten Januar das Haus nicht fertig hat, verliert sein Recht darauf: es wird an den Meistbietenden verkauft, und er zwar entschädigt, aber der neue Besitzer muß sich engagiren, im Laufe des gedachten Jahrs den Bau zu vollenden.

Aufs Bauen werden wir uns in der Welt wohl nicht mehr einlassen, und wir müssen also abwarten, ob noch etwas aus der Sache wird, und was wir für Nachbarn kriegen. Das Schlimmste ist, daß es aussieht, als wenn sie die Linie der Koppenfelsischen Scheune halten wollten, welches ich abzulehnen suchen werde. Das Beigeschlossene schicke ja gleich an Herrn von Müffling. Sage aber niemand weiter von dem, was ich Dir hier mittheile.

Gib etwa Überbringern mündlich Aufklärung, wie es mit meinem rothen Wein aussieht, und ob Du Dich nicht etwa vergriffen hast. Denn der an mich geschickte, rothgesiegelte ist viel dunkler als der sonstige und will mir gar nicht behagen.Ich habe mir einige Flaschen von den hiesigen Freunden geborgt.

Kein Fisch kann heute mitkommen; doch hat man mir einen auf den Dienstag versprochen. Lebe recht wohl und grüße Herrn Kaaz und die Freunde zum schönsten, und seid gesund und vergnügt.

Jena, den 3. Juni 1809.

G.

 

448. Goethe

Es geht mir noch immer vor wie nach. Ich habe mich über nichts zu beklagen, als etwa, daß das Essen nicht immer das erfreulichste ist. Die Freundinnen thun noch immer mit Spargel und sonst noch das Beste.

Werner war einen Tag bei uns. Ich habe ihn Morgens bei mir und Abends bei Frommanns gesehen, bin ihm freundlich und gut begegnet, so daß er von dieser Seite auch ganz heiter abscheiden konnte. Er las eine Art von Ballade, eine dreifache Heirath schildernd, vor, die ihm vielen Beifall erwarb.

Mit den Bauplätzen im Welschen Garten wollen wir uns nicht abgeben. So viel kann ich Dir zum Troste sagen, daß die Häuser weit hinein gerückt werden, und uns eine nahe Nachbarschaft künftig nicht zur Last fällt. Auch ist meine alte und neue Gesinnung, den untern Garten für uns und besonders für August zu erhalten. Es müßten denn günstige Umstände eintreten, die wir jetzt nicht voraussehen können.

In einem langen Kasten erhältst Du vierundzwanzig Diptampflanzen. Laß sie gleich im Garten herum setzen, wo sie noch anzubringen sind: denn Deine Rabatten sind wohl schon voll genug. Alles Neugepflanzte muß bei der jetzigen Witterung fleißig begossen werden.

Ich hoffe, bis diesen Abend sollen auch die verlangten Kohlrabi- und Kohlpflanzen beisammen sein. Ist ein Fischchen anzutreffen, so erhältst Du es gleichfalls. Mit dem neulichen Wein mag es ein Mißgriff gewesen sein: denn der zuletzt überschickte ist wieder der rechte. Es wäre mir lieb, wenn das noch vorräthige Geld nicht angegriffen würde, und Du das nöthige vom Johannis-Quartal nähmest. Mit dem, was ich hier habe, komme ich zwar bis dahin aus; beim Weggehen aber, wo die Trinkgelder zu geben sind, werde ich noch Succurs brauchen. Die Interims-Quittung schicke ich Dir mit den nächsten Boten.

Mit meinen Arbeiten geht es gut, und wenn nichts weiter dazwischen kommt, gedenke ich zu Johannis Dich hier zu erwarten und mich einzurichten, daß wir alsdann zusammen wieder zurück können: denn bis dahin läßt sich noch vieles thun.

Lebe recht wohl, grüße Deine nächsten Umgebungen, und wenn ich was sollte vergessen haben, so erinnere mich. Ein paar leichte Nachtwestchen könntest Du mir schicken.

Grüße Herrn Kaaz zum allerschönsten; und obgleich ein Künstler nicht gerne schreibt, so ersuche ihn doch, mir gelegentlich zu melden, wie es ihm geht. Es stehn bei mir viele kleine Brettchen herum, auch ein saubres Reißbrett, das der Prinzeß gehört. Wenn Kaaz diese brauchen kann, besonders da er vielleicht schon gegenwärtig der Prinzeß einigen Unterricht gibt, so gib die Bretter nur hin. Was draufgeklebt ist, kann man nur herunterschneiden, und Du hebst es mir auf. Von den Diptampflanzen, und wenn ich sonst etwas von Blumenpflanzen schicke, kannst Du Frau von Milkau etwas mit unsrer Empfehlung zukommen lassen, um so mehr, als unsres Gärtners Sohn bei ihr in Diensten steht und uns auch manches Gefällige erzeigt. –

Unzelmann ist heute bei mir gewesen und schien ganz munter und getrost. Lebe recht wohl und vergnüge Dich mit Deiner nächsten Umgebung.

Jena, den 6. Juni 1809.

Goethe.

 

449. Goethe

Jena, den 9. Juni 1809.

Da Du, mein liebes Kind, den Sonntag früh zu uns kommst, so weiß ich weiter nichts zu sagen, als daß das Fischlein, welches ich abgeschlachtet und zappelnd noch angesehen habe, Dir den Sonnabend mit guten Freunden wohlschmecken möge.

Habe die Gefälligkeit, mir ein Pfund Chocolade mitzubringen und einige Fläschchen Malaga. Das kannst Du aber auch den Boten mitgeben. Mir geht es gerade so leidlich, als ich erwarte, und das Weitere wollen wir besprechen, wenn wir zusammenkommen.

Gestern habe ich wieder ein Theater-Frauenzimmerkleid angeschafft; es wäre aber eine neue Königin der Nacht und Gott weiß welche Cleopatra zu erfinden, um es mit Würde tragen zu können. Du wirst selbst darüber urtheilen, wenn ich Dirs vorzeige. Lebe recht wohl und gedenke mein. Es ist sehr gescheit, daß ihr euch in der schönen Fahrszeit einige Bewegung macht. Durch die Boten kannst Du mir ja wohl wissen lassen, um welche Zeit ich Dich eigentlich zu erwarten habe.

G.

Du thätest mir eine Liebe, wenn Du mir mein Kästchen mit geschnittenen Steinen mitbrächtest. Du müßtest aber etwas Weiches oben auflegen, damit sich im fahren nichts verrückte, weil ungefaßte Steine dabei sind.

*

 

 

 

*

450. Goethe

Ob ich Dir gleich, mein liebes Kind, nicht viel zu sagen habe, so will ich doch vermelden, daß es mir ganz wohl geht. Wir sind fleißig, und wenn wir so fortfahren, so werden wir mit Zufriedenheit zurückkehren. Künftige Woche wird angefangen am Roman zu drucken. Heute früh habe ich Dir mit Deines Bruders Kutscher etwas Radieschen geschickt und zugleich eine Schublade, die noch in Deine Blumen-Commode gehört; eine andre folgt nach. Mit den Boten erhältst Du eine Schachtel Kirschen und einige Feigen darauf, welche letzterenwelche letzteren über gestrichenem die Du Herrn von Wolzogen schickst.

Weiter wüßte ich nichts für dießmal und wünsche Dir recht wohl zu leben.

Jena, den 25. Juli 1809.

G.

 

451. Goethe

Noch einiges will ich nachbringen und vor allem einige schöne Grüße von der kleinen Nachbarin, die mich manchmal besucht; das Kind ist gar zu artig und möchte gern wieder nach Weimar. Ich habe es eben mit Kaaz, der sich bestens empfiehlt, auf das Cabinet geschickt.

Mit dem Essen sind wir recht wohl zufrieden, und mir geht es überhaupt ganz gut. Die ersten Bogen des Romans sind in die Druckerei, und es braucht nur sechs bis acht Wochen Ruhe und Sammlung, so ist die Sache abgethan, und ich kann an etwas Anders gehen. Riemer ist mir auf die beste Weise behülflich. Nun habe ich aber auch eine recht dringende Bitte an Dich, daß Du die Frauen von Schiller, Wolzogen, Egloffstein, Schardt, und wenn es nur auf eine Viertelstunde wäre, besuchest und ihnen von mir freundliche Grüße bringest. Versäume das ja nicht und sage mir, wie Du es ausgerichtet hast.

Für mich wünsche ich weiter nichts als ein leidliches Befinden, daß ich in diesen paar Monaten mit meiner vorgesetzten Arbeit fertig werde, das Übrige wird sich geben.

Lebe recht wohl und sei überzeugt, daß ich Dich von Herzen liebe, und daß ich mich auf die Ankunft unsres guten Knaben mit Dir im Stillen freue und eben deßwegen manches abzuthun wünsche. Lebe recht wohl.

G.

 

Vor allem Andern ist der Essig gut besorgt worden, und Du wirst ihn wahrscheinlich bald erhalten: denn entweder bringt ihn der Mann selbst, weil er eine größere Lieferung nach Hof bringt, oder das Fäßchen kommt hieher. Ich habe einen halben Eimer bestellt. Wenn Du mehr brauchst, so darfst Du mirs nur schreiben.

Die mitkommenden Feigen schickst Du gleich an Herrn von Wolzogen, mit meiner Empfehlung. Es sind immer noch die Winterfeigen; indessen laß nur wünschen, daß sie wohl schmecken und wohl bekommen mögen.

Was ich durch die Boten herüber wünsche, steht auf einem besondern Blatt. Findet sich nicht alles gleich, so kann es den nächsten Botentag geschickt werden.

Jena, den 28. Juli 1809.

G.

 

[Beilage]

Nachstehende Dinge wünschte ich von Hause zu erhalten. Dieselben aufzusuchen, würde Sachse behülflich sein.

1. In dem Actenschranke, in meinem Schlafzimmer, liegt ein Packet in Folio, einer starken Hand hoch, mit Bindfaden zusammengebunden. Die Aufschrift ist: Osteologica. Es sieht ihm nicht leicht ein andres Packet ähnlich, was zugleich in diesem Schranke liegt.

2. In meiner Bibliothek, auf dem großen Repositorium links, gegen das Fenster zu, und zwar, wenn ich mich recht erinnere, auf den Reihen unter den Pulten, stehen zwei Bücher in Quart, in grüne Pappe gebunden. Sie sind Manuscript und betreffen die Gebirgskunde. Auch ihnen ist kein andres Buch ähnlich.

3. Ein Einschlag-Lineal, d. h. ein Lineal, das an einem Ende noch ein Querholz hat, – es liegt auf meinem Schreibtisch, wahrscheinlich auf der Galerie des rechten Schränkchens.

Diese Dinge wünschte ich, gut gepackt, mit dem Boten zu erhalten.

 

452. Goethe

Frau Hofräthin Schopenhauer wird Dir, mein liebes Kind, einen Braten und eine Schachtel mit Kirschen überbracht haben, wovon ich guten Genuß wünsche. Es geht uns hier ganz gut. Kaaz hat sich wohlbefunden, und geht morgen früh ab. Ich habe ihm Geld mitgegeben, daß er Suppen-Ingredienzien schicken soll, wozu er auch etwas Parmesan-Käse legen will, als welcher zu den Macaronis ganz unentbehrlich ist.

Knebel scheint sich in seiner Strohwittwerschaft ganz wohl zu befinden; doch ist er mir etwas nachdenklicher als sonst, und ich denke, in kurzem wird sich eine Vereinigung der alten Zustände wiedergefunden haben. Der Knabe wird alle Tage braver und besser, nur fehlt es ihm an Beschäftigung und Anregung von außen. Wenn er unter vielen seines gleichen wäre und recht lebhaften Unterricht erhielte, so könnte etwas aus ihm werden.

Wir haben den Druck des Romans angefangen, ohne zu wissen, wie wir damit zu Ende kommen wollen. Indessen, wenn wir den August und September gut anwenden, so ist Hoffnung, daß wir fertig werden. Nutze von Deiner Seite diese beiden Monate, so gut es gehen will, um Dich auf den Winter vorzubereiten und die guten Tage zu genießen, die wir zu erwarten haben: denn freilich fängt auch der August regnicht und unfreundlich an.

Mit dem Essig, so nahe auch Golmsdorf liegt, ist es doch ein bißchen langsam gegangen; es thäte Noth, daß man alle seine Ausrichtungen von der Art selbst machte, zu Fuß oder zu Pferd. Indessen hoffe ich, Dir Donnerstag oder Freitag einen halben Eimer von dem besten auf einem Schubkarren zu schicken, da ich Dich denn bitte, die Badewanne mit zurückzugeben, da ich denn doch mich auch von Zeit zu Zeit im Wasser erfrischen will. Für dießmal lebe wohl und schicke mir alles, was angekommen ist. Es muß auch eine Rolle mit Kupferstichen gekommen sein, wenigstens habe ich den Brief erhalten, der sie ankündigt.

Jena, den 1. August 1809.

G.

 

453. Goethe

Durch den Bibliothekarius habe ich Dir schon drei Fische, sowie auch Kirschen geschickt. Ich wünsche, daß die ersten Dir wohl bekommen mögen; und was die andern betrifft, so kannst Du deren noch mehr haben, wenn Du sie verlangst. Sie sind aber auch hier rar und theuer.

Ich bin es sehr wohl zufrieden, daß Du Dir eine vergnügliche Reise nach Gera machst. Schreibe mir näher, wie ihr sie einrichten wollt. Wahrscheinlich macht ihr sie an Einem Tag und geht nur durch Jena durch.

Nun wünschte ich, daß Du mir Folgendes schicktest: die 12 Bände meiner Werke, die auf dem Repositorium an der Thüre stehen, in braune Pappe gebunden; einige Theile davon sind schon in blau Papier eingeschlagen. Sachse wird sie einpacken und vorher jeden Theil besonders einwickeln, auch das Packet mit Bindfaden nicht so gewaltsam zuschnüren, damit die Bände nicht leiden.

Auch könntest Du mir, je ehr je lieber, durch Gottschalk die Badewanne herübertransportiren lassen, der mir sie schon einmal gebracht hat. Zugleich wünsche ich aber die Apothekerwaaren, die in meinem Acten-Schranke stehen, im Schächtelchen und in den kleinen Gläschen.

In meinem Vorzimmer müssen auch noch einige große, leereNachträglich über der Zeile Portefeuilles stehen, davon ich eins auch wohl herüber haben möchte; doch daß es nicht naß wird.

Weiter weiß ich nichts zu sagen, als daß es uns ganz wohl geht, weil unsre Geschäfte im Gange sind. Lebe recht wohl und sei Sonntags mit Deinen Gästen vergnügt.

Jena, den 4. August 1809.

G.

 

454. Goethe

Ich danke Dir, daß Du mir das Verlangte so bald geschickt hast. Das Übrige erwarte ich mit den Boten-Weibern.

Den Essig hast Du vielleicht jetzt schon erhalten: denn der Mann hat Deine Adresse abgeholt und versprach, heute nach Weimar zu fahren.

Es soll mir lieb sein, Dich Sonnabend auf einen Augenblick zu sehen; und wünsche gutes Wetter zu eurer Reise; vielleicht reinigt sich der Himmel bis dorthin. Den Mann, der die Wanne gebracht hat, habe ich hier bezahlt.

Weiter weiß ich nichts zu sagen, als daß ich Dir wohl zu leben wünsche.

Jena, den 5. August 1809.

G.

 

454a. Riemer (in Goethes Auftrag)

Gnädige Frau,

Sie erhalten hierbei etwas Neues vom Jahre, das vermuthlich in Weimar noch nicht zu haben ist, und wovon wir wünschen, daß Sie es mit gutem Appetit verzehren mögen.

Der Herr Geheimerath befindet sich wohl und empfiehlt sich Ihnen bestens. Einige Besuche halten ihn ab, sonst würde er selbst geschrieben haben. Er bittet nur noch um ein paar Pfund Chocolade und um einige Bouteillen von seinem leichten rothen Wein, der diese Tage her einigen Zuspruch erhalten.

Das Egerwasser ist angekommen; das Weitere wird er persönlich mit Ihnen besprechen, wenn wir das Vergnügen haben, Sie auf den Sonnabend bei uns zu sehen. In dieser angenehmen Erwartung empfehle ich mich zu geneigtem Andenken.

Jena, den 8. August 1809.

            Ihr

F. W. Riemer.

Clemens Brentano ist soeben angekommen und geht nach Halle, von wo er in Kurzem wieder zurück, hier und durch Weimar geht.

*

 

 

 

*

455. Goethe

Deine Boten sind glücklich angekommen, und ich danke Dir für alles Übersendete. Was August betrifft, werde ich besorgen, indem ich eben an Cotta schreibe. Nur thut mir leid, daß ich Dir keine Bohnen senden kann. Mach die Sache mit der Wenzeln ab: denn sonst quäle ich mich vergebens, Bohnen auszumachen und zu kaufen, und zuletzt muß doch der Transport bezahlt werden. Morgen kommen Witzel und Genast, denen Du vielleicht was mitgibst. Vielleicht habe ich ihnen auch etwas mitzugeben. Inliegendes stelle Deinem Bruder zu, und lebe recht wohl.

Jena, den 22. August 1809.

G.

*

 

 

 

*

456. Goethe

Jena, den 29. August 1809.

Nochmals vielen Dank für den gestrigen Besuch, und was ihr alles Freundliches gebracht habt. Ich bin heute wieder in meinen Fleiß zurückgekehrt und hoffe, es soll alles ganz gut werden. Ich wünsche nichts mehr, als daß beim Theater alles einen freudigen und willigen Gang gehe, damit ich den September noch hier bleiben kann.

Heute kann ich nichts übersenden: denn der Hirsch ist hier nicht zerwürkt worden, sondern im Ganzen nach Weimar gekommen, da Du denn wohl suchen wirst, Dir ein Stück davon zu verschaffen. Wegen der Bohnen wirst Du am besten thun, es mit den Boten abzureden. Laß Dir doch auch durch sie immer frische Kartoffeln bringen, die hier sehr gut sind, und was dergleichen sonst wäre. Lebe recht wohl und grüße alles zum schönsten.

G.

 

457. Goethe

Gestern waren die sämmtlichen Herrschaften mit allem Gefolge hier. Es war ein sehr lebhafter, wegen des schönen Wetters aber sehr angenehmer Tag. Heute geht der Hofgärtner Wagner hinüber und bringt Dir dieß. Er wird Dir wegen des Legens der überschickten Zwiebeln einiges sagen. Lebe recht wohl! Mir geht es ganz gut. Heute Abend hoffe ich von Dir zu hören.

[Jena,] den 2. September 1809.

G.

 

458. Goethe

Es thut mir sehr leid, mein liebes Kind, daß Du Dich gerade zu einer Zeit nicht recht wohl befindest, wo ich wünschte, daß Du Dirs recht wohl machtest. Dictire nur Carolinchen einigermaßen ausführlich, wie es mit Deinen Übeln steht, damit ich es Starken vorlegen kann: denn so ins Allgemeine kann doch kein Arzt etwas verordnen. Es soll mir recht angenehm sein, Dich diese Woche hier zu sehen, besonders wenn ichs Mittags voraus weiß, undNachträglich über der Zeile daß Du nicht zu früh kommst: denn die Morgen müssen jetzt sehr ernstlich angewendet werden, wenn wir mit unserer Arbeit diesen Monat fertig werden wollen.

Ich hoffe, daß das Theater in diesen drei Wochen so sachte in den Gang kommt. Im October will ich alsdann recht gern eingreifen, und es soll nicht lange währen, so wollen wir bedeutende und harmonische Vorstellungen sehen. Grüße alle und jede und fahre fort, die Freunde und Wohlwollende zu sehen und zu erfreuen.

Die Herrschaften waren hier recht vergnügt, und ich habe durch ihre Gegenwart auch einen frohen Tag gehabt.

Siehe nur, daß Du zum Vortheil unseres Gartens, wenn die herrschaftlichen Kutscher herüberfahren, einige Säcke mitgibst, damit es uns an dem feinen Sand nicht fehle.

Wegen Bohnen, Birnen, Erdäpfeln u. s. w. mache es mit den Boten-Weibern ab, so erhältst Du alles sicher und so gut, als wenn ich es erst hiererst hier aus hier erst anschaffte und fortschickte. Vor allen Dingen bemerke mir den Tag, wenn Du herüberkommst.

Jena, den 5. September 1809.

G.

 

459. Goethe

Wie ich aus Deinen Briefen sehe und auch sonst vermuthen kann, so ist eigentlich jetzt zwischen uns nichts mündlich zu verabreden nothwendig, und ob ich Dich gleich ganz gerne wiedersähe und spräche, so sind wir doch mit unsern Arbeiten in einer so gedrängten Lage, daß es mir lieber ist, Du kommst jetzt nicht herüber: denn wir müssen jede Stunde zusammennehmen, und ich sehe noch kaum, wie wir fertig werden wollen. Herr Geh. Hofrath Stark wird Dich besuchen, sobald er hinüberkommt, und sich um Deine Zustände erkundigen. Beim Theater grüße die Gutgesinnten und fahret nur so fort wie bisher. Jeder Einzelne hat Vortheil davon, wenn er etwas um des Ganzen willen thut, sollte es ihm auch nicht ganz angenehm sein.

Sprich manchmal mit Witzeln, der seine Sache noch immer sehr gut macht, und schreibe mir von jeder Vorstellung, wie sie abläuft.

Die Feigen, die Du mir schicktest, waren zum Theil noch nicht völlig reif. Laß sie immer noch einen oder ein paar Botentage hängen, bis sie recht braun werden.

In zwei Briefen von Frau von Schiller und Wernern bist Du schönstens gegrüßt. Der letzte hat von Tübingen geschrieben und ist zu Frau von Staël nach Coppet gegangen.

Knebel ist schon wieder allein, denn seine Frau ist abermals nach Weimar gegangen. Er ist aber nur desto lustiger, wenn er selbst den Wirth macht.

Lebe recht wohl und bereite vor Michaelis so gut, als Du kannst, noch manches Gute für künftigen Winter vor. Ich befinde mich ganz leidlich, muß aber auf eine pedantische Weise meine Diät und andre Lebensordnung halten, und ich muß suchen, auch in Weimar auf alle Weise dabei zu bleiben.

Jena, den 8. September 1809.

G.

Wenn Du uns etwas Gutes erzeigen wolltest, so würdest Du uns eine geräucherte Zunge, aber schon abgekocht, herüberschicken. An solchen Dingen fehlt es uns, besonders Abends, und wenn etwa ein guter Freund kommt.

Ferner erdenke Dir etwas und schenke es Rinaldo in meinem Namen, als wenn ich es geschickt hätte, damit der gute Junge auch von dieser Seite eine Art von Freude hat. Nächstens mehr.

 

460. Goethe

Da Du einmal kommen willst, so sage ich Dir lieber gleich, daß es mir recht angenehm sein wird, denn es gibt doch mehr zu besprechen, als man glaubt.

Da ist zum Exempel der alte Handel zwischen Riemer und der Nachbarin, von dem Du mir schon früher erzähltest, ausgebrochen. Ich bin überzeugt, daß es nichts ist als eine lüsterne Liebelei, die weiter nichts hinter sich hat. Aber die Frau ist krank geworden und hat dem Manne Gott weiß was erzählt. Du weißt das alles wohl schon besser. Auf alle Fälle wünschte ich, Du ließest die Premsler kommen, die eine Art Vertraute gemacht hat, und hörtest, wie alles steht. Sprächst allenfalls Hirschfelden selber, damit wo möglich das Aufsehen nicht ärger wird. Denn der Mann droht mit Scheidung, und was sonst noch alles vorgeht. Du wirst durch Deine Klugheit und Thätigkeit alles zu vermitteln suchen. Jetzt sage ich weiter nichts, als daß ich Dich herzlich liebe und mich freue, für Dich und das Bübchen zu leben und fleißig zu sein.

Inliegendes bitte gleich zu bestellen.

Jena, den 10. September 1809.

G.

 

461. Goethe

Da das Wetter so sehr schlecht ist, und Dein Bruder sich übel befindet, so werde ich Dich wohl in diesen Tagen nicht sehen. Sage mir deßwegen durch die Boten einige Worte.

Schicke mir ein paar Pfund Chocolade, denn von dieser und vom Weine lebe ich jetzt vorzüglich. Kannst Du uns noch eine geräucherte Zunge schicken wie die letztere, so wirst Du uns Gutes erzeigen.

Mein Geschäft hier geht ganz gut und wird auch hoffentlich so zu Ende gelangen, ob ich gleich gestehe, daß das einbrechende Regenwetter und der wilde Herbst mir auf den Winter Grauen erregt. Du hast Dir indeß gewiß schon allerlei ausgedacht, wie wir jene unfreundliche Jahrszeit zusammen zubringen wollen.

Ich bin neugierig zu hören, wie sich Freund Meyer anläßt, und wie es mit seiner Einrichtung werden wird. Behandle ihn nach unsrer Übereinkunft. Ich wünsche ihm alles Gute und will ihn gern auf das freundlichste behandlen, nur daß die Nachbarschaft uns nicht zu großer Gemeinschaft führe. Unsere Theaterangelegenheiten empfehle ich Dir aufs neue. Mir wäre gar nicht bange dafür, wenn wir nur gute Stücke hätten, damit sich sowohl die Schauspieler, als ich für die Aufführung wirklich interessieren könnten. Indessen wollen wir unser Bestes thun, und vielleicht kommt uns irgend ein Zufall zu Hülfe.

Wegen der Frau von Arnswald, dächte ich, fragtest Du die Frau von Egloffstein, die Du doch einmal wohl siehst. Machte sich das aber nicht, so irrst Du gewiß nicht, wenn Du Dich, sobald sie die Nachfrage verbittet, bei ihr anmelden lassest und ihrNachträglich über der Zeile einen Besuch abstattest.

Mehr weiß ich für dießmal nicht zu sagen und wünsche nur, Dich an einem recht schönen Tage hier zu sehen.

Jena, den 12. September 1809.

G.

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462. Goethe

Zuerst danke ich Dir und Deiner schönen Begleiterin für den angenehmen Besuch; sodann schicke ich ein Bändchen, aber nur unter den folgenden Bedingungen:

  1. Daß ihr es bei verschlossenen Thüren leset.
  2. Daß es niemand erfährt, daß ihrs gelesen habt.
  3. Daß ich es künftigen Mittwoch wiedererhalte.
  4. Daß mir alsdann zugleich etwas geschrieben werde von dem, was unter euch beim Lesen vorgegangen.

Weiter weiß ich gerade jetzt nichts zu sagen, auch nichts zu verlangen, weil übrigens alles unter uns abgeredet worden. Schreibe mir übrigens, wenn irgend etwas vorkommen sollte, und vergiß nicht, in der Schublade, der mittelsten, rechts an meinem Schreibtisch, mir das Packet Manuscript zu schicken, welches mit einem braunen, schmalen Bändchen zugebunden ist. Lebe recht wohl und bereite uns eine leidliche Winterexistenz vor.

Jena, den 15. September 1809.

G.

 

463. Goethe

August soll mir auf das schönste willkommen sein, um so mehr da er gerade nach meinen Wünschen anlangt. Ich gönne ihm und euch ein fröhliches Zusammensein. Er soll sich erst recht zu Hause fühlen, seine Freunde, sein hinterlassenes Museum, Haus, Garten, Theater, und was sonst erfreulich ist, genießen und sich dabei wohlbehaben. Dazu braucht es einige Zeit, und es wird mir viel Freude machen, wenn er mir, so oft es Gelegenheit gibt, einige Worte meldet.

Ich brauche wenigstens noch acht Tage, um mit demjenigen in Ordnung zu kommen, was ich mir vorgenommen habe; nicht allein mit dem Druck des Romans muß ich im Reinen sein, sondern auch mit Briefen, welche ich diese Zeit her schuldig geworden, und mit andern Dingen. Wenn ihr euch also unter einander vergnügt, so denkt nur, daß ich die nächsten Tage zubringe, um bald mit euch ohne Störung vergnügt zu sein. Ich bitte Dich inständig, mir alle Besuche abzuhalten; jedes wahre Geschäft läßt sich schriftlich abthun, besonders wenn es ordentlich gedacht ist und gut vorgetragen wird.

August wird vor allen Dingen sich ruhig verhalten, wie ihn auch der Mangel der Garderobe selbst nöthigt. Allein wie er einigermaßen ausgehen kann, und ehe er sonst wohin oder herumgeht, so wartet er dem Herrn Geheimenrath Voigt auf und empfiehlt sich ihm, mehr durch gutes Betragen, als durch Worte. So viel für heute, da wir ja einen jeden Tag einander schreiben und von einander Nachricht haben können.

Jena, den 20. September 1809.

G.

 

464. Goethe

Jena, den 22. September 1809.

Die gestrigen Freunde sind mir nicht zu gelegner Zeit gekommen. Ich war schon des Morgens nicht ganz wohl und hätte mich abwarten sollen. Da ich mich aber zwang, bei Tische zu erscheinen, so wurde mirs zuletzt so schlimm, daß ich fortgehn mußte und nicht Abschied nehmen konnte. Doch bin ich durch die Beihülfe unsers Stark dießmal ziemlich schnell über die Sache hinausgekommen und habe die Nacht ganz gut, obgleich unterbrochen geschlafen. Heute bin ich im Bett geblieben; wir können aber unsere Arbeiten demungeachtet fortsetzen.

Weil ihr euch über den ersten Theil des Romans so freundlich geäußert habt, so soll die Hälfte des zweiten bis an einen Abschnitt die nächste Woche unter eben den Bedingungen zu euch gelangen. Du schickst mir den Band wieder, den Du in Händen hast, und wir hoffen nun, das Ende bald zu erreichen. Doch brauchen wir, wenn kein Hinderniß dazwischen kommt, immer noch zehn Tage. Wenn Du etwa hören solltest, daß jemand zu mir herüberkommen will, so lehne es ja ab: denn es kommt doch, wie ich auch dießmal gesehen habe, für die Besuchenden auch nicht das Geringste heraus. Lebe recht wohl und grüße Carolinchen.

G.

 

465. Goethe

Da mein hiesiger Aufenthalt zu Ende geht, so denke ich an allerlei, und Dein Gedanke ist gar nicht unrecht, daß ich manches auf einmal nach Weimar kommen lasse. Noch ein sehr brauchbarer Schrank steht bei Hendrich; ein Stein- und Bücher-Kasten ist schon gepackt. Manches Andere wird sich finden; und da Du noch ein Fäßchen von dem Muß willst, so thut man am Ende besser, daß man eine eigene Fuhre nimmt, als daß man die Sachen einzeln schickt und doch am Ende, durch Tragerlohn und Trinkgelder, der Transport theuer genug wird.

Nun ersuche ich Dich aber, mir nächstens Folgendes zu schicken und keinen Punct zu versäumen.

  1. Vor allen andern Dingen Geld, dessen ich höchst benöthigt bin, weil, wie es zu gehn pflegt, die Rechnung auch zu Hause ohne den Wirth gemacht wird.
  2. Von der Dresdner Grütze so viel, daß ich mir alle Morgen kann in den Bouillon das Nöthige einrühren lassen.
  3. Könntest Du mir eine Liebe thun, wenn Du mir Kalbsfüße in Gelée, die nicht gar zu sauer wäre, Sonnabend mit den Boten schicktest. Es ist mir gar angenehm, außer der Zeit etwas dieser Art zu genießen, und hier kann man es nicht haben, wie man wünscht.
  4. Nun noch etwas ganz Entgegengesetztes und Ungenießbares.

Du erinnerst Dich, daß in dem mineralogischen, untern Zimmer des Gartenhauses einige Stangen Erz befindlich waren. Sie sind schwer und sehen rauh aus. Wenn ich nicht irre, so liegen sie jetzt hinter dem Mineralien-Schrank links, gegen das Fenster zu. Wo Du sie aber auch finden mögest, so schicke mir eine davon. Weiter wüßte ich jetzt nichts auf Deinen Brief als von mir selbst zu sagen. Gutes brauch ich euch nicht zu wünschen: denn ihr habts.

Was die Fuhre betrifft, so bestimme ich Dir nächstens den Tag, wenn Du sie herüberschicken sollst.

Grüße Carolinchen und die Theaterfreunde, die gewiß auch Augusten wiederzusehen viel Freude haben.

Ich wiederhole, daß, wenn August artig sein will, so wendet er eine halbe Stunde des Tags dran, mir zu schreiben. Es ist gar nicht übel, in solcher Nähe sich durch Briefe und Billete zu unterhalten. Ebenso könntest Du Carolinchen sagen, daß sie mir schriebe, wenn Du auch nicht dictirtest.

Ich will nur eins bemerken; da sich in der Welt so viel durch Zufall macht, so wünschte ich nicht, daß August auf eine pedantische Weise diese oder jene Personen zu sehen vermiede. Besonders wünschte ich aber, daß er, wenn er sich nur einigermaßen produciren kann, dendem Prinzen Bernhard auf irgend eine Weise zu sehen, zu sprechen, ihm aufzuwarten suchte; welches um so eher geschehen kann, als er gar keine weiteren Hofverhältnisse hat und also sich nicht erst von oben herein zu präsentiren braucht.

Nehmt also dieses zur Regel. Alles was sich zufällig gibt, das sucht zu benutzen und zu beobachten, und schreibt mir mit jeder Post, was sich ereignet hat.

Jena, den 26. September 1809.

G.

 

466. Goethe

Da ich Dir eine schöne Pflanze schicke, die ein Mann hinüberträgt, so füge ich noch einige Worte hinzu: sei so gut, die gedachte Pflanze in das Zimmer neben meiner Schlafkammer zu stellen, damit sie Licht und Sonne genug habe. Dort kann sie bleiben, bis ich komme.

Die Terrine ist glücklich angelangt so wie das Übrige, und ich wünsche nur, daß ihr euch bei euren Freuden und Tänzen recht wohl befinden mögt. MirNach gestrichenem Hier geht es wieder ganz leidlich, doch muß ich mich mehr als jemals in Acht nehmen. Auf den Mittwoch erfahrt ihr, wann ich zurückkomme. Laß indessen in meinem Zimmer manchmal einheizen und es bei schönen Sonnen-Mittagen etwas lüften. Lebe recht wohl, grüße Augusten schönstens und Carolinchen. Lebe recht wohl.

Jena, den 30. September 1809.

G.

 

467. Goethe

Heute sieht es nun einem völligen Auszug ähnlich. Du erhältst nach beiliegendem Verzeichnis allerlei. Die Kistchen und das Packet Kupferstiche bleiben uneröffnet.

Ich wünsche, daß es euch wohlgehe. Mit unserm Geschäft wirds nicht lange mehr dauern, nur noch zwei Capitel sind zu drucken. Grüße August. Herr Präsident von Müffling und Hofkammer-Rath Kirms ist zu besuchen, wenn es nicht schon geschehen ist.

Grüße Carolinchen und die Theaterfreunde. Und lebet recht wohl.

Jena, den 2. October 1809.

G.

 

468. Goethe

Jena, den 3. October 1809.

Heute habe ich nicht viel zu sagen, als daß ich mich nach und nach losmache und Sonnabend, den 7., früh bei euch zu sein hoffe. Es wird zwar gerade jetzt schönes Wetter, welches ich wohl eine Zeit lang hier genießen möchte, da ich so viel unfreundliches ausgestanden; doch muß auch wohl dieses Aufenthalts endlich ein Ende werden.

Schreibe mir, wie es euch geht, und ersuche Augusten, seine Reisebeschreibung bis ans Ende fortzusetzen, damit ich das Vergnügen habe, ihn noch schriftlich in Weimar anlangen zu sehen.

Der Roman kommt in diesen Tagen zu Stande, ob ich gleich kaum werde ein vollständiges Exemplar mitbringen können. Es wird alsdann manches hin und wieder zu erzählen sein. Zu meinem Empfang erbitte ich mir einen recht guten, französischen Bouillon und wünsche, recht wohl zu leben.

G.

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