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Unsere Maisernte war all die Jahre durch gut, nur in einem Sommer verregnet. Das hat der Mais gern, wenn er sich versonnen kann. Der Bushel Mais wiegt beinah soviel wie ein kleiner Scheffel Rostocker Maß, 56 Pfund. Er kostet jetzt 75 Cents; das ist schon ein guter Preis. Der Bushel hat aber nicht einerlei Gewicht für alles, was wächst. Denn ein Bushel Weizen wiegt 60 Pfund, ein Bushel Kartoffeln auch 60. Beim Mais wird wieder unterschiedlich gerechnet, ob mit oder ohne Kolben. Mit Kolben, wenn er noch nicht geschält ist, hält er 70 Pfund; ohne Kolben, so wie er bei euch in den Handel kommt, 56 Pfund. Pfund und Pfund ist kein großer Unterschied, denn hundert deutsche Pfund sind hundertacht amerikanische.
Wir verbrauchen auch die Stubben vom Mais und die Kolben, wenn die Körner raus sind. Das können wir alles gut verbrauchen, ja well. Damit heizen wir. Wir stecken Steinkohle dazwischen. Das heizt beinah noch besser als Steinkohle allein und hält lange vor im Ofen. Die Stubben in der Erde lassen, das geht nicht. Wenn wir so lange warten wollen, bis sie da verfaulen, dann müssen wir so alt werden wie Methusalem; denn sie sind steinhart. Wollen wir sie kleinhaben, so nehmen wir die Axt.
Das Korn macht viel Arbeit. In den ersten Jahren machten wir das noch verkehrt. Da fuhren wir es auf dem Felde zusammen. Dort schälten und pahlten und rieben wir die Körner aus. Wir mußten morgens schon vor vier weg, und Wieschen stand dann so früh auf, daß wir vorher noch Kaffee trinken konnten. Die Pferde mußten vorher ja auch was haben. Es war so die Gewohnheit in meinem Kopf, daß ich zu dann rechtzeitig aufwachte. Bei Hannjürn mußten wir ja auch erst einige Lagen Korn dreschen, bis es Mehlsuppe gab.
So trieben wir es einige Jahre. Dann trieben wir es nicht mehr. Wir änderten unser Leben. Wir standen nicht mehr so früh auf. Wir fuhren das Korn nach Hause und schälten es da aus. Das geschah manchmal am Tage, sonst abends. Dann saßen wir die ganze Familie zusammen und machten Korn aus. Zwei Kolben wurden aneinandergerieben, und die Körner sprangen raus. Aber das kostete Zeit und wird heute nur noch auf ganz kleinen Farmen so gemacht. Auf großen Farmen machen wir das heute alles mit der Maschine. Die ganz großen im Westen und in Kanada arbeiten mit Dampfmaschinen; die schneiden Stangen und Blätter auch gleich zu Häcksel. Viel Korn verfüttern wir auch grün. Wir fahren es in großen Haufen zusammen und schließen es luftdicht ab. So hält es sich, und das Vieh frißt es gern.
Mit dem Maispahlen vertrieben wir uns im Winter die Zeit. Das war eine schöne Gelegenheit zum Vorlesen und Erzählen. Da hörten wir aus der alten Heimat und von hier. Wir hörten von Gerechten und Ungerechten, vom Reichwerden und Armwerden. Wir hörten Gutes und Böses aus allen vier Winden, meist aber aus Ost. Denn knapp vier Meilen Nord, da läuft eine große Road an meiner Farm vorbei. Die geht nach dem Westen ins Land hinein. Da bröckelte manch einer ab, der aus dem Osten kam. Der wollte sich nicht mehr die Sohlen entzweilaufen. Manchmal hatte er auch keine mehr. Wer ordentlich aussah, der konnte bleiben. Wieschen gab ihnen zu essen und zu trinken. Abends halfen sie dann beim Maispahlen. Das taten sie auch ganz gern. Dabei erzählten sie ihre Geschichten; das taten sie auch gern. Die meisten hatten schon viel erlebt. Da kamen manche an, die konnten acht Tage lang erzählen. Da kriegte man viel zu hören und wurde nicht dummer davon. Aber am liebsten erzählten die alten Frauen. Wenn so ein paar zusammenkamen und eine erzählte, dann knabberte die andre schon immer mit dem Munde. Sie konnte nicht die Zeit abwarten, bis die Reihe an sie kam.
Da kamen bunte Geschichten zusammen, auch solche aus Rußland, Galizien, Bessarabien und wie die ollen Länder alle heißen. Die Jungs konnten sie auf der Karte auch nicht immer finden. Manchmal war das Land so klein, daß ich es mit dem Daumen zudecken konnte. Man denkt gar nicht, daß es da auch Leute gibt und Geschichten. Man denkt, das ist bloß zum Lernen für die Schüler da, denn es sieht bloß gelb oder blau oder braun aus. Aber dann saß da auf einmal einer in unserer Stube; der kam da her, und dann wurde der kleine gelbe oder braune Fleck auf einmal lebendig, und siehe, da wohnten gerade solche Menschen wie wir, bloß ganz anders, und wir sagten oft noch nach Jahren: Haha! da war ja der her, der die schönen Geschichten von den polnischen Juden erzählte, oder: Wieschen, weißt du das nicht mehr? Da hat ja die Frau mit den beiden Jungs gewohnt, die abends so schöne Lieder sangen und nachts das Bett naßmachten.
So saßen wir alle um den Maishaufen herum und erzählten und hörten zu. Dazu wurde Kaffee getrunken und geraucht, daß die Stube blau war. Das schaffte aber mit dem Korn. Das dauerte so bis neun Uhr. Dann fingen wir an zu andachten, und dann ging es zu Bett. Am andern Tag bedankten sie sich und zogen weiter. Die welchen blieben auch länger. Ich wollte bloß, du hättest dir das einen Winter über angehört und gleich alles aufgeschrieben. Das waren manchmal Geschichten, die konnten in einem richtigen Buch stehen. Nun ist das Maispahlen meist vorbei. Aber besuchen mußt du uns doch. Du sollst auf dem besten Platz sitzen und uns abends die Andacht lesen und sonntags die Predigt, wenn wir nicht zur Kirche kommen können. Das mußt du dir überlegen, aber nicht zu lange. Und dann mußt du kommen, aber bald. Bis dahin will ich dir ein paar von unsern Maispahlergeschichten erzählen, um dir Lust zu machen. Wieschen sagt, sie will auch alles tun, daß es dir bei uns gefällt. Sie sagt, das wird dir hier auch gefallen. Das glaub ich auch; denn was Wieschen sagt, darauf kannst du dich verlassen.
An einem schönen Nachmittag kam sie an. Ich hörte sie schon, da sie noch ferne war. Ich dachte: Das ist eine ganze Gesellschaft. Das kann dir passen beim Mais. Aber dann war sie es man ganz allein. Sie unterhielt sich auf eigene Faust und zausterte (räsonierte) immer so eben vor sich hin. Das hat der Mensch gern, wenn er mal ein vernünftiges Wort mit sich selbst reden kann. Erst tat sie wie ein verschüchtertes Huhn und kuckte uns an, als ob sie unter die Räuber und Mörder geraten wäre, so zwischen Jerusalem und Jericho. Beim Essen wahrschaute sie auch erst. Ich sprach: Du kannst ruhig essen; es ist kein Gift mang. Wir löffeln ja alle aus derselben Schüssel. Da aß sie ganz nürig mit. Reden konnte sie für drei, aber alles bunt durcheinander, daß es nicht anzuhören war. Das war, als ob einer mit der Peitsche hinter ihr her war. Das war, als ob sie in großer Angst einen langen Weg gelaufen war.
Als sie hinter ihrem Maishaufen saß, da wurde sie ruhig. Ich sprach: So, nun siehst du, daß du bei ordentlichen Leuten bist. Hier tut dir kein Mensch was zuleide. Hinter deinem Maishaufen bist du so sicher wie in Abrahams Schoß. Und nun fang noch mal an zu erzählen, aber hübsch der Reihe nach. Da muß Schlagordnung drin sein. So erzähle uns, wie du heißt, wo du herkommst und wie du über die Grenze gekommen bist, wo du hier doch keinen Mann hast.
Da erzählte sie. Sie hieß mit ihrem Namen Etelka Bräuer und kam aus Ungarn, war aber von deutschen Eltern geboren. Die Jungs hatten das Land Ungarn auch bald gefunden. Damit hatte es seine Richtigkeit. Und nun legte sie los: Ach, ich bin so glücklich, daß ich zu euch gekommen bin und bin nicht gefallen in die Satanshand, entschuldigen Sie. Wie ich über die Grenze gekommen bin, das sollt ihr auch wissen. Man muß nur sein aufherzig und ohne Scheu, denn den Aufrichtigen läßt es Gott gelingen. Ich nahm mir bloß einen andern Namen in meinem Kopf und fuhr damit nach Teschen. In Teschen hat man mich gefragt: Wohin? Ich habe gesagt: Nach Oderberg. – Vater, hier ist Oderberg! sagt mein Ältester und tippt auf die Karte. – Weiter nicht? – Nein! So bin ich in Gottes Namen gefahren nach Oderberg. In Oderberg hat man mich gefragt: Wohin? Ich habe gesagt: Nach Ratibor. – Weiter nicht? – Nein. So bin ich gefahren nach Ratibor. – Vater, hier ist Ratibor! – In Ratibor hat man mich gefragt: Wohin? Ich habe gesagt: Nach Berlin. – Weiter nicht? – Nein. So bin ich gefahren nach Berlin, und in Berlin hat man mich nicht mehr gefragt. Da konnte ich weiterfahren bis Bremen. So hab ich mich mit Gottes Hilfe glücklich durchresekiert. Man muß nur sein aufherzig und ohne Scheu, denn den Aufrichtigen läßt es Gott gelingen. Ich sage: Dein Christentum ist von einer Sorte, daß es sich nicht für einen Christenmenschen gehört. Du hast dich durchgeflunkert und sagst nun: der liebe Gott hat mir geholfen. Mit deiner Aufherzigkeit ist das man ganz kläterig bestellt, und vom zweiten Gebot weißt du wohl nicht mehr viel ab. – Ja, sagte sie, es ist so, wie ich sage: den Aufrichtigen läßt es Gott gelingen; darum bin ich glücklich durchgekommen. – Na, denn erzähle man weiter, aber den lieben Gott laß man lieber raus aus deinen Geschichten. Und sie erzählte weiter:
In Bremen auf dem Bahnhof stand ein Mann mit einer blauen Schürze und mit einer Nummer an der Mütze. Der stürzte auf mich los und wollte mich versuchen und griff nach meinen Sachen. Aber ich habe sie festgehalten und zu ihm gesagt: Hebe dich weg von mir, Satanas! Ich muß zu dem hochwichtigen Herrn Pastor, denn ich bin in der evangelische Glaube geboren und erzogen, und wenn ich in der Glaube bin, dann bin ich in der Glaube. Da ist er von mir gewichen und hat sich bloß noch einmal umgekuckt. Ach, es ist sehr traurig, zu fallen in die Satanshand, entschuldigen Sie.
Ich bin dann zu dem Herrn Pastor gegangen, und der hat mich zu Herrn Mißler gebracht, und da hatte ich wieder einen andern Namen. Man muß nur sein aufherzig und ohne Scheu, und meine Geld und mein Zettel hab ich in die Strumpf, um nicht zu fallen in die Satanshand, entschuldigen Sie. Ich muß mein Leben selbst schwer machen, und mein Mann ist gewesen ein Satan, entschuldigen Sie, und meine große Knabe hat mich verunglückt mit meine Geld. Ach, ich bin glücklich, daß ich gekommen bin durch, und ich will nicht schlafen in die Hotel; ich will schlafen in euer Küch.
Na, sage ich, das mit der Geldversicherung im Strumpf, das gefällt mir, aber von Aufherzigkeit bin ich bis jetzt nichts gewahr geworden in deiner Geschichte. In Bremen auf dem Bahnhof wirst du dich auch wohl verkuckt haben, denn der Satan trägt für gewöhnlich keine blaue Schürze und keine Nummer an der Mütze. Wieschen, wo blieben wi mit dat Worm?
Da hat Wieschen sie natürlich behalten. Wir machten Schicht, und sie ging zu Bett. Aber es dauerte nicht lange, da gab es in ihrer Kammer einen großen Spektakel. Sie schrie: Hilfe! Man will mich vergiften. Ich bin gefallen in die Satanshand! – Wieschen stand auf und ging zu ihr. Da war alles in Ordnung. Aber sie sagte: Nein, hier ist Gift in der Luft. Hier ist Satans Hand in die Luft. Mit meiner Nase rieche ich sie. Ich bin gefallen unter Räuber! Wieschen sagte: Dummen Snack! und redete ihr das aus und sprach ihr gut zu mit freundlichen Wörtern, so daß sie wieder zu Bett ging. Es dauerte so seine Zeit, dann ging es wieder los mit dem Giftgeschrei. Wieschen stand wieder auf. Wieschen brachte sie wieder zur Ruhe.
Als sie wiederkam, sagte ich: Wieschen, sagte ich, wenn das so beibleibt, dann kann das eine kurzweilige Nacht werden. Die Alte muß im Kopf nicht ganz ordentlich sein; sonst kommt doch kein vernünftiger Mensch auf den verrückten Einfall, daß wir hier Gift legen tun. Über so was kann ich mich nun wieder giften. Denn so eine Nachrede, das ist keine Ehre für unser Haus. – Reg dich man nicht auf, Jürnjakob, sagte Wieschen. Oder glaubst du, daß da draußen neugierige Menschen stehen und horchen, was hier los ist? Die Frau hat wohl schon schwere Tage durchgemacht, und davon ist sie so ängstlich geworden. Nun dreh dich man lieber nach der andern Seite rum und schlaf weiter und laß das Reden sein. Oben eine, die auf ungarischdeutsch schreit, und unten einer, der auf amerikanischdeutsch knurrt, das ist in einer Nacht ein bißchen reichlich.
Als sie das gesagt hatte, da war ich richtig erstaunt und drehte mich rum und schlief weiter und dachte: Dieses, das ist die längste Rede, die Wieschen jemals getan hat in ihrem Leben, und das mitten in der Nacht. Und das ist bloß, weil ihr die Alte da oben jammern tut in ihrem Herzen. Und dabei hat sie nichts davon als Laufereien. Es ist doch eine ganz merkwürdige und unbegreifliche Nation, die, wo nachts Barmherzigkeit tut an ihresgleichen.
Zweimal lärmte sie oben dann noch los, und zweimal stand Wieschen noch auf. Nachher schlief sie ein, und da konnten wir auch schlafen. Aber es dauerte nicht mehr lange, da kuckte der Tag durchs Fenster. Und als alle Kaffee getrunken hatten, da mußte ich auch noch mit rauf, denn die Frau ließ sich das nicht aus ihrem Kopf ausreden, daß da Gift in der Luft sei. So schnüffelte ich mit meiner Nase alle Wände ab. Von Gift hab ich nichts gerochen, aber rausgekriegt hab ich das doch, und als ich es raus hatte, da hab ich auch ungarischdeutsch mit ihr gesprochen. Ne, hab ich gesagt, das ist kein Gift, das ist bloß der Geruch von die amerikanische Seif; das bist du nicht gewöhnt. Das seh ich an deinem Nacken und hinter deinen Ohren, da hast du lange keinen Umgang mit die Seif gehabt. Gekämmt hast du dich auch nicht ordentlich. Das mußt du dir in Land Amerika auch noch angewöhnen. – Das hat sie mir denn auch versprochen, und nachher ist sie fröhlich abgezogen, daß es bloß Seife war und keine Satanshand oder Gift.
Ja, erzählt hat sie genug, und erlebt haben wir auch genug mit ihr. Aber viel Korn hat sie nicht ausgemacht. Ihr fehlte der ruhige Sinn, darum hatte sie auch keine ruhige Hand. Lieber Freund, weißt du, was ich glaube? Ich glaube, sie wird sich noch mal festresekieren. Ich glaube, sie glaubt, der liebe Gott hilft ihr bei ihrem Lügen, weil sie dabei fromme Wörter macht. Ich glaube, in Ungarn wohnen auch nicht lauter solide Christen. Das war No. 1.
Nun kommt No. 2. Den hab ich im Lehnstuhl sitzen lassen. Beim Kornausmachen mochte ich ihn nicht anstellen, denn er war ein alter Mann. Zwei Jahr zurück kam er schon einmal hier durch. Da zählte er seines Lebens 78 Jahr. So war er jetzt 80. Aber er lief so flink wie ein Katteiker. Er wollte nach dem Hannöverschen und seine Augen besehen lassen. Da liegt eine Stadt, die heißt Göttingen; da wohnt ein tüchtiger und aufgeweckter Augendoktor und Brillenmacher. Auf der Karte ist sie ein kleiner Punkt. Er hatte noch alle Zähne, und hören konnte er auch gut. Man bloß, Bibel, Zeitung und Kalender mußte er armweit von sich abhalten. Nun wollte er sich in Göttingen eine Brille verschreiben lassen, die ihm Bibel und Zeitung näher ranzog. Seine Verwandtschaft wollte er bei der Gelegenheit auch gleich besuchen. Er kam hier ganz fröhlich angestiefelt. Gut vierzehn Tage ist er dann drüben gewesen und hat sich richtig eine Brille anmessen lassen. So kam er hier wieder an. Das war zwei Jahre zurück. Jetzt kam er wieder. Das ging noch grade so beinig wie das erstemal. Na, sage ich, da bist du ja auch schon wieder. Ja, sagte er, ich muß wieder nach Göttingen und mir ein paar neue Gläser einsetzen lassen. Mir geht das auf meine alten Tage mit den Gläsern so wie den Jungs mit den Stiefelsohlen. Sie nützen sich bald ab. Bloß, daß man das bei den Gläsern nicht so sehen kann. Darum will ich nach drüben. Die amerikanischen Gläser taugen nichts.
Es dauerte auch nur wenig mehr als zwei Mond, so war er wieder da und war ganz glücklich. Wie hat es dir denn in der alten Heimat gefallen? Oh, antwortete er, bei dem Augendoktor in Göttingen ganz gut. Er freute sich, als er mich sah. Er kannte mich auch gleich wieder, als ich ihm sagte, daß ich das sei. Ja, das ist ein freundlicher Mann. Und seine kleine Frau war noch freundlicher. Die hat mir Kaffee und Kuchen gegeben, als sie hörte, daß ich aus Amerika kam. Und als ich von meinen achtzig Jahren sagte, da hat sie mir noch extra ein weiches Kissen hinter den Rücken gesteckt. Das waren freundliche Menschen. Ja well. Was macht denn deine Freundschaft? – Hm! Das war man so so, und ich freue mich, daß ich mein Leben gerettet habe. Drüben mag es auch ganz nette Freundschaft geben; aber es ist meine nicht. Was die meine ist, wenn ich da als amerikanischer Onkel zu Besuch komme, dann heißt es: Aller Augen warten auf dich. Erst freuten sie sich und backten Kuchen. Den hab ich gern gegessen. Da war ich lieber Onkel vorn und lieber Onkel hinten. Das hab ich gern gehört. Aber dann fingen sie von meinen Jahren an und redeten ganz christlich von Tod und Sterben, und aufhören taten sie mit Testament und Vererben. Sie fingen schon morgens an und sangen Sterbelieder. Das hab ich nicht mehr gern gehört. Als sie das merkten, da sprachen und sangen sie nicht mehr davon. Da mußte ich immer mit ihnen rein nach Hannover. Da mußte die eine ein Kleid haben, die andre einen Hut, und am nächsten Tag mußte es eine goldene Uhr sein. Sie haben mich beinahe ausgezogen. Mit Liebe und frommen Wörtern haben sie das getan, daß ich mich nicht wehren konnte, und ich hab mich auch nicht gewehrt. Bloß das Geld wurde alle, und da war ihr Gesicht nicht mehr wie gestern und ehegestern.
Darum machte ich mich auf die Socken. Sie gaben mir noch schöne Bibelsprüche mit auf den Weg und sprachen von der Hoffnung auf ein Wiedersehen. Ich aber grawwelte in meinen leeren Bücksentaschen rum und sprach: Ja, das hoffe ich auch. Ich bin gern hier gewesen und will gern wiederkommen. Aber dann müßt ihr mich nach einem andern Schriftwort behandeln als diesmal. Sie sprachen: woso und woans? – Ja, diesmal habt ihr mich behandelt nach dem Wort der Schrift: Ein lebendiger Hund ist besser denn ein toter Löwe; Prediger Salomonis am neunten.
Als er seinen Pfeifenstummel wieder in Brand hatte, sagte ich: Na, denn bleib man lieber hier und laß das Reisen. Er meinte aber: Ja, für's erste will ich das auch tun. Wenn ich aber neue Gläser haben muß, reise ich doch wieder rüber. Die amerikanischen Gläser taugen nichts. Das Reisen macht mir auch vielen Spaß. Bloß, ich muß mir das nächste Mal mehr Geld einstecken. – Damit tüffelte er ab. Als zwei Jahr hin waren, hab ich auf ihn gelauert. Er mußte ja wieder neue Gläser haben. Er ist aber nicht wiedergekommen, und ich habe nichts wieder von ihm gehört. Ich glaube, die freundlichen Doktorsleute in Göttingen kriegen ihn nicht wieder zu sehen. Ich glaube, er hat eine andre Reise gemacht, in ein Land, wo er keine Brillengläser mehr braucht, keine amerikanischen und keine aus Göttingen.