Johannes Gillhoff
Jürnjakob Swehn der Amerikafahrer
Johannes Gillhoff

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Unser Hafer war im letzten Jahr von Mannshöhe, und wir trugen den Kopf hoch. Wie das so zu gehen pflegt, wenn die Ernte sich gut anläßt. Da kam es mit den Plagen. Erst der Rost. Dann der Regen. Da knickte er ein und saß auf dem Hintern und hielt die Beine hoch. Das dauerte seine Zeit. Aber der Regen dauerte länger. Zuletzt war er wie gewalzt und blieb auch so. Ich hab es immer gesagt: So schönes Wetter wie früher gibt es gar nicht mehr, weil alles schlechter wird auf der Welt. Das gab eine Schneiderei, es war nicht den Bindfaden wert. Viele haben ihn einfach eingesteckt und abgebrannt. Ich verschnürte auf vierzig Acker sechzig Pfund Bindfaden, und dabei konnte ich nur die Hälfte fassen mit der Maschine.

Einen nassen Sommer kann man nicht auf die Leine hängen und trocknen, und das ist schade. Es regnete noch vier Wochen; da wuchs alles zusammen. In dem Sommer brauchten wir den Dreck nicht zu sparen. So fuhr ich den letzten Hafer in Mieten und jagte die Kühe und Ochsen dabei. Erst haben sie den Kopf geschüttelt und über die Schweinerei gebrummt. Dann gingen sie doch ran, und am ersten Oktober war auch die letzte Garbe runtergerissen und unter die Füße getreten. Ja, so kommt es auch mennigmal, und wir haben den Kopf nicht mehr hochgetragen, wenn wir an den Hafer dachten. Aber es ist wohl ganz in der Ordnung, wenn der Mensch ab und zu einen auf den Hut kriegt. Sonst wird er leicht übermütig. –

Ganz schlimm ist es hier mit den Dienstboten. Die sind schwer zu bekommen und noch schwerer zu halten. Besonders die Mädchen. Zu Anfang, als wir herkamen, kriegte Wieschen auf der Farm ihre drei Dollars die Woche. Heut zahlen wir den Mädchen vier bis fünf. Dafür machen sie aber nur leichte Arbeit. Für schwere sind die Mannsleute da. In der Stadt ist der Lohn noch höher. Eine Köchin kriegt sieben Dollars die Woche, und wenn sie noch andere Arbeit machen muß, acht. Soviel kriegte früher in unserm Dorf ein Mädchen das ganze Jahr, und dabei hatte sie schwere Arbeit von früh bis spät. Als wir mit einer Farm anfingen, machten wir fast alle Arbeit allein. Das waren harte Jahre, und abends elf Uhr waren wir oft noch beim Kornbinden, Wieschen und ich. Du kannst glauben, daß das schwere Zeiten waren. Aber wir sind dabei gesund geblieben. Es war ja auch nur eine kleine Farm, und wir hatten sie gerennt. Jetzt haben wir eine große, und sie gehört uns.

Da machen wir alles mit der Maschine. Wir legen auf den Treibriemen, was sonst auf der Schulter oder auf dem Arm des Arbeiters liegt. Das muß so sein in diesem Lande. Vom Mähen an bis zum Abladen in der Scheune. Das Säen natürlich auch und das Dreschen erst recht. So brauchen wir keine Leute. Die bleiben auch lieber im Osten. Da arbeiten sie ihre acht Stunden. Nach dem Westen, auf die Farm, gehen sie nicht gern. Am schlimmsten ist es in der Ernte. Da kriegen sie heut ihre vier bis fünf Dollars den Tag und Fleisch satt. Es ist aber auch harte Arbeit und geht scharf her. Die Arbeitszeit dauert von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, und die Sonne macht sich hier in der Aust mächtig früh auf die Beine. In der Zeit sparen wir das Wasser. Da tut sich kein Mensch waschen. Da kämmt sich auch keiner. Was da an Grannen rumfliegt, das glaubst du gar nicht, und das sticht so sehr in die Haut, so daß das Gesicht aussieht wie Wieschen ihr Nadelkissen oder wie dem Swienegel sein Rücken. So aber legt sich eine dicke Schmutzschicht auf das Gesicht, die hält alles ab.

Ja, dick ist sie, das muß ich sagen, und schöner wird einer nicht, wenn er sich da beim Mähen so mal aus Versehen mit dem Handrücken rüberwischt. Es ist man gut, daß da kein Maler kommt und malt uns ab und bringt dir das Bild. Du könntest einen mächtigen Schreck kriegen. Du würdest sagen: Ne, Menschen sind das nicht. Das ist eine Horde schwarzer Teufel, und sie kommen eben frisch aufgewichst aus der Hölle. – Ist die gröbste Arbeit fertig, dann nehmen wir wieder Wasser und Seife. Was da an Seife verbraucht wird auf einer Farm, das glaubst du nicht. Damit könnte der Präsident ein paar Dutzend Neger blank waschen lassen, daß ihre eigene Mutter sie nicht mehr kennt.

In der Aust haben wir auch oft Studenten zur Hilfe, auch Söhne von Professoren und Pastoren. Da ist Amerika wieder ein anderes Land als Mecklenburg. Sie kommen vom College. Sie haben dann Ferien. Sie gehen auf die Farm. Sie arbeiten nicht so lange den Tag über. Sie kriegen auch weniger. Aber wenn sie fertig sind, dann haben sie doch ihre neunzig bis hundert Dollars in der Tasche, und das kommt ihnen gut zu paß bei der Winterarbeit in den Büchern. Von der Arbeit werden sie auch nicht dümmer. Land und Leute sehen auf der Farm doch anders aus als in den Studierbüchern. Da ist das Papier den Augen im Wege. So ein paar Wochen mitarbeiten, bloß in Hemd und Bücks, das ist ganz anders als so auf den Abend eine Stunde zu Besuch im schwarzen Rock und zu sagen: Mein lieber Bruder, meine teure Schwester, wo geht euch das? – Nun lernen sie, wieviel Schweiß am Brot klebt. Zuerst wird ihnen das sauer, und sie seufzen mächtig. Dann können sie abends vor Wehtage nicht einschlafen. Dann klappen sie manchmal zusammen. Dann muß Wieschen den Doktor machen. Wenn sie aber erst eine ordentliche Dreckschicht angesetzt haben, dann gibt sich das, und zuletzt geht es ganz läufig.

Andre Studenten gehen in den Ferien kolportieren. Mit Büchern und Bildern tun sie das. Das ist leichter, bringt aber auch weniger und ist nicht so sicher. Doch hab ich einen gekannt, der verstand es, Bücher anzubringen. Das ging ihm vom Munde wie beim Wassermüller in nassen Jahren das Wasser. Der machte viel Geld. Einmal kriegte er in seinen Ferien für sich bei vierhundert Dollars zusammen.

Mit der Sense mähen wir hier nur im kleinen. Unsre Sensen sind nicht so gut wie eure. Sie brechen zu leicht aus. Gute Sensen aus Schmiedeeisen lassen wir uns manchmal aus Deutschland schicken. Die tun was her. Das macht Amerika euch nicht nach. Man bloß, auf unsern großen Farmen kommen wir damit nicht aus. Woher sollen wir wohl all die Arme nehmen! –

Mit Dienstmädchen haben wir hier allerhand Versuche gemacht. Aber es ist nicht viel dabei rausgekommen, und Freude haben wir nicht daran erlebt. Erst ließen wir uns ein paar von den Polen schicken. Im Sommer trugen sie gar kein Hemd. Wieschen hat sie ausgefragt und sie sich genauer besehen. Im Herbst ziehen sie eins an, das ist dicker als unsres. Das tragen sie den ganzen Winter durch. Im Frühjahr ziehen sie es aus und werfen es weg, was dann noch davon übrig ist: mit allem, was darin rumhüppt. Es früher ausziehen als im Frühjahr und wechseln, das ist ihnen beinah wie Sünde und ganz unsinnig zu denken. Wenn Wieschen ihnen davon sagte, dann machten sie große, runde Augen, als wäre es gar keine Menschenmöglichkeit, so was auszudenken. Gott, was haben deine Eulen für große Augen! Ihre Kleider und Röcke trugen sie auch so lange, bis alles in Fetzen abhing. Im Arbeiten waren sie ganz fix, das muß man ihnen lassen. Na, wir haben den Versuch einmal gemacht, so für zwei Jahre. Dann aber nicht wieder. Denn diese Sorte (??) an den Herd zu lassen, daß sie mit dem Essen hantieren – ne, das ist uns doch gegen den Appetit.

Dann nahmen wir eine Zeit Amerikanerinnen. Ich reiste nach Chicago, um mir ein paar Mädchen zu mieten. Ich besuchte Wilhelm Saß. Als ich mir die Wirtschaft dort ein paar Tage angesehen hatte, da bin ich ohne Mädchen zurückgereist. Nicht gern tat ich das, denn ich hatte Wieschen versprochen, ihr Mädchen mitzubringen. Erst hat sie auch richtig gescholten, und ich habe still zugehört, denn es ist am besten, wenn man seine Frau ausreden läßt. Als sie damit fertig war, sage ich: Wieschen, sage ich, nun paß Achtung! Da geht ein Trupp Dienstmädchen auf der Straße. Aber du sprichst sie doch nicht an, ob sie mit dir gehen wollen. Du wagst das gar nicht, denn sie gehen in köstlichen, weißen Kleidern. Sie wollen nicht in den Kuhstall. Nein, sie wollen ins Theater.

Ins Theater? – Dienstmädchen? – Ja, Wieschen, da kannst du Augen machen. Und wenn du ein paar von der Sorte mit weißen Kleidern und goldenen Uhren hier zum Dienen haben willst, dann kannst du es man sagen. Dann will ich schreiben.

Aber Wieschen will nicht, daß ich schreiben soll. Sie sagt: Nein, da ist es doch besser, daß du keine mitgebracht hast. Ne, sagt sie, nun erzähle man weiter, was du sonst noch gesehen hast.

Oh, Wieschen, einen ganzen Berg. Ich hab da auch Kinder gesehen, die lagen im Wagen und wurden spazieren gefahren wie andre Kinder. Sie waren so bei einem Jahr rum, als ich meine. Aber goldene Ringe und Armbänder und all so'n Kram, damit waren sie über und über behängt. Wieschen, wo kannst du das verantworten, daß deine Kinder laufen lernten ohne goldene Armbänder? Wieschen, dau hast dich versündigt an deinen Kindern. – Jürnjakob, lat dat Drähnen sin. Aber erzähle man weiter. – Ja, auch Straßenarbeiter und Kohlenträger hab ich gesehen, die trugen bei der Arbeit auch dicke, goldene Siegelringe.

So, nun hab ich davon genug gehört, sagte sie und nahm einen andern Strumpf zum Stopfen vor. Siegelringe, Armbänder, weiße Schuhe, weiße Kleider, goldene Uhren, die nicht gehen – es ist schade, daß Luther das nicht mehr erlebt hat. – Warum ist das schade? – Oh, ich meine man; dann hätte er das doch gleich mit aufnehmen können bei dem, was hier in Amerika so zum täglichen Brot in der vierten Bitte gehört. – Wieschen, sage ich, da hast du wieder mal recht. – Na, sagt sie, nu erzähl man weiter, wenn du sonst noch was gesehen hast. Oder bist du nun fertig?

Noch lange nicht, sage ich. Was ich da alles gesehen habe, das langt für einen ganzen Berg von Strümpfen zu stopfen. Da war noch das Kauen. Sie sagt: Na, darum brauchst du nicht nach Chicago zu fahren. Das kannst du hier auch haben, wenn du dich mit deinem Butterbrot vor den Spiegel stellst. – Wieschen, paß Achtung und laß mich ausreden. Das war ein anderes Kauen als hier auf der Farm, und kein nahrhaftiges. Sie kauen dort alle, und es war gar nicht Vesperzeit. Szüh, die Alten kauen Tabak und die jungen Shewing-gum, das meint Kaugummi. In der Schule kauen sie dort auch und in der Kirche. Und dazu spucken sie, so fein kann das keiner im ganzen Grabower Amt, nicht mal der Landdrost.

Auch fuhr ich mit der Elektrischen. Vorn steht der Fahrer. Der spuckt nach vorn. Das tut er im Durchschnitt an jeder Straßenecke. Denn da muß er halten. Da hat er Zeit zu spucken. Hinten aber steht der Schaffner. Der spuckt nach hinten. Aber nur beim Fahren. Beim Halten hat er keine Zeit dazu. Szüh, so lösen sie sich beim Spucken ab. Und wenn du dann durch den langen Wagen gehst, dann sitzen da zwei lange Reihen von Menschen, die reißen den Mund weit auf und schmeißen den Gummi rum auf die andere Seite. Dann kauen sie weiter, und weißt du, Wieschen, woran ich da gedacht habe? – Ne, sagt sie, das weiß ich nicht. Woran hast du gedacht?

Ich sage: An meinen alten Bauern hab ich gedacht. – Warum an deinen Bauern? – Ja, als ich da so durchging durch den langen Gang in der Elektrischen, das war akkrat so, als wenn Hannjürn Timmermann über die große Diele ging. Bloß, der Wagen war schmaler. Da standen die Kühe auf beiden Seiten der Diele und kauten und klappten mit dem Maul immer auf und zu. Ja, akkrat so war das hier auch.

Na, sagt Wieschen, dann wollen wir uns man freuen, daß du wieder da bist, und ich will dir man noch eine Tasse Kaffee einschenken, wo dir vom vielen Erzählen doch der Mund trocken geworden ist. – Ja, sage ich, das tu denn man. Doch schenke dir auch noch eine ein. Dann tut es mir auch besser schmecken. Die letzten Strümpfe können bis morgen warten. – So freuten wir uns zusammen, daß wir auf der Farm wohnten und nicht in der Stadt.

Szüh, dat heff ick all's in Chicago belewt, as ick Deinstmätens meiden wull.

 

Wieschen liegt im Schaukelstuhl und kuckt in die Luft. Der Schaukelstuhl, das ist so eine Leidenschaft bei den Frauen hierzulande. Das ist, als wenn wir zu Hause als Jungs Wippwapp spielten. Er muß hier in jedem Hause sein. Wieschen hat das hier auch schon gelernt. Wir werden in Amerika zuletzt auch alt und müde. Ich fange an, einen griesen Bart zu kriegen, und meine Müller wollen nicht mehr so recht mahlen. Sie werden wackelig und fallen aus. Ich kann die Krusten nicht mehr so recht beißen. Aber lesen kann ich noch ganz gut ohne Brille. Dabei brauche ich noch keinen langen Arm zu machen. Schreiben kann ich auch noch bannig fix. Wir müssen das Arbeiten nach diesem doch langsamer angehen lassen. Es ging all die Jahre ein bißchen forsch auf die Knochen los, und man bloß im Winter sind wir auf kurze Zeit zur Besinnung gekommen. – Jetzt kommt Besuch. Die Bell hat gerungen. Jetzt springt Wieschen auf. Jetzt ist sie nicht mehr alt und müde. Un ick legg de Fedder ok dal; nahsten schriew ick wieder. Dat is uns' Nahwer, un ick weit all, wat hei will. Ick sall sin Kalwer de Hürn afsagen.

Ein amerikanischer Farmer muß alles können und alles sein: Zimmermann, Tischler, Stellmacher, Schmied, Maurer, auch mal Schuster. Er muß auch seine Maschinen handzuhaben wissen. Ich hab mir ein paar kleine Werkstätten eingerichtet. Auch eine Maschine zum Eisenbohren mußte ich mir besorgen und viele Bolzen. Sonst muß man immer im Town liegen, und dabei kommt nichts raus als bloß das Geld aus der Tasche. Wir machen uns alles selbst, was wir brauchen. Wir machen uns frei vom Town, soweit es geht. Man vertrödelt dort sonst auch zu viel Zeit. – Wir haben uns hier jetzt einen Brunnen machen lassen, 250 Fuß, und eine Windmühle darauf, die Wasser pumpt. Das war zu Anfang auch die umgekehrte Welt in meinen Augen. Ich dachte: Woans soll das wohl angehen, daß eine Windmühle Wasser mahlt? Aber das lernt sich hier alles viel leichter als in der alten Heimat, und wir sind fix dahinter her, daß wir lernen.

Eine große Farm mit voller Wirtschaft, daß alles flott vorwärtsgeht, da gehört vieles zu. Ich hab eine Kornmähmaschine, eine Grasmähmaschine, eine Heuharke für zwei Pferde, einen Heuauflader, den siehst du auf dem Bild, das ich mitschicke. Das hat Heinrich aufgenommen, als er in den Ferien mit seinem Abnehmerdings hier war. Eine Scheibenegge, eine gewöhnliche Egge, Pflüge und Schaufelpflüge, das Korn zu bearbeiten, eine Säemaschine. Natürlich auch was zum Heuabladen und zum Dungaufladen. Ein neuer Kornpflanzer soll noch kommen. Der Kaufmann hatte keinen mehr, aber er hat ihn geordert. Wenn ich Korn sage, das meint immer Mais; das meint nicht Roggen wie bei euch. Das ist so eine Gewohnheit in Land Amerika. Man bloß hölzerne Handharken wie drüben haben wir hier nicht. Was man nicht mit der Forke fassen kann oder mit der großen Harke, die von Pferden gezogen wird, das bleibt liegen. Das ist hier anders als bei euch. Ihr müßt alle Halme und alle Ähren und jeden kleinen Loppen (Büschel) Heu treu zusammenharken. Das ist, weil ihr in Deutschland so dicht auf einem Dutt wohnt und wenig Land habt. Wenn es hier soweit ist, dann werden die kleinen Handharken auch wohl noch aufkommen. Es ist auch schade um jede Ähre, die verlorengeht, denn Gottes Segen liegt darauf. Aber uns fehlt die Zeit und die Mannschaften zum Nachharken. So bleibt es liegen.

Lieber Freund, ich kann dir mitteilen, mit dem Nachharken auf dem Felde ist das ähnlich so beschaffen wie bei den Alten, wenn sie ihr Leben noch mal nachdenken. Solange der Mensch jung ist, ist das anders. Da macht er lange Schritte. Da geht er hin. Da kümmert er sich nicht um das, was hinter ihm liegenbleibt. Er hat keine Zeit dazu. Aber wenn er alt wird, dann geht er in Gedanken sein Leben noch einmal durch und zweimal und oft. Da sammelt er dies auf und das. Es ist eine Arbeit, bei der er sich gut besinnen kann, wie er sein Leben gemacht hat. Siehe, ein alter Mensch geht mit der Harke den Weg seines Lebens gern noch mal lang. Meist findet er bloß noch Stoppeln; da ist nichts mehr zu machen. Er kann nicht noch mal von vorn anfangen mit Pflügen, Säen und Ernten. Aber dann und wann sind noch ein paar Ähren liegengeblieben, die er vergessen hat. Die sammelt er auf, wenn er in die Jahre kommt, und er tut das gern.

Meine Farm hält 320 Acker. Das nennt man hier eine große Farm. Eine mittlere rechnet 80-160 Acker. Eine solche zu 160 neben der großen gehört mir auch; aber ich hab ein paar Häuser daraufgesetzt und sie verrennt, das meint verpachtet. Die Wirtschaft wurde mir sonst zu weitschichtig. Das macht man hier meist so, wenn der Platz über 320 Acker hinausgeht. Für gewöhnlich rechnet man 160 Acker als eine Farm, weil die Regierung das von Anfang an als eine Heimstätte an die Ansiedler abgab. Sie hat alles Land in Quadratmeilen abmessen lassen, und ein öffentlicher Weg, eine Road, geht ringsherum. So kommen auf jede Quadratmeile vier Farmen zu 160 Acker. Was eine kleine Farm ist, die rechnet so ungefähr bis 80 Acker. Was ein Acker ist, das mußt du auch wissen. Das sind 160 Quadratruten mecklenburgisch Maß. Einen Morgen kennst du, das sind 120 Ruten. Darum ist ein Morgen dreiviertel Acker. So weißt du, wie groß ein Acker ist. Eine große Farm gibt über 50 000 Ruten. Das sind zwei Bauerstellen, wie unser Dorf sie hat.

Lieber Freund, du siehst, das ist wirklich wahr geworden, was der Tagelöhnerjung im Hornkatener Sand von den beiden Herden träumte, als er auszog in ein fremdes Land. Wir haben alles plenty: plenty Land und plenty Vieh. Aber es kostete auch plenty Schweiß.


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