Johannes Gillhoff
Jürnjakob Swehn der Amerikafahrer
Johannes Gillhoff

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Für seine Frau haben wir gesorgt. Sie ist immer ein treues Glied der Gemeinde gewesen, und er hatte doch das geistliche Amt. Bloß Geld war nicht da, und als der Mann tot war, ging es ihr und ihren Kindern man zeitlich. Da hat sie ganz gern die Hand aufgetan, wenn einer ihr da was reinlegte. War es wenig, dann sprach sie: Vergelt's Gott, wenn's der Wind nicht wegweht! War es mehr, dann sprach sie: Danke christlich! denn sie war eine fromme Frau. Aber aus der Hand in den Mund leben, das geht nicht für die Dauer. So haben wir ihr ein kleines Haus hingesetzt und etwas Gartenland dazu vermacht, bis die Kinder groß sind. Darum hat sie keine Sorgen und sitzt an jedem Sonntag auf ihrem alten Platz unter der Kanzel. Von da aus konnte sie ihren Mann immer arbeiten sehen und stolz auf ihn sein.

Man bloß, sie ist beinah blind geworden. Aber eins von ihren Mädchen führt sie an der Hand in die Kirche, und sie ist immer eine von den Letzten. Der Pastor hat sie schon mal verwarnt. Da hat sie gesagt: Herr Pastor, wenn Ihr aufwacht, dann könnt ihr genau sehen, ob es Tag ist oder Nacht. Ich kann das nicht mehr so sehen. Aber wenn der Tag kommt, daß die Blinden sehend werden, dann will ich mich sputen, wie geschrieben steht: Die Letzten werden die Ersten sein. Wenn Ihr dann die Predigt tut, sollt Ihr nicht über mich zu klagen haben. – Da hat sich der Pastor richtig verstutzt und ihr nichts mehr gesagt. Als wir ihr das Haus bauten, haben alle was gegeben. Aber sonst ist mancher in der Gegend, der sein gutes Auskommen hat und dabei vor Geiz vorn und hinten stinken tut. Von einem solchen will ich dir eine Geschichte erzählen. Aber es wird wohl ein paar Wochen dauern, bis ich dazu komme. –

So, nu stek di de Piep an, un denn hür tau! Du kennst wohl noch Hans Jahnke aus Menkendorf von der Dienstschule her. Er war Kuhjunge bei Karl Busacker, und seine Frau stammt aus Tewswoos. Er arbeitet auf Wochenlohn und wohnt mit Frau und sechs Kindern fünf Treppen hoch in Milwaukee, denn es geht ihm man mäßig. Aber sein Onkel Jochen Penningschmidt ist reich und hat keine Kinder und wohnt hier ein paar Meilen Süd auf seiner Farm. Der besucht ihn im Herbst und liegt ihm acht Tage lang auf dem Hals. Dabei erzählt er, daß er 115 Fuder Heu eingefahren hat und zwölf Dollars das Fuder kriegen kann. Er will aber warten, bis er dreizehn kriegt. Für seine Milch hat er von der Käsefabrik einen Wechsel von über 900 Dollars erhalten, und dann kriegt er noch viel Geld für Korn, Hafer, Gerste, Kartoffeln und Gemüse. Auch hat er viel Geld auf Interessen. Das zählt er dem andern so vor, und dabei folgt er die Hände über den Bauch und spricht fromme Wörter von Gottes Segen. Denn er ist ein gottseliger Mann, wenn's nichts kostet.

Hans Jahnke wundert sich mächtig und sagt: Na, wenn du so im Fett sitzt, wieviel Kirchenbeitrag zahlst du dann das Jahr? So fragte er, weil er ein frommer Mann war und nicht bloß in Wörtern. Der andre will erst nicht mit der Sprache raus, dann sagt er: Oh, was meinst du wohl, ich zahle 8 Dollars! – Was? Nur acht Dollars? Und ich zahle bei meiner Armut alles in allem rund dreißig Dollars! Dabei wundert er sich noch mehr über den Alten. Als Jochen abreiste, hat er den Kindern nicht mal einen Cent geschenkt, aber eingeladen hat er die ganze Familie. Die Frau sagt: Ja, ich wollte auch gern mal wieder ein Kornfeld sehen und wissen, wie Landbutter schmeckt. Aber es sind 250 Meilen. Wenn du für die Reisekosten aufkommst, wollen wir dich gern besuchen. Der Onkel meint: Das wird sich schon finden, und hin reist er. Im nächsten Sommer schrieb die Frau an ihn, woans es mit der Reise wäre. Aber er antwortete nicht.

Es geschah aber, daß Jahnke von einem andern Verwandten in der Gegend eingeladen wurde. Der schickte auch gleich das Reisegeld. Er fährt hin, und seine Kinder trinken Milch wie die Börnkälber. Er muß auch den Pastor besuchen. Der hat sieben Kinder. Die dreizehn Gören schlafen auf einem großen Strohlager. Der Pastor sagt: Na, wenn sich eins davon im Stroh verkrümelt, dann bleibt das Dutzend immer noch voll. Jahnke kuckt das Nest voll an und meint: Herr Pastor, Gott hat Euer Haus gesegnet. Eure Kinder sind nach dem Wort der Schrift wie die Ölzweige. Ja, lacht der Pastor, die Zweige sind da, aber mit dem Öl im Krug und mit dem Mehl im Cad ist es man knapp bestellt. So sprach er, denn er hatte damals nur seine vierhundert Dollars. – Ihr habt hier aber doch Farmer, die was in die Suppe zu brocken haben. – Haben wir, aber sie brocken man nicht in unsre Suppe. – Ich kenne hier einen, der hat das letzte Jahr seine 115 Fuder Heu eingefahren und für seine Milch –. Ja, für seine Milch hat er von der Käsefabrik einen Wechsel von über 900 Dollars erhalten, und mit seinem Namen heißt er Penningschmidt. – Und das ist mein Onkel. – Und Kinder hat er nicht. – Warum greift er denn nicht in die Tasche?

Da lachte der Pastor und sprach: Vor Weihnacht begegnete er mir auf der Landstraße. Er fuhr Holz nach dem Town, gutes, trocknes Hartholz, und ich wollte zu einem Kranken. Da hielt er still und sagte, er wollte mir dies Jahr auch eine Freude machen zu Weihnacht und meiner Frau auch. Ich kenne ihn schon lange Jahre, darum dachte ich: Abwarten! Aber einige Tage vor Weihnacht ließ er wahrhaftig eine Fuhre Holz bei mir abladen. Man bloß, es war grünes, und olmiges war auch dazwischen. Na, etwas ist besser als nichts. Meiner Frau hat er auch einen großen Packen geschickt. Das war Rindfleisch und noch ziemlich frisch. Man bloß, der liebe Mann hatte aus Versehen lauter Knochen zu fassen gekriegt, und Knochen haben wir selbst so viel in unserer Familie, daß wir damit auskommen. Na, eine Mahlzeit gab es her, mehr aber auch nicht.

Nu glöwst du woll, dat de Geschicht tau Enn' is? Lieber Freund, ich kann dir mitteilen, daß du dann einen Mißglauben in dir hast. Denn bald nach Neujahr kam Penningschmidt zum Pastor. Der nötigte ihn zum Sitzen, aber er wollte nicht. Er hatte was auf dem Herzen. Er drehte seine Mütze in der Hand, und das tut der Mensch nur, wenn er was auf dem Herzen hat. Zuletzt kam er auch damit raus: Herr Pastor, ich wollte man anfragen, ob das Holz richtig angekommen ist. Ich will's Ihnen billig machen: vier Dollars für die ganze Ladung. Dabei schielte er in die Ecke hinein. Da stand der segnende Christus und wunderte sich. Es war aber schade, daß da nicht Christus der Tempelreiniger stand. Der wäre nicht stehengeblieben vor Verwunderung. Der hätte ihn Hals über Kopf zur Tür hinausgejagt, wie Matthäi 21 geschrieben steht.

Der Pastor war so verstutzt, daß er kein Wort sagen konnte. Darum griff er in die Tasche und gab ihm das Geld, denn er ist nicht der Mann von solchen Wörtern, wie sie bei solchen Gelegenheiten paßlich sind. Aber da kam zum Glück seine Frau rein. Die hatte hinter der Tür gestanden und gehorcht, so ungefähr, wie Sarah tat. Das war dem Manne sein Glück, denn sie kannte die Wörter, die ihm fehlten. Und das war Penningschmidt sein Unglück. Er wollte fort. Er kannte die Frau. Aber sie stand vor der Tür wie einer von den Cherubs, daß er nicht ausritzen konnte. Na, sagte sie, eine Quittung brauchen wir wohl nicht, daß Ihr das Geld für Euer Weihnachtsgeschenk richtig erhalten habt. Nein, sagte Penningschmidt, wo kann das unter Christenmenschen wohl angehen, daß da eine Quittung nötig ist. – Schön, was kosten denn die Knochen von der alten Kuh? – Oh, das schöne Fleisch soll gar nichts kosten, antwortete Penningschmidt und fingerte mit den Augen wieder in der Ecke rum, wo Christus stand. – Na, das freut mich, und ich sehe, daß Ihr die Predigt vom Herbst her gut behalten habt. Da habt Ihr ja noch Mittag bei uns gegessen, und ganz umsonst. Das war ja die Geschichte von dem alten Kamel, das absolut durch ein Nadelöhr durchwollte und konnte nicht, und von dem Geizigen, der nicht ins Reich Gottes reinkommen konnte. Das ist eine schöne Geschichte zum Nachlesen für jedermann. – Ganz meine Meinung, Frau Pastorin, sagte Penningschmidt und zählte das Geld in der Tasche nach; ganz meine Meinung, denn der Geiz ist die Wurzel alles Anfangs. – Ihr meint: Der Geiz ist die Wurzel alles Übels. – Ja, Frau Pastern, as ick segg: Der Geist ist die Wurzel alles Anfangs. – Da ging er hin. Der Pastor und seine Frau haben sich erst geärgert, denn das Geld war knapp bei ihnen. Nachher aber hat das Lachen überhand genommen, und das ist auch gut, denn wenn der Mensch lachen kann, das bekommt ihm besser, als wenn er sich bloß ärgern kann.

Nu glöwst du woll, dat de Geschicht tau Enn' is? Lieber Freund, ich kann dir mitteilen, daß du dann einen Irrglauben in dir hast. Denn nun kommt das dicke Ende, und das ist zum Lachen geworden für unsre ganze Gegend. Als Jahnke die Geschichte von dem Weihnachtsgeschenk hörte, da ergrimmte er in seinem Herzen, weil das in seiner Freundschaft passiert war. Darum arbeitete er mit seinem Vetter einen richtigen Plan aus, wie sie den Alten strafen und bekehren wollten. Denn christliche Wörter nützten bei dem nichts. Der mußte auf amerikanisch bekehrt werden. In den nächsten Tagen reisten die beiden viel in der Gegend rum, und siehe, es wurde eine richtige Verschwörung und Strafexpeditschon gegen den alten Geizhammel. Penningschmidts hatten seit vielen Jahren keinen großen Besuch bei sich gesehen. Das kostete zu viel. Sie fuhren bloß zu Besuch bei andern. Das war billiger. Jetzt kam Leben in die Bude. Jetzt schickte Jahnke sein Vetter einen Botschafter an ihn: Nächsten Sonntag nach der Kirche kommt großer Besuch. Dazu haben wir uns schon lange gefreut. Wir wollen einen fröhlichen Tag mit euch verleben, wo wir doch so gern bei euch sind. Richtet euch ein, denn wir wollen zu Mittag bei euch essen!

Und siehe, das war eine richtige Völkerwanderung, was am nächsten Sonntag, als die Kirche aus war, nach Penningschmidts Farm zog. Da kamen alle seine Freunde und Verwandten über die Berge dahergezogen. Und wer nicht mit ihm verwandt war, der kam auch, denn er hatte rundgegessen bei allem, was für ihn erreichbar war im Country. Und es waren bei 35 Mann. Als sie ankamen, da trat die Frau ihnen entgegen; ihre Augen waren voll Entsetzen, und sie sprach: Was wollt ihr hier? – Euch eine Freude machen! sagte der eine und sprang vom Wagen. Wo wir so lange nicht bei euch gewesen sind, sagte der zweite und kletterte vom Pferde. Essen! der dritte. Aber nicht zu wenig! der vierte. Spute dich, denn wir sind hungrig! der fünfte. So füllten sie das Haus mit ihrem Lachen. Aber die Frau lief und suchte ihren Mann. Der hatte sich hinten im Garten versteckt. Da kaute er an seinen Stachelbeeren rum und fand keinen Rat.

Endlich war der Tisch gedeckt, aber die Hälfte konnte man sitzen, die andern mußten so lange warten. Zuletzt kam das Dienstmädchen mit einem großen Teller. Da sahen alle Augen auf den Teller und waren neugierig. Und was meinst du wohl, was da auf dem Teller lag? Ein ganzes Huhn und nicht mehr. Das hielt seine Beine nach oben, als wollte es sagen: Es ist nicht meine Schuld. Da sprach der eine: Was ist das unter so viele? Da sprach der andere: Es ist mir leid um meinen schönen Hunger. Und der dritte: Soll ich ungegessen von euch gehen? Der vierte: Wir wollen eure Schinken und Würste mal in Bewegung setzen, sonst verschimmeln sie. Da sprachen sie alle: Die Sache hat euch übernommen. Es ist billig und recht, daß wir euch helfen, wo wir euch doch die Umstände machen.

So liefen sie in die Speisekammer und holten Schinken und Wurst. Andre aber machten sich mit den Hühnern zu schaffen, die auf dem Hof rumliefen, und brachten sie in die Küche. Und sie aßen und wurden alle satt. Aber es dauerte bis gegen den Abend. Denn sie aßen erstens aus Hunger und zweitens aus Rache und drittens noch einmal. Penningschmidt und seine Frau aber saßen da und legten die Hände in den Schoß und sagten nichts und taten nichts; bloß blaß sein taten sie. Nachher aber zogen die Gäste wieder fort unter Loben und Danken und sprachen: Du wohnst hier sehr schön, Penningschmidt, aber du bist zu sehr für die Einsamkeit. Es hat uns hier schön gefallen bei dir. Wir werden dich öfter besuchen, wo du doch einen christlichen Lebenswandel führst und gastfrei bist ohne Murmeln.

Er aber war wie ein geschlagener Mann und lächelte mit Wehmut. Im nächsten Jahr hat er nicht mehr acht Dollars Kirchenbeitrag gegeben, sondern fünfzig. Denn der Grund zu dem Strafessen und Überfall auf seine Hühner und Würste war ihm auf Umwegen bis an seine Ohren hinangekommen. Als wir merkten, daß er Angst hatte, da haben wir ihm in aller Freundschaft gesagt, wir würden nächstens mal wieder kommen, denn es hätte uns sehr schön bei ihm gefallen. Siehe, so hat er sich allmählich schon auf hundert Dollars gesteigert. Siehe, so haben wir ihn auf amerikanisch bekehrt. Ja well.

Das ist eine wahre Geschichte, und der dir das erzählt hat, der ist mit dabeigewesen und hat mit eingehauen. Die Geschichte kannst du ruhig vorlesen in deinem Dorf: daraus kann mancher lernen und einen Augenspiegel nehmen. Penningschmidt hat das auch getan, und Penningschmidts wird es bei euch auch wohl geben. Bloß, sie heißen mennigmal mit ihrem Namen anders. – Wieschen hat das Bekehrungsessen nicht mitgemacht. Sie sagte, das wäre ihr zu schanierlich. Aber ausgefragt hat sie mich nachher bis auf den letzten Wurstzipfel. Frauensleute sind neulich (neugierig).

Unsre Kirche hat auch vier Wände. Darin ist sie grade so getrachtet wie eure. Bloß die vier Wände stehen hier dichter zusammen. Dafür ist sie sonntags auch voller als eure. Wir haben hier auch mehr Interesse an Kirchensachen. Wir haben hier nicht bloß zu zahlen. Wir haben da auch mit zu sagen und zu beschließen. Hier sucht der Pastor auch seine Leute auf. Er wartet nicht, bis sie zu ihm kommen. Ja, jetzt ist das alles hier bei uns in Ordnung. Aber zu Anfang, da war es nicht so. Meine Farm lag mitten im Busch. Da kam mein Stammhalter an und wollte getauft werden. Es war nicht leicht. Denn zu einer richtigen Taufe gehört nicht bloß ein Junge; nein, da ist auch ein Pastor nötig. Mit dem Jungen hatte es seine Richtigkeit, ja well. Siehe, er wog nüchtern seine neun Pfund. Aber mit dem Priester, das war schlimm, denn da war bloß ein methodistischer in der Gegend. Der hatte die Angewohnheit an sich, daß er seine Stelle alle zwei Jahre wechselte. Er sprach: Gott hat mich gerufen! Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, der Mann hat sich da oft verhört. Die Frau hatte es schlimm, denn sie mußte immer das Packen besorgen. Seine Hühner waren es schon gewohnt. Wenn er in den Stall reinkuckte, dann legten sie sich gleich auf den Rücken und hielten die Beine hoch. Sie dachten: Nun geht das Elend mit dem Umzug wieder los. Aber wir wollen uns man fix die Beine zusammenbinden lassen, daß wir zur rechten Zeit fertig sind und mitkommen.

Von den Methodisten muß ich noch ein paar Wörter machen, weil wir doch so viele bei uns haben. Ich bin auch ein paarmal auf ihren Versammlungen gewesen. Da predigte und schrie der Priester auf die Versammlung los, daß sie sich bekehren sollten. Er erzählte Bekehrungsgeschichten und predigte vom Jüngsten Tag und vom Feuer in der Hölle. Auch von den Frauensleuten schrien welche dazwischen. Aber es wollte sich keiner bekehren. Da schrien sie noch doller. Sie schrien so durcheinander, daß nichts mehr zu verstehen war. Aber es wollte sich noch keiner bekehren. Bloß schwitzen und seufzen taten viele, und am meisten schwitzte der Priester. Dann erzählte er greuliche Geschichten von Menschen, die sich nicht bekehren wollten. Da war der Teufel mit Gestank gekommen und hatte ihre schwarze Seele geholt, so daß sie in Verzweiflung gestorben waren. Da kamen dann zuletzt zwei oder drei alte Frauen nach vorn. Sie weinten und jammerten und warfen sich auf die Bußbank. Na, das war doch wenigstens was.

Mir kam auch mal einer von den methodistischen Leuten ins Haus. Er wollte mich bekehren, und Wieschen gibt ihm zu essen und zu trinken. Er jammerte über meine Seele. Er predigte sich in eine große Hitze hinein. Aber dabei gingen seine Augen vom Schinken zur Wurst und von der Wurst zum Schinken. Er stürmte mit Geschrei auf mich los und wollte mich mit Gewalt bekehren. Aber dabei säbelte er ein paar mächtig dicke Scheiben Schinken herunter. So sprach ich: Ich sehe, daß du auch am liebsten Schinken magst. Aber wenn du geistlich sein willst, dann sei geistlich; und wenn du weltlich sein willst, dann sei weltlich. Geistliches und Weltliches in einem Pott, das gleiche ich nicht. – Da hat er mit Bekehren und Jammern nachgelassen. Da hat er mich bloß noch mit ein paar frommen Wörtern ermahnt. Da war er ein ganz vernünftiger Mensch, und Wieschen ihre Wurst hat er auch noch gelobt.

Nein, einer von der Sorte sollte unsern Jungen nicht taufen. Als lutherische Christen wollten wir zum lutherischen Priester. Als Wieschen wieder so weit war, machten wir uns darum auf den Weg. Ich mit dem Jungen vorauf, sie hintendrein. Wir gingen zwei Tage. Die Nacht blieben wir bei einem Farmer aus Norwegen. Wir kannten ihn nicht. Wir haben ihn nie wieder gesehen. Er nahm uns auf. Seine Frau hat Gutes an uns getan.

Am andern Morgen zogen wir weiter. Der Weg war schlecht. Er war wie ein Regenwurm, der auf Irrwegen ist. Bald gingen wir rechts durch den Swamp, bald links durch den Busch. Dann wieder über dicke Baumstubben. Einer war so dick, da sagte ich zu Wieschen: Wieschen, sagte ich, wenn du willst, können wir mal einen Schottschen drauf tanzen. Aber Wieschen wollte nicht. Da waren so viele Wagentraden und Geleise als auf dem Bahnhof in Chicago. Man bloß, sie liefen wild durcheinander. Da war keine Ordnung und kein Gesetz, und die vielen Schlaglöcher sorgten auch dafür, daß wir nicht zu schnell vorwärts kamen. Das Gehen ging da sehr holprig. Wenn ich den linken Fuß aus einem Loch rausgezogen hatte, dann steckte ich mit dem andern schon im nächsten. Wieschen mußte ich auch oft raushelfen, und den Jungen durfte ich auch nicht fallen lassen. So kamen wir vorwärts, und am Abend des zweiten Tages waren wir beim Pastor. Da war der zehn Meilen Ost geritten, um Gesunde und Kranke zu besuchen.

Wir hatten aber Glück. Wir durften in seinem Hause schlafen, und seine Frau gab uns nicht bloß freundliche Wörter; sie gab uns auch was zu essen. Am andern Tag hatten wir noch mehr Glück. Da kam er selbst, und der Junge wurde getauft, daß es eine Lust war. So konnten wir zurückwandern. Aber der Weg war darum nicht besser geworden, daß der Junge nun auch Christ war. Auch brüllte er noch ganz heidnisch. Ihm gefiel die Wanderschaft nicht. Das dicke Ende aber kam nach.

Als wir wieder in unserer Blockhütte waren, da klappte Wieschen zusammen. Es war ihr zuviel geworden. Dann hat sie einmal um die Uhr rund geschlafen. Das war wieder gut. Aber der Junge schrie, die Kühe brüllten, die Schweine murrten: Die Wirtschaft paßt uns nicht. Wo können wir Schinken und Speck ansetzen, wenn ihr uns so behandelt! Ich ging hinaus. Ich kratzte mich hinter den Ohren. Als ich das getan hatte, sprach ich zu mir: Jürnjakob Swehn, dat Kratzen nützt hier ok nicks. Riet di man leiwer tausamen, dat Vieh un Minschen ehr Gerechtigkeit kriegen. Als ich das zu mir gesprochen hatte, da riß ich mich zusammen. Ich melkte die Kühe und gab ihnen Futter, den Schweinen Korn und Wasser, daß sie nicht mehr murrten. Für den Jungen machte ich einen Lutschbeutel, als wenn es schon der sechste wäre. So fein, sage ich dir. Wieschen kochte ich eine schöne Suppe, und dann setzte ich mich an ihr Bett und aß den Speck mal wieder über den Daumen wie in alter Zeit. Schinken und Speck ist eine angenehme Gesellschaft für eine einsame Seele. – Ja, zu Anfang hatte es in Amerika seinen Haken, seinen Jungen auf lutherisch taufen zu lassen. –


 << zurück weiter >>