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Achtes Kapitel.
Die alte Sonne scheint auch auf Wollkendorf

Als der Morgen anbrach, lag die ganze Erde unter einer dichten, schwerwogenden Nebelhülle, die vom Meere hergekommen zu sein schien und auf ihren weißen Schwingen auch den eigenthümlich salzigen Dust mitgebracht hatte, den die Fluthen der See bei gewissen Windströmungen auszuhauchen pflegen. Erst gegen sieben Uhr lichtete sich die träge Dunstschicht, silberne Strahlen schossen blitzartig aus den Wolken hernieder und allmälig tauchten aus ihren nächtlichen Schleiern die grünen Bäume hervor, deren Wipfel sich bald mit goldigem Glanze füllten, wie ihn etwas später auch der mit diamantenen Thautropfen besäete Rasen schimmern ließ.

Paul war erst gegen sechs Uhr aus unruhigem Schlaf aufgewacht, und als er sich besann, was gestern geschehen war und heute geschehen sollte, fuhr er fast erschrocken in die Höhe, als wundere er sich, wie er bei solchen Aussichten noch so lange habe in träger Ruhe verharren können. Bald nach ihm erhob sich auch der Professor, und als sie sich Beide begrüßt und einen angenehmen Tag gewünscht, kleideten sie sich rasch an und traten in den Saal, wo sie den Frühstückstisch von der immer thätigen Haushälterin schon gedeckt fanden.

Unmittelbar nachdem er seinen Kaffee getrunken, setzte sich der rechenlustige Professor an den Arbeitstisch, Paul dagegen, der vom Fenster aus eben den ersten Sonnenstrahl durch die Nebelschichten zucken sah, dürstete nach der frischen Luft, von der er am vorigen Tage so wenig genossen hatte. Flugs nahm er Hut und Stock zur Hand und eilte hinaus, um zuerst den Park zu umkreisen und seinen kräftigen Gliedern eine tüchtige Bewegung zu verschaffen. So sah er denn die weißen Nebel sich verflüchtigen und die Lichter des Himmels an deren Stelle treten, aber zugleich auch gerieth er wieder in jenen schon angedeuteten Gefühlstumult, in dem er gestern Abend befangen gewesen, und er zog wiederholt die Uhr, um zu berechnen, wie viele Stunden noch verstreichen müßten, bis jener Moment eintreten würde, auf den Betty ihn einst vertröstet, als sie ihm sagte: »Es ist schmerzlich, sich trennen zu müssen, aber dafür ist das Wiedersehen um so schöner, und so sage ich: auf Wiedersehen!«

Als er sich dieser Worte von den so lieben Lippen erinnerte, kam ihm sein Leben in's Gedächtniß, wie es seitdem an bitterer Entsagung, Hoffnungslosigkeit und Mißgeschick aller Art so reich gewesen war; er durchlief es noch einmal im Fluge und wußte zuletzt nicht, welcher Empfindung er sich denn jetzt überlassen solle, der Freude oder einer bangen Traurigkeit, daß dieses endliche Wiedersehen doch kein solches war, wie er es einst selbst und vielleicht auch Betty damals im Sinn gehabt hatte.

»Doch nein,« sagte er sich endlich nach ruhiger Ueberlegung, »ich will gar keine Empfindung hegen, ja, ich will sogar meine viel zu weit schweifenden Gedanken im Zaume halten, denn alles Denken, Wünschen und Hoffen nützt zu gar nichts; die Wirklichkeit des Lebens ist unser einziger machtvoller Gebieter und seinem tyrannischen Willen müssen wir uns ergebungsvoll beugen. Komme also, was wolle, ich will meinem Schicksal auch heute ruhig wie immer entgegengehen, und wenn mir Freude bewahrt ist, will ich sie dankbar annehmen, und wenn eine neue Trauer, so soll sie mich nicht niederbeugen, wie mich noch keine niedergebeugt hat. So viel ist gewiß: im Ganzen stehen wir auf einem anderen Fleck als damals, wir sind älter und vernünftiger geworden, wir haben Erfahrungen gesammelt, und so müssen wir auch gegen die uns aufbewahrten Schläge des Schicksals gerüsteter sein denn je.«

Aber ach! Der Mensch sei ruhig und gefaßt, wenn das Herz unbewußt in trunkenen Schlägen hämmert, wenn der Wünsche formende Geist sich dem männlichen Willen widersetzt! Und das dunkel webende Gefühl war heute stärker in unserm Freunde als aller Geist und alle Willenskraft, und so beherrschte es ihn wider seinen Willen und trieb ihn hinaus in die weit umherliegenden Felder, da ihm selbst der große Park unvermuthet zu eng, zu klein, zu kerkerhaft klein erschien.

Als er so die alte Kastanienallee, die zwischen dem Mausoleum und dem Pachthause lag, auf einem von ihm bisher noch nicht betretenen Wege kreuzte und nun endlich die grünen Felder erreichte, war der Nebel schon fast ganz von der Erde gewichen und so nahm er deutlich in der Ferne einen Reiter auf einem schönen weißen Pferde wahr, der auf einem Feldwege eilig dahergesprengt kam, als hätte er einen weiten Weg zurückzulegen und müsse sich beeilen, sein Ziel zu erreichen. Der Mann saß gut und stolz im Sattel und hatte das edle Thier völlig in seiner Gewalt. Als er sich Paul näherte, brachte er es in langsameren Lauf und endlich hielt er es dicht neben dem einsamen Wanderer ganz an.

»Guten Morgen, Herr Baumeister!« rief ihm der Rentmeister entgegen und schwenkte fast vertraulich seinen Hut. »Schon so früh auf den Beinen? Ei, Sie haben wirklich Anlage, mit der Zeit ein tüchtiger Landmann zu werden.«

»Sie gehen mir mit gutem Beispiel voran,« erwiderte Paul, höflich den gebotenen Gruß zurückgebend, »denn Sie sind gewiß schon früher im Freien und thätiger als ich gewesen.«

»Das ist meine Schuldigkeit, Herr Baumeister. – Aber was treiben Sie denn im Schloß, ich habe Sie ja mehrere Tage nicht gesehen?«

»Da hätten Sie uns besuchen sollen, Sie hätten uns helfen können; wir haben Vieles zu thun und zu besichtigen vorgefunden.«

Der Rentmeister lächelte auf seine zurückhaltende Weise und streichelte seinem schönen Pferde dabei den stolz gebogenen Hals. »Das glaube ich wohl,« erwiderte er. »Sie werden in Wahrheit Manches zu betrachten haben, was Ihr Herr Onkel kaum eines Blickes gewürdigt hat. Haha! Wie die Menschen doch so verschieden geartet sind! Der Eine findet den größten Schatz in Büchern, der Andere im Grund und Boden und der Dritte im Geld. Welchem von den Dreien haben Sie denn Ihre Neigung geschenkt, wenn ich fragen darf?«

»Allen Dreien, Herr Rentmeister, nur will Jedes seine Zeit für sich haben.«

»Ah, da sind Sie ganz meiner Meinung. Und nun Guten Morgen, Herr Baumeister, ich will einmal nach Cuxhafen hinüber, wo ich eine Ladung Guano erwarte, und ich muß mich beeilen, wenn ich mein Mittagbrod noch zu Hause warm finden will. Gott befohlen, Herr, und auf Wiedersehen!«

Er gab seinem Schimmel die Sporen und sprengte davon. Paul konnte es nicht unterlassen, ihm lange nachzusehen. Der Mann ritt vortrefflich und nahm sich stattlich zu Pferde aus. Dabei lag in seinem ganzen Wesen eine Sicherheit und ein bewußtes Selbstgefühl, welches Paul fast unwillkürlich bewundern mußte, trotzdem er nicht umhin konnte, in seinem Innern dasselbe zu bezweifeln und immer ein unklares, der Warnung verwandtes, instinctartiges Gefühl ihn ergriff, wenn er in die Nähe dieses Mannes kam und sein unstätes Auge, seinen dämonisch aufschauenden Blick und seinen raubthierartigen Unterkiefer sah, welches Alles ihm immer mehr auffiel, je häufiger es vor sein Auge trat, wozu freilich die dunklen Andeutungen das Ihrige beitragen mochten, welche Frau Dralling mit so entschiedener Sicherheit ihm zugeraunt hatte.

Gegen zehn Uhr traf Paul nach einem weiten Spaziergange wieder im Schlosse ein. Man wollte heute zeitig zu Mittag speisen, um die Fahrt in das Hannöversche früh antreten zu können, und so hatte auch Frau Dralling das Frühstück eine Stunde vor der gewöhnlichen Zeit aufgetragen. Als Paul bei seinem Onkel eintrat, kam dieser ihm mit seinem alten Lächeln entgegen und reichte ihm einen Brief hin, der vor zwei Stunden im Schlosse abgegeben war.

Der kurze Inhalt desselben lautete folgendermaßen:

»Geehrtester Herr Professor! Da Sie jetzt wahrscheinlich mehr als sonst beschäftigt sind und mit Ihrem Herrn Neffen so Manches zu besprechen und zu unternehmen haben werden, wage ich es nicht, Ihnen persönlich mit meinem Besuche lästig zu fallen. Ich sehe mich daher genöthigt, Sie noch einmal schriftlich an das nach meiner Rückkehr zwischen uns geführte Gespräch zu erinnern und Sie dringend zu bitten, mir einen sicheren Bescheid, wo möglich schriftlich zu geben, daß ich am ersten October dieses Jahres aus meinem bisherigen Verhältniß zu Ihnen scheiden und mit dem bewußten ausbedungenen Zeugniß eine neue Laufbahn beginnen kann. Indem ich einer geneigten Entscheidung Ihrerseits baldigst entgegensehe, habe ich die Ehre, mit pflichtschuldiger Ergebenheit zu verharren als

Ihr gehorsamster Uscan Hummer.«

Paul ließ seine Augen längere Zeit über diese sehr schön und deutlich geschriebenen Zeilen laufen und sagte dann mit entschiedenem Tone zu seinem Onkel, indem er sie zurückgab: »Laß ihm Deine Entscheidung bald zukommen und nimm seine Kündigung zum ersten October an. Schriftliches aber gieb vor dieser Zeit keine Zeile von Dir und theile ihm also Deine Meinung mündlich mit. Er wird noch vor Tisch von seinem Ritt nach Cuxhafen zurück sein, ich habe ihn schon gesprochen, und Du hast also Zeit, diese lästige Angelegenheit abzuwickeln, bevor Du Dich – zu einem Vergnügen begiebst. Nun aber spreche ich Dir noch eine Bitte aus, die den zukünftigen Pächter betrifft. Darf ich dem Leuchtfeuerwärter Whistrup an der Kugelbaake die Stelle antragen, dem sie schon Dein Bruder früher zugesagt hatte? Der Mann ist mir von vielen Seiten als ehrlich und tüchtig gerühmt und hat vom ersten Augenblick an einen günstigen Eindruck auf mich gemacht.«

»Whistrup? Von der Kugelbaake? Will der die Pachtung übernehmen?« fragte der Professor mit freudigem Staunen.

»Ja, es ist sein heißester Wunsch, und wenn er mit mir einig wird, können wir es, denke ich, auf einige Jahre mit ihm versuchen.«

»In Gottes Namen, mein Junge, sprich mit ihm, was Du willst. Ich mag mit derlei Geschäften nichts mehr zu thun haben und das soll fortan Deine Sorge sein.«

»Ich danke Dir und werde Dir bald Rechenschaft ablegen, was Whistrup gesagt hat, denn morgen in aller Frühe denke ich ihm einen Besuch abzustatten.«

»Morgen früh? Soll ich mit Dir gehen?«

»Nein, lieber Onkel, laß mich diesmal allein gehen, ich habe noch ein kleines Privatgeschäft mit seiner Tochter abzumachen und – Du weißt, man hat nicht gern Zeugen, wenn man mit einem jungen Mädchen im Vertrauen spricht.«

»Mit der Friede?« fragte der Professor lachend. »Junge, die ist Dir doch nicht etwa auch in die Krone gestiegen?«

Es war nur ein Scherz, den der Professor hier mit lachendem Munde aussprach, aber der Blick, den sein Neffe ihm dabei zuwarf, war so ernst, daß er augenblicklich den Scherz fallen ließ und sagte: »Na, ich habe ja nur gespaßt – nimm es dem Alten nicht übel. Friede ist zwar ein artiges Mädchen, aber sie hat schon einen wackeren Bräutigam.«

»Auch das weiß ich, Onkel, und eben dieses Capitains Hardegge wegen habe ich mit ihr zu sprechen.«

»Es ist gut, es ist gut – doch da kommt die Dralling. Wir wollen frühstücken, mein Junge. So komm und laß uns ein Glas Wein dabei trinken. Weiß es der Himmel, was für ein toller Verführungsgeist in dem sauren Zeug liegt, das ich früher nie getrunken habe! Ich finde jetzt schon mehr Geschmack daran als sonst. Haha, ich sage es ja, was man nicht Alles im Alter lernen muß und kann! Vorwärts Dralling, ziehen Sie den Kork heraus und holen Sie sich auch ein Glas – denn Sie gucken gern in ein solches hinein. Es ist heute ein Feiertag und wir haben – etwas Großes vor. Bah!«

Unmittelbar vor Tisch hatte der Professor sich nach dem Pachthause begeben und den Rentmeister schon wieder daheim gefunden. Er ging diesmal, da ihm die Zeit knapp zugemessen war, rasch an's Werk, und so hatte der Rentmeister bald seinen Bescheid empfangen, seinen vorläufigen Dank ausgesprochen und nur die Bitte wiederholt, daß auch das schriftliche Zeugniß ihm zur rechten Zeit ausgehändigt werde, damit er sich mit solchem vor dem Amtmann in Ritzebüttel ausweisen könne, denn – auch hierin wolle er, wie in allem Uebrigen, sicher gehen und er möge nicht von seiner jetzigen Heimat scheiden, bevor er sich nicht aller Welt als ein Mann gezeigt, der bis auf den letzten Augenblick seine Schuldigkeit gethan habe.

Der Professor versprach in seiner Gutmüthigkeit, die Bitte baldigst zu erfüllen, und so traf er wieder im Schlosse ein, wo er Paul, der ihn bereits voller Sehnsucht erwartete, schon zu dem bewußten Ausfluge gerüstet fand.

Wie Frau Dralling vorher, so sah auch der Professor seinen Neffen mit verwunderten Augen an. Eine wunderbare Feierlichkeit schien über sein ganzes Wesen ausgegossen zu sein, welche der feine schwarze Anzug noch auffallender hervortreten ließ, und in seinem Auge funkelte ein so lebhafter Strahl, als fühle er sich muthig und kräftig genug, die ganze Welt zum Kampf auf Leben und Tod herauszufordern.

»Na, na,« sagte der Professor mit wohlgefälliger Miene, »Du siehst gut aus, Junge, und die Baronin wird sich wirklich freuen, Dich so – so munter zu finden, »Haha! Gut, gut, ich habe ja nichts dawider, aber ich bin auch muthig und kampfbegierig, und wir wollen einmal sehen, wer von uns Beiden heute seine Lanze am besten führt.«

»Ach,« erwiderte Paul mit niedergeschlagenem Auge, indem er halb und halb auf den neuen Scherz des Onkels einging, »Du magst an Jahren älter sein als ich und vielleicht einen schwächeren Arm für schwere Waffen haben, aber Dein Kampf wird leichter als der meinige sein, denn wenn ich unerwarteter Weise einen Feind vor mir finden sollte, so könnten es doch nur seelenlose Mühlen sein, und deren Besiegung, wenn sie mir gelänge, würde mir wenig Ruhm eintragen.«

»Ach, warum nicht gar! Ich glaube, nun wirst Du am Ende noch kleinmüthig! Das fehlte mir noch! Auf, raffe Dich empor und sei muthig wie sonst. Wer von uns Beiden mit Mühlen fechten muß, wird die Zukunft lehren. Ich bin mit jederlei Erfolg zufrieden, magst Du oder ich ihn erringen, jedenfalls bleibt der Sieg doch in der Verwandtschaft. – Frau Dralling, ich bitte mir meine Suppe aus!«

Onkel und Neffe hatten mit ungewöhnlicher Hast und ohne dabei viele Worte zu wechseln, ihr Mittagbrod verzehrt. Bald darauf rüsteten sie sich zu ihrer Fahrt und vernahmen mit Vergnügen die Meldung der Frau Dralling, daß der Wagen, mit Tüchern, Röcken und Schirmen wohl versehen, vor der Thür stehe. Paul war mit seinen Gedanken schon lange nicht mehr in Betty's Ruh und stieg mit sichtbarer Hast ein, ohne auf Menschen und Dinge um ihn her zu achten, so daß er nicht einmal das behaglich neckische Lächeln bemerkte, welches von Zeit zu Zeit wie ein spielender Lichtblitz über das gutmüthige Gesicht des Professors glitt. Fest in eine Ecke gedrückt, saß er schweigend da, seine Augen schweiften über die Felder, die Waldungen und Haiden, aber in Wahrheit sahen sie nichts davon, sie flogen der Oertlichkeit, die unmittelbar vor und neben ihm lag, nur immer weit voraus, um das Ziel zu erjagen, zu erfassen, nach dem nicht diese Augen allein, sondern sein ganzes Innere, Geist und Seele, Herz und Sinn mit allen Kräften und Wünschen strebten.

Als der Professor dieses mit innerer Aufregung verbundene Schweigen des jungen Mannes gewahrte und in seiner Art auch richtig zu deuten glaubte, wurde er selber still und nachdenklich, und als er plötzlich sein gelbes Quadrat wieder erkannte, das ihm am vorigen Tage so viel Unterhaltung gewährt, war er bald wieder in seinen Rechnungen befangen und achtete nun noch viel weniger auf seinen schweigsamen Gefährten. Louis, der Kutscher, fuhr heute, wo er zum ersten Mal den Herrn Baumeister in die Weite zu führen die Ehre hatte, nicht langsamer als gestern, nur folgte er der ihm schon zu Hause gegebenen Weisung, den Weg durch das Dorf Wollkendorf zu wählen, welches etwas seitwärts und etwa zehn Minuten vom Gute entfernt lag. Als er vor dem unscheinbaren Hause angekommen war, hielt er die Grauschimmel an und sagte, sich nach dem Baumeister umwendend:

»Hier ist die Post, Herr van der Bosch, ich sollte ja vor derselben halten.«

Paul fuhr aus seinen Träumen in die Höhe. Er hatte schon geglaubt, man habe das heutige Ziel erreicht. Das Wort ›Post‹ aber gab ihm Aufklärung und so stieg er rasch aus, gab sein starkes Packet selbst ab, bezahlte es und setzte sich dann wieder neben den Onkel, der sich durch das Anhalten des Wagens nicht im Geringsten in seinen Berechnungen hatte stören lassen, vielmehr die günstige Gelegenheit benutzte, um rasch einige wichtige Notizen seinem Handbuche einzuverleiben.

»Also das ist das Dorf Wollkendorf?« fragte Paul, als er wieder eingestiegen war und nun sein Auge über die öde Gasse und die kleinen Häuser rings umher gleiten ließ.

Der Professor, der die Frage zwar hörte, verstand sie nicht, nickte aber doch, als ob er sie verstanden hätte und bejahen wolle. Der Name ›Wollkendorf‹ aber hatte den Baumeister ein für alle Mal wachgerüttelt. Er lehnte sich nicht wieder in seine Ecke zurück, sondern saß aufrecht auf seinem Platz und verschlang von jetzt an jeden Gegenstand, Haus oder Baum, Weg oder Steg, mit einer fast ängstlichen Genauigkeit, und dabei schienen ihm die letzten paar Minuten viel länger zu dauern, als ihm bis jetzt die ganze Fahrt gedauert hatte.

Da sah er in nicht allzu weiter Ferne eine dichte Masse hoher Bäume aufragen, deren Wipfel sich schon reich mit grünem Laube gefüllt hatten. Das mußte der Park von Wollkendorf sein – aber wo war das Haus, das so viel bedachte und besprochene Haus, in welchem sie, die einzige Freundin seiner Jugend – die Cousine Fritz Ebeling's – Betty, ja Betty, seit Jahren, erst traurig und kummervoll, jetzt einsam und vielleicht nicht weniger traurig und kummervoll wohnte?

»Onkel,« sagte er und legte seine Hand fest auf des Professors Arm – »ist das das Gut Wollkendorf?«

Der Professor fuhr wie aus tiefem Schlaf empor, riß die Augen weit auf und starrte vor sich hin, wie ein Mann, der noch nicht klar in seinen Gedanken ist und sich erst in seine Umgebung finden muß, um sie zu erkennen und Rede und Antwort darüber zu geben. Louis aber war munterer und achtsamer gewesen als sein Herr, und so deutete er mit der Peitsche nach den hohen Bäumen hinüber und sagte, sich halb nach dem Fragenden umdrehend:

»Ja, das ist das Gut Wollkendorf. Wir fahren heute nicht von der Vorderseite heran und das Haus sehen Sie erst, wenn wir dicht davor sind.«

Er berührte seine Pferde leicht mit der Peitsche und diese flogen wie mit dem Sturmwinde dahin, bogen plötzlich rasch um die Parkecke und zwei Minuten später donnerten die Räder auf dem harten Pflaster, welches das Herrenhaus von Wollkendorf umgab.

Paul ließ einen raschen Blick über das kalte weiße Gemäuer und die im unteren Stockwerk verschlossenen Fenster des ungemüthlichen Hauses fliegen, und sein Herz pochte so gewaltig dabei, daß er die Schläge desselben in allen seinen Pulsen zu fühlen glaubte. Aber er mußte sich sammeln und seine Sinne bei einander halten. Ein Diener in Livree war schon vor die Hausthür getreten und hatte den Wagenschlag geöffnet, den Herrn Professor und seinen Begleiter mit freundlichem Gesicht willkommen heißend.

»Na,« sagte der Professor zu dem ihn unterstützenden Diener, »da bin ich schon wieder, Friedrich, ich komme jetzt oft. Ist Alles gesund und frisch?«

Der stattlich aussehende Diener nickte höflich. »Es ist Alles gesund, Herr Professor,« erwiderte er »und die Frau Oberforstmeisterin erwartet Sie schon oben.«

»So kommt,« wandte der alte Herr sich an seinen Neffen und schritt, ihm als Führer dienend, die Treppe hinauf. Paul folgte ihm fast nur mechanisch. In seinen Ohren sauste es, als ob Blutwelle über Blutwelle darin fluthete; seine starken Glieder bebten und er war einen Augenblick lang so blaß geworden, daß man ihn hätte für krank halten können. Aber dieser peinliche Zustand ging glücklicherweise schnell vorüber.

Als er die oberste Treppenstufe erreicht, öffnete sich schon eine Thür und in derselben stand mit neugierig gespanntem Gesichtsausdruck – ja, sie war es, er erkannte sie auf der Stelle wieder – Frau von Hayden, Frau Ebeling's Schwester, Betty's Mutter. Als die von ihrem langen Leiden angegriffene und von ihrer jetzigen Freude aufgeregte Frau aber auch ihn, den Freund ihrer Familie wiedersah und sich dabei augenblicklich in frühere Zeiten und Verhältnisse zurückversetzt fühlte, wurde sie tief bewegt, Thränen traten in ihre Augen und sie streckte die Hände mit zitternder Hast nach Paul aus, diesmal den Professor fast ganz außer Acht lassend, der sich auch auf der Stelle bescheiden in seine Lage fand und nur mit der gespanntesten Aufmerksamkeit die Blicke und das Benehmen der beiden Anderen verfolgte.

»Mein lieber, lieber Herr van der Bosch!« lauteten die ersten an den Ankommenden gerichteten Worte. »Ja, Sie sind es, ich sehe Sie wieder – o, o, wie freue, wie sehr freue ich mich!« Und ihre Hand preßte fest die des jungen Mannes, der anfangs vergeblich nach Worten suchte und endlich doch nur die einfachste Begrüßung, wenn gleich mit sichtbarer Wärme hervorbringen konnte.

»Sie verzeihen, Herr Professor,« wandte sich nun Frau von Hayden mit immer noch thränenden Augen an diesen – »o, ich freue mich auch, Sie zu sehen, lieber Freund, aber Sie müssen wissen – Ihr Herr Neffe und ich – wir sind alte Bekannte, und – wir haben uns lange, lange nicht gesehen.«

Der gerührte Professor reichte ihr die Hand, nickte mit schalkhaftem Lächeln und erwiderte: »Ich weiß, ich weiß, liebe gnädige Frau – der da – ist aufrichtiger gewesen und hat mir gestern Abend Alles gesagt.«

»Ich trage keine Schuld davon,« entgegnete sie rasch, »machen Sie das mit meiner Tochter aus –«

»Ja wohl, ja wohl,« nickte der Professor wieder, »und nun lassen Sie mich vor der Hand ganz bei Seite und sprechen Sie sich nur mit Dem da aus.« Und dabei ließ er sich auf einen Stuhl am Fenster nieder, von wo aus er mit stiller Aufmerksamkeit dem Gespräch der Dame und seines Neffen zuhörte, das nun allmälig in Gang kam und zuerst natürlich die Verwandten Frau von Hayden's betraf.

»Ich bringe Ihnen viele, viele und herzliche Grüße,« sagte Paul, nachdem er ruhiger geworden, da er ja bis jetzt nur Frau von Hayden vor sich sah. »Ihre Frau Schwester, Ihr Herr Schwager und Fritz, Alle sind wohl und gesund, und haben die feste Absicht, Sie in diesem Sommer hier zu besuchen.«

»Ja, das haben sie uns gestern geschrieben und ich kann sogleich Ihre Grüße erwidern, denn man hat auch uns freundliche Worte aufgetragen, wenn Sie bei uns vorsprechen sollten. Und nun sagen Sie mir, wie geht es Ihnen selber, wie ist es Ihnen ergangen, seitdem wir uns nicht gesehen, und sind Sie gern nach dem schönen Betty's Ruh gekommen, das ich leider immer noch nicht habe besuchen können?«

Während Paul sich jetzt in längerer Rede vernehmen ließ und mit seiner gewöhnlichen Ruhe und Klarheit die ihm vorgelegten Fragen beantwortete, betrachtete Frau von Hayden den schönen Mann mit steigendem Wohlgefallen. Sie gewahrte sehr bald, wie er sich zu seiner vollen Männlichkeit entwickelt, und daß ihn das Leben äußerlich nicht kärglich behandelt, sah sie an seinem blühenden Gesicht, an seiner Kraftfülle, die seit den zwei Jahren ihrer Trennung um ein Bedeutendes zugenommen hatte.

Als aber, wie es bei solchen anfangs sehr lebhaften Unterhaltungen zu geschehen pflegt, einmal eine kurze Pause eintrat, erhob sich der Professor, trat behutsam der Dame näher und fragte: »Aber wo ist denn Ihre Frau Tochter, meine Gnädige? Werden wir nicht bald das Glück haben, sie erscheinen zu sehen?«

Aus Paul's Herzen strömte bei diesen Worten eine mächtige Blutwelle in sein Gesicht und er richtete sein glühendes Auge voll merklicher Spannung auf Frau von Hayden, deren Lippen ihm jetzt eine wichtige Neuigkeit verkünden sollte.

»Ach – ja!« sagte sie etwas hastig und mit lächelnder Miene – »Betty, wo ist sie? Sie ist vorher in den Park gegangen, denn Sie wissen ja, sie hat nicht viel Ruhe im Hause. Wenn sie nicht bald kommt, suchen Sie sie vielleicht selbst im Garten auf, Herr van der Bosch?«

Diese einer absichtlichen Aufforderung auf ein Haar gleichende Frage war an Paul gerichtet, und dieser beantwortete sie sogleich dadurch, daß er sich wie eine Sprungfeder vom Stuhle erhob und schon einen verlangenden Blick nach seinem in der Nähe stehenden Hut warf.

»Ja, ja,« ermuthigte ihn der Professor, »laß Dich durch mich nicht abhalten und suche die Frau Baronin im Garten auf. Ich bleibe hier bei der gnädigen Frau, wir haben so Manches zu besprechen, wobei – wir keinen Zeugen gebrauchen.«

Diese mit sanfter Ironie gesprochenen Worte schlugen nur wie ein stiller Hauch aus der Ferne an Paul's Ohr, denn seine Gedanken waren diesem Orte schon weit entrückt. In einer Art seligen Rausches befangen, ergriff er seinen Hut, beurlaubte sich mit kurzen Worten von Betty's Mutter und, von dieser mit einigen Anweisungen versehen, wo er ihre Tochter wahrscheinlich finden würde, verließ er das Zimmer, um – endlich jenem Wiedersehen entgegenzugehen, das ihm seit gestern Abend keine Secunde aus den Gedanken gekommen war.

Aber nicht rasch, wie man sich vielleicht denken mag, trat er diesen kurzen Weg an. Nein, sobald er sich allein sah, kehrte seine Ruhe wieder und er schritt langsam und bedächtig die Treppe hinunter, als fühle er die ganze Bedeutung des Augenblicks, der ihm bevorstand. So trat er vor die Thür des Hauses, so schlug er den Weg nach der großen Allee ein, die ihm Frau von Hayden bezeichnet, und endlich lag sie vor ihm und er blickte mit kurzem Athem den langen Baumgang hinab, in welchem Betty nach der Meinung ihrer Mutter sich aufhalten sollte.

Aber er sah sie noch nicht – auch in weitester Ferne nicht, so weit die Sehkraft seiner scharfen Augen reichte. Nur grüne Blätter, halb aufgebrochene Hollunderblüthen sah er, aber dennoch schritt er ruhig, langsam, so ruhig und langsam er jetzt gehen konnte, tiefer in die Allee hinein, jeden Augenblick erwartend, die strahlende Sonne seiner Jugend, deren erstes Licht ihm schon in den freundlichen Augen ihrer Mutter aufgegangen, wie ein göttliches Geschenk vom Himmel fallen zu sehen und ihm – wenn auch nur auf einen Augenblick – das Dunkel zu erleuchten, von dem seine Seele seit Jahren umfangen gewesen war.

Von einem ähnlichen Gedanken bewegt, alle Empfindungen seines Herzens tief aufgewühlt fühlend und die blitzenden Augen, voller Sehnsucht in das ihn umgebende Blättermeer senkend, mochte er schon die Hälfte der Allee durchmessen haben, als er plötzlich, wie von einem Blitz getroffen, zusammenzuckte. Ganz am Ende des Baumganges, aus einem Nebenwege hervortretend, wurde eine Gestalt sichtbar, die nur der einen Person gehören konnte, welche allein er hier zu finden erwartete. In dasselbe schwarze Seidenkleid gehüllt, welches sie gestern getragen, das sie aber, um bequemer zu gehen, heute anmuthig aufgeschürzt, trat sie heran. Auf dem glänzenden dunklen Haar trug sie einen leichten Strohhut mit schwarzem Sammetbande, in der Rechten hielt sie einen zusammengefalteten Sonnenschirm und in der Linken ein feines Taschentuch. Die Schultern, deren üppig gebildete Formen selbst das bis zum Halse hinaufreichende Kleid nicht verbergen konnte, bedeckte kein schützendes Tuch, denn es war ja warm wie mitten im Sommer, und so kam sie leichten, elastischen Schrittes daher mit jenen naivsinnigen Bewegungen des Kopfes und der Arme, wie sie Paul noch aus früherer Zeit her kannte und die seinem Gedächtniß so fest eingeprägt waren, daß er sie schon daran allein unter Millionen anderer Frauen auf der Stelle hätte wieder erkennen wollen.

Wie gebannt stand er einen Augenblick still; das Blut schien ihm im Herzen zu stocken, die Gedanken summten ihm im Gehirn durcheinander und alle Sehkraft concentrirte sich nur in der einen, noch fernen Gestalt, welche die ganze übrige Welt aus seinem Auge, seinem Herzen verdrängt zu haben schien. Aber da stand auch sie schon in der Ferne still und faßte seine Gestalt schärfer in's Auge. Plötzlich jedoch, wie von einer und derselben Hand in Bewegung gesetzt, beschleunigten Beide ihre Schritte und fast laufend in überstürzender Hast flogen sie auf einander zu, während sich schon, noch in weiter Ferne, ihre Hände erhoben und Paul seinen Hut von dem glühenden Kopf nahm, Betty dagegen ihre Hände zusammenschlug, nachdem sie Schirm und Tuch unwillkürlich hatte zur Erde fallen lassen.

Noch ein Augenblick verging und sie standen sich Beide halb athemlos gegenüber, sahen sich wieder mit jenem tiefdringenden forschenden Blick, mit welchem sie einst geschieden waren, an, als wollten sie sich versichern, daß sie auch keiner Täuschung unterlägen, und dann fielen ihre Hände in einander, wobei aus Betty's Augen zwei große Thränen rieselten, die den ebenfalls feuchtgewordenen Augen des alten Freundes die tiefe Bewegung ihrer Seele verriethen.

»Paul van der Bosch!« klang es zuerst mit dem bekannten melodisch weichen Tonfall von ihren Lippen – Sie sind es – ich sehe Sie wieder!«

»Ja, Betty,« stammelte er – »ich bin es und ich sehe auch Sie!«

»O mein Gott, was das für eine Freude ist!« rief sie mit überströmender Herzlichkeit und drückte ihm immer wieder die Hände, und lächelte und nickte ihm mit ihrem lieben milden Gesichte zu – »o das ist eine reiche Entschädigung für so manche düstere, verlorene Lebensstunde, nicht wahr?«

Paul's Gefühle flossen vor Rührung über, als er diese von tiefer Empfindung zeugenden Worte hörte und seine Augen wurden von Neuem feucht. »Ja,« sagte er, »aber es ist noch viel mehr als Entschädigung – es ist ein Glück, für das es keinen Namen giebt, eine Wonne, wie sie sonst nicht mehr auf der Welt zu finden ist – ich meine für mich – verstehen Sie mich recht!« »Ich verstehe, ich verstehe, und ich weiß auch nun, daß ich Sie als meinen Freund wiederfinde, nicht wahr?« »Wie ich es immer gewesen bin und Ihnen und mir selbst mit tausend heiligen Eiden gelobt habe, denn ich bin ganz der Alte geblieben und nichts, nichts in und an mir ist gewandelt.« Betty ließ einen raschen forschenden Blick über seine Gestalt, sein Gesicht schweifen und dann rief sie mit herzlicher Innigkeit: »O doch, o doch! Es hat sich Manches an uns verändert, gewandelt – doch nein, davon wollen wir nicht sprechen, nur von Dem, was unverändert geblieben ist, und das ist unser innerstes Ich – nicht wahr?« »Ja, Sie haben Recht – über unser innerstes Ich hat selbst das allmächtige Schicksal keine Gewalt gehabt.« »So mußte es auch sein, so habe ich es mir gedacht; darin habe ich eben so richtig gerechnet, wie Ihr Onkel immer rechnet. O, Sie glauben nicht, wie ich mir Alles ausgeklügelt, ausgesonnen habe, seitdem ich von ihm erfuhr, daß Sie kämen –« Paul fiel hier das kleine Geheimniß ein, mit welchem sie den Onkel umsponnen, und er lächelte, indem er ihr mit einem seltsamen Blick in die leuchtenden Augen sah.«

»Warum lächeln Sie denn so vorwurfsvoll?« fragte sie wieder lächelnd.

»Vorwurfsvoll? O nein, aber warum haben Sie denn meinem Onkel nicht gesagt, daß Sie mich kennen? O, Sie glauben gar nicht, wie erstaunt und betroffen der alte Mann war, als er gestern von mir vernahm, daß ich ein alter Bekannter von Ihnen sei, denn ich hielt es meinerseits für eine Pflicht, ihm darin die Wahrheit zu sagen.«

Betty erröthete lebhaft, aber sie lächelte holdselig dabei. »Sie haben auch ganz Recht gethan,« sagte sie, »indessen konnten Sie es auch viel leichter thun, als ich, denn ich durfte ihm doch nicht gleich im Anfang eingestehen, was ich Ihnen gestehe, daß nicht die Wißbegierde, sondern die Neugierde in Betreff eines Andern mich zu ihm trieb. Nun freilich wird er es wohl errathen haben oder doch bald errathen, aber es thut nichts – ich werde schon mit ihm fertig werden. Doch das Alles, Alles wollen wir nachher und recht umständlich Punct für Punct besprechen, jetzt wollen wir erst die Freude – die Freude genießen, nicht wahr? O mein Gott, wie seltsam doch das Schicksal mit den Menschen spielt! Wie konnte ich denken, daß ich Sie noch einmal im Park zu Wollkendorf willkommen heißen und Sie nach so langer Trennung zum ersten Mal unter diesen Umständen wiedersehen würde!«

»Nein, das konnten Sie nicht denken, eben so wenig wie ich erwarten konnte, das Schloß meiner Träume – wissen Sie wohl noch? – jenen herrlichen Bau mit den schön geschwungenen Glaskuppeln bei meinem Onkel auf Betty's Ruh zu finden und darin meinen Arbeitstisch aufzuschlagen. Ja, Sie haben Recht, es ist seltsam, und mehr als das!«

»O, mein Freund, das ganze Leben des Menschen ist seltsam, wenn Sie es recht genau in allen seinen Einzelnheiten betrachten und verfolgen. Bei einer solchen Betrachtung wird uns jede Kleinigkeit wichtig und bedeutungsvoll. Bedenken Sie nur, wenn wir zum Beispiel unsern Lebenslauf im Auge behalten, wie wir uns kennen lernten, wie die Bekanntschaft zur Freundschaft wurde und wie diese nun so innig mit den Ereignissen zusammenhängt, wegen deren Sie jetzt in meine Nähe gerufen sind.«

»Ja, ach ja! Das Leben ist seltsam, Sie haben wohl Recht. Doch wie, darf ich denn nun fragen, wie das Ihrige gewesen und sich gestaltet, seitdem wir in dem traulichen Zimmer Ihrer guten Tante von einander geschieden sind?«

Ueber Betty's holdes und belebtes Gesicht flog ein trüber Schatten und sie senkte einen Augenblick den Kopf, so daß die Ränder des Strohhuts den Ausdruck ihrer Miene verbargen. »O nein, o nein,« sagte sie leise aufseufzend, »danach fragen Sie noch nicht, denn darüber möchte ich lieber schweigen, um mich nicht von meinem jetzigen hoffnungsvolleren Leben sogleich wieder loszureißen und einen Rückblick in ein viel dunkleres und trostloseres zu thun. Ich habe meine Pflicht erfüllt, ich habe mich gebeugt – wie und mit welchem inneren Zwang und mit wie vielen blutigen, gramvollen Zähren – danach fragen Sie mich nicht. Doch nun, Sie sehen es ja, bin ich ja doch zu einem beneidenswerthen Ziele gelangt – ich bin unabhängig bis auf einen gewissen Grad – und in den Schranken, die mir gezogen, vollkommen Herrin meines Willens und meiner Wünsche.«

»Das ist schon sehr viel werth,« sagte Paul mit Bedeutung, »da hat Ihr Dulden Sie doch zu etwas geführt –«

»Still, still – nun nichts von meinem Leben mehr, dafür um so mehr von dem Ihrigen. Ja, von dem will und muß ich sprechen. O, seit gestern,« fuhr sie wieder mit lebhafterer Aufwallung fort, »weiß ich Alles, was Ihnen in den letzten Wochen begegnet ist. Fritz, die Tante, die Sie tausend Mal durch mich grüßen lassen, wie Sie auch gewiß mich von ihnen grüßen sollen, haben mir Alles geschrieben Sie sind also aus ... verbannt?« setzte sie mit einem wehmüthigen und doch halb freudigen Ausblick hinzu. »O, wer hätte auch das für möglich gehalten!«

»Ja,« sagte Paul mit seinem gewöhnlichen festen und ernsten Wesen, »man hat mich vor die Thür der guten alten Residenz gesetzt und Wunder geglaubt, was für einen Schlag, ein Leid, eine Strafe man mir damit anthat. Aber wie die menschliche Leidenschaft – die Herren nannten es vielleicht Gerechtigkeit und Tugend – sich verrechnen kann! Mein unbekannter Richter hat wahrlich nicht geahnt, welche Wohlthat er mir damit eigentlich erwies, indem er mich so schnell und leicht meine Geschäfte abwickeln ließ, denn ich fand im Handumdrehen eine neue Heimat – die alte wieder, und mit ihr, in ihr fand ich auch die treuen alten Freunde, den Onkel und Sie – und so werde ich diesmal wohl etwas länger an Ort und Stelle bleiben, falls ich mich nicht wieder eines Vergehens schuldig mache, welches keine Gnade vor Ihren Augen findet.«

Betty lachte still in sich hinein. Er hatte ihr schon lange mit der alten Vertraulichkeit den Arm geboten und sie hatte ihn gern genommen – und nun wandelten sie bei ihrem lebhaften, abspringenden Gespräch, wie es ja in den ersten Momenten nicht anders sein konnte, in dem breiten schattigen Gange auf und ab, wie sie ehemals in des Banquier's Ebeling kleinem Garten auf- und abgewandelt waren. Und in diesem lebhaften, abspringenden Gespräch verharrten sie noch lange, ihre Gedanken flogen bald hierhin bald dorthin, berührten bald diesen, bald jenen Gegenstand, bald diese, bald jene Person, bis sie Alles, wenn nicht vollständig durchgesprochen, doch wenigstens erwähnt oder in ihrem Gedächtniß aufgefrischt hatten. Nachdem sie aber so ihrer augenblicklichen Eingebung zur Genüge gefolgt und ihre Gedanken ruhiger, ihre Empfindungen geregelter geworden waren, wandte sich ihr Gespräch bestimmteren Gegenständen zu und zuerst war es Betty, die einen Stoff anregte, der freilich ernster als bisher war und doch ein gleiches Interesse für Beide zu haben schien.

»Lassen Sie uns jetzt,« sagte sie, indem sie in den Seitenweg einbog, aus welchem sie vorher gekommen war, »von Dem sprechen, was Sie innerlich gewiß am meisten beschäftigt und auch das Wichtigste von Allem ist. Ich meine die verwickelten und wirklich unbegreiflichen Verhältnisse Ihres Onkels. Was sagen Sie denn dazu?«

Paul wurde sehr ernst. »Das ist allerdings eine bedeutsame Angelegenheit,« versetzte er, »aber sollen wir denn gleich am ersten Tage darüber reden, den wir uns mit angenehmeren Dingen versüßen könnten?«

»Ich denke es doch,« entgegnete sie heiter, »eben weil es so wichtig ist. Mir liegt nämlich sehr viel daran, Ihre Ansicht zu hören.«

»So sagen Sie mir zuerst ganz offen die Ihrige.«

»Gern. Ich stimme der guten Frau Dralling bei und glaube, daß ein unerhörter Betrug im Spiele ist. Ich bürde ihn Niemanden auf und nenne auch keinen Namen. Aber ein Verbrechen ist begangen, das lasse ich mir so leicht nicht ausreden.«

»Gut,« erwiderte Paul, »Sie sind aufrichtig und ich will es auch sein. Mit einem Wort: ich glaube, was Sie glauben, und obgleich auch ich keinen Namen nenne, so weiß ich doch, daß ein Mensch existiren muß, der jenes Verbrechen begangen hat.«

»O wie gut ist es doch,« fuhr sie lebhafter fort, »daß Sie jetzt vollkommen Herr Ihrer Zeit und Ihrer Kräfte sind; nun haben Sie ja ein neues großes Feld für eine männliche Thätigkeit gefunden. Klären Sie das Dunkel der Sachlage auf, lüften Sie den Schleier des obwaltenden Räthsels und wenn der Erfolg ein günstiger ist, was ja doch möglich ist, so werden Sie ein sowohl für Ihren Onkel wie für Sie selbst bedeutsames Werk vollführt haben.«

»Ich werde es versuchen, mit meiner ganzen Kraft, verlassen Sie sich darauf. Und nun will ich Ihnen enthüllen, frank und frei, was ich denke, ja, und ich muß nun doch einen Namen nennen, denn was sollen die Schleier und Räthsel auch zwischen uns bedeuten?« Und nun entwickelte er ihr seine Ansicht und Alles, was er bis jetzt in Erfahrung gebracht, so wie, daß er Herrn Ebeling um Rath gefragt und daß er gleich am nächsten Morgen die Ausführung des Planes beginnen werde, den er bereits im Kopfe ausgearbeitet.

»Das ist gut,« sagte Betty, als er mit seinem Vortrage zu Ende war, »und es freut mich, daß Sie so eilig und so ganz im Stillen zu Werke gehen und den guten Professor nicht damit beunruhigen. Ich bin neugierig, zu erfahren, was Sie morgen und später auf der Kugelbaake erkunden. Das scheint mir von Wichtigkeit zu sein. Wann gehen Sie hin und wann kommen Sie nach Hause zurück?«

»Ich werde früh aufbrechen und denke das Vorläufige bis Mittag abgethan zu haben.«

»Gut, dann treffe ich morgen gleich nach Tische bei Ihnen ein und diesmal werde ich nicht allein kommen, sondern auch meine Mutter mitbringen. Sie hat schon verkündet, daß sie mich begleiten wird, wenn sie sich so wohl befindet wie heute. Länger kann sie ihre Neugier nach Betty's Ruh nicht bezähmen.«

Paul antwortete nicht gleich hierauf, aber seine sprechende Miene verrieth, wie sehr er sich über das eben Vernommene freute. »Also Sie wollen morgen schon nach Betty's Ruh kommen?« fragte er mit leuchtenden Augen.

»Ja,« versetzte sie mit einem leichten Erröthen, »ich werde kommen, unter allen Umständen; denn ich kann schalten mit meiner Zeit, wie ich will.«

Paul lächelte schalkhaft. »Wollen Sie vielleicht auch wieder eine mathematische Stunde nehmen und zu meines Onkels Freude den Magister Matheseos beweisen?«

»Ah, das wissen Sie also auch?« rief sie, noch mehr erröthend. »Nun gut, ich schäme mich nicht, wie Sie sehen, und ich bereue keinen Augenblick, daß ich mich dieser kleinen weiblichen List bedient habe, um den guten Onkel Casimir endlich von Person kennen zu lernen. Ha, ja – wie heißt doch das Wort: da der Berg nicht zum Propheten kam, mußte dieser sich wohl zum Berge begeben, nicht wahr? und er – er wäre nie nach Wollkendorf gekommen und mir auf ewig eine verborgene Größe geblieben. So fand ich denn nichts Arges darin, ich fuhr eines Tages hinüber –«

»Und manövrirten so geschickt,« fuhr Paul scherzend fort, »daß Onkel Casimir gleich am ersten Tage wie berauscht von Ihnen war und die wissenschaftliche Dame wie ein Geschenk betrachtete, das der Himmel ihm zur Freude seines Alters zur Nachbarin gegeben. O ja, ich weiß, wie Sie ihn bezaubert haben, und daß er es noch ist, das hat er mir gestern auf eine Weise zu erkennen gegeben, die ich dem guten Manne nie zugetraut hätte.«

Betty zeigte einige Verlegenheit bei diesen Worten, aber sie überwand sie schnell. »Ich mußte so handeln,« sagte sie mit Entschiedenheit, »wenn ich erreichen wollte, was mir als Endziel vorgezeichnet war.«

»Vorgezeichnet? Von wem denn?«

»So will ich ganz ehrlich zu Ihnen sprechen: von meiner Tante Ebeling. Sie hatte wiederholt und in dringendster Weise die Bitte gegen mich ausgesprochen, Alles aufzubieten, um mir über die dunklen Verhältnisse des Professors einige Klarheit zu verschaffen. Und das habe ich gethan nach meinen schwachen Kräften, so weit die Natur mir dieselben verliehen.«

»Ihre Tante Ebeling?« fragte Paul verwundert, nachdem er geraume Zeit im Stillen nachgedacht.

»Ja, meine gute Tante Charlotte. O, Sie glauben gar nicht, wie edel und liebevoll diese Frau ist und wie sie von jeher, gleich einer zweiten fürsorgenden Mutter, liebreich für mich gehandelt hat. Auch Ihnen ist sie herzlich ergeben und wie sie einst für mich gedacht und gesorgt, so denkt und sorgt sie jetzt für Sie, denn sie muß immer Jemand haben zu dessen Glück sie etwas nach ihrer Art beitragen kann.«

»O, o, ich kenne ja wohl meinen lieben stillen Mond!« sprach Paul halb laut vor sich hin.

»Ihren Mond? Was meinen Sie damit?«

Paul lächelte. »Das war der Name, welchen Fritz und ich ihr gegeben, denn ihr Wandeln und Handeln geschah so still und ruhig, wie der Mond seine nächtliche Bahn wandert, und das sanfte Licht, welches sie rings um sich ausstreute, beglückte und erhellte manche kummervolle Nacht, wie der Mond sie so oft erhellt und beglückt.«

»O, das ist hübsch. Also den Namen haben Sie ihr beigelegt?«

»Ich und Fritz, wie wir so ziemlich Jedermann unter uns einen ähnlichen beilegten.«

»Habe auch ich einen erhalten?« fragte Betty gespannt.

»Gewiß, und Sie würden damit zufrieden sein, wenn Sie ihn wüßten.«

»So nennen Sie ihn mir.«

»Heute nicht. Wir haben ja noch so viel Ernstliches zu besprechen und sind noch lange nicht mit den Plänen fertig, deren Vollführung mir in nächster Zeit vorbehalten ist.«

»Sie haben Recht, und da lassen Sie mich Ihnen gleich sagen, daß ich nicht glaube, daß Sie über den Berg hinwegkommen, wenn Sie nicht noch einmal die Gerichte in Anspruch nehmen und alle Zeugen, die Sie auftreiben können, gegen den wahrscheinlichen Uebelthäter zusammenbringen. Denn jene erste, vom Secretair selbst verlangte gerichtliche Untersuchung, die nichts als seine Unschuld beweisen sollte, scheint mir nur eine sehr oberflächliche gewesen zu sein, und gerade daß er sie selbst veranstaltete, nahm mich von vornherein gegen ihn ein, obgleich er dadurch am sichersten sein gutes Recht darzuthun glaubte. Die Sache wird sich ganz anders gestalten, wenn ein Fremder, also zum Beispiel Sie, gegen ihn auftritt und ihm seine Schuld beweist.«

»Freilich, aber dann muß ich erst sichere Beweise in Händen haben, und die habe ich noch nicht. Aber bedenken Sie auch wohl, was für ein Proceß das werden kann? Und wäre der Ausgang nicht von vornherein klar und am Ende günstig für uns, so nähme er nicht allein große Mittel in Anspruch, sondern er würde auch einen tiefen, nie wieder auszutilgenden Schatten auf meinen Onkel und mich werfen.«

»Wie der Ausgang ist, müssen Sie doch erst abwarten. Und die Kosten des Processes dürfen Sie keinen Augenblick von Ihrem Wege abhalten. Sie haben Freunde, reiche Freunde,« fügte sie stolz hinzu, »und diese, darauf können Sie sich verlassen, werden das Ihrige thun, um Sie auf die zweckmäßigste Weise zu unterstützen.«

»Ich habe schon daran gedacht,« sagte Paul nach einer Weile, als habe er die letzten Worte überhört, »ob es nicht das Gescheidteste wäre, falls auch dieser Proceß fehlschlüge, den ganzen Besitz Betty's Ruh zu verkaufen –«

»Um Gotteswillen,« fiel Betty ihm heftig in die Rede und ergriff fest seinen Arm, »daran denken Sie nie. Das darf niemals, niemals geschehen. Ein solcher Besitz, abgesehen davon, daß er Ihrem Onkel als eine Hinterlassenschaft seines Bruders heilig sein muß, der Ihren jugendlichen Wünschen und Träumen so ganz und gar entspricht, der Ihnen, selbst wie die Verhältnisse jetzt liegen, für die Zukunft ein sicheres Auskommen verheißt, der muß auch Ihnen heilig sein, denn Sie sind einst der Erbe Ihres Onkels, und Betty's Ruh ist das Ihre, wie es jetzt das Seine ist.«

Paul, als habe er nichts Anderes von ihr erwartet, sah sie freudig an, als sie dies mit flammenden Augen und wogendem Busen sprach. Aber plötzlich lächelte er auf eine eigenthümliche Weise. »Wissen Sie denn so bestimmt, daß ich einst sein Erbe sein werde?« fragte er mit geheimnißvoller Miene. »Mein Onkel – lassen Sie mich aussprechen, was mir seit kurzer Zeit einleuchtend ist – kann sich verheirathen – wie?«

Betty fühlte diese Worte wie einen kleinen Stich durch ihr Herz fahren und ihr weicher Arm zuckte fühlbar in Paul's Arm. Aber sie sammelte sich rasch wieder, lächelte eben so geheimnißvoll und sagte: »Ja, das ist wahr, er kann sich wirklich verheirathen, das gehört keineswegs zu den undenkbaren Unmöglichkeiten.«

»Sehen Sie wohl! Nun, und dann gestalten sich die Verhältnisse ganz anders.«

Betty blieb einen Augenblick stehen, als überlege sie etwas. Dann aber schritt sie um so rascher weiter und sagte hastig: »Lassen Sie uns diesen Punct für jetzt noch nicht in's Auge fassen. Es liegt uns Anderes und Wichtigeres näher. Forschen und handeln Sie erst und das Uebrige wird sich finden, wie der morgende Tag sich von selber findet. Für's Erste freue ich mich, daß ich Sie in unserer Nähe habe und das wollen wir Beide nutzen und fortan in treuer Freundschaft zusammenhalten. Wir wollen uns recht oft besuchen, so oft wie nur möglich. Glücklicherweise ist der Weg gut und nicht allzu weit, und mit schnellen Pferden sind wir in einer Stunde bei einander. Jetzt haben Sie nur zwei Pferde, aber in Zukunft müssen Sie wieder mehr haben; auf dem Lande macht sich das nöthig, wenn man nicht von Wind und Wetter abhängig sein will. Sie sollten eigentlich reiten, das geht noch schneller, und ich weiß ja, daß Sie es mit Fritz gelernt und damals ein großes Vergnügen daran gefunden haben. Reiten Sie also auch jetzt, ein tüchtiger Renner trägt Sie im Nothfall in einer halben Stunde nach Wollkendorf. Da ist die Entfernung bedeutend abgekürzt, nicht wahr?«

»O ja, aber in Betty's Ruh giebt es kein Reitpferd mehr, vergessen Sie das nicht. Von zweitausend Thalern Pacht muß Vieles bestritten werden.«

»Ja, es ist geradezu lächerlich, daß Ihr Onkel für das schöne Gut einen so geringen Pachtzins gefordert hat. Sechstausend giebt Ihnen jeder andere Landwirth, der seine Sache versteht. Doch das wird ja nun bald anders werden. Bis diese größeren Einkünfte aber in Ihres Onkels Casse fließen, werde ich Ihnen ein Pferd geben und gleich morgen bringe ich es mit. Probiren Sie es und wenn es Ihnen gefällt, werden wir mit dem Handel schon einig werden.«

Sie lächelte schelmisch bei diesen Worten und sah erröthend zur Erde nieder, als erwarte sie eine Antwort auf ihren großmüthigen Vorschlag. Diese blieb auch nicht lange aus.

»Frau Baronin,« sagte Paul ernst, »Sie sind zu gütig und ich weiß kaum, ob ich dieses Anerbieten annehmen darf.«

Sie sah ihn groß und mit flammenden Augen an. »Die Baronin von Wollkendorf bringt Ihnen dieses Pferd nicht,« sagte sie erst ernst und fest, dann aber fügte sie mit ihrem alten herzlichen Tone hinzu: »Betty von Hayden, Ihre alte Freundin ist es, die sich ein Vergnügen daraus macht, Ihnen mit ihrem Ueberfluß zu dienen. Die Sache ist abgemacht und verlieren wir kein Wort mehr darüber. Nur eine Bitte habe ich noch. Jede wichtige Neuigkeit, die auf Betty's Ruh Bezug hat, lassen Sie mich bald wissen, und damit dies immer leicht und rasch geschehen kann, will ich Ihnen auch meinen treuen Diener Friedrich geben, der gern auf Betty's Ruh verweilt und Ihnen so redlich dienen wird wie mir. Es fehlt Ihnen an jungen Kräften in dem großen Hause und Ihr Onkel hat sich fast zu sehr eingeschränkt. So lange er allein war, mochte das gehen, nun aber sind Sie da und Sie müssen andere Ansprüche erheben.«

»Ich erhebe gar keine Ansprüche,« erwiderte Paul, gerührt von ihrer Güte und dabei ernst vor sich niederschauend. »Denken Sie doch an den armen Studenten –«

»Ich denke immer daran, wenn ich Sie sehe, mein lieber Freund, o ja, aber jetzt sind Sie kein armer Mann mehr, sondern der Erbe von Betty's Ruh.«

Bei diesen Worten sah sie ihn mit ihrem alten herzlichen Lächeln an und doch lag in ihren klugen Augen ein träumerischer Ernst. Paul, von diesem Anblick ergriffen, faßte ihre Hand und sagte warm:

»Ich wiederhole meine Worte: Sie sind sehr gütig gegen mich. Womit kann ich Ihnen danken, denn danken muß ich Ihnen!«

»Mit Ihrer Freundschaft,« sagte sie und wollte noch weiter fortfahren, als sie plötzlich stehen blieb und mit ihrer freien Hand in die Ferne deutete.

Sie waren während des so eifrig geführten Gesprächs schon lange wieder in die große Allee eingebogen und schritten dieselbe eben hinab, als Betty unerwartet am Eingange den Professor hinter einem Baume hervortreten sah. Als er bemerkte, daß man ihn entdeckt, stellte er sich mitten im Wege auf und erwartete die so vertraulich Arm in Arm Heranwandelnden in vollster Gemüthsruhe. Dabei glänzte sein Gesicht vor stillem Vergnügen und erst als man ihm näher kam, nahm er eine gehaltenere Miene an und drohte Betty mit emporgehobenem Finger.

Sie wußte auf der Stelle, was er mit dieser Geberde sagen wolle, und als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, ließ sie Paul's Arm los, eilte lebhaft auf den Professor zu und nahm nun dessen Arm, indem sie laut ausrief: »Sie kommen wie gerufen, mein lieber Herr Professor, denn eben wollte ich den Wunsch aussprechen, zu Ihnen zurückzukehren.«

»Wollten Sie das wirklich?« fragte der alte Herr mit seinem heitersten Gesicht. »Hatten Sie solche Eile, meine Strafpredigt anzuhören?«

Betty konnte nicht sogleich antworten, Paul kam ihr zuvor. »Wenn hier von einer Strafpredigt die Rede ist, die Jemanden zu Theil werden soll, ob nun Dir, lieber Onkel, oder der Frau Baronin, so bin ich überflüssig, zumal ich mir bewußt bin, selbst nichts Strafwürdiges begangen zu haben. Und damit Frau von Hayden nicht zu lange allein ist, werde ich ihr Gesellschaft leisten, bis die Strafpredigt gesprochen und zu Herzen genommen ist.«

Nach diesen Worten nahm er den Hut ab, grüßte die Zurückbleibenden höflich und schritt gemächlich dem Herrenhause zu, um sein Wort wahrzumachen und sich zu Frau von Hayden zu begeben.

So lange der Fortgehende dem ihm langsam nachwandelnden Paare sichtbar blieb, sprach weder der Professor noch Betty ein Wort. Erst als seine stattliche Gestalt hinter den Bäumen verschwunden, wandte sich der Erstere zu seiner Begleiterin und sah, daß sie die Augen niedergeschlagen hielt und still vor sich hin lächelte, wobei eine lebhafte Rosenfarbe ihr holdes Gesicht überzog. Der Professor, wieder in einige Befangenheit gerathend, wußte nicht, wie er seine Rede beginnen solle, die Situation war ihm zu neu, aber Betty zog ihn bald aus der Verlegenheit, indem sie sagte:

»Beginnen Sie Ihre Strafpredigt, Herr Professor, ich bin bereit, meine Strafe zu empfangen, wenn ich denn doch in Ihren Augen gesündigt haben soll.«

»Wirklich?« erwiderte der gute Mann mit seiner gewöhnlichen Sanftmuth – »erkennen Sie das? Nun, dann soll die Geißel nicht lange und hart geschwungen werden. Haha! mein Zorn ist schon verraucht, sobald ich Sie sehe, und wenn Sie mir nur einen halben freundlichen Blick schenken, fließe ich über vor Milde. Aber, meine liebe kleine Baronin, Sie haben mir doch eigentlich eine ganz hübsche Comödie vorgespielt und ich muß ernstlich auf irgend eine entsprechende Wiedervergeltung bedacht sein. Nicht? Nun beichten Sie einmal und sagen Sie mir: warum haben Sie mir damals, als Sie mich zum ersten Mal besuchten, nicht gleich gesagt, daß Sie meinen Neffen kennen? Das hätte mich eben so schnell gewonnen wie jene kleine List – Sie wissen schon. Da muß ich doch meinen Paul loben, er war ehrlicher, als Sie, und hat mir ohne eine Minute Zeitverlust erzählt, wie und wo er Ihr Bekannter geworden ist.«

Betty wandte sich bei diesen so sanft vorgebrachten Worten mit fast kindlicher Zärtlichkeit zu dem guten Mann hin und legte ihren rechten Arm einen Augenblick um seine Schulter, als wolle sie ihn herzlich liebkosen, wobei ihr Kopf sich leicht seinem Kopfe zuneigte. »Sie lieber Mann,« sagte sie mit einem dem Professor durchs Herz dringenden Schmeichelton, »wie Sie doch so sehr gut sind! Eine solche Milde habe ich kaum von Ihnen verdient. Aber dafür will ich Ihnen nun auch Alles offen und ehrlich bekennen. Bisher habe ich noch nicht den Muth dazu gehabt, heute aber, jetzt habe ich ihn und nun kommen Sie, Sie sollen erfahren, was außer mir nur noch ein Mensch auf der Welt weiß.«

»Ist das dieser Mensch, der da eben von uns hergegangen ist?« fragte der Professor mit ahnungsvoller, gespannter Miene.

Betty erglühte wie eine schöne Rose. »Nein,« sagte sie, »Sie irren diesmal. Obgleich der, der da eben vor uns herging, wie Sie sagen, Vieles weiß von dem Geheimniß, welches ich Ihnen vertrauen will, hat er keine Ahnung, und nur eine Frau, meine herzlich geliebte, vortreffliche Tante, die Freundin Ihres Neffen und seine Wohlthäterin, wie er sie gern nennt, nur sie ist bis jetzt in dies Geheimniß eingeweiht, welches nun auch Sie, mein zweiter Vertrauter auf dieser Welt, erfahren sollen.«

»Nun, da bin ich doch wirklich neugierig!« sagte der Professor, »Ich erfahre zum ersten Mal in meinem Leben ein Geheimniß! Wenn ich es nur bewahren kann! Denn ich weiß nicht, wie man das macht. Und ich alter Mensch, ich soll Ihr zweiter Vertrauter sein?«

»Ja, lieber Freund, Sie sollen es und nun kommen Sie wieder in jenen Gang hinein, er ist so traulich und still und da wird mir meine Beichte leichter als hier.«

Beide verschwanden in dem von Blättern fast ganz verhüllten Nebenwege und blieben wohl eine Stunde darin. Dann aber kamen sie wieder zum Vorschein und schritten ernst, aber doch beruhigt und einander von ganzem Herzen ergeben dem Herrenhause zu, wo sie Frau von Hayden und Paul in einem ebenfalls ernsten Gespräche begriffen fanden, denn während Betty dem Professor ihr Geheimniß mitgetheilt, hatte ihre Mutter dem alten Freunde vertraut, was ihre Tochter in den zwei Jahren erlebt und erlitten, seitdem sie aus dem elterlichen Hause und dem Kreise ihrer Familie geschieden war.

Es war ziemlich spät geworden, als der Professor und Paul herzlichen Abschied von den Bewohnern von Wollkendorf nahmen und ihren Wagen bestiegen, nachdem sie noch zuletzt die bestimmte Erwartung ausgesprochen, die Damen morgen in Betty's Ruh zu sehen. Anfangs, während die Pferde in raschem Trabe den wohlbekannten Weg nach der Heimat verfolgten, saßen die beiden Männer unbeweglich und schweigsam neben einander. Endlich aber ergriff Paul, von seinem Herzen dazu getrieben, die Hand des Onkels, drückte sie warm und sagte mit leisem, empfindungsvollem Tone:

»Ich danke Dir für diesen Tag, lieber Onkel, er war schön, wunderbar schön und klar.«

Der Alte nickte ihm freundlich zu, deutete aber mit der Hand auf den dicht vor ihnen sitzenden Kutscher. »Wir sind bald zu Hause und dann mehr davon!« flüsterte er. Aber er behielt die Hand des Neffen in der seinen und wiederholt drückte er sie warm und herzlich, wie Jener sie ihm drückte, als ob sie innerlich ganz mit einander einverstanden wären.

Und doch war das vielleicht nicht ganz der Fall, wenigstens verbarg der Eine von ihnen, so offen der Andere auch seine Gefühle darlegen mochte, die Vorgänge seines Innern, und wenn Paul die Gesichtszüge des alten Onkels einer genaueren Musterung hätte unterwerfen können, was bei der schon tieferen Dämmerung nicht gut möglich war, so würde er gefunden haben, daß derselbe diesmal nicht mit der Miene des mathematischen Denkers neben ihm saß, sondern einen viel weniger trockenen Gegenstand als die ewigen Gleichungen in seinem Innern verarbeitete. Was er aber in seinem Kopfe trieb, würde er doch nicht errathen haben, denn daß der gute Casimir van der Bosch noch in seinen alten Tagen nun wirklich den Plan zu seiner kleinen Comödie entwerfen und in sich verarbeiten könne und sich dabei eine schöne, wenn nicht die beste Rolle zuertheilte, hätte er gewiß nicht für möglich gehalten. Und doch ging der Professor mit allem Ernste an diese ihm ungewohnte Arbeit, und er nahm sich fest vor, seine Rolle diesmal so genau und vollkommen zu spielen, wie die kleine Hexe – so nannte er heute Betty im Stillen – die ihrige vor ihm gespielt hatte.

Als sie nach Hause kamen, empfing der alte Barker sie vor der Thür der Halle und trug ihnen die Stöcke und Tücher in das Haus nach. Hier aber, mitten im Saal am großen runden Tisch, fanden sie, vor ihrer kleinen Lampe sitzend und an einem wollenen Strumpf für den Professor strickend, Frau Dralling vor, die selten oder nie den Saal verließ, wenn ihr Herr abwesend war, da sie es als ihre erste Pflicht betrachtete, die Hüterin und Schützerin der darin aufbewahrten Gegenstände und immer bei der Hand zu sein, wenn es etwa einem verrätherischen Spitzbuben einfallen sollte, sich an den noch übrig gebliebenen Schätzen des alten Quentin van der Bosch zu vergreifen.

»Guten Abend, Thusnelde!« rief der Professor ihr munter entgegen. »Na, Alte, haben Sie gut Haus gehalten?«

Frau Dralling sah den sie selten mit ihrem Vornamen anredenden Professor verwundert an, und da sie sein schmunzelndes Gesicht bemerkte, rief sie mit lachendem Munde: »Na, Sie sind ja wieder ungeheuer vergnügt, Herr Professor. Aber das habe ich mir gleich gedacht, denn nun haben Sie ja nicht allein die schöne Frau Baronin in Wollkendorf auf einen ganzen halben Tag besucht, sondern Sie haben auch unterwegs Unterhaltung im Wagen gehabt, woran es Ihnen früher immer gebrach.«

»Ja, Alte, und was für eine Unterhaltung! Nicht wahr, Paul, wir haben uns die Zunge ganz trocken gesprochen und müssen deshalb noch eine Tasse Thee trinken.«

Paul lächelte auf seine stille Weise, aber auch er sah ganz glücklich dabei aus, wie sein Onkel.

»Na,« sagte die Dralling, als sie die Gesichter der beiden Männer eine Weile gemustert hatte und nun nach der Küche ging, um den vom Professor verlangten Thee zu besorgen, »die sind ja Beide ganz über die Maaßen selig! Was doch eine schöne junge Frau nicht vermag! O ja, davon wußte mein alter Dralling auch ein Lied zu singen, als er jung war, und ich war auch einmal eine ganz hübsche und dralle Creatur. Na, ewig werden sie nicht nach dem schäbigen Wollkendorf fahren und halbe Tage wegbleiben, was doch eigentlich sehr langweilig ist. Morgen früh werde ich wohl hören, wie die Sachen stehen und was der Herr Neffe nun zu seiner neuen Tante sagt, nachdem er sie mit Augen gesehen hat. Haha! Eine junge Tante, aber sie wird sich zu nehmen wissen, denn ein kluges Weib weiß sich in Alles zu schicken. – Hanne!« rief sie der in der großen öden Küche sich langweilenden Magd zu, »mache die Ohren auf und tummele Dich. Der Herr Professor will Thee haben. Geschwind, die Herren sind in der kühlen Abendluft gefahren und können etwas Warmes gebrauchen. Du kannst auch den Braten von heute Mittag aufsetzen, vielleicht haben sie jetzt mehr Appetit als vorher. Nun flugs und haste Dich ein Bischen. Als ich so jung war wie Du, bin ich nie gegangen, sondern immer geflogen, aber wenn man alt wird, beschneiden sie Einem die Flügel, und darum siehst Du jetzt keine an mir.«

Nach diesen Worten kehrte sie wieder nach dem Saal zurück, deckte hurtig den Speisetisch und erfuhr nun zu ihrem Erstaunen und zu ihrer Freude, daß morgen ein großer Besuchstag auf Betty's Ruh sei und daß die Baronin von Wollkendorf mit ihrer Mutter gleich nach Tisch kommen und den ganzen Tag auf dem Gute bleiben werde.

Als der Professor ihr diese Mittheilung machte, stand sie mit gefalteten Händen vor dem heute so freundlichen Manne und sah ihn mit ihren blitzenden Augen stolz und freudig an. »Ach Herrje!« rief sie endlich, »das ist ja ganz was Neues und nun geht also die Bitterei los! Na, das ist herrlich und ich habe mich lange darauf gefreut. O, daran ist gewiß der Herr Paul schuld, nicht wahr, Herr Professor? Die jungen Leute sind doch ganz anders als die alten und wissen besser als sie, was das Leben angenehm macht. Na, die Damen sollen nur kommen! Einen Kaffee sollen sie finden, wie er in Wollkendorf gewiß nicht getrunken wird, trotz ihrer vielen betreßten Bedienten.«

Paul war hinter ihr leise aus dem Alkoven in den Saal getreten und hatte die letzten Worte gehört. »Ich werde von morgen an auch einen betreßten Bedienten haben,« sagte er lächelnd, »und ein Reitpferd dazu. Richten Sie für den Mann eine neue Stube ein, Frau Dralling, und sorgen Sie gut für seinen Unterhalt.«

»Einen Bedienten und ein Pferd?« rief Frau Dralling in höchstem Erstaunen. »Na ja, ich sage es ja, nun geht es los! Und wenn erst die gnädige Frau selber kommt, Herr Professor,« wandte sie sich an diesen, »dann ziehen auch wohl noch Kammerjungfern mit ein, nicht wahr?«

»Das versteht sich!« rief der Professor mit erkünstelt ernstem Gesicht. »Kammerjungfern und noch eine Köchin und eine ganze Menge Stubenmädchen.«

»Und ich – was wird denn aus mir?« fragte die Dralling mit einer an Rührung gränzenden Sentimentalität, die ihr nur in wichtigen Momenten eigen war.

»Aus Ihnen? Nun, wenn Sie nicht pensionirt werden wollen, können Sie bleiben, was Sie sind – meine gute alte Dralling!« versetzte er mit seinem natürlichen herzlichen Ton und reichte der treuen Dienerin lächelnd die Hand.

Frau Dralling ergriff die Hand, und ehe er es sich versah, hatte sie einen laut schallenden Kuß darauf gedrückt.

»Pfui Teufel, Alte!« rief er brummend, »das lassen Sie hübsch bleiben. Ich lasse mir nicht gern die Hände küssen – das thue ich höchstens einmal – der Tante von Dem da,« setzte er leise flüsternd hinzu, indem er auf Paul deutete, der an das Billard getreten war, die in der Nähe stehenden Candelaber angezündet hatte und nun ein Spiel für sich allein begann. –

»Also wirklich, Herr Professor?« flüsterte die Dralling wieder. »Ist die Sache fertig?«

»Fix und fertig, und binnen heut' und vier Wochen werde ich mich wohl schon verlobt haben.«

Die Dralling schlug vor Erstaunen die Hände zusammen. »Also wirklich!« rief sie. »Großer Gott, was das für ein Leben werden wird! Aber wie ist es denn mit dem Herrn Paul,« fügte sie noch leiser hinzu, »wird denn der nicht auch –«

»Still!« gebot der Professor mit ausdrucksvollem Gesicht, »man darf noch nicht darüber sprechen. Der hat schon lange im Stillen etwas Liebes zu Hause gehabt und –«

»Ei, Du mein Gott, also der auch? Na ja, darum also schon der Bediente und das Reitpferd. Ach Du lieber Himmel, was man doch alle Tage Neues erlebt! Daß Alles so rasch gehen würde, habe ich wahrhaftig nicht gedacht. Nun wird es hier bald anders werden. Erst gar keine Hausfrau und nun mit einem Mal zwei. Na, mag es kommen wie es will – ich bleibe Thusnelde Dralling – nicht wahr, Herr Professor?«

»Ja, das bleiben Sie, Ihren Namen und Ihre Würde kann Ihnen kein Mensch rauben, selbst der verruchteste Spitzbube nicht. Nun aber seien Sie klug und still und lassen Sie meinen Neffen nichts von unserer Unterredung merken. Es giebt Geheimnisse in der Welt, die man Niemanden vertrauen darf, und dies, liebe Dralling, ist ein solches und ich mache nur mit Ihnen allein eine Ausnahme, weil – weil ich Sie für eine gescheidte Person halte.«

Die Dralling nickte und legte mit ausdrucksvoller Geberde einen Finger auf den Mund, zum Zeichen, daß sie das ihr anvertraute Geheimniß zu bewahren wissen werde. Bis der Thee aber fertig war, begab der Professor sich an das Billard zu seinem Neffen und sie spielten zum ersten Mal auf der grünen Tafel, die für Paul plötzlich einen neuen Reiz und eine große Anziehungskraft gewonnen hatte, nachdem er gehört, daß auch Betty schon darauf gespielt und Gefallen an den so leicht rollenden Kugeln gefunden habe.


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