Karl Emil Franzos
Judith Trachtenberg
Karl Emil Franzos

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Viertes Kapitel

Es war drei Wochen später, ein milder, heller Oktobertag. Karg ist dieser Landschaft jeglicher Schmuck zugemessen, der anderwärts das Menschenherz erfreut, unendlich ist rings die Ebene ausgegossen, selten erhebt sich in sachter Steigung eine Erdwelle aus der Fläche und verrinnt dann wieder in ihr; trüb und träg rollen zwischen schlammigen Ufern die Flüsse und Bäche ihre Wasser von den fernen Bergen her in das tiefere, noch traurigere Steppenland hinein; mancher versickert am Wege im tiefen Moor oder staut sich in einem Weiher, dessen weiter, trüber Spiegel das Schilfrohr der kleinen, schlammigen Inseln widerspiegelt und das blasse, ewig vom Dunst der Ebene getrübte Blau der Himmelsglocke. Schmutzig sind die Städtchen, wo im dichten Knäuel armseliger Hütten das verstoßene, nur zu unsäglichem Elend auserwählte Volk der Juden haust; dürftig die Dörfer, wo der Ruthene dumpf und trotzig unter des Polen Peitsche den Boden bepflügt. Selten reiht sich an das Ackerland ein Birkengehölz, aber unendlich, Meile um Meile, so weit den Wanderer der Fuß trägt, umgibt ihn die braune Heide, wo nur der Wacholder gedeiht, die Erika blüht. Furchtbar ist hier der Winter, wenn der Sturm aus Norden den Schnee über die ungeheuren Flächen treibt, karg und kurz der Frühling, versengend der Sonnenbrand des Sommers, aber mild und licht erquickt der Herbst die armen Menschen, das dürftige Land. In heller, roter Glut leuchtet die Heide, in dunklerer das Gehölz; tiefblau erscheint durch die größere Klarheit der Luft der Himmel, und selbst um das kahle Steppenfeld ist ein Schmuck gebreitet: das Marienhaar, welches in tausend Fäden dahinschwimmt. Wer im Herbst über die Heide geht, den macht sie nicht fröhlich, aber sein Herz wird ruhiger und sänftigt sich.

Das war auch dem Grafen Agenor beschieden, als er an jenem Oktobertage langsam, während der Klang der Mittagsglocken über die Heide zitterte, wieder seinem Schlosse zuritt. Er war am frühen Morgen aufgebrochen, nach einer schlaflosen Nacht, wo ihn böse Geister gerüttelt und wach erhalten: die Reue und die Begier. Es war zwischen ihm und der schönen Jüdin gekommen, wie es kommen mußte von jener Stunde ab, wo er dem Versucher unterlegen und zur Vorlesung gekommen. Er hatte sie, dank der Geschicklichkeit des Kommissärs, seither wiederholt allein gesprochen und brauchte sie nun nicht mehr zu fragen, ob sie sich wirklich nicht jene Empfindung zutraute, welche die Christen Liebe nennten. Und seit gestern brauchte er der häßlichen Vermittlung nicht mehr; sie war zum ersten Male allein in den Schloßgarten gekommen und war ihm ans Herz gesunken; sein Arm hatte den blühenden Leib umschlingen, sein Mund ihre Lippen berühren dürfen, nur einen Atemzug lang – aber sie hatte ja versprochen, heute wiederzukommen, und hielt sicherlich Wort. Wohl kam er auch heute nicht zum Ziele, und es währte noch wochenlang, bis er jene Glut in ihr wachgeküßt, die in seinen Adern tobte, aber auch diese Stunde mußte kommen, und sie wurde sein eigen! Aber so wild ihn die Leidenschaft rüttelte, daß er emporsprang, die kühle Nachtluft einließ und dann im Lehnstuhl niedersaß, um freier atmen zu können – diese Gewißheit des Erfolgs machte ihn nicht glücklich, im Gegenteil, so elend, wie er sich in seinem stolzen, bei allem frischen Lebensmut ernsten Gemüte nie gefühlt.

Denn er war, wie sie ihm nachgerühmt, ein ehrlicher Mann. Der junge, stattliche Ulanenoffizier hatte fröhlich genossen, was ihm Frauengunst bescherte, aber sein Gewissen konnte ruhig bleiben; er hatte kein Weib von des Gatten Seite gerissen, kein Mädchen ins Elend gebracht. Was ihn davon abhielt, war ein aufs Äußerste getriebenes Gefühl der Pflichten, welche seine adlige Geburt an die Makellosigkeit seiner Lebensführung stellte; daneben die völlige Abhängigkeit von dem Willen seines nun kürzlich verstorbenen Vaters. Der kluge, tüchtige Mann hatte früh erkannt, daß es dem Sohne trotz einiger trefflicher Eigenschaften doch an jener fehle, welche für den Sproß einer verarmten Seitenlinie, der Offizier werden sollte, die wichtigste war: an Willensstärke, an Kraft des Entsagens. Es gab unter seinen Kameraden wenige, die nicht in kleinen Dingen Einfluß auf ihn hatten, ein Achselzucken, ein bestimmt gesprochenes Wort verfehlte selten die Wirkung auf seinen leicht bestimmbaren Sinn; einigen war er wohl auch in großen Dingen williger gefolgt, als ihm ersprießlich war, nicht gerade aus überstarker Genußsucht, sondern weil er sich nicht ausschließen, nicht alleinstehen konnte. »Das gehört zum Aristokraten!« oder: »Bist du nicht Offizier?« – die Worte hatten den an sich so braven Mann oft genug weit in die Irre geführt. Darum eben hatte der Vater mit guter Absicht seinen Einfluß auf ihn mit aller Zähigkeit festgehalten und gemehrt. Diesem Einfluß war es mit, vielleicht hauptsächlich zu danken, daß sich Agenor doch stets mit Ehren behauptet, bis ihn des Vaters, dann des Vetters Tod zum Haupt des Geschlechts machte, und nie war ein unwahres Wort über seine Lippen gekommen. Nun aber hatte er schon bisher gelogen und betrogen und mußte es noch weit dreister tun, wenn er ans Ziel gelangen wollte. Er hatte Judith gewonnen, weil sie ihn für ritterlich und edel hielt, frei von Vorurteilen gegen ihr Volk, weil sie seiner Ehrlichkeit, seiner Liebe vertraute; ein Wort von der Kluft, die sie schied, eine Andeutung der Unmöglichkeit, sie zu seinem Weibe zu machen – und sie war ihm für immer verloren. Sie hatte bisher nie von der Zukunft gesprochen, keine Frage an ihn gestellt, aber wenn sie es tat? Und wenn es nicht dazu kam, wenn sein Betrug, seine Lüge auch ferner im Schweigen oder in vieldeutigen Antworten bestanden, durfte sie ihm deshalb minder das Gewissen beschweren?

Und die er betrog, er begehrte sie nicht bloß, sondern liebte sie auch, heiß und aus ganzer Seele. Wie ist das nur über mich gekommen? fragte er sich oft und fand keine Antwort. Gewiß, ihre Schönheit hatte auf den ersten Blick seine Sinne entzündet, aber daran allein lag es nicht. Sie war so gut, so achtungswert in ihrem Stolz, so rührend in ihrer Hingebung, so bedauernswert durch die Art, wie sie ihre Stellung unter den Menschen empfand, eine Stellung, die ihr fremder Wille gegeben. Aber auch dies alles genügte nicht, um ihm selbst das Wunder zu erklären, welches sich mit seinem Herzen begeben. Vielleicht, dachte er zuweilen, vielleicht ist's nur das Mitleid, das Grauen vor dem Schicksal, welchem ich sie entgegenführe, wenn ich schwach bleibe!

Dieses Schicksal war ihm stets düster genug erschienen. Das ist kein Mädchen, sagte er sich, welches sich in das Los einer Mätresse fügen könnte oder schlau und niedrig genug dächte, sich durch Betrug an einem anderen Manne zu retten. In dieser qualvollen Nacht aber überkam es ihn vollends: Sie überlebt es nicht! Du wirst ihr Mörder! Es trieb ihn auf; mit fiebernden Pulsen ging er in seiner Schlafstube auf und nieder, bis ihn die Ermattung wieder in den Lehnstuhl sinken ließ. Aber die Stimme seines Gewissens sprach fort durch die nächtliche Stille: »Ihr Mörder, wenn deine Schwäche fortwährt.«

Konnte er stark sein, ihr entsagen? Es schien ihm unmöglich; jetzt, wo jeder Nerv seines Körpers in heißer, fast schmerzhafter Begier zuckte, mehr als je unmöglich. Konnte er sie zu seinem Weibe machen? Lieber sterben, sagte er sich. Und wie er so dasaß und brütete, da schien ihm nur eins noch gleich schlimm wie die Schmach, dem Stammbaum seines Geschlechts den Namen der Tochter des Nathaniel Trachtenberg einzufügen: eine ehrlose Handlung zu begehen.

In diesen wirren, kämpfenden Gedanken fand ihn der Morgen. Er ließ sein Roß satteln und jagte in die Heide hinaus. Querfeldein stürmte er dahin, ohne Rast, ohne Ziel, dann ließ er dem Pferd die Zügel, und wie er so langsam über die Heide dahinritt, von welcher sacht die Morgennebel wichen, da ward's auch ihm heller im Hirn und im Gemüte. Er hatte alles zu düster gesehen, zu scharf zugespitzt im Dunkel dieser peinvollen Nacht; mit tausend Gründen suchte er sich in dieser tröstlicheren Auffassung zu festigen. Nur an eins konnte er auch nun nicht glauben: der Fall, daß ein Mann aus edlem Geschlecht ein Mädchen an sein Herz nahm, das ihm nicht ebenbürtig war, und sie fand nach Jahren, wenn sich ihre Wege trennten, ein neues Glück – dieser Fall konnte sich hier nicht wiederholen. Aber wenn auch nicht zu seinem Weibe, zur Gefährtin seines Lebens konnte er die Schöne, Stolze machen – und war dies eine Schmach, welche sie entrüstet zurückweisen mußte? Sie tat es nicht, wenn sie ihn liebte, wie nach der rührenden Schilderung der Chronisten die Esther jenen König geliebt. Aber ehrlich wollte er bleiben und ihr sagen, daß sie auf seine Treue, seine Liebe rechnen dürfe, nicht auf seine Hand. Das nahm er sich fest vor, wie er so über die rotglühende Heide ritt. Er wollte keine Schuld auf sich laden, kein Verbrechen an ihr begehen. Und riß sie sich von ihm los, so mußte er die Kraft finden, es zu tragen. Wer nie an die Möglichkeit des Entsagens gedacht, die Heide im Herbst lehrt es ihn.

Stilleren Herzens, voll guter Vorsätze kehrte er heim. Als er in den Schloßhof ritt, zogen sich seine Brauen finster zusammen. Vor dem Portal hielt die Britschka des Kommissärs.

Die Begegnungen mit dem Manne waren ihm nun immer peinlicher geworden, je dreister und vertraulicher er sich gegen ihn benahm – und in der Stimmung, die ihn jetzt erfüllte, fiel ihm nichts schwerer als ein Gespräch mit seinem »treuen Helfer«.

Er traf den unwillkommenen Gast im Frühstückszimmer. »Sie sehen, Liebst««, rief er dem Grafen lachend entgegen, »daß ich keine Umstände mache – auch ein Kuvert habe ich mir schon von Ihrem Jan besorgen lassen.«

Agenor nickte, nahm Platz und lud ihn durch eine Handbewegung ein, sich zu bedienen. »Was verschafft mir die Ehre?« fragte er kurz.

»Gar zu hoch scheinen Sie die Ehre nicht anzuschlagen!« sagte der Beamte lustig und versorgte seinen Teller. »Mit Unrecht! Sie können wahrlich mit mir zufrieden sein! Oder glauben Sie, daß Sie das Mädel ohne meine Hilfe zu einem Rendezvous im Schloßpark gebracht hätten?«

»Nicht diesen Ton!« fuhr der junge Mann auf. »Das also wissen Sie auch schon?«

»Oh, ich weiß noch mehr! Meinen Glückwunsch zum ersten Kuß! Ich war ja selbst im Garten – auf Ehre! Ganz zufällig. Und daß ich schweigen werde – unter Ehrenmännern braucht man wohl darüber nicht erst Worte zu machen.«

Daß er das Wort »Ehre« in jedem Satze wiederholte, konnte nicht verwundern, denn jeder Satz war eine Lüge. Nicht er hatte die beiden belauscht, sondern seine Gattin, die, von Neugierde und Neid getrieben, Judith gefolgt war, als sie das Haus verlassen, und nicht bloß ihm hatte sie ihre Beobachtungen anvertraut, sondern auch der Frau Bürgermeisterin, einer Dame, die mit seltenem Pflichteifer eine Lücke im Leben des Städtchens ausfüllte, indem sie, so weit ihr der Atem reichte, die Aufgaben eines Lokalblattes erfüllte. In diesem Augenblick wußte es wohl schon jeder Einwohner, der das zehnte Lebensjahr überschritten.

»Wollten Sie mir nur dies sagen?« fragte der Graf.

Der Beamte wurde elegisch. »Das verdiene ich nicht, ich bin in bester Absicht gekommen, und weil ich es für nötig hielt. Es ist ja möglich, daß Sie die Abwesenheit des Trachtenberg ausnützen wollen und auch für heute ein Rendezvous verabredet haben. Da wollte ich Sie warnen: der Alte erfährt's sonst gewiß. Schon gestern sah ich da zwei Judenmädel herumstreichen, die möglicherweise alles gesehen haben. Vergessen Sie nicht, daß die Tafel verschwunden ist. Es war ja sehr edel von Ihnen – ganz König Kasimir, der auf Esthers Geheiß den Juden alle Pforten öffnet –, aber Vorsicht! Der Alte ist nur nach Tarnopol gefahren, er kommt ja schon heute wieder. Nun weiß ich freilich nicht, wie weit Sie mit dem Mädchen sind, aber eine Einmischung des Vaters käme doch vielleicht zu früh für Ihre Pläne...«

Der Graf fühlte die Röte der Scham in seine Wangen steigen, er wollte ein heftiges Wort sagen – aber hatte er diesem Manne gegenüber nicht das Recht dazu verwirkt?

»Und nun, Liebster«, fuhr der Kommissär fort, »habe auch ich noch eine Bitte für mich...«

Er stockte. Der Graf langte nach seiner Brieftasche. »Wieviel?« fragte er.

»Nein, so ist's nicht gemeint! Es kostet Sie nichts als ein gutes Wort an einen Menschen, der von Ihnen abhängt, und mir ist geholfen. Ich bin da in eine verdammte Klemme geraten, aus Gutmütigkeit – auf Ehre! –, aus purer Gutmütigkeit!«

Agenor blickte nach der Wanduhr; sie wies auf eins; in einer halben Stunde sollte er Judith im Park treffen. »Bitte – ohne Umschweife!«

»Sie erinnern sich wohl noch des Pächters, der auf Ihrem Gute Syczkow sitzt. Ein Armenier, Bogdan Afanasiewicz. Er war zu Ihrem Einzug hier.«

»Gewiß«, erwiderte Agenor. »Ein dicker Mann mit langem, schwarzem Bart. Er wurde mir als braver, frommer, aber sehr geiziger Mensch geschildert.«

»Sehr richtig! Sein Geiz und seine Frömmigkeit sind mir eben zum Unglück geworden. Zu diesem Herrn Afanasiewicz also kommt vor etwa vier Monaten, im Juni, ein junger Priester, der auf der Durchreise nach seiner neuen Pfarre begriffen ist, und bittet um ein Nachtlager. Der fromme Bogdan nimmt ihn freudig auf und klagt ihm beim Nachtessen seine liebe Not: es herrscht große Dürre, Regen kann nur eine feierliche Prozession bringen. Der Pfarrer von Syczkow ist krank, und jener des Nachbarortes fordert dafür zwölf Gulden. Der junge Priester erbietet sich, es um fünf Gulden zu tun; der kranke Pfarrer leiht ihm sein Meßgewand, die Prozession findet statt, und am Tage darauf fällt Regen. Da also, nach dieser Probe zu schließen, der Fremde sein Handwerk versteht, so läßt Bogdan um weitere fünf Gulden ein neues Vorratshaus von ihm einweihen; auch die Bauern benutzen die Gelegenheit, um ihre Kinder billiger taufen zu lassen – und so weiter. Nach einer Woche zieht der Priester weiter, und wäre er nicht wiedergekommen, so könnten beide Teile noch heute zufrieden sein, und ich säße nicht im Unglück...«

»Wieso?« fragte Agenor etwas ungeduldig mit einem Blick auf die Uhr.

»Werden Sie gleich hören. Er kommt wieder, und schon dies fällt Bogdan auf– der Mann wollte ja nach seiner Pfarre –, auch dem Geistlichen von Syczkow, der nun wieder genesen ist, kommt der Konkurrent bedenklich vor; er geht der Sache nach, hält Umfrage, und was stellt sich heraus? Er ist ein Lump, der seiner Familie, wohlbegüterten Leuten im Zolkiewer Kreise, schon viel Herzeleid gemacht hat; den geistlichen Hokuspokus hat er deshalb weg, weil er Novize in einem Kloster war, aus dem er eines Kirchendiebstahls wegen weggejagt wurde, nachdem er bereits die niederen Weihen empfangen. Bogdan macht mir die Anzeige, es melden sich noch einige andere, bei denen er dieselben oder ähnliche Streiche verübt; ich lasse den Menschen verhaften. Nun aber schicken seine Brüder einen Freund zu mir, der großen Einfluß auf mich hat, dessen Talent ich hochschätze, den Dichter Wiliszewski, und dieser überredet mich, den Lumpen um seiner unbescholtenen Familie willen laufenzulassen; sie verpflichteten sich, ihn nach Rußland zu schicken. Ich sträube mich und sage endlich doch ja, weil ich dem liebenswürdigen Poeten nicht gern etwas weigere. Und nun denken Sie, was dieser Bogdan tut! Er erklärt, ich sei bestochen worden, den Betrüger, der zudem einen Kirchenfrevel begangen, freizugeben – bestochen, ich! –, und richtet eine Eingabe an das Gubernium in Lemberg...«

»Das kann Ihnen doch nichts schaden«, sagte der Graf. »Der Onkel Ihrer Frau...«

»Hat seine Schuldigkeit getan«, fiel ihm der Kommissär ins Wort, »und Bogdan bekam auf seine Beschwerde die gebührende Antwort. Aber die Frömmigkeit und der Geiz lassen den Mann nicht ruhen; ihn schmerzen die zehn Gulden und der ›Mißbrauch des Heiligsten‹, wie er es nennt – und heute morgen höre ich, daß er sich von einem hiesigen Winkelschreiber eine Eingabe an den Lemberger Erzbischof aufsetzen läßt. Nun kennen Sie ja die Ordnung in unserem Österreich: Der Beamte vermag viel, aber der Paffe alles! Gelangt die Eingabe an den Erzbischof, so wird die Sache untersucht, und so rein mein Gewissen ist...«

»Ich verstehe! Ich soll Bogdan ersuchen, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Aber wie kann ich mich einmischen? Der Mann ist ja im Recht?«

»Der Freund fordert Ihre Hilfe«, sagte der Kommissär sehr bestimmt. »Da fragt man nicht viel nach Recht und Unrecht. Auch ich habe es Ihnen gegenüber nicht getan. Der Mensch heißt Ignaz Trudka. Bitte, notieren Sie den Namen und schreiben Sie Ihrem Pächter noch heute!«

Agenor hatte sich abgewendet; dann ging er eine Weile im Zimmer auf und nieder. Endlich zog er sein Notizbuch hervor und schrieb den Namen ein.

»Herzlichen Dank!« rief der Kommissär. »Und der Brief geht noch heute ab, nicht wahr? Auf Wiedersehen, lieber Freund!«


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