Theodor Fontane
Jenseit des Tweed
Theodor Fontane

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High-Street und Canongate

Ich habe in einem früheren Kapitel bereits den Leser durch Canongate und High-Street geführt, vor allem in der Absicht, die Erscheinung und das Treiben der alten Straße als ein Totalbild auf ihn wirken zu lassen. Wir sind dabei, um unsern Gang von Holyrood-Palace bis Edinburg-Castle nicht allzu oft zu unterbrechen, an verschiedenen Plätzen von historischem Interesse vorübergegangen und wollen deshalb in diesem Kapitel eine Art Nachlese halten. Wir beginnen mit

1. Moray-House

Auf der langen Linie von Holyrood-Palace bis Edinburg-Castle ist kein Haus besser erhalten und wohnlicher in seiner Erscheinung als Moray-House. Höhere und auch jetzt noch imponierendere Gebäude ziehen sich in Menge zu beiden Seiten der High-Street entlang, aber sie gleichen einer meistbietend verkauften alten Wanduhr, deren Gehäuse jetzt als Wandschrank für arme Leute dient, während Moray-House, um im Vergleich zu bleiben, der Rokokopendüle im Zimmer des Sammlers entspricht.

Moray-House ist ungefähr 200 Jahre alt; es besteht aus einem Hause und einem Nebengebäude, jenes für die Herrschaft, dieses für die Dienstleute. Beide liegen in gleicher Linie, haben beide den Blick auf Canongate hinaus, aber keinen Ausgang auf die Straße. Die Türen befinden sich seitwärts und münden auf den gemeinschaftlichen hofartigen Zwischenraum, der zwischen den beiden Häusern liegt. Dieser hofartige Zwischenraum hat nach vornhin eine Feldsteinmauer und in der Mitte derselben eine torartige Einfahrt. Es ist vorzugsweise diese Einfahrt, die dem ganzen Hause einen besonderen Charakter leiht; sie besteht nämlich aus ziemlich niedrigen, nur wenig über die Mauer erhobenen Steinpfeilern, auf denen sich unverhältnismäßig hohe Obelisken erheben, in ihrer völligen Zuspitzung unseren alten schindelgedeckten Kirchturmspitzen, wie wir ihnen so oft in den Dörfern der Mark begegnen, nicht unähnlich. Über die Mauer hinweg hat man einen teilweisen Einblick in die kostbaren Gärten, die sich hinter dem Hause ausdehnen, Anlagen, die jetzt freilich durch größere Schöpfungen der Art vielfach übertroffen sind, früher aber eine Sehenswürdigkeit von Edinburg bildeten.

Was indessen dem alten Moray-House seine eigentliche Bedeutung gibt, knüpft sich weder an seine Gärten noch an seine Obelisken, sondern an den eisernen Balkon, der sich an den vier Fenstern der Beletage entlang zieht. Die Geschichte, die sich hier zutrug, ist folgende.

Die puritanische Sache hatte triumphiert, die Königlichen unter Montrose waren geschlagen. Auf denselben Heiden, auf denen wenige Jahre zuvor der siegreiche Montrose den puritanischen Grafen von Argyle gejagt hatte, jagten jetzt die Leute Argyles den umherirrenden Montrose. Argyle selbst war in Edinburg, jeder Tag konnte die Nachricht bringen vom Tode oder von der Gefangennahme seines Gegners; der Sieg war da, und Freude und Hochzeit sollte diesen Sieg beschließen. Die Häuser Moray und Argyle, seit langer Zeit befreundet und derselben Sache dienend, kamen überein, die alten Bande durch ein neues, engeres Band zu befestigen.

Es war am 11. Mai 1650, als Archibald, ältester Sohn des Grafen von Argyle, mit seiner Braut, der Tochter des Grafen von Moray, zum Altare trat. Die Hochzeit wurde in Moray-House gefeiert; Festlichkeit folgte auf Festlichkeit; die ganze Stadt nahm teil an der Freude beider Häuser. Die Festlichkeiten waren eben auf ihrer Höhe, als die Nachricht durch die Stadt lief, Montrose sei gefangen und werde eingebracht. Fast gleichzeitig mit der Nachricht kam er selbst. Man hatte ihn in Leith auf eine abgetriebene alte Mähre gesetzt, um ihn in diesem erniedrigenden Aufzuge durch die Straßen Edinburgs zu führen. Er hielt jetzt am Eingange von Canongate. Dem Haß des Pöbels aber genügte dieser Aufzug nicht, und eine Art Schlitten wurde herbeigeschafft, um ihn auf demselben durch die Stadt zu schleifen. Unter Hohn und Jubel ging es Canongate hinauf. Als der Zug sich Moray-House näherte, das noch in hochzeitlichem Schmucke stand, erschienen die Morays und die Argyles auf den Baikonen ihrer Fenster, um sich am Unglück des gefallenen Feindes zu weiden. Argyle murmelte Verwünschungen. Ruhig, beinahe heiter blickte Montrose zu den dichtbesetzten Balkonen auf; dem alten Argyle starb die Verwünschung auf der Lippe, seine Lady aber bog sich weit hinaus über die Brüstung und spie hinunter nach dem verhaßten Feind.

Das war 1650. Fünfunddreißig Jahre später kam wieder ein Zug die alte Straße von Edinburg hinauf und nahm seinen Weg am Moray-House vorbei. Die Royalisten hatten darauf bestanden, daß dieser Weg gewählt werde und kein anderer. An der Spitze des Zuges, neben sich den Mann mit dem Beil, schritt Archibald Graf von Argyle, derselbe, dessen Hochzeitstag (ohne sein Verschulden) in einen Tag der Rache verkehrt worden war. Sein Vater hatte längst vor ihm das Haupt auf den Block gelegt. Die alte Kirche von St. Giles umschließt die Leiber von Freund und Feind; Moray-House aber steht da wie eine Mahnung gegen den Übermut der Partei und als ein Erinnerungszeichen an den Wechsel ihrer Siege.

2. City-Cross und Old-Tolbooth

City-Cross und Old-Tolbooth, in einem früheren Kapitel bereits flüchtig genannt, befanden sich mitten in High-Street und erhoben sich rechts und links an den beiden Ecken der Nordfront von St. Giles. Old-Tolbooth war zu gleicher Zeit der nächste Nachbar des Parlamentsgebäudes, das sich, wenn auch verändert, noch diesen Augenblick im Rücken der alten, oftgenannten Kirche (St. Giles) erhebt. Zwischen diesen vier Plätzen: Parlament, Old-Tolbooth, City-Kreuz und St. Giles, herrschte ein innerlicher Zusammenhang, der dieselben in der Vorstellung des Volks fast noch näher brachte, als es durch ihre äußere Lage ohnedies geschah. Sie waren in den politischen Kämpfen des Landes die rasch aufeinander folgenden Stufen einer Leiter, der Leiter vom Leben zum Tod. Das Parlament sprach und verurteilte, die alten Mauern der Tolbooth nahmen den Verurteilten auf, und am Fuß des City-Kreuzes fiel wenig Wochen später sein Haupt, um in den Familiengewölben von St. Giles die letzte Ruhestatt und nach hundert Jahren vielleicht ein Marmorbild über dem Grabe zu finden. Ich spreche zuerst vom City-Croß.

Er bestand aus einem Postament, das eine zwanzig Fuß hohe Säule trug, die letztere wiederum mit einer Steinfigur geschmückt, die das »schottische Einhorn« darstellen sollte. Die Säule existiert noch (auf einem Landgut in der Nähe Edinburgs), Einhorn und Postament aber sind zerstört. Das letztere galt seinerzeit als eine Kuriosität und glich mehr einem hausartigen Unterbau als einem bloßen Sockel. Es war in der Tat ein achteckiger, abgestutzter, mit einer etwas vorspringenden Brüstung gekrönter Turm, der nur dadurch wieder seinen Turmcharakter verlor, daß sein Durchmesser seiner Höhe gleichkam oder sie noch übertraf. Dieser weite Durchmesser schuf um die Stelle herum, wo die Säule in den Unterbau eingelassen war, eine geräumige Plattform, die zu den mannigfachsten Zwecken benutzt wurde. Es war eine Art Schaubühne, auf der sich vor versammeltem Volk das öffentliche Leben der Stadt und bei mehr als einer Gelegenheit das des ganzen Landes abspielte. Hier erschienen die City-Herolde, um unter Trompetenschall öffentliche Erlasse und Anrufe zu verkünden, hier verlasen die puritanischen Lords ihren Protest gegen die schwächlichen Proklamationen König Karls, hier fielen die Häupter Montroses und der beiden Argyles, und hier endlich, unter dem Schwerterkreuzen seiner Hochländer, erschien Prinz Charlie an der Brüstung, um von der Edinburger Bevölkerung tausendstimmig begrüßt und zum Herrn des Landes ausgerufen zu werden. Auch Geister, echt oder unecht, bedienten sich diese Plattform, um, versteht sich zu üblicher Geisterstunde, von hier aus warnend oder ermutigend zum Volke zu sprechen. Als Jakob VI. (ich spreche in einem späteren Kapitel ausführlich darüber) im Jahre 1513 zu seinem stolzen, aber unüberlegten Kriegszuge gegen England sich anschickte, sprach, während der König in Holyrood sein letztes Nachtlager nahm, eine Geisterstimme von dieser Plattform aus in die Nacht hinein, warnte und nannte zugleich die Namen aller derer, die fallen würden, wenn seine Stimme ungehört verhallen sollte. Der erste Name war der des Königs selbst.

Aber nicht immer ging es hier gespenstisch her, und nicht immer hingen so böse Tage über Schottland wie damals, als das Blut der Argyles das Blut des beschimpften Montrose sühnen mußte; auch zu Lust und Heiterkeit, zu Gasterei und Trinkgelagen versammelten sich hier die guten Bürger von Edinburg, und die Chronik der Stadt erzählt von manchem Festmahl, das die Würdenträger der Stadt hier ihren Gästen und - sich selber gaben. Auch politische Zwecke gab es damals schon. Die Loyalität der nordischen Hauptstadt schien während der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in London gerechten Bedenken zu unterliegen, und das schlechte Gewissen des Edinburger Magistrats trieb diesen dazu, die Geburtstage der beiden ersten George mit ganz besondrem Pomp zu feiern. Eine Loyalität von gestern überschlägt sich immer in ihren Schaustellungen. Eins dieser ostensiblen Gastmähler, das wie gewöhnlich auf der Plattform des City-Kreuzes stattfand, wurde durch einen heftigen Gewitterschauer unterbrochen. Alles floh und suchte Schutz. Als die halbdurchnäßten Magistrate zu ihren Plätzen zurückkehrten, fanden sie natürlich Wasser statt Wein in ihren Gläsern. Das war zu gut, als daß der Witz der Jakobiten nicht hätte davon profitieren sollen. Eine Stuartsche Dame ließ am andern Tage folgende Verse zirkulieren:

Einstens zu Kana, als bei Tisch
Sich's um den fehlenden Wein gehandelt,
Hat der König des Himmels frisch
Alles Wasser in Wein verwandelt.
Gestern, als zu Braunschweigs Ehr'Das Haus Braunschweig, in der Fülle seiner unpoetischen Eigenschaften, gab damals, wie in Schottland so auch in England, beständig Stoff zu Epigrammen. In London errichtete die Gemeinde von Bloomsbury (der Stadtteil, der das Britische Museum umgibt) eine neue Kirche. Man ging in der Loyalität so weit, Georg I. im Kostüm eines römischen Imperators oben auf die Turmspitze zu stellen. Dort steht er noch als der Schutzheilige von Bloomsbury. Man knüpfte an diese Geschmacklosigkeit folgendes Epigramm:
Unser Heinrich der Achte, vom Papste verletzt,
Hat sich selbst an die Spitze der Kirche gesetzt,
Doch unser Georg hat's höher gebracht,
Man hat ihn zur Spitze des Turmes gemacht.

Zechten unsre City-Prasser,
Sprach der Himmel: »Nimmermehr!«
Wandelnd ihren Wein in Wasser.

Walter Scott, der in seiner epischen Dichtung »Marmion« eine Beschreibung des City-Kreuzes gegeben und das alte Wahrzeichen dadurch für immer der Vergessenheit entrissen hat, hat einen ähnlichen und noch größeren Dienst dem alten Bau geleistet, der sich an der Südwestecke von St. Giles erhebt. Einen seiner berühmtesten Romane hat er nach dem alten Tolbooth-Gefängnis benannt, dem er dabei seine populäre Bezeichnung ließ: Das Herz von Midlothian. Woher dieser Name stammt, vermag ich nicht zu sagen. Die Grafschaft, in der Edinburg liegt, heißt bekanntlich »Midlothian«, das alte Tolbooth-Gefängnis ist aber keineswegs der Mittelpunkt oder das Herz derselben. Vielleicht mahnt der Ausdruck an Zeiten, wo Kerker und Schafott noch Haushaltsworte und nur allzuoft die Achse, das Herz waren, um das sich das Leben drehte. Dieser alte Bau, von dem jetzt, wie vom City-Croß, keine Spur mehr existiert, stand bis zum Jahre 1817 mitten in High-Street und erschwerte, die ganze Breite der Straße beinah einnehmend, die Kommunikation aufs äußerste. Dies führte endlich zu seiner Abtragung. Die Kommunikation, der man heutzutage so leicht geneigt ist, noch größere Opfer zu bringen, hat dadurch gewonnen, das Malerische des Platzes aber außerordentlich verloren. Als City-Croß und The Heart of Midlothian

The Heart of Midlothian

The Heart of Midlothian

Tolbooth noch standen, allerhand Buden sich an die Pfeiler von St. Giles und allerhand Kramläden an die Mauern des alten Gefängnisses lehnten, wird es hier sehr eng, sehr verworren, vielleicht auch sehr schmutzig gewesen sein, das Ganze aber muß einen fesselnderen Anblick gewährt haben als die jetzt breite Straße, an der, so hübsch sie ist, doch ihre Erinnerungen unbedingt das Hübscheste sind. Old-Tolbooth verdiente sein Beiwort »old« mit Fug und Recht. Schon zu Zeiten Maria Stuarts war es ein alter Bau. Seine früheste Bestimmung war wahrscheinlich die einer städtischen Burg, um, in den Zeiten schottischen Raubrittertums, die damals aus einer einzigen Straße bestehende Stadt gegen Überfälle der Hochländer von Norden und der Moßtrooper und Borderer (Grenzer) von Süden her zu schützen. 1561 erweitert und umgebaut, diente es von da ab bis zum Jahre 1640, wo das alte, in veränderter Gestalt noch jetzt existierende Parlamentshaus gebaut wurde, als Sessionsgebäude für die Sitzungen des Parlaments und der Gerichtshöfe. Von 1640 an sank es zu einem bloßen Gefängnis herab. Sein Äußeres muß etwas Unheimliches und durchaus die Miene von Gefangenwärter und Nachrichter gehabt haben. Alle Beschreibungen stimmen darin überein. Sein einziger Schmuck waren die Buden und Kramläden (»Krames« genannt), die zerfallen und bettelhaft, aber doch heiter und farbenbunt den alten Griesegram umlagerten. Er selber stand inmitten derselben da, grau und verräuchert, aus kleinen vergitterten Fenstern trübselig in die Welt blickend. An jeder Seite erhoben sich ein paar Treppentürme, die das zwingerhafte Aussehen des Hauses noch unterstützten, ohne seiner Schönheit irgendwie Vorschub zu leisten. Das gegenwärtig lebende Geschlecht scheint wenig oder nichts mehr von den Äußerlichkeiten des alten Baus zu wissen; man muß zu alten Bildern seine Zuflucht nehmen, wenn man sich orientieren will. Aber wenn sich auch niemand mehr kümmert um die Stelle, wo er stand, oder um die Zahl und Form seiner Türme, so lebt doch sein Name und seine Geschichte im Gedächtnis der Edinburger fort. Diese Geschichte, wie sich von selbst versteht, ist mit Blut geschrieben, aber sie hat doch auch heitere Blätter, und bei diesen wollen wir einen Augenblick verweilen.

Old-Tolbooth war immer berühmt durch die Leichtigkeit, mit der man ihm entwischen konnte. In Zeiten, wo man das Blutgeschäft im großen treibt, ist man nicht ängstlich mit Rücksicht auf den einzelnen. Findet er sich nicht selber wieder, so findet sich doch ein anderer. Der Laxheit im Verurteilen entspricht die Leichtigkeit im Entkommen. Graf Schlabrendorff (um aus moderner Blutzeit ein Beispiel zu geben) entging der Guillotine, weil seine Stiefel nicht gewichst warenSchlabrendorff war im Gefängnis; die Hinrichtungen erfolgten jeden Morgen nach der Zellennummer. Als er abgeholt werden sollte (der Karren hielt bereits vor der Tür, um die gewöhnliche Morgenladung zu empfangen) , suchte er vergebens nach seinen Stiefeln. »Ich muß doch am Ende ein Paar Stiefel anhaben; nehmt mich morgen statt heute.« Dem Schließer leuchtete das ein. Am andern Morgen standen andere Nummern auf dem Zettel, und Schlabrendorff war vergessen und – gerettet.. Was unsern »Kerker von Edinburg« angeht, so hatte jeder, der List und guten Willen genug besaß, mindestens eine Chance, trotz Schloß und Riegel, trotz Ketten und Gitterfenster, ihm glücklich zu entkommen. War der Gefangene aber gar reich oder vornehm, so steigerte sich diese Chance bis zur Wahrscheinlichkeit. Wenn trotzdem einzelne Grafen und Herren von Old-Tolbooth aus aufs Schafott geführt wurden, so hatte das seinen Grund darin, daß ihre ganze Sache darniederlag, daß die Freunde tot, die Anhänger zersprengt waren und daß sie, als die Führer einer geschlagenen Partei, dem Tod wie ihrem Schicksal oft wie ihrer Erlösung entgegengingen. Dies letztere gilt zumal vom Herzoge von Argyle, der hier ruhig seinen Tod erwartete.

Die Geschichten dieser Befreiungen lesen sich gut, doch paßt im ganzen auf dieselben, was von den Lustspielmotiven aller Länder und Literaturen gilt: es sind immer dieselben. Was in einem Fall die Horcher an der Tür, die Wandschränke, die Briefverwechselungen sind, das sind im andern Fall die betrunken gemachten Schließer, die Frauenkleider, die ausgestopften Puppen und vor allem die Särge, die Waschkörbe und Bücherkisten, in denen der Held der Geschichte, womöglich von seinen eignen Schergen, hinausgetragen wird. Nur eines scheint mir eine wirkliche Eigentümlichkeit des Platzes gewesen zu sein, der Schutz nämlich, den er zu verschiedenen Zeiten politisch Verfolgten gewährt hat. Old-Tolbooth wurde wider Wissen und Willen zu einem Sanktuarium. Personen, die, wenn sie unfreiwillig die Schwelle dieses Gefängnisses passiert hätten, aus demselben gewiß nur wieder geschritten wären, um straßenabwärts neben oder auf dem Postament des City-Kreuzes das Schafott zu besteigen, lebten hier unerkannt und ungestört, weil sie den Mut gehabt hatten, sich im Rachen des Löwen einzuquartieren. Robert Ferguson, bekannt durch seine hervorragende Teilnahme am Rye-House-Komplott (gegen Karl II.), lebte hier wochenlang in der Zelle eines befreundeten Schuldgefangenen, und im Einklange damit fanden hier 1746 mehrere Anhänger des Prätendenten Schutz und endliche Rettung, während englische Soldaten die Spur der in die Acht Erklärten bis weit ins Hochland hinein verfolgten. Daß solche Dinge möglich waren, zeigt am besten, wie es damals mit der Rechtspflege und vor allem mit der Gefängnisverwaltung stand. Old-Tolbooth war wie ein Hospital nach der Schlacht, wo man auch Freund und Feind ohne Auswahl durcheinander wirft, davon ausgehend, daß jeder traurig genug daran ist, dem das Los zufällt, an solchem Orte leben oder sterben zu müssen. Ein Eindringling wird nicht vermutet.

1817 wurde Old-Tolbooth niedergerissen. Edinburg verlor damit eine seiner vorzüglichsten Sehenswürdigkeiten. Wenig oder nichts mehr existiert von dem alten Bau; selbst die Stelle, wo er stand, ist bei den großen Veränderungen, die die Straße erlitten hat, nicht mehr mit vollster Genauigkeit anzugeben. Nur das alte Portal mit Tür und Vorlegeschloß ist noch vorhanden. Es wurde beim Abtragen des Gebäudes von Seiten der Stadt an Walter Scott geschenkt, der nicht zögerte, seiner romantischen Musterkarte, gemeinhin Abbotsford geheißen, auch diese Probe steinerner Romantik einzuverleiben. Dort hab' ich es später gesehen. Es macht indes in dieser Verpflanzung nur den Eindruck, den ein einzelner probeweis aufgestellter Spitzbogen in den »gotischen Höfen« des Kristallpalastes macht. Auch solche Dinge haben ein Leben; aus ihrem feuchten alten Boden gerissen, vertrocknen sie wie die zwischen Papier gelegte Pflanze.

3. »Straßenfegen« oder hie Douglas, hie Hamilton

Unmittelbar im Rücken von High-Street und Canongate, und zwar parallel mit beiden, läuft eine andere alte Straße Edinburgs, »Cowgate« geheißen. Durch eine Menge schmaler kleiner Gassen hängt sie vielfach mit jener Hauptverkehrsader der Altstadt zusammen. Wenn schon High-Street und Canongate von ihrem ehemaligen Glänze nichts weiter zeigen als jene vielstöckigen Steinhäuser, die in der Nähe ebenso unelegant und wenig einladend sind als malerisch aus der Ferne, so gilt das doppelt und dreifach von Cowgate. Es ist eine alte, enge, schmutzige Straße und nichts weiter. Und doch erhoben sich auch hier Paläste und Herrensitze, als Edinburg noch nicht daran dachte, eine schöne Stadt sein zu wollen, und seine Häuser hinbaute, wo Platz war oder wo Höhe oder Tiefe, je nach Bedürfnis, den Bauherrn dazu einlud. Unter den Herrensitzen in Cowgate waren zwei von besonderem Belang, der eine den Erzbischöfen von Glasgow, der andere den Bischöfen von Dunkeld gehörig. Beide Häuser lagen ziemlich einander gegenüber, die Straße war schmal, und an hellen Tagen konnte man sich in die Fenster sehen.

Strasse in der Altstadt von Edinburgh

Strasse in der Altstadt von Edinburg

Der 12. April 1520 war ein solcher heller Tag; man sah sich in die Fenster, aber man hätte sich lieber in die Herzen gesehen. Im erzbischöflichen Palast war seit gestern der Graf von Arran abgetreten, das Haupt der Hamiltons. Es handelte sich bei der Minderjährigkeit des Königs (Jakob V.) um die Einsetzung einer Regentschaft, und die Frage mußte heute noch entschieden werden, wer statt seiner regieren solle. Der Graf von Arran und der Erzbischof von Glasgow waren übereingekommen, sich in die Regierung zu teilen. Sie hatten zu dem Zweck ihren Anhang in die Stadt gezogen, und aller Ecken und Enden standen die Hamiltons und reizten und erschreckten durch ihre waffenklirrende Anmaßung die guten Bürger von Edinburg.

Graf Angus, das Haupt der Douglas, war nicht gewillt, die Partie ohne Gegenzug verloren zu geben. Er war ein Douglas, das hieß: die Vormundschaft gebührte ihm. Alles, wozu er sein Herz bestimmen konnte, war das: dem Beschluß der großen Ratsversammlung Gehorsam zu leisten, aber dieser Beschluß sollte ein freier sein, nicht zustande gebracht unter den gleisnerischen Worten des Erzbischofs oder unter der drohenden Haltung der stündlich in den Straßen wachsenden Zahl der Hamiltons. Die Gefahr wuchs mit jeder Stunde; Graf Angus wollte sich vergewissern, was die Hamiltons vorhätten, ob Beratung oder Gewalt, und von wenigen Anhängern gefolgt, kam er jetzt eine der schmalen Gassen herab, die von High-Street bergab nach Cowgate führen, hielt sich links und trat in das Haus des Bischofs von Dunkeld. Der damalige Bischof von Dunkeld war Gawain Douglas, ein Onkel und Parteigenosse des Angus. Sie halten ein kurzes Gespräch miteinander, worin Angus dem Bischof seine Befürchtungen mitteilte, dann trat dieser aus seinem Hause, schritt dem gegenüber gelegenen Palaste seines Kirchenfürsten zu und fragte den an langer Tafel sitzenden Erzbischof: »Erzbischof Beaton, was habt Ihr vor?« »Auf mein Gewissen«, erwiderte dieser, »ich weiß von nichts.« Dabei schlug er mit der Hand an die Brust, um seine Aussage zu bekräftigen. Unter dem priesterlichen Kleide aber trug er einen Harnisch, den er Kampfes wegen bereits angelegt hatte. Gawain Douglas hörte und verstand den Klang und antwortete kurz: »Euer Gewissen klingt hohl.« Er kehrte über die Straße zurück, wo Graf Angus seiner wartete. Nachdem er erzählt hatte, was ihm begegnet war, setzte er hinzu: »Du siehst, Angus, es gilt Kampf; raffe zusammen, was du an Leuten hast, und vor allem sei rasch.« Diese letzte Mahnung war nicht in den Wind gesprochen. In weniger als einer halben Stunde standen die Douglas, fest gegliedert, eine kompakte Masse, auf der High-Street von Edinburg zusammen und begannen in voller Breite die Straße zu fegen. Die Hamiltons, die truppweis' und ohne Führer an den Straßenecken umherstanden, wurden leicht beiseite gedrückt und flohen, rechts hin, links hin, zumeist nach Cowgate hinein, wo Graf Arran und der Erzbischof eben den Haupttrupp der Hamiltons ordneten, um nun ihrerseits zum Angriff überzugehen. Wer High-Street hatte, war Sieger. Die Hamiltons waren noch immer die stärkeren, aber das Terrain war gegen sie. Die Straße, um deren Besitz es sich handelte, war nicht anders zu erreichen als die krummen engen Gassen hinauf, die stark bergan von Cowgate bis High-Street liefen. Bald hier, bald dort drangen die Hamiltons aus diesen Gassen vor, aber immer nur eine dünne Linie bildend, glichen sie einem vorgestreckten Arm, der von den Douglas Mal für Mal ohne Mühe abgehauen wurde. Endlich hatte man hügelabwärts eine unbesetzte Straße gefunden, und diese rasch benutzend, glückte es jetzt, in High-Street einzuschwenken und nun ebenfalls mit ganzer Kraft zu einem kompakten Frontangriff überzugehen. Der Kampf schwankte geraume Zeit, und wer weiß, wem der Preis des Tages zugefallen wäre, wenn nicht schließlich die guten Bürger von Edinburg den Ausschlag gegeben hätten. So alt wie in Schottland die Gegnerschaft zwischen dem Norden und Süden ist, so alt auch ist der Gegensatz zwischen dem Osten und Westen. Die ganze Westküste (nördlich vom Clyde) ist noch diesen Augenblick eine unkultivierte Fläche, damals galt sie als ein unbestrittener Sitz der Barbarei. Edinburg und das Haus Douglas gehörten dem Osten an, und diese Gemeinschaft entschied jetzt den Kampf. Als die Edinburger sahen, wie hart die Hamiltons andrängten, reichten sie aus den Fenstern des Erdgeschosses lange Speere zu den unten kämpfenden Douglas-Leuten hinab. Lauter Jubel war Antwort und Dank. Die neuen Waffen gingen rasch von Hand zu Hand, bis endlich die ersten Glieder ganz mit Speeren bewaffnet waren. Dagegen war kein Halten mehr. Die Douglas ihrerseits drangen jetzt vor und warfen mit leichter Mühe die Hamiltons vor sich nieder. Graf Arran und sein Sohn, Sir James Hamilton, retteten sich durch die Flucht; Sir Patrick Hamilton, ein Bruder des Grafen, wurde erschlagen, mit ihm ein Sohn Lord Montgomerys und noch viele andere Herren »von der Westküste«. Erzbischof Beaton suchte Zuflucht in der Blackfriars Abtei, würde aber am Altar ermordet worden sein, wenn nicht Gawain Douglas rechtzeitig erschienen wäre und seinen Kirchenfürsten gerettet hätte. Das war am 12. April 1520. Von dem Tage an war die erschütterte und fast gebrochene Macht des Hauses Douglas aufs neue gefestigt. Die Erinnerung an diesen Kampf aber hatte sich in Edinburg lebendig erhalten bis auf diesen Tag, und jeder erzählt gern vom »Cleanse the Causeway« oder dem Straßenfegern der Douglas.

Edinburg vom Castell aus gesehen

Edinburg vom Castell aus gesehen

4. Archibald Bell-the-Cat

In einer der Gassen, die von Cowgate nach High-Street hinaufführen, stand auch das Haus von Archibald Douglas, genannt Bell-the-Cat. Ich habe vor, von ihm zu erzählen. Seinem Rang und Titel nach war er Graf von Angus, aber sein Zuname verdrängte bald jede andere Bezeichnung, und jedes Kind im Lande hieß ihn »Archibald Bell-the-Cat«. Diesen Zunamen erhielt er bei folgender Gelegenheit.

König Jakob III. zog allerhand Günstlinge an seinen Hof, zum Teil Leute aus niederem Stande; eine Mignon-Wirtschaft, wie sie 150 Jahre später am Hofe Ludwigs XIII. herrschte, war in Schottland während der Regierungszeit jenes Stuarts bereits im vollsten Schwünge. Der Adel des Landes war endlich entschlossen, dieser Sache ein Ende zu machen und die Mignons wohl oder übel zu beseitigen. Der König sammelte grade damals ein Heer zum Zuge gegen England und beschied seine Barone in die Nähe von Melrose. Die mißgestimmten Lords fanden sich ein, weniger aber um dem Kriegsrufe des Königs Folge zu geben, als vielmehr um ihre eigenen, langgehegten Pläne auszuführen. Sie hielten zu dem Zweck eine letzte Versammlung in der Kirche zu Lauder, einem alten Burgflecken nahe am Tweed, und sprachen hier, da man in der Hauptstadt längst einig war, nur die Mittel und Wege durch, wie gegen die Günstlinge am besten vorzuschreiten sei. Ihr Haß richtete sich besonders gegen Cochrane, Grafen von Mar. Allerhand Vorschläge wurden gemacht, rasch, blutig, rücksichtslos, aber man kam zu keinem Beschlusse, vielleicht weil die Furcht einiger noch größer war als ihr Haß. Da bat Lord Gray ums Wort, bog sich lächelnd über den Tisch und erzählte die alte Fabel von der Katze und den Mäusen. »Die Mäuse«, so sprach er, »waren unzufrieden mit der Katze; sie sahen sich oft überrascht und noch öfter bedroht. Sie beschlossen endlich, um sicher zu gehen, der Katze eine Glocke um den Hals zu hängen (to tie a bell round the neck of the cat); nur schade«, so schloß er, »es fand sich keine Maus, die das Wagstück unternommen hätte.« In diesem Augenblick erhob sich Graf Angus von seinem Platz und rief über den Tisch hin: »I will bell the cat!« Er war der Mann zu halten, was er gesagt hatte. Nach kurzer Zeit schon erschien Cochrane und sein Gefolge am Tor der Kirche, begehrte Einlaß und trat unter die Versammlung. Er war prächtig gekleidet und trug eine schwere goldne Kette als Zeichen königlicher Huld. Angus schritt auf ihn zu, musterte spöttisch den kostbaren Anzug und riß ihm dann die Kette mit den Worten ab: »Dahin gehört ein Strick!« Cochrane begriff noch immer nicht, was um ihn her vorging, und erniedrigte sich vollends durch die feige Frage, ob das Scherz sei oder Ernst? Der nächste Tag brachte die Antwort darauf. Der König hatte sich umsonst gemüht, seinen Günstling zu retten. Ein halbes Dutzend Galgen war über Nacht errichtet worden, an dem höchsten hing Cochrane, Graf von Mar. Archibald Douglas aber hieß von dem Tage an: Archibald Bell-the-Cat.

Jakob III. selbst war endlich dem Zorn seiner Barone unterlegen; sein eigener Sohn hatte sich den Aufständischen zugesellt, und der Tag von Sauchieburn hatte dem »Fiedlerkönig«, wie man ihn hieß, Thron und Leben gekostet. Jakob IV. herrschte jetzt, Ritterlichkeit stand wieder im Preise, der beste Ritter im Lande aber hieß – Bell-the-Cat. Er war nicht jung mehr, nah an fünfzig, als sich folgendes zutrug.

Einer der tapfersten Männer an Jakobs Hofe war Spens von Kilspindie. Der König gab eine Festlichkeit in Stirling-Castle; beim Weine flogen die Worte hin und her. Man sprach auch von Bell-the-Cat, der zufällig oder absichtlich nicht zugegen war, da die wachsende Macht des Hauses Douglas allerhand Furcht und Neid erzeugt hatte, selbst im Herzen des Königs. Man sprach von der Kraft und dem Mut des Abwesenden; der König selbst fügte hinzu: »Kein besserer Mann denn Angus.« Spens von Kilspindie lächelte und sagte dann laut: »Wenn alles, was lang ist, auch tapfer ist, dann ist er der Tapferste.« Das wurde von guten Freunden dem Angus hinterbracht. Monate waren vorüber; die Sache schien vergessen. Eines Tages, als Angus auf die Jagd ritt, nur von einem einzigen Diener begleitet, begegnete er dem Spens nahe am Walde von Borthwick und rief ihm zu: »Du bis just so lang wie ich selber, Spens, laß uns sehen, wie es mit Deinem Mute steht.« Spens antwortete: »Wenn es sein muß, so muß es sein.« Sie stiegen von den Pferden und drangen aufeinander ein; nachdem sie eine Zeitlang gekämpft, traf Angus den Spens in die Weiche. Der Hieb war tödlich; dem Diener Kilspindies aber rief er zu: »Sag' meinem Vetter, dem König, daß alles ehrlich zugegangen sei.« Dann ritt er seines Weges, aber nicht westlich auf die Falkenjagd, sondern südlich nach seinem Schlosse Tantallon, das für uneinnehmbar galt.

Bell-the-Cat wurde alt, aber seine alten Tage sollten ihm Gram bringen. Er war gegen Siebzig oder drüber, als König Jakob seinen Unheilszug gegen England beschloß. Angus war unter denen, die den König beschworen, von diesem Zuge abzustehn. Mit wie wenig Erfolg lehrt der Tag von Floddenfield. Noch am Abend vor der Schlacht trat Angus in das Zelt des Königs, um seine Befürchtungen und seine Ratschläge zu wiederholen. Der König wurde des Zuhörens endlich müde und rief dem alten Manne voll Bitterkeit zu: »Geh heim Angus, wenn du dich fürchtest.« Bei diesen Worten brach der Alte in Tränen aus. Er erklärte den Undank dieses Königs nicht länger tragen zu können und verließ das Schlachtfeld, nachdem er seine Lehnsleute unter den Oberbefehl seiner Söhne gestellt hatte. Seine Befürchtungen waren nur allzu gerecht gewesen; am Abend des andern Tages lagen zweihundert Douglas auf dem Felde von Flodden, darunter die beiden Söhne Bell-the-Cats. Der alte Mann überlebte die Nachricht nur um wenige Monate; er starb in einem jetzt vergessenen Kloster, wohin er sich zurückgezogen hatte.

Archibald Bell-the-Cat lebt nur in Lied und Sage noch, selbst die Stelle, wo man ihn zur Ruhe gebracht, ist unbekannt, aber das alte Douglas-Schwert, das in seinen Händen zu neuem Ruhme kam, sei's im Kampfe gegen die Feinde seines Landes, sei's gegen die Kilspindies, die seiner eignen Ehre zu nahe traten, – dies alte Schwert ist noch vorhanden. Dasselbe war nahe daran, sechzig oder siebzig Jahre später in einem andern Zweikampf gebraucht zu werden, der, wenn er stattgefunden hätte, die Begegnung zwischen Bell-the-Cat und Kilspindie vergessen gemacht haben würde. Am Tage von Carberry-Hill nämlich, als Lord Lindsay gegen Bothwell auftrat und den Gemahl der Königin als »den Mörder Darnleys« zum Zweikampf herausforderte, wurde dies alte Douglasschwert, damals in Händen des Grafen Morton, von letzterem an Lord Lindsay überreicht, um »mit der Klinge Bell-the-Cats« die Sache auszufechten. Der Zweikampf selbst unterblieb bekanntlich.

Die Klinge Bell-the-Cats, die man mit Recht als das Erbschwert der berühmtesten Familie Schottlands ansehen kann, befindet sich seit Jahrhunderten im Besitz des jedesmaligen Hauptes der Familie. Eine kurze Beschreibung dieses Schwertes mag gestattet sein. Es zeigt auf seiner Klinge unter allerhand Arabeskengeschnörkel zwei Hände, deren Zeigefinger von rechts und links auf ein in der Mitte befindliches Herz deuten. Darunter die Jahreszahl 1329. Die Inschrift besteht aus vier Reimpaaren, die sich ungefähr dahin übersetzen lassen:

Unter allen Lords in meinem Reich
War keiner doch dem Douglas gleich.

Drum trag du, wenn ich gestorben bin,
Mein Herz zum heiligen Grabe hin.

Dort mag es liegen tief und still,
Bis mein Erlöser es wecken will.

Ein bess'rer Ritter bis diese Stund
An keines Königs Seite stund.

Diese Schwertesworte sind es wohl, die dem zu früh verstorbenen Grafen von Strachwitz zu seinem Gedichte »Das Herz von Douglas« Veranlassung gegeben haben, eine der schönsten Balladen, die unsere gesamte Literatur aufzuweisen hat.

1745, nach Ausbruch der Stuart-Insurrektion, stand die Familie in Gefahr, diese Reliquie durch ruchlose Hand einzubüßen. Einer der Anhänger des Prätendenten, vielleicht aus einem eifersüchtigen Gefühl überhaupt, entführte dies wertvolle Kuriosum aus der Rüstkammer von Douglas-Castle, und es bedurfte langer Nachforschungen im Lager, bevor das alte Schwert seinem rechtmäßigen Eigentümer wieder zugestellt werden konnte. Es ist jetzt selbstverständlich im Besitz von Lord Douglas.


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